ausgabe 3 - Herzzentrum

Werbung
DAS KÖLNER HERZZENTRUM
FACHZEITSCHRIFT FÜR DEN ARZT
•
Einblicke in das Labor für kardiale Regeneration
•
Derzeitige Verfahren der Herzunterstützung – ab wann bis wann?
•
Injektion von Biomaterialien zur Verbesserung nach Myokardinfarkt
•
Chirurgie der Atrioventrikularklappen im Erwachsenenalter
AUSGABE 3
01/2010
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
5
Einblicke in das Labor für kardiale Regeneration
der Klinik und Poliklinik für Herz- und
Thoraxchirurgie
7
– Yeong-Hoon Choi, Klaus Neef –
Derzeitige Verfahren der Herzunterstützung –
ab wann bis wann?
13
– Thorsten Wittwer –
Injektion von Biomaterialien zur Verbesserung
des Remodelings nach Myokardinfarkt
17
– Marcel Halbach, Jochen Müller-Ehmsen –
Chirurgie der Atrioventrikularklappen
im Erwachsenenalter
23
– Jens Wippermann, Parwis Rahmanian, Navid Madershahian,
– Schariah Salehi-Gelani, Thorsten Wahlers –
Angeborene Pulmonalklappenerkrankungen
27
– Mathias Emmel, Narayanswami Sreeram, Markus Khalil,
– Konrad Brockmeier –
Neuer Hochleistungs-Computertomograph
im Herzzentrum
29
– Carsten Zobel, Henning Bovenschulte –
Der transapikale Aortenklappenersatz
Therapie der Wahl bei der kardialen Reoperation?
35
– Justus Strauch –
Alternativen zur Therapie des Vorhofflimmerns
mit Vitamin K-Antagonisten
37
– Erland Erdmann –
Chronisch thromboembolische pulmonale
Hypertomie (CTEPH): Welchen Stellenwert haben
heute die Perfusions- (Q) und Ventilations- (V)
Szintigraphie?
39
– Matthias Schmidt –
Herzchirurgische Intensivmedizin
am Herzzentrum Köln
43
– Georg Langebartels –
Hypersensitivitäts-Myokarditis
47
– Tobias Plenge –
Koronaranomalien – Wann besteht eine
Indikation zur Intervention?
51
– Jochen Müller-Ehmsen, Erland Erdmann –
Neue klinische Studie:
Psychotherapie bei depressiven Koronarpatienten
54
– Christian Albus, Frank Lambertus, Frank Vitinius –
Verein der Freunde und Förderer des
Herzzentrums des Universitätsklinikums Köln e.V.
55
Impressum
58
3
VORWORT
v.l.n.r.: Konrad Brockmeier, Erland Erdmann, Thorsten Wahlers, Jan Brunkwall
Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen,
die Nachbarschaft unserer vier Fachdisziplinen unter einem Dach hat sich
in den nun mehr als zwei Jahren des
Zusammenlebens nicht nur als angenehm, sondern auch als überaus
erfolgreich erwiesen. Der organzentrierte Ansatz im Herzzentrum, hier
auf dem Campus der Kölner Universität bietet unseres Erachtens die beste
Voraussetzung für effiziente klinische Zusammenarbeit verwandter
Disziplinen mit gemeinsamer Nutzung von Räumlichkeiten, Großgeräten und Organisationsstrukturen, in
unmittelbarer Nachbarschaft zu
allen anderen medizinischen Disziplinen mit ihren Spezialisten. Die
attraktive Architektur des Gebäudes
scheint eine Art von motivierender
Kraft auf die im Herzzentrum arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu haben - nicht zuletzt wahrscheinlich auch auf unsere Patienten.
Die Zeitschrift „Das Kölner Herzzentrum“ liegt Ihnen jetzt in der dritten
Ausgabe vor. In dieser Ausgabe
haben wir Wert darauf gelegt, in der
Form noch einheitlicher zu werden
und sie kurz und knapp über aktuelle
Themen zu informieren. Wir gehen
davon aus, dass wir in Ihrem Interesse gehandelt haben, wenn wir die
Beiträge auf typischerweise 3 Seiten
Länge konzentriert haben. Sollte
Ihnen der Umfang jedoch nicht ausreichend sein und Sie den Wunsch
nach ausführlicherer Information zu
den angesprochenen Themen haben,
so lassen Sie uns das wissen. Zum
Zweck einer besseren und schnelleren Kommunikation haben wir in
dieses Heft heraustrennbare Seiten
einbinden lassen, die Ihnen über FaxKontakt eine rasche Kommunikation
mit uns ermöglichen können.
Mit den besten Wünschen für ein
erfolgreiches Neues Jahr, in weiterhin guter Zusammenarbeit im Interesse unserer Patienten mit herzlichen
kollegialen Grüßen
Prof. Dr. med. Konrad Brockmeier
Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie
5
EINBLICKE IN DAS LABOR FÜR KARDIALE REGENERATION
Einblicke in das Labor für kardiale
Regeneration der Klinik und Poliklinik
für Herz- und Thoraxchirurgie
Doktoranden:
Florian Drey, Birgit Ewert, Suresh Kumar, Anne
Pierick, Jung-Min Pyun, Maike Reher, Arne
Tenbrock, Philipp Treskes, Angelika Weichel,
– Yeong-Hoon Choi, Klaus Neef –
MTA:
Das Labor für kardiale Regeneration der Klinik
und Poliklinik für Herz- und Thoraxchirurgie
(Direktor: Univ.-Prof. Dr. Th. Wahlers) wurde
2006 begründet und seitdem kontinuierlich ausgebaut. Neben grundlagenwissenschaftlichen
Fragestellungen mit hoher klinischer Relevanz
im Gebiet der Stammzelltherapie zur Regeneration des Herzens konzentriert sich die
Arbeitsgruppe um Dr. Yeong-Hoon Choi auf die
Entwicklung von innovativen und hochsensitiven Diagnostikverfahren zur Früherfassung
myokardialer Schädigungen.
Das Team
Dr. med. Yeong-Hoon Choi
- Arbeitsgruppenleiter
Kardiale Regeneration
Facharzt für Herzchirurgie,
Medizinstudium:
Johannes GutenbergUniversität Mainz,
klinische Ausbildung in
Mainz, Rostock und Köln,
Postdoc: Children's Hospital
Boston/Harvard Medical
School
Dr. rer. nat. Klaus Neef
- Laborleitung
Biologiestudium:
Universität zu Köln,
Postdoc:
Nanyang Technological
University, Singapore
Von links nach rechts: S. Kumar, Dr. K. Neef, M. Brenkmann, A. Tenbrock, M. Schink, P. Treskes
Meike Brenkmann, Laura Wilden, Mareike
Schink
Struktur
Das Labor für kardiale Regeneration befindet
sich im 5. OG des LFI-Gebäudes (Lehre, Forschung, Information). Neben der eigenen Einrichtung, die vor allem zell- und molekularbiologisch ausgerichtet ist, hat das Labor im Rahmen der Kooperationen mit anderen Arbeitsgruppen und dem Zentrum für Molekulare
Medizin Köln (ZMMK) Zugriff auf die modernsten Analyseverfahren. Als Gründungmitglied
der Arbeitsgruppe für kardiale Zelltherapie
steht das Labor in enger Kooperation mit den
Forschungslabors der Medizinischen Klinik III Kardiologie (PD Dr. J. Müller-Ehmsen), Kinderkardiologie (Prof. Dr. Brockmeier), Neurophysiologie (Prof. Dr. J. Hescheler, Dr. Tomo Saric).
Ein aus dieser Zusammenarbeit entstandenes
Projekt wird aktuell vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Weiterhin werden die Projekte des Labors vom
Zentrum für Molekulare Medizin Köln, der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der
Else Kröner Fresenius Stiftung, Köln Fortune
und der Elisabeth und Rudolf Hirsch Stiftung
gefördert.
Labor für Kardiale Regeneration
im 5. Obergeschoss des LFI-Gebäudes
7
PRESSEINFORMATION
European Society of Cardiology (ESC), München, 30. 08. – 03. 09. 2008
Hochdosisbehandlung mit Atorvastatin reduziert das
Risiko für erneute kardiovaskuläre Ereignisse
Post-hoc-Analyse der TNT-Studie bestätigt den Nutzen einer Behandlung mit
Atorvastatin 80 mg (Sortis®)
Eine Post-hoc-Analyse der TNT-Studie (Treating to
New Targets)1 bei Patienten mit klinisch manifestierter
KHK zeigt, dass durch eine intensive LDL-Cholesterinsenkung mit 80 mg Atorvastatin/Tag im Vergleich zu
einer moderaten Behandlung mit 10 mg Atorvastatin
nicht nur das Risiko für ein erstes kardiovaskuläres
Ereignis, sondern auch die Inzidenz weiterer Ereignisse
reduziert werden kann.
Um auch den Langzeitnutzen einer Behandlung bewerten
zu können, wurde in einer Post-hoc-Analyse der TNTStudie untersucht, ob auch hinsichtlich des Auftretens
wiederholter Ereignisse ein Unterschied zwischen den
beiden eingesetzten Therapien bestand. Diese Analyse
ist insofern bemerkenswert, da alle kardiovaskulären
Ereignisse berücksichtigt wurden, die während des fast
5-jährigen Studienzeitraums aufgetreten waren, so Professor
Heiner Greten (Hamburg) bei der Präsentation der Daten in
München.
In der 2005 publizierten TNT-Basisstudie2 konnte die
kumulierte Inzidenz des primären Endpunktes (tödliche
KHK, nicht tödlicher Herzinfarkt oder Herzstillstand mit
Wiederbelebung und tödlicher oder nicht tödlicher
Schlaganfall) durch 80 mg Atorvastatin im Vergleich zu
Atorvastatin 10 mg statistisch hochsignifikant um 19 %
reduziert werden.
Im Verlaufe der Beobachtungsdauer von durchschnittlich
4,9 Jahren traten unter der Behandlung mit 10 mg Atorvastatin insgesamt 1677 erstmalige Ereignisse auf während
unter 80 mg Atorvastatin 1405 Ereignisse registriert
wurden. Dies entspricht einer statistisch hochsignifikanten
relativen weiteren Risikoreduktion durch die Intensivbehandlung um 19 %. Dieser Unterschied ist umso
bemerkenswerter, als auch die Patienten in der 10-mgGruppe bereits auf einen LDL-Wert von 100 mg/dl eingestellt waren und die durch die Hochdosisbehandlung
erzielten Unterschiede daher einen Zusatznutzen der
Behandlung widerspiegeln.
Die Verträglichkeit – ein wichtiges Kriterium in der Dauertherapie – war in beiden Gruppen gut. Eine Erhöhung der
Leberenzymwerte wurde in der 80-mg-Gruppe bei 1,2 %
der Patienten dokumentiert, ein Wert, der vergleichbar ist
mit den Ergebnissen aus anderen Studien mit Atorvastatin
und anderen Statinen in verschiedenen Dosierungen. In
der mit 10 mg Atorvastatin behandelten Gruppe wurde
in der TNT-Studie eine niedrige Rate von nur 0,2 % beobachtet.
Auch die beobachteten muskulären Nebenwirkungen
lagen in der auch in anderen Studien beobachteten
Größenordnung. Rhabdomyolysen, die auf den Einsatz
von Atorvastatin zurückzuführen waren, traten in keiner
der beiden Gruppen auf.
Nutzen von Atorvastatin bei der Reduktion wiederholter Ereignisse
Während der medianen Gesamtdauer der Untersuchung
von 4,9 Jahren trat bei 1.516 Patienten ein zweites kardiovaskuläres Ereignis auf. Dabei zeigte sich, dass die mit
Atorvastatin 80 mg behandelten Patienten gegenüber den
mit Atorvastatin 10 mg behandelten Patienten ein um
21 % signifikant geringeres relatives Risiko für das Auftreten
eines solchen zweiten kardiovaskulären Ereignisses aufwiesen (p < 0,0001).
698 Patienten erlitten im Laufe der Studie ein drittes
kardiovaskuläres Ereignis und auch hier wiesen die mit
Atorvastatin 80 mg behandelten Patienten gegenüber den
Patienten in der 10-mg-Gruppe eine signifikante (p = 0,0004),
um 24 % geringere Inzidenz auf. Auch bei den 345 Patienten mit einem vierten und den 197 Patienten mit einem
fünften Ereignis lagen die Unterschiede bei 28 % und
29 % zugunsten der Hochdosisbehandlung mit Atorvastatin
und auch hier konnte noch eine Signifikanz von p = 0,003
bzw. 0,018 erzielt werden.
Evidenz basierte Behandlung von KHK-Patienten mit
Atorvastatin
Diese neue Post-hoc-Analyse bestätigt nicht nur die
Daten der TNT-Basisstudie2 sondern sie zeigt auch einen
Weg auf, das nach einem Herzinfarkt bestehende hohe
Risiko für das Auftreten weiterer kardiovaskulärer Ereignisse
zu senken.
Die Daten unterstreichen darüber hinaus den klinischen
Nutzen einer Atorvastatin-Hochdosisbehandlung zur dauerhaften Senkung von LDL-Cholesterin, um das Risiko für
das Auftreten weiterer kardiovaskulärer Ereignisse bei
KHK-Patienten auch langfristig zu reduzieren. Ein Ergebnis,
das auch in der Hochdosisgruppe nicht mit einem Anstieg
schwerwiegender Nebenwirkungen erkauft werden musste.
Die Ergebnisse dieser Subgruppenanalyse der TNT-Studie
gehen konform mit den nationalen3 und internationalen
Leitlinien4, nach denen KHK-Patienten als Therapie der
ersten Wahl ein Statin erhalten sollten, mit dem die
Zielwerte erreicht werden können und dessen klinische
Wirksamkeit in Endpunktstudien nachgewiesen ist.
Erst wenn die Maximaldosis des effektivsten Statins nicht
ausreicht oder nicht vertragen wird, sollten Kombinationen
mit anderen Substanzen in Erwägung gezogen werden.
Leider ist diese Empfehlung in Deutschland schwieriger
als in anderen Ländern umzusetzen, da die Verordnung
des effektivsten in Deutschland zugelassenen Statins Atorvastatin – in vielen Fällen mit einer Zuzahlung für
gesetzlich versicherte Patienten verbunden ist.
* TNT = Treating to New Targets
LaRosa, John C. et al., European Heart Journal 2008; 29 (Abstract suppl) 657, p4065
LaRosa, John C. et al., N Engl J Med 2005; 352: 1425-1435
Böhm, M. et al., Clin. Res. Cardiol. Suppl. 2007;2:8-15
4
Van de Werf, F. et al., European Heart Journal 2003; 24: 28-66
1
2
3
EINBLICKE IN DAS LABOR FÜR KARDIALE REGENERATION
Projekte
Das Labor für kardiale Regeneration beschäftigt sich, wie dem Namen schon zu entnehmen
ist, mit der Regeneration des insuffzienten Herzens durch Zelltransplantation.
Neben den grundlagenwissenschaftlichen
Ansätzen wurden auch adäquate Tiermodelle
der ischämischen sowie der nicht-ischämischen
Kardiomyopathie entwickelt um die Effekte
und die Effizienz der Zelltransplantation auf
die Wiederherstellung der Pumpfunktion des
Herzens zu untersuchen.
Im Rahmen der engen Zusammenarbeit mit
den Kooperationspartnern konnte ein starkes
Netzwerk zur Bearbeitung dieser Fragestellungen aufgebaut werden.
Abb.: Exemplarische Darstellung von aufgereinigten
murinen Kardiomyozyten, die aus embryonalen Stammzellen (ESC, obere Reihe) und induzierten pluripotenten
Stammzellen (iPS, untere Reihe)abgeleitet wurden (Mit
freundlicher Genehmigung von Dr. T. Saric, Institut für
Neurophysiologie).
Zirkulierende Endothelzellen (CEC)
und Endotheliale Progenitorzellen
(EPC)
Der Einsatz der Herz-Lungenmaschine im Rahmen von herzchirurgischen Eingriffen führt zu
einer systemischen Inflammationsreaktion, die
durch eine Zytokinausschüttung und Induktion
von Knochenmarkstammzellen charakterisiert
ist.
Weiterhin kommt es zu einer Integritätsstörung
des Endothels, die zu einer Freisetzung von
Endothelzellen in die Blutstrombahn führt. Die
Quantifizierung der zirkulierenden Endothelzellen zur Evaluation der Verbesserung von
kardioprotektiven Maßnahmen im Rahmen
von kardiochirurgischen Eingriffen sowie die
Regenerationsfähigkeit des Endothels durch
die Induktion von endothelialen Progenitorzellen aus dem Knochenmark sind Gegenstand
von aktuellen Projekten.
Abb.: Darstellung einer mit zirkulierenden Endothelzelle
(CEC), hier mit Rhodamin fluoreszierend markiert und
per paramagnetischer, Antikörper-beschichteter Mikrosphären detektiert.
Repräsentative Darstellung der Reduktion der Größe des
Myokardinfarkts nach LAD-Ligatur durch kardiale
Stammzelltherapie in der NOD-scid Maus. Deutlich zu
erkennen ist die signifikante Reduktion der Infarktgröße
nach Transplantation von humanen CD133+ mononukleären Nabelschnurblutzellen (A) im Vergleich zu Herzen, bei denen kein Stammzellhoming stattfand (B). In
dem aktuellen iPS/MSC Projekt werden vor allem die
Optimierung der sehr vielversprechenden Zelltherapie
und eine genauere Erfassung der zu Grunde liegenden
Mechanismen untersucht.
Kardiale Regeneration durch
Ko-Transplantation von induzierten
pluripotenten Stammzellen (iPS)
und mesenchymalen
Knochenmarkstammzellen (MSC)
Die Transplantation von Kardiomyozyten, die
aus pluripotenten Stammzellen gewonnen
werden, stellt einen attraktiven therapeutischen Ansatz für die Behandlung von Herzinsuffizienzen dar. Ein wesentliches Hindernis auf
dem Weg zur klinischen Anwendung ist der
Zellverlust während und nach der Transplantation, wodurch die positiven Effekte auf die
Pumpfunktion des geschädigten Herzens deutlich reduziert werden. Das Hauptziel des vorliegenden Antrages ist es, die langfristige funktionelle Integration der transplantierten Zellen,
durch Erhöhung ihrer Fähigkeit im Zielgewebe
zu verbleiben und zu überleben, zu verbessern.
Die experimentellen Ansätze hierzu umfassen
die Prä-Konditionierung der zu transplantierenden Zellen, die Ko-Transplantation von Kardiomyozyten und adulten Stammzellen aus
dem Knochenmark und die Art der Zell-Administration. Der Verbleib der transplantierten
Zellen und ihre therapeutische Effizienz werden durch in vivo MRT- Nachverfolgung (tracking), sowie funktionelle und histologische
9
EINBLICKE IN DAS LABOR FÜR KARDIALE REGENERATION
Analysen ermittelt. Dieses Projekt trägt dazu
bei, das Potential und die Anwendbarkeit von
zellbasierten Therapien zur kardialen Regeneration zu bestimmen und eröffnet eine mögliche zukünftige klinische Anwendung.
der myokardialen Angiogenese bearbeitet.
Neuartige Therapiekonzepte durch Stammzelltransplantation zu den o. g. Problemstellungen
sowie zur Therapie von Rhythmusstörungen
zum Teil in Verbindung mit Tissue EngineeringKonzepten stellen einen weiteren wichtigen
Aspekt der laufenden Projekte dar.
Myokardhypertrophie und ihre
Spätfolgen - Evaluation von
klinisch-relevanten zellbasierten
Therapieansätzen
Die Myokardhypertrophie, die durch eine
Druckbelastung induziert wird, repräsentiert
einen signifikanten Risikofaktor für herzchirurgische Patienten, die mit einer erhöhten perioperativen sowie erhöhten Langzeitmorbidität
und -mortalität assoziiert ist. Dieses gilt insbesondere für pädiatrische Patienten, da in
nahezu allen Fällen angeborene Herzfehler mit
einer Myokardhypertrophie eines oder beider
Ventrikel vergesellschaftet sind. Als Konsequenz der Hypertrophie zeigen sich folgende
Effekte an Myokard:
• Gestörte intrazelluläre Calciumhomöostase
• Verminderte Glukoseaufnahmefähigkeit
Angiogenese durch Zelltransplantion bei linksventrikulärer Myokardhypertrophie (Kardiomyozyten (rot), Nuclei
(blau), Kapillaren (grün)
• Mangel an intrazellulären energiereichen
Phosphatverbindungen
Publikationen:
• Kapillarinsuffizienz mit relativer Minderperfusion
Induktion der linksventrikulären Myokardhypertrophie
durch aortales Banding in der Maus und deren bildgebende Diagnostik mittels Magnetresonanz-Tomographie
(MRT)
Diese pathophysiologischen Effekte wiederum
resultieren in einer progressiven kontraktilen
Dysfunktion, die im weiteren Verlauf durch
eine ventrikuläre Dilatation charakterisiert ist.
Im Weiteren ist das hypertrophierte Myokard
durch eine deutlich verminderte Toleranz
gegenüber einem Ischämie-Reperfusionsschaden sowie eine gesteigerte Apoptoseinduktion
und Rhythmusstörungen gekennzeichnet. Die
aktuell laufenden Projekte konzentrieren sich
auf die mangelnde Anpassung des Myokards
an den erhöhten Substratbedarf des hypertrophierten kontraktilen Apparates, die zugrunde
liegenden Pathomechanismen und deren Auswirkungen auf das Herz. Im Speziellen werden
dabei die Mechanismen der Kapillarinsuffizienz, der alterierten intrazellulären Calciumhomöostase und dessen Effekte auf die Apoptoseinduktion im Herzen untersucht. Weiterhin
werden mögliche Therapieoptionen zur Inhibition der Apoptose im Herzen und zur Induktion
Choi YH, Stamm C, Hammer PE, Kwaku KF, Marler JJ,
Friehs I, Jones M, Rader CM, Roy N, Triedman JK, Walsh
EP, McGowan FX, del Nido PJ, Cowan DB.
Cardiac conduction through engineered tissue.
Am J Pathol. 2006; 169:72-85. 6,243
Ma N, Ladilov Y, Moebius JM, Ong L, Piechaczek C, David
A, Kaminski A, Choi YH, Li W, Egger D, Stamm C, Steinhoff G.
Intramyocardial delivery of human CD133+ cells in a SCID
mouse cryoinjury model: Bone marrow vs. cord bloodderived cells.
