NEWSLETTER 2013 | Nr. 7 2. und 9. April "Musik hat keine

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NEWSLETTER 2013 | Nr. 7
2. und 9. April
"Musik hat keine politischen Konsequenzen. Aber sie kann uns glücklich
machen mit uns selbst."
(Elliott Carter | 1908-2012)
Liebe Freundinnen und Freunde zeitgenössischer Musik,
Christfried Schmidt ist einer de wichtigen, sowohl zunächst in der DDR und schließlich im
Nachwendedeutschland weitgehend ignorierten zeitgenössischen Komponisten, der kürzlich
seinen 80. Geburtstag feierte.
Kirsten Harms, Violine und Frank Gutschmidt, Klavier ehren ihn musikalisch am
kommenden Dienstag, 2. April mit Werken vom Meister selbst und Stücken von Herbert
Brün, Ellen Hünigen und Allain Gaussin.
Begegnungen am Rand des Klanges haben die Geigerin Susanne Zapf und der
Kontrabassklarinettist Theo Nabicht ihr Klangmischungsexperiment (s.u.) mit neuen Werken
von Chiyoko Szlavnics UA , Helmut Zapf UA, Andrew R. Noble UA, Iñigo Giner
Miranda UA, Walter Zimmermann, Matthias Bauer und Clemens Gadenstätter
genannt.
Zu erhören am Dienstag, 9. April.
Inhalt
Dienstag, 2. April 2013 | Christfried Schmidt 80 | Kirsten Harms und Frank Gutschmidt
Dienstag, 9. April 2013 | BEGEGNUNGEN AM RAND DES KLANGS | Zapf / Nabicht
Dienstag, 2. April 2013 |
CHRISTFRIED SCHMIDT 80
Kirsten Harms, Violine
Frank Gutschmidt, Klavier
Herbert Brün
Sonatina (1952)
für Violine
Die Sonatina ist seinem Ur-Berliner Freund Walter Levin gewidmet. Sie entstand früh, Brün verwendet noch ZwölftonReihen. Trotz der Zwölftonechnik wirkt die Musik humorvoll, auch ironisch – Brün arbeitete in dieser Zeit häufig als JazzPianist in New Yorker Bars. Hier noch ein schönes Zitat seiner scharfzüngigen und kompromisslosen Persönlichkeit: „I never
had a cup of coffee with a bastard.“ 2008 widmete Ultraschall ihm einen Teil des Festivals. Sein Nachlass liegt in der
Akademie der Künste.
Der gebürtige Berliner Herbert Brün emigrierte 1936 nach Palästina, wo er Klavier und Komposition (u.a. bei Frank Pelleg
und Stefan Wolpe) studierte. Seit seiner Rückkehr nach Europa 1955 widmete er sich – neben der Komposition zahlreicher
Schauspielmusiken für Fritz Kortner - vor allem den Möglichkeiten elektronischer Klangerzeugung (Studios in Köln, München
und Paris). Er hielt Vorträge in Darmstadt und hatte eine Lehrprofessur in Illinois seit den sechziger Jahren und
verschiedene Gastprofessuren, u.a. in Berlin 1978 an HdK und TU inne. Aufgrund seiner Beschäftigung im Bereich der
Kybernetik gründete er 1978 das Performers Workshop Ensemble und 1993 die School for Designing a Society.
Ellen Hünigen
SULPHUR. Spagyrie auf dem Klavier (2007)
Dieses Klavierstück ist zunächst ohne Titel im Hinterkopf entstanden. In Eile gefragt nach einem Titel, musste ich graben,
Assoziationen suchen. Das kann mitunter Voreiligkeiten mit sich bringen oder doch einen begründeten Bezug ergeben. Ich
denke, das letzte ist geknüpft worden, wobei assoziative Titel für mich nie die volle Deckung mit dem Stück ergeben.
In der entstandenen Klaviermusik gibt es wiederholt, und gegen Ende sich anhäufend, Vorgänge, die in die Höhe steigen.
Quasi aufsteigende Dickichte, die sich nach oben hin lichten. Das erweckte die Assoziation zu Sulphur.
Sulphur und Spagyrik (hier Spagyrie, wie bei Paracelsus) sind Begriffe aus der Alchemie.
Spagyrik ist bei Paracelsus der Teil der Alchemie, der sich mit dem Herstellen von Heilmitteln aus Pflanzen, Metallen und
Tieren beschäftigt. Das Gute einer Substanz - die Essenz - kann erst heilend wirken, wenn es aus der Substanz befreit wird.
Diesen alchemistischen Prozess nennt Paracelsus Spagyrik (griechisch „spaein“ = trennen, „ageirein“ = verbinden).
