Invasive Staphylococcal Infections Cohort (INSTINCT) – ein Update Achim J. Kaasch1, Siegbert Rieg2, Stephan Neumann1, Gabriele Peyerl-Hoffmann2, Georg Peppinghaus1, Harald Seifert1, Winfried Kern2 Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene 1, Universität zu Köln, Zentrum Infektiologie und Reisemedizin, Universität Freiburg2 ZUSAMMENFASSUNG ERGEBNISSE Hintergrund: Der klinische Verlauf der Staphylococcus aureus Bakteriämie (SAB) ist vielgestaltig und reicht von einem benignem, symptomarmen Verlauf bis zu schweren invasiven Infektionen wie Endokarditis, Pneumonie und schwerer Sepsis mit Multiorganversagen. Zudem können Spätkomplikationen oder Rezidive auftreten. Die Zunahme von Methicillin-resistenten Isolaten (MRSA) schränkt die Therapieoptionen ein. Methoden: Ziel der INSTINCT-Studie ist die prospektive Erfassung von klinischen Parametern bei Patienten mit SAB als Grundlage für einen prognostischen Score. Hierbei werden Daten zu Risikofaktoren, Grunderkrankungen, klinischem Verlauf, diagnostischen und therapeutischen Interventionen, sowie zu Frühund Spätkomplikationen erhoben. Ergebnisse: In 32 Monaten wurden an den Unikliniken Freiburg und Köln 415 Patienten (63% männlich, Durchschnittsalter 61 Jahre) eingeschlossen. Der Anteil der MRSA Isolate betrug 11% in Freiburg und 17% in Köln. Die Mehrheit der Patienten (73%) war in den vergangen 12 Monaten hospitalisiert, 53% sogar innerhalb von 30 Tagen. Bei Auftreten der SAB waren 35% der Patienten fieberfrei, 7% hatten eine schwere Sepsis und 7% einen septischen Schock. 51% der Fälle wurden als nosokomial und 49% als ambulant erworben eingestuft. Ambulant erworbenen Infektionen waren zu 62% Gesundheitssystem-assoziiert. Eine primäre Bakteriämie bestand bei 62% der Patienten (davon 50% Katheter-assoziiert). Häufigste Ausgangspunkte für sekundäre Bakteriämien waren Haut-Weichgewebs-Infektionen (12% aller Patienten) und Knochen- und Gelenksinfektionen (7%). Die Krankenhausletalität betrug 21%. Eine rekurrente Infektion trat bei 8% der Patienten auf. HINTERGRUND Demographische Daten von 415 Patienten (Januar 2006 – August 2008): Mittelwert: 61 Jahre Männlich 63% Rentner 63% zuhause 73% Alter Geschlecht Status Aufnahme von Range: 12 – 91 Jahre Weiblich 37% Angestellt 25% anderes KH 23% Schule 1% Reha-Klinik 2% Sonstige 11% Pflegeheim 1% Fachrichtung bei Beginn der SAB 11% 7% 7% 7% 14% 54% Innere Medizin Neurochirurgie Neurologie Kardiochirurgie Allgemeinchirurgie Sonstige Grunderkrankungen Staphylococcus aureus ist der zweithäufigste Erreger von nosokomialen und ambulant erworbenen BlutstromInfektionen (SAB = S. aureus Bakteriämie). Die Häufigkeit der SAB hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und beträgt 1,1 – 2,8 Fälle pro 1000 Krankenhausaufnahmen [1]. Der klinische Verlauf ist vielgestaltig und reicht von einem benignem, symptomarmen Verlauf bis zu schweren invasiven Infektionen wie Endokarditis, Osteomyelitis, Pneumonie und schwerer Sepsis mit Multiorganversagen. Zudem können Spätkomplikationen auftreten (s.u.). Die Krankenhaussterblichkeit ist hoch und liegt je nach Studie bei 18 – 34% [1,2]. Zu den Frühkomplikationen einer SAB zählen septischer Schock, die kontinuierliche Ausbreitung der Infektion über den primären Infektionsherd hinaus (z.B. eine septische