Infoblatt 04 Genetische Beratung - Tuberöse Sklerose Deutschland eV

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Tuberöse Sklerose Deutschland e.V.
www.tsdev.org
I N F O R M AT I O N S B L AT T 0 4
Genetische Beratung und
Untersuchung des ungeborenen
Kindes bei Tuberöse Sklerose
Complex (TSC)
1. Einleitung
3. Ablauf
Da es sich bei TSC um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, stellt sich die Frage, ob die Tuberöse
Sklerose bei dem Betroffenen erstmals in der Familie aufgetreten ist oder von einem Elternteil vererbt
wurde, bzw. inwieweit weitere Familienangehörige
Anlageträger sein können. Weiterhin besteht häufig
sowohl bei Betroffenen als auch bei den gesunden Angehörigen der Wunsch, zu klären, ob die Erkrankung
bei geplanten Kindern wieder auftreten kann. Bei diesen Fragestellungen ist eine genetische Beratung sinnvoll, die von Fachärzten für Humangenetik angeboten
wird und deren Kosten von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen werden.
Der erste Termin einer genetischen Beratung dauert
in der Regel etwa eine Stunde und umfasst die Dokumentation der Familiendaten („Stammbaumanalyse“) und der Krankengeschichte des Betroffenen,
wobei ärztliche Unterlagen sehr hilfreich sind. Daran
schließen sich die klinischen Untersuchungen des Betroffenen und der Ratsuchenden an. Oft müssen für
die Bestimmung des Wiederholungsrisikos weitere
fachärztliche Untersuchungen oder eine Labordiagnostik veranlasst werden (siehe Kap. 4), was längere
Zeit in Anspruch nehmen kann. Wenn alle notwendigen Befunde vorliegen, kann dann das Wiederholungsrisiko abgeschätzt werden.
2. Zielsetzung
Ziel einer genetischen Beratung ist die Information
der Ratsuchenden über genetische und medizinische
Sachverhalte wie Verlauf der Krankheit, Behandlungsmöglichkeiten, Prognose und Wiederholungsrisiko, damit die Ratsuchenden anschließend eigenverantwortlich selbst die Entscheidungen für die
Familienplanung treffen können. Der Beratungsstil
soll also informativ sein, aber nicht direktiv, d. h. Anweisungen für die Familienplanung sollten nicht gegeben werden.
Genetische Beratung wird von Fachärzten für Humangenetik und Fachärzten anderer Fachrichtungen
mit der Zusatzbezeichnung Medizinische Genetik
angeboten. Bei der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik sind insgesamt etwa 300 Adressen genetischer Beratungsstellen in Deutschland, Österreich
und der Schweiz gelistet (http://www.gfhev.de).
Anschrift
Tuberöse Sklerose Deutschland e. V.
Vereinsbüro
Im Brückfeld 15
65207 Wiesbaden
Kontakt
Tel. 0611/469-2707
Fax 0611/469-2708
eMail [email protected]
www.tsdev.org
Da in diesem Zusammenhang oft weitere Fragen
auftauchen, ist die Vereinbarung eines zweiten Besprechungstermins sinnvoll, aber nicht zwingend.
Die Ratsuchenden sollten dabei über Möglichkeiten
des Verlaufs einer TSC, Behandlungsmöglichkeiten,
Prognose und gegebenenfalls über Alternativen einer
vorgeburtlichen Diagnostik informiert werden. Die
Beratung wird durch einen zusammenfassenden Bericht, in der Regel in Form eines Briefes an die Ratsuchenden oder den überweisenden Arzt, abgeschlossen. Während der Beratung haben die Ratsuchenden
jederzeit die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
4. Notwendige Untersuchungen
Ob und gegebenenfalls welche zusätzlichen Untersuchungen im Rahmen der genetischen Beratung bei
welchen Angehörigen veranlasst werden müssen,
richtet sich nach der Fragestellung, der Familienkonstellation und dem Wiederholungsrisiko.
