Getreidebroschüre 2016 [PDF 3323 KB]

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WISSEN ERLEBEN
GETREIDE
„Saatgut ist ein Geschenk der Natur, vergangener Generationen und unterschiedlicher Kulturen. Wir haben die Verantwortung, es zu schützen und an
künftige Generationen weiterzugeben“
Edith und Robert Bernhard/Burgeis
Liebe Leserinnen und Leser,
Die Salerner Schulgemeinschaft freut sich, Ihnen diese gelungene Produktbroschüre der Fachlehrerinnen Gabriele Falschlunger, Nadine Laqua und Michaela Krause zum Thema Getreide vorstellen zu dürfen. Sie ist Auftakt und Begleitung zur Sonderausstellung „Salerner Getreidetage“ im November 2016
an der Fachschule Salern.
Erarbeitetes Wissen wird dokumentiert: informativ, aufschlussreich und nachhaltig dargestellt.
Getreide in seiner Vielfalt und in seinem Artenreichtum ist wieder stärker in
das Bewusstsein von Produzenten und Konsumenten gerückt und stärkt die
Biodiversität der Südtiroler Landwirtschaft.
Gehen Sie mit uns auf die Reise in eine der Wunderecken unserer Natur!
Juliane Gasser Pellegrini
Direktorin Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern
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INHALTSVERZEICHNIS
04Vorgeschichte
06Geschichte
10 Botanik
12
Anbau und Verarbeitung
16
Getreide in Südtirol
20
Portrait Weizenfamilie
24
Portrait Einkorn und Emmer
26
Portrait Dinkel und Khorasan
28
Portrait Weich- und Hartweizen
30
Portrait Gerste
32
Portrait Roggen
34
Portrait Hafer
36
Portrait Reis
38
Portrait Hirsen
40
Portrait Mais
42
Portrait Pseudogetreide
45Märchen
46
Inhaltsstoffe und Verwendung
54Rezepte
64
Quellen und Impressum
VORGESCHICHTE
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VORGESCHICHTE
Bereits vor rund 15 Jahren setzten wir uns an der Fachschule Salern das Ziel,
den Anbauern, Interessierten und Konsumenten zu vermitteln, welche enorme Vielfalt und Verwendungsmöglichkeiten von Gemüse- und Ackerkulturen
es gibt. War es zu Beginn „nur“ unser öffentlich zugänglicher Schaugarten,
spezialisierten wir uns bald auf bestimmte Pflanzengruppen und zeigten sie in
umfangreichen Ausstellungen. Am Anfang waren es die Kürbisgewächse, die
uns in ihren Bann gezogen hatten. Wir bauten unzählige Sorten an, trugen
Informationen zusammen und präsentierten sie den Besuchern. Die Faszination
für die bunten und skurrilen Formen dieser Pflanzenfamilie schwappte bald auf
andere Gemüsegruppen über und es folgten in jährlichen Abständen zahlreiche
weitere Ausstellungen quer durchs Gemüsebeet.
Seit Jahren spielen wir nun schon mit dem Gedanken eine Ausstellung über
eine typische Ackerkultur des Alpenraumes zu gestalten. Was liegt da näher als
Getreide? Wohl kein anderes Nahrungsmittel ist so eng mit der Menschheitsgeschichte verbunden. Die Erfindung des Ackerbaus war der Auftakt für die
rasante Entwicklung der Menschheit und schlussendlich die Voraussetzung für
die Entstehung vieler Hochkulturen. Das „Sesshaftwerden“ des Menschen war
nur durch die gezielte Nutzung von Körnerfrüchten wie Einkorn, Emmer und
Hirse möglich.
Seit rund zwei Jahren bauen auch wir in Salern verschiedenstes Getreide an, um
Ihnen liebe Leser und Besucher der Ausstellung, einen Einblick in die enorme
Vielfalt unseres wohl wichtigsten Nahrungsmittels zu gewähren. Die lange Evolutionsgeschichte und Vielfalt des Getreides hat unzählige Sorten, Formen und
Varietäten hervorgebracht, so dass uns bereits die Planung und Beschaffung des
Saatgutes vor enorme Herausforderungen stellte. Hinter uns liegt eine intensive
Zeit, in der wir unglaublich viel dazugelernt haben. Neben langen Arbeitstagen
brachte sie uns auch freundschaftliche Kontakte zu Menschen, die unsere Leidenschaft für den Pflanzenbau teilen.
Einhergehend mit der Ausstellung haben wir Informatives, Kurioses und Unterhaltsames zusammengetragen und in dieser Broschüre veröffentlicht. In diesem
Sinne wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Das Team der Fachschule Salern
Gabriele Falschlunger – Michaela Krause – Nadine Laqua
GESCHICHTE
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WIE ALLES BEGANN
GUTEN TAG,
ICH BIN DIE KLEINE GERSTENPFLANZE AKBAŞ.
Ich mag ja – so wie andere Getreide auch – recht unscheinbar aussehen. Aber
wir gehören zu den ältesten Kulturpflanzen und haben in unserer langen Geschichte schon viel erlebt. Darf ich euch ein bisschen über uns erzählen?
Der Name Akbaş bedeutet „knospende Gerste“ und kommt aus dem Türkischen. Er verrät damit etwas über meine Herkunft. Denn meine wilden Vorfahren wachsen im östlichen Mittelmeerraum, dem sogenannten „Fruchtbaren
Halbmond“ (s. Skizze). Schon vor über 40.000 Jahren sammelten die Menschen, die dort als Nomaden lebten, die Samen der Wildgerste. Vor gut 10.000
Jahren begannen sie Gerste, Einkorn und Emmer gezielt anzubauen und wurden
langsam sesshaft.
Die Getreidesamen aßen die
Menschen in der ersten Zeit
einfach roh oder geröstet. Bald
schon mahlten sie die Körner
und stellten Brei oder Fladen daraus her. Im alten Ägypten gab
es bereits gesäuerte Brote. Auch
das Bierbrauen lernten die Menschen recht schnell und sie entwickelten immer bessere Mühlen und Lagermöglichkeiten.
Vor mindestens 7.000 Jahren
entstanden auch in Mittelame-
Das Gebiet des „Fruchtbaren Halbmonds“ (= Vorderer
Orient) gilt als Ursprungsregion vieler Kulturpflanzen.
rika Ackerbaukulturen. Die Menschen dort ernährten sich von Amarant und
Quinoa, zwei getreideähnlichen Pflanzen, und von Mais. In China begannen die
Menschen fast zeitgleich mit dem Anbau von Hirse und Reis.
Und in Europa? Hier wanderten in der Jungsteinzeit ab 5.000 v. Chr. Einkorn,
Emmer und meine Gersten-Vorfahren von Südosten her ein. Besonderen Erfolg
hatte das kleine, robuste Einkorn. Während es in unserer warmen, fruchtbaren
Heimat eher ein Schattendasein geführt hatte, startete es im kühleren Europa
so richtig durch. Roggen breitete sich als Unkraut mit aus. Weil er unempfindlich ist, stieg er in raueren Gebieten Europas, wie etwa in den Alpen, später zur
Kulturpflanze auf. Nach und nach kamen weitere Getreidearten in Europa an:
anfangs ursprüngliche Weizenformen, um 2.000 v. Chr. die Rispenhirse und
weitere 1.000 Jahre später der Dinkel. Auch der Hafer, der zuerst als Unkraut
auf den Äckern wuchs, wurde in der Bronzezeit gezielt angebaut. Der Anbau
einer neuen Kultur ging oft mit ackerbaulichen Neuerungen einher und deutet
manchmal auf geänderte klimatische Bedingungen hin.
Die Menschen rodeten für den Getreideanbau große Waldflächen in den Tälern. Die Viehhaltung verlagerte sich teilweise weit ins Gebirge hinauf (Almen).
Ab der Römerzeit entwickelten sich erste größere Mühlen und ein umfangreicher Getreidehandel. Im Mittelalter entstanden – meist in Klöstern – erste große
Brauereien.
Im Lauf der Jahrhunderte änderte sich die Bedeutung der einzelnen Getreidearten. Der Anbau der wenig ertragreichen Urgetreide Einkorn und Emmer ging
in vielen Gebieten zurück. Im Alpenraum herrschten ab dem Mittelalter Gerste,
Hafer, Hirse und Roggen vor. In klimatisch begünstigten Gebieten stieg Dinkel
zum Hauptgetreide auf. Weizen blieb in Mittel- und Nordeuropa noch einige
Jahrhunderte hindurch ein seltener Luxus. In Südeuropa wurde er häufiger angebaut. Dort waren seit der Römerzeit außerdem Kolbenhirse und Hartweizen,
und nach wie vor Emmer weit verbreitet. In Südwesteuropa gewann der aus
Asien stammende Buchweizen, eine getreideähnliche Pflanze, an Bedeutung.
9
WIE ALLES BEGANN
Bis ins Mittelalter stellten die Menschen aus Getreide vorwiegend Brei und Fladenbrot her. Doch langsam kamen neue Verwendungsmöglichkeiten auf. In
Mittel- und Nordeuropa setzten sich Hefebrote und gesäuerte Brote als Volksnahrung durch. In Südeuropa begannen die Menschen mit der Herstellung von
Nudeln. Von Beginn des Mittelalters bis zum 17. Jahrhundert wurde der Getreideanbau durch einfache Fruchtfolgen und etwas leistungsfähigere Geräte
verbessert. Trotzdem blieb der Anbau arbeitsintensiv und die Erträge waren
spärlich.
Große Neuerungen kamen auf unsere vielseitige Familie mit den großen Entdeckungsreisen nach Asien und Amerika zu. Aus Asien brachten die europäischen
Eroberer Reis mit, der in der Poebene schon um 1550 zum wichtigsten Getreide
aufstieg. Die „Amerikaner“ Mais und Kartoffel brauchten etwas länger, um sich
durchzusetzen. Doch ab dem 18. Jahrhundert war der Siegeszug dieser ertragreichen Pflanzen nicht mehr aufzuhalten. Sie drängten vor allem den Breigetreideanbau zurück. Besonders stark getroffen hat es die Hirse. Aber auch Hafer
und – es nützt nichts, es zu verheimlichen – auch ich, die Gerste waren nicht
mehr so beliebt. Wobei ich noch Glück hatte: Das Brauwesen befand sich im
Aufschwung und ich blieb weiterhin eine begehrte Getreideart.
Im Alpenraum ging ab dem 19. Jahrhundert der Getreideanbau zurück. Dafür
gibt es mehrere Gründe: Die Bauern verwendeten immer mehr Flächen für den
Kartoffelanbau, Arbeitskräfte wanderten in andere Wirtschaftsbereiche ab und es
war dank der Eisenbahn möglich, Getreide aus Gunstlagen zu importieren. Ganz
deutlich zeigte sich diese Entwicklung beispielsweise im Vinschgau, der ehemaligen „Kornkammer Österreichs“, wo heute kaum mehr Getreidefelder zu finden
sind. In der Ernährung spielt Getreide aber nach wie vor eine zentrale Rolle.