Cardiovasc Res. 2006 Jul 1;71(1):158-69 IF 5,662
Kaminski A, Kasch C, Zhang L, Kumar S, Sponholz C, Choi
YH, Ma N, Liebold A, Ladilov Y, Steinhoff G, Stamm C.
Endothelial nitric oxide synthase mediates protective
effects of hypoxic preconditioning in lungs.
Respir Physiol Neurobiol. 2007 Mar 15;155(3):280-5 IF
2,145
Skrabal CA, Choi YH, Kaminski A, Steiner M, Kundt G,
Steinhoff G, Liebold A.
Circulating endothelial cells demonstrate an attenuation
of endothelial damage by minimizing the extracorporeal
circulation.
J Thorac Cardiovasc Surg. 2006 Aug;132(2):291-6 IF 3,505
Choi CY, Reimers K, Allmeling C, Choi YH, Kall S, Vogt
PM:
Inhibition of T-cell-induced apoptosis by expression of
anti-apoptotic proteins in recombinant human keratinocytes
Cell Transplant 2007;16(6):663-74. IF 3,109
Stamm C, Kleine HD, Choi YH, Dunkelmann S, Lauffs JA,
Lorenzen B, David A, Liebold A, Nienaber C, Zurakowski
D, Freund M, Steinhoff G.
Intramyocardial delivery of CD133+ bone marrow cells
and coronary artery bypass grafting for chronic ischemic
heart disease: safety and efficacy studies.
J Thorac Cardiovasc Surg. 2007 Mar;133(3):717-25 IF
3,505
11
EINBLICKE IN DAS LABOR FÜR KARDIALE REGENERATION
Choi YH, Cowan DB, Nathan M, Poutias D, Stamm C, del
Nido PJ, McGowan FX Jr.
Myocardial hypertrophy overrides the angiogenic
response to hypoxia.
PLoS ONE. 2008;3(12):e4042. Epub 2008 Dec 29.
Choi YH, Cowan DB, Moran AM, Colan SD, Stamm C,
Takeuchi K, Friehs I, del Nido PJ, McGowan Jr FX.
Myocyte apoptosis occurs early during the development
of pressure-overload hypertrophy in infant myocardium
J Thorac Cardiovasc Surg. 2009 Jun;137(6):1356-62,
1362.e1-3. Epub 2009 Mar 17 IF 3,505
Choi YH, Cowan DB, Wahlers T, Hetzer R, del Nido PJ,
Stamm C.
Calcium sensitization impairs diastolic relaxation in postischemic myocardium: Implications for the use of Ca2+
sensitizing inotropes after cardiac surgery
Eur J Cardiothorac Surg 2009 10.1016/j.ejcts.2009.05.030
IF 1,974
Choi YH, Neef K, Reher M, Liakopoulos OJ, Zeriouh M,
Wittwer T, Stamm C, Madershahian N, Teschendorf P,
Wahlers T
The influence of preoperative risk on the number of circulating endothelial progenitor cells during cardiopulmonary bypass
Cytotherapy 2009 accepted, in press, IF 3,471
12
Choi YH, Bovenschulte H, Neef K, Liakopoulos OJ, Wittwer T, Krug KB, Lackner KJ, Tenbrock A, Weichel A,
Stamm C, Wahlers T.
Magnetic resonance imaging of progressive cardiomyopathic changes in mice using a clinical 3-T MR scanner
J Surg Res 2009 in submission
Choi YH, Neef K, Liakopoulos OJ, Wittwer T, Tenbrock A,
Weichel A, Stamm C, Wahlers T.
Concentration of Bone Marrow Total Nucleated Cells by
a Point-of-Care Device Improves their Regenerative
Potential in Cardiomyopathic Hearts
Circ Res 2009 in submission
Choi YH, Weichel A, Neef K, Liakopoulos OJ, Wittwer T,
Weichel A, Tenbrock A, Stamm C, Wahlers T.
The influence of cardiovascular risk factor on the proliferation characteristics of mesenchymal stem cells
Transfusion 2009 in submission
DERZEITIGE VERFAHREN DER HERZUNTERSTÜTZUNG – AB WANN BIS WANN?
Derzeitige Verfahren der
Herzunterstützung –
ab wann bis wann?
– Prof. Dr. med. Thorsten Wittwer, M.A.
– Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie
– Herzzentrum Universitätsklinikum Köln
Aufgrund der abnehmenden Zahl an Spenderherzen bei gleichzeitigem stetigen Anstieg der
Zahl potentieller Organempfänger ist in den
letzten Jahren eine zunehmende Zahl von
Herzinsuffizienzpatienten zu verzeichnen,
deren Zustand sich während der Wartezeit auf
eine Transplantation dramatisch verschlechtert
und zum „Tod auf der Warteliste“ führen kann
(Abb 1).
Abbildung 1: Tod auf der Warteliste
Diesen Patienten kann nach Ausschöpfung aller
konservativen Möglichkeiten nur durch den
Einsatz mechanischer Kreislaufunterstützungssysteme das Leben bis zu einer Transplantation
gerettet werden. Eine weitere Indikation für
derartige Systeme stellen Notfallsituationen
dar, in denen ein höchst akutes Pumpversagen
Abbildung 2: Kurzzeit-Herzunterstützungssystem Levitronix Centrimag
Abbildung 3: Biventrikuläres extrakorporales Kreislaufunterstützungssystem, Typ „Berlin Heart“
des Herzens, z. B. aufgrund eines Herzinfarktes,
einer Herzmuskelentzündung oder im Rahmen
der dilatativen Kardiomyopathie eintritt. Auch
bei Patienten, die sich während eines herzchirurgischen Eingriffs nicht von der HerzLungen-Maschine entwöhnen lassen, kann der
Einsatz eines künstlichen Herzunterstützungssystems angezeigt sein. Unterscheiden lassen
sich die verschiedensten Systeme insbesondere
durch die Dauer der möglichen Anwendungszeit. Wenn von einer nur vorübergehenden
Funktionseinschränkung mit möglicher vollständiger Erholung des Herzens ausgegangen
werden kann, so können „Kurzzeitsysteme“
wie z. B. das System „Levitronix Centrimag“ in
der Absicht der sog. „bridging to recovery“
für einen Zeitraum von bis zu 3-4 Wochen
eingesetzt werden (Abb. 2). Ist von einem
längerfristigen Pumpversagen auszugehen
bzw. von einer fehlenden Regenerationsfähigkeit des patienteneigenen Herzens, so müssen
längerfristige Unterstützungspumpen als Überbrückungsmaßnahme bis zu einer Herztransplantation („bridge to transplant“) zur Anwendung kommen. Hierbei ist es entscheidend, ob
die Pumpschwäche lediglich eine, in der Regel
die linke, Herzhälfte betrifft, oder ob beide
Herzhälften unterstützt werden müssen. Im
letzteren Fall haben sich als sog. biventrikuläre
extrakorporale Unterstützungssyteme das sog.
Berlin Heart sowie das Thoratec System (Abb.
3.) bewährt. Diese Herzunterstützungssysteme
können in Einzelfällen ein Überleben des
Patienten bis zu 2 Jahre ermöglichen (1, 2). Die
Limitierung der Systeme liegt in der Einschränkung der Mobilität des Patienten durch die
Notwendigkeit, ausserhalb des Körpers elektrischen Strom in pneumatische Energie umwandeln zu müssen, so dass eine biventrikuläre
Unterstützung fast zwangsläufig mit einem
stationären Daueraufenthalt verbunden ist.
Hier liegt ein wesentlicher Vorteil der implantierbaren isoliert linksventrikulären Systeme
(LVAD), die elektrisch angetrieben werden und
es dem Patienten ermöglichen, während der
Wartezeit nach Hause und in Einzelfällen sogar
in das Berufsleben zurückzukehren. Etwas
ältere, jedoch immer noch verwendete Gerätetypen sind das Novacor-System (Fa. Baxter
13
DERZEITIGE VERFAHREN DER HERZUNTERSTÜTZUNG – AB WANN BIS WANN?
Abbildung 5: Implantation eines linksventrikulären
Unterstützungssystems (LVAD), Typ TCI-HeartMate
Healthcare Corp., Oakland, USA) sowie das TCIHeartMate-System (ThermoCardiosystems Inc.,
Woburn, USA) (Abb. 5). Bei beiden Systemen
erfolgt die Drainage des Blutes aus der Spitze
des linken Ventrikels in die Pumpe sowie der
Auswurf über eine Gefäßprothese in die Aorta
ascendens. Die Pumpe ist dabei in eine Tasche
im Bereich der linken Bauchwand implantiert
Abbildung 6: TCI-LVAD in situ; eine implantierte
Dacron-Gefäßprothese stellt die Verbindung zwischen
System-Ausflussstutzen und Aorta ascendens her.
14
und steht mit einer elektrischen Energiequelle
über ein dünnes Kabel in Verbindung (Abb. 6).
Im Laufe der technischen Weiterentwicklung
der letzten Jahre konnten diese Systeme auch
durch Änderungen im Arbeitsprinzip erheblich
verkleinert werden, so dass die heutigen sog.
„Axialpumpen“ wie z. B. das Modell „Incor“
der Firma BerlinHeart in der Regel erheblich
schonender bzw. leichter zu implantieren sind
(Abb. 7). Mit kleinen externen Batterien sind
die Patienten auch mit diesen Geräten über
viele Stunden frei beweglich. Der wesentliche
Nachteil dieser prinzipbedingt nur univentrikulären Systeme ist, dass sie lediglich den linken
Ventrikel unterstützen und auf eine im Wesentlichen uneingeschränkte Funktion des rechten
Herzens angewiesen sind. Die Funktionsdauer
der verschiedenen Gerätetypen liegt in der
Langzeitbeobachtung im Bereich von einigen
Jahren, was in den meisten Fällen die Wartezeit
auf ein menschliches Spenderherz ermöglicht.
In den letzten Jahren konnten zwei hochmoderne Neuerungen in die klinische Praxis
überführt werden. So ist es bei ausgewählten
Patienten mit lediglich mittelgradig ausgepägter Herzschwäche, die (noch) keine Herztransplantation bzw. ein „richtiges“ Herzunterstützungssytem benötigen, möglich, die reduzierte
Herzleistung und somit die Leistungsfähigkeit
der Patienten durch eine sogenannte „Mini„Herzunterstützungspumpe“ dauerhaft wieder
auf annähernde Normalwerte zu verbessern,
ohne den Brustkorb eröffnen zu müssen. Der
große Vorteil dieses „CircuLite Mini-LVAD“ ist
die Tatsche, dass die Implantation in sog.
minimal-invasiver „Schlüsselloch“-OP-Technik
sowohl am rechtsseitigen Brustkorb als auch
der rechten Schlüsselbeinregion erfolgt, ähnlich der Implantation eines Herzschrittmachers
(Abb. 8). Bei der dann nach mehreren Monaten
bis Jahren erfolgenden Herztransplantation
existieren keine Limitationen durch schwere
Verwachsungen wie bei Einpflanzung der herkömmlichen Unterstützungspumpen in den
Herzbeutel.
Abbildung 7: BerlinHeart “Incor”-LVAD: Das komplette
System lässt sich in den Herzbeutel implantieren,
“Bauchschnitte” sind nicht mehr erforderlich
DERZEITIGE VERFAHREN DER HERZUNTERSTÜTZUNG – AB WANN BIS WANN?
Abbildung 8: CircuLite Mini-LVAD: CT-Bild (links)
bzw. Röntgen-Thorax (rechts): Anschluss der Pumpe
an die Schlüsselbeinarterie sowie über einen
„Schlüsselloch“-Schnitt in der erchten Brustwand
an den linken Herzvorhof
Die zweite Neuerung betrifft Patienten, die
eine derartig ausgeprägte Schädigung des
gesamten Herzens erleiden, dass das Organ an
sich nicht mehr wie bei den bisher beschriebenen Herzunterstützungspumpen erhalten
werden kann. In diesen Fällen erfolgt nach
vollständiger Entfernung des patienteneigenen
Herzens die Implantation eines kompletten
Kunstherzsystems, z. B. in Form des „Total artificial heart“ der Firma Syncardia (Abb. 9). Die
Patienten sind auch nach dieser eingreifenden
Methode vollständig mobilisierbar und können
die Wartezeit auf ein Spenderherz bis zu 2-3
Jahre in häuslicher Umgebung verbringen.
Weite Verbreitung haben alle genannten
Unterstützungs- bzw. Ersatzsysteme bisher
überwiegend als zeitweilige Überbrückung bis
zu einer Transplantation gefunden. In diesem
Zusammenhang ist zu betonen, dass die Überlebensrate von transplantierten Patienten nach
vorheriger LVAD-Unterstützung deutlich besser
sind als bei Patienten, die als Notfall oder im
Schockgeschehen notfallmäßig transplantiert
wurden (3). In Anbetracht der in den letzten
Jahren deutlich verbesserten Ergebnisse nach
LVAD-Implantation erscheint es zunehmend
gerechtfertigt, bei bestimmten Patienten, für
die eine Herztransplantation z. B. wegen
hohen Alters oder schwerwiegender Nebenerkrankungen nicht mehr möglich ist, derartige
Systeme auch als permanente Unterstützung
einzusetzen. In diesem Sinne konnte eine
renommierte Studie zeigen, daß LVADs unter
bestimmten Voraussetzungen durchaus als
Alternative zur rein medikamentösen Therapie
bei schwerst herzinsuffizienten Patienten über
65 Jahren dienen können.
Ausblick
Die mechanische Kreislaufunterstützung hat in
den letzten Jahren zunehmende Bedeutung
gewonnen, und es ist davon auszugehen, dass
zukünftig eine wachsende Zahl von Patienten
mit diesen Systemen unterstützt werden wird.
Die Erfahrung zeigt, dass ein frühzeitiger Einsatz dieser Systeme die Ergebnisse eindeutig
verbessert, so dass eventuell auch die Zahl
derer steigen wird, deren myokardiale Funktion sich am LVAD-System soweit erholt, dass
eine Explantation ohne Transplantation möglich wird (5).
Weiterhin ist zu vermuten, dass mit wachsender Zuverlässigkeit der LVADs eine dauerhafte
Implantation als Alternative zur Transplantation möglich ist, was durch die beschriebene
technische Weiterentwicklung der Geräte hin
zu vollständig implantierbaren Systemen weiter unterstützt würde.
Abbildung 9: Total Artificial Heart (Syncardia); eigentliches
Kunstherz (linkes Bild) bzw. mobile Antriebskonsole (rechtes Bild)
15
DERZEITIGE VERFAHREN DER HERZUNTERSTÜTZUNG – AB WANN BIS WANN?
Literatur
1. Loebe M, Potapov E, Drews T, Weng Y, Ngo W, Gräfin
zu Dohna R, Müller J, Sodian R, Hetzer R. Fortschritte
unf´d Perspektiven des mechanischen Herzersatzes.
Z Kardiol 2000; 89 (Suppl 7): 91-98
4. Rose EA, Moskovitz AJ, Packer M, Sollano JA, Williams
DL, Tierney AR, Heitjan DF, Meier P, Acheim DD,
Levitan RG, Weinberg AD, Stevenson LW, Shapiro PA,
Lazar RM, Watson JT, Goldstein DJ, Gelijns AC.
2. Alba AC, Delgado DH. The future is here: ventricular
assist devices for the failing heart. Expert Rev Cardiovasc Ther. 2009 Sep;7(9):1067-77.
The REMATCH trial: rationale, design, and end points.
Randomized Evaluation of Mechanical Assistance for
the Treatment of Congestive Heart Failure. Ann Thorac Surg 1999; 67: 723-30
3. El-Banayosy A, Deng M, Loisance DY, Vetter H,
Gronda E, Loebe M, Vigano M. The European experience of Novacor left ventricular assist (LVAS) therapy
as a bridge to transplant: a retrospective multicentre
study. Eur J Cardiothorac Surg 1999; 15: 835-41
16
5. Loebe M, Potapov E, Drews T, Weng Y, Ngo W, Gräfin
zu Dohna R, Müller J, Sodian R, Hetzer R. Fortschritte
unf´d Perspektiven des mechanischen Herzersatzes.
Z Kardiol 2000; 89 (Suppl 7): 91-98
INJEKTION VON BIOMATERIALIEN NACH MYOKARDINFARKT
Injektion von Biomaterialien zur
Verbesserung des Remodelings nach
Myokardinfarkt
– Marcel Halbach, Jochen Müller-Ehmsen
– Klinik III für Innere Medizin,
– Herzzentrum der Uniklinik Köln
Morbidität und Mortalität des Myokardinfarktes werden nicht nur durch den akuten
Gewebeuntergang bestimmt, sondern auch
durch sich anschließende chronische Umbauprozesse, die als ventrikuläres Remodeling
bezeichnet werden [1]. Das Remodeling betrifft
sowohl das Infarktgebiet als auch das nichtischämische Myokard. In den ersten Tagen nach
dem Infarkt, bevor das infarzierte Gewebe
durch eine stabile Narbe ersetzt ist, kommt es
zunächst zur sogenannten Infarkt-Expansion.
Diese Ausdehnung ist nicht durch zusätzliche
Nekrosen bedingt, sondern durch ein Auseinanderscheren und -reißen von Herzmuskelzellen. Eine entscheidende Rolle für diesen
Vorgang spielt nach neueren Erkenntnissen
eine Degradierung der extrazellulären Matrix,
durch die die Ventrikelwand im Bereich des
Infarktes destabilisiert wird [6]. Aus der Expan-
sion des Infarktes resultiert eine verringerte
Wanddicke bis hin zu einer aneurysmatischen
Aussackung oder Ventrikelruptur. Die Ausdehnung des Infarktes führt auch zu einer
Dehnung und Abnahme der kontraktilen
Funktion des benachbarten, noch perfundierten Myokards. Darüber hinaus kommt es durch
die fehlende Kontraktilität des Infarktgebietes
zu einer Mehrbelastung des nicht-ischämischen
Myokards, die langfristig in einer globalen
Dilatation des Ventrikels und einer globalen
Hypertrophie der Herzmuskelzellen resultiert.
Ob die kompensatorische Hypertrophie des
nicht-infarzierten Myokards für die globale
Pumpfunkion von Vorteil ist oder als eine
Komponente des schädlichen Remodelings zur
Herzinsuffizienz-Problematik beiträgt, ist nicht
geklärt.
Eine medikamentöse Inhibition des ReninAngiotensin-Aldosteron-Systems und eine
Revaskularisierung tragen zwar zu einer Verminderung des Remodelings bei, die aus dem
Remodeling resultierende chronische Herzinsuffizienz stellt aber immer noch die bedeutendste Komplikation des Infarktes dar. Daher
zielen neue Therapieansätze darauf ab, das
Remodeling noch weiter zu supprimieren und
die chronische Herzinsuffizienz zu verhindern.
Große Beachtung hat in den vergangenen
Jahren insbesondere die Stammzelltherapie
erlangt, bei der eine Regeneration des
Myokards durch proangiogenetische und
antiapoptotische Effekte der transplantierten
Zellen [12] oder durch eine exogene Implantation kontraktiler Zellen [9] erreicht werden
soll. Basierend auf der zentralen Bedeutung
der Matrix-Degradierung für das ventrikuläre
Remodeling ist während der letzten Jahre ein
weiterer, weitaus weniger beachteter, aber
inzwischen in klinischer Erprobung befindlicher
Therapieansatz entwickelt worden, der ein großes Potential besitzt, dem Remodeling entgegen zu wirken: die Injektion von Biomaterialien
in das Infarktareal als artifizielle extrazelluläre
Matrix.
Rationale der Injektion von
Biomaterialien
Abbildung 1. Verminderung der Wandspannung durch
die Injektion von Biomaterialien. A: Schematische
Darstellung des linken Ventrikels. Nach dem LaplaceGesetz ist die Wandspannung (K) proportional zum
Druck im Ventikel (P) sowie zum Radius des Ventrikels
(r) und umgekehrt proportional zur Wanddicke (d).
B: Die Infarkt-Expansion im Rahmen des Remodelings
führt zu einer Dilatation des linken Ventrikels, wodurch
die Wandspannung erhöht wird (links). Die Erhöhung
der Wanddicke und die Stabilisierung der Infarktnarbe
durch die Injektion von Biomaterialien wirken der
Infarkt-Expansion und der Erhöhung der Wandspannung entgegen (rechts).
Das Einbringen einer artifiziellen extrazellulären Matrix soll die Infarktdicke erhöhen und
der durch die Degradierung der originären
Extrazellulärmatrix bedingten Destabilisierung
des Infarktbereiches entgegenwirken [7]. Dies
führt in der Theorie zu einer Verminderung der
akuten Infarkt-Expansion. Außerdem wird die
chronische Dilatation des Ventrikels verringert,
da die Belastung des gesamten Ventrikels reduziert wird. Biophysikalisch kann dieser Effekt
durch das Laplace-Gesetz erklärt werden (Abb.
1):
Wandspannung =
Druck x Radius / Wanddicke x 2.
Eine Erhöhung der Wanddicke durch die
Implantation von Biomaterialien reduziert die
17
INJEKTION VON BIOMATERIALIEN NACH MYOKARDINFARKT
Wandspannung im Infarkt und vermindert
dadurch die Infarktexpansion und die Zunahme
des Ventrikelradius. Dadurch wird wiederum
die Wandspannung im verbliebenen Myokard
reduziert, d. h. eine geringere Kontraktionskraft der Herzmuskelzellen ist ausreichend, um
einen vergleichbaren systolischen Druckanstieg
im Ventrikel zu erzeugen.
Diese Effekte können theoretisch nicht nur
durch die Implantation von Biomaterialien
erreicht werden, sondern auch durch eine
Transplantation von Zellen. Die beobachtete
Verbesserung der Ventrikelfunktion nach Zelltransplantation könnte daher zumindest teilweise durch eine Stabilisierung der Infarktnarbe durch die Zellen bedingt sein, und nicht
nur durch deren regenerative Effekte. Im
Vergleich zur Zelltransplantation bietet die
Implantation von Biomaterialien eine Reihe
von Vorteilen. Biomaterialien können leicht in
großer Menge produziert und gelagert werden, sie stehen damit „aus dem Regal“ zur
Verfügung und könnten sogar im Rahmen der
Akutversorgung Verwendung finden. Die
Gewinnung, Aufreinigung und ggf. Kultivierung von Stammzellen ist hingegen ein aufwendiger und oftmals zeitraubender Prozess,
der nach der akuten Intervention einen Zweiteingriff für die Transplantation erforderlich
macht. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass
die Qualität adulter Stammzellen in Abhängigkeit vom Alter des Patienten abnimmt [4],
wodurch der Erfolg einer Zelltherapie bei älteren Patienten – also bei einem bedeutenden
Anteil der Zielgruppe – eingeschränkt sein
könnte. Biomaterialien sind hingegen unabhängig vom Patientenalter verwendbar. Ein
weiterer Vorteil der Biomaterialien, im Vergleich zu einem möglichen Einsatz allogener
Stammzellen, ist ihre fehlende Immunogenität.
