NVS-Seminar „Schulschwierigkeiten bei Kindern“

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Tages-Seminar „Schulschwierigkeiten bei Kindern“
Beschreibung der Krankheitsbilder
1.1. Abkürzungen
ADS = Aufmerksamkeitsdefizit-Störung
ADHS = Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (nach Reichenberg-Ullman: Akutes
Digitales High-Tech Syndrom!)
HKS = Hyperkinetisches Syndrom
MCD = Minimale Cerebrale Dysfunktion; Ausreifungsstörung des kindlichen Gehirns
POS = Psychoorganisches Syndrom, neu auch „infantiles POS“, feststellbare Hirnveränderungen
ADD = Attention Deficit Disorder
ADHD = Attention Deficit Hyperactivity Disorder
ADD-H = Attention Deficit Disorder with Hyperactivity
MBD = Minimal Brain Damage
Umgangssprachlich auch Hypies, Jäger, Hunter...genannt
1.2. Geschichte der Suche nach den Ursachen von Hyperaktivität
Die Geschichte des Struwwelpeters von 1845 zeigt, daß auch in vergangenen Jahrhunderten so
etwas wie ein „hyperkinetisches Syndrom“ zu existieren schien. Das ADS ist seit den 1970er Jahren
die häufigste diagnostizierte psychische Erkrankung bei Kindern, woran je nach Schätzungen
6-30% aller Schulkinder leiden, davon 60-90% Jungen. Es wäre also lächerlich, die vorhandenen
Probleme von immer mehr Kindern einfach abzustreiten.
Umso verwunderlicher, daß die Existenz von ADS und ADHD als „Krankheit“ unter Fachleuten
höchst umstritten ist. Was sind die Gründe dafür? Gibt es eine solche Krankheit überhaupt oder ist
sie Diagnose einfach unzuverlässig?
Weil man in den 1940er Jahren bei einigen Kindern, welche eine Hirnhautentzündung und damit
zusammenhängende Hirnschäden davongetragen hatten, Unruhe und impulsives Verhalten
beobachtete, schloß man daraus, daß alle Kinder, die ein solches Verhalten an den Tag legten, einen
Gehirnschaden haben müßten, egal, ob sie eine Hirnhautentzündung gehabt hatten oder nicht. So
entstand der Begriff einer „Minimalen zerebralen Dysfunktion“, oder „Minimal Brain Damage“.
Später wurde dieser Begriff, vor allem im deutschsprachigen Raum, durch jenen des
Psychoorganischen Syndroms ersetzt.
Mit dieser Diagnose wuchs der Einflussbereich der Psychiatrie und Pychopharmakaunternehmen
auf eine bis dahin vernachlässigte Patientengruppe, die Kinder. 1987 wurde das ADHD in das
DSM-III-R (statistisches Nachschlagewerk der Geistesstörungen) aufgenommen; innerhalb eines
Jahres wurde in den USA bei einer halben Million Kindern dieses (Schein-)Leiden diagnostiziert.
Seit 1991 bekommen amerikanische Schulen einen jährlichen Zuschuß von 400 Dollar für jedes
Kind mit ADHD, und Schulen wurden angewiesen, Verfahren zum Identifizieren von ADHDKindern einzuführen. Die Zahl der Kinder mit dieser „Behinderung“ stieg daraufhin von 5 Prozent
1989 auf 25 Prozent im Jahr 1995!
Heute herrscht eine unheilige Allianz zwischen Ärzten, Psychiatern und einem Teil der Initiativen
betroffener Eltern einerseits und der Pharmaindustrie andererseits. Diese Partnerschaft ist sowohl
ideologischer als auch finanzieller Natur.
Die Wurzel des hyperkinetischen Syndroms wird von der Schulmedizin in einem genetisch
biologischen, bzw. neurologischen Defekt gesehen und mit einem Mangel an Neurotransmittern wie
Dopamin, Noradrenalin und Serotonin in Zusammenhang gebracht. Als Ursache der Störung gilt ein
neurobiologisches Defizit im Gehirnstoffwechsel. Durch einen Mangel an Neurotransmittern
sollen Informationsverarbeitung, Weiterleitung von Nervenimpulsen und die damit
zusammenhängende Fähigkeit zur Aufmerksamkeit geschwächt werden; die Frustrationstoleranz ist
niedriger als normal und die Gewaltbereitschaft höher. Dabei wird vor allem eine Störung der
Basalganglien und der Bereich des Frontalhirns diskutiert. Dies ist eine Hypothese, welche bisher
nicht schlüssig nachgewiesen werden konnte. Höchst zweifelhaft ist, ob diese neurochemischen
Veränderungen Ursache oder Begleiterscheinung hyperaktiven Verhaltens ist.
Allerdings sollte hier auch die Frage nach der „Ursache der Ursache“ gestellt werden! Diese sind
vermutlich vielfältig. Möglicherweise wird ADS durch zu viel Fernsehen, zu viele
Computerspiele und eine Laissez-faire-Erziehung verstärkt, darüber hinaus auch durch
bestimmte Zusatzstoffe in Lebensmitteln, Weissmehlprodukte und Süßigkeiten. Weiter werden
Schwankungen des Zuckerspiegels (vor allem des Gehirns) und ein Mangel an Vitalstoffen
(Spurenelemente, essentielle Aminosäuren, Vitamine, Mineralstoffe) als belastend angesehen. Drei
von vier hyperaktiven Kindern sind gleichzeitig allergisch gegen Pollen, Hausstaub oder gewisse
Nahrungsmittel. Impfungen und häufige Antibiotikabehandlungen untergraben das geschwächte
Immunsystem unter Umständen zusätzlich. Schließlich können starke Belastungen von
Schwermetallen (Blei, Quecksilber, Aluminium, Cadmium) ein toxisches Maß erreichen und so
direkt die Nerven und das Gehirn schädigen – ganz zu schweigen von den gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen wie schlechter Schulunterricht, Erziehungsdefizite und krankmachende
Umweltbedingungen.