Die weltweit bedeutendsten Getreide sind heute Mais, Reis und Weizen. Ein
großer Teil der weltweiten Getreideernte wird als Futtermittel und Industrierohstoff verwendet. Mehr darüber und über all meine Verwandten steht auf den
folgenden Seiten. Lest ruhig noch ein bisschen weiter!
BOTANIK
11
VON HALMEN, ÄHREN
UND SPELZEN
Zu den Getreiden gehören Reis, Mais, Weizen (Weich- und Hartweizen, Dinkel,
Einkorn, Emmer, …), Roggen, Hafer, Gerste und Hirse. Sie weisen zahlreiche
gemeinsame Merkmale auf.
Getreide sind einkeimblättrige Pflanzen und gehören zur Familie der Süßgräser (Poaceae oder Gramineae), die weltweit verbreitet und von großer Bedeutung für die menschliche und tierische Ernährung ist. Sie sind fast ausschließlich
einjährig, d.h. die gesamte Entwicklung vom Keimen des Samenkorns bis zur
Bildung neuer Samen läuft in einer Vegetationsperiode ab. Allerdings werden
Wintergetreide bereits im Herbst des Vorjahres ausgesät.
Stängel und Blätter
Der Stängel wird Halm genannt, ist rund und meist hohl (Ausnahme: Mais). Die
Knotenpunkte, aus denen die Blätter entspringen, sind verdickt. Das Blatt ist
lang und schmal, der untere Teil umschließt den Halm. Die Blattadern verlaufen
parallel.
Blüten
Getreideblüten bestäuben sich selbst oder werden vom Wind bestäubt, sie sind
klein und unauffällig. Die Blüten sind von schützenden Spelzen umgeben. Bei
manchen Getreiden ist die Deckspelze zu einer Granne verlängert. Die einzelnen
Blüten sind zu Ähren, Rispen oder Kolben zusammengefasst. (s. Skizze)
Bei den Wildformen der Getreide brechen die
Ähren zur Reife auseinander und die Körner
fallen, weiterhin in die Spelzen gehüllt, zu
Boden. Diese Eigenschaft hat der Mensch im
Lauf der Jahrtausende gezielt weggezüchtet.
Die ersten Getreide waren bespelzt, später
haben sich auch Nacktformen entwickelt.
Diese müssen nach der Ernte nicht entspelzt
werden, sondern die Körner fallen von selbst
aus den schützenden Hüllen (z.B. Weizen).
Ähre
Granne: borstenförmiger, starrer Fortsatz der Deckspelze
Spelze: trockene Blütenhülle
Rispe
Kolben
ANBAU UND VERARBEITUNG
13
VOR DER ERNTE
Getreide wird entweder maschinell in Reihen oder auf Kleinflächen von Hand
gesät. Der Boden muss für die Aussaat in einem lockeren, krümeligen Zustand
sein. Wintergetreide wird – je nach Getreideart und Sorte – zwischen September und November gesät. Es beginnt noch im Herbst zu wachsen. In den Wintermonaten legt es eine Wachstumspause ein. Es benötigt die tiefen Wintertemperaturen um im Folgejahr Blüten und Samen zu bilden. Wintergetreide liefert
üblicherweise höhere Erträge als Sommergetreide, das im März oder April gesät
und spät im Sommer desselben Jahres geerntet wird.
Ist das Getreide aufgegangen, in der Fachsprache „aufgelaufen“, gelten dieselben Grundregeln wie bei allen anderen Kulturpflanzen: Unkraut muss bekämpft
werden, solange es klein ist, an besten direkt nach der Keimung. Auch Pilze,
Bakterien oder Insekten können Wachstumsstörungen verursachen und werden
mit verschiedensten Maßnahmen bekämpft. Bei großen Ähren mit vielen Körnern und langen Halmen besteht die Gefahr des Umkippens, „Lagern“ genannt.
Die in Bodennähe liegenden Halme sind durch die Feuchtigkeit krankheitsgefährdet. Um das Lagern zu verhindern, werden teilweise wachstumshemmende
Pflanzenschutzmittel gespritzt.
Die Düngung beginnt bei einer guten Pflege des Bodens. Nur ein gesunder,
lockerer Boden, der reich an Bodenleben und Humus ist, kann Nährstoffe speichern und umwandeln. Eine organische Grunddüngung vor der Saat im Herbst
oder Frühjahr mit Stallmist oder Gülle enthält die wichtigsten Nährstoffe. Auch
chemisch-synthetische Dünger (Kunstdünger) können fehlende Nährelemente
gezielt ergänzen.
Bevor es Mähdrescher gab, wurde bereits zur Gelbreife geerntet, um das Ausfallen der Körner zu verhindern. Die Garben reiften auf dem Feld nach und wurden
im Winter gedroschen. Für die maschinelle Ernte jedoch muss das Korn ganz reif
und so trocken wie möglich sein. Im Mähdrescher werden die Körner aus den
Ähren gedroschen und in einem Tank gesammelt. Das Stroh wird zu Strohballen
gepresst oder untergepflügt. Um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, sollte das
abgeerntete Feld nicht längere Zeit ohne Pflanzenbewuchs bleiben.
Mit der Ernte des Getreides ist es noch nicht getan. Bis zum genussfertigen
Lebensmittel müssen die Körner noch einige Arbeitsschritte durchlaufen. Diese
werden direkt am Hof, bei anderen Bauern oder in der Mühle durchgeführt.
Entspelzen
Spelzgetreide (Dinkel, Reis, Gerste,…) muss vor der Weiterverarbeitung als
Nahrungsmittel in einer Schälmühle von den Spelzen, die das Korn fest umschließen, befreit werden. Dieser Arbeitsgang wird auch „Gerben“ genannt.
Trocknung und Lagerung
Um lagerfähig zu sein, darf Getreide maximal 14% Feuchtigkeit enthalten. Ist
das Korn feuchter, können sich Schimmel und andere Krankheiten bilden. Zu
feucht geerntetes Getreide wird durch verschiedene technische Verfahren getrocknet. Während der Lagerung wird das Getreide belüftet, um neu entstehende Feuchtigkeit zu entziehen. Getreidespeicher werden vor der Ernte gründlich
gereinigt und auf Schädlinge überprüft.
Grünkern, darunter versteht man unreif geernteter Dinkel, enthält noch sehr viel
Feuchtigkeit und wird vor der Weiterverwendung gedarrt. Diese spezielle Form
der Trocknung verleiht dem Grünkern ein leichtes Röstaroma.
Reinigung
Vor der Verarbeitung wird Getreide in mehreren Schritten von Staub, Spelzen,
Steinen etc. gesäubert. Leichte Teile werden ausgeblasen, danach werden Steine und Unkrautsamen ausgesiebt.
15
NACH DER ENRTE
Mahlen
Ein Großteil des Getreides wird anschließend zu Mehl, Grieß, Flocken und vielem mehr weiterverarbeitet. In modernen Mühlen werden die Körner zwischen
Stahlwalzen gemahlen und für die Gewinnung von Weißmehl anschließend
gesiebt. Dieser Prozess wird öfters wiederholt, bis das Mehl die gewünschte
Feinheit aufweist.
Mälzen
Ein wichtiger Verarbeitungsschritt für die Bierherstellung ist die Herstellung von
Malz. Darunter versteht man eine kontrollierte Keimung der Getreidekörner
und die anschließender Darrung. Je nach Dauer und Temperatur des Darrens
erhält das Malz sein charakteristisches Aroma.
Saatgut und Vermehrung
In früheren Zeiten mussten die Bauern stets selbst einen Teil ihrer Ernte als Saatgut für das nächste Jahr zurückbehalten und hüteten diesen wie einen Schatz.
Man wusste, dass nur die besten und größten Samen auch gute Pflanzen hervorbringen würden. Ließ die Keimkraft und der Ertrag der eigenen Samen nach,
wurde Saatgut mit anderen Höfen getauscht. Mit Beginn der kommerziellen
Pflanzenzüchtung zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die Bauern die Möglichkeit, das Saatgut ertragreicherer Sorten zuzukaufen. Durch Auslese, Kreuzungs- und Hybridzucht sowie Einsatz biotechnischer Methoden, entstanden
und entstehen bis heute jährlich neue Sorten und Varietäten für den kommerziellen Anbau. Gleichzeitig sterben viele Landsorten aus, da ihr Anbau wirtschaftlich uninteressant geworden ist. Einigen Landwirten und Züchtern, die
den großen kulturellen und pflanzenbaulichen Wert alter Sorten schätzen, ist
es zu verdanken, dass diese heute noch bzw. wieder angebaut und verwendet
werden.
GETREIDE IN SÜDTIROL
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SPUREN DES GETREIDEBAUES
IN SÜDTIROL
Unser Bergland Südtirol ist für den Getreidebau kein Gunstraum. Nie, auch
nicht in besten Erntejahren, konnte der Eigenbedarf an Getreide erzeugt werden. Doch waren einzelne Gegenden, der Vinschgau, der Ritten und Lajen für
schönen Roggen bekannt. Des Korns ist der Vinschgau eine Mueter, heißt es im
Tiroler Landreim, einem Lehrgedicht aus der Zeit um 1500.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ging der Anbau von Getreide unter dem
Einfluss der Agrarindustrie zurück und ist heute bis auf bescheidene Reste aus
unserer Landschaft verschwunden. Es gibt jedoch hoffnungsvolle Ansätze.
Spuren alten Getreidebaues
Immer seltener werden daher auch die sichtbaren Spuren, die vom einstigen
Kornbau künden. Im oberen Vinschgau, z.B. in Matsch kann man im Gelände
noch Ackerterrassen erkennen. Im östlichen Pustertal gibt es noch die Harpfen,
die Trockengestelle zum Nachreifen des Korns. Dazu dienten auch die Pfostenspeicher, luftige Blockbauten, die auf Säulen stehen.
Die Scheunen oder Stadel älterer Bauart sind dreistöckig angelegt: ebenerdig
befindet sich der Stall, darüber der Heuboden, und noch darüber der Bergeraum
für die Garben mit dem Dreschstadel (Tenne). Viele alte Futterhäuser haben an
der Sonnseite einen Söller, der im Herbst zum Lagern ungedroschener Garben
diente.
Das gereinigte Korn wurde sorgfältig aufbewahrt, entweder in Truhen oder in
gemauerten, gut verschließbaren Bauwerken, den Korn- oder Getreidekästen.
Solche Kornkästen sind noch in Pfalzen und Terenten zu sehen.
Vom Korn zum Brot ist ein weiter Weg. Das Getreide muss auch gemahlen
werden. Dafür hatten die Bauern die Mühlen am Bach. Auch diese Meisterwerke der Volkstechnik haben ausgedient, nur noch wenige sind gut erhalten. Im
Gadertal (Campill) und im Mühlental von Terenten stehen restaurierte Mühlen,
in denen von Zeit zu Zeit das Mahlen vorgeführt wird.