Sulphur (oder Sulfur) ist eines der drei Prinzipien in der Alchemie, zu denen noch Merkur und Sal zählen.
Sulfur ist dem Element Feuer zugeordnet, es bezeichnet das Brennbare und Ölige. Die ätherischen Öle der Pflanzen sind
deren Sulfur. Das Flüchtige ätherischer Öle bietet wieder eine Assoziationsfläche für das Klavierstück. Sulfur entspricht der
Seele.
Merkur ist dem Element Wasser zugeordnet, bezeichnet das Prinzip des Flüssigen und Flüchtigen (dies überschneidet sich
hier mit dem Sulfurprinzip) sowie des Metallischen. Quecksilber ist ein Repräsentant, allerdings wird im Pflanzenreich meist
der Alkohol als Merkur angesehen. Merkur wird auch als Geist bezeichnet.
Sal ist das Prinzip des Festen, Unbrennbaren und durch das Feuer nicht Zerstörbaren. Es entspricht dem Körper.
In der Spagyrik als Methode der Heilmittelherstellung werden die ätherischen Öle von Pflanzen (Sulfur) mittels
Wasserdampfdestillation abgeschieden. Die Gärung des Rückstandes führt zu Alkohol (Merkur), anschließend werden die
Reste verascht (Sal). Nach der Reinigung der drei Prinzipien werden diese wieder zur spagyrischen Essenz vereinigt.
Merkur bedeutet das dem Element Wasser zugeordnete Leben. Erst durch Sulfur (dem Element Feuer zugeordnet) wird
Merkur strukturiert. Das strukturierte Leben organisiert sich selbst und ordnet den Stoff (Sal), der dieses Leben trägt.
Muss ich betonen, dass das Klavierstück nicht unbedingt in seinem Titel aufgeht? Dass mein Stück kathartische oder
heilende Wirkung habe, will der Titel nicht behaupten; er ist reine Assoziation – vielleicht so flüchtig wie ein ätherisches Öl.
Spagyrie auf dem Klavier ist ebenso utopisch wie jeglicher Wunsch, Verhältnisse oder Menschen durch Musik zu ändern –
letztes wohl noch am ehesten.
Das Stück habe ich für Frank Gutschmidt geschrieben, und es gibt Einiges in dem Stück, vor allem in Tempofragen, das ich
mit Freude speziell seiner Destillation überlasse.
Ellen Hünigen, 1985 – 1989 Kompositions- und Klavierstudium an der Hochschule für Musik “Hanns Eisler”, Berlin.
Sommerkurse für zeitgenössische Musik (International Bartók Seminar in Szombathely, Ungarn, 1989, Kompositionspreis
bei den “Geraer Ferienkursen für zeitgenössische Musik” in Gera). 1989-1991 Meisterschülerstudium bei Friedrich Goldmann
an der Akademie der Künste zu Berlin. Seit 1990 Lehrauftrag für Tonsatz/Gehörbildung an der Hochschule f. Musik „Hanns
Eisler“ und am C.Ph.E.- Bach-Gymnasium . Aufführungen ihrer Kompositionen durch Ensembles und Orchester in
Deutschland, der Schweiz, Italien und den USA. 1996-2000 musikwissenschaftliche Studien an der Humboldt-Universität zu
Berlin, (Paläographie, Musikhandschriften des Mittelalters und der Renaissance) bei C. Kaden und G. Rienäcker. 2001/2,
2007/8 und 2008 Lehraufträge an der Humboldt-Universität. Gründungsmitglied des Vokalensembles VOX NOSTRA für Musik
des Mittelalters und der Renaissance (gegründet 1999). Kurse zur Aufführungspraxis der Musik des Mittelalters in Berlin,
Kloster Retz (Österreich), Heiligengrabe und Lehnin (1998 – 2003) bei Burkard Wehner, an der Schola Cantorum Basel
(2002) bei Kathleen Dineen, Eric Mentzel u.a., in Kloster Zinna (2003) bei Maria Jonas, in Berlin bei Eric Mentzel (2004),
mehrjähriger Gesangsunterricht bei Joachim Vogt (Berlin). Mitglied des Ensembles “Musikalischer Religionsdialog”, das
jüdische, christliche, christlich-orthodoxe, byzantinische und muslimische Musiktradition zur Aufführung bringt. seit 2008
Mitglied des Graduiertenkollegs 1458 „Schriftbildlichkeit“ an der Freien Universität Berlin, Dissertation (in Arbeit) zur
Notation in Aquitanischen Musikhandschriften des 12. Jh.