Spendenkonten
Sparkasse Ettlingen
BLZ 660 512 20 , Konto 123 54 64
Commerzbank Frankfurt
BLZ 500 400 00, Konto 33 90 33 300
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Mitgliedschaften des TSD e.V.
Kindernetzwerk e.V.
Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE)
Tuberous Sclerosis International (TSI)
Tuberous Sclerosis Europe (TSE)
4.1 Genetische Labordiagnostik
Die TSC ist eine genetisch bedingte Erkrankung,
deren Ursache eine genetische Veränderung (Mutation) in einem der beiden Gene TSC1 oder TSC2
ist. Diese Mutation wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % an Nachkommen vererbt. Bei
zwei Drittel der Erkrankten ist diese Mutation
in einer elterlichen Keimzelle oder während der
frühen Embryonalentwicklung neu entstanden.
Man spricht hier von einer sog. Neumutation.
Bei einem Drittel der Erkrankten ist die Mutation
von einem der beiden Eltern vererbt worden. Bei
den genetischen Analysen werden unter Anwendung verschiedener Methoden beide TSC-Gene
auf Mutationen untersucht. Mit der Kombination
mehrerer Verfahren ist es derzeit möglich, bei bis
zu 85 % der TSC-Patienten eine krankheitsverursachende Mutation zu identifizieren. Dies ist die
Voraussetzung für eine gezielte Untersuchung
weiterer Risikopersonen in der Familie auf diese
Mutation oder auch für eine gezielte Pränataldiagnostik, also einer vorgeburtlichen Untersuchung.
2
Zum 1. Februar 2010 ist der Hauptteil des Gendiagnostikgesetzes (GenDG) in Kraft getreten. Im
Abschnitt 2 sind dort genetische Untersuchungen
zu medizinischen Zwecken sowie die genetische
Beratung, die Aufklärung und Einwilligung als
auch vorgeburtliche genetische Untersuchungen
und die Mitteilung der Ergebnisse geregelt. Die
genetische Beratung gehört zu den zentralen
Elementen des Gesetzes. Bei einer genetischen
Untersuchung, die der Abklärung bereits bestehender Erkrankungen dient, soll der untersuchten
Person eine Beratung angeboten werden. Einen
besonderen Stellenwert hat die Beratung bei Untersuchungen, die eine Vorhersage (sog. prädiktive
Diagnostik) für die Gesundheit der betroffenen
Person selbst oder in Bezug auf die Gesundheit
eines ungeborenen Kindes erlauben. Deswegen
ist hier in beiden Fällen die genetische Beratung
vor und nach der Untersuchung verpflichtend.
Das Material für die Labordiagnostik ist eine
Blutprobe (1 bis 5 ml EDTA-Blut für die molekulargenetische Analyse bzw. 2 ml Na-Heparin-Blut
für die molekularzytogenetische Analyse), die an
ein genetisches Labor weitergeleitet wird. Die
erste Mutationssuche bei einem Betroffenen in
einer Familie (Indexpatient) kann je nach technischem Aufwand mehrere Wochen bis Monate
in Anspruch nehmen. Die Kosten werden bei
entsprechender ärztlicher Begründung von den
Krankenkassen übernommen. Bei privaten Krankenversicherungen empfiehlt sich im Vorfeld die
Einholung der Bestätigung der Kostenübernahme.
Für weitere Informationen zum Thema molekulargenetische und molekularzytogenetische
Diagnostik wird auf das Informationsblatt „Gene-
tische Diagnostik bei Tuberöse Sklerose Complex
(TSC)“ verwiesen.
4.2 Klinische Untersuchungen
Klinische und fachärztliche Untersuchungen sind
für die Ratsuchenden mit größerem Aufwand verbunden, aber die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. Diese Untersuchungen
können oft dann weiter helfen, wenn durch die
molekulargenetische Analyse die krankheitsverursachende Mutation nicht identifiziert wurde.