Zeugnisse des Getreidebaues sind auch die Backöfen. Man sieht sie noch als
kleine, gesonderte Bauwerke auf der Hofstatt oder als Erker am gemauerten
Bauernhaus.
Ausgestorben sind die Bräuche, die einst den Anbau, den Kornschnitt und das
Dreschen begleiteten.
Andere Bräuche sind noch lebendig: alle Jahre in der Bittwoche (um Christi Himmelfahrt) machen Männer aus dem Ahrntal - zu Fuß- eine zweitägige Wallfahrt
zur Kornmutter nach Ehrenburg. Dort wird seit Jahrhunderten ein Gnadenbild
verehrt, Maria im Ährenkleid. In Raas bei Brixen wird alljährlich am 1. September das Ägidi-Brot verteilt. Der Brauch der Brotspende geht auf ein Gelöbnis
zurück, als die Kirche bei einem Brand verschont blieb. Ein ähnlicher Brauch ist
das Agatha-Brot in Lana (5. Februar). Als Rest der weit verbreiteten Brotspende
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zu Allerheiligen und Allerseelen lebt noch das Pitschele-Singen im Ahrntal. Früher waren es arme Leute, die von den Bauern kleine Brote (Pitschelen) erhielten.
Eine Tiroler Heilige, deren Legende vom Kornschnitt erzählt, soll genannt sein:
die hl. Notburga mit der Sichel, Patronin der Schnitterinnen, deren Bildnis in
kaum einer Dorfkirche fehlt.
Der Ackerbau hat Niederschlag gefunden in der Geschichte, in Bauwerken, in
Bräuchen und nicht zuletzt auch in der einstigen Bauernkost, in der Nahrung der
einfachen Leute, ganz besonders aber in der Wertschätzung des Brotes.
Hans Grießmair
PORTRAIT:
WEIZENFAMILIE
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GROSSE SIPPSCHAFT
Eine Gruppe innerhalb der Getreide sticht durch ihre große Zahl an Kulturformen besonders hervor: die Gattung Weizen (Triticum). Im Lauf der Jahrtausende entwickelte sich eine weit verzweigte, große Sippschaft an Triticum-Arten.
Sie entstanden durch Verdoppelungen von Chromosomensätzen, die sich bei
zufälligen Mutationen und Kreuzungen ergaben. Getreidearten mit mehrfachen
Chromosomensätzen liefern in der Regel höhere Erträge als die Urformen. Manche Ernährungswissenschaftler vermuten allerdings, dass Unverträglichkeiten
mit diesen mehrfachen Chromosomensätzen zusammenhängen.
Die genaue Entstehungs- und Verwandtschaftsgeschichte ist nicht restlos geklärt. Klar ist jedoch mittlerweile, dass es keine lineare Entwicklung gab. So ist
beispielsweise Einkorn nicht wie früher angenommen ein direkter Vorfahre des
modernen Weichweizens. Die beiden gehen vielmehr auf gemeinsame wilde Vorfahren zurück. Wissenschaftler teilen die Weizensippe nach Anzahl der
Chromosomensätze in drei Gruppen ein (s. auch Seite 22 und 23). Wichtige
Vertreter sind:
Einfacher Chromosomensatz (AA):
• Einkorn Triticum monococcum
Doppelter Chromosomensatz (AABB):
• Emmer Triticum dicoccum
• Rauweizen Triticum turgidum
• Hartweizen Triticum durum
• Polnischer Weizen oder Gommer Triticum polonicum
• Khorasan-Weizen (Kamut®)
Dreifacher Chromosomensatz (AABBDD):
• Macha-Weizen Triticum aestivum macha
• Dinkel Triticum aestivum ssp. spelta
• Zwerg- oder Binkelweizen Triticum aestivum ssp. compactum
• Kugelweizen Triticum aestivum sphaerococcum
• Weich- oder Saatweizen Triticum aestivum
Viele dieser Arten spielen heute wirtschaftlich keine Rolle mehr, waren aber früher in bestimmten Gebieten weit verbreitet. In Mitteleuropa wurden beispielsweise Rauweizen und Binkel in größeren Mengen angebaut. Die bedeutendsten
Vertreter der Triticum-Gruppe (fettgedruckt) werden auf den folgenden Seiten
genauer vorgestellt.
S TA M M E S G E S C H I C H TL I C H E
Legende:
T. = Triticum
[....] = Genom
BP = before present / vor heutiger Zeit
WILDFORMEN
„Unkraut“ gesammelt / angebaut
Ährenspindel brüchig,
Die reifen Körner fallen aus der Ähre
T. urartu
Einkornreihe
DIPLOID
Einfacher Chromosomensatz
Genom AA, BB oder DD
[2n=14 Chromosomen]
E
URWILDEINKORN
[AA Genom]
Äh
Die Körn
T. boeoticum
T. monoc
[AA Genom]
[AA Ge
Spelzw
9.000
T. dicoccoides
T. dicoc
[AABB Genom]
Spelzweizen
500.000 BP
[AABB G
Spelzwe
nicht freidr
10.000 – 9
WILDES EINKORN
WILDGRASS
Aegilops speltoides [BB]
EINKO
GÄNSEFUSSGRAS
Aegilops squarrosa [DD]
Aegilops tauschii
Emmerreihe
WILDER EMMER
TETRAPLOID
Doppelter Chromosomensatz
Genom AABB
EMM
[2(x2)n=28 Chromosomen]
Dinkelreihe
T. aestivu
ASIATI
DIN
HEXAPLOID
Dreifacher Chromosomensatz
Genom AABBDD
[2(x3)n=42 Chromosomen]
(Hexaploide Wildformen von Dinkel oder
Brotweizen sind nicht bekannt)
[AABBD
Spelz
7.00
Die stammesgeschichtliche Entwicklung des Weizens lässt zwei Prinzipien erkennen: die Kreuzung verwandter Arten und die durch den Menschen erfolgte Selektion von Arten mit fester Ährenspindel, bei dene
Chromosomensätzen. Von beiden Typen gibt es Wildformen und domestizierte Formen (also solche mit festen Ährenspindeln), von denen einige auch „freidreschend“ sind. Weitere Kreuzungen brachten hexap
Umweltbedingungen anzupassen vermochten.
* Exkurs zum Dinkel: Obwohl man mit Dinkel gefühlsmäßig sofort Eigenschaften wie besonders alt oder urtümlich in Verbindung bringt, handelt es sich hier entstehungsgeschichtlich eigentlich um ein „junges
werden: Während asiatischer Dinkel auf einen gemeinsamen Vorfahren (Ac. squarrosa) mit Brotweizen zurückzuführen ist, ist europäischer Dinkel ein „Spezialfall“, was seine sehr viel spätere Entstehung betr
entstanden. Um die Standfestigkeit der alten Dinkel-Landsorten zu verbessern begannen Züchter im 20. Jahrhundert den Brotweizen in europäische Dinkelsorten einzukreuzen. Die so entstandenen „moderne
den. Zur Klassifizierung mittels Gelelektrophorese wurden bestimmte Gliadinbanden von Dinkel und Weizen herangezogen.
23
WEIZENKOMPENDIUM
E N TWI C KL UN G
Frühe KULTURFORMEN
aktives kultivieren und domestizieren
hrenspindel neigt noch etwas zur Brüchigkeit,
ner sind nach dem Dreschen noch vom Spelz umhüllt
coccum
D E S
W EI Z E N S
Heutige ZUCHTFORMEN
Auslesezucht / Kreuzungszucht
Ährenspindel stabil,
Die reifen Körner bleiben in der Ähre
T. sinskajae
ORN
EINKORN
enom]
weizen
0 BP
[AA Genom]
Spelzweizen, freidreschend
ccum
MER
Genom]
eizen
reschend
9.500 BP
um spelta*
ISCHER
NKEL
DD Genom]
zweizen
00 BP
T. parvicoccum
ÄLTESTER
NACKTWEIZEN
[AABB Genom]
Nacktweizen
freidreschend
9.500 BP
T. durum
HARTWEIZEN (für Teigwaren)
[AABB Genom]
Nacktweizen
8.000 BP
T. aestivum vulgare
T. aestivum vulgare
ssp. compactum
var. creticum
BINKELWEIZEN
[AABBDD Genom]
Nacktform, freidreschend
BROTWEIZEN
[AABBDD Genom]
Nacktform, freidreschend
9.500 BP
T. aestivum spelta*
EUROPÄISCHER DINKEL
[AABBDD Genom]
Spelzweizen, 4.000 BP
en die Körner durch Dreschen gewonnen werden. Die einfachsten Weizenarten sind diploid, d. h., sie besitzen zwei Sätze von je sieben Chromosomen. Kreuzungen führen dann zu tetraploiden Arten mit vier
ploide Weizenarten hervor, d. h. mit sechs Chromosomensätzen. Sie bilden die heutigen Brotweizenarten. Die Kombination diversen genetischen Materials hat bewirkt, dass sich die Weizenarten an neue
Quelle: www.goodmillsinnovation.com
s“ Getreide. Wissenschaftlich ist heute erwiesen, dass Dinkel erst lange nach Brotweizen in Europa aufgetreten ist. Dabei muss zwischen europäischem und asiatischem Dinkel (Iran) unterschieden
rifft. Der europäische Dinkel ist im Gegensatz zum asiatischen Dinkel aus einer Rückkreuzung einer Brotweizenvarietät (Zwerg- oder Binkelweizen, T. vulgare subs. compactum var. creticum) mit Emmer
en“ Dinkelsorten dominieren heute den Dinkelanbau. In der Schweiz wurde deshalb eine Zeitlang zwischen „reinem“ (A-)Dinkel und „unreinem“ (B-)Dinkel (Dinkel mit Brotweizeneinkreuzung) unterschie-
Was wäre der heutige Getreideanbau ohne Einkorn und Emmer? Gemeinsam
mit Gerste, Erbse, Linse und Lein gehörten sie zu den ersten Pflanzen, die der
Mensch im Vorderen Orient gezielt anbaute. Von dort hat sich der Ackerbau
und mit ihm die beiden Urgetreidearten entlang der großen Flüsse und alten
Handelswege nach Europa ausgebreitet. Sie waren von großer Bedeutung für
die ersten sesshaften Menschen. Auch Ötzi hatte auf seinem Weg über den
Gletscher Einkorn bei sich. Ab der Bronzezeit drängten „neuere“ Getreidearten wie Spelzgerste, Dinkel, Rispen- und Kolbenhirse Einkorn und auch Emmer
langsam zurück.
Einkorn und Emmer sind Spelzgetreide. Beide Arten können sowohl als Winterals auch als Sommergetreide angebaut werden.
EINKORN
Triticum monococcum
Der Name „Einkorn“ kommt daher, dass pro Blüte nur ein Samenkorn entsteht.
Einkorn ist eine sehr zarte Pflanze, aber umso anspruchsloser und widerstandsfähiger. Seine biegsamen Halme wurden bis in die Neuzeit zum
Flechten von Bienenkörben, zum Aufbinden
von Weinreben und für Strohseile verwendet.