Allain Gaussin
OGIVE (1988)
pour piano et violon
Alain Gaussin, geb. 1943 in Sever (Frankreich), musikalische Ausbildung in Paris (Komposition, u.a. bei Olivier Messiaen,
Klavier, Chorleitung, Dirigieren, elektroakustische Musik bei der "Groupe de Recherches Musicales". Lehrte 1981-92 an der
Pariser Schola Cantorum, seit 1991 als Professor am städtischen Konservatorium Paris.
Er war 1984/85 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.
Christfried Schmidt
Moments Musicaux pour piano VI – X (1976)
(Texte in den Stücken VII und IX: Friedrich Nietzsche)
… Du nicht mehr mein! Es spielt mein liebster Traum
mit deinem Bild, und einsam steigst du auf
aus Herzenstiefen wie ein Stern, entglommen
an meines Lebens nächt’gem Himmel – doch
schon ferne, ach zu ferne, schon versunken!
Christfried Schmidt
Sonate (1971)
für Violine und Klavier
I. Animato
II. Lento molto
III. Moderato
Zu meinem 80. Geburtstag im Vorjahr ist der Berliner Kunstprominenz nicht eingefallen, ein Werk aus meinem
„bescheidenen“ Œuvre aufzuführen. Umso mehr freue ich mich über das heutige Konzert.
Die Violinsonate – für Tokyo 1971 komponiert – wurde dort 1974 uraufgeführt, im gleichen Jahr, wie die erste Uraufführung
in der DDR überhaupt.
Im fernen Japan wurden allerdings bereits 1970 und 1971 andere Werke von mir uraufgeführt, ebenso wie in Nürnberg der
„Psalm 21“ (Text: Ernesto Cardenal).
„In den Westen“ durfte der Komponist auch noch zehn Jahre später aufgrund seiner „feindlich-negativen Grundeinstellung“
nicht reisen.
Die Violinsonate wie auch der Zyklus „Moments musicaux“ VI – X (1976) werden heute zum zweiten Mal gespielt. Die
virtuosen Klavierstücke VI, VIII und X brauchen einen Pianisten wie Frank Gutschmidt, der Erfahrung mit zeitgenössischer
Musik hat. Den beiden verhaltenen Stücken VII und IX habe ich jeweils Textzitate aus den Gedichten „Lied“ und „Untreue
Liebe“ des jungen, sprachbegabten Friedrich Nietzsche beigegeben.
Zumindest meine Violinsonate hatte lange warten müssen, bis sie 1999 zum ersten Male in deutschen Landen gespielt
wurde. Mein besonderer Dank gilt deshalb Kirsten Harms – auch ihrem Begleiter – für die heutige Aufführung des Werks,
welches ich 1971 „Meinen japanischen Freunden in Dankbarkeit gewidmet“ habe.
Der erste Satz – Animato – ist durchweg rhapsodisch angelegt; der Zweite – Lento molto – ist ein besonders zartes Gebilde.
Der Dritte – Moderato – ist unterschiedlichen Charakters, in welchem auch ein „patetico ironico“ auf die Stimmung meiner
damaligen Zeit hinweist. Das Ende des Stücks bildet ein abruptes fünffaches „g“!
Christfried Schmidt wurde am 26.11.1932 in Markersdorf/Oberlausitz in einer Wassermühle geboren. Er studierte an der
Kirchenmusikschule in Görlitz sowie der Musikhochschule in Leipzig Kirchenmusik. Von 1960-62 war er Kantor in
Forst/Lausitz, ging 1963-64 an das Quedlinburger Theater als Schauspielkapellmeister und verdiente danach bis 1980 seine
Brötchen als Klavierlehrer auf den umliegenden Dörfern.
1980 siedelte er – schwer genug war’s! – nach Berlin über, wo er noch heute mit seiner Frau Ellen Hünigen und seiner
Tochter Almuth-Maria als freischaffender Komponist lebt.
Seit 1969 ist er Mitglied des Tokyo Musik- und Kulturvereins, wie der Akademie der Künste-Ost (1990-91) und seit 1998 der
Sächsischen Akademie der Künste.
Kompositionspreise: Nürnberg (1971 und 1976), Szczecin (1973), Triest (1974), Boswil/Schweiz (1978), Mannheim (1991),
Kunstpreis der DDR (1987) und Berlin-Förderungspreis (1999).
Er komponierte unter Anderem 7 Sinfonien, 6 Solokonzerte, 11 Kammermusiken, die Markus-Passion, die Munch-Musik und
die Oper „Das Herz“ nach Heinrich Mann.
Kirsten Harms,
geboren 1970 in Detmold. Erster Geigenunterricht bei dem legendären August-WilhelmTorweihe,
danach Jung-Studium bei Ernst Mayer-Schierning und Studium in Wien u.a. bei Gerhart Hetzel und Gerhard Schulz.