Abbildung 2: Wirkmechanismus der Alginat-Injektion.
A: Die zur Therapie des Myokardinfarktes klinisch eingesetzte Substanz (Bioline 1040®) ist eine Lösung aus
1% Natrium-Alginat und 0,3% Kalzium-D-Glukonat.
Der Grad der Quervernetzung der Alginat-Moleküle ist
gering, die Substanz wird in flüssigem Zustand injiziert.
Durch die hohe Kalzium-Konzentration im Infarktgebiet
nimmt die Quervernetzung des Alginats zu, die
Substanz nimmt einen gelartigen Zustand an und
stabilisiert die Infarktnarbe. Während des Heilungsprozesses verringert sich die Kalzium-Konzentration in
der Infarktnarbe, die Kalzium-Ionen werden durch
Natrium-Ionen ersetzt. Das Alginat wird flüssig und
renal ausgeschieden. In gesundem Gewebe ist die
Kalzium-Konzentration von vornherein gering, das
Kalzium in Bioline 1040® wird durch Natrium ersetzt
und es findet keine gelartige Verformung statt.
B: Alginat 2 Stunden nach Injektion in ein infarziertes
Schweine-Herz.
18
Diesen Vorteilen steht der Nachteil des Fehlens
der potentiellen regenerativen Effekte der
Stammzellen (Angiogenese, Verminderugn der
Apoptose, exogener oder endogener Ersatz
untergegangener Herzmuskelzellen) gegenüber. Ein Beweis dafür, dass der Nutzen der vielfach beschriebenen regenerativen Effekte von
Stammzellen über den der passiven Effekte der
Narbenstabilisierung hinausgeht, steht aktuell
aber noch aus. Ganz im Gegenteil weisen
vergleichende Studien darauf hin, dass die
Injektion von azellulären Biomaterialien der
Zell-Injektion nicht unterlegen ist (s.u.) [2; 7].
Bislang verwendete Biomaterialien
und deren Wirkmechanismus
In tierexperimentelen Studien zur Therapie des
Myokardinfarktes wurde bislang eine Reihe verschiedener Biomaterialien erforscht (Tabelle 1).
Diese umfassen Kollagen [3], Fibrinkleber [2],
synthetische Hydrogele [5; 13], Kalzium-Hydroxyapatit [10] und Alginat [7; 11]. Alginat ist das
Einzige dieser Materialien, das bereits in einer
klinischen Pilotstudie zur Therapie des Myokardinfarktes eingesetzt wird (s.u.). Im Folgen-
INJEKTION VON BIOMATERIALIEN NACH MYOKARDINFARKT
den soll daher insbesondere auf diese Form des
Biomaterials eingegangen werden.
Alginat ist ein anionisches Polysaccharid, das
aus einer Alge gewonnen wird. Die zur Therapie des Myokardinfarktes klinisch eingesetzte
Substanz (Bioline 1040®) stellt eine Lösung aus
1% Natrium-Alginat und 0,3% Kalzium-DGlukonat dar (Abb. 2). Diese Lösung ist bei
Raumtemperatur flüssig. Durch Kontakt mit
Kalzium-Ionen, die im Infarktbereich in hoher
Konzentration vorliegen [14], wird das Alginat
vernetzt und nimmt eine gelartige Struktur an,
die die Narbe stabilisiert. Nach dem Heilungsprozess nimmt die Konzentration der KalziumIonen deutlich ab, die Vernetzung des Alginats
wird dadurch wieder aufgehoben. Das gelöste
Alginat diffundiert in die Zirkulation und wird
renal ausgeschieden. In gesundem Gewebe ist
die Kalzium-Konzentration für eine Vernetzung des Alginats generell zu niedrig, so dass
es nicht zur Vernetzung und gelartigen Veränderung kommt.
Die Alginat-Injektion zur Stabilisierung der
Infarktnarbe kann intrakoronar über das
wiedereröffnete Gefäß oder intramyokardial
erfolgen. Nach intrakoronarer Injektion penetriert das Alginat das Endothel im Infarktgebiet
und verformt sich dort unter Einfluss der erhöhten Kalzium-Konzentration gelartig. Der Anteil
des Alginats, der nicht in das Infarktgebiet,
sondern über die Koronarvenen in den Lungenund Körperkreislauf gelangt, liegt weiterhin in
der wasserlöslichen Form vor und wird renal
ausgeschieden. Dadurch wird gewährleistet,
dass keine Ablagerung des Alginats im nichtinfarzierten Myokard oder in anderen Organen
stattfindet.
Tierexperimentelle Studien zur
Injektion von Biomaterialien nach
Myokardinfarkt
Alginat
Die Injektion von Alginat zur Stabilisierung der
Infarktnarbe wurde in mehreren tierexperimentellen Studien untersucht. Im RattenModell konnte gezeigt werden, dass nach
intramyokardialer Injektion (Injektion sieben
Tage nach dem akuten Infarkt) ca. 50% des
Infarktgebietes von Hydrogel eingenommen
wurden [7]. Das gelartige Alginat wurde innerhalb von sechs Wochen durch Bindegewebe
ersetzt. Echokardiographisch konnte nach acht
Wochen eine signifikante Zunahme der Dicke
19
INJEKTION VON BIOMATERIALIEN NACH MYOKARDINFARKT
der Infarktnarbe nachgewiesen werden (diastolische Dicke 1,6 mm vs. 1,2 mm in der
Kontrollgruppe). Der linksventikuläre enddiastolische Durchmesser war bei den mit
Alginat behandelten Tieren signifikant verringert (8,6 mm vs. 10,4 mm). Außerdem
zeigte sich eine geringere Abnahme der
linksventrikulären Pumpfunktion bei den mit
Alginat behandelten Tieren im Vergleich zur
Kontrollgruppe (29%->24% vs. 27%->18%),
dieser Effekt war jedoch nicht signifikant. In
einer weiteren Gruppe wurde die AlginatInjektion zwei Monate nach dem akuten
Infarkt vorgenommen. Hier zeigten sich eine
signifikante Zunahme der Infarktdicke und
eine Verringerung des sogenannten Expansions-Index (Abb. 3). Die Abnahme der linksventrikulären Funktion war in der Therapiegruppe geringer (Signifikanz grenzwertig). Der
linksventrikuläre Durchmesser wurde durch die
späte Alginat-Injektion jedoch nicht signifikant
beeinflusst.
In einer nachfolgenden Studie untersuchte
dieselbe Arbeitsgruppe die intrakoronare
Alginat-Injektion im Großtier-Modell (Schwein
und Hund), die Ergebnisse wurden bei der
Jahrestagung des American College of Cardiology im März 2009 vorgestellt. In der AlginatGruppe zeigten sich nach 30 bis 60 Tagen eine
signifikant dickere Infarktnarbe, eine signifikante Verminderung der linksventrikulären
systolischen und diastolischen Fläche und
eine signifikant gesteigerte linksventrikuläre
Ejektionsfraktion.
Außerdem konnte nachgewiesen werden,
dass die Mortalität in der Alginat-Gruppe
im Vergleich zur Kontrollgruppe (Injektion
einer Kochsalz-Lösung) signifikant reduziert
war.
Eine weitere Studie im Schweine-Modell
verglich die Injektion eines Fibrin-AlginatGemisches mit der Injektion von KochsalzLösung [8]. Die Infarkt-Expansion war in der
Fibrin-Alginat-Gruppe signifikant verringert,
die Wanddicke war signifikant erhöht. Das
linksventrikuläre enddiastolische Volumen und
die Ejektionsfraktion waren hingegen nicht
signifikant unterschiedlich.
Andere Biomaterialien
Neben Alginat wurden auch andere Biomaterialien erfolgreich in tierexperimentellen
Studien eingesetzt, um das ventrikuläre Remodeling zu verringern. Die erste Studie dieser
Art wurde 2004 veröffentlicht [2]. Durch die
Injektion eines Fibrin-Klebers in infarzierte
Herzen der Ratte konnte eine Abnahme der
Wanddicke und der echokardiographisch
gemessenen linksventrikulären Pumpfunktion,
die in der Kontrollgruppe beobachtet wurde,
verhindert werden. Dieses Ergebnis sollte aus
unserer Sicht jedoch vorsichtig interpretiert
werden, da in der genannten Studie sowohl die
Wanddicke als auch die Pumpfunktion deutlich
höhere Ausgangswerte in der Kontrollgruppe
aufwiesen als in der Therapiegruppe.
Eine 2005 publizierte Studie zur Injektion von
Kollagen (95% Kollagen I, 5% Kollagen III) in
infarzierte Ratten-Herzen ergab, dass die linksventrikuläre Ejektionsfraktion, die Dicke der
Infarktnarbe und die Infarkt-Expansion in der
Kollagen-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verbessert waren [3]. Das
linksventrikuläre enddiastolische Volumen war
hingegen in der Therapiegruppe größer als in
der Kontroll-Gruppe (nicht signifikant).
Die Injektion eines auf Kalzium-Hydroxyapatit
basierenden Biomaterials in infarzierte Schafherzen (Injektion 45 Minuten nach Infarkt)
führte 15 Minuten nach Injektion zu einer
Abnahme des globalen und regionalen
ventrikulären Volumens im Vergleich zu den
Volumina 30 Minuten nach Infarkt-Induktion
[10]. Nach vier Wochen waren das linksventrikuläre endsystolische Volumen und die
Ejektionsfraktion signifikant verbessert verglichen mit der Kontrollgruppe, die postmortal
bestimmte Infarktdicke war signifikant erhöht.
Die Effekte der synthetischen Hydrogele
Dex-PCL-HEMA/PNIPAAm und alpha-CD/MPEGPCL-MPEG wurden an infarzierten KaninchenHerzen untersucht [5; 13]. Durch die Injektion
konnten, verglichen mit der Kontrollgruppe,
die linksventrikuläre Ejektionsfraktion gesteigert und die linksventrikuläre Dilatation verringert werden.
Abbildung 3: Therapeutischer Effekt der Alginat
Injektion. Postmortale morphometrische Analyse nach
Alginat-Injektion in infarzierte Ratten-Herzen. Im
Vergleich zur Kochsalz-Injektion erhöht die AlginatInjektion die Infarktdicke und verringert die InfarktExpansion signifikant. Modifiziert nach [7].
20
Die bislang publizierten Studien zur Injektion
von Biomaterialien nach Myokardinfarkt konnten also durchweg einen positiven Effekt auf
das ventrikuläre Remodeling nachweisen. Die
vorliegenden tierexperimentellen Daten belegen wissenschaftlich fundiert, dass durch die
Injektion azellulärer Biomaterialien die Infarkt-
INJEKTION VON BIOMATERIALIEN NACH MYOKARDINFARKT
Expansion und Ventrikeldilatation verringert
und die linksventrikuläre Pumpfunktion verbessert werden können.
Vergleich der Injektion azellulärer Biomaterialien mit der Zelltherapie
In zwei der oben genannten Studien wurde die
Injektion der Biomaterialien nicht nur mit der
Injektion von Kochsalz-Lösung als Kontrollgruppe verglichen, sondern auch mit einer
Injektion von Zellen. Die Alginat-Injektion in
Ratten-Herzen war hinsichtlich der Verminderung des Remodelings einer Injektion neonataler Kardiomyozyten nicht unterlegen, die
diastolische und systolische Wanddicke war in
der Alginat-Gruppe sogar signifikant höher als
in der Zell-Gruppe [7].
Die Injektion von Fibrin-Kleber wurde mit einer
Injektion von Myoblasten und einer kombinierten Injektion von Fibrin-Kleber plus Myoblasten
verglichen [2]. In allen drei Therapiegruppen
konnte eine Abnahme der linksventrikulären
Pumpfunktion und der Wanddicke, die in der
Kontrollgruppe beobachtet wurde, verhindert
werden. Ein signifikanter Unterschied zwischen
den drei Therapiegruppen wurde nicht gefunden.
Erste klinische Studie zur AlginatInjektion nach Myokardinfarkt
Aufgrund der vielversprechenden tierexperimentellen Daten wurde 2008 die erste klinische
Phase-I-Studie (multizentrisch, nicht kontrolliert) zur Alginat-Injektion nach Myokardinfarkt begonnen (Safety and Feasibility of the
Injectable BL-1040 Implant; ClinicalTrials.gov
Identifikationsnummer NCT00557531). Das
Studienprotokoll sieht eine intrakoronare
Alginat-Injektion (Abb. 4) ein bis sieben Tage
nach einem ersten, großen Myokardinfarkt vor
(CK >2000 U/l, Ejektionsfraktion <45% oder
mittels MRT bestimmte Infarktgröße >25%).
Den primären Endpunkt bildet die Sicherheit,
einschließlich Tod, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, ventrikuläre Tachykardien, Hospitalisierung, Nierenversagen und Schlaganfall. Den
sekundären Endpunkt bilden funktionelle
Parameter, u.a. linksventrikuläre Größe und
Ejektionsfraktion. Die Rekrutierungs-Phase
wurde kürzlich beendet, mit fünf eingeschlossenen Patienten gehört das Herzzentrum der
Uniklinik Köln zu den führenden Zentren der
Studie.
Eine bei der Jahrestagung des American College
of Cardiology präsentierte Zwischenanalyse
ergab, dass die Alginat-Injektion sicher ist.
Nebenwirkungen oder Komplikationen der
Injektion wurden bislang nicht beobachtet. 90
Tage nach Injektion war die linksventrikuläre
Ejektionsfraktion leicht erhöht im Vergleich
zum Ausgangswert. Die systolischen und diastolischen Volumina waren, ebenso wie das
NTproBNP als laborchemischer Herzinsuffi-
zienz-Marker, vermindert. Während die beobachteten funktionellen Verbesserungen sicher
nur sehr eingeschränkt aussagefähig sind,
bestätigt sich zunehmend die Sicherheit der klinischen Alginatapplikation. Unsere Erfahrungen in Köln zeigen darüber hinaus, dass die
Applikation der Substanz sehr einfach und
schnell über einen intrakoronaren Katheter
durchführbar ist. Bisher nicht beobachtete,
aber nicht auszuschließende Nebenwirkungen
sind allerdings beispielsweise Herzrhythmusstörungen durch die Bindung von Kalzium oder
eine gelartige Verformung des Alginats außerhalb des Infarktes, v.a. in Bereichen erhöhter
Kalzium-Konzentration. Ein erhöhtes Risiko für
eine solche Verformung außerhalb des Infarktes könnte zum Beispiel bei Patienten mit
Hyperkalzämie, kalziumhaltigen Nierensteinen
oder kalziumhaltigen Gefäß-Plaques bestehen,
woraus sich gegebenenfalls eine Kontraindikation für die Alginat-Injektion ergeben könnte.
Bei der zurzeit durchgeführten klinischen
Studie gibt es diesbezüglich keine Ausschlusskriterien.
Fazit für die Praxis
Die tierexperimentellen Daten zur Injektion
von Biomaterialien nach Myokardinfarkt zeigen überzeugend, dass dieser neue Therapieansatz eine Verbesserung des ventrikulären
Remodelings und der linksventrikulären Pumpfunktion bewirken kann. Mit dem Beginn der
Phase-I-Studie zur Alginat-Injektion nach
Abbildung 4.: lginat-Injektion über einen intrakoronaren
Applikationskatheter.
A: Koronarangiogramm eines Patienten mit akutem
Vorderwandinfarkt bei einem Abbruch (Pfeil) des
proximalen Ramus interventricularis anterior (RIVA).
B: Koronarangiogramm nach Rekanalisierung des RIVA
mittels Angioplastie und Stentimplantation.
C: Positionierung des Applikationskatheters (roter Pfeil)
distal des Stents über einen Führungsdraht (weißer Pfeil).
D: Koronarangiogramm nach Alginat-Injektion. Der Fluss
im RIVA ist nicht eingeschränkt (TIMI III).
21
INJEKTION VON BIOMATERIALIEN NACH MYOKARDINFARKT
einem akuten Myokardinfarkt ist ein erster
Schritt in Richtung eines klinischen Einsatzes
erfolgt. An der Sicherheit der Alginat-Injektion
haben sich bislang keine Zweifel ergeben, der
therapeutische Effekt muss jedoch in weiteren
klinischen Studien untersucht werden, bevor
ein routinemäßiger Einsatz in Erwägung gezogen werden kann. Sollten zukünftige Phase-IIund Phase-III-Studien die vielversprechenden
tierexperimentellen Daten bestätigen, ist mit
einer Zulassung in fünf bis zehn Jahren zu rechnen.
Korrespondierender Autor
Priv.-Doz. Dr. med. Jochen Müller-Ehmsen
Klinik III für Innere Medizin
Uniklinik Köln
Kerpener Straße 62
50937 Köln
E-Mail: [email protected]
Interessenkonflikt
Die Autoren nehmen als Investigatoren an der
klinischen Phase-I-Studie zur Exploration von
Bioline 1040® bei Patienten mit Myokardinfarkt teil.
Zusammenfassung
Die Injektion von Biomaterialien nach Myokardinfarkt stellt ein neues Therapiekonzept
dar, bei dem durch das Einbringen einer artifiziellen Matrix eine Verbesserung des ventrikulären Remodelings erzielt werden soll. Mehrere
tierexperimentelle Studien ergaben, dass
Infarkt-Expansion und Ventrikeldilatation im
Vergleich zu einer Kontrollgruppe verringert
und die Pumpfunktion durch die Injektion von
Biomaterialien verbessert werden können.
Basierend auf umfangreichen tierexperimentellen Daten wurde 2008 die erste klinische PhaseI-Studie zur Injektion eines Biomaterials begonnen. Bei dieser Studie wird Alginat verwendet,
das in flüssigem Zustand intrakoronar injiziert
und durch die erhöhte Kalzium-Konzentration
im Infarktgebiet in einen gelförmigen Zustand
überführt wird. Bislang konnten keine Nebenwirkungen beobachtet werden. Vor einem Einsatz in der klinischen Routine muss der therapeutische Effekt der Alginat-Injektion jedoch in
kontrollierten klinischen Studien nachgewiesen
werden. Sollten sich die vielversprechenden
tierexperimentellen Daten in der Klinik bestätigen, könnte sich die Alginat-Injektion zu einer
wichtigen Therapieoption für Patienten mit
akutem Myokardinfarkt entwickeln.
22
Referenzen
1. Cantry JMJr (2008) Atherosclerotic Cardiovascular
Disease. In: Libby P, Bonow RO, Mann DL, Zipes DP
and Braunwald E (eds) Braunwald's Heart Disease - A
Textbook of Cardiovascular Medicine, pp 1167-1560.
Saunders Elsevier, Philadelphia.
2. Christman KL, Fok HH, Sievers RE, Fang Q and Lee RJ
(2004) Fibrin glue alone and skeletal myoblasts in a
fibrin scaffold preserve cardiac function after myocardial infarction. Tissue Eng 10: 403-409.
3. Dai W, Wold LE, Dow JS and Kloner RA (2005)
Thickening of the infarcted wall by collagen injection
improves left ventricular function in rats: a novel
approach to preserve cardiac function after myocardial infarction. J Am Coll Cardiol 46: 714-719.
4. Fehrer C and Lepperdinger G (2005) Mesenchymal
stem cell aging. Exp Gerontol 40: 926-930.
5. Jiang XJ, Wang T, Li XY, Wu DQ, Zheng ZB, Zhang JF,
Chen JL, Peng B, Jiang H, Huang C and Zhang XZ
(2008) Injection of a novel synthetic hydrogel preserves left ventricle function after myocardial infarction.
J Biomed Mater Res A.
6. Jugdutt BI (2003) Ventricular remodeling after
infarction and the extracellular collagen matrix: when
is enough enough? Circulation 108: 1395-1403.
7. Landa N, Miller L, Feinberg MS, Holbova R, Shachar
M, Freeman I, Cohen S and Leor J (2008) Effect of
injectable alginate implant on cardiac remodeling
and function after recent and old infarcts in rat.
Circulation 117: 1388-1396.
8. Mukherjee R, Zavadzkas JA, Saunders SM, McLean JE,
Jeffords LB, Beck C, Stroud RE, Leone AM, Koval CN,
Rivers WT, Basu S, Sheehy A, Michal G and Spinale FG
(2008) Targeted myocardial microinjections of a
biocomposite material reduces infarct expansion in
pigs. Ann Thorac Surg 86: 1268-1276.
9. Muller-Ehmsen J, Peterson KL, Kedes L, Whittaker P,
Dow JS, Long TI, Laird PW and Kloner RA (2002)
Rebuilding a damaged heart: long-term survival
of transplanted neonatal rat cardiomyocytes after
myocardial infarction and effect on cardiac function.
Circulation 105: 1720-1726.
10. Ryan LP, Matsuzaki K, Noma M, Jackson BM, Eperjesi
TJ, Plappert TJ, John-Sutton MG, Gorman JH, III and
Gorman RC (2009) Dermal filler injection: a novel
approach for limiting infarct expansion. Ann Thorac
Surg 87: 148-155.
11. Tsur-Gang O, Ruvinov E, Landa N, Holbova R, Feinberg
MS, Leor J and Cohen S (2009) The effects of peptidebased modification of alginate on left ventricular
remodeling and function after myocardial infarction.
Biomaterials 30: 189-195.
12. Vandervelde S, van Luyn MJ, Tio RA and Harmsen MC
(2005) Signaling factors in stem cell-mediated repair
of infarcted myocardium. J Mol Cell Cardiol 39:
363-376.
13. Wang T, Wu DQ, Jiang XJ, Zhang XZ, Li XY, Zhang JF,
Zheng ZB, Zhuo R, Jiang H and Huang C (2009) Novel
thermosensitive hydrogel injection inhibits postinfarct ventricle remodelling. Eur J Heart Fail 11:
14-19.
14. Yunice AA, Baxter DJ, Kraikitpanitch S and Lindeman
RD (1974) Myocardial calcium in experimental
myocardial infarction. Cardiology 59: 367-375.
