Richtlinien zur Haltung von europäischen Landschildkröten: Auffangstation „Kriechenland“ 1. Haltungsanforderungen 2. Fütterung 3. Geschlechterverhältnis 4. Legenot 5. Entwurmung/Herpesvirus 6. Winterstarre 7. Artenvielfalt/Jungtiere 8. Hygiene 9. Meldepflicht 10. Schutzgebühr/Kosten 11. Literaturempfehlungen 12. Hotline ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ ͳ 1. Haltungsanforderungen Von der Art der Unterbringung hängt es sehr wesentlich davon ab, ob Schildkröten gesund bleiben. Eine dauerhafte Unterbringung im Terrarium stellt keine artgerechte Haaltung dar und ist daher aus unserer Sicht strikt abzulehnen! Es ist daher unabdingbar, mediterrane/europäische Landschildkröten in einem naturnah angelegten und entsprechend gesicherten Freigehege unterzubringen. Reptilien, so auch Landschildkröten, sind wechselwarme Tiere und brauchen somit unbedingt Wärme und Sonnenlicht zum Leben. Darum muss seitens des Halters in unseren Breitengraden während der Übergangszeit (Frühjahr, Herbst), ein trockenes, zugfreies Schutzhaus zur Verfügung gestellt werden. Die Öffnung des Schutzhauses (Glashaus oder Frühaufzuchtsbeet), sollte wenn möglich nach Osten bis Südosten gelegen sein. Der Bodenuntergrund sollte aus Lehmerde, bzw. Sand bestehen. Im Haus muss die Möglichkeit bestehen, mittels Wärmelampen (kein Rotlicht), Wärme zu erzeugen. (Z. B. durch HQ-Strahler, Keramikspots, etc. - bei Verwendung von Wärmematten sollten diese aufgestellt oder hängend zur Verwendung kommen. Also entweder erfolgt die Wärmezufuhr seitlich, besser aber noch von oben.) Dies ist unabdingbar, um auch an kühlen Tagen/Nächten die fundamentalen Körperfunktionen der Tiere aufrecht erhalten zu können. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ ʹ Sollten Tiere zeitweise (Quarantäne, aus Krankheitsgründen oder dergleichen) im Terrarium untergebracht werden müssen, sind sie auf die Zuführung von lebenswichtigem UVA/UVB Strahlen angewiesen. Achtung: Nach ca. 6 Monaten verlieren die meisten Tageslichtlampen ihre Strahlenfunktion und müssen daher zwingend ersetzt werden. Auszug aus dem Bundestierschutzgesetz: Mindestanforderungen an die Haltung von Schildkröten: "Die Notwendigkeit eines natürlichen Lichteinfalls oder künstlicher Beleuchtung sind artgemäß zu berücksichtigen um den Tieren den Tag-Nacht-Rhythmus und die jahreszeitliche Schwankungen zwischen Kurztag und Langtag zu signalisieren. Notwendigen Ruhephasen, verbunden mit Lichtentzug und Temperaturabsenkung, im Extremfall Hibernation ist Rechnung zu tragen. Lokale Strahlungswärme ist (...) zur Erreichung einer optimalen Körperwärme anzubieten." Hibernation = Winterstarre. 2. Fütterung Die Ernährung ist zweifellos einer der wichtigsten Punkte die bei der Haltung von Landschildkröten zu beachten ist. Ernährungsbedingte Krankheiten gelten gemein hin als die häufigsten Ursachen von Fehlentwicklungen und/oder frühzeitigem Ableben. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ ͵ Landschildkröten sind Vegetarier und somit reine Pflanzenfresser. Im natürlichen Habitat wechselt das Nahrungsangebot kontinuierlich mit den Jahreszeiten. Somit ergibt sich in unseren Breitengraden ein grober Speiseplan wie folgt: Spitz- und Breitwegerich, Löwenzahn, Disteln, Kresse, Brennnessel, div. Kleearten (nicht zu viel), Malve, Kamille, Lavendel, Himbeer-, Erdbeer-, Wein-, und Brombeer-, Rosenblätter und Hibiskus. In den heißen Sommermonaten hingegen sonnengetrocknetes, rohfaserreiches Wiesenheu angeboten werden. sollte Keine Früchte, Gemüse oder Obst. Bitte auch keinen Salat! Natürliche Kalkspender wie Sepiaschale oder Schneckengehäuse (einfach über das Futter reiben), sind bitte anzubieten. (Panzerwachstum/Eiablage/etc.) Schildkröten muss eine leicht zugängliche flache Wasserschale (Trinken und Baden) zur Verfügung stehen deren Inhalt täglich zu reinigen ist. (Blumenuntersetzer aus Ton o.