Insbesondere gesunde Eltern betroffener Kinder
sollten bei weiterem Kinderwunsch klinisch auf
Einzelsymptome einer TSC untersucht werden.
Diese Untersuchungen umfassen:
• Eine Inspektion der Haut (mit UV-Licht) und
der Mundhöhle,
• bei älteren Kindern und Erwachsenen eine Sonografie der Oberbauchorgane, insbesondere
der Nieren,
• eine Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung) des Herzens und der großen Gefäße,
• eine augenärztliche Untersuchung auf Veränderungen der Netzhaut (Augenspiegelung),
• eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder
Computertomographie (CT) des Gehirns.
Wenn diese Untersuchungen sämtlich unauffällige Befunde ergeben, kann eine Tuberöse Sklerose ausgeschlossen werden, ein genetisches Mosaik jedoch nicht. Dieses liegt bei Individuen vor, bei
denen nur ein Teil der Körperzellen eine Mutation
in einem TSC-Gen hat. Solche Mosaike entstehen,
wenn die Mutation nicht eine der Keimzellen, sondern eine Zelle des frühen Embryos im Mutterleib
trifft. Träger eines Mosaiks können klinisch unauffällig sein oder nur Einzelsymptome einer TSC haben. In der Regel betrifft ein genetisches Mosaik
jedoch auch die Keimzellen, sodass bei geplanten
Kindern ein Erkrankungsrisiko bestehen kann,
dessen Höhe nicht bestimmbar ist und bis zu 50
% reichen kann.
5. Bestimmung des Wiederholungsrisikos
Ein zentrales Thema der genetischen Beratung ist die
Abschätzung des Wiederholungsrisikos. Die Tuberöse
Sklerose ist eine autosomal dominante Erbkrankheit
mit vollständiger Penetranz. Daher haben Kinder
eines betroffenen Elternteils ein Erkrankungsrisiko
von 50 %. Dieses Risiko gilt bei jeder Schwangerschaft.
Schwieriger ist die Situation bei gesunden Eltern mit
einem betroffenen Kind. (Die Möglichkeit einer außerehelichen Zeugung soll hier außer acht gelassen
werden). Früher ging man davon aus, dass eine Neumutation in einer der Keimzellen, die zur Befruchtung
kamen, vorläge und daher kein erhöhtes Wiederholungsrisiko bestehen würde. Systematische Familienuntersuchungen zeigten jedoch, dass bei dieser Konstellation bis zu 5 % der nachfolgenden Geschwister
wiederum betroffen sind und dass man mit gleicher
Häufigkeit bei einem Elternteil bei gezielter klinischer
Untersuchung diskrete Einzelsymptome findet, die
aber in der Regel nicht die internationalen Kriterien
für die Diagnose einer Tuberösen Sklerose erfüllen. Bei
diesen Fällen wird bei einem Elternteil ein sogenanntes Keimzellmosaik angenommen. Hierbei handelt es
sich um einen Sonderfall des genetischen Mosaiks,
bei dem die Mutation ausschließlich in den Keimzellen vorliegt und dessen Ausmaß in den Keimdrüsen
nicht bestimmbar ist. Daher ist eine Abschätzung des
Wiederholungsrisikos für den Einzelfall nicht möglich.
Man kann den Ratsuchenden in diesem Fall lediglich
eine Risikospanne von etwa 5 % bis maximal 50 %
mitteilen. Für die Ratsuchenden bedeutet dies, dass
die Erbprognose unerfreulich ungenau bleibt. Selbst
wenn alle klinischen Tests bei beiden Eltern unauffällig sind, kann man ein Mosaik der Keimdrüsen allein
dennoch nicht ausschließen. Bei dieser Situation liegt
das verbleibende statistische Risiko immer noch bei
etwa 2 %.
