Influenzaviren Geschichte der Influenza Hinweise auf ca. 30 Pandemien und zahlreiche Epidemien lassen sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Am bekanntesten sind: die „Russische Grippe“ die „Spanische Grippe“ die „Asiatische Grippe“ die „Honkong-Grippe“ die „Schweinegrippe“ (um 1840) (1918-1919) (1957-1958) (1968) und (2009-…) Jahrhundertelang führte man aus Unkenntnis der wahren Entstehungsursache diese Seuchenzüge auf „himmlische Einflüsse“ bzw. den „Einfluß der Gestirne“ (lat.: influere = einfliessen) zurück. Die Bezeichnung „Grippe“ (chripotá = Heiserkeit) bürgerte sich Ende des 18. Jahrhunderts während einer von Rußland ausgehenden Pandemie ein. Klassifikation und Stuktur (Neuraminidase) (Hämagglutinin) Familie: Orthomyxoviridae Genera: Influenzavirus A, B, C (Matrixprotein) (Matrixprotein) Genom: Negativstrang-RNA, 8 Segmente • Genom mit einzelstängiger minus-RNS, 8 Segmente • helikales Kapsid (8 Ribonukleoproteine - RNP) • Matrixproteine M1 und M2 • Virushülle mit Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) • Durchmesser 100 nm Einteilung der Influenzaviren Typ A Vorkommen bei Mensch, Vögeln, Säugetieren eingeteilt in Subtypen: 16 Hämagglutinin(HA) und 9 Neuraminidase-Subtypen (NA) Epidemien, Pandemien Typ B bei Mensch (Nachweis auch bei Seehunden) Epidemien Typ C bei Mensch, Schwein, Hund ohne klinische Relevanz Klinik Max. Virusreplikation: 3 - 4 Tag p.i. → bis zu 1500 Viren pro Zelle in 6 h Symptome: • plötzlicher Beginn der Krankheitssymptome • Fieber >38,5 °C • heftige Kopf- und Gliederschmerzen • extremes Krankheitsgefühl klinische Diagnose Influenza Klinische Diagnose Während einer Epidemie sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit (80%) für eine Influenza: schlagartiges Auftreten von Fieber oder/und schwerem Krankheitsgefühl sowie mindestens zwei der folgenden Symptome: Gliederschmerzen Kopfschmerzen Husten Abgeschlagenheit Medizinische Bedeutung der Influenza In Nicht-Epidemiezeiten • Weltweit: ca. 0,5 Mio Todesfälle/jährlich • Deutschland: ca. 5.000 – 8.000 Todesfälle pro Jahr In Epidemiezeiten 35000 30000 • wesentlich höhere Erkrankungs- und Todesraten! • 1995/96 in Deutschland: ca. 8,5 Mio Erkrankte und 30.000 Todesfälle 25000 20000 15000 10000 5000 2005/2006 2004/2005 2003/2004 2002/2003 2001/2002 2000/2001 1999/2000 1998/1999 1997/1998 1996/1997 1995/1996 1994/1995 1993/1994 1992/1993 1991/1992 1990/1991 1989/1990 1988/1989 1987/1988 1986/1987 1985/1986 1984/1985 0 Was macht die Influenza als Seuche so unberechenbar und ihre Bekämpfung so schwierig ? 1. Die genetische Variabilität Antigendrift: Punktmutationen im HA- oder NA-Gen Antigenshift: Neukombination von RNA-Segmenten (Reassortierung) 2. Das breite Wirtsspektrum und die Überwindung der Wirtsbarriere H3, 7; 5 N7, 8, 1 H1, 3, 5 N1, 2, 1 „mixing vessel“ H1-16 N1-9 H1, 2, 3, 5, 7, 9 N1, 2, 7 Die Influenza ist als Seuche so unberechenbar und ihre Bekämpfung so schwierig, da die Infektiosität sehr stark, die genetische Variabilität der Influenza-A-Viren sehr hoch, • Antigendrift • Antigenshift und das Wirtsspektrum sehr breit ist, wobei Wirtsbarrieren überwunden werden können. Virologische Diagnostik der Influenza Virusnachweis ist Methode der Wahl: Virusisolierung im bebrüteten Hühnerei und in Zellkulturen (MDCK) aus Nasen-/Rachensekret Schnelldiagnostik mittels Antigennachweis (Immunfluoreszenz) PCR zunehmend durchgeführt Antikörpernachweis zur Diagnosebestätigung: HAHT, ELISA positiv: mindestens 4facher Anstieg der Antikörpertiter im Abstand von 1-2 Wochen durchgeführt oder hohe Einzeltiter bei entsprechendem Krankheitsbild Die wichtigste prophylaktische Maßnahme gegen die