Newsletter Mai 2015 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir freuen uns, Ihnen den neuen Newsletter des Graduiertenkollegs Islamische Theologie zukommen zu lassen. Alle zwei Monate informieren wir Sie damit über Neuigkeiten aus unserem Projekt: Ankündigungen und Berichte zu unseren Veranstaltungen an allen Standorten der Islamischen Theologie in Deutschland, Einblicke in die Arbeit unserer 16 NachwuchswissenschaftlerInnen, Auszüge aus unseren Publikationen in der Islamischen Theologie und mehr. Mit dem Newsletter möchten wir Sie über unsere vielfältige Arbeit auf dem Laufenden halten. Wenn Sie diesen Newsletter an Interessierte weiterleiten möchten, sind Sie dazu herzlich eingeladen. Mit freundlichen Grüßen und viel Spaß beim Lesen ©shutterstock.com/Pedro Salaverría Jan Felix Engelhardt, Projektkoordinator, und die Kollegiatinnen und Kollegiaten des Graduiertenkollegs Islamische Theologie In diesem Newsletter: Berichte • Internationale Hadith-Konferenz in Münster • Fatima al-Fihri – Begründerin der ältesten Universität der Welt • III. Mülheimer Interreligiöse Dialoge • III. standortübergreifender Workshop des Graduiertenkollegs zum islamischen Recht Ausblick auf kommende Veranstaltungen • Prof. Ingrid Mattson als Gastwissenschaftlerin in Osnabrück • Prof. Jasser Auda als Gastwissenschaftler in Münster Berichte Internationale Hadith-Konferenz in Münster 17. bis 19. April 2015, Münster ©shutterstock.com/Pedro Salaverría Über 60 internationale Hadith-Experten, Nachwuchswissenschaftler und Studierende der Islamischen Theologie widmeten sich in Münster dem Status Quo der Hadith-Wissenschaften. Im Zentrum der Konferenz stand dabei die Frage, wie die Überlieferungen von Aussprüchen und Handlungen des Propheten Muhammad islamisch-theologisch erforscht und fruchtbar gemacht werden können. Die Tagung war eine gemeinsame Veranstaltung des Zentrums für Islamische Theologie Münster und des Graduiertenkollegs Islamische Theologie. Der renommierte türkische Hadith-Forscher Prof. Hayri Kırbaşoğlu (Ankara) eröffnete die Konferenz mit einer kritischen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Studien zum Hadith. Er plädierte in seinen Ausführungen für eine engagierte Weiterentwicklung der methodologischen Ansätze innerhalb der Hadith-Forschung und sah darin ein geeignetes Instrument, die gegenwärtigen Problematiken der Text- und Überlieferungskritik zu behandeln. Diesen Impuls nahmen die Teilnehmer im Verlauf der Konferenz fruchtbar auf und diskutierten u.a., welche theologischen Fragen sich in den gegenwärtigen Hadith-Forschungen eröffnen, wie sich die Überlieferer- und Textkritik der klassischen Hadithwissenschaften im Hinblick auf gegenwärtige Ansätze einordnen lassen und welche Auswirkungen die Digitalisierung von hadithwissenschaftlichen Materialien auf das Verständnis und das Ausüben von Überlieferungskritik haben können. Zu den Referenten zählten dabei namhafte muslimische Wissenschaftler, etwa Prof. Jonathan Brown (Washington), Prof. Ali Dere (Ankara), Prof. Muhammad Hamza (Sfax, Tunesien) und Prof. Kenan Music (Sarajevo). Prof. Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie Münster, eröffnet die Tagung. Foto: ZIT Münster Mehr Informationen zum Schwerpunkt Hadithwissenschaften im Graduiertenkolleg finden Sie hier: http://www.gkit.de/wissen/schwerpunkte/ Berichte Fatima al-Fihri – Begründerin der ältesten Universität der Welt Bericht über einen Besuch in Fes. Von unserer Osnabrücker Kollegiatin Melahat Kisi Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. (Augustinus Aurelius) Die Summerschool des Instituts für Islamische Theologie Osnabrück führte im April 2015 nach Marokko und ermöglichte mir als Geschlechterforscherin, das Erbe einer Frau besichtigen zu können, die durch ihr Handeln sowohl die muslimische als auch die nichtmuslimische Welt geprägt und sich in die Tradition wichtiger muslimischer Förderinnen und Stifterinnen eingereiht hat. Die Rede ist von Fatima bint Muhammad al-Fihri, der Begründerin der al-Qarawīyyīn-Moschee und Universität in Fes (gegründet 859 n. Chr.), die als die älteste noch bestehende Universität der Welt gilt. Die al-Qarawīyyīn-Moschee glänzt durch architektonische Ästhetik, aber leider nicht mit Blick auf ihre heutige soziale Ordnung. ©shutterstock.com/Pedro Salaverría Fatima al-Fihri Fatima al-Fihri (gest. 880 n. Chr.) stammte aus einer wohlhabenden Familie und wanderte mit ihrem Vater, einem wohlhabenden Händler, sowie ihrer Schwester Maryam aus dem heutigen Tunesien nach Fes in Marokko aus. Zu jener Zeit gab es eine hohe Einwanderungsrate aus Andalusien und Kairouan, die in Fes zur Herausbildung neuer Viertel und Infrastrukturen führte. Nach dem Tod ihres Vaters erbten beide Schwestern, die eine gute Ausbildung genossen hatten, ein großes Vermögen und beschlossen angesichts der neu entstandenen Stadtteile und erforderlichen Infrastrukturen, Moscheen als öffentliche Versammlungsorte zu errichten. So baute Maryam al-Fihri die al-Andalus-Moschee in dem andalusisch geprägten Stadtviertel, das von dem restlichen Fes durch ein Trockental getrennt war, so dass Fatima al-Fihri die al-Qarawīyyīn-Moschee In der al-Qarawīyyīn-Moschee. Foto: Malika Mansouri und die später daran angeschlossene Universität auf der südlichen Seite des Tals erbaute. Seit ihrer Gründung zählt die al-QarawīyyīnMoschee im muslimischen und, zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert, auch im christlichen und jüdischen Kulturraum zu den wichtigsten Bildungsinstitutionen. Neben berühmten Intellektuellen wie dem Mystiker Muhyī ad-Dīn b. al-’Arabī (1165-1240), dem Historiker sowie soziologischen Vordenker Ibn Khaldūn (1332-1395) und Philosophen Ibn Rušd (Averroes) (1126-1198), die an der al-Qarawīyyīn-Universität studierten, wurde auch der wissenschaftliche Austausch mit nichtmuslimischen Gelehrten gefördert. So studierten Gerbert von Aurillac (946-1003), der spätere Papst Sylvester II., sowie der jüdische Philosoph und Theologe Ibn Maymūn, auch bekannt als Moses Maimonides (1135-1204), an der al-QarawīyyīnUniversität. Eindrücke Fatima al-Fihri nimmt einen wichtigen Platz im marokkanischen kollektiven Gedächtnis ein. Sowohl im universitären Austausch als auch in den Stadtführungen und Gesprächen tauchte sie im- Berichte mer wieder als bedeutsame und vorbildliche Persönlichkeit auf. Der Besuch der al-QarawīyyīnMoschee relativierte jedoch meinen Eindruck schnell. Die Moschee glänzt zwar durch ihre architektonische Ästhetik, aber leider nicht mit Blick auf ihre soziale Ordnung. Nach dem Gebet in dem kleinen Frauenbereich sammelten wir uns alle im Eingangsbereich und wollten den großen und schönen Innenhof sowie den Männerbereich besichtigen. Dass uns zunächst auf eine sehr harsche und unfreundliche Art von männlichen Aufsehern der Eintritt prinzipiell verboten wurde, obwohl die Moschee fast leer war, und wir nach langen Diskussionen kurz den Innenhof besichtigen und fotografieren durften, hinterließ einen traurigen und bitteren Nachgeschmack. Auf die Frage, ob der Aufseher