Entscheidende musikalische Impulse durch Sandor Vegh. Nach Engagements v.a. im Gewandhausorchester Leipzig und der
Staatsoper Hamburg, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen z.Z. vor allem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin,
Südwest-Rundfunk-Orchester Freiburg/Baden-Baden und ensemble modern. Mitglied der basel sinfonietta. Inspiriert von
Eberhard Feltz 2004 Gründung des Miron-Quartetts. Nach seiner Auflösung 2007 für vier Jahre alternierende Geigerin im
Sonar Quartett: u.a. mit den vielbeachteten Aufführungen des dritten Streichquartetts („Nacht-Musik“) von P.-H. Dittrich
und
Porträt-CD's
mit
Werken
von
W.Zimmermann,
U.Mamlok
u.a.
Gegenwärtig Zusammenarbeit mit Frank Gutschmidt: Werke u.a.von Mozart, Beethoven, Schönberg, Webern, Gaussin. Mit
Helmut
Menzler:
Duowerke
u.a.
von
Ravel,
Eisler,
Bachrich.
Im Jahr 2013 folgt die Aufführung der 50-minütigen Solosonate von A.Schnabel aus dem Jahr 1919.
Frank Gutschmidt
wurde 1971 in Brandenburg/Havel geboren. Als Solist und Kammermusiker widmet er sich
vorrangig Werken der Neuen Musik. Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet ihn mit Paul-Heinz Dittrich, dessen
gesamtes Werk für Solo-Klavier er aufführte: Klaviermusik I - X. Am 31.10. 2012 spielte er die Uraufführung der 45minütigen Klaviermusik X ("Toute Pensée émet un Coup des Dés" nach Stéphane Mallarmé) im Eröffnungskonzert der "25.
Tage
Neuer
Musik"
in
Weimar.
Seit Sommer 2003 lehrt er als Dozent bei den Internationalen Stockhausen-Kursen Kürten. Frank Gutschmidt hat das
gesamte Solo-Klavierwerk von Stockhausen sowie MANTRA für 2 Klaviere und mehrere Kammermusikwerke im Repertoire.
2006 war er an der Uraufführung des neuen Klavierwerks NATÜRLICHE DAUERN 1 - 15 beteiligt. Sieben Stücke aus diesem
Zyklus
die
ihm
gewidmet
sind
spielte
er
für
die
Stockhausen-Gesamtausgabe
auf
CD
ein.
Anläßlich der Verleihung des Berlin-Rheinsberger Kompositionspreises an Ellen Hünigen brachte Frank Gutschmidt 2007 das
Klavierstück
"SULPHUR"
im
Schloßtheater
Rheinsberg
zur
Uraufführung.
Von Christfried Schmidt spielte er 1997 die Uraufführung der ihm gewidmeten Klavier-Sonate in einem Konzert zum 65.
Geburtstag
im
Konzerthaus
Berlin.
Dort spielte er auch 2008 zum 75. Geburtstag die erste zyklische Aufführung der Moments musicaux VI – X.
Dienstag, 9. April 2013 |
BEGEGNUNGEN AM RAND DES KLANGS
Susanne Zapf, Violine
Theo Nabicht,
Kontrabassklarinette
Begegnungen am Rand des Klanges
Die Verbindung einer Violine mit einer Kontrabassklarinette stellt für jeden Komponisten eine große
Herausforderung dar. Eine der höchsten und tiefsten Instrumente, dazu die Mischung aus Streichund Blasinstrument zusammen zu bringen, erscheint erstmal unlösbar. Und trotzdem ist es für viele
Komponisten gerade heute ein großer Reiz, für dieses Duo zu schreiben.
Die klanglichen Möglichkeiten sind extrem vielseitig. Der Tonumfang der Kontrabassklarinette über
5½ Oktaven lässt die beiden Instrumente nahe rücken und bringen musikalisch sehr interessante
Kombinationsmöglichkeiten. Von beiden Instrumenten geht ein großer Reiz aus und es gibt weltweit
nur eine Komposition. Lassen wir uns von Neuem überraschen...
Iñigo Giner Miranda
muzikaal ogen-blik -een beetje licht voor T.- (2013)
für Violine und Kontrabassklarinette UA
Iñigo Giner Miranda ist ein spanischer Pianist und Komponist. Er studierte Komposition, mit Stipendia der baskischen Regierung und
des DAAD/La Caixa Programms, in Amsterdam und Berlin. Seine Musik untersucht die Integration außermusikalischer Elemente
(Licht, Bewegung...) in den musikalischen Diskurs. Er hat als Komponist mit mehreren Solisten und Ensembles zusammengearbeitet,
in Europa und USA, und oft Workshops und Vorträge über Intermedialität gegeben (u.a. CMMR London 2012, EVA London 2011, HU
Berlin 2010). Seine Werke wurden mit unterschiedlichen Preisen ausgezeichnet, und er wird regelmäßig von Ensembles und Festivals
(Musiktheaterbiennale München 2012, Alicante Festival 2011) beauftragt.