Die Einkorn-Ähren sind begrannt und zerfallen,
wenn sie reif sind, leicht in ihre Einzelteile, was
die Ernte erschwert.
Als Getreide spielt Einkorn heute kaum
mehr eine Rolle, denn die Erträge sind
mäßig und die Backeigenschaften entsprechen nicht den heutigen Ansprüchen.
Allerdings zeichnet sich Einkorn durch einen überdurchschnittlich hohen Gehalt an
gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen
und einen intensiven, nussigen Geschmack aus und ist deshalb bei
Feinschmeckern wieder gefragt.
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URGETREIDE
EMMER
Triticum dicoccum
Emmer hatte aufgrund höherer Erträge (pro Blüte bilden sich zwei Samenkörner) in seiner Ursprungsregion bald eine größere Bedeutung als Einkorn. Er war
das Hauptgetreide der Ägypter und Römer und wurde auch im Alpenraum und
im restlichen Europa kultiviert. Noch heute gibt es in einigen Regionen Italiens nennenswerte Anbauflächen. Emmer eignet sich aufgrund seines geringen
Nährstoffbedarfs und seiner geringen Krankheits- und Schädlingsanfälligkeit
besonders gut für den Anbau auf mageren, trockenen Standorten.
Beim Emmer hat sich eine besondere Farben- und Formenvielfalt entwickelt.
So gibt es weiße, blaue, rote und braunschwarze Sorten. Er schmeckt intensiv
würzig, die Backeigenschaften und Inhaltsstoffe ähneln denen von Dinkel und
Hartweizen und machen Emmer zu einem interessanten Brotgetreide. In den
letzten Jahren hat der Anbau von Emmer vor allem in der ökologischen Landwirtschaft wieder etwas zugenommen, da auch die Erträge neuerer Züchtungen
vielversprechend sind.
DINKEL
Triticum spelta
Dinkel gehört zur Weizen-Sippe. Wildformen des Dinkels wurden nie gefunden,
weshalb man annimmt, dass er aus älteren Getreidearten wie Hartweizen oder
Einkorn hervorgegangenen sein könnte. Die ältesten belegten Funde von Dinkel stammen aus dem Kaukasus und werden auf 5.000 v. Chr. datiert.
Augenscheinlichste Merkmale des Dinkels sind sein hoher, schlanker Wuchs
und seine kräftigen Ähren. Manche Sorten erreichen eine Höhe von zwei Metern. Die je nach Sorte gelblichen oder rötlichen Ähren sind meist unbegrannt.
Aufgrund seiner Wuchshöhe ist Dinkel, ähnlich wie Roggen, lagergefährdet (=
die Halme mit den schweren Ähren biegen sich zum Boden). Moderne Sorten,
die aus Kreuzungen mit Weichweizen entstehen, sind daher häufig niedriger.
Dinkel wird überwiegend im Herbst als Winterform gesät. Er gilt als robust und
relativ anspruchslos, lange Zeit war er in Mitteleuropa deshalb die
Hauptbrotgetreideart. Beim Dreschen zerfällt die Dinkelähre in einzelne Abschnitte. Die Spelzen halten die Körner
noch fest umschlossen. Erst durch mechanisches Bearbeiten, das sogenannte Entspelzen, werden die
Körner frei. Danach werden Körner und Spelzen
durch Sieben getrennt.
Das Dinkelkorn weist ähnliche Inhaltsstoffe wie
Weizen auf, gilt aber als aromatischer und leichter
verdaulich. Dinkel enthält wie Weizen das Klebereiweiß Gluten. Seinen gesundheitsfördernden Ruf verdankt der Dinkel Hildegard von Bingen. Wissenschaftliche Belege dafür gibt es nicht. Trotzdem wird Dinkel
von Weizenallergikern häufig gut vertragen.
Eine Sondernutzung des Dinkels ist Grünkern.
Dabei handelt es sich um unreif geernteten
Dinkel der über Holzfeuer geröstet und getrocknet wird.
27
WIEDERENTDECKT
KHORASANWEIZEN
Khorasanweizen, auch Pharaonenkorn genannt, ist eine Art Hartweizen und vor
allem unter dem Markennamen „Kamut“ bekannt. Genetische Untersuchungen ergaben, dass es sich beim Khorasanweizen um eine natürliche Kreuzung
aus Hartweizen und polnischem Weizen handelt, die sich nach und nach genetisch festigte und als eigene Art existiert. Die Herkunft dieser Getreideart dürfte
im Vorderen Orient liegen, viel mehr ist nicht bekannt. Bis heute wird sie in der
Türkei und dem Iran vereinzelt angebaut.
In den 1940er Jahren gelangten einige Körner in die Hände findiger US-Farmer.
Die großen Körner stießen auf reges Interesse. Dennoch dauerte es bis in die
80er Jahre des 20. Jahrhunderts, bis das Getreide in großem Umfang
angebaut, verarbeitet und vermarktet wurde. Der
Farmer Bob Quinn ließ 1990 den Markennamen „Kamut“ schützen und verknüpfte
damit strenge Regeln. Unter anderem
darf „Kamut“ nicht mit anderen Sorten
verkreuzt und nur unter ökologischen
Anbaubedingungen produziert werden. Für jede Form des Anbaus fallen
Lizenzgebühren an. Der Name „Kamut“ stammt aus dem Ägyptischen
und bedeutet „Seele der Erde“. In seiner
orientalischen Heimat wird Khorasanweizen auch als Kamelzahn-Weizen bezeichnet. Die heutigen Hauptanbaugebiete sind
die USA und Südeuropa.
Das Korn des Khorasanweizens enthält bei
guten Wachstumsbedingungen wesentlich
mehr Proteine, Kohlenhydrate und Mineralstoffe als Weichweizen. Das Mehl ist von goldgelber
Farbe und hat einen aromatischen Geschmack. Es
ist backfähig und enthält Gluten, wird aber von
Weizenallergikern häufig trotzdem gut vertragen.
WEICHWEIZEN
Triticum aestivum
Weich- oder Saatweizen ist eine in unserer Ernährung allgegenwärtige Getreideart. Er wurde erstmals zwischen 6.000 und 7.000 v. Chr. in Kleinasien kultiviert.
Erste Funde in Mitteleuropa gehen auf 4.000 v. Chr. zurück und stammen aus
den fruchtbaren Ackerbauregionen Ostdeutschlands. In der Römerzeit dehnten
sich die Weizenanbauflächen in Europa langsam aus. Nach dem zweiten Weltkrieg löste der Weichweizen den Roggen als wichtigstes Brotgetreide ab und ist
heute eine der weltweit am häufigsten angebauten Getreidearten.
Weichweizen ist im Gegensatz zum wärmeliebenden Hartweizen gut an das
gemäßigte Klima Mitteleuropas angepasst. Die nördliche Anbaugrenze liegt
heute in Schottland. Im Alpenraum findet er sich vor allem in den Tallagen, auf
der klimatisch begünstigten Alpensüdseite bis auf einer Seehöhe von 1.500
Metern.
Weichweizen wird ungefähr einen Meter hoch. Die kompakten Ähren sind begrannt oder unbegrannt. Beim Dreschen fallen die rundlichen, meist gelbbraunen Körner von selbst aus den Spelzen heraus.
Moderne Hochleistungssorten liefern Erträge bis zu zehn Tonnen
pro Hektar. Allerdings stellen sie hohe Ansprüche an Klima, Boden und Düngung. Jenseits moderner Hochleistungssorten hat
der Weichweizen eine riesige Vielfalt an Formen, Farben und Varietäten zu bieten. Besonders alte und farbige Sorten enthalten
Antioxidantien und große Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen.
Weichweizen enthält je nach Sorte und Wachstumsbedingungen ca. 13% Eiweiß und 60-70% Kohlenhydrate. Die Verwendungsmöglichkeiten sind enorm vielfältig. Durch die charakteristische Zusammensetzung seiner Proteine (hoher Gehalt an
Kleberprotein Gluten) eignet er sich gut zum Backen. Neben
der Nutzung als Brotgetreide werden aus Weichweizen die Industrierohstoffe Ethanol und Stärke gewonnen.
29
BROT UND NUDELN
HARTWEIZEN
Triticum durum
Hartweizen, auch Durumweizen genannt, ist eng mit Emmer, Rauweizen sowie
dem Khorasanweizen verwandt und das Nudelgetreide schlechthin. Durumweizen ist eine wärmeliebende Pflanze mit hohem Nährstoffbedarf und kommt mit
wenig Niederschlag zurecht. Mit einer Höhe von knapp über einem Meter überragt er den Weichweizen. Seine rundliche Ähre ist von langen, meist weit abstehenden, gelben, oder schwarzen Grannen umgeben. Die Körner fallen beim
Dreschen aus den Spelzen, zum Vorschein kommen große, glasige Körner, die
meist von kräftig gelber Farbe sind. Wie der Name Hartweizen vermuten lässt,
ist das Korn hart und spröde. Obwohl es einige Sorten gibt, die eine
gewisse Frosthärte aufweisen, wird er meist als Sommergetreide
gesät. In subtropischen Regionen ermöglicht der vom regenreichen Winter noch nasse Boden einen guten Feldaufgang, die Wärme des Frühjahrs führt zu raschem
Wachstum und die Hitze im Sommer schließlich zu
zügiger Abreife.
Bedeutende Anbaunationen sind Italien, die USA,
die Ukraine sowie Spanien. Im Zuge der Klimaerwärmung wurden in den letzten Jahren neue Anbaugebiete in Österreich und Deutschland erschlossen.
Das Korn des Hartweizens enthält weniger Stärke als
das des Weichweizens, ist aber sehr proteinreich. Es
weist einen hohen Anteil an Gluten und Kleberproteinen
auf. Dank dieser Zusammensetzung eignet sich Hartweizen
besonders gut für Nudelteige, weil er bissfeste Pasta ermöglicht.
Werden Hartweizenkörner gröber vermahlen als dies für Mehl üblich ist, entsteht Hartweizengries („semola di grano duro“). Teig
aus Hartweizengries ist klebrig, sehr elastisch und Ausgangsstoff
für Nudeln, Nocken oder Bulgur. Zum Backen wird er kaum verwendet, da Teige aus Weichweizen einfacher zu verarbeiten sind.
Gebäck aus Hartweizen ist meist sehr voluminös und hat eine harte
Kruste (z.B. Ciabatta).
PORTRAIT:
GERSTE
31
VIELSEITIG UND GENÜGSAM
GERSTE
Hordeum vulgare
Die Gerste gilt als eine der ältesten Kulturpflanzen der Erde. Unsere heutigen
Sorten gehen allesamt auf die Wildgerste Hordeum vulgare spontaneum zurück, ein unscheinbares Steppengras aus dem Vorderen Orient, dessen Körner
im reifen Zustand von allein ausfallen. Durch züchterische Selektion bildeten
sich nach und nach Formen, deren Körner von den Spelzen fest umschlossen
sind. Die ältesten Funde dieser gezüchteten Gerste sind ca. 10.000 Jahre alt.
