Welt der Wissenschaft: 50 Jahre Planetenforschung Reisen zu den Planeten Teil 1: Die ersten Schritte Seit einem halben Jahrhundert erforschen wir das Sonnensystem mit interplanetaren Raumsonden. In dieser Zeitspanne hat sich das Verständnis unserer nächsten kosmischen Heimat grundlegend geändert. Nach unseren Besuchen vor Ort kennen wir die Planeten nun als individuelle, überraschend vielfältige Welten. Von Manfred Gottwald A ls am 14. Dezember 1962 die Ein mühsamer Beginn Erfolgsgeschichte. Dabei hatten die Verant­ Raumsonde Mariner 2 in nur Zu Beginn des Raumfahrtzeitalters gab es wortlichen anfänglich mit unerwarteten 34 700 Kilometer Abstand an Ende der 1950er Jahre zwei Nationen, die Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein grund­ der Venus vorbeiflog, war es in der Lage waren, Sonden in die Erdum­ legendes Problem am Vorabend der Flüge erstmals gelungen, ein Raumfahrzeug laufbahn und darüber hinaus zu bringen, zu den anderen Planeten war fehlendes kontrolliert in die nahe Umgebung eines die USA und die damalige UdSSR. Ur­ Personal mit Kenntnissen im Bereich der Himmelskörpers jenseits von Erde und sprünglich angetrieben durch den Kalten planetaren Astronomie. Obwohl unser Mond zu bringen und dabei mit ihm in Krieg und seine militärischen Vorgaben, Sonnensystem jahrhundertelang ein wich­ Kontakt zu bleiben (siehe die Bilder erkannten Forscher relativ bald auch die tiger Gegenstand der beobach­tenden und rechts). William Pickering, damals Direk­ wissenschaftlichen Möglichkeiten der Ra­ theoretischen Astronomie war, befand sich tor am Jet Propulsion Laboratory (JPL) im ketentechnologie, nicht nur in Bezug auf die professionelle planetare Astronomie kalifornischen Pasadena, das diese Mis­ die Untersuchung sonst unzugänglicher zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Nie­ sion leitete, nannte Mariner 2 den Auftakt Bereiche der Erde, sondern auch des Son­ dergang. Durch die zu dieser Zeit erzielten zu einer vollkommen neuen Ära in der Er­ Fortschritte in der modernen Physik rückte forschung unseres Sonnensystems. Er nensystems. Rückblickend erscheint die interplane­ sollte Recht behalten. tare Raumfahrt als eine durchgängige Auch im Bereich der Erkundung ferner Ga­ die Sternentwicklung in den Vordergrund. laxien warteten nach der Entdeckung der kosmologischen Rotverschiebung durch 50 Jahre Planetenforschung Georges Lemaître und Edwin Hubble zahl­ reiche Fragen auf Antworten. Beim Zugang Harald Krüger: Vorstoß ins Sonnensystem Teil 1: Die erdähnlichen Planeten zu den knappen Beob­achtungszeiten an August 2012 geeigneten Teleskopen zogen Beobach­ September 2012 tungsprogramme zur Erforschung der Pla­ Teil 1: Die ersten SchritteOktober 2012 neten oft den Kürzeren. Dazu gesellte sich ein wissenschaftlich Teil 2: Die Nachbarn der Erde November 2012 etwas zweifelhafter Ruf der Planetenbeob­ Teil 3: Jenseits des Mars Dezember 2012 achter. Verantwortlich war dafür die Fehl­ Teil 2: Die Gasriesen, ihre Monde und die Kleinkörper Manfred Gottwald: Reisen zu den Planeten interpretation der detaillierten Marsbeob­ 34 Oktober 2012 Sterne und Weltraum achtungen des italienischen Astronomen Giovanni Schiaparelli (1835 – 1910) wäh­ rend der Opposition 1877. Aus seinen als »canali« bezeichneten natürlichen Struk­ turen, die er auf der Planetenoberfläche erkannte, wurden bald »Kanäle«, die man als Konstruktionen einer hochentwickel­ ten Zivilisation deutete. Diese Idee fiel in der Öffentlichkeit auf fruchtbaren Boden; fortan gehörte die Existenz von »Marsia­ nern« in den Bereich des Möglichen. Auch in