Als weitere mögliche Ursachen von ADS werden diskutiert: Schilddrüsenerkrankungen der Eltern
oder des Kindes selbst; Migräne der Mutter; Ultraschalluntersuchungen während der
Schwangerschaft; Sauerstoffmangel während der Schwangerschaft oder Geburt;
Konservierungsstoffe (quecksilberhaltiges Thiomersal, Aluminiumverbindungen, Phenol, Azeton,
Formaldehyd) bei Impfungen und Amalgamfüllungen; Lateralitätsprobleme (umgepolte
Linkshänder); elektromagnetische oder geopathische Störfelder; chlorierte Hallenbäder; fluoridierte
Zahnpasta (Karies ist keine Fluormangelkrankheit sondern eine Folge der Zvilisationskost!);
Passivrauchen; Chemikalien in Möbeln, Teppichen; Haustierallergien; Hodenhochstand; chronische
Eiterherde (Zähne, Mandeln); parasitäre Erkrankungen (Würmer, slow-virus-infections, Borreliose,
Toxoplasmose) usw.
Auffallend ist übrigens, daß der Beginn hyperaktiven Verhaltens in der Mehrzahl aller Fälle
zwischen dem 9. und 18. Lebensmonat zu beobachten ist.
1.3. Symptome
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Kurze Aufmerksamkeitsspanne, Konzentrationsprobleme, Gedächtnisstörungen,
Zerstreutheit, Vergeßlichkeit für alltägliche Aufgaben, leicht ablenkbar, abwesend, verloren, mit
offenen Augen wie im Schlaf – stärker ausgeprägt bei der Diagnose ADS
Ruhelosigkeit, Nervosität, können nicht stillsitzen, sind motorisch wie aufgedreht, hastig, alles
geht schnell, exzessives Herumlaufen und Klettern in unpassenden Situationen – stärker
ausgeprägt bei HKS
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Mangelnde Impulskontrolle, vermeiden ungeliebte Aufgaben, die geistiges
Durchhaltevermögen erfordern, unnötige Lautstärke beim Sprechen und Spielen, platzt mit der
Antwort heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist, unmöglich, zu warten, bis man an der
Reihe ist, unterbricht andere
Geringe neurologische Symptome, motorische Koordinationsstörungen, überschiessende
Motorik, gesteigerte Erregbarkeit und verzögerte psychosoziale Reifung - vor allem bei POS
Neigung zu Aggression und Gewalt gegen Sachen und Personen, schubweise Ärger, sehr
zornig über Kleinigkeiten, Wutausbrüche mit Schlagen, Beißen, Spucken
Sprachprobleme, schnelles, unverständliches Reden, spricht so schnell, daß die Zunge nicht
mehr mitkommt
Schneller Stimmungswechsel, von einem Moment zum anderen ein Engel, dann ein Teufel,
oder das Kind ist traurig und weint, anschließend hört es nicht auf zu lachen
Sekundärsymptome: störendes, dissoziales Verhalten, können sich nicht in eine Gruppe
eingliedern, Ängste, nervöse Tics, Bettnässen, Einschlafstörungen
Körperliche Merkmale: Blässe, Ringen unter den Augen, Magerkeit, Blähbauch, enge Gürtel
werden nicht ertragen, Nagelveränderungen, auffallend gutes Gebiß trotz mangelnder
Zahnhygiene, Kleinwuchs, Heißhunger auf Süßes, Abneigung gegen Gemüse, Riesendurst,
spätes Trockenwerden, verletzen sich häufig
Bei eingehender Analyse der Literatur können die bestehenden Diagnosekriterien als schwammig
und weich bezeichnet werden. Grundsätzlich lassen sich keine Einzelmerkmale abgrenzen, die
ausschließlich auf hyperaktive Kinder zutreffen. Hyperaktive unterscheiden sich von „normalen“
Kindern durch die Intensität und durch die Kombination, mit der bestimmte Verhaltensweisen
auftreten. Die exponentielle Zunahme von ADS/ADHS Diagnosen legt den Schluß nahe, daß es
sich um eine Modediagnose handelt.
Keine hyperaktive Störung liegt vor wenn die Auffälligkeiten sich
• lediglich zeitweise oder
• nur bestimmten Personen gegenüber zeigen
• erst nach dem 7. Lebensjahr entwickeln
• Eine deutliche Diskrepanz zwischen Schule, Familienleben und Freizeit festzustellen ist.
Eigentlich trifft man bei ADS keine Aufmerksamkeitsschwäche, sondern eher eine
Aufmerksamkeits-Inkonsistenz an, d.h. die Kinder sind nicht in der Lage, die sie umgebenden
Eindrücke richtig wahrzunehmen und zu verarbeiten, vergleichbar mit einer Art Kurzsichtigkeit bei
jemandem, der die falsche Brille aufsetzt. Gleichzeitig ist ein übermächtiges Sensorium für
Entferntes, Nebensächliches, Kleinkram auszumachen.
„Wirkliche“ Hyperaktivität lässt sich von normaler Unruhe abgrenzen, wenn das Kind selbst bei
Tätigkeiten, die es mit Freude ausführt, nicht durchhalten kann, oder andererseits stundenlang
stillsitzen kann beim Fernsehschauen oder Legospielen. Ein nur unruhiges Kind wird in dem
Moment konzentriert, wo es wirklich engagiert ist.
ADS wird auch fälschlicherweise bei Hochbegabten diagnostiziert, mit verheerenden Folgen.
Typische Merkmale hochbegabter Kinder sind: wenig Schlafbedürfnis, großer Wortschatz, flüssige
Sprache, ausgezeichnetes Gedächtnis, starker Gerechtigkeitssinn, Perfektionsstreben und Löcher in
den Bauch fragen. In unklaren Fällen empfiehlt sich, einen Intelligenztest zu machen.
Es fehlen also klare Richtlinien zur Diagnose von ADS, POS oder HKS, womit Fehldiagnosen
wahrscheinlicher werden.