Gerste wird ca. einen Meter hoch, ein charakteristisches Merkmal sind die deutlich nach unten gebogenen Ähren und deren meist sehr lange Grannen. Heute
sind zahlreiche Formen und Varietäten bekannt: Winter- und Sommerformen,
zwei- und mehrzeilige, lang und kurz begrannte Ähren. Das Korn der Gerste
muss, soll es der menschlichen Ernährung dienen, mechanisch bearbeitet werden, um es aus den Spelzen zu lösen. Eine Ausnahme bildet die sogenannte
„Nacktgerste“, deren Körner nur mehr lose in den Spelzen sitzen und beim
Dreschvorgang herausfallen.
Gerste ist bekannt als anspruchslose Getreideart, die auch bei
rauem Klima sowie in großen Höhen noch gut wächst. Auch mit
Hitze und Trockenheit kommt sie zurecht, moderne Sorten brauchen jedoch erhebliche Wassermengen für gute Erträge. Gerste
wird häufig im Herbst gesät (Wintergerste), allerdings ist sie nicht
ganz so kälteresistent wie Weizen und Roggen. Bis zu -15°C sind
jedoch kein Problem.
Wintergerste wird fast ausschließlich als Viehfutter genutzt. Sommergerste ist
weniger ertragreich und enthält wenig Eiweiß, weist aber gute Eigenschaften
zur Herstellung von Gerstenmalz auf und eignet sich damit zum Bierbrauen.
Die Inhaltsstoffe des Korns ähneln denen des Weizens, auch Gerste enthält das
Klebereiweiß Gluten. In der menschlichen Ernährung spielt Gerste eine marginale Rolle.
PORTRAIT:
ROGGEN
33
GEBIRGSGETREIDE
ROGGEN
Secale cereale
Roggen stammt wie Weizen und Gerste aus dem Vorderen Orient. Er gelangte ursprünglich als Unkraut mit dem Weizen nach Europa und wurde erst viel
später in Kultur genommen als andere Getreidearten. Die Römer hielten ihn sogar für minderwertig und magenschädlich und nur für Notzeiten geeignet. Die
wichtigsten Anbauländer sind heute Deutschland, Polen und Russland.
Roggen hält innerhalb der Getreide den Rekord an Kältetoleranz und Widerstandsfähigkeit. Gerste und Weizen wurden zwar ebenfalls in alpinen Tälern
angebaut, der Roggen schaffte es aber noch höher hinauf. Einige Landsorten
wachsen noch auf 1.900 Metern Seehöhe. Roggen wird fast immer als Wintergetreide angebaut. Er keimt bereits bei geringen Temperaturen und kann
bis in den Spätherbst hinein gesät werden. Seine offene Blütenform macht ihn
besonders anfällig für Mutterkorn, eine Pilzkrankheit, die besonders in früheren
Jahrhunderten zu ernsthaften Vergiftungen und sogar zum Tod geführt hat.
Roggen hat weniger gute Backeigenschaften als Weizen und kann
nicht so vielseitig verwendet werden. Für die Herstellung von
reinen Roggenbroten muss der Teig angesäuert werden (Sauerteig). Meistens wird Roggenmehl für Mischbrote oder für Vollkornbrote verwendet.
Eine besondere Form des Roggens ist der Waldstaudenroggen, auch Johannisroggen genannt. Im Unterschied zu anderen Getreiden ist er mehrjährig.
Er wurde bis weit in das 19. Jahrhundert hinein angebaut. Traditionell wird er
um Johannis (24. Juni) gesät und im ersten Sommer beweidet. Nach der Überwinterung reift das Korn dann aus und kann geerntet werden. Die Halme sterben jedoch nicht ab wie bei den anderen Roggensorten, sondern treiben erneut
aus und können mehrere Jahre lang genutzt werden.
PORTRAIT:
HAFER
35
GOLDGELBES PFERDEFUTTER
HAFER
Avena sativa
Der Saathafer gilt als relativ junge Kulturpflanze. Älteste Funde aus dem
Schwarzmeergebiet reichen bis 5.000 v. Chr. zurück. Nach Mitteleuropa gelangte der Hafer erst um 1.000 v. Chr. Seine genaue Zuchtgeschichte ist nicht
gänzlich geklärt, wahrscheinlich wurde unser heutiger Saathafer aus Ackerunkräutern wie dem Flughafer (Avena fatua) domestiziert. Neben dem Saathafer
wird im Mittelmeerraum der Byzantinische Hafer (Avena byzantina) angebaut.
Der Saathafer benötigt ein gemäßigtes eher kühl-feuchtes Klima und ausreichend Niederschläge. Hafer wird fast immer als Sommergetreide angebaut. Im
zeitigen Frühjahr gesät, wächst er bei ausreichender Wasserversorgung rasch.
Hafer bildet keine Ähren sondern reichverzweigte Rispen. Die Körner sind von
Spelzen umgeben, die nach dem Dreschen mechanisch entfernt werden müssen. Neuere Züchtungen brachten „nackten“ Hafer hervor, eine Form, welche
die Körner bereits beim Dreschen aus den Spelzen entlässt.
Hafer wird nicht von ungefähr zum „Aufpäppeln“ von Kindern und
Kälbern und für ein kraftspendendes Frühstück (Porride, Müsli…)
verwendet. Hinsichtlich der Inhaltsstoffe nimmt Hafer nämlich
eine Sonderstellung ein: er ist fettreicher als alle anderen Getreidearten, vor allem die Gehalte an ungesättigten Fettsäuren und
Lezithin sind bemerkenswert. Sein Proteingehalt liegt über dem von
Weizen, Roggen und Gerste und hat vor allem essentielle Aminosäuren
vorzuweisen. Des Weiteren enthält Hafer Schleimstoffe. Dieser hohe gesundheitliche Wert macht ihn als Diätnahrung interessant.
Hafer enthält Klebereiweiß, ist aber nicht backfähig. Der Großteil des in Mitteleuropa angebauten Hafers wird als Viehfutter verwendet.
PORTRAIT:
REIS
37
GETREIDE AUS FERNOST
REIS
Oryza sativa
Wenn wir an Getreide denken, ist Reis wahrscheinlich nicht das erste, was uns
einfällt. Doch global gesehen ist Reis das meistgegessene Getreide. Der Begriff
„Reis“ ist in manchen asiatischen Sprachen gleichbedeutend mit „Essen“.
Funde lassen darauf schließen, dass Reis vor mindestens 7.000 Jahren in China
und Indien in Kultur genommen wurde. Heute finden sich Reisfelder in tropischen und subtropischen Zonen rund um den Globus. Nach wie vor wird der
meiste Reis in asiatischen Ländern in Handarbeit produziert und auch dort verbraucht.
Reis wird normalerweise auf wassergefluteten Feldern angebaut (Nassreisanbau). Dank dieser Methode machen dem Reis Schädlinge und Krankheiten weniger zu schaffen und der Ertrag ist höher. Reis ist allerdings nicht von Natur aus
eine Wasserpflanze, sondern wurde durch Züchtung an den Anbau im Wasser
angepasst. Kritikpunkt am Nassreisanbau ist der hohe Methanausstoß.
Reiskörner sind reich an Kohlenhydraten (Stärke), Magnesium und B-Vitaminen. Diese Nährstoffe liegen hauptsächlich in den äußeren Schichten des Korns
und im Keimling. Diese werden jedoch abgeschliffen, damit der Reis weiß wird
und länger haltbar ist. Um die wertvollen Inhaltsstoffen zu erhalten, wurde das
„Parboil“-Verfahren entwickelt. Dabei werden vor dem Abschleifen Mineralstoffe und Vitamine durch Einweichen gelöst und dann mit Wasserdampf ins
Innere des Korns gepresst.
Es gibt weltweit über 100.000 Reissorten, die drei Gruppen zugeordnet werden:
• Langkornreis: z.B. Basmati, Duftreis etc. als Beilage und für asiatische Gerichte
• Mittelkornreis: z.B. Sushi-Reis, viele Risotto-Reissorten
• Rundkornreis: z.B. für Milchreis
Seit dem 15. Jahrhundert bauen Bauern in der Po-Ebene Reis an.
Italien ist heute die bedeutendste Reisanbaunation in Europa.
PORTRAIT:
HIRSEN
39
FLADENBROT UND BREI
HIRSEN
Wer kennt sie nicht, die Märchen vom süßen Brei und vom Schlaraffenland. In
beiden Fällen bewahrt die Hirse die Menschen vor dem Hungertod. Die Märchen haben einen wahren Kern, denn Hirse wächst auch auf mageren, kargen
Böden und bewahrte die Menschen in trockenen Jahren vor Hungersnöten.
Heute kennen wir sie vor allem als Unkraut oder Vogelfutter.
„Hirse“ ist eine Sammelbezeichnung für eine ganze Pflanzengruppe von großer Vielfalt. Ein wichtiges gemeinsames Merkmal sind die kleinen, rundlichen,
bespelzten Samen.
Hirse-Arten gehören zu den ältesten Kulturpflanzen des Menschen. Sie wurden schon vor 8.000 Jahren in China verwendet, um Fladenbrot herzustellen
und galten in der ostasiatischen Kultur als heilige Frucht. In Europa bauten die
Menschen früher die Rispenhirse (Panicum miliaceum), auch bekannt als Echte
Hirse oder „Brot des armen Mannes“ großflächig an. Im Altertum und Mittelalter zählte sie zu den meistangebauten Getreidearten überhaupt und wurde erst
durch die Einfuhr von Kartoffel und Mais verdrängt.
Heute wird Hirse vor allem in den USA, Afrika, auf dem Balkan und in Asien
überall dort kultiviert, wo es zu trocken für den Reisanbau ist. Für viele Völker
Afrikas ist Hirse nach wie vor das wichtigste Getreide, sie wird aber zusehends
vom Mais verdrängt. Eine besonders kleinwüchsige Hirseform ist die aus den
Bergregionen Äthiopiens stammende Zwerghirse, auch bekannt als Teff. Die Samen sind ausgesprochen klein und der Ertrag gering. Neben der traditionellen
Nutzung für Brei und Fladenbrot wird aus Teff auch Bier hergestellt.
Die Samen von Hirse-Arten sind glutenfrei und eigenen sich nicht sehr gut zum
Backen. Meist wird Hirse zu Brei und Fladenbrot verarbeitet oder findet in der
Kosmetik als Stärkungsmittel für Nägel und Haare Verwendung.
