Physikalische Chemie - Fortgeschrittenenpraktikum - Quarzmikrowaage Version: Mai 2016 Titelbild: Typischer Frequenzverlauf eines Schwingquarzes während der Elektrolyse einer Kupfersulfatlösung. Durch die gleichförmige Abscheidung von elementarem Kupfer auf dem Schwingquarz sinkt dessen Resonanzfrequenz linear. Quarzmikrowaage Zusammenfassung In diesem Versuch wird zunächst die Schichtwägeempfindlichkeit einer Quarzmikrowaage anhand der Elektrolyse einer Kupfersulfatlösung bestimmt. Im Anschluss daran wird die so charakterisierte Quarzmikrowaage dazu verwendet, den kationischen Bestandteil einer Lösung unbekannter Zusammensetzung zu ermitteln. Lernziele Piezoelektrischer Effekt Schwingquarz als Massesensor Metallabscheidung durch Elektrolyse Für diesen Versuch benötigen Sie eine Schutzbrille, bringen Sie diese bitte zum Versuch mit! Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 2 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Inhalt 1 Theoretische Grundlagen ..................................................................................... 4 1.1 Piezoelektrischer Effekt ................................................................................ 4 1.2 Quarzmikrowaage ........................................................................................ 5 1.3 Resonator ..................................................................................................... 7 1.4 Der Schwingquarz als gedämpfter harmonischer Oszillator ......................... 9 1.5 Betriebsmodi .............................................................................................. 14 1.6 Elektrolyse .................................................................................................. 14 1.7 Elektrochemische Doppelschicht................................................................ 15 1.8 Andwendungen der QCM ........................................................................... 17 2 Versuchsaufbau ................................................................................................. 20 3 Vorgehen ........................................................................................................... 21 4 3.1 Elektrolyse einer unbekannten Lösung ...................................................... 22 3.2 Kalibrierung der Schichtwägeempfindlichkeit ............................................. 22 Auswertung ........................................................................................................ 23 4.1 Allgemeine Hinweise .................................................................................. 23 4.2 Elektrolyse der Kupfersulfatlösung ............................................................. 23 4.3 Elektrolyse einer unbekannten Lösung ...................................................... 24 5 Fragen zur Vorbereitung .................................................................................... 25 6 Literatur .............................................................................................................. 26 7 Gefährdungsbeurteilung des Versuches ............................................................ 27 Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 3 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 1 Theoretische Grundlagen 1.1 Piezoelektrischer Effekt 1880 entdeckten die Gebrüder Curie, dass mechanische Verformungen bestimmter Kristalle durch Druck, Zug oder Torsion elektrische Ladungen an der Oberfläche der Festkörper erzeugen. Dieses Phänomen wird als piezoelektrischer Effekt bezeichnet (von altgriech. „πιέζειν“ (piézein), drücken). Dieser Effekt tritt naturgemäß nur in dielektrischen Kristallen auf, wenn deren Kristalleinheitszelle kein Symmetriezentrum aufweist. Nur dann nämlich lässt sich durch mechanische Verformung eine Ladungstrennung in der Einheitszelle herbeiführen, welche makroskopisch als Potentialdifferenz zwischen zwei Kristallflächen in Erscheinung tritt. Die Umkehrung, also die Verformung eines Festkörpers als Folge eines angelegten ⃗ , wird als inverser piezoelektrischer Effekt bezeichnet. Dieser elektrischen Feldes 𝐸 bildet die Grundlage des Messprinzips der Quarzmikrowaage. Das zentrale Element der Quarzmikrowaage ist ein piezoelektrisches Quarzplättchen (siehe Abbildung 1a), ein sogenannter Schwingquarz. Durch Anlegen einer Spannung an diesen speziell geschnittenen Quarzkristall (vergl. Abschnitt 1.3) wird dieser senkrecht zur Richtung des elektrischen Felds verformt. Das Maß dieser Scherung ist abhängig von der Stärke der angelegten Spannung und dem piezoelektrischen Koeffizienten, die Auslenkung beträgt bei handelsüblichen Schwingquarzen allerdings selten mehr als 1 nm. Kehrt man das Vorzeichen der Spannung um, wechselt auch die Richtung der Verformung (siehe Abbildung 1b). Durch Anlegen einer Wechselspannung geeigneter Frequenz lässt sich der Kristall folglich zu einer periodischen Scherschwingung anregen. Da die Resonanzfrequenz dieses Oszillators bei zunehmender Masse abnimmt, lässt sich aus der Messung der Resonanzfrequenzänderung eines Schwingquarzes auf eine Massenänderung rückschließen. Genau das ist das Funktionsprinzip der Quarzmikrowaage. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 4 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Abbildung 1: a) Typischer scheibenförmiger Quarzkristall mit aufgedampften Metallelektroden in Aufsicht. b) Schematische Darstellung der Scherdeformation eines Quarzkristalls durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes. Eine einfache Beschreibung des Piezoeffekts erfolgt durch folgende Gleichungen: Direkter piezoelektrischer Effekt: ⃗. 𝑃⃗ = 𝑑 ⋅ 𝑇 (1.1.1) 𝑆 = 𝑑 ⋅ 𝐸⃗ . (1.1.2) Inverser piezoelektrischer Effekt: In Gleichung 1.1.1 ist 𝑃⃗ der Polarisationsvektor, 𝑑 der piezoelektrische Koeffizient ⃗ der mechanische Spannungsvektor. Der piezoelektrischer Koeffizient ist ein und 𝑇 Tensor, da die Richtung des Feldes berücksichtigt und die daraus folgende Ausdehnung in drei Dimensionen beschrieben werden muss. Durch eine mechanische Spannung wird also eine Polarisation des Materials induziert. Im Gegensatz dazu wird beim inversen piezoelektrischer Effekt (Gleichung 1.1.2) durch Anlegen eines elektrischen Feldes 𝐸⃗ eine Verformung 𝑆 erzeugt. 1.2 Quarzmikrowaage Die Quarzmikrowaage (engl.: „Quartz Crystal Microbalance“, QCM) ist ein Instrument, mit dessen Hilfe kleinste Massenänderungen detektiert werden können. Das Herzstück einer Quarzmikrowaage ist der bereits erwähnte Schwingquarz, der durch Anlegen einer Wechselspannung zu einer resonanten Schwingung angeregt werden kann. Aufgrund der hohen Güte (geringen Dämpfung) und der damit verbundenen Frequenzstabilität von Schwingquarzen finden diese in vielen elektronischen Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 5 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Geräten (Quarzuhr, Computer) eine Anwendung als Zeitnormal. In der Analytik erlangten sie erst durch den von Sauerbrey abgeleiteten linearen Zusammenhang zwischen Frequenzänderung 𝛥𝑓 und Massenbeladung Δ𝑚 Bedeutung [1]: ∆𝑓 = − 2𝑓02 √𝜌𝑞 𝜇𝑞 ∙ Δ𝑚 𝐴 (1.2.1) Hierin bezeichnet 𝑓0 die Eigenfrequenz des Quarzplättchens, 𝜌𝑞 und 𝜇𝑞 sind die Dichte und der Schermodul des Quarzes, A die Elektrodenfläche und ∆m die zusätzliche Massenbeladung durch die zu untersuchende Substanz. Da Eigenfrequenz, Schermodul und Dichte Materialkonstanten des Schwingquarzes sind, lassen sie sich zur sogenannten Sauerbreykonstanten 𝑆𝑓 (auch Schichtwägeempfindlichkeit genannt) zusammenfassen: ∆𝑓 = −𝑆𝑓 ∙ ∆𝑚 𝐴 . (1.2.2) Eine weit verbreitete Methode zur Kalibrierung der Schichtwägeempfindlichkeit ist die Elektrolyse einer Kupfersulfatlösung. Bei Messungen ist jedoch zu beachten, dass die Sauerbreygleichung nur für starre Filme mit homogener Massenverteilung und Frequenzänderungen kleiner 2% gilt. Weiterhin können durch die Schwingung des Quarzkristalls bei der Messung in Flüssigkeiten Wellen senkrecht zur Scherrichtung erzeugt werden, die an der Wasser/Luft-Grenzfläche reflektiert werden und konstruktiv oder destruktiv überlagern können. Durch Verdunstung ändern sich der Flüssigkeitsstand und somit dann auch die Interferenz (siehe Abbildung 2). Abbildung 2: Oszillation der Frequenz durch konstruktive und destruktive Interferenz der durch die Schwingung erzeugten und an der Wasser/Luft-Grenzfläche reflektierten Wellen bei Messungen in Flüssigkeiten [4]. Zudem können raue hydrophile Oberflächen Wasser einschließen, was zu einer scheinbar höheren Bedeckung führt, während raue hydrophobe Oberflächen unter Umständen nicht komplett benetzt werden. Zu erwähnen ist noch der Einfluss von Leitfähigkeit und Permittivität der Lösung, die die Resonanzfrequenz und die Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 6 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Kapazität des Aufbaus verändern. Die Stärke dieses Effekts ist von der Elektrodenform abhängig [4]. Da die Frequenzänderungen eines Schwingquarzes sehr genau detektiert werden kann (Auflösung: ~ 1 Hz), lassen sich mit dieser Methode sehr kleine Massenänderungen (bis zu wenige ng) messen. Deshalb ist die Quarzmikrowaage in der Analytik weit verbreitet, sie findet zum Beispiel in Bedampfungsanlagen Verwendung. Seit den 80er Jahren werden Schwingquarze auch in Flüssigkeiten als Biosensoren eingesetzt. 1.3 Resonator In der Quarzmikrowaage werden so genannte AT-Quarze (Abbildung 3a) eingesetzt. Diese Quarzscheiben werden unter einem Winkel von 35°10' zur optischen Achse aus dem Kristall geschnitten. „AT“ steht hier für „ambient temperature“ und deutet bereits auf eine zentrale Eigenschaft dieser Kristalle hin, nämlich bei einer Betriebstemperatur im Bereich von 0 - 50 °C einen nahezu verschwindenden Temperaturkoeffizienten aufzuweisen. Dies bedeutet, dass die Resonanzfrequenz dieser AT-Quarze im genannten Temperaturbereich nahezu temperaturunabhängig ist. Zudem ist bei diesem Schnittwinkel natürlich auch gewährleistet, dass die Scherdeformation des Quarzes senkrecht zur Richtung des angelegten elektrischen Feldes erfolgt. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 7 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Abbildung 3: a) AT-Schnitt eines Quarzkristalls. Die Scheibe wird in einem Winkel von 35°10‘ zur kristallographischen (optischen) z-Achse aus einem stabförmigen Quarz geschnitten. b) Definition des Radius 𝒓 eines kreisförmigen Quarzkristalls. Die graue Fläche entspricht einer aufgedampften Metallelektrode. Darunter ist das Geschwindigkeitsprofil der Scherschwingung für den Schnitt durch den Kristall entlang 𝒓 an verschiedenen Positionen für eine Schwingungsrichtung schematisch eingezeichnet, wobei die Länge der Pfeile die Geschwindigkeit in Richtung 𝒓 angibt (in willkürlichen Einheiten). In der Grafik darunter ist die Geschwindigkeit für jeden Punkt eingezeichnet, wobei rot eine Bewegung nach rechts und blau nach links bedeutet. Die grünen Bereiche bleiben unbewegt. Die parallelen Oberflächen der Quarzscheiben werden mit Elektroden versehen, indem ein Metall, zum Beispiel Gold, durch eine Maske hindurch aufgedampft wird. In der Regel verwendet man hier Edelmetalle, um eine Reaktion der Metallschicht mit der Umgebung möglichst zu vermeiden. Die Elektroden auf beiden Seiten ermöglichen das Anlegen einer Spannung an den Quarz und gleichzeitig auch die Detektion der Quarzschwingung. Beschränkt man sich auf das Anlegen einer Gleichspannung, so erfährt die Quarzscheibe nur eine Auslenkung in eine Richtung. Erst durch das Anlegen einer Wechselspannung lässt sich eine kontinuierliche Scherschwingung erzeugen. Die theoretische Beschreibung dieser Scherschwingung erfolgt durch eine Wellengleichung, deren Lösung durch die gegebenen Randbedingungen und unter Vernachlässigung von äußeren Kräften und Dämpfungserscheinungen eine stehende Welle liefert. Im Praktikum wird die Quarzscheibe bei ihrer Grundschwingung angeregt. In Abbildung 3b (bitte sehen Sie sich diese in Farbe an!) ist das Geschwindigkeitsprofil der Scherschwingung für den Schnitt durch die Mitte der Scheibe entlang 𝑟 skizziert, wobei die Geschwindigkeit an den Außenseiten (𝑧 = ±𝑑𝑞 /2, 𝑑𝑞 ist die Dicke der Quarzscheibe) am größten ist und in der Mitte Null beträgt. In In unserem Fall gilt für Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 8 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage die Randbedingungen der Scherwelle zusätzlich, dass die Geschwindigkeit für 𝑟 = 0 am größten ist, während sie an den Elektrodenrändern (𝑟 = 𝑅) auf Null abfällt1. Daraus ergibt sich, dass die Massensensitivität des Quarzes eine radiale Verteilung aufweist, wie in Abbildung 4 gezeigt. Die Sensitivität ist in der Mitte des Quarzes am größten und fällt zu den Elektrodenrändern hin ab. Diese Verteilung folgt theoretisch einer Besselfunktion, wird jedoch im Allgemeinen mit einer Gaußverteilung empirisch beschrieben. Abbildung 4: Massensensitivitätsverteilung eines 5 MHz AT-Quarzes [2]. 1.4 Der Schwingquarz als gedämpfter harmonischer Oszillator Eine anschauliche Methode, sich der Scherschwingung eines Quarzes theoretisch zu nähern, ist es, Analogien zu bekannten Phänomenen der klassischen Mechanik und Elektrizitätslehre herzustellen. Abbildung 5 stellt den aus der Mechanik bekannten, eindimensionalen gedämpften harmonischen Oszillator (a) einem elektrischen Serienschwingkreis (b) gegenüber. 1 Die Schwingung besitzt jedoch noch Komponenten in z-Richtung und ist etwas komplizierter, worauf aber hier nicht weiter eingegangen werden soll. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 9 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Abbildung 5: a) Mechanischer Schwingkreis, bestehend aus einer Masse m, die über eine Feder der Federkonstanten k und über ein Dämpfungsglied der Dämpfungskonstanten α an einer Wand befestigt ist. b) Elektrischer Serienschwingkreis aus einer Spule mit der Induktivität L, einem Kondensator mit der Kapazität C und einem Widerstand R. Das mechanische System besteht aus einer reibungsfrei gelagerten Masse 𝑚, die über eine Feder mit der Federkonstanten 𝑘 an eine starre Wand gekoppelt ist. Im Schwingfall wird die Energie des Systems stetig von potentieller Energie (in der Feder gespeichert) in kinetische Energie der Masse und zurück umgewandelt. Parallel zu der Feder ist ein Dämpfungsglied angebracht. Die Dämpfung sei proportional zur Geschwindigkeit mit der Dämpfungskonstanten α. Die Differentialgleichung für dieses System mit der Auslenkung aus der Ruhelage 𝑥 lautet: 𝑑²𝑥(𝑡) 𝑑𝑥(𝑡) (1.4.1) 𝑚𝑎(𝑡) + 𝛼𝑣(𝑡) + 𝑘𝑥(𝑡) = 𝑚 𝑑𝑡² +𝛼 𝑑𝑡 + 𝑘𝑥(𝑡) = 0. Diese Differentialgleichung lässt sich leicht aus dem Hookeschen Gesetz mittels 𝐹 = 𝑚𝑎(𝑡) = −𝑘𝑥(𝑡) herleiten (daraus folgt 𝑚𝑎(𝑡) + 𝑘𝑥(𝑡) = 0). Der noch hinzukommende Dämpfungsterm ist proportional zur Geschwindigkeit, da die Reibung allgemein bei hohen Geschwindigkeiten zunimmt (im Alltag z.B. Luftwiderstand). Die Lösung liefert eine Eigenkreisfrequenz (Schwingungsfrequenz im ungedämpften Fall, d. h. 