1.3. Offizielle Definition nach DSM4
Ein Aufmerksamkeitsdefizit liegt vor, wenn sechs oder mehr der nachfolgenden Symptome von
Unaufmerksamkeit während der letzten 6 Monate in einem Ausmaß angehalten haben, das dem
Entwicklungsstand unangepaßt und damit unvereinbar ist:
• Scheitert oft durch Schlampereien und zu wenig Aufmerksamkeit bei Schularbeiten, Aufgaben
oder anderen Aktivitäten
• Hat oft Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit bei Aufgaben und Spiel zu halten
• Scheint nicht aufzupassen, wenn zu ihm gesprochen wird
• Kann oft Anweisungen nicht durchgehend befolgen, Schularbeiten, Pflichten und Arbeiten am
Werkplatz nicht beenden
• Hat oft Schwierigkeiten bei der Organisation von Aktivitäten und Aufgaben
• Ist ablehnend, unwillig oder vermeidet, sich in Aufgaben zu engagieren, die anhaltende
mentale Mühe erfordern
• Verliert oft Dinge, die für Aktivitäten oder Aufgaben notwendig sind, wie Spielzeug,
Schulaufgaben, Bleistifte, Bücher oder Werkzeuge
• Ist oft durch äussere Einflüsse leicht abgelenkt
• Ist bei täglichen Aktivitäten oft vergeßlich
• Ein ruheloses Kind, das keine Konzentration beim Lernen hat
• Das impulsiv ist und infolge davon ungehorsam wirkt.
Ebenso gilt die Diagnose im Fall von Hyperaktivität:
• Zappelt oder bewegt unruhig Hände und Füsse oder rutscht am Sessel herum
• Verläßt oft seinen Platz in der Klasse oder in Situationen, wo Sitzenbleiben erwartet wird
• Läuft öfters herum oder klettert allzuviel in Situationen, wo dies nicht angemessen ist – bei
älteren Kindern und Jugendlichen kann dies auf Gefühle der Ruhelosigkeit eingeschränkt
werden
• Hat oft Schwierigkeiten, in Spiel und Freizeit leise zu sein
• Ist oft „auf dem Sprung“ oder engagiert sich, wie von einem Motor getrieben
• Spricht oft zu viel
• Impulsivität! Platzt oft schon mit Antworten heraus, bevor die Frage beendet ist
• Hat oft Schwierigkeiten, zu warten bis er dran ist
• Unterbricht oder stört oft andere, bei Gesprächen oder Spielen
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Die Eltern haben das Kind nicht mehr unter Kontrolle
Sie finden das Verhalten ihres Kindes schrecklich
Es scheint nicht gut erzogen
Sie bitten darum, ihm den Stecker zu ziehen, damit endlich einmal Ruhe herrscht
Es herrscht keine Harmonie zwischen Eltern und Kind und dies ist den Eltern nicht bewußt
1.4. Connerscher Fragebogen
Einen Hinweis zur Klärung des Diagnoseproblems gibt ein Fragebogen, welchen der amerikanische
Kinderpsychologe Conner 1968 entwickelt hat. Ab der Gesamtsumme von 18 Punkten kann von
einem hyperkinetischen Syndrom ausgegangen werden. Es ist sinnvoll, die beiden Elternteile, wenn
vorhanden, den Fragebogen unabhängig voneinander ausfüllen zu lassen und ihn i.d.R. alle 3
Monate zur Überprüfung des Behandlungserfolgs zur Hand zu nehmen.
Überhaupt nicht Ein wenig
=0
=1
1. Rastlos, dauernd in Bewegung,
unruhig, übermäßig aktiv
2. Stört andere Kinder
3. Reizbar, erregbar, impulsiv
4. Kurze Aufmerksamkeitsspanne,
fängt vieles an, führt nichts zu
Ende
5. Zappelt dauernd
6. Unaufmerksam, leicht ablenkbar
7. Kann nicht warten, ist schnell
enttäuscht, frustriert
8. Weint schnell und häufig
9. Stimmung wechselt rasch und
drastisch
10. Neigt zu Wutausbrüchen, explosiv,
unberechenbar
Gesamtsumme vor der Therapie
Gesamtsumme nach der Therapie
Ziemlich
viel
=2
Sehr stark
=3
2. Behandlungsmöglichkeiten
2.1. Ritalin , das Kinderbetäubungsmittel
„Respektiere dich selbst. Respektiere andere. Respektiere Ritalin“ (Ciba, 1996)
Ritalin ist Methylphenidat-HCl, und steht in seiner Wirkung dem Amphetamin und Kokain sehr
nahe. Chemisch ähnlich aufgebaut sind auch Adrenalin, Noradrenaline MDMA (Ecstasy), Mescalin
und Paramethoxyamphetamin. Ein weiterer Markenname dafür ist Medikinet.
Ritalin untersteht in der Schweiz dem Betäubungsmittelgesetz und ist somit streng
verschreibungspflichtig. Es wird in Drogenkreisen als Aufputschmittel „Speed“, „Rita“ oder
„Vitamin R“ gehandelt und gilt als guter Ersatzstoff für Heroininjektionen, manchmal gemischt mit
Schmerzmitteln wie Percodan® (Speed ball).
In den USA bekommen bis zu 40% der Schüler in Klassen Ritalin, davon sind 80% Jungen
(erhöhter Bedarf an ungesättigten Fettsäuren; Testosteronschübe etc). Während 1998 mehr als vier
Millionen Kinder regelmäßig Ritalin bekamen, hat sich diese Zahl im Jahr 2000 verdoppelt. Im
Jahre 1999 wurden in Deutschland 31 Millionen Tabletten Ritalin abgesetzt, 1995 waren es noch
0.7 Millionen. Damit könnte man sagen, daß Kinderärzte mehr Jugendliche drogensüchtig machen
als die Drogendealer. Die weltweite Produktion von Ritalin betrug 1990 drei Tonnen jährlich und
stieg 1995 auf zehn Tonnen.