CHIRURGIE DER ATRIOVENTRIKULARKLAPPEN IM ERWACHSENENALTER
Chirurgie der Atrioventrikularklappen
im Erwachsenenalter
„Minimalinvasive Rekonstruktion von Mitralund Trikuspidalklappe“
–
–
–
–
–
–
–
PD Dr. med. Jens Wippermann,
Dr. med. Parwis Rahmanian,
Dr. med. Navid Madershahian,
Dr. med. Schariah Salehi-Gelani,
Univ.- Prof. Dr. med. Thorsten Wahlers
Herz-Thoraxchirurgie, Herzzentrum,
Uniklinik Köln
Die Mitralklappe
Die Mitralklappenstenose ist weltweit eine der
häufigsten erworbenen Herzklappenfehler und
betrifft Frauen häufiger als Männer. In den
Industrieländern konnte die Inzidenz durch
den konsequenten Einsatz von Penicillin bei
Infektionen mit Streptokokken in der Vergangenheit deutlich abgesenkt werden, so dass sie
dort heutzutage seltener auftritt als erworbene
Aortenklappenstenosen und Mitralklappeninsuffizienzen.
Die mit Abstand häufigste Ursache einer
Mitralstenose ist das rheumatische Fieber und
die damit verbundene Endokarditis. Sie tritt
typischerweise mit einer Latenzzeit von 20 bis
30 Jahren nach der durchgemachten Fiebererkrankung auf.
Die Stenose der Mitralklappe ist durch entzündliche und degenerative Veränderungen
der Klappensegel und der Chordae tendineae
bedingt. Fibrosen und Verkalkungen führen
zu einer fortschreitenden Einschränkung der
Dehnungs- und Bewegungsfähigkeit des
Klappenapparates. Die normale Klappenöffnungsfläche liegt bei 4-6 cm2. Verkleinert sich
diese Öffnungsfläche um mehr als die Hälfte,
kommt es zu Störungen mit der Ausbildung
eines Druckgradienten zwischen linkem Vorhof
und der linken Kammer. Daraus resultieren zum
einen eine Dilatation des linken Vorhofs, was
das Auftreten von Vorhofflimmern begünstigt,
und zum anderen eine pulmonale Hypertonie.
Diese wiederum führt bei fortschreitender
Erkrankung zu einer Druckbelastung des
rechten Herzen und infolge einer Rechtsherzdilatation auch zu einer Trikuspidal- und
Rechtsherzinsuffizienz.
Ein Leitsymptom ist die Dyspnoe bedingt durch
den Rückstau von Blut in die Lungen. Die
Dyspnoe tritt meist erst bei Belastung auf,
wenn das Herzminutenvolumen gesteigert
wird. Bei hochgradigen Stenosen kann auch
eine Ruhedyspnoe auftreten. Ein weiteres
Symptom schwergradiger Mitralstenosen können Hämoptysen sein, die insbesondere nachts
bei intensiver Dyspnoe auftreten. Generell ist
die körperliche Leistungsfähigkeit betroffener
Patienten vermindert.
Die Behandlung der Mitralklappenstenose
hängt vom Schweregrad dieser ab. Bei leichter
Mitralstenose kann eine konservative Therapie
durch körperliche Schonung und die Gabe von
Diuretika erfolgen.
Liegt zusätzlich ein relevanter pulmonaler
Hypertonus vor, kann eine Therapie mit Vasodilatantien hilfreich sein. Eine operative Therapie
ist in jedem Fall bei starker Symptomatik und
einer hochgradigen Mitralstenose sinnvoll. Eine
Intervention sollte nicht zu lange hinausgezögert werden, da die Prognose einer Mitralstenose sonst auch nach operativer Therapie
verschlechtert wird.
Die Mitralklappeninsuffizienz ist beim Menschen ein häufiger Herzklappenfehler. Es
handelt sich um eine „Undichtigkeit“ der Mitralklappe des Herzens, die während der
Systole zu einem Rückfluss von Blut aus der
linken Herzkammer in den linken Vorhof
führt.
Im Vordergrund stehen heute die Mitralinsuffizienz bei Prolapssyndrom im Zusammenhang
mit einem meist angeborenen Mitralklappenprolaps (Abb.1) und die relative Mitralinsuffizienz als Folge einer Vergrößerung des linken
Ventrikels, sowie die „postinfarzielle“ Mitralinsuffizienz nach Herzinfarkt. Weiterhin können
eine bakterielle und auch eine nicht-bakterielle
Endokarditis zu einer Zerstörung oder narbigen
Schrumpfung von Klappengewebe und so zu
einer Mitralinsuffizienz führen.
Abbildung1a: Echokardiografie der Mitralklappe.
Die Insuffizienz ist durch einen Prolaps im p2 Segment
des posterioren Mitralklappensegels (3).
Abbildung 1b: Farbduplex im Echo zeigt einen
Regurgitationsjet der einer schweren Mitralklappeninsuffizienz entspricht.
23
CHIRURGIE DER ATRIOVENTRIKULARKLAPPEN IM ERWACHSENENALTER
Die akute schwere Mitralinsuffizienz als
Komplikation eines Herzinfarktes oder einer
Herzklappenentzündung ist ein seltenes, meist
aber dramatisches Krankheitsbild, welches
einer
intensivmedizinischen
Behandlung
bedarf und häufig nur durch eine notfallmäßige Klappenoperation beherrschbar ist. Die
Prävalenz liegt bei ca. 2,4%[1].
Bei allen Patienten mit einer schweren Mitralinsuffizienz (III°) und einem vergrößerten
linken Vorhof (LA > 45mm) ist die Indikation
für eine Herzklappenoperation indiziert [2].
Dabei sollte bei unauffälliger Klappenmorphologie immer eine Rekonstruktion der Klappe
angestrebt werden bevor die Herzklappe durch
eine Neue eingesetzt wird. Die Chancen für
eine Klappenrekonstruktion lassen sich mit
Hilfe der Echokardiografie bereits vorher
zuverlässig abschätzen, in Einzelfällen wird die
Notwendigkeit einer künstlichen Klappe erst
während der Operation deutlich. Postoperativ
sind Patienten mit einer rekonstruierten
Klappe in der Regel nach einigen Wochen
als „herzgesund“ zu betrachten. Seit einigen
Jahren liegt der Schwerpunkt der Mitralklappenchirurgie in der erfolgreichen Rekonstruktion dieser Klappe [3], während in den
vergangenen Jahrzehnten der Ersatz der
Mitralklappe, den größten Anteil an den
Mitralklappen-Operationen ausmachte. Die
Vorteile der Mitralklappenrekonstruktion liegen in der Erhaltung der Geometrie der linken
Herzkammer mit deutlich besseren funktionellen Ergebnissen sowie in der geringen Neigung
der rekonstruierten Klappe zur Blutgerinnselbildung, welches eine langfristige Behandlung
mit Marcumar überflüssig macht. Die sog.
„mediane Sternotomie“ stellt den Hauptzugangsweg bei herzchirurgischen Eingriffen dar.
Dabei wird das Brustbein entlang der langen
Achse in der Mitte komplett durchtrennt. Dies
ermöglicht den Zugang zu allen wichtigen
Strukturen des Herzens. Die minimalinvasive
Operation an der Mitralklappe erfolgt über
einen 5 cm langen Schnitt unterhalb der rechten Brustwarze (Abb.2)
Abbildung 2: Zugang zur minimalinvasiven Mitral-/
Trikuspidalklappenoperation
In Kombination mit einer Videokamera bietet
dieses Verfahren speziell im Rahmen der Mitralklappenrekonstruktion eine ideale Sicht auf
das OP-Feld und entsprechend optimale Bedingungen. Auch dieser Eingriff erfolgt mit Hilfe
der Herz-Lungen-Maschine. Heutzutage kann
unter Einbeziehung verschiedener Techniken
und in Abhängigkeit des Klappenschadens
sowie der Gewebequalität die Mitralklappe zu
einem sehr hohen Prozentsatz (75%) repariert
werden. Ein Durchschlagen von Teilen des vorderen bzw. hinteren Mitralsegels mit daraus
resultierender Insuffizienz wird in unserer
Klinik durch Einziehen künstlicher Sehnenfäden
aus Gore-Tex®-Material repariert [4]. Als
wesentliche zusätzliche Maßnahme wird routinemäßig ein Kunststoffring (Anuloplastie-Ring)
eingesetzt, der die eigentliche Klappe umgibt
und der den Klappenring vom Umfang her
reduziert (Abb.3).
Diese Maßnahme trägt zur Langzeit-Stabilisierung des Rekonstruktions-Ergebnisses wesentlich bei. Der Anuloplastie-Ring erfordert eine
vorübergehende dreimonatige Marcumartherapie, bis der Ring eingewachsen ist und kein
Embolierisiko mehr darstellt. Aufgrund der
durchgeführten Minithorakotomie ist der
Patient gut mobilisierbar und oftmals kann der
stationäre Aufenthalt nach 7-10 Tagen beendet
werden.
Die Trikuspidalklappe
Die Trikuspidalklappeninsuffizienz bezeichnet
eine Undichtigkeit der Trikuspidalklappe des
Herzens, die während der Systole zu einem
Rückfluss von Blut aus der rechten Herzkammer
in den rechten Vorhof führt.
Meist ist die Trikuspidalinsuffizienz Folge einer
Überdehnung des Halteringes der Trikuspidalklappe oder eines zu hohen Drucks in der
rechten Herzkammer, die Klappe selbst ist
meist noch ausreichend funktionstüchtig. Die
Trikuspidalklappe funktioniert wie ein Ventil
zwischen dem rechten Vorhof und dem rechten
Ventrikel des Herzens. Eine bakterielle und
auch eine nicht-bakterielle Endokarditis können zu einer Zerstörung oder narbigen
Schrumpfung von Klappengewebe und so
zu einer Trikuspidalinsuffizienz führen. Ein
Sonderfall ist das Auftreten einer geringen
Trikuspidalinsuffizienz nach Einführung einer
Elektrode in den Rechten Ventrikel im Rahmen
einer Herzschrittmacherimplantation. Leichtere
Formen werden vom Betroffenen nicht
bemerkt. Die typischen Symptome der schweren Trikuspidalinsuffizienz sind Beinödeme,
Leber- und Halsvenenstauung. Herzrhythmusstörungen, die bei der Trikuspidalinsuffizienz
häufiger auftreten, können sich in Form von
Herzstolpern oder Herzrasen bemerkbar
machen. Daneben können eine Halsvenenstauung und Ödeme festgestellt werden. Nicht
selten tastet man eine vergrößerte Leber und
teilweise auch einen Aszites.
25
CHIRURGIE DER ATRIOVENTRIKULARKLAPPEN IM ERWACHSENENALTER
Eine operative Therapie der Trikuspidalinsuffizienz muss isoliert selten durchgeführt werden,
ist aber in Kombination mit einer Mitralklappenoperation häufig [5]. Dabei kann in den
meisten Fällen eine Rekonstruktion der Klappe
vorgenommen werden. Die Operation wird
minimalinvasiv durch einen kleinen Schnitt
rechts im 4. oder 5. Zwischenrippenraum durchgeführt (Abb.4).
Referenzen:
1. Hayek E, Gring CN, Griffin BP. Mitral valve prolapse.
Lancet 2005; 365(9458):507-518.
2. Enriquez-Sarano M. Timing of mitral valve surgery.
Heart 2002; 87(1):79-85
3. Carpentier A. Cardiac valve surgery--the "French
correction". J Thorac Cardiovasc Surg 1983; 86(3):
323-337.
4. Adams DH, Kadner A, Chen RH. Artificial mitral valve
chordae replacement made simple. Ann Thorac Surg
2001; 71(4):1377-1378; discussion 1378-1379.
5. Carpentier A, Deloche A, Dauptain J, Soyer R,
Blondeau P, Piwnica A, Dubost C, McGoon DC. A new
reconstructive operation for correction of mitral and
tricuspid insufficiency. J Thorac Cardiovasc Surg 1971;
61(1):1-13.
Abbildung 3: Mitralklappenisuffizienz verursacht durch
einen massiven Prolaps des posterioren Segels im
mittleren Segment (p2): Rekonstruktion der Klappe mit
Implantation einer Neochordae (GoreTex) und
anschließender Anuloplastik (geschlossener Ring)
26
Abbildung 4: Implantation eines geöffneten
Anuloplastyrings zur Rekonstruktion einer
insuffizienten Trikuspidalklappe
ANGEBORENE PULMONALKLAPPENERKRANKUNGEN
Angeborene
Pulmonalklappenerkrankungen
– M. Emmel, N. Sreeram, M. Khalil, K. Brockmeier
– Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie,
– Herzzentrum der Universität zu Köln
Pulmonalklappenstenosen zeigen eine Inzidenz
von bis zu 15% bei Neugeborenen mit angeborenen Herzfehlern in isolierter Form oder in
Kombination mit weiteren Problemen bei komplexen Vitien z. B. der Fallot'schen Tetralogie.
Trotz der sehr guten Ergebnisse der herzkathetergestützten interventionellen Behandlung
sind bei schweren Klappendysplasien herzchirurgische Maßnahmen unumgänglich.
Patienten mit Fallot`sche Tetralogie werden
obligat operiert.
Eines der hämodynamisch bedeutensten Residualprobleme nach herzchirurgischer Behandlung von Patienten mit Fallot`scher Tetralogie
oder auch isolierter Pulmonalstenose ist die
Pulmonalklappeninsuffizienz, die in variabler
Ausprägung bei notwendiger Erweiterung des
Klappenrings gesehen wird.
Symptomatische, aber auch asymptomatische
Patienten mit einer signifikanten rechtsventrikulären Dilatation aufgrund von Pulmonalklappeninsuffizienz profitieren von einem
Pulmonalklappenersatz zur Vermeidung der
irreversiblen Rechtsherzinsuffizienz. Dieser
Pulmonalklappenersatz wird fast ausnahmslos
unter Zuhilfenahme von Allografts vorgenommen (zur Vermeidung der Antikoagulantienbehandlung). Die Indikation zur Operation ist
gegeben bevor der rechte Ventrikel irreversibel
durch die anhaltende Volumenbelastung
geschädigt wird. Allerdings muss der Vorteil
des Klappenersatzes gegenüber dem über die
Zeit unvermeidlich eintretenden Funktionsverlust der Allograftklappe abgewogen werden.
Diese Allograftveränderungen bedingen repetitive Reoperationen bei Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen unter Einsatz der HerzLungenmaschine. Die Verläufe bis zur Reoperation nach Allograftimplantation sind variabel
und werden für das Erwachsenenalter üblicherweise mit 10-20 Jahren angegeben. Die Patienten
erwartet somit eine Serie von Reoperationen
mit Herz-Lungen-Maschine alle 10-20 Jahre – in
Einzelfällen auch öfter (durchschnittlich alle
fünf Jahre in der Arbeit von Twedell et al.
Circulation 2000). Im Kindesalter kommt zur
unvermeidbaren Allograftdegeneration das
Auswachsen infolge des Körperwachstums.
Das repetitive chirurgische Vorgehen und noch
nicht gelöste Probleme der langfristig befriedigenden Klappenfunktion haben die minimal
invasive Pulmonalklappenimplantation über
die Femoralvene zu einer attraktiven Alternative gemacht.
Auch günstigste Operationsvoraussetzungen
bei der Primäroperation erfordern einen Kompromiss aus Vermeidung eines inakzeptablen
Restgradienten über Klappe und rechtsventrikulären Ausflusstrakt einerseits und zu ausgeprägter Klappeninsuffizienz mit konsekutiver
Volumenbelastung für den rechten Ventrikel
und langfristig drohendem Rechtsherzversagen
andererseits.
Die Volumenbelastung des rechten Ventrikels
geht über Jahre mit nur geringer subjektiver
Beeinträchtigung einher, bedingt jedoch
langfristig eine erhebliche Morbidität mit
zunehmender Einschränkung der Leistungsfähigkeit, ventrikulären Herzrhythmusstörungen und Gefahr eines plötzlichen Herztodes für
diese Patientengruppe.
Strategie der letzten Dekade war daher in der
Kinderherzchirurgie und Herzchirurgie für
angeborene Herzfehler eine möglichst geringe
Pulmonalklappenregurgitation zu akzeptieren
- anders als in den 1990-ger Jahren, als eher
Reststenosen gefürchtet waren, die kurzfristig
im unmittelbar postoperativen Verlauf weniger
gut toleriert wurden. Die progressive rechtsventrikuläre Dilatation führt langfristig zu
Rechtsherzversagen.
Je größer die rechtsventrikuläre Dilatation
desto bedeutsamer ist die QRS-Verbreiterung
im Ruhe-EKG. Eine QRS-Dauer von 180 ms und
mehr wird als ein bedeutender Risikofaktor für
ventrikuläre Tachykardien und plötzlichem
Herztod nach Fallot-Korrekturoperation angesehen. Um eine rechtsventrikuläre Dilatation
und Funktionsstörung zu vermeiden, gilt es
rechtzeitig einen Pulmonalklappenersatz zu
erwägen. Überwiegende Einstellung seitens
der behandelnden Kardiologen ist, das Allograft bis zur fast vollständigen Dysfunktion
unoperiert zu belassen.
Indikationen für den Pulmonalklappenersatz:
• klinisch symptomatische Patienten mit
lange nachgewiesener Pulmonalinsuffizienz und rechtsventrikulärer Dilatation
• Asymptomatische Patienten mit schwerer
Pulmonalinsuffizienz und zunehmender
rechtsventrikulärer Dilatation und Dysfunktion
• Asymptomatische oder symptomatische
Patienten mit mäßiger bis schwerer Pulmonalinsuffizienz und hämodynamisch
bedeutsamen assoziierten Problemen, welche chirurgisch zu behandeln sind
• Patienten mit schweren ventrikulären
Herzrhythmusstörungen bei bedeutsamer
Pulmonalinsuffizienz und rechtsventrikulärer Dilatation.
Bezüglich des Zeitpunktes des Klappenersatzes
gibt es eine Reihe von z. T. kontroverser Stellungnahmen. Die inzwischen überwiegend
akzeptierte Arbeit kommt von einer Amsterdamer Gruppe in den Niederlanden. In der Arbeit
von Oosterhof und Mitarbeitern (Circulation
2007) konnte gezeigt werden, dass bis zu
einem im MRT quantifizierten enddiastolischen
27
ANGEBORENE PULMONALKLAPPENERKRANKUNGEN
rechtsventrikulären Volumen von 160 ml/m2 mit
einer Normalisierung der Ventrikelgröße nach
Klappenersatz zu rechnen ist.
Bonhoeffer und Mitarbeiter berichteten als
erste über Erfahrungen mit von der Leiste
aus perkutan implantierbaren, auf Stents
montierten Klappen (Lancet 2000). Diese
Pulmonalklappe besteht aus einer bovinen
Jugularvenenklappe, welche in einen PlatinIridium Stent eingearbeitet ist, heute vertrieben
als Melody-Valve“ (Fa. Medtronic). Seit dem
erfolgreichen Einsatz dieser Klappe weltweit
an über 500 Patienten nimmt die Bereitschaft
zu, weniger lange die Allograftdegeneration
zu tolerieren und frühzeitiger zu behandeln,
wenn die rechtsseitige Ventrikelbelastung
zunimmt.
Bei der Implantation in Zentren mit entsprechender Spezialisierung, wie im Herzzentrum
der Kölner Universität, wird in Allgemeinanästhesie nach venösem Zugang in der Leiste
mit einer 22 Fr. Schleuse die Pulmonalarterie
mittels Endlochkatheter sondiert und mittels
Kontrastmittel visualisiert. Über einen extrasteifen Führungsdraht kann dann die auf einem
Spezialballon liegende Melody-Klappe in die
gewünschte Position vorgeschoben werden
und durch Balloninflation fixiert werden (Abb. 1).
Der Implantation geht obligat eine Magnetresonanzangiographie voraus (bei MRT kontraindikation eine CT-Angiographie), um den rechtsventrikulären Ausflusstrakt einschließlich
Klappe und proximaler Pulmonalarterie mit
Länge, engstem und weitesten Diameter exakt
vermessen zu können. Aneurysmen des rechtsventrikulären Ausflusstraktes und/oder Erweiterungen im beschriebenen Bereich um den
Klappenring von über 20 - 21 mm Durchmesser
sind nicht für diesen interventionellen Ansatz
geeignet, weil die maximale Melody-Klappengröße 22 mm beträgt und anderenfalls keine
stabile Lage garantiert werden kann. Des
Weiteren wird zur Stabilisierung und zum
Verhindern von Stentfrakturen die Region mittels eines Wallstents vorbehandelt: letztlich
resultiert daraus ein Bett für eine stabile Klappenposition und -funktion.
Weitere minimal-invasiv implantierbare Systeme für den Pulmonalklappenersatz sind auf
dem Vormarsch (Schreiber et al. Eur. J. Cardiothor. Surg. 2002; Marianeschi et al. Ann. Thorac.
Surg. 2008); Huber et al. J. Thoracic. Cardiovasc.
Surg. 2009)
Die Ergebnisse der ersten Follow-up Studie an
59 Patienten zeigte einen signifikanten Rückgang des Pulmonalklappenregurgitationsvolumens von initial im Mittel 21 % auf später 3 %
bei ebenfalls signifikantem Rückgang der
rechtsventrikulären endiastolischen Volumina.
Die bisherigen Ergebnisse sind in der Mehrzahl
in einem etwa fünfjährigen Follow-up mit nur
relativ geringen Komplikationsraten bedeutender Art, unter anderem: Instabilität (4%),
Homograftruptur (<1%), Kompression einer
Koronararterie (<1%), RPA Obstruktion (<1%)
und LPA Ruptur (<1%). Weltweit wurden insgesamt sieben prozedurbedingte Todesfälle
beschrieben. Hauptprobleme stellen nach
Überwinden der learning-curve der sog. Hammock Effekt – Stentstenose durch Eindringen
von Blut zwischen den klappentragenden Stent
und dem originären Ausflusstrakt – und Stentfrakturen dar.
Limitationen für den perkutanen Pulmonalklappenersatz:
• Weiter aneurysmatischer rechtsventrikulärer Ausflusstrakt
• (kalzifizierte) Allograftprothese – keine
nativ korrigierten Patienten
• derzeit nicht unerhebliche Kosten
Diese vielversprechende minimal-invasive Technik könnte langfristig Vorteile für Patienten
mit rechtsventrikulären Problemen nach Allograftimplantation haben, weil die Reoperationsraten reduziert werden könnten und damit
die Lebensqualität verbessert wird.