Influenza ist die Impfung ! Influenza-Impfstoffe Inaktivierter Impfstoff: (inaktivierte Viren) Spaltimpfstoffe: Fragmente der Virushülle mit den H- und N-Oberflächenantigenen Subunit-Impfstoff: gereinigte H- und NOberflächenantigene Tri/Tetravalenter Impfstoff (saisonale Influenza): Influenza-A-Virus H3N2, Influenza-A-Virus H1N1 und Influenza-B-Virus (Victoria/Yamagata-Linie) Monovalenter Impfstoff: Neues Influenza-A-Virus H1N1 (Schweinegrippevirus) Impfstoff für 2016/17 enthält auch Schweinegrippevirus Impfmodus: jährlich Impfung 2009/10 Attenuierter Lebendimpfstoff: Zusammensetzung wie inaktivierter tri/tetravalenter Impfstoff Für Kinder 2-17 Jahre Applikation als Nasenspray Zulassung ab 2012 STIKO-Empfehlungen (2016) Impfung gegen saisonale Influenza Personen über 60 Jahre Schwangere ab 2. Trimenon Risikogruppen: • Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung • Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen Berufsgruppen, die häufig Kontakt zu anderen Menschen haben, insbesondere auch zu Personen der Risikogruppen • medizinisches und Pflegepersonal, • Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr, • Personen, die Risikogruppen gefährden können • Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten Kontakt zu Geflügel und Wildgeflügel Wirksamkeit: - 70 - 90 % bei gesunden Erwachsenen, - ca. 50 % bei Älteren und Immunkompromittierten - Impfschutz für 3 - 6 Monate Therapie der Influenza Verpackung und Knospung Freisetzung Neuraminidasehemmer Adamantanamine • Adamantanamine: • Neuraminidasehemmer: Frühphase der Virusreplikation, Blockierung M2-Protein Blockierung der Virusfreisetzung NH2.HCl NH2.HCl H3C CH M2-Protein-Inhibitoren H H H Amantadin und Rimantadin H H H Therapie und Prophylaxe der Influenza A Verkürzung der Symptomatik u. Virusausscheidung um einen Tag, wenn Therapiebeginn innerhalb von 48 h häufig zentralnervöse Nebenwirkungen schnelle Resistenzentwicklung bei unveränderter Virulenz Neuraminidase-Hemmer zur Behandlung der akuten Influenza Zanamivir (Relenza) Oseltamivir (Tamiflu) 2 x tgl. 10 mg per inhalationem (lokal) über 5 Tage 2 x tgl. 75 mg per os (systemisch) über 5 Tage OH OH HO H O O H O NH O COOH NH NH HN NH2 O Neuraminidase-Hemmer COO C2H5 NH2 Zanamivir und Oseltamivir Therapie und Prophylaxe der Influenza A und B Verkürzung der Symptomatik u. Virusausscheidung um 1-3 Tage, wenn Therapiebeginn innerhalb von 48 h kaum Nebenwirkungen kaum Resistenzen bis 2008 Hongkong 1997: ein aviäres H5N1 Influenza-A-Virus überwindet die Speziesschranken H5N1: - 18 Infizierte, 6 Tote (33%) - Besonderheiten: * Übertragung vom Vogel auf den Menschen * keine Übertragung von Mensch zu Mensch - Weltweiter Stand Jan. 2009: 399 Erkrankungen, 252 Todesfälle (63,2%) Neues Influenza A-Virus H1N1 (Schweinegrippe) Erstes Auftreten: 02/2009 in Mexiko Fallzahl in Deutschland (Stand 26.01.10): 220.917, Todesfälle: 199 (0,1%) Entstehung durch Genreassortierung von H3N2- u. H1N1-Viren mit Schweinevirus H1N1 Unterscheidung von saisonaler Influenza (H3N2, H1N1) nur durch Virusnachweis mittels PCR H1 - H15 Seit November 2016 in Deutschland: Aviäres H5N8 Influenza-A-Virus Auswirkungen einer Influenza-Pandemie Schätzungen auf der Basis eines epidemiologischen Models der Centers for Disease Control and Prevention, Atlanta, USA Weltweit 2 - 7,4 Mio. Tote Industrieländer (15% der Weltbevölkerung) 134 -233 Mio. ambulante Behandlungen 1,5 - 5,2 Mio. Hospitalisierungen Schätzungen für Deutschland (30%ige Erkrankungsrate) → 13 Millionen zusätzliche Arztbesuche → 370.000 Krankenhauseinweisungen → 103.000 influenzabedingte Todesfälle HIV AIDS HIV – Klassifikation und Aufbau Familie: Retroviridae Genus: Lentivirus - Genom mit einzelstängiger minus-RNS, 9 kb - kegelförmiges Nukleokapsid (reverse Transkriptase, p24) - äußere Kernmembran (p17) - Virushülle mit Knöpfen zur Anlagerung an Zelle (gp 41, gp 120) - Größe 110 nm Einteilung von HIV-1 in Gruppen und Subtypen • HIV-1 wird aktuell in die Gruppen M, N und O klassifiziert • weltweit werde die meisten HIV-Infektionen durch Gruppe M-Viren verursacht • Gruppe M wird in Subtypen A - K und viele hieraus rekombinierte HIV unterteilt. Verteilung der HIV-Subtypen über die Welt • Europa: alle Subtypen, HIV-1 B dominiert • Afrika: alle Subtypen, Westafrika: HIV-1 A, Südafrika HIV-1 C, Ostafrika HIV-1 A/D • Asien/Amerika: selektionierte Subtypen (HIV-2 vereinzelt in Westafrika und Indien) HIV-Vermehrung in der Zelle HIV-1 DNA DNA Reverse Transkriptase Zellkern RNA Proteine HIV-1 Protease VorläuferProteine Zelle Genomische virale RNA mRNA • Hauptrezeptor: CD4-Molekül, Transport des Virus in Zytoplasma u. Enthüllung • Umschreiben der viralen RNS in provirale DNS • DNA-Einschleusung in Zellkern und Integration in zelluläres Genom • Synthese von mRNS (Transkription) • Syntese von Proteinen (Translation) • Zusammenbau der Viruspartikel und Ausschleusung HIV - Übertragung Parenteral durch Blut- und Blutprodukte i.v. Drogenkonsum Nadelstichverletzungen (0,3%) Sexualkontakte Europa: homosexuell Afrika: heterosexuell Perinatal (Stillen) 15-40% ohne Prophylaxe selten intrauterin Infektionsformen und Erkrankungen Primärinfektion: häufig asymtomatisch, grippeähnliche Symptome, Lymphknotenschwellungen Persistierende Infektion: symptomlose Phase mit Virusreplikation, in Spätphase generalisierende Lymphadenopathie Vollbild AIDS: nach Erschöpfung des Nachschubs an CD4-Helfer-T-Zellen, ausgeprägter zellulärer Immundefekt ARC : AIDS-related complex Klinische Symptome des ARC: Lymphdrüsenschwellung > 1 cm, an zwei Stellen außerhalb der Leisten mindestens 6 Monate lang Mundsoor Leukoplakie Zoster bei Patienten < 60 Jahren Fieber (3 Monate oder länger) Gewichtsverlust von ≥ 10% zentrale oder periphere neurologische Defekte Durchfall (3 Monate oder länger) In diesem Stadium kann die Erkrankung jahrelang verbleiben AIDS-assoziierte Erkrankungen Pneumocystis jiroveci-Pneumonie Toxoplasmose Kryptokokkose Mykobakteriosen Candidosen Kaposi-Sarkom HIV-induzierte Demenz (JC-Virus) Kryptosporidien-Infektionen CD4 <150/µl Soor Kachexie Veränderter Verlauf von Erkrankungen bei HIVInfektion Hepatitis B-Virus Epstein-Barr-Virus Herpes-simplex-Virus Varicella-Zoster-Virus Zytomegalievirus Nachweis der HIV - Infektion Virusanzucht (schwierig und zeitaufwändig) Serologischer Virusproteinnachweis Antikörpernachweis ELISA-Technik (Suchtest) Western Blot (Bestätigungstest) HIV-Therapie (HAART) 1. Protease-Hemmer (PI) Saquinavir Indinavir (Invirase®) (Crixivan®) 2. Nukleosid-artige Reverse Transkriptase-Hemmer (NRTI) Azidothymidin (Retrovir®) Dideoxyinosin (Videx®) 3. Nicht-Nukleosid-artige Revertase-Hemmer (NNRTI) Nevirapin (Viramune ®) NRTI-1 + NRTI-2 + PI oder NRTI-1 + NRTI-2 + NNRTI HIV-Infektion/AIDS weltweit in 2014 Menschen, die mit HIV/AIDS leben: Erwachsene davon Frauen Kinder 37 Millionen ca. 33 Millionen ca. 14 Millionen ca. 4 Millionen Zahl der neu mit HIV Infizierten: 2 Millionen Zahl der AIDS-Todesfälle: 1,2 Millionen Seit Beginn der AIDS-Epidemie ca. 36 Mio Menschen an AIDS verstorben! Gemeldete AIDS-Fälle, Grafik nach Postleitregionen in Deutschland 2015 3.674 neu diagnostizierte HIVInfektionen gemeldet Anstieg gegenüber 2014 um ca. 5% Ca. 80% Männer Hauptübertragungsweg: sexueller Kontakt unter Männern (62%) Höchste Inzidenz in Berlin und Hamburg