Ritalin ist seit 1956 auf dem Markt. Schon 1937 fand man heraus, daß eine kleine Dosis
Amphetamin ausreicht, um Kinder mit störender Lebendigkeit zum Stillsitzen zu bringen. Diese
Ruhigstellung mit Aufputschmitteln gilt als paradox und therapeutisch gesehen rätselhaft.
Seit einigen Jahren sind die Vorwürfe in der Öffentlichkeit wegen Suchtgefahr und Mißbrauch von
Ritalin unübersehbar. Allerdings berichten zur Zeit fast alle Massenmedien unkritisch bis
euphorisch über Ritalin.
Der Markt für Psychopharmaka für Erwachsene ist heutzutage gesättigt. Novartis, der
Ritalinhersteller, kümmert sich deshalb vor allem um die Kinder. So hat der Konzern für die
Kleinen kürzlich ein Bilderbuch auf den Markt gebracht. Das Pharmamärchen erzählt die
Geschichte des Kraken „Hippihopp“, der fürchterlich ausgeschimpft wird, weil er „überall und
nirgends ist“ und ihm viele Mißgeschicke passieren. Doch zum Glück erkennt Doktorin
Schildkröte, was Hippihopp hat:
ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom! Mehr noch, sie weiß auch was ihm fehlt: „Eine kleine weiße
Tablette“...
Obwohl Ritalin offiziell erst ab dem 6. Lebensjahr verschrieben werden darf, bekommen in den
letzten Jahren auch schon ab Zweijährige dieses Medikament. Routinemäßige wird Ritalin in
amerikanischen Waisenhäusern und Heimen für mißbrauchte oder verlassene Kinder angewandt.
2.2. Wirkweise von Ritalin
Ritalin ist ein zentralnervöses Psychostimulanz, das über eine Stimulierung der Basalganglien das
Adrenalin- und Serotoninniveau im Körper hebt. Die genaue Wirkweise ist noch nicht bekannt,
doch es wird angenommen, daß Ritalin das Erregunssystem des Stammhirns und den Kortex
aktiviert und dadurch stimulierend wirkt. Es fehlen aber schlüssige Beweise, ob ein Zusammenhang
zwischen der biochemischen Wirkung und dem Funktionszustand des Zentralnervensystems
besteht.
Da Ritalin nur 2-4 Stunden wirkt, entsteht danach ein sogenannter „Rebound-Effekt“:
Aggressivität, extreme Unruhe, Weinerlichkeit, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, alles
ausgeprägter als vor der Ritalineinnahme.
Bei chronischem Mißbrauch entsteht wie bei allen Drogen eine Toleranzentwicklung, die einer
Steigerung der Dosis zur Folge hat. Dieses Verhalten nennt man andernorts Sucht.
Studien über Langzeitfolgen von Ritalin gibt es kaum!
Es gibt unterdessen auch die Applikation von Ritalin Hautpflastern mit Depotwirkung.
2.3. Nebenwirkungen von Ritalin
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Als eine der schwersten seelischen Nebenwirkungen von Ritalin könnte man die Tatsache
betrachten, daß Kinder an ihrem eigenen Selbstwert und ihrer eigenen Kraft zweifeln, weil
die Kinder nicht sich selbst, sondern dem Medikament Erfolge in Verhalten und in der Schule
anrechnen. Ritalin demoralisiert sie auf subtile Art und hindert sie daran, ihr volles Potenzial
auszuleben.
Zombi-Effekt. Gefühle flachen ab, Spontaneität und Vitalität werden unterdrückt, Kinder
werden unterwürfig und weinerlich, Verlust von Humor und Vergnügen, vermindertes soziales
Interesse, steif wie ein Roboter
Nervosität, Tics, Tourette-Syndrom (permanente Schädigung des Nerven- und
Muskelsystems, spasmische Zuckungen und unkontrolliertes Schreien und Fluchen von
Schimpfwörtern)
Wachstumsstörung aufgrund einer Dysfunktion der Hypophyse; Ritalin reduziert das Gehirnund Körperwachstum durch eine verminderte Ausschüttung von Wachstumshormonen wie
Prolaktin
Verminderte Gehirndurchblutung. Mögliche Folge ist eine dauerhafte, irreversible Atrophie des
Gehirns, dies wegen der biochemischen Wirkung von Ritalin, welches Synapsen von
Neurotransmittern zum Absterben bringt.
Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Alpträume, Benommenheit, Konzentrationsmangel
Dyskinesie (unwillkürliche Bewegungen des Gesichts, Mundes, Glieder), Gelenkschmerzen,
Nägelbeissen
Appetitmangel, Bauchschmerzen, Übelkeit, Gewichtsverlust
Methylphenidat-induzierte Manien, sieht Käfer auf der Lampe, Geister im Schlafzimmer
Depressionen, Ängste, Halluzinationen, Psychosen, Verwirrtheit, zwanghaftes Verhalten
Kopfschmerzen, Schwindel, Senkung der Krampfschwelle, Epilepsie, Gehirnblutung
Sehstörungen, kann Objekte in unterschiedlichen Geschwindigkeiten verfolgen
Unkontrolliertes Wasserlassen
Erhöhter Blutdruck, Herzrasen, Salzansammlung im Körper, Angina pectoris
Nesselsucht, Erythema exsudativum multiforme, Kribbelgefühle, Haarausfall
Schließlich ist die Suchtgefahr eine der schlimmsten Nebenwirkungen
2.4. Indikationen von Ritalin
Angesichts der vielen Nebenwirkungen und der ziemlich unsicheren Wirkung von Ritalin sollte es
nur in schweren Fällen – bei aggressivem und gewalttätigem Verhalten – und nur in
Zusammenhang mit einer Psychotherapie oder sonstigen Begleitung kurzfristig eingesetzt werden.
Kurzfristig verabreichte Medikamente können höchstens als Möglichkeit toleriert werden, dem
Kind und den Eltern Zeit zu geben, eine alternative Therapie in Angriff zu nehmen, ihre Ernährung
und Erziehung umzustellen, hilfreiche Verhaltensweisen zu lernen und so aus dem Teufelskreis von
Überforderung und Enttäuschung herauszukommen.