Bei großen rechtsventrikulären Aneurysmen
und stark dilatiertem Klappenring ist weiterhin
der herzchirurgische Ansatz konkurrenzlos,
ebenso wie bei relevanten assoziierten operationsbedürftigen Problemen wie residuelle Ventrikelseptumdefekte und/oder schwere Tricuspidalklappeninsuffizienzen.
Literatur:
Murphy JG et al. Long-term outcome in patients undergoing surgical repair of tetralogy of Fallot. N. Engl. J.
Med. 1993
Gatzoulis MA et al. Risk factors for arrhythmia and sudden cardiac death late after repair of tetralogy of Fallot:
a multicentre study. Lancet 2000
Abbildung 1: Röntgenologische Darstellung mit lateraler Projektion
eines Patienten mit Homograft-klappenstenose und -insuffizienz.
Im linken Bild (A) ist bereits ein Palmaz-Stent® über die defekte Klappe
in typischer Position montiert. Im Lumen des Stents kommt die noch
nicht geöffnete Melody-Klappe®, auf einem extra starken Führungsdraht
geschient, zur Darstellung. Im rechten Bild (B) wird angiographisch der
rechtsventrikuläre Ausflusstrakt mit der Melody-Klappe® in idealer
Position visualisiert: der Diameter auf Klappenebene beträgt 22 mm.
28
Khabadkone S et al. Percutaneous pulmonary valve
implantation in humans: results in 59 consecutive
patients. Circulation 2005
Oosterhof T et al. Long-term follow-up of homograft
function after pulmonary valve replacement in patients
with tetralogy of Fallot. Eur. Heart J. 2006
Frigiola A et al. Percutaneous pulmonary valve replacement. Coron. Artery Dis. 2009
NEUER HOCHLEISTUNGS-COMPUTERTOMOGRAPH IM HERZZENTRUM
Neuer
Hochleistungs-Computertomograph
im Herzzentrum
– Carsten Zobel, Henning Bovenschulte
Im Herzzentrum der Uniklinik Köln wird ab
Januar 2010 gemeinsam von Kardiologen und
Radiologen ein neuer, speziell für die Herz- und
Gefäßbildgebung geeigneter Computertomograph in Betrieb genommen. Der in diesem Jahr
neu auf den Markt gekommene „SOMATOM
Definition Flash“ der Firma SIEMENS (Abb. 1) ist
ein sogenanntes Dual-Source-CT der neuesten
Generation und zeichnet sich durch eine besonders niedrige Strahlenexposition bei gleichzeitig verbesserter Bildqualität aus. Das Gerät
wird innerhalb des Herzzentrums vom Radiologie-Zentrum-Köln (RZK) speziell zur kardialen
Bildgebung betrieben. Damit erfüllt die Universität die Auflagen des Wissenschaftsrates, der
bei der Begutachtung des Herzzentrums die
Etablierung bildgebender Verfahren gefordert
hatte. Die Aufstellung im Herzzentrum wird
eine enge Kooperation zwischen den Zuweisern
und den Untersuchern sowie ein verbessertes
Behandlungskonzept kardiologischer Patienten
erlauben.
Durch die simultane Verwendung von zwei
statt wie üblich nur einer einzelnen um den
Patienten kreisenden Röntgen-Detektor-Einheit erlaubt das Gerät eine extrem schnelle
CT-Koronarangiographie. In nur 250 ms, also
rund einem Viertel der Zeit eines einzelnen
Herzschlages, kann das Gerät mit seinen 2x128
Detektoren das gesamte Herz scannen und die
Koronararterien in hoher Qualität abbilden
(Abb. 2). Aufgrund der extrem kurzen Unter-
CT-Koronarangiographie Definition Flash mit 0,91 mSv
(Quelle: Lell et al., Eur Radiol 2009)
suchungszeit reduziert sich die notwendige
Strahlenexposition um ein Vielfaches. Erste
Studien zeigen bei normalgewichtigen Patienten
mit Sinusrhythmus eine mittlere Strahlenexposition von ca. 0,9 mSv und somit 10-20 mal
weniger als bei herkömmlichen helikalen CTKoronarangiographien an etablierten 64-ZeilenCTs1;2 Neben der reinen Koronarangiographie
bietet das Gerät auch die Möglichkeit, linksventrikuläre Funktionsuntersuchungen oder
auch quantitative Bestimmungen der koronararteriellen Kalklast durchzuführen. Auch koronararterielle Flussmessungen zur näheren
Bestimmung der hämodynamischen Relevanz
von Stenosen sind möglich. Der gesamte Thorax einschließlich der Darstellung der Gefäße
lässt sich mit dem CT zudem in weniger als
einer Sekunde untersuchen, dadurch entfällt
für die teils schwer kranken Patienten die Notwendigkeit, über mehrere Sekunden die Luft
anzuhalten.
Durch die Verwendung der gleichzeitig implementierten sog. „Dual-Energy-Technik“ eignet
sich das Gerät zudem insbesondere zur Darstellung der arteriellen Strombahn, wie der extraund intrakraniellen Gefäße sowie der Aorta
und der Becken-Bein-Gefäße. Durch die DualEnergy-Technik können z. B. in der Beurteilung
womöglich störende Kalkplaques einfach und
sicher durch besondere Auswerteverfahren
entfernt und somit z. B. die Stenosegradbeurteilung verbessert werden.
Indikationen der
CT-Koronarangiograpie
Abbildung 1:
Siemens Somatom Definition Flash (Quelle: Siemens)
Vom American College of Cardiology (2006)
exisitieren Empfehlungen über die Indikationen, bei denen eine CT-Koronarangiograpie
sinnvoll ist („Appropriateness Criteria“)3. Es
werden hier folgende Konstellationen
beschrieben:
29
NEUER HOCHLEISTUNGS-COMPUTERTOMOGRAPH IM HERZZENTRUM
• Symptomatische Patienten mit nicht eindeutigen Belastungsuntersuchungen
• Symptomatische Patienten mit mittlerer
Vortestwahrscheinlichkeit und unklaren
EKG-Befunden oder Unfähigkeit für Belastungstests
• Patienten mit akutem Thoraxschmerz ohne
EKG-Veränderungen und wiederholt negativen Herzenzymen
• Darstellung der Koronarien bei Patienten
mit neu aufgetretener Herzinsuffizienz zur
Klärung der Ätiologie
Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für
Kardiologie zur Behandlung der stabilen
Angina pectoris empfehlen die CT-Koronarangiographie bei Patienten mit einer niedrigen
Vortestwahrscheinlichkeit und nicht eindeutigen Ergebnissen eines Belastungs-EKG oder
eines bildgebenden Belastungstests (Empfehlungs Klasse IIb, Evidenzlevel C)4.
In einer neueren wissenschaftlichen Stellungnahme (2008) sieht die American Heart Association den größten potentielle Nutzen der
CT-Koronarangiographie für symptomatische
Patienten mit einem mittleren Risiko für eine
koronare Herzerkrankung, eingeschlossen auch
Patienten mit nicht eindeutigen Belastungstests (Empfehlungsklasse IIa, Evidenzlevel B)5.
Diagnostische Genauigkeit der
CT-Koronarangiographie
In einer Metaanalyse die 9 Publikationen mit
insgesamt 566 untersuchten Patienten aus
den Jahren 2005-2006 berücksichtigt, in denen
64-Zeilen-Geräte verwendet wurden, zeigte
sich eine mittlere Sensitivität von 96% und eine
Spezifität von 91%. Der positive prädiktive
Wert betrug 93%, der negative prädiktive Wert
96%6.
In einer aktuelleren Übersicht aus dem Jahre
2008 wurden 28 Untersuchungen (64-ZeilenGeräte) mit insgesamt 1286 Patienten eingeschlossen. Die mittlere Sensitivität war hier mit
99% nochmals besser, bei einer Spezifität von
89%. Der positive prädiktive Wert betrug 93%,
der negative prädiktive Wert sogar 100%7.
Limitationen der
CT-Koronarangiographie
Das Vorliegen von erheblichen Kalkablagerungen in den Koronarien beeinträchtigt die
diagnostische Genauigkeit der Untersuchungsmethode, dies kann zu falsch negativen und
häufiger zu falsch positiven Befunden führen.
Ebenfalls ist die Einschätzung des Koronarlumens in Bereich implantierter Stents deutlich
erschwert. Bei Patienten mit sehr schneller
Ruheherzfrequenz und Kontraindikationen
gegen Betablocker oder besonders bei Tachyarrhythmien kann es zu einer Einschränkung der
Bildqualität kommen. Allerdings ist die Geräteklasse der Dual-Source-CTs aufgrund ihrer
guten zeitlichen Auflösung geeignet, auch bei
sehr hohen stabilen Herzfrequenzen eine gute
Bildqualität zu erreichen8. Genau wie bei einer
klassischen Herzkatheteruntersuchung muss
jodhaltiges Kontrastmittel (60-90 ml) injiziert
werden. Patienten mit Niereninsuffizienz,
Schilddrüsenüberfunktion oder Kontrastmittelallergie sollten also nicht oder nur nach besonderen Vorbereitungen mittels CT-Angiographie
untersucht werden. Bei ambulanten Untersuchungen ist diesbezüglich eine im Vorfeld
durchgeführte Blutuntersuchung (Kreatinin,
TSH) erforderlich.
Schlussfolgerungen
Die CT-Koronarangiographie ist eine genaue, nichtinvasive Methode zur Diagnostik
von Koronararterienstenosen. Symptomatische
Patienten mit geringer bis mittlerer Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung und nicht eindeutigen
Ergebnissen von Belastungsuntersuchungen
profitieren am meisten von einer CT-Koronarangiographie. Wenn der CT-Befund pathologisch ist, also Koronarstenosen nachweisbar
sind, kann die notwendige Herzkatheteruntersuchung und Koronartherapie sofort durchgeführt werden.Trotz der Empfehlungen in
den oben genannten Leitlinien werden die
Kosten für die Untersuchung derzeit leider
noch nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Literatur
1. Lell M, Marwan M, Schepis T, Pflederer T, Anders K,
Flohr T, Allmendinger T, Kalender W, Ertel D, Thierfelder C, Kuettner A, Ropers D, Daniel WG, Achenbach S.
Prospectively ECG-triggered high-pitch spiral acquisition for coronary CT angiography using dual source
CT: technique and initial experience. Eur Radiol.
2009;19:2576-2583.
2. Hausleiter J, Meyer T, Hermann F, Hadamitzky M,
Krebs M, Gerber TC, McCollough C, Martinoff S,
Kastrati A, Schomig A, Achenbach S. Estimated radiation dose associated with cardiac CT angiography.
JAMA. 2009;301:500-507.
3. Hendel RC, Patel MR, Kramer CM, Poon M, Hendel RC,
Carr JC, Gerstad NA, Gillam LD, Hodgson JM, Kim RJ,
Kramer CM, Lesser JR, Martin ET, Messer JV, Redberg
RF, Rubin GD, Rumsfeld JS, Taylor AJ, Weigold WG,
Woodard PK, Brindis RG, Hendel RC, Douglas PS,
Peterson ED, Wolk MJ, Allen JM, Patel MR.
ACCF/ACR/SCCT/SCMR/ASNC/NASCI/SCAI/SIR
2006
appropriateness criteria for cardiac computed tomography and cardiac magnetic resonance imaging: a
report of the American College of Cardiology
Foundation Quality Strategic Directions Committee
Appropriateness Criteria Working Group, American
College of Radiology, Society of Cardiovascular
Computed Tomography, Society for Cardiovascular
Magnetic Resonance, American Society of Nuclear
Cardiology, North American Society for Cardiac
Imaging, Society for Cardiovascular Angiography
and Interventions, and Society of Interventional
Radiology. J Am Coll Cardiol. 2006;48:1475-1497.
31
NEUER HOCHLEISTUNGS-COMPUTERTOMOGRAPH IM HERZZENTRUM
4. Fox K, Garcia MA, Ardissino D, Buszman P, Camici PG,
Crea F, Daly C, De Backer G, Hjemdahl P, Lopez-Sendon J, Marco J, Morais J, Pepper J, Sechtem U,
Simoons M, Thygesen K, Priori SG, Blanc JJ, Budaj A,
Camm J, Dean V, Deckers J, Dickstein K, Lekakis J,
McGregor K, Metra M, Morais J, Osterspey A,
Tamargo J, Zamorano JL. Guidelines on the management of stable angina pectoris: executive summary:
The Task Force on the Management of Stable Angina
Pectoris of the European Society of Cardiology. Eur
Heart J. 2006;27:1341-1381.
5. Bluemke DA, Achenbach S, Budoff M, Gerber TC,
Gersh B, Hillis LD, Hundley WG, Manning WJ, Printz
BF, Stuber M, Woodard PK. Noninvasive coronary
artery imaging: magnetic resonance angiography and
multidetector computed tomography angiography:
a scientific statement from the american heart
association committee on cardiovascular imaging and
intervention of the council on cardiovascular radiology and intervention, and the councils on clinical
cardiology and cardiovascular disease in the young.
Circulation. 2008;118:586-606.
7. Mowatt G, Cook JA, Hillis GS, Walker S, Fraser C, Jia X,
Waugh N. 64-Slice computed tomography angiography in the diagnosis and assessment of coronary
artery disease: systematic review and meta-analysis.
Heart. 2008;94:1386-1393.
8. Achenbach S, Ropers U, Kuettner A, Anders K, Pflederer T, Komatsu S, Bautz W, Daniel WG, Ropers D.
Randomized comparison of 64-slice single- and dualsource computed tomography coronary angiography
for the detection of coronary artery disease. JACC
Cardiovasc Imaging. 2008;1:177-186.
Priv.-Doz. Dr. med. Carsten Zobel
Dr. med. Henning Bovenschulte
Facharzt für Innere Medizin – Kardiologie –
Internistische Intensivmedizin
Facharzt für Radiologie
Klinik III für Innere Medizin
Institut und Poliklinik für
Radiologische Diagnostik
Herzzentrum des
Universitätsklinikums Köln (AöR)
Radiologie-Zentrum Köln GmbH
Kerpenerstr. 62
50937 Köln
Tel.: 47 83 24 01
Fax: 47 83 24 00
Kerpener Str. 62
D-50937 Koeln
Email: [email protected]
www.uniklinik-herzzentrum.de/kardiologie
32
6. Gopalakrishnan P, Wilson GT, Tak T. Accuracy of multislice computed tomography coronary angiography:
a pooled estimate. Cardiol Rev. 2008;16:189-196.
Universitätsklinikum Koeln
Email: [email protected]
ANZEIGE
Koronare In-Stent-Restenose:
Alternative zum Stent-in-Stent-Ansatz
Drug-Eluting-Stents gelten derzeit als bestmögliche
Option in der Therapie der In-Stent-Restenose, sind
aber mit einigen Nachteilen behaftet. Eine mögliche
Alternative stellt die Angioplastie mit einem beschichteten Ballonkatheter dar. Die PEPCAD-II-Studie ergänzt
die vorhandene Evidenz, die eine mindestens ebenbürtige Wirksamkeit und Verträglichkeit der Ballonintervention demonstriert.
Vergleich mit dem Therapiestandard
In diesen ersten klinischen Studien wurden Paclitaxelbeschichtete Ballons nur mit unbeschichteten Ballons
und nicht mit DES verglichen. Dies lag darin begründet,
dass DES entweder zum Zeitpunkt des Studienstarts
noch nicht für die Therapie der In-Stent-Restenose
zugelassen waren oder dass sie in den peripheren
Arterien keine Wirksamkeit zeigten.
Heute gelten DES als Therapiestandard der In-StentRestenose. Der Vergleich eines medikamentenbeschichteten Ballons mit einem zugelassenen und anerkannten
DES bildet daher die Grundlage für die Beurteilung des
potenziellen Benefits dieser Therapieoption.
Das
Ziel der randomisierten, nicht geblindeten
PEPCAD(Paclitaxel-Eluting PTCA-Balloon Catheter in
Coronary Artery Disease)-II-Studie war der Vergleich des
SeQuent®-Please-Ballonkatheters, eines Paclitaxelbeschichteten Ballonkatheters der zweiten Generation,
mit dem Paclitaxel-Eluting Taxus®-LibertéTM-Stent im
Rahmen der Therapie der koronaren In-Stent-Restenose.
Die Untersuchung wurde an zehn deutschen kardiologischen Abteilungen durchgeführt.
Später Lumenverlust als primärer
Endpunkt
An der Studie nahmen 131 Patienten teil, von denen
65 dem Stentarm und 66 dem Ballonarm zugeordnet
wurden. Die meisten Teilnehmer wiesen eine Mehrgefäßerkrankung auf; die In-Stent-Restenosen zeigten
überwiegend ein diffuses Muster. Während die Patienten in der Kontrollgruppe mit dem Paclitaxel-beschichteten DES behandelt wurden, erfolgte im experimentellen Kollektiv eine Intervention mit einem Ballonkatheter,
der mit Paclitaxel 3µ g/mm2 beschichtet war. Es wurden
Stents und Ballons von ähnlicher Länge und ähnlichem
Durchmesser verwendet, da sich die Läsionen in beiden
Gruppen diesbezüglich glichen. Im Rahmen einer einzelnen Balloninflation betrug die Freisetzung des Wirkstoffs über 90%.
Zusätzlich erhielten alle Teilnehmer eine Dauertherapie
mit Aspirin 100mg/d. Clopidogrel 75mg/d wurde im
Anschluss an die Ballonangioplastie für drei Monate
und nach der DES-Implantation für sechs Monate verabreicht. Das Protokoll sah eine Nachbeobachtung über
zwölf Monate vor.
Angiographische Kontrollen erfolgten vor und nach
allen Interventionen sowie nach sechs Monaten. Die
quantitative Beurteilung der Aufnahmen wurde durch
ein unabhängiges Labor vorgenommen. Eine Restenose
war als Reduktion des Lumendurchmessers von 50%
oder mehr definiert.
Als primärer Endpunkt galt der späte Lumenverlust. Zu
den sekundären Endpunkten zählten die Restenoserate
und die Rate kombinierter klinischer Endpunkte über
zwölf Monate einschließlich Stentthrombosen, Revaskularisationen von Zielläsionen, Myokardinfarkt und
Tod. Alle Endpunkte und Nebenwirkungen wurden von
einem unabhängigen Komitee beurteilt.
Reduktion der Restenoserate
Die Überbrückung der Läsion war bei allen Patienten
im Ballonkatheter-Arm erfolgreich, während sie in der
Stent-Gruppe trotz Prädilatation bei fünf Patienten
nicht gelang. Vier von diesen Teilnehmern erhielten in
der Folge eine Intervention mit dem beschichteten Ballon,
und bei einem Patienten wurde ein konventioneller
Ballonkatheter appliziert. Bei 89% der Patienten wurde
nach einem halben Jahr eine Follow-up-Angiographie
durchgeführt. Drei verstarben vorher, und zwölf lehnten
die Untersuchung aufgrund fehlender Symptome ab.
Der mittlere späte Lumenverlust im Segment lag in der
Ballongruppe bei 0,17±0,42mm und in der DES-Gruppe
bei 0,38±0,61mm (p=0,03). Dementsprechend war die
Restenoserate im Ballonarm mit 7% geringer als im mit
DES behandelten Kollektiv (20%; p=0,06).
Am klinischen Follow-up nach sechs Monaten nahmen
alle Patienten teil. Zwischenzeitlich hatte in der DESGruppe ein Myokardinfarkt infolge einer Okklusion
eines seitlichen Astes stattgefunden. Ein Patient in der
Ballongruppe und drei in der DES-Gruppe waren aufgrund nichtkardialer Ursachen verstorben. Bei einem
Patienten im Ballonkollektiv, der aufgrund eines Nierenversagens im Zusammenhang mit einer chronischen
Herzinsuffizienz gestorben war, fanden sich keine
Hinweise auf eine akute myokardiale Ischämie.
Vorteil trotz kürzerer Begleittherapie
Der Unterschied in den Ereignisraten zugunsten der
Ballonangioplastie (9% vs. 22%, p=0,08) basierte in
erster Linie auf der Häufigkeit der Revaskularisationen
von Zielläsionen. Vier Patienten in der Ballongruppe
(6%) und zehn in der DES-Gruppe (15%) mussten in den
ersten sechs Monaten oder während der Follow-upAngiographie einer neuerlichen Revaskularisation
unterzogen werden (p=0,15). Im Zeitraum zwischen
sechs und zwölf Monaten wurden im DES-Kollektiv
zwei dritte Revaskularisationen notwendig. Im Ballonarm erhielten dagegen zwei Patienten eine PCI in
einem Non-Target-Gefäß. Unter der Ballonintervention
ergab sich im Hinblick auf das ereignisfreie Überleben
ein statistischer Vorteil.
Bei 41 Patienten wurden insgesamt 58 schwere Nebenwirkungen verzeichnet. 33 traten bei 22 der mit DES
behandelten Patienten auf und 25 bei 19 Teilnehmern
im Ballonkollektiv. Nach sechs Monaten nahmen in beiden Armen 98,5% der Patienten Aspirin ein, nach zwölf
Monaten 86,4% (Ballongruppe) bzw. 89,2% (Stentgruppe).
Clopidogrel fand nach sechs Monaten bei 28,8% der
Patienten im Ballonkollektiv und bei 64,6% im DES-Arm
Verwendung.
In ihrer Diskussion weisen die Autoren auf den Vorteil
durch die Ballonintervention hin, der manifest wurde,
obwohl die Dauer der kombinierten Thrombozytenhemmertherapie in dieser Gruppe geringer war. Insgesamt bestätigt die vorliegende Studie die Ergebnisse
von PACCOCATH ISR I und II.
DER TRANSAPIKALE AORTENKLAPPENERSATZ
Der transapikale Aortenklappenersatz
Therapie der Wahl bei der kardialen
Reoperation?
– PD Dr. med. Justus Strauch
Die Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie des
Herzzentrums der Uniklinik Köln führt seit dem
Jahre 2008 den Ersatz einer hochgradig verengten – stenosierten – Aortenklappe auch mittels
neuartiger Kathetertechnik minimal-invasiv
unter Verzicht des Einsatzes der Herz-Lungenmaschine durch. Dieses sogenannte transapikale Vorgehen, heute international TAVI
genannte Verfahren, ist besonders geeignet für
ältere teils hochbetagte Patienten mit oftmals
nebenbefundlich
existenten
zahlreichen
Begleiterkrankungen, die einen Einsatz der
Herz-Lungenmaschine erfahrungsgemäß nur
mit deutlich erhöhtem Risiko tolerieren.