der Astronomie gab es Vertre­ ter, welche die These von höherem Leben auf Planeten vertraten. Einer davon war Percival Lowell (1855 – 1916), der Gründer des Flagstaff-Observatoriums in Arizona (siehe Bild auf S. 36 oben). In Büchern wie »Mars as the abode of life« (in etwa: Mars als die Heimstatt von Leben) spekulierte Lowell über eine dem Untergang geweih­ te Marszivilisation. Andere wie etwa Gavril Tichow (1875 – 1960) in der UdSSR NASA verfolgten realistischere Ansätze (siehe Bild auf S. 36 oben). Seine Theorien, die er unter der Bezeichnung Astrobiologie oder Astrobotanik zusammenfasste, sahen Vertreter der NASA überreichen dem US-Präsidenten John F. Kennedy ein ebenfalls die Möglichkeit der Existenz von Modell der Raumsonde Mariner 2 (Bild unten) nach ihrem erfolgreichen Leben auf unseren Nachbarplaneten vor, Venusvorbeiflug im Dezember 1962. www.sterne-und-weltraum.de Oktober 2012 35 Percival Lowell beobachtet den Mars in Lowell Observatory University of Arizona Astrophysikalisches Institut Fesenkow dem von ihm gegründeten Observatorium. Der russische Astronom Gavril Tichow Das 1,55-Meter-Kuiper-Teleskop auf dem wagte Anfang des 20. Jahrhunderts erste Mount Bigelow nördlich von Tucson diente Vermutungen über mögliches Leben auf Anfang der 1960er Jahre vorwiegend der dem Mars. Planetenforschung. ständnis der von den Sonden gewonnenen Daten, die Bestimmung für zukünftige Missionen wichtiger, aber weit gehend un­ Lunar and Planetary Laboratory, University of Arizona bekannter Planeteneigenschaften sowie die Schaffung eines attraktiven Umfelds, in dem der benötigte wissenschaftliche Nachwuchs heranwachsen kann. Um von der planetaren Astronomie solche Resultate erwarten zu können, Gerard P. Kuiper musste sie erst durch massive finanzielle (1905 – 1973) war Mittel dazu in die Lage versetzt werden. einer der Begründer In den 1950er Jahren fristete sie in den der US-amerika- USA im Rahmen der Förderung durch nischen Planeten- die Natio­nal Science Foundation ein re­ forschung. lativ bescheidenes Dasein: Die Bereiche »Sterne« und »Galaxien« genossen bei­ wenngleich eher in Form von angepasster mie mit Interesse an Kosmochemie die spielsweise im Jahr 1960 eine 30-mal hö­ Vegetation. Empfehlung: »Vielleicht sollten wir die here finanzielle Unterstützung. Die weit verbreitete Skepsis gegenüber der planetaren Astronomie erleichterte Astronomen vergessen und es lieber mit Physikern versuchen.« Der NASA gelang es, ein im Vergleich dazu deutlich besser ausgestattetes Pro­ es angehenden Astronomen, sich für Unterstützt wurde die 1958 gegründete gramm durchzusetzen. Dieses sah auch eine stellare oder galaktische Forscher­ US-Raumfahrtbehörde NASA von Gerard die Errichtung spezieller, für lunare und laufbahn zu entscheiden. Als schließlich P. Kuiper (1905 – 1973). Der US-Planeten­ planetare in den 1950er Jahren die Planungen und forscher Carl Sagan (1934 – 1996) nannte Teleskope vor, um Nachteile bei der Ver­ Vorbereitungen für die ersten Raumflüge ihn einmal den einzigen Astrophysi­ gabe von Beob­achtungszeit zu umgehen. anstanden, war dafür kaum astronomisch ker der 1950er Jahre, der sein gesamtes Das erste dieser Geräte, ein 1,55-Meter- geschultes Personal mit Interesse am Schaffen den Planeten widmete (siehe Teleskop, entstand 1965 auf dem Mount Planeten­system vorhanden. Bei einem Bild oben). Kuiper erkannte die enor­men Bigelow in den Catalina-Bergen nördlich solcher Treffen soll Albert Hibbs, damals Möglichkeiten, Planeten vor Ort mittels von Tucson im US-Bundesstaat Arizona designierter Weltraum­ automatischer Sonden zu