Die Behandlung bei Kindern sollte mit kleinen Dosen begonnen und wöchentlich gesteigert werden,
wobei die Tagesdosis von 60mg nicht überschritten werden sollte. Eine Überdosierung verursacht
eine Überspannung des zentralen Nervensystems und kann zum Tod führen. Ritalin sollte zudem
nicht mit Antidepressiva kombiniert werden.
Reduktion oder Absetzen nach längerem Gebrauch führt zum charakteristischen
Entzugssyndrom (u.a. Magen-Darm-Störungen, Schlafstörungen, Erschöpfung, Herzrasen,
Zittrigkeit, paranoide Zustände), bei dem Selbstmord die gefürchtetste Folge ist. Deshalb ist ein
Entzug allmählich über viele Wochen unter klinischer Beobachtung notwendig.
2.5. Problemfeld Ernährung
Wichtig bei Hyperaktivität sind regelmäßige, gesunde Mahlzeiten und gesunde
Zwischenverpflegungen. Die Rolle einer vitalstoffreichen Ernährung ohne Allergene für Kinder mit
ADS kann nicht überbetont werden. Das Gehirn eines Kindes beansprucht 20% der zugeführten
Energie und ein Nährstoffmangel macht sich zunächst dort bemerkbar. Der Zusammenhang von
Ernährung und Verhalten gilt heute als unbestritten. Zucker wirkt eindeutig als Auslöser und
Verstärker von Überaktivitätssymptomen. Deshalb ist eine vollwertige Kost aus naturbelassenen,
biologischen Lebensmitteln mit einer drastischen Reduktion an Zucker, Fleisch und synthetischen
Zusatzstoffen unbedingt zu empfehlen.
Regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten mit den Eltern fördern bei Kindern ein gesundes
Essverhalten, vorausgesetzt, am Tisch wird nicht geschimpft und kritisiert. Eine harmonische
Atmosphäre ohne Schulprobleme zu thematisieren ist gerade für Kinder mit Lern- oder
Verhaltensproblemen sehr wichtig. Miteinander zu Tisch sitzen bedeutet Bindung untereinander
aufnehmen und bei vielen Naturvölkern auch Abbinden von Aggressionen. Die Mahlzeiten sind
verbindlich und sollten zu geregelten Zeiten erfolgen.
Sehr ungünstig ist bei hyperaktiven Kindern der Verzicht auf ein reichhaltiges Frühstück. Neben
komplexen Kohlehydraten sollte auch etwas Eiweiß dabeisein, also Früchte, Rüebli,
Vollkornprodukte, Honig, Sojaprodukte, Käse, Eier, Nüsse, Mandeln usw.
Raffinierter Zucker kann dazu führen, daß kurzfristig zuviel Energie zur Verfügung steht und der
Energiepegel kurze Zeit später plötzlich unter das notwendige Niveau fällt (Hypoglykämie,
Zuckerschaukel). Um ein Koma zu verhindern, schüttet der Körper Adrenalin aus, damit mehr
Zucker ins Blut kommt – das Kind findet sich wieder in einer Situation von „Kampf oder Flucht“.
Dies äußerst sich durch sprunghaftes Verhalten und Stimmungsschwankungen bei Hunger, nach
dem Essen folgt Beruhigung. Solche Kinder sollten nicht länger als zwei Stunden ohne Mahlzeiten
bleiben, geeignet sind da Gemüse, Früchte und Studentenfutter als Zwischenverpflegung.
Hyperaktive Kinder sollten auf keinen Fall mit Süßigkeiten belohnt oder bestochen werden, weil
dies das Problem nur noch verschlimmert.
Vermeiden sie Junk Food und Fertigprodukte. Die Mehrausgaben für naturbelassene, biologische
Lebensmittel fallen im Vergleich zum gesundheitlichen Gewinn nicht ins Gewicht. Eine
Überversorgung mit Phosphaten (in Hamburgern, Würsten, Schinken, Käsescheibletten,
Instantsuppen und –sossen u.v.m.) und eine Unterversorgung mit Zink fördert erwiesenermaßen
hyperaktives Verhalten.
Nahrungsmittelallergien sind bei einer großen Zahl von ADS mitbeteiligt. Die wichtigsten
Hauptallergene sind:
• Lebensmittelzusatz- und Konservierungsstoffe
• Zucker (der Zuckerkonsum hat sich in den letzten 100 Jahren in der Schweiz verzwölffacht!) ,
Schokolade, bei Säuglingen auch andere Zuckerarten wie Honig, Birnel, Ahornsirup etc.
• Sojaprodukte, Weizen
• Kuhmilch; zu unterscheiden sind Allergien gegen Milcheiweiss oder Milchzucker
(Lactoseintoleranz bei ca. 17-25% der Bevölkerung in der Schweiz)
• Weintrauben, Zitrusfrüchte, Melonen, Nüsse, Tomaten, Sellerie, Schweinefleisch
Viele Kinder leiden an „maskierten Allergien“, d.h. sie sind geradezu süchtig nach Lebensmitteln,
die ihnen schaden. Neben einer umfassenden Abklärung beim Arzt oder Heilpraktiker können Sie
bei ihrem Kind den sogenannten „Coca-Pulstest“ anwenden: Messen Sie den Ruhepuls ihres
Kindes. Nachdem es ein verdächtiges Nahrungsmittel nach einigen Tagen Karenz wieder eingeführt
haben, messen Sie wieder den Puls. Wenn dieser 16 oder mehr Schläge pro Minute höher als davor
ist, muss eine Allergie vermutet werden. Einzelne Lebensmittel können auch mittels
kinesiologischem Muskeltest im voraus ausgetestet werden.