Thrombose auf den Boden einer Katheterinfektion) oder frühe metastatische Infektionen. Sie liegen bereits bei Diagnose der SAB vor oder treten innerhalb weniger Tage nach Beginn der SAB, meist noch während der Hospitalisation auf. Besonders gefürchtet sind jedoch Spätkomplikationen, die trotz vermeintlich ausreichender antimikrobieller Therapie nach mehreren Wochen bis Monaten bei 8 - 23% der Patienten auftreten können [1,3]. Dazu gehören SAB-Rezidive und Organinfektionen wie z.B. Osteomyelitis, Endokarditis und Spondylodiszitis aufgrund früher metastatischer Absiedlungen. Um das Risiko eines komplizierten Verlaufs abzuschätzen, wurde von Fowler et al. [4] ein klinischer Score entwickelt. In diesem Score ergeben „community-acquisition“, „skin examination findings suggestive for presence of acute systemic infection“, „persistent fever at 72h“ jeweils 1 Punkt. Bei einer positive Blutkultur nach 48-96h werden 2 Punkte addiert. Herz-Kreislauf-Erkr. 36% Chronische Herzinsuff. 11% 23% Diabetes mellitus 22% Niereninsuffizienz periph. AVK 17% 10% Hämatoonkologische Erkr. andere Tumorleiden 20% Lebererkrankung 12% 5% iv Drogenabusus Erwerb und MRSA Isolate (Freiburg 11%, Köln 17%, gesamt 13,6%) 51% MRSA 60% MSSA 50% 30% 40% 19 % 30% 20% METHODEN 10% In die INSTINCT-Studie werden alle Patienten mit SAB aus den Unikliniken Freiburg und Köln seit dem 01.01.2006 eingeschlossen (Einschlusskriterium: mindestens eine positive Blutkultur mit S. aureus). Daten zu Risikofaktoren, Grunderkrankungen, klinischem Verlauf, diagnostischen und therapeutischen Interventionen, sowie zu Früh- und Spätkomplikationen werden prospektiv erhoben und Internet-basiert erfasst. Eine Nachverfolgung der Patienten mittels Telefoninterview und/oder Gespräch mit dem aktuell behandelnden Ärzten, sowie ggf. eine ambulante Vorstellung erfolgt nach 3 und 12 Monaten. 0% nosokomial (20% MRSA) Gesundheitss ystemassoziiert (19% MRSA) ambulant (4% MRSA) Ausgangspunkt der Infektion Sonstige; 3% ZNS; 3% SCHLUSSFOLGERUNG Endokarditis; 3% OP-Wunden; 5% Die INSTINCT Kohorte eignet sich um grundlegende Parameter der SAB zu untersuchen. Um die prognostische Bedeutung des „Fowler-Scores“ abzuschätzen oder ggf. einen alternativen Score zu erstellen ist ein weiterer Ausbau der Kohorte notwendig. Atemwege; 5% Katheter; 31% Knochen/Gelenke; 7% Haut-Weichgebe; 12% Herz-SM; 1,50% unklar; 30% Verlauf der S. aureus Bakteriämie Komplizierte Infektion: 54% - schwere Sepsis 7% - septischer Schock 7% Risiko einer komplizierten Infektion („Fowler Score“) 7-Tages Sterblichkeit 8% SAB-bedingte Sterblichkeit 11% 100 measured predicted 90 80 8% KH-Sterblichkeit 70 21% - SAB-Rezidiv 7% - MSSA 19% - Andere (Endokarditis, 1% - MRSA 35% 3-Monats Sterblichkeit 34% 60 % Spätkomplikationen 50 40 30 Osteomyelitis, Spondylodiszitis) Fieberdauer 1.8 Tage Bakteriämiedauer 3.3 Tage LITERATUR 1. Seifert H, Wisplinghoff H, Kaasch A, et al. Dtsch Med Wochenschr. 2008 Feb;133(8):340-5. 2. Wisplinghoff H, Bischoff T, Tallent S, et al. Clin Infect Dis. 2004; 39: 309–317. 3. Chang FY, Peacock JE, Jr., Musher DM, et al. Medicine (Baltimore). 2003 Sep;82(5):333-9. 4. Fowler VG Jr, Olsen MK, Corey GR, et al. Arch Intern Med. 2003 Sep 22; 163(17):2066-72. 20 10 0 0 1 (266 Pat.) (83 Pat.) 2 (66 Pat.) 3 (23 Pat.) 4 (4 Pat.) 5 (0 Pat.)