Bei dem neuartigen Verfahren ist es möglich,
die biologische – aus Rinderperikard bestehende – Aortenklappenprothese zu implantieren, ohne das man das Herz für diese Maßnahme stilllegen muss bzw. die menschliche
Hauptschlagader eröffnen muss. Die alte Herzklappe wird dabei nicht wie üblich entfernt,
sondern von einer zusammenfaltbaren Klappe,
die über einen Katheter durch die Herzspitze
eingeführt wird, überdeckt. Im engeren Sinne
werden alle Verkalkungen sowohl der Klappentaschen als auch des Klappenringes in die Wand
der Aortenwurzel gedrückt.
Bei dieser Art der Kalk-Überdeckung, eine so
genannte „Überstentung”, wird die alte Herzklappe mit einem Ballon an die Seite gedrückt
und die neue, dann entfaltete Klappe spannt
sich im Bereich der alten Klappe auf. Die
Klappe ist in einem Metallgeflecht verankert,
welches sich im Bereich der alten Klappe bzw.
direkt in der Aortenwand verhakt und auf
diese Art einen stabilen Sitz erzielt.
Die gesamte Operation wird am schlagenden
Herzen des Patienten vorgenommen, die Leistung des Herzens nur für einen kurzen Augenblick von wenigen Sekunden reduziert um
einen korrekte Positionierung zu erzielen. Eine
vollständige Eröffnung des Brustkorbes ist
nicht mehr notwendig, das Einbringen des
Katheters erfolgt über einen kleinen, nur 5-7 cm
messenden Schnitt am seitlichen Brustkorb
unterhalb der linken Brust mit direkter Punktion der Herzspitze. Die Spitze des Herzens ist
an dieser Stelle sehr leicht zugänglich.
Die Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie des
Herzzentrums der Uniklinik Köln hat sich im
Rahmen dieses transapikalen Aortenklappenersatzes als eines der ersten Zentren in Deutschland in besonderem Maße mit der TAVI-Methodik als Alternative bei Patienten befasst, die
schon einmal am Herzen operiert wurden und
bei denen man eine Wiedereröffnung des
Brustkorbes über das Brustbein vermeiden will.
35
DER TRANSAPIKALE AORTENKLAPPENERSATZ
So besitzt die Klinik umfangreiche Erfahrungen
bei der Behandlung von Patienten, die sich in
der Vergangenheit beispielsweise einer aortokoronaren Bypassoperation, einem konventionellen Ersatz der Mitralklappe oder aber auch
einem Ersatz der Aortenklappen mittels Bioprothese unterziehen mussten. Die Kölner Klinik
war es auch, die im letzten Jahr erstmals weltweit erfolgreich eine transapikale Aortenklappenprothese bei einer Patientin implantierte,
die sich 12 Jahre zuvor einem mechanischen
Mitralklappenersatz unterzogen hatte und aufgrund der Risikokonstellation als konventionell
inoperabel galt.
Gerade bei den oben genannten Patienten, so
wissen wir heute, stellt die kardiale Reoperation, die Wiedereröffnung des Brustkorbes
über das bereits zuvor eröffnete Brustbein aufgrund ausgedehnter Vernarbungen bei den
teils hochbetagten Patienten ein deutliches
Risiko dar. Der gesamte, schonende Eingriff
über den transapikalen Ansatz in einem sog.
Hybrid-Operationssaal, einer Mischung aus
Operationssaal und Herzkatheterlabor, mit der
Möglichkeit einer Röntgendurchleuchtung und
einer Ösophagusechokardiographie dauert nur
rund 90 Minuten und ist auch für bereits am
Herzen operierte Menschen nur wenig belastend.
21 Patienten ReOP seit März 2008 von insg. 56 Patienten
Mittleres Patientenalter 82,4 ± 3,8
Log. EUROscore 38 ± 10 %
Mittlere Intensivverweildauer 3,8 ± 2,2 Tage
Mittlere Hospitalverweildauer 12,8 ± 5,2 Tage
30 Tage Mortalität n=1 (n=1/21) (5%)
Permanentes Neurologisches Defizit n=0 (n=0/21) (0%)
Postoperative Schrittmacherpflichtigkeit n=2 (n=2/21) (10%)
Tabelle 1:
Kölner Ergebnisse für TAVI
als kardiale Reoperationsmethode
Welcher Patient kommt in Frage, auf wen ist die neue Methode zugeschnitten?
• Patienten mit deutlich fortgeschrittenem Patientenalter (derzeit 80 J. und älter)
• Patienten mit kardialer Voroperation (Z.n. mech.MKE stellt keine Kontraindikation dar)
• Patienten mit deutlich erhöhtem EURO Score (numeric >8, logistic >18%)
• Patienten mit Kontraindikationen für die Verwendung der Herz-Lungenmaschine
Welche Untersuchungen sind im Vorfeld eines transapikalen
Aortenklappenersatzes erforderlich?
• Links-Herzkatheteruntersuchung
• Transthorakale Echokardiographie, TEE im Herzzentrum
(ggfs. Becken-Bein Angiographie)
Programmleiter der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie
Priv.-Doz. Dr. Justus Strauch
Tel. 0221 478 32406, Fax 0221 478 32509
[email protected]
Tabelle 2:
Voraussetzungen
36
ALTERNATIVEN ZUR THERAPIE DES VORHOFFLIMMERNS MIT VITAMIN K-ANTAGONISTEN
Alternativen zur Therapie des
Vorhofflimmerns mit
Vitamin K-Antagonisten
Fig. 1 Auftreten von Schlaganfällen oder
peripheren Embolien
– Erland Erdmann
Patienten mit Vorhofflimmern und einem
CHADS2-Score >2 benötigen eine Antikoagulation, weil sie sonst ein hohes Risiko für
Thromboembolien bzw. einen Schlaganfall
haben. Etwa 10% der Menschen über 75 Jahre
leiden an Vorhofflimmern. Viele davon haben
eine kardiale Vorerkrankung, eine Hypertonie,
einen Diabetes oder bereits einen Schlaganfall
durchgemacht. Bislang gab es lediglich Vitamin
K-Antagonisten zur oralen Dauertherapie für
die Verhütung von Thromboembolien bei diesen Risikopatienten. Die Behandlung mit Vitamin K-Antagonisten (Marcumar®) ist schwierig
und aufwendig. Häufige Blutabnahmen zur
Bestimmung des INR sind notwendig, Patienten
nehmen ihre Medikamente oft nicht den Vorschriften entsprechend, deshalb gibt es sowohl
zu niedrige als auch zu hohe INR-Werte mit der
Folge fehlender Protektion bzw. der Gefahr
von ernsthaften Blutungen. Kürzlich wurde
nun an über 18.000 Patienten mit Vorhofflimmern kontrolliert prospektiv und verblindet die
Wirksamkeit eines Faktor Xa-Inhibitors (Dabigatran, 2 x 110 bzw. 2 x 150 mg p.o.) gegen
einen Vitamin K-Antagonisten (Warfarin)
untersucht (1). In allen Aspekten, Thromboembolieprotektion, Blutungskomplikationen oder
Überleben war Dabigatran dem Warfarin
entweder gleichwertig oder sogar überlegen
(s. Abb. 1+2).
Ich vermute, dass wir demnächst Patienten statt
mit Marcumar mit Dabigatran (Pradaxa®)
behandeln werden, da es nicht nur besser
sondern auch einfacher in der Handhabung ist.
Noch ist es für diese Indikation nicht zugelassen,
das dürfte aber bald der Fall sein.
Andere Faktor Xa-Inhibitoren, wie das Rivaroxaban (Xarelto®) werden im Augenblick
ebenfalls bei Patienten mit Vorhofflimmern
getestet. Bei orthopädischen Operationen
haben sie sich in Hinsicht auf TVT und Lungenembolien schon als dem Heparin überlegen
gezeigt. Aus meiner Sicht wäre es erfreulich,
wenn wir demnächst die lästigen Blutabnahmen und ständigen INR-Messungen nicht mehr
bräuchten.
Literatur:
1. Conolly et al., Dabigatran versus warfarin in patients
with atrial fibrillation. NEJM 361 (2009) 1139-1151
Prof. Dr. Erland Erdmann,
Tel.022147832511,
Fax 022147832512,
e-mail [email protected]
37
CHRONISCH THROMBOEMBOLISCHE PULMONALE HYPERTONIE (CTEPH)
Chronisch thromboembolische
pulmonale Hypertonie (CTEPH):
Welchen Stellenwert haben heute die
Perfusions- (Q) und Ventilations- (V)
Szintigraphie ?
– Matthias Schmidt
– Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin
– Universitätsklinikum Köln
Die Abklärung der pulmonalen Hypertonie
erfordert die Beantwortung der Frage, ob
chronisch-rezidivierende Embolien als eine
behandelbare Ursache der pulmonalen Hypertonie vorliegen. Ein hierzu geeignetes
Verfahren, das in der aktuellen Leitlinie zur
pulmonalen Hypertonie (Galiè et al. 2009)
einen zentralen diagnostischen Platz einnimmt, ist die Lungenperfusionsszintigraphie
zum Nachweis von Perfusionsdefekten. Die
Kombination mit der Lungenventilationsszintigraphie erlaubt die Abgrenzung zu Differentialdiagnosen und hier insbesondere der COPD.
Beurteilungskriterium für das Vorliegen einer
Lungenembolie ist der Mismatch, d. h. der
Perfusionsdefekt bei erhaltener Ventilation,
wohingegen bei COPD ein Match-Befund zu
sehen ist, d.h. die durch den Euler-LiljestrandMechanismus konsekutiv verminderte Perfusion in Lungenabschnitten mit gestörter Ventilation.
Die kombinierte Lungenventilations- und Lungenperfusionsszintigraphie zum Nachweis
einer Lungenembolie kann von der Methode
her nicht zwischen akuter und chronischer
Lungenembolie unterscheiden. Diese Interpretation ergibt sich aus der Anamnese und der
Patientenselektion.
Es ist aus heutiger Perspektive keine Selbstverständlichkeit, dass der kombinierten Lungenventilations- und Lungenperfusionsszintigraphie zum Lungenembolienachweis wieder eine
größere Bedeutung zukommt als noch vor
Jahren (Bajc et al. 2009, Freeman et al. 2008,
Miniati et al. 2008). Die Ursache für den
Ansehensverlust kommt aus den USA und hat
einen Namen: PIOPED (The PIOPED Investigators: Prospective Investigation of Pulmonary
Embolism Diagnosis), eine Studie, die 1990
autorenlos in einer renommierten Zeitschrift
publiziert wurde. Es wurden hier zahlreiche
methodische Fehler gemacht, u. a. das Erheben
der Blattfilmangiographie zum Goldstandard
der LE-Diagnostik. In der Studie wurden
lediglich planare szintigraphische Bilder in der
Diagnostik herangezogen und die Ventilation
erfolgte mit dem radioaktiven Edelgas Xe-133
in meist nur einer einzigen Ansicht (SingleProjection / Single-Breath). Die Ergebnisse
wurden nach probabilistischen Kriterien beurteilt, d. h. es wurde eine Wahrscheinlichkeit
für das Vorliegen einer Lungenembolie angegeben. Eine Befundung nach PIOPED-Kriterien
ist aus heutiger Sicht abzulehnen.
Prof. Dr. med.
Matthias Schmidt
Arzt für Nuklearmedizin,
Oberarzt, FEBNM
Klinik und Poliklinik für
Nuklearmedizin,
Universitätsklinikum Köln /
Department of Nuclear
Medicine, University
Hospital of Cologne
Kerpener Str. 62 · 50937 Köln / Cologne – GERMANY –
Tel.: +49 - 221 - 478 - 4052 · FAX: +49 - 221 - 478 - 6777
E-Mail: [email protected]
Erst zehn Jahre nach der PIOPED-Studie wurde
im Tierversuch mit artifiziellen Embolie die
Sensitivität der Methoden überprüft und hier
schnitt die nuklearmedizinische Diagnostik mit
hoher Sensitivität und Spezifität ab.
Verbesserungen in der nuklearmedizinischen
Diagnostik aus heutiger Sicht resultieren
sowohl aus besseren Radiopharmaka als auch
verbesserter Aufnahmetechnik. Radioaktive
Edelgase wurden verlassen, da mit Technegas
(Tc-99m-markierte Kohlepartikel im Argongas)
heutzutage eine überlegene Bildqualität bei
der Lungenventilationsszintigraphie erzielt
werden kann. Für die Lungenperfusionsszintigraphie wird Tc-99m-markiertes makroaggregiertes Albumin (Tc-99m-MAA) verwendet.
Standard in der Aufnahmetechnik ist heute
SPECT (Single-Photonen-Emissions-Computertomographie als Schnittbilddarstellung der
Aktivitätsverteilung), weil hierdurch ein deutlicher diagnostischer Zugewinn gegenüber
der lediglich planaren Aufnahmetechnik zu
erzielen ist (Roach et al. 2008).
Der Endbefund ergibt sich aus der kombinierten Beurteilung von Ventilation und Perfusion.
Ein Mismatch als Perfusionsdefekt mit an
gleicher Stelle erhaltener Ventilation ist als
Lungenembolie zu werten, wobei nach den
Howarth-Kriterien ein halbes Segment ausreicht (Howarth et al. 2006). Hierbei wurde eine
Sensitivität von 98%, eine Spezifität von 96%
und eine diagnostische Genauigkeit von 96,8%
beschrieben. Eine Unterscheidung zwischen
akuter und chronischer Embolie ist mit der V/QSPECT nicht möglich, eine Unterlegenheit
gegenüber der Computertomographie im
Hinblick auf die diagnostische Genauigkeit
besteht aber nicht.
Der Vergleich V/Q-SPECT versus Computertomographie lässt jedoch folgende Aussage zu:
Die Computertomographie ist besonders geeignet, eine zentrale Lungenembolie nachzuweisen und ein teilokkludierender zentraler Embo-
39
CHRONISCH THROMBOEMBOLISCHE PULMONALE HYPERTONIE (CTEPH)
lus kann dem Nachweis mit der V/Q-SPECT
entgehen, weil das Tc-99m-MAA an diesem vorbeifließt. Die V/Q-SPECT weist demgegenüber
vor allem periphere Lungenembolien nach, so
dass die Sensitivitäten von V/Q-SPECT und
Computertomographie gegenläufig sind: eine
LE des Truncus pulmonalis oder einer Pulmonalarterie wird besser mit der Computertomographie, eine LE auf Segment- oder Subsegmentebene besser mit der V/Q-SPECT nachgewiesen.
Dies erklärt auch, weshalb die Lungenperfusionsszintigraphie in den aktuellen Leitlinien
zur pulmonalen Hypertonie einen zentralen
diagnostischen Platz in der Diagnostik der
CTEPH einnimmt (Galiè et al. 2009). Die bei der
CTEPH chronisch-rezidivierend auftretenden
kleinen Lungenembolien sind besonders gut
mit der V/Q-SPECT nachzuweisen. Tunariu et al.
aus dem Hammersmith Hospital in London
verglichen bei 227 Patienten mit pulmonaler
Hypertonie den diagnostischen Wert der
Lungenventilations- und Lungenperfusionsszintigraphie mit der Computertomographie.
78 Patienten hatten im Verlauf die Diagnose
einer CTEPH und 149 Patienten eine andere
Ursache der pulmonalen Hypertonie. Die Sensitivität der V/Q-Szintigraphie betrug 96% und
die Spezifität 95%, demgegenüber lag die
Sensitivität der Computertomographie bei 51%
und die Spezifität bei 99%. Die diagnostische
Genauigkeit der V/Q-Szintigraphie betrug 95%
und die der Computertomographie 83%, so
dass die Autoren schlussfolgerten, dass die V/QSzintigraphie sensitiver als Multidetektor-CT
zum Nachweis einer CTEPH ist. Auch das
Befundmuster ist bei der V/Q-Szintigraphie von
Bedeutung. Während bei der CTEPH der Mismatch zwischen erhaltener Ventilation und
gestörter Perfusion vorliegt, zeigt sich bei der
primären pulmonalen Hypertonie eine eher
fleckig ungleichmäßige, nicht segmental zuzuordnende Perfusionsstörung (Lisbona et al. 1985).
Auch bei der Strahlenexposition schneidet die
V/Q-SPECT im Vergleich mit der Computertomographie nicht schlecht ab, da die Lungenventilationsszintigraphie mit ca. 0,3 mSv und
die Lungenperfusionszintigraphie mit ca. 2,2
mSv (Jährliche natürliche Strahlenexposition ca.
2,4 mSv) zu den nuklearmedizinischen Unter-
suchungen mit niedriger Strahlenexposition
zählen und auch die Mammadosis mit 0,8 mSv
mindestens um den Faktor 10 unter dem Wert
der Computertomographie liegt.
Literatur:
Bajc M, Neilly JB, Miniati M, Schuemichen C, Meignan M,
Jonson B; EANM Committee. EANM guidelines for ventilation/perfusion scintigraphy : Part 1. Pulmonary imaging
with ventilation/perfusion single photon emission tomography. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2009; 36: 1356 - 70.
Bajc M, Neilly JB, Miniati M, Schuemichen C, Meignan M,
Jonson B. EANM guidelines for ventilation/perfusion
scintigraphy : Part 2. Algorithms and clinical considerations for diagnosis of pulmonary emboli with V/P(SPECT)
and MDCT. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2009; 36: 1528 - 38
Freeman LM, Stein EG, Sprayregen S, Chamarthy M,
Haramati LB. The current and continuing important role
of ventilation-perfusion scintigraphy in evaluating
patients with suspected pulmonary embolism. Semin
Nucl Med 2008; 38: 432 - 40.
Galiè N, Hoeper MM, Humbert M, et al. Guidelines for
the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension:
The Task Force for the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Respiratory Society (ERS),
endorsed by the International Society of Heart and Lung
Transplantation (ISHLT). Eur Heart J 2009 Aug 27. [Epub
ahead of print]
Howarth DM, Booker JA, Voutris DD. Diagnosis of pulmonary embolus using ventilation/perfusion lung scintigraphy: more than 0.5 segment of ventilation/perfusion
mismatch is sufficient. Int Med J 2006; 36: 281 - 288
Lisbona R, Kreisman H, Novales-Diaz J, Derbekyan V. Perfusion lung scanning: differentiation of primary from
thromboembolic pulmonary hypertension. AJR Am J
Roentgenol 1985; 144: 27 - 30
Miniati M, Sostman HD, Gottschalk A, Monti S, Pistolesi
M. Perfusion lung scintigraphy for the diagnosis of pulmonary embolism: a reappraisal and review of the Prospective Investigative Study of Acute Pulmonary Embolism
Diagnosis methods. Semin Nucl Med 2008; 38: 450 - 61.
[No authors listed - The PIOPED Investigators] Value of
the ventilation/perfusion scan in acute pulmonary embolism. Results of the prospective investigation of pulmonary embolism diagnosis (PIOPED). The PIOPED Investigators. JAMA 1990; 263 : 2753 - 9
Roach PJ, Bailey DL, Harris BE. Enhancing lung scintigraphy with single-photon emission computed tomography.
Semin Nucl Med 2008; 38: 441 - 9.
Tunariu N, Gibbs SJ, Win Z, Gin-Sing W, Graham A, Gishen
P, Al-Nahhas A. Ventilation-perfusion scintigraphy is
more sensitive than multidetector CTPA in detecting
chronic thromboembolic pulmonary disease as a treatable cause of pulmonary hypertension. J Nucl Med 2007;
48: 680 - 4
Perfusions-SPECT in 3D-Rekonstruktion (RVL), Links: Normalbefund – Rechts: Lungenembolie
41
HERZCHIRURGISCHE INTENSIVMEDIZIN AM HERZZENTRUM KÖLN
Herzchirurgische Intensivmedizin
am Herzzentrum Köln
Ein Überblick über Struktur und
Ablaufprozesse
oder:
Warum heute auch hochbetagte
Patienten einer Herzoperation
unterzogen werden können !
– FOA Dr. Georg Langebartels
Die Intensivstation im Herzzentrum verfügt
über 24 Beatmungsbetten, hiervon werden 18
Betten chirurgisch geführt. Über diese Zahl
hinaus können bei Bedarf auch Betten der
kardiologischen Kooperationspartner belegt
werden. Die Patienten werden in Doppelzimmern versorgt und betreut. Zusätzlich besteht
die Möglichkeit in 4 Einzelzimmern Patienten
mit speziellen Krankheitsbildern zu behandeln.
Insgesamt sind etwa 90 Schwestern und Pfleger
und 11 Ärztinnen und Ärzte verschiedener
Fachdisziplinen rund um die Uhr für die Versorgung der Hoch-Risiko-Patienten verantwortlich.
unmittelbar vor der Operation wird von uns
übernommen.
Die Betreuung kardiochirurgischer Intensivpatienten erfordert ein hohes Maß an Erfahrung
und ein ausgeprägtes Verständnis für die
hämodynamischen Zusammenhänge. In Abhängigkeit vom kardialen Krankheitsbild sind
wechselnde hämodynamische Besonderheiten
zu berücksichtigen und auf die postoperative
Akutphase des Patienten anzuwenden.
Als herzchirurgisches Ausbildungszentrum für
transthorakale und transösophageale Echokardiographie, wird diese umfassend und in großer Zahl bei unseren Patienten eingesetzt.
Beatmung
Für unsere Patienten stehen 24 Beatmungsgeräte zur invasiven und nichtinvasiven Beatmung zur Verfügung, welche indikationsbezogen mit Masken und Beatmungshelmen durchgeführt wird (siehe Abb).
Die herzchirurgische Intensivtherapie dient
dem Zweck, die operativen Therapiemaßnahmen erfolgreich weiter zu führen und den
Patienten in den nächsten Stunden zu stabilisieren. Die Wiederherstellung und Sicherung
der lebenswichtigen Organsysteme ist hier von
oberster Priorität. Auch die Behandlung von
instabilen kardial dekompensierten Patienten
43
PRESSEINFORMATION
HERZCHIRURGISCHE INTENSIVMEDIZIN AM HERZZENTRUM KÖLN
Behandelt werden alle Formen der respiratorischen Insuffizienz inclusive spezieller Beatmungsstrategien zur Therapie des ARDS, bzw.
Entwöhnungsbehandlung von langzeitbeatmeten Patienten unter Verwendung spezieller
Weaningprotokolle.