Seine parallele Tätigkeit als Musiktheater Pianist/Performer führte ihn, u.a., ans Schauspielhaus Zürich, das Teatro Real in Madrid
oder zu den Wiener Festwochen. Auch ist er Gründungsmitglied des interdiszplinären Ensembles Die Ordnung der Dinge.
Walter Zimmermann
Trauern heißt ganz Ohr sein (2011)
für Gesang mit Violine (in einer Person) und Kontrabassklarinette in memoriam Reinhold Brinkmann
2011
Trauern heißt ganz
Ohr sein für
die nie gehörte Dauer.
Für den Ton
der fehlt wo – immer
jetzt – das Ende
lautet. Zeitversetzt verblühn
die Farben und
Vokale die den einen Namen
meinen. Also unerhört
die Mitte. Und
keine Blöße ahnungslos.
Felix Philipp Ingold
Walter Zimmermann1949 in Schwabach (Mittelfranken) geboren, lernt Klavier, Violine und Oboe, beginnt mit zwölf Jahren zu
komponieren , humanistisches Gymnasium in Fürth und studiert Klavier bei Ernst Gröschel, 1968-70 Pianist im ars-nova-ensemble
Nürnberg; Kompositionsstudium bei Werner Heider
1970-73 Studien bei Mauricio Kagel (Kölner Kurse für Neue Musik), im Institut für Sonologie in Utrecht (mit O. E. Laske) und im
ethnologischen Zentrum Jaap-Kunst in Amsterdam,1975 Rundreise durch die USA, während der er mit 23 amerikanischen
Komponisten Gespräche führt. Erste Buchpublikation "Desert Plants"(Vancouver 1976),1976 Aufnahmen von Volksmusik in der Oase
Siwa, in einem Ghetto in Pittsburgh, in einem Indianerreservat in Montana und Hinterland von Fürth, 1977 Eröffnung des BeginnerStudios in einer ehemaligen Fabriketage in Köln. Veranstaltung von regelmässigen Konzerte neuer Musik bis 1984,1992
Organisation (zusammen mit Stefan Schädler) des Festivals ANARCHIC HARMONY, zum 80sten Geburtstag von John Cage in
Frankfurt. Seit 1993 Professur für Komposition an der Hochschule der Künste Berlin
Andrew R. Noble
Two Lines for Contrabass Clarinet to Accompany Successive Performances of Morton
Feldman’s for Aaron Copland (2013)
für Violine und Kontrabassklarinette UA
Andrew R. Noble (Stamford, CT. USA, 1978) ist amerikanischer Komponist und Musikwissenschaftler; er lebt seit 2003 in Berlin. Er
studierte Jazz Saxophon bei Joe Temperley und hat ein Bachelor of Music in Komposition von der Manhattan School of Music, und den
Master of Music in Komposition von der University of Southampton (UK). Seine Kompositionsstudien setzte er bei Richard Barrett,
Michael Finnissy, David Noon und Nils Vigeland fort. Im Sommer 2010 schloss er eine musikwissenschaftliche Promotion (Anton
Reicha’s Trente-six Fugues pour le Piano-forté, A Critical Edition with Accompanying Analysis: The Subject in Anton Reicha’s Trentesix Fugues), an der TU Berlin ab. Neben seiner Tätigkeiten als Komponist und Musikwissenschaftler ist Noble auch als Dozent und
Konzertveranstalter aktiv.
Matthias Bauer
VL-SZ (2012)
for violin solo
VL-SZ ist Teil einer Kompositionsserie, die dem Interpreten große Freiheit von Auswahlmöglichkeiten gibt. Die Tonhöhe und der
Zeitablauf sind graphisch notiert. Die Partitur gibt die Dramaturgie, das Spielmaterial und die Dynamik wieder. Außerdem besitzt VLSZ eine gestische Komponente. Einige Stellen sollen visuell gezeigt, anstatt normal gespielt zu werden. VL-SZ ist Susanne Zapf
gewidmet.