ä.) Im natürlichen Habitat kommen die Tiere so gut wie nie mit verschmutztem Wasser in Berührung und können daher sehr empfindlich darauf reagieren. Freigehege sind bitte in sonniger und windgeschützter Lage zu errichten und ausbruchssicher zu gestalten. (Achtung! Schildkröten sind sehr gute Kletterer und graben auch mitunter beträchtliche Tunnel!). ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ Ͷ Das jeweilige Gehege sollte über eine ca. 40 cm hohe, blickdichte und möglichst glatte Umfriedung verfügen. Um ein Ausgraben der Tiere zu verhindern, muss die Umfriedung ca. 30cm „untermauert“ werden. (Alte Dachziegel, engmaschiges Baugitter, etc.) Ein Überhang vervollkommnet und sichert die Umfriedung. Das „Innenleben“ bitte so abwechslungsreich als möglich gestalten/strukturieren. Wichtig sind darüber hinaus div. Versteck- und Klettermöglichkeiten die ggf. auch vor zu großer Hitze/Regen schützen sollen. Also z. B.: Hügel, Höhlen, Äste, Wuzeln, Steine, durchsetzt mit sandigen Bereichen die wiederum in Buschwerk (div. Stauden, Lavendel u. ä.), mit leicht abtrockendem Bodengrund übergehen sollten. Auch sind die Tiere vor evtl. andere Haustieren und/oder Fressfeinden (Marder, div. Raubvögel, Ratten, Katzen, Hunde;) ausreichend zu schützen. Gehege von juvenilen und semiadulten Tieren sind zu diesem Zweck auf jeden Fall mit einer stabilen Überkopfvergitterung zu versehen. 3. Geschlechterverhältnis Landschildkröten die in Gefangenschaft einzeln gehalten werden/aufwachsen entwickeln sich in der Regel zu hochterritorialen Tieren. Männchen zu vergesellschaften ist daher in den meisten Fällen eher schwierig bis aussichtslos. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ ͷ Aber auch hier gilt: Je größer und abwechslungsreicher das Gehege strukturiert ist (Versteckmöglichkeiten), desto besser. Sollten Landschildkröten in Gruppen gehalten werden, erscheint erfahrungsgemäß ein Geschlechterverhältnis von 1:4 = 1 Männchen -3/4 Weibchen ideal. Dies ist anzustreben um den in der Paarungszeit entstehenden Stress der weiblichen Schildkröten so gering wie möglich zu halten. (Geschlechtertrennung in der Zeit der Eiablage! Siehe: Legenot) 4. Legenot Landschildkröten müssen so untergebracht werden, dass eine temporäre Trennung der einzelnen Geschlechter jederzeit möglich ist. (= Je mehr Männchen, desto mehr Gehegeabschnitte.) Ansonsten kann es aufgrund von territorialen Streitigkeiten mitunter zu schweren blutigen Beißverletzungen kommen. Befruchtete Weibchen ziehen sich in der Regel an einen erhöhten, sonnig-sandigen Punkt des Geheges zurück (Eiablagehügel), um dort ihre Eier einzugraben. Können sie das nicht, weil dieser entweder nicht vorhanden ist, oder der Stress durch vorhandene Männchen zu groß ist, können die Tiere im schlimmsten Fall an der so genannten Legenot grausam verenden. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ 5. Parasiten/Herpesvirus Endoparasiten: Rechtzeitig vor Beginn der Winterruhe sollte vom Halter eine zum jeweiligen Tier eindeutig zuordenbare Kotprobe separiert werden. Diese muss durch einen Tierarzt untersucht und das Tier in weiterer Folge ggf. entwurmt werden. Ektoparasiten: Hier treten vornehmlich Zecken auf, die man am besten mit einer handelsüblichen Zeckenzange entfernt. Herpesvirus: Um einen evtl. Herpesträger zu identifizieren, muss im Bedarfsfall eine Blutprobe vom betreffenden Tier untersucht werden. Sollte ein Bluttest vom zukünftigen Halter erwünscht sein, ist dieser gesondert zu bezahlen. 