badische zeitung m i t t wo c h , 3 0. ap r i l 2008 WIR MACHEN BADEN BEINE Einmal quer durchs ganze Sonnensystem WANDERN FÜR WISSBEGIERIGE (11): D ie heutige Wanderung ist die längste dieser ganzen Serie– der Theorie nach: 5852 Millionen Kilometer vom Merkur bis zum Pluto. Das Licht der Sonne benötigt dafür fünf Stunden und 25 Minuten. Wir aber zu Fuß nur vier Stunden. Wie denn das? Die Erklärung ist einfach. Wir wandern nicht zwischen den Planeten, sondern auf dem Planetenweg von Laufen im Schweizer Jura. Und der bildet die Verhältnisse in unserem Sonnensystem im Maßstab von eins zu einer Milliarde ab. Der Weg von Laufen zur Station Liesberg ist 13,7 Kilometer lang. An ihm entlang sind die Sonne und alle neun Planeten samt unserem Mond aufgestellt. Auf den Info-Tafeln erfahren wir viele interessante und verblüffende Dinge über unser Sonnensystem. Außerdem gibt es, zum Beispiel beim Bahnhof in Laufen, ein Faltblatt über den Planetenweg. Der Planetenweg ist durchgehend sehr gut markiert. Und er bietet nicht nur astronomisches Wissen, sondern auch großartige Landschaftseindrücke. Im sogenannten Faltenjura gibt es schroffe Felswände, tiefe Schluchten, aber auch sanfte grüne Matten. Wir beginnen unsere Wanderung beim Bahnhof in Laufen. Wir gehen links durch die Unterführung und rechts der Straße in Richtung Wahlen entlang, bis die Korkstraße rechts abbiegt. Auf dieser kommen wir, an einem Ziegelwerk vorbei, beim letzten Hof zur Sonne. Die Sonne ist als ein goldener Ball von 1,4 Meter Durchmesser dargestellt. Das entspricht einem wirklichen Durchmesser von 1,4 Millionen Kilometern. Es gibt aber auch Sterne mit einem Durchmesser von 1 Milliarde Auf dem Planetenweg bei Laufen im Schweizer Jura schrumpft das Weltall zum Tagesausflug / Von Peter Gürth Kilometer! Unsere Sonne ist an der Oberfläche 5600 Grad heiß, in ihrem Inneren sind es 15 Millionen Grad bei einem Druck von 100 Milliarden Atmosphären. Diese unvorstellbar großen Zahlen auf der Info-Tafel machen uns schwindlig. Wie beruhigend ist es, dass wir auf der Erde nur den zweimilliardsten Teil der von der Sonne ausgestrahlten Energie verbrauchen und dass die Sonne in 5 Milliarden Jahren nur 0,5 Promille ihrer ursprünglichen Masse verloren hat. Wir können uns also noch lange an ihr erfreuen! Nach 58 und 108 Metern erreichen wir Merkur und Venus. Beide kleinen Planeten sind mit Temperaturen von bis zu 400 Grad zu unwirtlich, um länger auf ihnen zu verweilen. Und dann kommt sie, unsere Erde, der „blaue Punkt im All“, wie der amerikanische Astronom Carl Sagan sie nannte. Nur erbsengroß im Modell – und dennoch der einzige Ort des Lebens im unendlichen All? Daneben steht, groß wie ein Stecknadelkopf, unser Mond. Am 20. Juli 1969 haben Menschen ihn zum ersten Mal betreten. Der nächste Himmelskörper, auf den Menschen ihren Fuß setzen werden, dürfte wohl der Mars sein. Wir haben ihn nach insgesamt 228 Metern hinter der Sonne erreicht. Kein anderer Planet hat die Phantasie der Menschen so erregt wie der Mars mit seinen angeblichen Kanälen. Den Temperaturen nach wäre auf dem Mars Leben in niederen Formen möglich, aber die bisherigen Marssonden haben noch keine Spuren gefunden. Überall könnten wir sowieso nicht auf dem Mars wohnen, denn seine Pole liegen unter gewaltigen Eisschichten, an an- m 700 Kleinlützel 600 Röschenz Start 500 400 