Wenn gesunde Geschwister eines Betroffenen um
genetische Beratung bitten, kann man sie molekulargenetisch untersuchen. Voraussetzung ist, dass die
krankheitsverursachende Mutation bei dem betroffenen Familienangehörigen zuvor identifiziert werden konnte. Bei Minderjährigen sollte zwischen dem
prognostischen und therapeutischen Nutzen einer
genetischen Analyse und dem Recht auf Selbstbestimmung im Einzelfall abgewogen werden. Gemäß
der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik (GfH) „Genetische Diagnostik bei Kindern
und Jugendlichen“ und dem Gendiagnostikgesetz
Abs. 2 §14 „Genetische Untersuchungen bei nicht
einwilligungsfähigen Personen“ ist eine prädiktive
genetische Diagnostik im Kindesalter dann sinnvoll,
wenn mit dem Auftreten einer Erkrankung in diesem
Lebensalter zu rechnen ist, sowie wenn sinnvolle medizinische Maßnahmen zur Prävention der Erkrankung selbst bzw. zur Prävention von Komplikationen
oder zur Therapie ergriffen werden können. Die Untersuchung soll für die Person mit möglichst wenig
Risiken und Belastungen verbunden sein und das Untersuchungsergebnis soll weder zu physischen noch
zu psychischen Belastungen führen. Ein normaler Befund ohne Nachweis der entsprechenden Mutation
schließt eine Tuberöse Sklerose praktisch aus und ein
genetisches Mosaik ist extrem unwahrscheinlich, da
Mosaike von Eltern auf Kinder nicht vererbt werden
können. Ein Mosaik müsste daher unabhängig von
dem erkrankten Geschwisterkind neu entstanden
sein.
Bei Verwandten zweiten oder dritten Grades wird
man zusammen mit dem beratenden Arzt je nach familiärer Situation und Untersuchungsmöglichkeiten
der Angehörigen eine Untersuchungsstrategie vereinbaren, die ein Maximum an Sicherheit mit einem
Minimum an Aufwand und Kosten kombiniert.
6. Pränataldiagnostik (Untersuchung des ungeborenen Kindes)
Wenn ein Paar ein hohes Wiederholungsrisiko für
eine TSC hat, aber nicht Willens ist, ein betroffenes
Kind aufzuziehen, stellt sich die Frage nach den Alternativen einer vorgeburtlichen Diagnostik. In diesem Falle stehen die folgenden pränataldiagnostischen Verfahren zu Verfügung:
• Echokardiographie beim Feten zum Nachweis
oder Ausschluss von Tumoren des Herzmuskels
(Rhabdomyomen):
Dieses Verfahren kann ab der 20. Schwangerschaftswoche eingesetzt werden. Da es mit
keiner Strahlenbelastung verbunden ist, sind
mehrfache Kontrolluntersuchungen bedenkenlos
möglich. Weil aber nur bei etwa 60 % der betroffenen Feten Rhabdomyome vorliegen, ist diese
Untersuchung nicht sonderlich aussagekräftig.
Der Nachweis solch eines Tumors zusammen mit
einer familiären Belastung führt zu einem verwertbaren Befund, während ein normaler Befund
eine Tuberöse Sklerose beim Feten nicht ausschließt.
• Molekulargenetische Untersuchung nach Fruchtwasserentnahme (Amniozentese) oder Chorionzottenbiopsie:
Diese Verfahren sind dann einsetzbar, wenn zuvor
die krankheitsverursachende Mutation in einem
der beiden TSC-Gene bei einem betroffenen Familienangehörigen identifiziert wurde. Wenn diese
Vorbedingung nicht erfüllt ist, führt diese Diagnostik zu keiner verwertbaren Aussage.
Wenn bei einer Schwangerschaft gesunder, familiär nicht belasteter Partner im Ultraschall zufällig Tumoren des Herzens diagnostiziert werden,
besteht der Verdacht auf eine Tuberöse Sklerose
des Feten. Dann kann eine molekulargenetische
Analyse der Fruchtwasserzellen bei Nachweis
einer Mutation in einem der TSC-Gene die Verdachtsdiagnose sichern. Bei einem unauffälligen
Befund ist TSC dennoch nicht auszuschließen.