Praktische Ratschläge zur Ernährungsumstellung bei Nahrungsmittelallergien erhalten Sie bei beim
Arbeitskreis Ernährung + Verhalten (früher Phosphatliga), siehe unter www.aev-schweiz.ch. Der
Leidensdruck mit dem verhaltensauffälligen Kind muss natürlich groß genug sein, um eine
Änderung in der Ernährung überhaupt ins Auge zu fassen. Eine allergenarme Diät bedeutet
Schonzeit für das Immunsystem, so daß es sich erholen und besser ins Gleichgewicht kommen
kann. Wenn man ein allergenes Nahrungsmittel genug lang gemieden hat (i.d.R. einige Monate),
kann es oft wieder verträglich werden.
Wichtige Neurotoxine (Stoffe, welche das Gehirn schädigen können) sind:
• Blei, in Trinkwasser aus Bleirohren, Blattgemüse, Innereien, Konservendosen, gemahlenen
Tierknochen, Keramikgeschirr aus südlichen Ländern, Haarfärbemittel, verkehrsreiche Straßen,
Spielplätze an Hauptverkehrsstraßen. Belastungen durch Blei treten bereits vor der Geburt auf,
da Blei die Plazenta passieren kann. Kann Hyperaktivität, aber auch Lähmungen auslösen
• Quecksilber, in Zahnfüllungen, Meerfischen, Hautsalben
• Kadmium in Zigarettenrauch, Malfarben, verschmutzter Luft (Kadmium, Quecksilber und Blei
lagern sich zum großen Teil an den Zellmembranen ab und sind daher im reinen Serum oder den
Haaren nur in geringer Konzentration zu finden; hier empfiehlt sich eine fraktionierte
Vollblut/Serumanalyse, oder die Untersuchung eines ausgefallenen Milchzahns)
• Zinn, Mangan, Kupfer, Aluminium, Alkohol, Benzin, Lösemittel, Pestizide
Verzichten Sie auf also Duftsteine, Raumsprays, Mottenschutzmittel, Möbelpolitur, Flohhalsbänder
für Haustiere. Säuglinge haben noch keine Blut-Hirn-Schranke, das heißt, Umweltgifte gehen direkt
ins Gehirn.
Zum Problem des Trinkwassers. Sowohl Leitungswasser als auch Mineralwasser in Flaschen
bergen unterschiedliche gesundheitliche Gefahren und dennoch sollte Wasser das Grundgetränke
Nummer eins für alle Kinder sein.
Zur Ausleitung von Umweltgiften im Trinkwasser empfehlen sich Bärlauch, Knoblauch und
Korianderöl.
Eine andere Möglichkeit, die Qualität des Leitungswassers zu verbessern sind technische Geräte im
Haushalt. Kohlegranulatfilter oder Ionenaustauscher als Tischwasserfilter sind bedenklich, hingegen
empfehlen sich zur Trinkwasserreinigung folgende Produkte: WRG2000 (mechanische und
elektrische Schwingungskreise mit einem Magnetsystem), WiWa-System (Aktivkohlefilter mit
rechtsdrehender Verwirbelung) oder MultiPure- Kohleblockfilter (Block aus zehn verschiedenen
Aktivkohlesorten wie Birne, Kokos usw.).
Sollten die bisher genannten Maßnahmen nicht genügen oder ist deren Durchführung unmöglich,
sollte eine Anwendung von Nahrungsergänzungsmittel erwogen werden, um dem wachsenden
Kind die nötigen Vitalstoffe und Energie zuzuführen. Vorschläge:
• Afa-Alge täglich 1,5 Gramm, Kinder unter 6 Jahren 1 Gramm, zusammen mit viel Wasser;
zusätzlich täglich einen Teelöffel Hanföl, Leinöl, Walnussöl, Fischöl oder Nachtkerzenöl mit
Omega-3-Fettsäuren
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•
Gerstengrassaft, dreimal täglich 2 bis 4 Gramm angerührt aus Pulver, wenn nötig mit
Ananassaft, um den süßlich-bitteren Geschmack zu mildern
Synthetisch hergestellte Nahrungsergänzungs-Komplexe sollte nur von erfahrenen Therapeuten
verschrieben werden – eine Eigenbehandlung ist nicht zu empfehlen.
2.6. Problemfeld Schule
Beethoven, Einstein, Edison galten in ihrer Jugend als hoffnungslose Fälle und schwer von Begriff,
und auch Mozart soll ein hyperaktives Kind mit labilem Gemüt und Neigung zu Wutanfällen
gewesen sein. Während man früher Kinder als böse, dumm, blöde oder faul titulierte, haben sich
jetzt die Etiketten gewandelt, und man spricht von ADS, hyperkinetischem Syndrom,
Aufmerksamkeitsstörungen, minimaler zerebraler Dysfunktion oder Lernstörungen; während
Eigenschaften wie Zappeligkeit, Unaufmerksamkeit, Tagträumereien oder Wutausbrüche früher zur
Kindheit dazugehörten, fügt man heute betroffenen Kindern mit den oben genannten
Bezeichnungen Wunden zu, deren Narben oft ein Leben lang bleiben. Unabhängig von der
Diagnose stellt bereits der Gang zum Schulpsychologen für manche Kinder eine Stigmatisierung
dar. Wie kränkend und krankmachend kann es für ein Kind sein, von Psychiatern
„auseinandergenommen“ zu werden.
Schon Vorschulkinder leiden heute unter Leistungsdruck, worauf viele Kinder mit
Verhaltenstörungen reagieren. Oft spielen ADS-Kinder den Klassenclown und stören dadurch
permanent den Unterricht.
Manchmal liegt die Wurzel des Problems in einer schlechten Beziehung zwischen dem Kind und
den Lehrern oder die Schüler sind offensichtlich unter- oder überfordert. In diesen Fälle ist natürlich
das Gespräch mit den Lehrpersonen zu suchen und einen eventuellen Klassen- oder Schulwechsel
ins Auge zu ziehen. In Deutschland gibt es eine erste Schule für ADS-Kinder (Hans Biegert in
Bonn).