𝛼 = 0) von 𝜔0 = √𝑘⁄𝑚 mit der Eigenfrequenz 𝑓0 = 𝜔0 2𝜋 . Herleitung: Die Lösung der Differentialgleichung beschreibt den Ort 𝑥 der Masse zu jedem Zeitpunkt 𝑡. Eine Lösung lautet: 𝑥(𝑡) = 𝐴0 𝑠𝑖𝑛(𝜔0 𝑡). (1.4.2) Dabei ist 𝐴0 die Amplitude und 𝜔0 die Kreisfrequenz der Schwingung. Die Beschleunigung a ergibt sich bei Anwendung der Kettenregel zu: Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 10 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 𝑎(𝑡) = 𝑑2 𝑥(𝑡) 𝑑𝑡 2 = −𝜔2 𝐴0 𝑠𝑖𝑛(𝜔0 𝑡) = −𝜔02 𝑥(𝑡). (1.4.3) Daher ist 𝑚𝑎(𝑡) + 𝑘𝑥(𝑡) = −𝑚𝜔02 𝑥(𝑡) + 𝑘𝑥(𝑡) = 0. Vernachlässigen wir den Fall 𝑥(𝑡) = 0, so lässt sich durch 𝑥(𝑡) teilen und es folgt sofort die Formel für die Resonanzfrequenz. Die Kreisfrequenz der gedämpften harmonischen Schwingung 𝜔𝛼 im Resonanzfall ist 𝛼 2 jedoch von der Dämpfung abhängig: 𝜔𝛼 = √𝜔02 − (2𝑚) . Ist die Dämpfung gering (𝛼 ≪ 2𝑚𝜔0 ), so ist der Unterschied klein und es gilt in guter Näherung 𝜔𝛼 ≈ 𝜔0 . Regt man einen harmonischen Oszillator zum Schwingen an, so erhält man je nach Masse und Dämpfung verschiedene Antworten des Systems (Abbildung 6). Abbildung 6: Schematische Zeichnung der Resonanzkurve eines harmonischen Oszillators bei geringerer Dämpfung und Masse (schwarz) und höherer Dämpfung und Masse (rot). Die Amplitude der Schwingung ist gegen die Frequenz der Anregung aufgetragen. Die Breite und Höhe des Resonanzpeaks wird durch die Dämpfung beeinflusst, wobei eine hohe Dämpfung zu niedrigen Amplituden und breiten Peaks führt. Eine Änderung der Masse ändert die Lage des Maximums (Resonanzfrequenz). Eine höhere Masse führt zu einer niedrigeren Eigen- und somit auch niedrigeren Resonanzfrequenz. Die so beschriebene, gedämpfte harmonische Schwingung lässt sich auch elektrisch realisieren, wie in Abbildung 5b dargestellt. Der dort gezeigte Serienschwingkreis besteht aus der Reihenschaltung einer Spule, eines Widerstandes und eines Kondensators. Hier wandelt sich elektrische Energie (im Kondensator gespeichert) in magnetische Energie (Spule) um. Der mechanischen Masse entspricht die Induktivität 𝐿, die Dämpfung wird durch den Widerstand 𝑅 repräsentiert und die Federkonstante durch 1/𝐶. Die Ortskoordinate 𝑥 wird durch die Ladung 𝑄 ersetzt. Es ergibt sich somit ganz analog zur Mechanik folgende Schwingungsgleichung (man vergleiche mit 1.4.1): 𝐿 𝑑 2 𝑄(𝑡) 𝑑𝑡 2 +𝑅 Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie 𝑑𝑄(𝑡) 𝑑𝑡 1 + 𝑄(𝑡) = 0. (1.4.4) 𝐶 Seite 11 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Die Lösung entspricht der des mechanischen Oszillators für schwache Dämpfung (𝑅 ≈ 0) mit der Eigenfrequenz 𝑓0 = 1/(2𝜋√𝐿𝐶). Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei einem Schwingquarz um einen gedämpften harmonischer Oszillator, der durch eine Wechselspannung angetrieben wird. Van Dyke und Butterworth zeigten, dass ein oszillierendes mechanisches System, welches durch ein elektrisches Feld angetrieben wird, durch ein einfaches elektrisches Schaltbild (Abbildung 7) dargestellt werden kann, das nach ihnen benannte Butterworth-van Dyke Schaltbild (kurz: BvD-Schaltbild). Van Dyke und Butterworth konnten die Beziehung zwischen den elektrischen Parametern dieses Schaltkreises und den physikalischen Eigenschaften des mechanischen Resonators aufstellen. Die im Schaltbild gezeigten Bauelemente existieren also (bis auf den parallelgeschalteten Kondensator) nicht real, die Quarzmikrowaage verhält sich aber dennoch wie ein solcher Schaltkreis. Abbildung 7: Butterworth van Dyke Schaltbild des Schwingquarzes. Der BvD-Schaltkreis ist ein serieller Schwingkreis, bei dem ein Kondensator parallel geschaltet ist. Der serielle Schwingkreis des BvD-Schaltbilds wird auch als akustischer Zweig bezeichnet und beinhaltet die Induktivität 𝐿𝑞 , die Kapazität 𝐶𝑞 und den Widerstand 𝑅𝑞 . 𝑹𝒒 korrespondiert mit der Dämpfung der Schwingung. 𝑪𝒒 dagegen ist ein Maß für die in der Oszillation gespeicherte Energie (analog zur Federkonstante). Dieser Wert hängt unter anderem von der Elastizität des Quarzes ab. 𝑳𝒒 repräsentiert das Trägheitsmoment des Oszillators und wird folglich von der tatsächlich in Schwingung versetzten Masse bestimmt. Dem akustischen Zweig ist ein Kondensator 𝐶0 parallel geschaltet. Dieser repräsentiert die auf den Quarz aufgedampften Elektroden, die als. Plattenkondensator mit dem Dielektrikum Quarz betrachtet werden können. Da die Leitfähigkeit bei einem seriellen Schwingkreis im Resonanzfall am höchsten ist, kann über Messung der Leitfähigkeit bei verschiedenen Frequenzen die Resonanzfrequenz bestimmt werden. Die sich ergebende Kurve ist ganz analog zu Abbildung 6, nur mit dem Unterschied, dass die Leitfähigkeit gegen die Anregungsfrequenz aufgetragen wird. Dies liegt daran, dass ein Kondensator bei niedrigen Frequenzen (Gleichstrom) keinen Strom leitet (zwei Platten ohne elektrischen Kontakt, nur kurzer Stromflusswährend die Platten aufgeladen werden, wodurch sich durch Elektrostatik Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 12 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage die andere Platte entgegengesetzt auflädt), während bei hohen Frequenzen die Platten ständig umgepolt werden und folglich auch stetig Strom fließt. Eine Spule hingegen verhält sich bei hohen Frequenzen genau umgekehrt. Dies liegt daran, dass ein sich änderndes Magnetfeld in einer Spule einen Strom erzeugt (z.B. drehender Magnet und Spule beim Fahrraddynamo). Eine stromdurchflossene Spule erzeugt aber selbst auch ein Magnetfeld. Beim Einschalten der Spule entsteht also durch das entstehende Magnetfeld für kurze Zeit ein Strom, der dem durch die Spule fließenden Strom entgegenwirkt (also einer vergrößerten Impedanz). Wird nun Wechselspannung angelegt, so wird auch das Magnetfeld der Spule ständig umgepolt und es entsteht dauerhaft ein Induktionsstrom. Bei der Resonanzfrequenz des Serienschwingkreises ist nun die Summe beider Effekte minimal, d.h. der Kondensator ist bereits gut leitfähig und die Spulehat noch keine große Impedanz. Abbildung 8: Oben das Butterworth-van Dyke Schaltbild der Quarzschwingung im Vergleich zu erweiterten Schaltkreisen. Diese Erweiterungen dienen zur Beschreibung der Quarzmikrowaage bei unterschiedlichen Beladungen. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 13 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Die Beschreibung der Quarzmikrowaage durch ein anschauliches elektrisches Modell bietet den Vorteil, dass darauf aufbauend eine einfache theoretische Beschreibung möglich wird. Das wird besonders deutlich, wenn nicht nur die ungestörte Scherschwingung, sondern reale Bedingungen (Abbildung 8) beschrieben werden sollen. Die zusätzlichen Einflüsse auf den Quarz können dann durch weitere elektrische Bauteile berücksichtigt werden (Dämpfungen durch zusätzliche Widerstände, Massen durch weitere Spulen). 1.5 Betriebsmodi Eine Quarzmikrowaage kann auf zwei verschiedene Weisen betrieben werden. Zum einen kann einfach die aktuelle Resonanzfrequenz des Schwingquarzes ermittelt und über die Änderung der Resonanzfrequenz die Masse bestimmt werden. Die Methode wird als aktiv bezeichnet [3]. Der Vorteil dieser Methode ist, dass sie relativ einfach zu realisieren ist und die Messung der abgelagerten Masse schnell erfolgt [4]. Sie wird daher auch im Versuch verwendet. Für Systeme mit hoher Dämpfung ist sie jedoch wenig geeignet, da unter anderem die Lage des Maximums der Resonanzfrequenz von der Dämpfung abhängt. Bei der passiven Methode wird für jede Massenbestimmung eine Resonanzkurve des Schwingquarzes aufgenommen, wozu die Leitfähigkeit bei verschiedenen Anregungsfrequenzen gemessen wird (siehe Kapitel 1.4). So kann aus der Breite des Peaks die Dämpfung bestimmt werden [3]. Bei hoher Dämpfung ist somit auch die Bestimmung der abgeschiedenen Masse genauer. Da die Messung einer Resonanzkurve deutlich länger als die Bestimmung der Resonanzfrequenz dauert, ist diese Methode langsamer als die Messung im aktiven Modus. Die Realisierung ist ebenfalls aufwendiger. Vorteilhaft ist jedoch die genauere Analyse der Dissipation (Energieverlust durch Dämpfung) [4]. 1.6 Elektrolyse Lösungen von Säuren, Basen und Salzen sowie deren Schmelzen leiten elektrischen Strom. Im Gegensatz zu metallischen Leitern erfolgt der Ladungstransport hier aber nicht durch freie Elektronen, sondern durch Ionen. Im elektrischen Feld werden positiv geladene Ionen (Kationen) in Richtung Kathode und negative Ionen (Anionen) in Richtung Anode beschleunigt. Diesen Vorgang bezeichnet man als Elektrolyse. Flüssigkeiten, deren Leitfähigkeit auf der Ionenleitung basiert, werden als Elektrolyte bezeichnet. Im ersten Versuchsteil werden Sie Kupfersulfat (CuSO4) elektrolysieren. Kupfersulfat dissoziiert in Wasser gemäß: 𝐶𝑢𝑆𝑂4 → 𝐶𝑢2+ + 𝑆𝑂42− . Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 14 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Legt man nun eine elektrische Spannung an die Elektroden an, so wandern die Kupferkationen zur Kathode und werden an dieser zu elementarem Kupfer reduziert. Die bei der Elektrolyse an der Kathode abgeschiedene Masse 𝑚 lässt sich aus den Faraday’schen Gesetzen bestimmen: 𝑚 = 𝑛 ∙ 𝑀𝑚𝑜𝑙 = 𝑄 𝑍∙𝐹 𝑀𝑚𝑜𝑙 . (1.6.1) Hierbei bezeichnet 𝑄 die zwischen den Elektroden transportierte Ladung, 𝑀𝑚𝑜𝑙 die Molmasse, 𝑍 die Ladungszahl der transportierten Ionen, 𝑛 die an der Kathode abgeschiedene Stoffmenge und 𝐹 die Faradaykonstante, welche als Produkt der Avogadrokonstanten mit der Elementarladung definiert ist. Sie entspricht der Ladungsmenge, die durch einen Elektrolyten fließt, wenn sich 1/𝑍 Mol eines Stoffes mit der Ladungszahl 𝑍 an der Elektrode absetzt. Die während des Versuchs transportierte Ladungsmenge 𝑄 wiederum ist das Produkt aus Stromstärke und Dauer des Stromflusses. 1.7 Elektrochemische Doppelschicht In der Elektrochemie spielen neben dem Elektrolyten die Elektroden eine entscheidende Rolle. Die Wahl des Materials, der Reinheit, ja sogar der Form kann die Ergebnisse maßgeblich beeinflussen. Genauer betrachtet ist es die Elektrodenoberfläche, die für alle Prozesse, ob Gasentwicklung, Metallabscheidung oder Elektrolyse, verantwortlich ist. Betrachten wir daher die Metall-Elektrolyt-Grenzfläche in der elektrochemischen Zelle genauer. In Abbildung 9 ist diese Fest-FlüssigGrenzfläche dargestellt. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 15 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Abbildung 9: a) Die elektrochemische Doppelschicht im Fall einer negativ geladenen Metallelektrode. Zu sehen sind solvatisierte Ionen und einige Wassermoleküle. Im Fall der nichtspezifischen Adsorption bleibt die Solvathülle der Ionen intakt. Diese Ionen bilden die äußere Helmholtzschicht (OHP, „outer Helmholtz plane“). b) Bei der spezifischen Adsorption wird die Solvathülle der Ionen teilweise abgestreift. Diese Ionen bilden die innere Helmholtzschicht (IHP, „inner Helmholtz plane“). Unten im Bild sieht man die in diesem Beispiel negativ geladene Metallelektrode. Sie bildet die erste Schicht. Zwischen ihr und der Gegenelektrode existiert nach Anlegen einer Spannung ein elektrostatisches Feld, in dem die solvatisierten Kationen zur Katode und die Anionen in die Gegenrichtung wandern (Ionenmigration), bis das äußere Feld kompensiert ist. In der Nähe der Elektrodenoberfläche bildet sich so ein Überschuss an positiv geladenen