Behandlung im Rotationsbett bei ARDS
Hämodynamisches Monitoring
Organersatzverfahren
Unser intensivmedizinisches Monitoring umfasst neben der Messung der gängigen nicht
invasiven und invasiven Drücke im großen und
kleinen Kreislauf, ein erweitertes aufwendiges
Monitoring. Zur Anwendung gelangen neben
der Messung der üblichen hämodynamischen
Parameter insbesondere folgende Messverfahren: diskontinuierliche und kontinuierliche
HZV Messung mittels Swan-Ganz- Katheter,
Vigilance II®; Vigileo®, PICCO®.
Es wird das komplette Spektrum intensivmedizinischer Behandlungsverfahren und Organersatzverfahren, von der Dialyse bis zum Kunstherzeinsatz, angeboten.
Ein Schwerpunkt der kardiochirurgischen
intensivmedizinischen Behandlung ist die
Betreuung der Patienten mit uni- und biventrikulären Assist-Systemen und die Versorgung an
der extracorporaler Membranoxygenierung
(ECMO).
Dieses Verfahren kann Patienten nach herzchirurgischem Eingriff zur Rekompensation, aber
auch Patienten als Ultima ratio Therapie bei
kardiopulmonalem Versagen jeglicher Genese
angeboten werden.
Die Intensivstation ist Ausbildungszentrum für
die Zusatzbezeichnung Herzchirurgische Echokardiographie. Damit gehört die Durchführung
und Beurteilung des TEE zum Behandlungsstandard.
Komplettes Monitoring mit TEE, PAK-CCO bei ECMO und IABP Therapie
45
HERZCHIRURGISCHE INTENSIVMEDIZIN AM HERZZENTRUM KÖLN
steigern. Zusätzlich zur Versorgung von über
1200 intensivpflichtigen kardiochirurgischen
Patienten wurden 2008 über 400 TEE Untersuchungen, ca. 250 Bronchoskopien, und
weitere invasive Eingriffe wie Kardioversionen,
Punktionen und Drainagenanlagen durchgeführt.
Wir verfügen mittlerweile über eine Behandlungserfahrung von über 150 erfolgreich
durchgeführten
percutanen
Dilatationstracheotomien. Seit 2009 werden alle unsere
Daten zusätzlich im Patientendokumentationssystem QIMS verschlüsselt.
Qualitätssicherung
ECMO und Kühleinheit im Einsatz nach Reanimation
Unterstützend zur Therapie auf der Normalpflegestation werden Kardioversionen, transösophageale Echokardiographien, Punktionen
von Pleura und Perikard, Pleurodesen und
Schrittmacherkontrollen in großer Zahl durchgeführt.
Qualitätssicherung und
Leistungsstatistik
Zur Erfassung unserer Leistungszahlen greifen
wir auf das medizinische Controlling zurück.
Von hier werden wir mit relevanten Daten zu
den Fallzahlen und Behandlungsdaten versorgt.
Für unsere eigene Statistik, zur Erhebung
klinisch relevanter Daten und zur Erfassung von
kostenrelevanten Intensiv-Scoring-Systemen
(SAPS, TISS, SOFA) beschäftigen wir studentische Hilfskräfte als Eingabehilfen.
Behandlungszahlen 2008
Nach Eröffnung des Herzzentrums im November 2008 konnte die herzchirurgische
Intensivtherapie mittlerweile wieder ihre alte
Leistungsfähigkeit erreichen und diese weiter
Fallzahlen
46
Die intensivmedizinische Behandlung von
herzchirurgischen Patienten bewegt sich im
Spannungsfeld zwischen medizinischer Machbarkeit, dem wachsenden Behandlungsanspruch eines immer älter und komplexer
werdenden Patientenguts und der ethisch
moralischen Sinnhaftigkeit medizinischen
Handelns. Die Transparenz unseres ärztlichen
Handelns und der Dialog mit den Angehörigen
ist uns in diesem Zusammenhang ein großes
Anliegen.
Die Intensivmedizin im Allgemeinen ist mit
einer hohen Fehler- und Komplikationsrate
behaftet. Das Zusammenspiel von ärztlichem
und pflegenden Personal bedarf daher einer
engmaschigen Abstimmung und einer guten
und lückenlosen Kommunikation zwischen den
Beteiligten. Mehrere tägliche Visiten in verschiedener Teamgröße und Zusammensetzung,
eine permanente herzchirurgische Facharztund Oberarztpräsenz und die räumliche Nähe
zu unseren OP Sälen unterstützen unseren
hohen Anspruch an Qualität und tragen zu
einer Verbesserung unserer Qualität bei.
Regelmäßige Mortalitäts- und Morbiditätskonferenzen, sowie interne Fortbildung und
Schulung dienen der Verbesserung unserer
Ergebnisse.
Für unsere Patienten versuchen wir jeden Tag
ein bisschen besser zu werden.
HYPERSENSITIVITÄTS-MYOKARDITIS
Hypersensitivitäts-Myokarditis
– Tobias Plenge
Die nichtinfektiöse Myokarditis ist eine seltene,
jedoch oft letal verlaufende Herzmuskelentzündung unklarer Genese (2-4). Nach der
Pathogenese lassen sie die nichtinfektiösen
Myokarditiden weiter in die toxische Myokarditis und die Hypersensitivitätsmyokarditis
differenzieren.
Initial präsentiert sich die nichtinfektiöse
Myokarditis durch unspezifische Symptome wie
Fieber, Leistungsknick oder Dyspnoe. Im Verlauf manifestiert sich in bis zu 75 % der Fälle
eine rasch progrediente Herzinsuffizienz. In bis
zu 14 % treten ventrikuläre Tachykardien und
in bis zu 7 % ein akutes Koronarsyndrom oder
atrioventrikuläre Überleitungsstörungen auf.
Das histologische Korrelat der nichtinfektiösen
Mykarditis ist eine lymphozytär- monozytäre
Infiltration des Herzmuskelgewebes mit dem
Vorkommen von mehrkernigen Riesenzellen.
Die Diagnose lässt sich daher mit einer Sensitivität von bis zu 85% durch eine Mykardbiopsie
sichern.
Kardiotoxische Substanzen und physikalische
Noxen, wie z. B. Alkohol und Kokain führen zu
einer Schädigung des Myokards und reaktiv zu
einer toxischen Myokarditis. Je nach Dauer und
Intensität der Exposition führt die Noxe zu
einer reversiblen oder irreversiblen Schädigung
des Mayokards. Im Verlauf endet dies in
einer Myokardfibrose oder in einer dilatativen
Kardiomyopathie. Alkohol- und Drogenkonsum
spielen als Noxen durch ihre Häufigkeit eine
besondere Rolle. Im klinischen Alltag kommt
weiterhin der Myokardschädigung durch antineoplastische Wirkstoffe eine besondere
Bedeutung zu (1). Beide Erkrankungen werden
im Rahmen der spezifischen Kardiomyopathien
weiter untersucht und didaktisch aufgearbeitet.
Die Hypersensitivitätsmyokarditis ist histologisch durch eine interstitielle Infiltration des
Myokards mit Eosinophilen, Lymphozyten und
Histiozyten gekennzeichnet (Abb. 1). Eine Infiltration mit Riesenzellen ist hingegen selten zu
beobachten (7).
Ursachen für nichtinfektiöse Myokarditiden
sind systemische Erkrankung wie z. B. Sarkoidose, systemischer Lupus erythematodes,
Zöliakie oder chronisch- entzündliche Darmerkrankungen. Neben selteneren Ursachen wie
einer Thyreotoxikose oder einem Thymom, ist
die Hypersensitivität als Medikamentenreaktion eine klinisch relevante Ursache.
Zur Therapie der fulminanten, nichtinfektiösen
Myokarditiden werden Immunsuppressiva und
monoklonale T- Zellantikörper (OKT- 3 Antikörper) eingesetzt. Als ultima ratio kann eine
Herztransplantation erforderlich sein. In diesen
Fällen ist die Rezidivhäufigkeit von 25% nach
Herztransplantation zu beobachten (7).
Abbildung 1: Histologisches Präparat
einer Myokardbiopsie bei Hypersensitivitätsmyokarditis.
Tabelle 1: Auslöser nichtinfektiöser Myokarditiden
(aus Mewis et al.: Kardiologie compact, Thieme Verlag 2004)
47
HYPERSENSITIVITÄTS-MYOKARDITIS
Die Hypersensitivitätsmyokarditis ist im Gegensatz zu der toxischen Myokarditis dosisunabhängig. Nach Beendigung der auslösenden
Medikation ist sie reversibel, geht jedoch trotzdem mit einer hohen Mortalität einher. Unter
Anderem weil die Hypersensitivitätsmyokarditis
nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem
Beginn der auslösenden Therapie stehen muss,
sondern zu jedem Zeitpunkt der Therapie auftreten kann. Neben den schon erwähnten
Brustschmerzen und Tachykardien finden sich
häufig CRP- Erhöhungen (5).
Medikamente, die eine Assoziation mit dem
Auftreten einer Hypersensitivitätsmyokarditis
zeigen sind insbesondere Sulfonamide, Metyhldopa, Penicillin/Ampicillin, Hydrochlorothiazid,
Furosemid, Tetrazykline und Phenytoin (7). Eine
Übersicht zeigt Tabelle 1.
Ein junger Mann stellte sich kürzlich aufgrund
von rezidivierenden Tachykardien und Palpitationen sowie einem Leistungsknick in der
Notfallambulanz des Hauses vor. An Vorerkrankungen war ein Morbus Crohn und eine Akne
vulgaris bekannt. Beide Erkrankungen zeigten
zum Aufnahmezeitpunkt einen stabilen Verlauf. Die körperliche Untersuchung blieb abgesehen von einer Temperaturerhöhung (37,7°C)
ohne wegweisenden Befund. Das initiale
Elektrokardiogramm und eine Röntgenuntersuchung des Thorax zeigten sich ebenfalls
unauffällig. Die laborchemischen Untersuchungen zeigten eine mäßige CRP- Erhöhung
(21 mg/l) und ein NT- pro BNP von 125 ng/l.
In der Echokardiographie konnte eine gute
linksventrikuläre Pumpfunktion, normal dimensionierte Herzhöhlen und ein unauffälliger
Klappenstatus gezeigt werden.
In der Langzeit- EKG Aufzeichnung wurde
dann jedoch ein buntes Bild an Herzrhythmusstörungen nachgewiesen. Es traten Salven
ventrikulärer Extrasystolen, supraventrikuläre
Extrasystolen mit Couplets und Triplets und ein
intermittierender AV- Block II° Typ Mobitz auf
(Abb. 2).
Diese Befunde wurden im Zusammenhang mit
den initialen Symptomen als myokardiale
Beteiligung einer Inflammation gedeutet. Mit
Hilfe einer kardialen Magnetresonanztomographie sollte die Verdachtsdiagnose Myokarditis
bestätigt werden. Ödematöse Wandveränderungen und Zeichnugsvermehrungen als
Korrelat der Myokarditis im MRT wurden
jedoch ausgeschlossen (Abb. 3-6).
Bei dem Patienten war ein Morbus Crohn
bekannt. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen können sich neben den typischen
Manifestationen im Dünn- und Dickdarm auch
extraintestinal manifestieren. Eine kardiale
Beteiligung kann sich klinisch als nichtinfektiöse Myokarditis mit Tachykardien, atrioventrikulären Überleitungsstörungen und
akuten Koronarsyndromen manifestieren (8, 9).
Die Medikamentenanamnese ergab eine
Therapie des Morbus Crohn mit Mesalazin.
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
werden häufig mit lokal wirksamen nichtsteroidalen Antirheumatika wie Mesalazin
(5-Aminosalizylsäure) behandelt. Das Prodrug
Sulfasalazin wird im Darm durch die Azoreduktase zu 5-Aminosalizylsäure und Sulfapyridin
gespalten. Beide Substanzen zeigen u. a. einen
entzündungshemmenden Effekt. Isolierte 5Aminosalizylsäure, gekoppelt an Acrylharze
oder Cellulose, die die Freisetzung im Darm
und damit die sonst zu rasche Absorption verzögern, haben ein günstigeres Nebenwirkungsprofil. Dennoch sind beide Substanzen mit dem
Auftreten von Hypersensitivitätsreaktion wie
Pankreatitis, Pneumonitis oder Myokarditis
assoziiert. Die Hypersensitivitätsmyokarditis
durch Mesalazin ist eine unerwünschte Arzneimittelwirkung, die schon 1989 durch Agnholt
et al. (5) beschrieben wurde.
Eine weitere Vorerkrankung des Patienten war
eine Akne vulgaris, die mit Minocyclin, einem
Tetrazylin, behandelt wurde. Eine erst 2009
erschiene Arbeit von Kerry et al. (6) beschreibt
den Zusammenhang einer Minocyclintherapie
mit einer lymphozytären und eosinophilen
Myokarditis.
Nach initial symptomatischer Therapie mit
Bisoprolol führte ein Auslassversuch des
Mesalazins innerhalb weniger Tage zur Besserung der Beschwerden und zur Normalisierung
des Elektrokardiogramms. Dies bestätigte die
Verdachtsdiagnose Hypersensitivitätsmyokarditis unter Mesalazintherapie.
Abbildung 2: Auszug aus dem LZ- EKG
mit ventrikulären Salven
48
HYPERSENSITIVITÄTS-MYOKARDITIS
Literatur:
1: Erdmann: Klinische Kardiologie. 7. Auflage, Springer
Verlag 2009.
2: Cooper et al.: Idiopathic giant-cell myocarditis- natural history and treatment. N Engl J. Med 1997.
3: Menghini et al.: Combined immunosuppresession for
the treatment of idiopathic giant – cell myocarditis.
Mayo Clin Proc 1999.
4: Cooper et al.: Giant- cell myocarditis: diagnostic and
treatment. Herz 2000
5: Agnholt et al.: Cardiac hypersensitivity to 5-aminosalicylic acid. Lancet 1989.
6: Kerry et al.: Minocycline-induced drug reaction with
eosinophilia and systemic symptomS (DRESS) syndrome with persistent myocarditis. A Academy of
Dermatology 2009.
7: Mewis et al: Kardiologie compact. Thieme Verlag
2004.
8: Rellecke et al.: Chronic inflammatory bowel disease
and cardiovascular complications. Med Klin 2006.
9: Hyttinem et al.: Recurrent myopericarditis in association with Crohn´s disease. J Intern. Med 2003
Abbildung 3-6: Auschluss einer Myokarditis im MRT
49
ANZEIGE
Eplerenon (Inspra®) nach akutem Myokardinfarkt
Früher Therapiebeginn maximiert den Nutzen
Die Überlebenschancen von Myokardinfarktpatienten
mit Herzinsuffizienzzeichen sind umso besser, je
früher die Therapie mit dem selektiven AldosteronBlocker Eplerenon (Inspra®) begonnen wird. Dies hat
die EPHESUS-Studie klar gezeigt, in der die Patienten
ab dem dritten Postinfarkttag mit dem selektiven
Aldosteron-Blocker behandelt werden konnten.1
„Hätten wir die Studie mit unserem heutigen Wissen
geplant, hätten wir die Eplerenon-Therapie noch früher,
nämlich umgehend nach dem akuten Ereignis gestartet“,
betonte Professor Faiez Zannad, Nancy (Frankreich),
Chairman des Symposiums „Emerging Evidence in the
Management of Post-Myocardial Infarction Patients
with Heart Failure – Understanding the Effects of
Aldosterone Blockade“, das im Rahmen des Europäischen Kardiologenkongresses (ESC) stattfand.
Der Aldosteron-Spiegel direkt nach dem akuten Myokardinfarkt ist ein unabhängiger Prädiktor einer anhaltend
schlechten Prognose: Ein Großteil der Patienten stirbt
trotz erfolgreicher Revaskularisierung innerhalb weniger
Monate nach dem akuten Ereignis.2,3 Der Grund hierfür:
Aldosteron triggert das ischämiebedingte myokardiale
Remodelling. Die Folge ist eine linksventrikuläre Dilatation
mit Abnahme des Schlagvolumens bis hin zur klinischen
manifesten Herzinsuffizienz. „Je früher der AldosteronSpiegel gesenkt wird, desto besser stehen die Chancen,
dass dieser fatale Prozess gebremst werden kann“, erklärte
Professor Jean-Marie Ketelslegers, Brüssel (Belgien).
Eplerenon fördert schon die sehr frühen
Heilungsprozesse
Eplerenon blockiert den Aldosteron-Anstieg und beeinflusst damit bereits die sehr frühen Heilungsprozesse nach
der akuten Myokardischämie positiv.4 Dies ist u.a. an einer
ausgeprägten Reduktion von Biomarkern der Kollagensynthese wie z. B. Big-ET1 (Endothelin-1 Precursor) ablesbar, die den Aufbau der extrazellulären Kollagenmatrix im
Infarktareal widerspiegeln.5 Wird Eplerenon direkt nach
dem akuten Ereignis gegeben, lässt sich der Effekt bereits
nach sieben Tagen anhand einer Reduktion des linksventrikulären Volumens objektivieren.6
Klinische Indikatoren des myokardialen Remodellings und
Prädiktoren einer schlechten Prognose sind die Abnahme
der linksventrikulären Ejektionsfraktion und das Auftreten
von Herzinsuffizienzzeichen, stellte Professor Michael
Böhm, Homburg, fest. Dies gilt auch dann, wenn die
klinischen Zeichen der Herzschwäche nur diskret und
vorübergehend waren. Die selektive Aldosteron-Blockade
mit Eplerenon unterbindet die schädlichen AldosteronWirkungen am Myokard und unterbricht so den Prozess
des myokardialen Remodellings.
Experten tendieren deshalb heute dazu, Eplerenon so früh
wie möglich einzusetzen: „Jeder Infarktpatient, der bei der
Klinikaufnahme Zeichen der Herzschwäche zeigt, ist ein
Kandidat für die selektive Aldosteron-Blockade“, so
Prof. Zannad. Den hohen Nutzen des möglichst frühen
Therapiebeginns untermauerte eine Subanalyse der
EPHESUS-Studie (Eplerenone Post-AMI Heart failure Efficacy and Survival Study), in der Patienten, bei denen die
Therapie zwischen Tag 3 und Tag 7 begann, eine noch
bessere Prognose hatten als die Patienten, bei denen erst
zwischen Tag 8 und Tag 14 mit der Behandlung begonnen
wurde.7
EPHESUS-Studie: Je früher der Therapiebeginn,
desto höher der Nutzen
An der randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie hatten 6632 Patienten mit klinischen Zeichen der
Herzinsuffizienz in den ersten Tagen nach Myokardinfarkt
teilgenommen. Eplerenon (zusätzlich zur Standardtherapie)
reduzierte die Gesamtmortalität um 31%, die kardiovaskuläre Sterblichkeit um 32% und die Sterberate am plötzlichen Herztod sogar um 37%. Der günstige Effekt war
anhaltend: Nach 16 Monaten lag die Gesamtmortalität in
der Eplerenon-Gruppe um 15% niedriger als in der Kontrollgruppe.1 Das Herztodrisiko war um 21% und die Rate
stationärer Behandlungen um 23% reduziert.1 Dabei profitierten Hochrisikopatienten mit Nicht-ST-Hebungsinfarkt
(NSTEMI) im selben Ausmaß von der Eplerenon-Therapie
wie Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI).8
Der größte Gewinn der Eplerenon-Therapie wurde bereits
in den ersten 30 Tagen erzielt. Hier kam es zu einer
Risikoreduktion um 31% für die Gesamtmortalität (p = 0,004)
und um 32% für die kardiovaskuläre Sterblichkeit.9 Zu
einem großen Teil beruhte dieser Effekt auf einer Abnahme
der Sterberate am plötzlichen Herztod um 37%.9
„Diese Ergebnisse sind einzigartig“, betonte Professor
Bertram Pitt, Ann Arbor/Michigan (USA), auf dem Symposium „Managing Patients through the CV Risk Continuum“.
Die Postinfarkttherapie mit ACE-Hemmern, AT1-Blockern
und Betablockern kann dies nicht leisten, da sie den
Aldosteron-Anstieg nicht verhindern kann. Pitt ist überzeugt davon, dass die frühe Aldosteron-Blockade bei
Postinfarktpatienten entscheidend dazu beiträgt, die
Entwicklung einer Herzinsuffizienz zu verhindern und die
Sterblichkeit zu reduzieren, bevor eine klinisch manifeste
Herzinsuffizienz entsteht. Ein Therapiebeginn vor dem
dritten Postinfarkttag, vielleicht sogar direkt zum Zeitpunkt
der Reperfusion, könnte demnach die Prognose dieser
Patienten noch stärker verbessern, als dies in EPHESUS
der Fall war. Zudem könnten bei einem solchen frühen
Therapiebeginn auch die Patienten von Eplerenon profitieren, die bereits in dem „EPHESUS-Zeitfenster“ von drei
bis sieben Tagen entlassen werden.
1
Pitt B et al. N Engl J Med 2003;348:1309-21.
2
Palmer BR et al. Eur Heart J 2008;29:2489-96.
3
Beygui F et al. Circulation 2006;114:2604-10.
4
Fraccarollo D et al. Hypertension 2008;51:905-14.
5
Ketelslegers JM et al. presented at ESC Congress 2008, München.
6
Hayashi M et al. Circulation 2003;107:2559-65.
7
Zannad F et al. Clin Cardiol 2007; 30: 414-5.
8
Zannad F et al. Heart Failure Congress 2008, Mailand.
9
Pitt B et al. J Am Coll Cardiol 2005;46:425-31.
KORONARANOMALIEN
Koronaranomalien –
Wann besteht eine Indikation zur
Intervention?
– Jochen Müller-Ehmsen, Erland Erdmann
Koronaranomalien fallen in ca. 1% der durchgeführten Koronarangiographien als Zufallsbefunde auf (nicht mitgerechnet sind getrennte
Ostien für RCA und Conusast, die bei 50% der
Bevölkerung vorkommen). Die häufigste Anomalie sind dabei getrennte Ostien von LAD und
RCX (1%), gefolgt vom Abgang des Ramus
circumflexus aus dem Ostium der rechten
Koronararterie und vom Abgang aller Koronararterien aus einem Stamm aus dem linken Sinus
Valsalvae. Danach folgen der Abgang aller
Koronararterien aus dem rechten Sinus Valsalvae (Abbildung) und schließlich der Abgang
der LAD aus dem rechten Sinus Valsalvae
(ektoper Ursprung von Koronararterien insgesamt in 0,1 - 0,5% der Fälle). Während der
RCX bei Abgang aus der RCA ungehindert zur
Posterolateralwand ziehen kann, verläuft die
LAD nach Abgang aus dem rechten Ostium
meist zwischen Aorta und Truncus Pulmonalis
nach ventral. Zwischen Aorten- und Pulmonaliswurzel kann es dann zur Kompression des
Gefäßes mit Myokardischämie und plötzlichem
Herztod kommen.