Als Lehrer ist es möglich, besonders bewegungsfreudigen Kindern Möglichkeiten zu bieten, ihre
physischen Energien zu kanalisieren, z.B. indem sie auf Gymnastikbällen sitzen dürfen,
Rechenaufgaben hüpfen können, Fuchsschwänze an den Tischen anbringen, die sie streicheln
dürfen, Stehpulte, Hängematten, Schaukelstühle usw.
Auch Licht ist Nahrung, und nur die beste sollte gut genug für unsere Kinder sein. Es sind Fälle
bekannt, wo Neonlicht bei empfindlichen Kindern Hyperaktivität ausgelöst hat. In Schulen sollten
deshalb Vollspektrumleuchten angewandt, die Wände in warmen Farben gestrichen werden usw.
Zuhause kann eine Salzkristallampe oder ähnliches am Nachttisch des Hyperaktiven für
harmonischen Ausgleich sorgen.
2.7. Problemfeld Freizeit
Kinder, die mit immer mehr optischen Reizen überflutet werden, denen immer weniger
Bewegungsmöglichkeiten geboten und deren Phantasie und innere Bilder von den Medien
gestohlen werden, reagieren einfach so, wie es das Krankheitsbild ADS umschreibt.
Immer mehr Kinder verbringen mit Fernsehen mehr Zeit als mit irgendeiner anderen Beschäftigung
als Schlafen. Bei hyperaktiven Kindern ist der Medienkonsum unbedingt einzuschränken, weil
es versucht, die Dynamik auf dem TV-Schirm nachzuahmen, indem es ständig sein Objekt der
Aufmerksamkeit wechselt. An Sensationen und schnelle Bildfolgen gewöhnt, werden langsamere
Erfahrungen in der Wirklichkeit schnell langweilig und die Aufmerksamkeit schweift ab.
Neben der zeitlichen Beschränkung spielt natürlich der Inhalt, welcher über die Medien vermittelt
wird, eine entscheidende Rolle. Bevor ein amerikanisches Kind fünfzehn Jahre alt ist, hat es
durchschnittlich mehr als 10´000 virtuelle Morde gesehen! Mit Vorschulkindern sollte man sich
Fernsehsendungen grundsätzlich nur gemeinsam anschauen und daraufhin wenn nötig auch
besprechen und verarbeiten.
Um mit dem Problem Medienkonsum bei Kinder fertig zu werden, gehört natürlich auch dazu, daß
wir selber damit verantwortungsvoll umzugehen wissen. Selbsterziehung fordern diese
schwierigen Kinder ganz besonders von uns.
Computer haben das Potenzial, lustlose Schüler in neugierige Forscher zu verwandeln. Geeignete
Computerspiele helfen lernbehinderten Kinder die oft belastenden Erfahrungen ihres Alltags
auszublenden und in einer Phantasiewelt ihre Schwächen zu besiegen.
Als Faustregel gilt, daß Schulkinder mindestens die gleich lange Zeit, welche sie mit elektronischen
Medien verbringen auch draußen an der frischen Luft sich bewegen sollten. Kinder müssen toben,
spielen und alle ihre Bewegungsmöglichkeiten ausprobieren können.
Kinder brauchen viele Gelegenheiten zum Spielen mit Materialien aus der Natur. Vieles was die
moderne Zivilisation als normal betrachtet, ist für ADS Kinder eine Reizüberflutung. Sie kommen
schlecht zurecht mit ihren Emotionen und ihrer Denk- und Lernfähigkeit, sie sind zutiefst
verunsichert mit ihrem Lebensgefühl und das macht Angst. Hyperaktive Kinder sind oft Kinder mit
großen Ängsten. Deshalb müssen wir ihre Umgebung so prägen, daß es seine Sinne zwar anregt,
aber nicht übererregt. Der Gang in den Wald ist deshalb manchmal wie ein Rettungsanker.
Vielleicht ist es wichtig, die Botschaft der ADS-Kinder zu verstehen. Sie zeigen uns, daß mit der
heutigen Lebensart der Menschen etwas nicht mehr stimmt. Sie zeigen uns unsere eigenen
Störungen und Erkrankungen in verstärkter Form. Sie widerspiegeln durch ihr Leid und ihre
Probleme etwas, womit wir selber zu tun haben.
2.8. Problemfeld Familie
„Viele Kinder sind heute Waisen mit Eltern“ (Margarete Mitscherlich)
Die Annahme, ADS sei eine biologische Störung, enthebt Eltern und Lehrer jeder Verantwortung
für das Verhalten von Kindern. Doch ein Zusammenhang von unfähigen oder überforderten
Eltern mit hyperaktivem, impulsivem oder leicht ablenkbarem Verhalten ihrer Kinder liegt nahe.
Bei der Entstehung der Hyperaktivität ist oft eine nicht kind-gemässe Betreuung mit am Werk. Bis
zum Erwerb des „Ich“ sind vor allem anderen die Bedürfnisse nach Sicherheit und Geborgenheit
zu sättigen.
Eine Diagnose von ADS kann tiefere Schwierigkeiten in einer Familie maskieren und zudecken.
Kinder brauchen gesunde und glückliche Eltern, denn überlastete Eltern erreichen irgendwann einen
Punkt, an dem sie nicht mehr liebevolle und fürsorgliche Eltern sein können. Keine Generation hat
jemals so wenig Zeit für ihre Kinder investiert wie die heutige. Eine Unterstützung könnte das
Ritual eines Familientreffens sein, wie sie z.B. Thomas Gordon in „Familienkonferenz“ beschreibt.
Kinder, die impulsiv, unaufmerksam und scheinbar taub für Vorschriften sind, benötigen eine
erzieherische Entschlossenheit, klare Kommunikation und ebensolche Anweisungen. Das Kind
muss die Regeln kennen und wissen, daß sie befolgt werden müssen. Hier einige Taktiken, um sich
als Eltern konsequent durchsetzen zu können:
•
•
•
Das Kind bei den Schultern halten, während die Anweisung gegeben wird
Sich niederknien oder bücken und dem Kind in die Augen schauen – möglichst auf gleicher
Höhe
Klar und fest sprechen, darauf bestehen, daß das Kind sich eine vernünftige Anweisung anhört
und sie auch befolgt
•
•
Das Kind sollte die Aufforderung jeweils wiederholen
Murmeln, herumnörgeln, diskutieren, flehen, schreien oder sogar Gewaltanwendung führen zu
keinem Erfolg
Kinder mit Hyperaktivität brauchen feste Abmachungen, Rituale und einen immer
gleichlaufenden Rhythmus. Überraschungen sollten möglichst vermieden werden. Zu empfehlen
ist ein Tagesablauf mit Vorschau am Morgen und Rückblick am Abend.