Falls eine Tuberöse Sklerose beim ungeborenen Kind nachgewiesen wurde und die Mutter
aufgrund der Diagnose einer erheblichen seelischen Belastung ausgesetzt ist, kann ein legaler
Schwangerschaftsabbruch nach § 218a Abs.2 erwogen werden.
3
Abb. 1: Entnahme von
Polkörpern bei der
Eizelle, totipotenten
Blastomeren im Furchungsstadium oder
pluripotenten Trophoblastzellen im Blastozysten-Stadium
für
eine PID.
(Quelle: Wandel in der
Implementation des
Deutschen Embryonenschutzgesetzes,
Bals-Pratsch M, Dittrich R, Frommel M,
J. Reproduktionsmed.
Endokrinol
2010;
7 (2), 87-95)
• Präimplantationsdiagnostik (PID):
Die PID setzt die Identifizierung der krankheitsverursachenden Mutation bei einem Elternteil
voraus. Bei diesem Verfahren werden mehrere
Eizellen gewonnen, außerhalb des Mutterleibs
befruchtet und in Kultur gehalten bis einige Zellteilungen abgelaufen sind (Präembryo). Nach einigen Tagen entwickelt sich eine hohle Zellkugel,
die sogenannte Blastozyste oder Keimblase (vgl.
Abb. 1). Diese besteht aus einer inneren Zellmasse, dem Embryoblast (in der Abb. A), aus der sich
später der Embryo entwickelt sowie einer äußeren Zellschicht, dem Trophoblasten (C), aus dem
der Mutterkuchen hervorgeht, welcher der Ernährung des Embryos dient. Der Trophoblast umschließt die Blastozystenhöhle (B) und nimmt an
der Embryonalentwicklung nicht teil. Am Tag fünf
nach Befruchtung werden den Blastozysten Trophoblastzellen entnommen sowie molekulargenetisch oder molekularzytogenetisch untersucht.
Die Embryoblastzellen, aus denen der Embryo
hervorgeht, werden nicht zur Diagnostik herangezogen. Der Embryo selbst bleibt also unversehrt.
Nur die Präembryonen, die keine Genveränderung
aufweisen, werden wieder in die Gebärmutter
implantiert (maximal drei). Auf diese Art hat die
Mutter die Gewissheit, dass das erwartete Kind
nicht betroffen sein wird. Da jedoch über 80 %
aller befruchteten Eizellen nicht zu Schwangerschaft führen oder als Fehlgeburt enden ist die
Erfolgsrate gering.
Die PID war bisher in der Bundesrepublik durch das
Embryonenschutzgesetz (ESchG) von 1990 bei Gefängnisstrafe für den ausführenden Arzt verboten.
Sie wurde jedoch u. a. in den Niederlanden, Italien,
Belgien und Schweden praktiziert. In Deutschland
erklärte der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil
vom 06.07.2010 dieses Verfahren zur Untersuchung von Trophoblastzellen auf schwerwiegende
genetische Schäden zur Vermeidung einer Konfliktlage, die in einen Schwangerschaftsabbruch
einmünden kann, nach §2 Abs. 1 Nr. 2 ESchG nun
ebenfalls für nicht strafbar. Die PID ist in Deutschland nach wie vor umstritten. Als Folge der derzeitigen Diskussionen ist eine erneute Änderung der
Rechtslage daher nicht ausgeschlossen.
• Polkörperdiagnostik (PKD):
Voraussetzung ist hier die Kenntnis der krankheitsverursachenden Mutation bei der Mutter,
die Verfügbarkeit von genetischem Material eines
weiteren Betroffenen in der Familie oder eines
gesunden Kindes des Paares sowie die Gewinnung von Eizellen. Dieses Verfahren umgeht die
ethischen und juristischen Probleme der Präimplantationsdiagnostik, da nur diejenigen Zellen
untersucht werden, die bei den Reifeteilungen
der Eizelle nach Befruchtung anfallen, welche
ausschließlich mütterliches Erbgut enthalten und
nicht zur Bildung des Embryos beitragen. Es handelt sich also um eine indirekte Untersuchung der
Eizelle allein. Die PKD eignet sich daher nur zum
Nachweis oder Ausschluss mütterlicher defekter
Erbanlagen. Väterliche Gendefekte und Neumutationen werden nicht erfasst. Die Erfolgsrate ist
aus dem gleichen Grund wie bei der PID gering.