Ionen, die zweite Schicht. Am Metall-ElektrolytÜbergang stehen sich also zwei Ladungsschichten gegenüber: Die elektrische Ladung im Metall und die ionische Ladung in der Lösung. Man spricht von der elektrochemischen Doppelschicht oder „double layer“ (DL). Da der entstehende Konzentrationsgradient der Wanderung der Ionen im elektrischen Feld entgegenwirkt, nimmt die Überschusskonzentration der (in der Abbildung positiven) Ionen mit steigendem Abstand von der Elektrode ab. Daher existiert das Modell der diffusen Doppelschicht. Dies allein ist jedoch noch kein gutes Modell für die Doppelschicht. Einige Ionen sind nämlich direkt an die Oberfläche angelagert und bilden eine starre Schicht, die sogenannte Helmholtzschicht („Helmholtz layer“, HL). Sie können dabei ihre Solvathülle behalten (siehe Abbildung 9a), die Ebene ihrer Ladungsmittelpunkte wird dann äußere Helmholtzschicht oder „outer Helmholtz plane“ (kurz: OHP) genannt. Wenn sie ihre Solvathülle ganz oder teilweise abstreifen, nähern sie sich der Metalloberfläche noch weiter an. Man spricht dann von der inneren Helmholtzschicht, kurz: IHP („inner Helmholtz plane“). Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 16 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Im Prinzip kann die Doppelschicht vereinfacht als Kondensator angesehen und entsprechend modelliert werden. Die “Platten” werden dabei durch die elektrische und die ionische Ladungsschicht repräsentiert. Dieses einfache Bild ist hilfreich, aber oft unzutreffend, da die Struktur der Doppelschicht (Ladungsträgerverteilung) und damit auch ihre Kapazität vom Elektrodenpotential abhängen. Abbildung 10: Verlauf des Potentials als Funktion des Abstands von der Elektrode im allgemeinen Fall eines verdünnten Elektrolyten. Der Spannungsabfall in der starren Doppelschicht (HL) ist näherungsweise linear. Im Bereich der diffusen Schicht fällt das Potential exponentiell ab. In Abbildung 10 ist der Potentialverlauf im Bereich der elektrochemischen Doppelschicht gezeigt. Hierbei ist 𝑥 die Richtung senkrecht zur Metalloberfläche. Im Metall ist das Potential 𝜑 konstant. Die Helmholtzschicht ist durch ein konstantes elektrisches Feld gekennzeichnet (linearer Potentialverlauf), während das Feld in der diffusen Doppelschicht exponentiell abnimmt. 1.8 Andwendungen der QCM Die QCM wird vielfältig eingesetzt. Ein Beispiel ist die Untersuchung von LigandRezeptorwechselwirkungen, für die ein Ligand oder Rezeptor auf der Quarzoberfläche aufgebracht wird und der entsprechende Gegenpart in die Lösung gegeben wird. Somit lässt sich die Reaktionskinetik über die zeitabhängige Massenzunahme untersuchen. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 17 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage Abbildung 111: Schichtdicke (schwarze Linie) und Temperatur (rote Linie) während des Sublimationsexperiments. Die in den nummerierten Bereichen gemessene Schichtdickenänderung entspricht der Sublimationsrate. Die Ausgleichsgeraden in den jeweiligen Bereichen sind bunt eingezeichnet. Eine weitere Anwendung ist die Bestimmung der Sublimationsenthalpie von organischen Molekülen im Ultrahochvakuum (UHV). Dazu wird die QCM in die UHVMesskammer eingebaut und die sublimierten Moleküle werden direkt auf der QCM abgeschieden. Ist die Dichte 𝜌 der Moleküle bekannt, so kann über die Fläche 𝐴 der QCM und die gemessene Masse auch leicht die Schichtdicke 𝑑 bestimmt werden: 𝑚 𝑑 = 𝜌𝐴. Dies ist wichtig, wenn eine wohldefinierte Bedeckung der Probe mit Molekülen erzielt werden soll. Über den zeitlichen Anstieg der Schichtdicke lässt sich dann für eine bestimmte Sublimationstemperatur die Sublimationsrate 𝑘 bestimmen (Abbildung 11). Die Sublimationsenthalpie erhält man durch Auftragen des Logarithmus der Sublimationsrate gegen die inverse Sublimationstemperatur (siehe Abbildung 12). Die der Vollständigkeit halber hier gezeigte Herleitung dieses Zusammenhangs erfolgt über die Sublimationsenthalpie Δ𝐻𝑠𝑢𝑏 : 𝑑𝑝 𝑑𝑇 = Δ𝐻𝑠𝑢𝑏 𝑇(𝑉𝑔 −𝑉𝑠 ) . (1.8.1) Da 𝑉𝑠 ≪ 𝑉𝑔 gilt (das Gasvolumen 𝑉𝑔 ist deutlich größer als das des Feststoffs 𝑉𝑠 ), kann die Gleichung mit Hilfe des idealen Gasgesetzes und Separation der Variablen zu ln 𝑝1 Δ𝐻𝑠𝑢𝑏,𝑚 1 1 = ( − ) 𝑝0 𝑅 𝑇0 𝑇1 Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 18 (1.8.2) Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage mit der universellen Gaskonstanten 𝑅 und der molaren Sublimationsenthalpie 𝛥𝐻𝑠𝑢𝑏,𝑚 vereinfacht werden. Unter der Annahme, dass die Massenzunahme auf der QCM, also die Sublimationsrate, proportional zum Druck ist, folgt durch Umstellen: 𝑙𝑛(𝑘1 )−ln(𝑘0 ) 1 1 (𝑇 −𝑇 ) 0 1 = Δ𝐻𝑠𝑢𝑏,𝑚 𝑅 . (1.8.3) Der erste Term in Gleichung 1.8.3 entspricht der Steigung in Abbildung 11, die daher proportional zur Sublimationsenthalpie ist. Abbildung 12: Aus den in der vorigen Abbildung bestimmten Sublimationsraten bei verschiedenen Temperaturen lässt sich die Sublimationsenthalpie durch lineare Regression bestimmen. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 19 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 2 Versuchsaufbau Da die bei einer Elektrolyse abgeschiedene Masse bestimmt werden soll, wird die Quarzmikrowaage bei diesem Versuch in eine Flüssigzelle eingebaut. Da die Waage noch ankontaktiert werden muss, wird sie mit einem Dichtring in einem Loch am Boden der Zelle befestigt, sodass sich nur die Oberseite in der Flüssigkeit befindet. An die Kontakte auf der Unterseite wird ein elektrischer Oszillator angeschlossen, der eine Wechselspannung erzeugt und somit den Quarz zum Schwingen anregt. Zur Vorbereitung der Elektrolyse wird ein Platindraht in die Flüssigzelle getaucht. Anschließend wird die Elektrode auf der Oberseite der Quarzmikrowaage sowie der Platindraht mit einem Netzteil verbunden. Während der Elektrolyse dient der Platindraht als Anode, die Goldbeschichtung des Schwingquarzes als Kathode. Das Netzteil erzeugt einen Gleichstrom von konstant 1 mA. Dieser wird am Schwingquarz auf den Wechselstrom addiert, mit dem der elektrische Oszillator ihn antreibt, und sorgt so dafür, dass überhaupt eine kontinuierliche Elektrolyse stattfinden kann. Die Resonanzfrequenz des Quarzes wird zeitaufgelöst mit Hilfe eines Frequenzzählers ausgelesen und an einen Computer weitergegeben. Parallel zum Frequenzzähler ist ein Multimeter geschaltet, welches den sich ändernden Leitwert des Quarzes registriert und ebenfalls an den Computer weitergibt. Im Rahmen dieses Praktikumsversuchs spielt die gemessene Leitfähigkeit jedoch keine Rolle, über sie kann jedoch der Controller der aktuellen Resonanzfrequenz folgen (siehe Abschnitt 1.4). Abbildung 13: Schematischer Aufbau des Quarzmikrowaageversuchs. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 20 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 3 Vorgehen Die benötigten Schwingquarze liegen zur Verwendung bereit. Auf beiden Seiten wurden bereits Goldelektroden zur Anregung der Schwingung aufgedampft. Beide Seiten sind identisch, weshalb man sich nun entscheiden muss, welche Seite die Oberseite ist, die später in Kontakt mit der Lösung kommt. Da die Ankontaktierung ausschließlich über den Sockel der Messzelle und daher an der Unterseite der Quarzscheibe erfolgt und die Quarzscheibe nur auf Ober- und Unterseite mit Gold bedampft wird, fehlt folglich die Verbindung am Rand für die obere Elektrode. Stellen Sie den leitenden Übergang her, indem Sie die Kontaktstelle der Unterseite über den Rand mit der Arbeitselektrode der Oberseite mit Silberleitlack verbinden. Abbildung 124: Ankontaktierung der Quarzscheibe. Der so präparierte Kristall lässt sich einfach in die Messvorrichtung einbauen. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass beim Einbau die später der Flüssigkeit zugewandte Oberseite zunächst nach unten zeigt. Der Oszillatorregelkreis detektiert und regelt dann die Resonanzschwingung der Quarzscheibe automatisch. Auf die Regelparameter kann kein Einfluss ausgeübt werden. Wenn die Regelung funktioniert, leuchtet die „OSC“ Diode am Controller grün und es wird eine Resonanzfrequenz um 5 MHz vom Frequenzzähler angezeigt. Der zeitliche Frequenzverlauf kann mit Hilfe eines Computerprogramms aufgezeichnet werden. Als Anode dient, wie bereits erwähnt, ein Platindraht, der an den Pluspol der Gleichstromquelle angeschlossen wird. Sobald der Stromkreis geschlossen wird, beginnt die Elektrolyse. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 21 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 3.1 Elektrolyse einer unbekannten Lösung Im ersten Versuchsteil soll der kationische Bestandteil einer unbekannten Lösung mit Hilfe der Quarzmikrowaage ermittelt werden. In die Messkammer wird hierfür 1 ml einer unbekannten Lösung gegeben. Die Resonanzfrequenz des Quarzes wird zeitabhängig gemessen, sodass ein Frequenz-Zeit-Diagramm entsteht. Sobald die Resonanzfrequenz 𝑓(𝑡) einen annähernd konstanten Wert erreicht hat, wird der bereits in die Lösung getauchte Platindraht an das Netzteil angeschlossen und somit die Elektrolyse gestartet. Der Frequenzverlauf wird einige Minuten aufgezeichnet, sodass er linear interpoliert werden kann. Dann wird der Stromkreis unterbrochen und, sobald sichergestellt ist, dass die Frequenz nicht weiter fällt, auch die Frequenzaufzeichnung beendet. Der Inhalt der Flüssigzelle wird entsorgt und die Zelle vorsichtig mit destilliertem Wasser zweimal ausgespült. 3.2 Kalibrierung der Schichtwägeempfindlichkeit Die Sauerbreykonstante 𝑆𝑓 lässt sich anhand der elektrolytischen Abscheidung von elementarem Kupfer berechnen. Folglich soll im zweiten Versuchsteil eine Kupfersulfatlösung in der Messzelle elektrolysiert werden, während die Massenabscheidung auf dem Schwingquarz in Form der Änderung seiner Resonanzfrequenz detektiert wird. In die Messkammer wird hierfür 1 ml einer 100 mM Kupfersulfatlösung gegeben und analog zum ersten Versuchsteil vorgegangen. Nach Abschluss des Versuchs kann die restliche Elektrolytlösung entsorgt und der Kristall ausgebaut werden. Messen Sie zur Auswertung mit Hilfe eines Messschiebers die Dimensionen des rechteckigen „Stegs“, der die Kreiselektrode mit dem Kristallrand verbindet (siehe Abbildung 1a), da sich auch hier Substanz abgeschieden hat. Zudem wird der Umgang mit einem Messschieber erlernt. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 22 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 4 Auswertung 4.1 Allgemeine Hinweise Geben Sie zu jedem Wert, den Sie ermitteln oder verwenden, auch immer einen Fehler an. Diskutieren Sie zudem für beide Aufgabenteile mögliche Fehlerquellen und ihre Auswirkungen. Neben der eigentlichen Auswertung sollte das Protokoll selbstverständlich auch eine theoretische Einführung sowie eine Beschreibung des Versuchsaufbaus und der Versuchsdurchführung enthalten. Hierfür können Sie sich an dieser Versuchsanleitung orientieren, ein wortgenaues Abschreiben derselben ist allerdings natürlich nicht sinnvoll. 4.2 Elektrolyse der Kupfersulfatlösung Unter Verwendung der Faraday’schen Gesetze lässt sich aus dem linearen Zusammenhang von abgeschiedener Masse und Änderung der Resonanzfrequenz die Sauerbreykonstante Sf bestimmen. Leiten Sie die entsprechende Relation her und bestimmen Sie die Sauerbreykonstante des Kristalls anhand der von Ihnen aufgenommenen Frequenz-Zeit-Kurve. Führen Sie dabei eine Fallunterscheidung durch, indem Sie für die Elektrodenfläche in einem Fall lediglich die Kreiselektrode (Durchmesser: 0,5 cm, soll als fehlerfrei angenommen werden) betrachten, im zweiten Fall allerdings den oben erwähnten „Steg“ mit berücksichtigen. Gehen Sie hierbei davon, dass sich die Abscheidung auf dem Steg im Hinblick auf die Frequenzänderung bei gleicher Masse nicht von der Abscheidung auf der Kreiselektrode unterscheidet. Hillier und Ward bestimmten 1992 die Sauerbreykonstante für einen planparallelen 5 MHz AT-cut Quarz zu 0,036 Hz cm²/ng [2]. Vergleichen Sie die von Ihnen experimentell ermittelten Sauerbreykonstanten mit dem Wert von Hillier und Ward. Ist es überhaupt sinnvoll den „Steg“ zu berücksichtigen? Ist es für die weitere Berechnung wichtig, welche der beiden berechneten Werte verwendet wird? Berechnen Sie außerdem die Masse an Kupfer, die sich während des Versuchs abgeschieden hat, auf zweierlei Weise, nämlich nach der Sauerbreygleichung (mit der von Ihnen bestimmten Sauerbreykonstanten) und nach den Faraday’schen Gesetzen. Stimmen die Werte überein? Erklären Sie, warum das so sein muss. Betrachten Sie dazu, wie die Sauerbreykonstante berechnet wurde. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 23 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 4.3 Elektrolyse einer unbekannten Lösung Aus der Änderung der Resonanzfrequenz 𝛥𝑓(𝑡) und der in 4.2 ermittelten Sauerbreykonstanten ist die abgeschiedene Masse des kationischen Bestandteils der unbekannten Lösung berechenbar. Mit Hilfe der Faraday’schen Gesetze lässt sich aus dieser die molare Masse des abgeschiedenen Elementes bestimmen, wenn die Ladungszahl bekannt ist (hier: 𝑍 = 1). Um welches Element handelt es sich? Bestimmen Sie auch hier die abgeschiedene Masse unter der Prämisse, dass es sich tatsächlich um das Element Ihrer Vermutung handelt. Nutzen Sie hierfür entweder die Sauerbreygleichung oder die Faraday‘schen Gesetze. Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 24 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 5 Fragen zur Vorbereitung 1. Wie lautet die Gleichung, mit deren Hilfe eine Massenbestimmung mittels QCM möglich ist? Was wird also bei der Messung mit der QCM aufgezeichnet? Wie lässt sich die im Versuch während der Elektrolyse abgeschiedene Masse aus Stromstärke und Dauer der Elektrolyse für die bekannte Substanz berechnen? 2. Was ist ein Schwingquarz? Warum ist der AT-Schnitt wichtig? Wie schwingt der Quarz und wie wird er zur Schwingung angeregt? 3. Wie sieht eine Resonanzkurve aus? Welchen Effekt hat die Dämpfung? Was bedeuten die einzelnen Summanden in Gleichung 1.4.1 anschaulich? 4. Wie funktioniert ein elektrischer Schwingkreis? Welchen Komponenten eines mechanischen Systems bestehend aus Gewicht, Feder und Dämpfungselement entsprechen die einzelnen Bauteile? Vergleichen Sie dazu Gleichung 1.4.1 und 1.4.4! Was wird also bei der elektrischen Schwingung bewegt? Wie kann die Resonanzfrequenz des Quarzes elektrisch bestimmt werden? 5. Wie ist die QCM aufgebaut? Wie unterscheiden sich der aktive und der passive Modus? Was sind die Vor- und Nachteile der beiden Modi? 6. Beschreiben Sie, welche Vorgänge bei einer Elektrolyse stattfinden. 7. Für welche Fragestellungen ist die QCM besonders interessant? Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 25 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 6 Literatur [1] „Verwendung von Schwingquarzen zur Wägung dünner Schichten und zur Mikrowägung“ Sauerbrey, G: Zeitschrift für Physik 115, 206-222 (1959) [2] “Scanning electrochemical mass sensitivity mapping of the quartz crystal microbalance in liquid media” Hillier, A.C.; Ward, M.D.: Anal. Chem. 64 (21), 2539-2554 (1992) [3] „Die Quarzmikrowaage in den Biowissenschaften“ Janshoff et al.: Angew. Chemie 112, 4164-4195 (2000) [4] „Die Quarzmikrowaage“ Vortrag von Markus Nimmrich, Mainz (2000) Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 26 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum Quarzmikrowaage 7 Gefährdungsbeurteilung des Versuches Für die zu untersuchenden Lösungen gelten zusammen folgende R- und S-Sätze: R: 8-22-34-36/38-50/53 S: (1/2)-26-36/37/39-45-60-61 Kontakt der Lösungen mit Augen/Haut ist ebenso zu vermeiden wie das Verschlucken der Lösungen. Tragen Sie während des Versuchs eine Schutzbrille! Johannes Gutenberg - Universität Institut für Physikalische Chemie Seite 27 Physikalisch-chemisches Fortgeschrittenenpraktikum