Bei Einschlafschwierigkeiten empfiehlt sich bei älteren Kindern folgende Übung: der
Tagesrückblick soll in der umgekehrten Reihenfolge stattfinden, das heißt, das Kind versucht, sich
an die Ereignisse kurz vor dem Einschlafen zurück durch den Tag bis zum Aufwachen zu erinnern.
Diese Übung stärkt die Willenskraft und kann ungemein beruhigend wirken.
Hyperaktiven Kindern fehlt meist eine genügende Nachahmungskraft. Vom Säuglingsalter bis zur
Schulzeit ist deshalb die wichtigste therapeutische Maßnahme das Vorbild des Erwachsenen, der
sein Denken, Fühlen und Wollen zu beherrschen versucht.
Mit folgenden Hinweisen können Sie bei heftigen Wutausbrüchen besser zurechtkommen und
Ihrem Kind helfen:
•
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•
•
•
•
Beschreiben Sie die Situationen, in denen Ihr Kind einen Wutausbruch bekommt
Loben Sie ihr Kind, wenn es in schwierigen Situationen nicht mit einem Wutausbruch reagiert
Bewahren Sie ruhig Blut
Bringen Sie ihr Kind an einen Ort, wo es sich beruhigen kann; die Aggression des Kindes darf
nicht durch Prügel oder durch Isolierung bestraft werden
Loben Sie ihr Kind, wenn es ihm gelingt, sich zu beruhigen
Achten Sie darauf, daß sich der Wutausbruch für das Kind nicht lohnt
Eine weitere Möglichkeit, Krisensituationen zu entschärfen, schlägt Irina Prekop mit ihrer eigenen
„Festhaltetherapie“ vor, ebenso David Pentecost mit seinem „ADDapt-Programm“.
Möglicherweise tut es Eltern gut, sich mit den sogenannten Indigo-Kindern von Nancy Ann Tappe
zu beschäftigen, welche ganz ähnliche Verhaltensweisen wie hyperaktive Kinder zeigen, in diesem
Fall wird dies aber als positiv gedeutet.
2.9. Alternative Therapien
•
Klassische Homöopathie, wobei die Behandlung nur durch einen gut ausgebildeten
Therapeuten mit jahrelanger Erfahrung gemacht werden sollte. Klassische Homöopathie
behandelt kranke Menschen und nicht Krankheiten, deshalb kommt prinzipiell jedes geprüfte
Arzneimittel als Heilmittel bei ADS oder Hyperaktivität in Frage.
Fragebogen zur homöopathischen Fallaufnahme bei ADS und Wahrnehmungsstörungen
ADS Grundsymptome:
Unruhe körperlich (zappelig)
• Zerstreutheit (Konzentrationsstörung)
• Gereiztheit (ärgerlich, Zornausbrüche)
Wahrnehmung:
• Berührung verschlimmert
• Helles Licht verschlimmert
• Angestrengtes Sehen verschlimmert (Unruhe nach TV oder PC)
• Überempfindliches Gehör (Lärm von anderen verschlimmert)
• Überempfindlicher Geruchsinn
• Verminderter, schwacher Geruchsinn (würzt alles nach)
• Verlangen und Besserung durch Entblößen
• Wärme verschlimmert (heißes Wetter, überhitzte Räume machen unruhig, nervös)
• Kälte bessert
• Verlangen und Besserung durch Einhüllen
• Kälte verschlimmert
Verarbeitung:
• Langsames Verstehen, Begreifen
• Schwaches Gedächtnis (neurologische Testuntersuchungen)
Grobmotorik:
• Bedürfnis zu bewegen, nach gezielter Bewegung, Sport etc.
• Bewegung bessert
• Abneigung gegen Bewegung, Trägheit
Feinmotorik
• Schreiben verschlimmert
Zeitliche Verschlimmerung (muss an Wochenende oder in Ferienzeiten beurteilt werden)
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Nach dem Erwachen
Vormittags
Nachmittags
Abends
•
Schüsslersalze ebenfalls nach Rücksprache mit einem erfahrenen Therapeuten. Häufige Mittel
sind die Nr. 3, 4, 5, 7, 8, 9, 23
•
Bachblüten bieten eine sanfte Hilfe für Kinderseelen
•
Körpertherapie, Massagen, Shiatsu, Kampfsportarten, therapeutisches Reiten u.a.
•
Meditationstechniken wie Reiki, die Fünf Tibeter, Transzendentale Meditation, Kinesiologie,
Wahrnehmungstrainig, u.a.
•
Phytotherapie: hier gilt die Einschränkung, sogenannte Phytotranquilizer nur vorübergehend
und kurzfristig anzuwenden. Zwar stehen diese pflanzlichen Mittel im Vergleich zu Ritalin sehr
gut da, wenn man die Nebenwirkungen miteinander vergleicht. Wir dürfen aber unsere
Heilpflanzen nicht dazu einsetzen, Probleme zu verdecken, zu verdrängen oder zu unterdrücken.
Die Aktivität eines Kindes ausschließlich mit Phytotherapie zu dämpfen, kann nicht des Rätsels
letzter Schluß sein. Aus meinem Seminar „Phytotherpapie bei psychischen Erkrankungen“
werden Ihnen nun die wichtigsten pflanzlichen Beruhigungsmittel vorgestellt. (Ginkgo,
Hypericum, Valeriana, Humulus, Melissa, Avena, Passiflora)
Literaturverzeichnis
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