Matthias Bauer ist 1959 in Sonneberg / Thüringen geboren. Studierte in Berlin an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“
Kontrabass. Verliess 1980 die DDR, lebte bis 1988 in Lyon/Frankreich, dann in Köln, und seit 1991 wieder in Berlin. Als Improvisator
spielte er neben seinem Soloprogramm für Kontrabass und Stimme mit vielen Musikern der frei improvisierten Musik. Als Interpret
arbeitet er mit dem Ensemble United Berlin, dem Ensemble Mosaik und mit Komponisten wie Georg Katzer, Helmut Zapf und Helmut
Oehring. Er realisierte Bühnenmusiken und Konzepte für Improvisierende Musiker. Teilnahme an Festivals wie Maerzmusik Berlin,
Musica Viva München, Biennale Venedig, Nuovaconsonanza Rom, Wien Modern, Total Music Meeting Berlin u.a. sowie
verschiedene CD Veröffentlichungen.
Clemens Gadenstätter
Le goût du son (2011)
Studie für Kontrabassklarinette
Ich schmecke den Klang beim Hören. Er hat eine Taktilität auf der Zunge, eine andere auf der Haut der Handflächen. Der Mund des
Spielers betastet den entstehenden Klang. Seine Lungen und sein Zwerchfell werden gelenkt durch den Geschmack des Klanges,
durch seinen stechenden oder runden oder beißenden Charakter. Diese geschmacklichen Sensationen, auch wenn sie nur in uns
aufgerufen werden, sind „realer“ Bestandteil des Gehörten und ebenso sind es die haptischen Sensationen, die Rauheit des Klangs,
seine Glätte, Höhe, seine „visuellen“ Aspekte, Farbe etc. Sie alle sind mit dem Hörereignis direkt gekoppelt als Empfindungen, die
vom akustischen Ereignis getriggert werden; ebenso muskuläre Bewegungen, die dem akustischen Ereignis kongruente
Bewegungsenergie in unserem Körper – „kleine Mimesen“: Auch dieses Mitbewegen mit der akustisch vermittelten
Bewegungsenergie dient dem Verständnis der gehörten Information.
Für mich ist diese polymodale Qualität der Wahrnehmung einer der wesentlichen Aspekte der Verbindung des Klanggeschehens mit
unseren existentiellen Momenten. Durch diese Explosion des akustischen Ereignisses in ein dichtes Netz von (erinnerten)
Körperempfindungen wird der ganz spezifische Bezug des Klangs zu mir hergestellt. Durch Abschleifprozesse werden solche
Verbindungen aber auch zur kollektiven Größe, zur Selbstverständlichkeit. Information im eigentlichen, sinnlichen, Sinn kann dann
erst wieder stattfinden, wenn diese Ebene des Klingenden thematisiert und geöffnet wird für eine Bearbeitung.
Le goût du son nimmt sich vor, die Phänomene der polymodalen Auffassung akustischer Ereignisse zu untersuchen. Klänge werden
nach ihren Eigenschaften, die sich als Projektionen auf andere Sinneseindrücke verstehen lassen, geordnet. Musikalische
Zusammenhangsbildung wird nicht mehr bloß akustisch gesteuert, sondern – in Form einer Studie – vor allem auf der Ebene der (wie
sie in der Kognitionsforschung genannt werden) „weak synaesthesias“ und „embodied perceptions“. Ein strenges Raster dient dabei
als Matrix für die Untersuchung eines auf der Ebene dieser Beobachtungen „re-strukturierten“ Instrumentalklangs.
Der Mund des Spielers wird hier zum Vermittler der veränderten Auffassung von Klang. Seine hoch differenzierte Tätigkeit formt
Klanggeschmacksnuancen und -kategorien, Klangtaktilitäten etc. im Dialog mit dem Rohr und der Luftsäule des Instruments.
Die Neubestimmung des Klangs durch seine Wirkung auf den Körper führt zur neuen Erfahrung des Körpers durch ebendiese Klänge.
Erfahrung reflektiert sich an und durch sich selbst.
Clemens Gadenstätter, geboren 1966 in Zell am See/Salzburg, absolvierte Kompositionsstudien bei Erich Urbanner (Universität für
Musik und darstellende Kunst – Wien) und Helmut Lachenmann (1992-95, Musikhochschule Stuttgart), sowie ein Studium aus dem
Konzertfach Flöte an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien bei Wolfgang Schulz.