PORTRAIT:
MAIS
41
POPCORN UND POLENTA
MAIS
Zea mays
Mais wurde vor etwa 7.000 Jahren in Zentralmexiko in Kultur genommen. Er
stammt vom Wildgras Teosinte ab. Nach der Entdeckung Amerikas fand der
Mais innerhalb weniger Jahrzehnte den Weg nach Europa. Von Spanien ausgehend verbreitete sich die neue Pflanze im 16. Jahrhundert bis in den östlichen
Mittelmeerraum. Weil der Mais erst von dort nach Mitteleuropa einwanderte, hielt man ihn für eine türkische Pflanze („granoturco“, Dialektbezeichnung
„Türgge“). Im 17. Jahrhundert hatte sich der Mais im Mittelmeerraum und in
klimatisch begünstigten Gebieten Europas bereits zu einer bedeutenden Nahrungspflanze (z.B. Polenta) entwickelt.
Dieser Erfolg hängt damit zusammen, dass der Mais bei hohen Temperaturen
und viel Sonnenlicht besser Fotosynthese betreiben kann als viele andere Pflanzen und somit rascher wächst.
In kühleren Gegenden Europas konnte sich der Mais erst ab den 70er Jahren des
20. Jahrhunderts durchsetzen, als kälteresistente Hybrid-Sorten auf den Markt
kamen. Von da an hat sich der Mais als wichtige Futterpflanze etabliert. Man
unterscheidet den Anbau von Silomais (die ganze Pflanze wird gehäckselt, siliert
und verfüttert) und Körnermais (die reifen Kolben/Körner dienen als Nahrungsoder Futtermittel). Großflächiger Maisanbau wird wegen Monokultur und Pestizideinsatz immer wieder kritisiert.
Mais ist heute eines der meistangebauten Getreide. Wichtige Anbaugebiete
liegen in den USA, China und Brasilien. Der größte Teil der Ernte (über 50%,
Tendenz steigend) wird als Futtermittel verwendet.
Als Nahrungsmittel ist Mais in Zentralamerika (Tortillas) und einigen Ländern
Afrikas von großer Bedeutung.
Uns fallen zu Mais wahrscheinlich Polenta und Popcorn
ein, doch kommen wir auch in anderer Form häufig
mit diesem Getreide in Berührung: Maiskeimöl,
Maisstärke und aus Mais hergestellter Glukosesirup
sind in vielen Lebensmitteln des täglichen Bedarfs
enthalten. Auch der Industrierohstoff Ethanol wird
häufig aus Mais gewonnen.
PSEUDOGETREIDE
43
HEIDEKORN UND INKAREIS
Sie sehen aus wie Getreide, werden wie diese verwendet, gehören aber dennoch nicht dazu: die sogenannten Pseudogetreidearten Buchweizen, Amarant
und Quinoa. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie im Unterschied zu Weizen,
Roggen & Co. kein Gluten enthalten und somit auch von Menschen gegessen
werden können, welche das Eiweiß der „echten“ Getreide nicht vertragen.
QUINOA
Chenopodium quinoa
Quinoa, auch Reismelde genannt, stammt aus den Anden, wo sie heute noch
häufig angebaut wird. Sie war neben Mais, Kartoffel und Amarant eines der
Grundnahrungsmittel der Inkas und wurde von den spanischen Eroberern auch
Inkareis genannt.
Quinoa gehört zur Familie der Gänsefußgewächse und wird vor allem in höher
gelegenen Andentälern angebaut. Die Verwendung ist vielseitig. Traditionell
kocht man aus den Samen einen Brei. Quinoa gilt als idealer Nährstofflieferant
mit vielen Mineralstoffen und einem außergewöhnlich hohen Eiweißgehalt.
Quinoa ist genauso wie die beiden anderen Pseudogetreidearten eine sehr anspruchslose Pflanze und besonders für den Anbau auf leichten und trockeneren
Böden geeignet.
AMARANT
Amaranthus sp.
Amarant ist eine der ältesten Nahrungspflanzen der Menschheit und stammt
ursprünglich aus Zentral- und Mittelamerika. Die kleinen Körner liefern eine
Fülle von leicht verwertbaren Nährstoffen. Nicht umsonst war der Amarant die
„heilige Pflanze“ der Inkas, der man unglaubliche Kräfte und lebensverlängernde Wirkung zuschrieb.
Amarant gehört zur Familie der Fuchsschwanzgewächse, für die Körnernutzung
werden verschiedenen Arten angebaut. Er stellt nur geringe Ansprüche an Boden und Klima, allerdings ist Amarant wärmeliebender als Quinoa. Genauso wie
diese war Amarant ein Grundnahrungsmittel der Inkas, Azteken und Mayas, die
schon früh versuchten durch Auslese den Ertrag zu steigern.
Die Spelzen können ebenso wie die Samen verschieden gefärbt sein. Sie wurden
von den Indianern zur Färbung der Kleidung verwendet.
BUCHWEIZEN
Fagopyrum esculentum
Der Buchweizen, auch Schwarzpolenta, Heidekorn oder Tartarenkorn genannt,
ist eine alte Kulturpflanze aus den hochgelegenen Steppen Zentralasiens und
gehört zu den Knöterichgewächsen. In Europa war Buchweizen im 16. und 17.
Jahrhundert eine der wichtigsten Mehlfrüchte. Erst mit dem Aufkommen ertragreicher Getreidesorten und der Ausbreitung der Kartoffel ging der Anbau
von Buchweizen rapide zurück.
In vielen Alpentälern war der Buchweizen eine wichtige Kulturpflanze und wurde als Folgefrucht nach Getreide angebaut. Durch die kurze Vegetationszeit und
die geringen Klima- und Bodenansprüche ist er wie geschaffen für die rauen
Bedingungen höher gelegener Alpentäler. Die stark duftenden, weißen bis rosa
Blüten sind eine wertvolle Bienenweide im Spätsommer.
Quinoa
Buchweizen
Amarant
45
MÄRCHEN
WARUM DER BUCHWEIZEN
SCHWARZE KÖRNER HAT
Einst stand ein alter Weidenbaum inmitten goldgelber Kornfelder. Um ihn
wuchsen Roggen, Gerste und herrlicher Hafer, und als das Korn reif und schwer
wurde, neigte es sich tief und demütig zur Erde. Gegenüber der alten Weide war
auch ein Feld mit Buchweizen. Dieser jedoch neigte sich nicht wie das andere
Korn, sondern ragte stolz und aufrecht gen Himmel. „Ich bin genauso reich
wie die anderen“, sagte er voll Hochmut, „und weitaus hübscher dazu. Gibt es
etwas Prächtigeres als mich?“
Da zog ein schreckliches Gewitter auf. Alle Feldblumen falteten ihre Blätter zusammen oder neigten ihre kleinen Köpfe herab, während der Sturm über sie
hinwegfegte. Nur der Buchweizen blieb voll Stolz aufrecht stehen. „Neige dein
Haupt wie wir!“ sagten die Blumen. „Das ist nicht nötig“ erwiderte der Buchweizen.
„Senke dein Haupt wie wir!“ rief das Korn. „Bald kommt der Engel des Sturms
geflogen! Er schlägt dich mittendurch, bevor du um Gnade bitten kannst!“
„Aber ich will mich nicht beugen!“ sagte der Buchweizen. „Schließe deine Blumen und neige deine Blätter!“ sagte auch der alte Weidenbaum, „und sieh
nicht zum Blitze empor. Nicht einmal die Menschen dürfen das, denn im Blitze
sieht man in den Himmel Gottes hinein. Aber dieser Anblick kann selbst die
Menschen, die Gott am Nächsten stehen, blenden.“ „So will ich erst recht in
Gottes Himmel hineinsehen!“, sagte der Buchweizen, und er tat es in seinem
Übermut und Stolz. Da blitzte es, als ob die ganze Welt in Flammen stände.
Als das Unwetter endlich vorbei war, standen die Blumen und das Korn erfrischt
vom Regen in der stillen, reinen Luft. Der Buchweizen aber war kohlschwarz
vom Blitz gebrannt; er war nun ein totes Unkraut auf dem Felde.
nach Hans Christian Andersen
INHALTSSTOFFE UND VERWENDUNG
47
DIE INNEREN WERTE
Produkte aus Getreide gehören seit jeher zu den wichtigsten Nahrungsmitteln
des Menschen. Rund um den Globus sind Reis, Weizen und Mais die Grundlage
für das tägliche Überleben von Millionen von Menschen. Mehr als 50% des
weltweiten täglichen Energiebedarfs werden durch den Verzehr von Getreideprodukten abgedeckt.
Die Bilanz der Hauptinhaltsstoffe ergibt für die sieben Getreidearten ein relativ
gleichförmiges Bild:
Weizen Roggen
Mais
Gerste
Hafer
Reis
Hirse
12,5
11,7
13,0
13,1
12,1
Wasser
13,2
13,7
Protein
11,7
9,5
9,2
10,6
12,6
7,4
10,6
Fette
2,2
1,7
3,8
2,1
7,1
2,4
4,05
Kohlenhydrate
59,6
60,7
64,2
63,3
55,7
74,1
68,8
Ballaststoffe
13,3
13,2
9,7
9,8
9,7
2,2
3,8
Mineralstoffe
1,5
1,9
1,3
2,25
2,85
1,2
1,6
Tabelle 1: Hauptinhaltsstoffe unterschiedlicher Getreidearten in g pro 100g essbarem Anteil
(BELITZ, 2001, S.269)
Für die tägliche Ernährung ist es von großem Interesse, wo im Getreidekorn
sich welche Inhaltsstoffe befinden. Kohlenhydrate und Proteine, welche für
die Energiebereitstellung und die Struktur notwendig sind, finden wir vor allem
im Mehlkörper, während Mineralstoffe und Vitamine sich vorwiegend in der
Frucht- und Samenschale bzw. dem Keimling befinden (siehe Abbildung S. 48).
Vollkornprodukte sind als logische Konsequenz reicher an Vitalstoffen. Ein weiterer Vorteil von Vollkornprodukten liegt darin, dass Produkte aus Vollkorn den
Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen lassen. Das Sättigungsgefühl hält entsprechend länger an.
Laut italienischem Gesetzgeber unterscheidet man beim Ausmahlungsgrad des
Weizens fünf unterschiedliche Typen: 00, 0, 1, 2 und Weizenvollkornmehl. Weizenmehl des Typs 00 ist am feinsten und am stärksten ausgesiebt und weist
dementsprechend den geringsten Mineralstoff- und Vitamingehalt auf.
Doch neben den ernährungsphysiologischen Eigenschaften müssen Mehle auch
noch andere, technologische Eigenschaften erfüllen. So eignen sich Mehle des
Typs 00 besonders für feines Gebäck, wohingegen stärker ausgemahlene Mehle
für gröbere Teige Verwendung finden.
Nur aus Weizenmehl kann nach Zugabe von Wasser ein elastischer Teig geknetet werden. Maßgebend für dessen Stabilität ist der sich bei der Teigherstellung
bildende Kleber (Kleberprotein Gluten). Der Kleber ermöglicht es dem Teig beim
Backen ein poröses, lockeres Gebäck zu bilden. Die Backfähigkeit des Roggens
hingegen beruht auf Pentosanen und anderen Proteinen, deren Quellungszustand durch die Säuerung so verändert wird, dass auch mit Roggenmehlen ein
luftiges Gebäck entstehen kann. Deshalb ist für Roggenteige eine Sauerteigführung typisch und notwendig.