300 Laufen 0 Sonne Merkur Erde Venus Wahlen Mars Jupiter 14 km Liesberg Ziel Birs Oberrüti Uranus Neptun Pluto Wiler Bärschwil Saturn Auf dem Planetenweg kann man den Schweizer Jura genießen – und viel über die Sonne (rechts) und ihre Planeten lernen. FOTOS: CHRISTINE GÜRTH deren Stelle ragen bis zu 25 Kilometer hohe Vulkane auf oder reichen Schluchten bis zu sechs Kilometer in die Tiefe. Hier auf der Schweizer Erde führt der Weg erst einmal in den Wald. Gegenüber dem Bauhof der Bürgergemeinde – wir sind fast 800 Meter von der Sonne entfernt – steht rechts der Riesenplanet Jupiter in der Größe einer Kegelkugel. Er ist 1317-mal größer als unsere Erde und hat nicht bloß einen, sondern sogar 16 Monde. Die ersten vier hat Galilei im Jahr 1613 entdeckt. 1977 hat Voyager 2 fantastische Aufnahmen vom Jupiter gesendet. Mit der heutigen Antriebstechnik ist dieser Planet für von Menschen gebaute Raumschiffe nicht zu erreichen. Aber seine Oberflächentemperatur von minus 130 Grad macht ihn auch nicht sehr anziehend. Nach 40 Minuten kommen wir zum Hüttenboden (551 Meter hoch gelegen). Unser Weg kreuzt nach einer Waldhütte zur rechten Hand den Jubiläumsweg „700 Jahre Laufen“. Bald darauf steht links der schönste Planet unseres Sonnensystems, der Saturn mit seinem charakteristischen Ring von 276 000 Kilometer Durchmesser und nur zehn Kilometer Dicke. Beim Stürmenhof geht es hinunter zur Landstraße und jenseits steil wieder hoch zum Dorf Wiler (Ortsteil von Bärschwil). Wenn wir die schöne Aussicht oberhalb von Wiler genossen haben, treffen wir, noch auf der Teerstraße, links auf den Uranus. Er steht hier 1,4 Kilometer vom Saturn und 2,9 Kilometer von der Sonne entfernt. Wir wandern weiter geradeaus über weite Wiesen- und Ackerflächen. Nach insgesamt 4,5 Kilometern erreichen wir Neptun. Von ihm, seinen Monden und zwei Ringsystemen, hat Voyager 2 nach zwölfjähriger Reise 1989 hochinteressante Bilder zur Erde geschickt. Seine Oberflächentemperatur beträgt ähnlich wie die des Saturns um die 200 Grad. Jetzt können wir uns lange Zeit auf die Landschaft konzentrieren. An der Bärschwiler Jagdhütte vorbei kommt man zu einer Kreuzung mit der Geologischen Wanderung Bärschwil. Blickt man zurück, sieht man die Roti Flüe aufsteigen. Im Wald gibt es steile Abhänge und ein kleiner Wasserfall. Der Weg führt an mehreren schönen Aussichtspunkten vorbei zum Hof Spitzenbühl. Nach 5,9 Kilome- DIE TOUR Tageswanderung 14 Kilometer: Teilweise steil. Anfahrt über A 5 bis Basel, weiter A6 und N 18 Richtung Delémont. Bahn ab Basel. Parken beim Bahnhof Laufen (gebührenpflichtig). Rückfahrt mit Bus Linie 118 von Liesberg/Station nach Laufen. Fahrplan beachten! tern von der Sonne erreichen wir den kleinen, zuletzt entdeckten Planeten Pluto und die Grenze unseres Sonnensystems. Der Weg zum nächsten Fixstern würde weitere 40 000 Kilometer erfordern. Deshalb verlassen wir nun die Himmelswelt und steigen, beim Wegweiser Spitzenbühl links, auf steilen Waldwegen unter hohen Felsen hinunter zur Station Liesberg. Von dort fahren wir mit dem Bus zurück zum Bahnhof in Laufen. Einkehr: Unterwegs Restaurant „Alte Mühle“ in Wiler (RT: Di, Mi, t 0041/61/7612210); Bistro beim Bahnhof Liesberg; in Laufen mehrere Restaurants und Cafés. Alle bisher erschienenen Teile der BZ-Wanderserie finden Sie unter www-badische-zeitung.de/wandern