wisse, wer diese Moschee gegründet habe, folgte zwar geschwind der Name ‘Fatima alFihri’, aber leider keine weitere Einsicht. Insofern stellt die al-Qarawīyyīn-Moschee für mich eine historisch bedeutsame Institution dar, der es dem Anschein nach leider an einer sozial bedeutsamen Willkommenskultur fehlt. ©shutterstock.com/Pedro Salaverría Melahat Kisi promoviert bei Prof. Bülent Ucar mit einer Arbeit zur Geschlechtergerechtigkeit im islamischen Religionsunterricht. Mehr Informationen unter http://www.gkit.de/die-kollegiaten/melahatkisi/ Berichte III. Mülheimer Interreligiöse Dialoge: Mystik in Judentum, Christentum und Islam 31. März bis 1. April 2015, Akademie Die Wolfsburg, Mülheim ©shutterstock.com/Pedro Salaverría Bereits zum dritten Mal veranstalteten das Graduiertenkolleg Islamische Theologie, das Zentrum für Islamische Theologie Münster und die katholische Akademie Die Wolfsburg die Mülheimer Interreligiösen Dialoge. Über 60 muslimische und christliche Teilnehmer diskutierten an zwei Tagen Verständnisse und Traditionen von Mystik in Judentum, Christentum und Islam. Der Religionswissenschaftler und Theologe Prof. Bernhard Uhde (Freiburg) ging in seinem Eröffnungsvortrag auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede mystischer Traditionen in den drei Religionen ein. Er stellte dabei heraus, dass die Mystik in allen drei Weltreligionen als unmittelbare Anwesenheit des Menschen bei Gott verstanden werde und zunächst die Reduktion des eigenen Willens zugunsten Gottes Willens einfordere. Die nachfolgenden Beiträge zum Judentum (Prof. Daniel Krochmalnik, Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg), Christentum (Prof. Saskia Wendel, Universität zu Köln) und Islam (Dr. Milad Karimi, Zentrum für Islamische Theologie Münster) vertieften den Blick in die jeweiligen Verständnisse von Mystik. Die Mülheimer Interreligiösen Dialoge werden 2016 fortgesetzt. Berichte III. standortübergreifender Workshop des Graduiertenkollegs zum islamischen Recht 18. bis 20. Februar 2015, Universität ErlangenNürnberg ©shutterstock.com/Pedro Salaverría Unter dem Titel „Ambivalenzen islamischer Normativität im Spannungsfeld von religiösem Anspruch und deutschem Recht“ führten das Department für Islamisch-Religiöse Studien (DIRS) und das Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa (EZIRE) den international besetzten Workshop durch, der als dritte Veranstaltung die Reihe standortübergreifender Workshops des Graduiertenkollegs zum islamischen Recht fortsetzt. Zuvor waren bereits am Institut für Islamische Theologie in Osnabrück und am Zentrum für Islamische Theologie in Tübingen gemeinsame Workshops veranstaltet worden, die der Fortbildung und Vernetzung von (Nachwuchs-)Wissenschaftlern mit islamrechtlichem Schwerpunkt dienen. Zu den international renommierten Wissenschaftlern, die am Workshop teilnahmen, zählte u.a. Dr. Anver Emon (Toronto), der in seinem Beitrag die sogenannten Alternative Dispute Resolutions (ADR) als Methode der Streitbeilegung in Familienrechtsfragen für Muslime in Kanada diskutierte. Auch Prof. Mathias Rohe (Erlangen-Nürnberg) widmete sich den ADR in seinem Vortrag. Promovierende des Graduiertenkollegs bereicherten das Programm ebenfalls – Noha Abdel-Hady (Hamburg) referierte zum Thema des Rechtsgenre am Beispiel der frauenbezogenen Jurisprudenz (fiqh an-nisā), Idris Nassery (Paderborn) erörterte das Verhältnis zwischen ordre public und islamischem Recht und Abdelaali El Maghraoui (Tübingen) unterstrich die Bedeutung von Wissen über