Auch andere Getreidearten enthalten in geringen Mengen Gluten und können demnach Zöliakie hervorrufen. Laut der deutschen Zöliakiegesellschaft ist
Zöliakie eine chronische Erkrankung des
Dünndarms, die auf einer lebenslangen
Unverträglichkeit gegenüber dem KleKeimling
bereiweiß Gluten beruht. Gluten kommt
vor allem in den Getreidearten Weizen,
Dinkel, Roggen, Gerste und Hafer vor.
Die einzige Therapiemaßnahme ist der
lebenslange Verzicht auf glutenhaltiges
Mehlkörper
Getreide.
Für einen gesunden Menschen hat eine
glutenfreie Ernährung allerdings keinerlei Vorteile. Dem Trend „Du bist was du
nicht isst“ kann also mit ruhigem Gewissen die kalte Schulter gezeigt werden.
Aleuronschicht
Frucht- und
Samenschale
Markus Plankl
Aufbau eines Weizenkorns
49
KLEINES GETREIDELEXIKON
Aleuronschicht
eiweißhaltige Schicht des Getreidekorns zwischen Mehlkörper und äußerer Schale
Auszugsmehl
Weißmehl (Mehl nach Aussieben von Schalenbestandteilen und Keimling)
Bulgur
Grober Grieß aus vorgekochtem Hartweizen; wichtiges
Getreideprodukt im Vorderen Orient
Cous Cous
Nordafrikanisches Getreideprodukt aus Weizen-, Gersten- oder Hirsegrieß
Gluten
Überbegriff für eine Proteingruppe; Bei manchen Menschen verursacht Gluten eine Entzündung der Darmschleimhaut (Zöliakie)
Graupen
Geschälte und polierte Getreidekörner (hauptsächlich
Gerste und Weizenarten); Verwendung als Suppeneinlage und für risottoartige Gerichte
Griffiges Mehl
Etwas gröber gemahlenes Mehl
Grieß
Grob gemahlenes Getreide (meist Weizen); Hartweizengrieß ist Ausgangstoff für Nudeln
Grünkern
Halbreif geerntete, getrocknete Dinkelkörner
Grütze
Grob zerkleinerte Getreidekörner
Heidemehl
Buchweizenmehl
Kamut
Khorasan-Weizen, alte Weizensorte aus dem Iran
Kleie
Bestandteile des Getreidekorns, die zur Gewinnung von
weißem Mehl abgesiebt werden (Keimling, Aleuronschicht, Schalen); ballaststoffreich, als Viehfutter oder in
der Vollwerternährung verwendet
Malz
Körner werden zum Keimen gebracht und dann schnell
getrocknet („gedarrt“)
Polenta
Maisgrieß
Schrot
Grob gemahlenes oder gequetschtes Getreide
Schwarzpolenta
Buchweizen
Tartarenkorn
Buchweizen
Teff
Äthiopische Zwerghirse
Vollkorn
Getreidekorn samt Schalen, Aleuronschicht und Keimling
GETREIDE ZUM TRINKEN
Schon sehr früh hat der Mensch herausgefunden, dass sich aus Getreide alkoholische Getränke herstellen lassen. Die ältesten Nachweise für Bier stammen
aus Mesopotamien und dem alten Ägypten. Doch wie entsteht aus Getreide
Alkohol? Ein wichtiges Ausgangsprodukt ist in nahezu allen Fällen Malz. Unter Malz versteht man gekeimte und anschließend getrocknete Getreidekörner.
Je nachdem, wie das Malz weiterverwendet wird, unterscheidet man zwischen
Bier/bierartigen Getränken und Destillaten.
Bier
Das geschrotete Malz wird mit Wasser gemischt und erhitzt. Dadurch entsteht
Maische, in der Stärke und Eiweißverbindungen in Zucker umgewandelt werden. Anschließend werden feste Bestandteile aus der Maische entfernt und die
Flüssigkeit (Würze) wird mit Hopfen gekocht (seine Bitterstoffe erhöhen die
Haltbarkeit). Nach raschem Abkühlen werden Hefen zugegeben und die alkoholische Gärung (= Abbau von Zucker zu Alkohol) beginnt. Nach deutschem
Reinheitsgebot dürfen für Bier nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe verwendet
werden. Bei uns sind für die Malzherstellung Gerste und Weizen üblich, in anderen Regionen der Erde sind Mais-, Reis- oder Hirsebier beliebt.
Destillate
Die Herstellung ähnelt in den ersten Schritten dem Bierbrauen. Als entscheidender Unterschied zum Bier wird die vergorene Maische abschließend gebrannt
(destilliert).
Destillate auf Getreidebasis sind:
• Wodka
Ausgangsstoffe: Roggen, Weizen oder Kartoffeln, aber auch anderes weil
kein Reinheitsgebot, Roggen am traditionellsten.
Besonderheiten: nach dem Brennen wird das Destillat mit Aktivkohle gefiltert, was einen neutralen Geschmack ergibt.
• Whisky
Ausgangsstoffe: Gerste (malt), Mais (Bourbon), Roggen, Weizen, Hafer.
Whisky muss mindestens 3 Jahre im Holzfass reifen
•K
orn/Kornbrand
Ausgangsstoffe: Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Buchweizen
• Reisschnäpse
• Hirseschnäpse
51
GETREIDE EINMAL ANDERS
GETREIDE ALS FUTTERMITTEL
Alle Getreidearten lassen sich in der Tierernährung verwenden. Die Samen von
Weizen, Mais & Co. liefern große Mengen Kohlenhydrate, sowie Proteine, Mineralstoffe und Vitamine. Mais nimmt dabei eine Sonderstellung ein: mehr als
zwei Drittel der Weltproduktion werden verfüttert. Die größten Anbaunationen
sind die USA vor China und Brasilien. Triticale, eine Kreuzung aus Roggen und
Weichweizen wird ausschließlich für Futterzwecke angebaut. Hierfür werden
spezielle Hochertragssorten gezüchtet. Von anderen Getreidearten wie etwa
Weizen kommen vor allem Partien mit minderer Qualität als Futtermittel zum
Einsatz. Kaum verfüttert werden Reis und Roggen.
Generell enthält nahezu jedes Kraftfutter für Nutztiere Getreide als Kohlenhydrat-Lieferant. Meist sind 50 bis 75% Getreide enthalten mit denen Spitzenleistungen in der Eier- und Milchproduktion, sowie in der Mast möglich werden.
Auch zur Herstellung von Silage, meist für Wiederkäuer (Kühe, Schafe und Ziegen), werden Mais und Weizen angebaut. Die noch grünen Pflanzen werden
gemäht, gehäckselt und siliert, und dann gemeinsam mit Gras und Heu verfüttert. Nutztiere stellen damit direkte Nahrungskonkurrenten des Menschen dar.
6%
für Bioethanol, Treibstoff
Gesamtverbrauch
2.410 Millionen Tonnen
12%
für Industrie,
Saatgut,
Verluste
46%
für Nahrung
36%
für Tierernährung
Weltgetreideverbrauch 2014/15
WEIZEN ZUM HEIZEN? – GETREIDE ALS ENERGIEPFLANZE
Seit einigen Jahren wird Getreide für die Herstellung von Ethanol, Biogas oder
direkt als Brennstoff genutzt. Durch den Boom sogenannter nachwachsender
Rohstoffe vervielfachte sich jedoch der Anbau von Mais und Weizen mit dem
alleinigen Produktionsziel „Industrie-Rohstoff“. Das häufig vorgebrachte Argument, Getreide sei CO2-neutral kann dabei allenfalls für den biologischen Anbau gelten. In konventionellen Produktionssystemen werden Spitzenerträge nur
mit massivem Einsatz von Mineraldüngern und Pflanzenschutzmitteln erzielt.
Für die Produktion von Stickstoffdünger und Diesel sind hohe Mengen Erdöl
notwendig, der Energieinput liegt ca. 30% über dem Energiegewinn.
Hinsichtlich seines Energiewertes ist Weizen mit Holz vergleichbar: 2,5 Kilogramm Weizen haben den gleichen Heizwert wie 1 Liter Heizöl. Steigt der
Ölpreis bei gleichzeitig sinkendem Getreidepreis wird die Energienutzung wirtschaftlich interessant. Zusätzlich bewirken Fördergelder für nachwachsende
Rohstoffe eine Vervielfachung der Anbauflächen von Energiegetreide und steigende Landpreise. Weltweit werden dadurch Kleinbauern massiv benachteiligt
und in ihrer Existenz gefährdet.
GETREIDEZURBIOETHANOLHERSTELLUNG
(inMillionenTonnen)
Getreideverbrauch weltweitfürdie Herstellung von Bioethanol
147
148
138
139
2010/2011
2011/2012
135
126*
141
132
152
155
145
145
2013/2014
2014/2015
* davon Mais
2009/2010
2012/2013
Getreide zur Bioethanolherstellung (in Millionen Tonnen)
53
GETREIDE EINMAL ANDERS
STROH ALS BAUMATERIAL
Wird Stroh heute vielfach auf dem Acker zur Humusbildung belassen, war es
früher zu wertvoll dafür. Vor allem die ärmeren Bevölkerungsgruppen nutzten
es als Baumaterial, zum Korbflechten oder für Kleidung.
Getreidehalme sind, wie die Stängel vieler anderer Gräser, innen hohl und besitzen somit ein natürliches Isolationsvermögen. Zudem können sie ein Vielfaches
ihrer eigenen Trockenmasse an Feuchtigkeit aufnehmen und bei Bedarf wieder
abgeben. Bereits Ötzi trug einen Mantel aus geflochtenem Gras, welcher ihn
wärmte und trocken hielt. Dieses „Prinzip Hohlfaser“ findet sich heute in vielen
modernen Textilien wieder. Besonders Bauern stellten sich Hüte, Schuhe oder
Spielsachen aus Stroh selbst her. In nahezu allen Bauernfamilien diente Stroh als
Matratze oder Zudecke, die jährlich erneuert wurden. Nach Gebrauch wanderte
es in den Stall und später auf den Mist. Auch im Mauerwerk fand das Stroh
Verwendung. Vor allem in typischen Ackerbauregionen wurde es als Zusatz
zu Lehmziegeln oder dem Verputz verwendet. Das Stroh auf den Dächern der
Höfe war meist aus langstrohigem Roggen oder Dinkel. Auch auf dem Dach
wirkt es temperaturausgleichend und lässt Feuchtigkeit draußen. In Südtirol sind
nur wenige Strohdächer erhalten, Fachleute, die diese reparieren oder erneuern
können, sind selten geworden. Nicht zuletzt fehlt es an geeignetem Material, da
moderne Sorten heute kurz und damit standfester gezüchtet werden.
Doch der Trend zum natürlichen Bauen brachte auch dem Stroh eine kleine Renaissance. Heute wird es wieder verwendet: als Isolationsmaterial, in Bauplatten
oder um Dächer einzudecken. Findige Architekten bauen heute ganze Häuser
aus großen Strohballen.