Gadenstätter arbeitete unter anderem mit folgenden Ensembles: Ensemble Modern, Klangforum Wien, Jack Quartet, Asamisimasa –
Oslo, L'Instant donné – Paris, Ensemble Nikel, Ensemble Recherche, Trio Recherche, Trio Accanto Freiburg, Trio Recherche,
Kammerensemble Neue Musik Berlin, Ensemble Ascolta Stuttgart, Neue Vocalsolisten Stuttgart, Ensemble Mosaik, Ensemble für Neue
Musik Zürich …
Diverse Preise und Stipendien, u. a.: Arbeitsstipendium der Stadt Wien (1987, 1994), Preis Forum junger Komponisten (1992),
Staatsstipendium der Republik Österreich für Komposition (1993, 1999), Jahresstipendium des Landes Salzburg für Komposition
(1995), Publicity-Preis des SKE-Fonds, Förderungspreis der Stadt Wien (1997), Kompositionspreis der Erste Bank (2003), DAAD –
Gadenstätters Werke wurden bei zahlreichen österreichischen Festivals aufgeführt, darunter das Festival Wien Modern, die
Salzburger Festspiele (2001, 2003), das Musikprotokoll im Steirischen Herbst, die Hörgänge (Porträtkonzerte 2001 und 2003),
Österreich Heute, die Bludenzer Tage zeitgemäßer Musik …
Seit 2003/04 ist Clemens Gadenstätter Professor an der Musikuniversität Graz für Musiktheorie und Analyse und Privatdozent
ebendort für Komposition. 2013 ist er Dozent bei „impuls. 8th International Ensemble and Composers Academy for Contemporary
Music“ (9. bis 20. Februar).
Helmut Zapf
NICHTS
(gspieltgsungen) (2013)
für Violine und Kontrabassklarinette UA
Helmut Zapf ist 1956 in Rauschengesees (Thüringen) geboren.
1974-79 Studium der Kirchenmusik in Eisenach und Halle.
1979 – 82 Arbeit als Kantor und Organist in Eisenberg.
1982 - 86 Meisterschüler in Komposition an der Akademie der Künste Berlin bei Prof. Georg Katzer.
Seither freiberuflicher Komponist und lebt in Panketal bei Berlin.
Lehraufträge an der HfM Hans Eisler, Musikschule Kreuzberg und Neukölln
für Musiktheorie und Komposition.
Stipendien und Preise:
1987 Hanns-Eisler Preis von Radio DDR
1987 Valentini Bucchi Preis der Stadt Rom
1992 Kunstförderpreis der Akademie der Künste Berlin / Brandenburg
1994 Ehrengast der Villa Massimo Rom
1997 Arbeitsstipendium an der Cite´ des Arts
1998 Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung
2000 Arbeitsaufenthalt im Künstlerhof Schreyahn
2003 Composer in Residence bei TIME OF MUSIC in Finnland
2004 1. Preis beim internationalen Kompositionswettbewerb der
Thüringisch/Hessischen SparkassenStiftung
2005 und 2008 Stipendiat an der Villa Serpentara u. Casa Baldi in Olevano Romano
2009 Stipendium im Künstlerhaus Lukas in Ahrenshop
2009 Gastdozent beim Russian/German Window of Contemporary
Music Festival in Moskau und Perm
2011 Composer in Residence bei Daegu Contemporary Music Festival, Südkorea
2011 Arbeitsstipendium im ICST Zürich (Institut für Computer und Sound Technology)
2013 InterStip des Landes Brandenburg
www.helmutzapf.com
Chiyoko Szlavnics
Ruhe, Stille, Bleiben. Bleiben. (2013)
für Violine und Kontrabassklarinette UA
Returning to simplicity again and again often seems like the best thing to do, especially after periods of time that have seen
upheaval, confusion, or a tremendous amount of creative activity. Sometimes we take on enormous tasks: we create, and are left
erschöpft. During such periods (or immediately following), calmness, stillness and simplicity seem to be the perfect counterbalance to
maintain (or regain) clarity: a state of mind which can still (or again) take the time to appreciate the beauty of small things. One of
these things might be imagining the phenomenon of just a few resonators producing sound waves in the air, and the qualities of
those sound waves.
In Ruhe, Stille, Bleiben. bleiben., three instruments produce soundwaves that interact with the air and one another in different
registers, at different times. In clear, simple structures, the timbres produced by vibrating strings and a vibrating reed and their
resonating bodies intermingle with electronically-generated sinewaves, which, through continually changing quasi-unisonos, move
through the air like singing voices. Ruhe, Stille, Bleiben. bleiben. first emerged as a series of line drawings, as have most of Chiyoko
Szlavnics' compositions since 2004. These particular drawings were inspired by, and created for the instruments of Susanne Zapf
and Theo Nabicht.
Die kanadische Komponistin Chiyoko Szlavnics schloss ihr Studium an der University of Toronto 1989 ab (Querflöte und
Musiktheorie). Danach spielte sie bei den zeitgenössischen Ensembles Hemispheres und 40 fingers in Toronto und begann 1993 zu
komponieren. 1994-97 studierte Szlavnics privat bei James Tenney. 1997 erhielt Szlavnics ein einjähriges Stipendium von der
Akademie Schloss Solitude. Hier begegnete sie internationalen Künstlern aller Disziplinen. Das Stipendium ermöglichte Auftritte und
Uraufführungen bei Festivals wie Éclat und Darmstadt sowie langfristige Verbindungen mit verschiedenen Ensembles und Musikern.