das islamische Finanzwesen in der islamisch-theologischen Lehre. Das islamische Recht ist einer der sieben Schwerpunkte des Studienprogramms des Graduiertenkollegs. Foto: Simon Bierwald. Der nächste Workshop zum islamischen Recht wird im Frühjahr 2016 in Frankfurt am Main stattfinden. Ausblick Prof. Ingrid Mattson als Gastwissenschaftlerin des Kollegs in Osnabrück 26. Mai 2015, Institut für Islamische Theologie Osnabrück Im Rahmen eines eintägigen Workshops wird Prof. Ingrid Mattson in Osnabrück mit den Promovierenden des Graduiertenkollegs und weiteren Nachwuchswissenschaftlern der Islamischen Theologie zusammenarbeiten. Thema der Veranstaltung werden Ansätze zu einer islamischen Spiritual Care sein. Die Islamwissenschaftlerin und muslimische Theologin Ingrid Mattson beschäftigt sich mit dieser Kombination aus seelsorgerischen und theologischen Ansätzen seit Langem und arbeitet dazu u.a. im Rahmen ihrer Professur für Islamic Studies an der University of Western Ontario, Kanada. Institut für Islamische Theologie Osnabrück in Kooperation mit dem Graduiertenkolleg Islamische Theologie Workshop mit Prof. Ingrid Mattson “Challenges of Spiritual Care” 26. Mai 2015, Institut für Islamische Theologie Osnabrück Ingrid Mattson ist Islamwissenschaftlerin und muslimische Theologin. Sie hält den London and Windsor Community Chair in Islamic Studies an der University of Western Ontario, Kanada. Programm 13.00 – 14.30 Uhr Old wisdom meets new contexts 15.00 – 16.30 Experiences with spiritual care in America 16:45 – 17:30 Final discussion Der Workshop richtet sich an Promovierende der Islamischen Theologie. Anmeldungen können unter [email protected] erfolgen. Der Workshop richtet sich an Studierende und NachwuchswissenschaftlerInnen der Islamischen Theologie und findet am Institut für Islamische Theologie Osnabrück (Kamp 46/47, Gebäude 51, Raum 218, 49074 Osnabrück) statt. Anmeldung und weitere Informationen: Dr. Silvia Horsch-Al Saad [email protected] / www.gkit.de ©shutterstock.com/Pedro Salaverría ©shutterstock.com/Pedro Salaverría Das Graduiertenkolleg Islamische Theologie ist eine gemeinsame Initiative der Stiftung Mercator und der Hochschulen Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Universität Hamburg, Universität Osnabrück, Universität Paderborn und Universität Tübingen. Ausblick Prof. Jasser Auda als Gastwissenschaftler in Münster 1.-2. Juli 2015, Zentrum für Islamische Theologie Münster Prof. Jasser Auda ist weltweit anerkannter Experte im Bereich des islamischen Rechts und der islamrechtlichen Weiterentwicklung der Maqasid alShariah (Ziele der Scharia). Er lehrt an der Fakultät für islamische Studien in Doha und ist Mitglied des European Council for Fatwa and Research. Jasser Auda referierte bereits im vergangenen Jahr auf unserer Konferenz “Maqasid al-Shariah and Contemporary Challenges” in Paderborn. Als Gastwissenschaftler des Graduiertenkollegs wird er nun ein zweitägiges Seminar zum Thema “Maqasid as a Philosophy of Islamic Law” geben. Daran nehmen neben Nachwuchswissenschaftlern auch Studierende der Islamischen Theologie teil. Prof. Jasser Auda. Foto: Tuba Isik. Dies ist die PDF-Version des Newsletters – wenn Sie den Newsletter regelmäßig per E-Mail beziehen möchten, melden Sie sich einfach an: www.gkit.de ©shutterstock.com/Pedro Salaverría Copyright © 2015, Graduiertenkolleg Islamische Theologie. All rights reserved. Graduiertenkolleg Islamische Theologie Hammer Str. 95 – 48153 Münster Tel.: +49 (0) 251-83 26 115 – E-Mail: [email protected]