6. Winterstarre Gesunde Landschildkröten jeden Alters ist seitens des Halters bitte die Möglichkeit zu geben ausreichend Winterstarre zu halten. (Ausnahme: Nordafrikanische Arten! Testudo gracea gracea) Entweder, wenn vorhanden, im kühlen Erdkeller (Achtung Fressfeinde!), oder im Kühlschrank/Weinkühler bei jeweils etwa 4-6 Grad. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ Nachdem die Schildkröten mittels Wärme- und Lichtreduzierung den Kurztag als Vorboten des Winters erleben, muss ihnen in weiterer Folge die Gelegenheit gegeben werden sich in einem Gemisch von ungedüngter Gartenerde, trockenem Buchenlaub und feinkörnigem Sand einzugraben. Daraufhin werden sie vom Halter an den vorgesehenen Ort der Überwinterung gebracht. Während der Ruhephase ist es unerlässlich die Tiere in regelmäßigen Abständen (ca. alle 14 Tage) zu wiegen. (Als Gewichtsverlust während der Zeit der Winterstarre ist maximal 8% zulässig, ansonsten ist das betreffende Tier bitte kontrolliert aufzuwecken und einem Tierarzt vorzustellen.) Bei Überwinterung im Kühlschrank/Weinkühler ist dieser bitte regelmäßig zu lüften (Pilzbefall) und vor allem das mit Blattwerk (getrocknetes Buchenlaub), bedeckte Substrat leicht feucht halten. Evtl. durch Beigabe eines feuchten Tuches. 7. Artenvielfalt/Jungtiere Unterschiedliche Arten/Unterarten und juvenile Tiere benötigen mitunter unterschiedliche Haltungs-, und/oder Überwinterungsbedingungen. (Zeiträume) Wir beraten Sie gerne. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ ͺ 8. Hygiene Reptilien können Salmonellen übertragen. Bitte unbedingt, im eigenen Interesse, nach erfolgtem Kontakt die Hände waschen! 9. Meldepflicht Alle europäischen Landschildkrötenspezies unterstehen Artenschutzbestimmungen! Darüber hinaus besteht für Wildtiere (Reptilien) ausnahmslos eine behördliche Meldepflicht. (Bezirkshauptmannschaft/Amtstierarzt) 10. Schutzgebühr/Kosten Für unsere Tiere fällt ein Unkostenbeitrag von 180.- bis 480.Euro an. Es wird ein entsprechender Schutzvertrag erstellt. Bitte bedenken Sie, dass Landschildkrötenhaltung kein billiges Hobby sind und dass sich Schildkröten gemeinhin nicht als Tiere für Kinder eignen. Die Schutzgebühr ist nur ein geringer Anteil an dessen, was Sie in Folge in Literatur, Terrarium, Freigehegebau, Tierarzt-, Strom-, und Futterkosten aufzubringen werden haben. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ ͻ Eine Weitergabe, oder gar ein Verkauf des Tieres/der Tiere ist auf jeden Fall verboten. Es ist des Weiteren verboten, mit den Tieren/dem Tier zu züchten. 11. Literaturempfehlungen T. Geier: Fester Panzer - weiches Herz. M. Minch: Schildkröten. Praxis Ratgeber: Freilandanlagen für M. Rogner: Schildkröten- Biologie, Haltung, Vermehrung; M. Rogner: Griechische hermanni hermanni Landschildkröten Testudo W: Wegehaupt: Die natürliche Haltung und Zucht von Griechischen Landschildkröten. W. Wegehaupt: Futterpflanzen B. Wolff: 300 Fragen zur Landschildkröte. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ ͳͲ 12. Hotline Bei Fragen zu Haltung / Vergesellschaftung / Unterbringung und/oder Überwinterung wählen Sie bitte tirolweit die Nummer 06648220315. Ebenso dann, wenn Sie Hilfe in Sachen Artbestimmung benötigen, ein/mehrere Tier/e, gefunden, oder ein/mehrere Tiere in die Auffangstation abgeben möchten. Auffangstation „Kriechenland“ [email protected] -Vielen Dank. ZŝĐŚƚůŝŶŝĞŶnjƵƌ,ĂůƚƵŶŐǀŽŶĞƵƌŽƉćŝƐĐŚĞŶ>ĂŶĚƐĐŚŝůĚŬƌƂƚĞŶ͗ ͳͳ