Wegen der einschränkenden oben genannten Voraussetzungen und des hohen organisatorischen
und methodischen Aufwandes mit einer Vorlaufzeit von mehreren Monaten, bei der die Analyse
individuell der spezifischen Konstellation in einer
Familie angepasst werden muss, wird dieses Verfahren bisher nur in Einzelfällen und nach vorheriger Absprache mit darauf spezialisierten Laboren angeboten.
4
Raum für eigene Notizen:
5
Autor:
Weiterführende Literatur:
Bundesärztekammer (2006) (Muster-)Richtlinie zur
Durchführung der assistierten Reproduktion. Novelle
2006. Deutsches Ärzteblatt 203/20: B1188-B1198.
Prof. Dr. med. Hans-Dieter Rott,
Facharzt für Humangenetik i. R.
Mitautor:
Diedrich K, Griesinger G, Behre MH, Felderbaum R,
Montag M et al. (2005) Neue Entwicklungen in der
Reproduktionsmedizin. Deutsches Ärzteblatt 102/9.
S. A587-591.
Dr. rer. nat Karin Mayer,
wiss. Bundesvorstandsmitglied des TSD e. V.
Griesinger G, Büntgen N, Salmen D, Schwinger E u.
Mitarb. (2009) Polkörperdiagnostik für monogene Erkrankungen. Deutsches Ärzteblatt 106/33: 533-538.
Redaktionelle Bearbeitung:
Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG) vom 31. Juli
2009. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 50,
ausgegeben zu Bonn am 4. August 2009
http://www.bmg.bund.de/cln_169/nn_1168248/
SharedDocs/Downloads/DE/Standardartikel/G/
Glossar-Gendiagnostik/Glossarbegriff-Gendiagnostik__Gesetz,templateId=raw,property=publicationFi
le.pdf/Glossarbegriff-Gendiagnostik_Gesetz.pdf
Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz - ESchG) vom 13. Dezember 1990
http://www.bmj.bund.de/files/-/1148/ESchG.pdf
Leitlinien-Kommission der Deutschen Gesellschaft
für Humangenetik. Genetische Beratung. medgen
2007 19:452–454
Leitlinien-Kommission der Deutschen Gesellschaft
für Humangenetik. Genetische Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen. medgen 2007 • 19:454–455
Dr. Carmen Gallitzendorfer,
Bundesvorstandsmitglied des TSD e.V.
Layout & Grafik:
Sandra Welz
Lektorat:
Sandra Hoffmann
Bildquelle:
H.-D. Langman: Medizinische Embryologie. Thieme
1976
Mit freundlicher Unterstützung der
Rechtlicher Hinweis:
Mit den Infoblättern des Tuberöse Sklerose Deutschland
e. V. werden Basisinformationen für Betroffene, deren
Angehörige und weitere Kontaktpersonen bereitgestellt.
Sie sollen Hilfestellung im Umgang mit der Erkrankung
geben und zur weiteren Aufklärung hierüber beitragen.
4
Die Informationen berücksichtigen den jeweils aktuellen
Stand der Wissenschaft und werden regelmäßig aktualisiert. Ungeachtet dessen sind sie kein Ersatz diagnostischer und / oder therapeutischer Maßnahmen durch
den Facharzt und sollten keinesfalls Anlass für eine eigenmächtige Veränderung oder den Abbruch ärztlicher
Verordnungen sein. Dies kann zu lebensbedrohlichen
Situationen führen!
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rechtsgeschäftlicher Wille mit der Bereitstellung solcher
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14.10.2010 (neu überarbeitete Version)
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