Die Frage ist: Was tun, wenn eine Koronaranomalie entdeckt wird? Muss immer interveniert
werden? Es ist nachvollziehbar, dass keine
großen randomisierten Studien zu dieser Frage
vorliegen, so dass man sich mit Erkenntnissen
aus kleineren Untersuchungen und AutopsieStudien behelfen muss: Immerhin sind 15% der
plötzlichen Todesfälle von Leistungssportlern
auf das Vorliegen einer Koronaranomalie
zurückzuführen, welche damit die zweithäufigste Ursache nach der HOCM ist. In 80%
dieser Fälle verläuft die betroffene Koronararterie zwischen Aorta und A. pulmonalis. Die
Leitlinien der American Heart Association empfehlen, dass Patienten mit einer Koronaranomalie eine chirurgische Koronarkorrektur
erhalten sollten, wenn der LCA Hauptstamm
zwischen Aorta und Pulmonalarterie verläuft,
oder wenn eine Myokardischämie, die durch
Kompression einer Koronararterie bedingt ist,
diagnostiziert wird. Als sinnvoll wird ein korrigierende OP auch dann angesehen, wenn zwar
keine Ischämie aber morphologisch eine Koronararterienkompression nachgewiesen wird
(verminderter Fluss, Taillierung des Gefäßes).
Und schließlich sollte nach den Leitlinien eine
Operation zumindest erwogen werden, wenn
die LAD zwischen Aorta und A. pulmonalis verläuft (unabhängig von allen anderen Kriterien)
(Warnes et al.: Guidelines for adults with CHD.
Circulation 2008; 118: e714-833). Die Operation
sollte eine Korrektur-OP und keine einfache
Bypass-Operation sein, da bei letzterer konkurrierende Blutflüsse entstehen, so dass in jedem
Falle ein für solche Eingriffe erfahrener Chirurg
aufgesucht werden muss. Auch wenn die
rechte Koronararterie zwischen den beiden
großen Arterien verläuft, besteht nach den
Leitlinien der AHA eine Indikation zur Operation,
zumindest dann, wenn Symptome auftreten
oder eine Ischämie nachweisbar ist. Zwar ist
grundsätzlich auch ein Stenting des die großen
Arterien kreuzenden Koronararterienanteils
möglich, jedoch liegen hierzu noch keine Langzeitergebnisse vor (Doorey et al., Am J Cardiol
2000; 86: 580-582).
Die Abbildung zeigt die Koronarangiographie
eines 68-jährigen Mannes, der sich mit unspezifischen Angina-pectoris-Beschwerden vorstellte. Sowohl LAD als auch RCX entspringen
aus dem Ostium der rechten Koronararterie.
Die RCA ist das dominierende Gefäß, während
LAD und RCX eher klein angelegt sind. Da der
Patient in keinem sehr guten Allgemeinzustand
war und die Szintigraphie keinen Nachweis
einer Ischämie erbracht hat, haben wir uns für
ein konservatives Vorgehen entschieden.
Gegen eine Operation spricht grundsätzlich
auch die Tatsache, dass viele der Daten zur
Gefährlichkeit von Koronaranomalien in Untersuchungen an Leistungssportlern gewonnen
wurden. Damit bleibt letztendlich unklar, wie
gefährlich die Anomalien für die Normalbevölkerung sind, während das OP Risiko bei fehlenden Komorbiditäten bei etwa 1% liegt, bei Vorhandensein von Komorbiditäten jedoch auch
deutlich höher. Immerhin muss man bei der
Entscheidung für oder gegen eine Operation
auch berücksichtigen, dass unser Patient
bereits 68 Jahre mit Koronaranomalie und
ohne relevante Komplikationen überlebt hat.
Abbildung: Koronarangiogaphie
in LAO 90° eines 68-jährigen Patienten, bei dem die
LAD und der RCX aus dem Ostium der RCA entspringen.
51
PRESSEMITTEILUNG
Option für Patienten mit KHK und Angina pectoris-Beschwerden
Mehr Möglichkeiten für Procoralan®: Zugelassen
auch in Kombination zum Betablocker
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMEA)
hat am 23. Oktober 2009 eine Erweiterung
der Indikation für Procoralan® (Ivabradin)
von Servier bekannt gegeben. Der /f-KanalHemmer, der erstmals eine selektive Herzfrequenzreduktion ermöglicht, ist seit dem
25. Oktober 2005 in der Europäischen Union
für die symptomatische Behandlung der
stabilen Angina pectoris bei Patienten mit
normalem Sinusrhythmus zugelassen. Mit der
Entscheidung der EMEA ist Procoralan®
auch in Kombination zum Betablocker bei
Patienten indiziert, die mit einer optimalen
Betablockerdosis unzureichend eingestellt
sind und deren Herzfrequenz >60/Min.
liegt. Damit stehen in der Behandlung
von KHK-Patienten mit Angina pectorisBeschwerden mehr Möglichkeiten offen.
Grundlage der Indikationserweiterung waren
die Ergebnisse der ASSOCIATE-Studie1, in
der bei 889 bereits auf den Betablocker
Atenolol eingestellten KHK-Patienten mit
Angina pectoris nicht nur die Sicherheit der
additiven Gabe von Procoralan® nachgewiesen wurde, sondern auch eine zusätzliche
antianginöse und antiischämische Wirksamkeit. Nach 4 Monaten führte Procoralan®
zusätzlich zum Betablocker im Vergleich mit
Placebo zu einer signifikanten Senkung der
Herzfrequenz und Besserung aller Belastungsparameter. Sowohl die Belastungsdauer, die
Zeit bis zum Auftreten einer Angina pectoris
sowie die Zeit bis zum Beginn einer STStreckensenkung konnten signifikant verlängert werden. Das Risiko für myokardiale
Ischämien wird somit bei guter Therapiesicherheit durch die Kombination von Procoralan® zum Betablocker deutlich reduziert.
ten KHK-Patienten mit linksventrikulärer
Dysfunktion. Eine aktuelle BEAUT/fUL-Subgruppenanalyse3 von 1.507 Patienten mit
Angina pectoris-Beschwerden ergab eine
deutliche Reduktion des primären kombinierten Endpunktes aus kardiovaskulärem Tod,
Hospitalisierung aufgrund eines akuten Myokardinfarkts sowie Herzinsuffizienz um 24 %.
Bei initial höherer Herzfrequenz betrug die
Risikoreduktion sogar 31 %. Für Herzinfarktbedingte Hospitalisierungen wurde eine signifikante Risikoreduktion von 42 % ermittelt,
bei Patienten mit einer Herzfrequenz >70/Min.
waren es sogar 73 %. Das Risiko einer
koronaren Revaskularisation wurde um 30 bzw.
59 % gesenkt.
Neben den vorliegenden klinischen Studiendaten bestätigt auch die REDUCTION-Studie
mit 344 Patienten die Effektivität von Procoralan® in Kombination zum Betablocker in der
täglichen Praxis. Sowohl hinsichtlich einer
deutlichen zusätzlichen Reduktion der Herzfrequenz, als auch einer Verringerung der
Angina-Attacken und des Nitrat-Verbrauchs.
Die Verträglichkeit der Therapie wurde zu
99 % als sehr gut oder gut bewertet.
Übereinstimmend unterstreichen die vorliegenden Studien, dass die meisten Patienten
unter ihrer bisherigen Therapie, einschließlich
Betablocker, bezüglich Symptomatik sowie
Herzfrequenz-Zielwert (laut Leitlinien 5560/Min) nicht optimal eingestellt sind. Daher
erscheint die zusätzliche exklusive Herzfrequenzreduktion mit Procoralan® ideal, um
bei mehr KHK-Patienten mit Angina pectorisBeschwerden sowohl die Symptomatik als
auch die Prognose zu verbessern.
München im Dezember 2009
Dass Procoralan® in Kombination zum Betablocker zur weiteren Reduktion der Herzfrequenz auch hinsichtlich einer Besserung
der kardiovaskulären Prognose effektiv ist,
zeigte die BEAUT/fUL-Studie2 bei 10.917 zu
fast 90 % bereits auf Betablocker eingestell-
Literatur
1 Tardif JC et al., Eur Heart J 2009; 30: 540-548
2 Fox K et al., Lancet 2008; 372: 817-821
3 Fox K et al., Eur Heart J 2009; 30: 2337-2345
4 Ebelt H et al., Clin Res Cardiol 2009; 98(Suppl 2): P121
KORONARANOMALIEN
Daher war anzunehmen, dass das OP-Risiko
größer war als das natürliche Risiko des Patienten.
Die prognostische Bedeutung eines Ischämienachweises ist unklar, aber es ist zu vermuten,
dass bei positivem Nachweis die Prognose
ungünstiger ist. Dieses findet in den Leitlinien
entsprechend seinen Niederschlag, auch wenn
durch Ischämiescreening und konservative
Behandlung von Athleten mit fehlendem Ischämienachweis plötzliche Todesfälle nicht verhindert werden konnten (Warnes et al., Circulation 2008). Welche Methode der Ischämiediagnostik am günstigsten ist, ist dabei vollkommen
ungeklärt, so dass jedes gut validierte Verfahren akzeptiert werden kann (Myokardszintigraphie/ SPECT, Stressechokardiographie oder
Stress- MRT).
Zusammenfassend ist die Datenlage, auf deren
Grundlage Therapieentscheidungen für angeborene Koronaranomalien getroffen werden
müssen, leider sehr dünn. Bei Verlauf der Koronararterien zwischen den großen Gefäßen
(Aorta und A. pulmonalis) sollte bei symptomatischen Patienten über 50 Jahre (und bei allen
Patienten unter 50 J.) eine Korrektur-OP an
einem spezialisierten Zentrum durchgeführt
werden, wenn das Operationsrisiko durch
Komorbiditäten nicht relevant erhöht wird. In
allen anderen Fällen, kann ein abwartendes
Vorgehen mit regelmäßigen Verlaufskontrollen
erfolgen.
Anschrift der Verfasser:
PD Dr. med. Jochen Müller-Ehmsen
Prof. Dr. med. Erland Erdmann
Klinik III für Innere Medizin
der Universität zu Köln
Kerpener Straße 62 · 50937 Köln
E-mail: [email protected]
53
NEUE KLINISCHE STUDIE: PSYCHOTHERAPIE BEI DEPRESSIVEN KORONARPATIENTEN
Neue klinische Studie:
Psychotherapie bei depressiven
Koronarpatienten
– Christian Albus, Frank Lambertus,
– Frank Vitinius
Zahlreiche prospektive epidemiologische Studien
haben gezeigt, dass depressive Symptome
ein unabhängiger Prädiktor für die vorzeitige Entwicklung einer KHK und eine höhere
kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität sind
(Ladwig et al., 2008; Lichtman et al., 2008). Als
Hintergrund konnten sowohl ungünstige
Effekte der Depressivität auf das Gesundheitsverhalten (mehr Rauchen, weniger Bewegung,
ungesunde Ernährung, schlechtere Compliance
gegenüber Medikation) als auch definierte
psychophysiologische Auswirkungen (v. a.
dysfunktionale Aktivierung der HPA-Achse und
des sympathischen Nervensystems) identifiziert
werden. Entsprechend kommt es zu vielfältigen, negativen Auswirkungen auf bekannte
pathogenetische Faktoren der KHK, wie z. B.
Verminderung der Herzfrequenzvariabilität,
Erhöhung der Insulinresistenz und Intensivierung inflammatorischer Prozesse (Rozansky et
al., 2005).
Aktuelle kardiologische Leitlinien empfehlen
von daher bei KHK-Patienten ein routinemäßiges Screening auf depressive Symptome und
eine Therapie krankheitswertiger Störungen
(z.B. Graham et al., 2007). Allerdings konnte bei
KHK-Patienten bislang in keiner der vorliegenden Therapiestudien ein deutlicher Effekt auf
depressive Symptome nachgewiesen werden.
Ferner konnte bislang kein positiver Effekt auf
die kardiale Prognose gesichert werden. Diese
Lücken sollen jetzt mit einer multizentrischen,
randomisierten klinischen Interventionsstudie
geschlossen werden, an der sich auch das
Kölner Herzzentrum beteiligt (Stepwise Psychotherapy Intervention for Reducing Risk in
Coronary Artery Disease; SPIRR-CAD).
Zielsetzung der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten SPIRR-CAD
Studie ist die Evaluation einer gestuften Einzelund Gruppenpsychotherapie zur Behandlung
depressiver Koronarpatienten hinsichtlich der
Effekte auf Depressivität (Hauptzielkriterium),
prädisponierende Persönlichkeitsmerkmale
und somatische Risikofaktoren sowie Lebensqualität, Krankheitsverhalten, kardiale Ereignisse und Versorgungskosten. In zehn universitären Zentren sollen dazu im Ganzen
mindestens 10.000 KHK-Patienten hinsichtlich
depressiver Symptome gescreent und 569
Patienten in eine randomisierte, kontrollierte
Interventionsstudie eingeschlossen werden.
An der Kölner Universitätsklinik wird die Studie
unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. med. Christian
Albus (Klinik und Poliklinik für Psychosomatik
54
und Psychotherapie) in Kooperation mit der
Klinik III für Innere Medizin (Direktor: Univ.Prof. Dr. Erland Erdmann) durchgeführt. Eine
Kooperation mit weiteren kardiologischen
Kliniken ist geplant. Im Rahmen der Studie
sollen über einen Zeitraum von 2 Jahren
mindestens 1000 geeignete KHK-Patienten
hinsichtlich depressiver Symptome gescreent
werden. Bei Vorliegen klinisch-bedeutsamer
Depressivität werden nach Ausschluss unmittelbarer Behandlungsindikationen (z. B. akute
Suizidalität) vor Ort mindestens 60 Patienten in
die klinische Studie einbezogen. In diesem
Rahmen wird jeweils die Hälfte der Patienten
entweder in den Interventionsarm (3 Einzeltherapiesitzungen, gefolgt von 25 Sitzungen
Gruppenpsychotherapie im Falle anhaltender
Symptome; Gesamtdauer 1 Jahr) oder in den
Kontrollarm (ausführliches Beratungsgespräch
zu psychosozialen Faktoren bei KHK) randomisiert. Die kardiologische Betreuung läuft in
beiden Gruppen unbeeinflusst weiter. Inklusive
einer einjährigen Nachbeobachtungsphase
nach Therapieabschluss beträgt die Studiendauer für alle Patienten jeweils 2 Jahre. Nähere
Informationen und Möglichkeiten zur Studienteilnahme können gerne beim Autor eingeholt
werden.
Autor und Ansprechpartner:
Priv.-Doz. Dr. med. Christian Albus
Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und
Psychotherapie
Universität zu Köln
Kerpener Straße 62
50937 Köln
Tel.: 0221 478 4365
Fax: 0221 478 6261
e-mail [email protected]
Literatur:
Graham I, Atar A, Borch-Johnsen, Boysen G, Burell G,
Cifkova R, Dallongeville J, De Backer G, Ebrahim S,
Gjelsvik B, Herrmann-Lingen C, Hoes A, Humphries S,
Knapton M, Perk J, Priori SG, Pyorala K, Reiner Z, Ruilope
L, Sans-Menendez S, Scholte op Reimer W, Weissberg P,
Wood D, Yarnell J, Zamorano JL. European guidelines on
cardiovascular disease prevention in clinical practice: full
text. Eur J Cardiovasc Prev Rehab 2007, 14 (Suppl 2):
S1-S113.
Ladwig KH, Lederbogen F, Völler H, Albus C, HerrmannLingen C, Jordan J, Köllner V, Jünger J, Lange H, Fritzche
K. Positionspapier zur Bedeutung von psychosozialer
Faktoren in der Kardiologie. Der Kardiologe 2008;4:
274-287.
Lichtman JH, Bigger JT, Blumenthal JA, Frasure-Smith N,
Kaufmann PG, Lesperance F, Mark DB, Sheps DS, Taylor
CB, Froelicher ES. Depression and coronary heart disease.
Recommendations for screening, referral, and treatment.
A science advisory from the american heart association
prevention committee of the council on epidemiology
and prevention, and interdisziplinary council on quality
of care and outcomes research. Circulation 2008;
118:1768-1775.
Rozanski A, Blumenthal JA, Davidson KW, Saab PG,
Kuzansky L: The epidemiology, pathophysiology, and
management of psychosocial risk factors in cardiac
practice: the emerging field of behavioral cardiology.
J Am Coll Cardiol 2005;45:637-651.
SPENDEN
Spenden
Unterstützen Sie den Förderverein Herzzentrum Köln e.V. mit einer Spende.
Die Realisierung seiner vielfältigen Aufgaben, die der Förderverein e.V. rückblickend bereits finanziert
hat und zukünftig zu finanzieren beabsichtigt, ist Dank seiner zahlreichen Mitglieder sowie großzügigen Spender erst möglich.
Unterstützen auch Sie unsere Aktivitäten für die Gesundheit der Kölner Bürgerinnen und Bürger, z. B.
mit einer Spende per Banküberweisung bzw. Ihrer Mitgliedschaft, die nur 30,00 Euro im Jahr kostet und
Ihnen zahlreiche Vorteile bietet.
Spendenkonto
Als gemeinnütziger Verein ist der Verein der Freunde und Förderer des Herzzentrums des Universitätsklinikums Köln e.V. bei der Finanzierung und Umsetzung seiner Aufgaben und Projekte ausschließlich
auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen.
Der Verein verfolgt wissenschaftliche Zwecke.
Sie können regelmäßig oder gelegentlich spenden. Falls Sie uns zu festgelegten Zeiten eine bestimmte
Spende geben wollen, erteilen Sie uns einfach eine Einzugsermächtigung zum Abbuchen des Betrages
von Ihrem Konto.
Der Verein der Freunde und Förderer des Herzzentrums des Universitätsklinikums Köln e.V. ist gemäß
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG durch Bescheinigung des Finanzamtes Köln-West, Steuer-Nr. 223/5921/0946, vom
06. 11. 2008 von der Körperschaftssteuer befreit.
Bis 200,00 Euro gilt die Quittung als Zuwendungsbestätigung. Für Spenden über 200,00 Euro übersenden
wir unaufgefordert eine Zuwendungsbestätigung.
Spendenkonto:
Verein der Freunde und Förderer des Herzzentrums des Universitätsklinikums Köln e.V.
Sparkasse KölnBonn · Konto-Nr. 38382974 · BLZ 370 501 98
✂
Überweisung/Zahlschein
Beleg/Quittung
für den Auftraggeber
Konto-Nr. des Auftraggebers:
Empfänger:
Verein der Freunde und Förderer
des Herzzentrums des Universitätsklinikums Köln e.V.
Kerpener Straße 62 · 50924 Köln
Konto-Nr. des Empfängers:
Verein der Freunde und Förderer des Herzzentrums des Universitätsklinikums Köln e.V
3 8 3 8 2 9 7 4
3 7 0 5 0 1 9 8
Sparkasse KölnBonn
38382974 Sparkasse KölnBonn
Verwendungszweck:
EUR
EUR:
Auftraggeber/Einzahler:
Datum:
✂
18
55
VORWORT
Zufrieden?
Ihre Meinung ist uns wichtig!
Fragebogen bitte senden an:
Am Wiesengrund 1
40764 Langenfeld
Tel.:
02173 1095-100
IPV –
Informations-Presse-Verlags Gesellschaft mbH
Am Wiesengrund 1
Fax: 02173 1095-111
40764 Langenfeld
E-Mail: [email protected]
Web:
www.ipv-medien.de
sehr gut
1.
Wie gefällt Ihnen
die Fachzeitschrift insgesamt?
2.
Wie hat Ihnen
die Fachzeitschrift weitergeholfen?
3.
Wie beurteilen Sie folgende Teilaspekte?
– Informationsgehalt
gut
weniger gut
gar nicht
– Themenauswahl
– Übersichtlichkeit
– Verständlichkeit
– Layout
Das würde ich mir anders wünschen:
Ihre Kontaktdaten:
Vielen Dank fürs Mitmachen!
57
DAS KÖLNER HERZZENTRUM / IMPRESSUM
Das Kölner Herzzentrum –
Fachzeitschrift für den Arzt
Initiativ-Partner des Kölner Herzzentrums
Daiichi – Sankyo Deutschland GmbH
Seite 4, 42, 44, 3.US, 4.US
Pfizer Pharma GmbH
Seite 2.US, 6, 8, 38, 40, 50
Wir danken folgenden Werbepartnern für ihre Unterstützung:
Seite
Unternehmen
14
Lilly
10
Medtronic
12
Helios Rehazentrum Bad Berleburg
16
Bust – Steuerberatungsgesellschaft mbH
24
Dr. Schmitz & Partner
24
Fehling Instruments
24
Median Reha-Zentrum Bernkastel-Kues
30, 52
Servier Deutschland GmbH
30
Mitsubishi Pharma Deutschland GmbH
33, 34
B. Braun Melsungen AG
IMPRESSUM
Das Kölner Herzzentrum –
Fachzeitschrift für den Arzt
Herausgeber:
Klinikum der Universität zu Köln,
Vorstand (V.i.S.P.)
Redaktion:
Prof. Dr. med. Erland Erdmann
Universitätsklinikum Köln
Herzzentrum
Kerpener Straße 62 · 50924 Köln
Tel.:
0221 478 32 511
Fax:
0221 478 32 512
E-mail: [email protected]
Web:
www.herzzentrum-koeln.de
58
Verlag und Anzeigenverwaltung:
IPV-Informations-Presse-Verlags Gesellschaft mbH
Am Wiesengrund 1 · 40764 Langenfeld
Tel.:
02173 1095-100
Fax:
02173 1095-111
Email:
[email protected]
Web:
www.ipv-medien.de
Gesamtherstellung:
HPH Grafik-Design
Syburgweg 44 · 58119 Hagen
Tel.:
02334 50 44 75
Fax:
02334 50 44 76
E-mail: [email protected]
Web:
www.hph-grafik-design.de
Auflage: 5.000 Stück – Januar 2010
Herunterladen