AUS DER KÜCHE
VON DORIS MEYER
55
DINKEL
DINKELVOLLKORNBROT MIT WALNÜSSEN
Dieses aromatische Nussbrot wird mit einem sogenannten Brühstück zubereitet,
dadurch bleibt das Vollkornbrot länger frisch.
Brühstück
150 g Dinkelvollkornmehl
200 g kochendes Wasser
Das Dinkelvollkornmehl mit kochend heißem Wasser vermischen und auskühlen lassen. Das Brühstück mindestens 4 Stunden vor der Teigbereitung herstellen. Möchte man es schon am Vortag zubereiten, lagert man es über Nacht im
Kühlschrank.
Teigbereitung
350 g Dinkelvollkornmehl
250 g Wasser
100 g Walnüsse (grob gehackt)
20 g Hefe
10 g Salz
Das Dinkelvollkornmehl, mit dem Brühstück, Wasser, Hefe und Salz zu einem
geschmeidigen Teig kneten. Erst am Ende der Knetzeit die gehackten Nüsse
unterkneten.
Teigruhe: 45 min. (nach etwa 20 min. den Teig einmal kurz durchkneten, so
erhält die Brotkrume eine gleichmäßige Porung.)
Ausformen: Den Teig rundwirken und kurz entspannen lassen. Dann länglich
wirken und mit dem Schluss nach unten in eine Kastenform legen. Mit wenig
Öl bestreichen.
Stückgare: je nach Raumtemperatur etwa 30 min.
Backen: Den Backofen auf 250ºC vorheizen, das Brot in den Ofen geben, mit
einer Sprühflasche Wasser in den Ofen sprühen und bei 200ºC backen. Kurz vor
dem Ende der Backzeit das Nussbrot aus der Form geben und ohne diese fertig
backen. So erhält man eine gleichmäßige Kruste.
Doris Meyer
Bäuerin im Ultental
AUS DER
SALERNER KÜCHE
57
REIS
WILDKRÄUTERRISOTTO MIT ZIEGENFRISCHKÄSE
Zutaten
20 g Butter
40 g Zwiebel
350 g Rundkornreis (Arborio, Carnaroli)
50 ml Weißwein
1l
Gemüsebrühe
20 g Butter
4 El Wildkräuter (Gundermann, Giersch, Sauerampfer, Wiesenkerbel…)
150 g Ziegenfrischkäse
Salz und Pfeffer
Zubereitung:
Die Zwiebel in kleine Würfel schneiden und in der Butter andünsten.
Den Reis dazugeben und glasig schwitzen.
Mit dem Weißwein ablöschen und einkochen lassen.
Mit der kochenden Gemüsebrühe nach und nach aufgießen und unter ständigem Rühren 20 Minuten bissfest kochen.
Vom Herd nehmen und mit der kalten Butter verfeinern.
Die fein gehackten Kräuter und den Ziegenfrischkäse dazugeben und gut
unterrühren.
Mit Salz und Pfeffer abschmecken:
Monika Bacher, Fachlehrerin
Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern
AUS DER
SALERNER KÜCHE
59
QUINOA & AMARANT
QUINOA-AMARANT-AUFLAUF
Zutaten Teig
70 g Quinoa
70 g Amarant
300 ml Gemüsebrühe
30 g Zwiebeln, fein geschnitten
1 St. Knoblauchzehe, fein gehackt
2 El
Olivenöl
je 40 g Karotten, Zucchini, Lauch, Peperoni
2 St. Eigelb
200 g Topfen
50 g würzigen Bergkäse
30 g Parmesankäse
1 El
Schnittlauch
2 St. Eiweiß
Salz und Pfeffer
Zubereitung:
Quinoa und Amarant kurz in einem Topf erwärmen. Danach mit der Gemüsebrühe weich garen.
Die Zwiebel und den Knoblauch in 2 Esslöffel Olivenöl glasig anschwitzen. Das
Gemüse in kleine Würfel schneiden, zum Zwiebel und Knoblauch geben und
weich dünsten.
Die Eigelbe mit dem Topfen verrrühren. Den Bergkäse in kleine Würfel schneiden und zur Topfen- Eimasse geben. Die Topfenmasse mit dem gedünsteten
Gemüse und dem Getreide vermengen, Schnittlauch dazugeben und mit Salz
und Pfeffer abschmecken.
Das Eiweiß mit einer Prise Salz zu Eischnee schlagen und unter die Masse heben.
In eine gefettete und bemehlte Form füllen. Bei 170 Grad 20- 25 Minuten backen.
Den Auflauf aus der Form stürzen auf einem Teller anrichten und mit einer Tomatensauce servieren.
Monika Bacher Fachlehrerin
Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern
AUS DER
DIETENHEIMER KÜCHE
61
WEIZEN & MAIS
BAUERNMUS
Zutaten
¼l
Wasser
1l
Milch
Salz
Musmehl zur Hälfte nach Bedarf
Weizenmehl zur Hälfte nach Bedarf
Butter zum Abschmelzen
Zubereitung
Musmehl (weißes oder gelbes Maismehl) zur Hälfte mit Weizenmehl mischen.
Eisenpfanne etwas erwärmen und mit einem Stück Butter den Pfannenboden
befetten, damit das Mus nicht anbrennt.
Wasser hineinschütten und kochen lassen.
Milch dazugießen und salzen.
Sofort das Mehl unter ständigem Rühren langsam mit dem Schneebesen einrühren oder man rührt Mehl mit etwas Milch separat an und schüttet es so zur
restlichen Milch .
Sobald das Mus kocht, kann die Dicke festgestellt werden; es darf nur so dick
sein, dass es noch vom Löffel rinnt. Eventuell noch Milch oder Mehl dazugeben.
Nun mit einem Kochlöffel langsam das Mus umrühren, dass es nicht anbrennt,
sich jedoch eine Kruste (Scherre) am Pfannenboden bildet.
Sobald sich an der Oberfläche kreisförmige Ringe bilden, ist das Mus fertig.
Auf dem Pfannknecht lässt man es etwas auskühlen.
Vor dem Servieren wird zerlassene, leicht gebräunte Butter darauf verteilt.
Rosa Kuen, Fachlehrerin
Fachschule für Hauswirtschaft Dietenheim
AUS DER KÜCHE DER
HOTELFACHSCHULE BRUNECK
63
BUCHWEIZEN
BUCHWEIZENTÖRTCHEN MIT RIBISELSAHNE
Zutaten
6
Eigelb
6
Eiweiß
120 g Zucker
2 g Vanillezucker
3 g Salz
90 g Weizenmehl gesiebt
30 g Buchweizenmehl
Füllung
200 mlSahne
etwas Ribiselmark
15 g Zucker
Kürbiseis zum Garnieren
Eigelb mit Zucker und Vanillezucker schaumig rühren. Eiweiß mit einer Prise
Salz zu Eischnee schlagen. Eiweiß und Eigelbmasse vermischen und die Mehlmischung unterheben. Die Masse gleichmäßig fingerdick auf das vorbereitete Backblech (mit Backpapier) streichen und sofort im vorgeheizten Backrohr
(200°C) ca. 8 min backen.
Vom gebackenen Biskuitteig das Backpapier abziehen und auskühlen lassen.
Mit einer runden Form Kreise ausstechen. Die Sahne steif schlagen und anschließend das gezuckerte Ribiselmark unterheben. In einen Spritzsack füllen
und auf die Buchweizenkreise aufspritzen. Diesen Vorgang nach Belieben wiederholen, mit einem gezuckerten Buchweizenkreis beenden.
Zum Schluss mit Kürbiseis garnieren.
Stefanie Baumgartner, Fachlehrerin
Berufsbildungszentrum Bruneck/Hotelfachschule
QUELLEN UND IMPRESSUM
65
QUELLEN
Quellen
Verwendete und weiterführende Literatur
FLAMMER D., MÜLLER S.: Das kulinarische Erbe der Alpen. AT Verlag, 2012
MIEDANER Th., LONGIN F.: Unterschätzte Getreidearten. Erling Verlag, 2012
MIEDAMER Th.: Kulturpflanzen. Springer Verlag, 2014
SEIDEL W.: Die Weltgeschichte der Pflanzen. Eichborn Verlag, 2012
VAN WYK B.-E.: Handbuch der Nahrungspflanzen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2005
HAMADER H., REISINGER J.: Das neue Getreidekochbuch. Österreichischer
Agrarverlag 2010
BELITZ H-D., GROSCH W., SCHIEBERLE P.: Lehrbuch der Lebensmittelchemie.
Springer Verlag, Berlin 2008
SCHILPEROORD P.: Kulturpflanzen in der Schweiz – Mais. Verein für alpine
Kulturpflanzen 2014
WÖLFER T: Schlipfs Handbuch der Landwirtschaft, Parey-Verlag, 25. Auflage
1929
SCHILPEROORD P.: Kulturpflanzen in der Schweiz – Dinkel. Verein für alpine
Kulturpflanzen 2014
SCHILPEROORD P.: Kulturpflanzen in der Schweiz – Gerste. Verein für alpine
Kulturpflanzen 2014
KÖRBER-GROHNE U.: Nutzpflanzen in Deutschland, Nikol-Verlagsgesellschaft
Hamburg 1995
BYNUM H. und W.: Pflanzen und Kultur. Fröhlich & Kaufmann 2014
GORFER A.: Die Erben der Einsamkeit. Tappeiner-Verlag 2003
Internet
http://www.klopfermuehle.de/031ed198e9126ba01/031ed198fb1066701/
DEUTSCHE ZÖLIAKIE GESELLSCHAFT auf http://www.dzg-online.de/ am
19.05.2016
http://www.thauerboeck.com/deckstroh/
http://www.unserstrohhaus.at/
http://strohundlehm.at
http://muehle-fraubrunnen.ch
Bilder
Gabriele Falschlunger, Michaela Krause, Laqua Nadine Fachschule Salern
Hans Hillewaert (S.30/31)
http://www.goodmillsinnovation.com/ weizenkompendium
http://www.vulkanlandurlaub.at/wp-content/uploads/2010/10/neu-6.jpg
mais 2
http://www.wikiwand.com/de/Tschardake mais 1
Für Bild 28/00117: Hersteller: Sandro Saltuari: Amt für Film und Medien Autonome Provinz Bozen – Südtirol – Katalog der Kulturgüter in Südtirol
67
IMPRESSUM
IMPRESSUM
Konzept
Gabriele Falschlunger, Michaela Krause, Nadine Laqua
Herausgeber
Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern
Salernstraße 26
39040 Vahrn
T 0472 833711
F 0472 833812
[email protected]
www.fachschule-salern.it
Gesamtherstellung
Druckerei A.Weger, Brixen
August 2016
Fachschule für Land- und
Hauswirtschaft Salern
Salernstraße 26
39040 Vahrn
T 0472 833 711
F 0472 833 812
[email protected]
www.fachschule-salern.it
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