Nach dem Aufenthalt in Schloss Solitude zog Szlavnics nach Berlin.
2004 entwickelte Chiyoko Szlavnics ihre eigene, bis heute noch gültige Kompositionsmethode, in der selbst angefertigte Zeichnungen
in musikalische Notationen übersetzt werden. Eine wichtige Rolle spielen psychoakustische Phänomene, z.B. Schwebung oder
Differenztöne, die in rein gestimmten Intervallen und ausgedehnten Glissandi artikuliert werden. Die graphische Grundlage dieser
Werke erlaubt die freie Gestaltung von Tonumfängen, Klangfarben, ausgedehnten abstrakten Strukturen und auch von den Tönen
selbst (etwa den Einsatz von Sinustönen, die feiner gestimmt werden können).
Seit 1997 wurden Szlavnics Kompositionen von zahlreichen Ensembles im In- und Ausland aufgeführt und in mehreren Radioporträts
und Berichten vorgestellt. Im 2012 erhielt Szlavnics einen Aufenthalt bei Villa Aurora in Los Angeles, und ab Mai wird Szlavnics bei La
Cité des Arts in Paris einen weiteren Aufenthalt wahrnehmen. Sie beschäftigt sich dieses Jahr hauptsächlich mit Werken für Orchester
und Sinuswellen: am 12. Mai findet sich die Uraufführung von "Materia / Immateria" statt. Es spielt das BBC Scottische Symphonie
Orchester im Rahmen des Tectonic Glasgow Festivals.
Susanne Zapf, in Thüringen geboren, wurde von Ilan Gronich in Berlin, Grigory Zhislin in London und Keiko Wataya in
Amsterdam ausgebildet.
Die besondere Liebe zur Kammermusik, das Spielen im Sinfonieorchester und ihr Einsatz im Sonar Quartett haben sie zu einer
vielseitigen Musikerin gemacht.
Die Aufführung Klassischer/Barocker Musik, freier Improvisation und multimedialer Projekte, sowie das Interpretieren
Zeitgenössicher Musik in enger Zusammenarbeit mit Komponisten stellen in ihrem Schaffen keinen Gegensatz dar. Sie hat zahlreiche
Solo- und Kammermusikwerke zur Uraufführung gebracht und ist regelmäßiger Gast bei renommierten Festivals in Deutschland,
Holland, Frankreich, Belgien, England, österreich, Griechenland, Spanien, Tschechien und Korea. 2002 gewann sie den Kranichsteiner
Musikpreis.
Susanne Zapf konzertiert in verschiedenen Kammer- musikbesetzungen, wie dem Duo 10 mit dem Gitarristen Hubert Steiner und ist
Mitglied des Thürmchen Ensembles Köln. Sie hat verschiedene Projekte bei Wergo, Mode Records, Cybele und Kairos Records
eingespielt.
www.susannezapf.blogspot.com
Theo Nabicht, Musiker/Komponist (Saxophon, Bassklarinette, Kontrabassklarinette) wurde 1963 geboren. Er studierte von
1983 bis 1987 an der Berliner Musikhochschule "Hanns Eisler". Von 1995 bis 1997 spezialisisierte er sich und studierte Bassklarinette
(Meisterklasse) am Conservatoire de Strasbourg bei Armand Angster.
Seit 1985 arbeitete er genreübergreifend, erst hauptsächlich als Jazzmusiker, später beschäftigte er sich vorwiegend mit der
Aufführung zeitgenössischer und improvisierter Musik. Theo Nabicht ist auf diverse Platten- und CD-Aufnahmen zu hören. Er ist
langjähriges Mitglied des "Kammerensemble Neue Musik Berlin".
Seit 2007 spielt Theo Nabicht die Selmer Kontrabassklarinette von Wolfgang Stryi mit freundlicher Unterstützung von Bruno
Waltersbacher.
In den letzten Jahren steht die Kontrabassklarinette im Zentrum seines Schaffens. In verschiedensten Duo Formationen (Fosil - mit
Alexandre Babel, Vessels – mit Werner Dafeldecker, im Duo mit Susanne Zapf) aber auch solistisch versucht er das Klangspektrum
des Instrumentes zu erweitern.
www.nabicht.de
Wir gratulieren Christfried Schmidt nachträglich und freuen uns mit Ihnen auf zwei Konzerte mit der
gut komponierten Musik!
Herzliche Ostergrüße,
Ihre Rainer Rubbert und Martin Daske
P.S.: "...ostern im schnee ist wunderbar,
man färbt die eier nicht und kann sie so wunderbar im garten verstecken..." Helmut Zapf
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