untersuchen. (siehe Bild oben). Auf dem Mauna Kea in wissenschaften des JPL, seine Nöte fol­ Zudem sah er wie die NASA, die Notwen­ Hawaii, heute ein Mekka der bodengebun­ gendermaßen digkeit, Raumfahrtprogram­me denen Astronomie, wurde 1970 mit dem wären sofort bereit, jeden Astronomen durch eine intensive bodengebundene 2,2-Meter-Spiegel aus dieser NASA-Initia­ für unsere Aufgabe anzuheuern, wenn es Beobachtungstätigkeit, tive überhaupt erst die Ära der gro­ßen denn einen gäbe, der willens ist, lange ge­ theoretischen Betrachtungen, voranzu­ nug auf die Beobachtung von Galaxien zu bringen. Direktor geäußert für haben: »Wir diese verbunden mit Beobachtungen gedachter Teleskope eingeläutet. Gerard Kuiper war in den 1960er Jahren verzichten.« Darauf erhielt er von Harold Damit sollten im Wesentlichen drei in zahlreiche planetare und Mondmissio­ Urey, einem Nobelpreisträger der Che­ Aspekte verfolgt werden: ein besseres Ver­ nen involviert. Um sich optimal der Un­ 36 Oktober 2012 Sterne und Weltraum tersuchung des Sonnensystems widmen re oder Bilder des zu erreichenden Ziels energetisch güns­tigste Variante die später zu können, gründete er 1960 das Lunar übertragen. nach ihm benannten Hohmann-Bahnen and Planetary Laboratory an der Universi­ tät von Arizona in Tucson. Eine solche Kapsel lässt sich auch so sind (siehe die Grafik unten). auslegen, dass sie sich möglichst lange in Angewandt auf die Erde und eine Reise Wenn Sonden Messungen durch Fern­ der Atmosphäre aufhält, beispielsweise zu den äußeren Planeten bedeutet dies, erkundung oder sogar in situ durchfüh­ indem sie an einem Ballon hängend von die Sonde in Richtung der Bahnbewegung ren, sind zur Interpretation der Daten den vorherrschenden Strömungen getra­ der Erde so weit zu beschleunigen, dass sie mehr als astrophysikalische Kenntnisse gen wird. Einmal gelandet, kann die Sonde deren Schwerefeld verlässt. Sie läuft dann nötig. Der Aufbau und die Entwicklung die Oberfläche und die am Landeort exis­ auf einer elliptischen Bahn um die Sonne von Planeten lassen sich nur verstehen, tierende Atmosphäre untersuchen. Ein mit dem Abstand Sonne-Erde als Perihel. wenn wissenschaftliche Disziplinen wie mitgeführter Rover, ein vom Lander un­ Bei geeigneter Beschleunigung erreicht Geo­logie, Geophysik, Mineralogie oder abhängiges Fahrzeug, erweitert dabei den sie die Umlaufbahn des äußeren Planeten sogar Biologie und verwandte Fächer Aktionsradius beträchtlich. Die Kleinere Objekte lassen sich auch un­ in ihrem Aphel. Da Planet und Sonde auf unterschied­ interplanetare Raumfahrt führte so zu tersuchen, indem eine Sonde Projektile lichen Bahnen um die Sonne kreisen, einem echten interdisziplinären Ansatz, auf deren Oberfläche abschießt und die besitzen für den sich die Bezeichnung Planetologie Auswirkungen des Aufpralls analysiert. zentrische Bahngeschwindigkeiten. Die etabliert hat. Die ehrgeizigste Form eines Besuchs ist Begegnung beider wäre somit nur eine die kontrollierte Rückkehr eines inter­ kurzzeitige Episode. Damit die Sonde in planetaren Raumfahrzeugs zur Erde mit Planetennähe verbleiben kann, muss sie Welche besonderen Anforderungen müs­ Material des besuchten Ziels – entweder ihre Geschwindigkeit wiederum verän­ sen Missionen mit dem Ziel erfüllen, um gewonnen auf dessen Oberfläche oder in dern, wodurch die elliptische Bahn des Objekte des Sonnensystems zu besuchen? seiner näheren Umgebung. Raumfahrzeugs in eine kreisförmige um­ miteinander kombiniert werden. Reisewege sie nicht identische helio­ Diese hängen zunächst von der Art des Die Ziele interplanetarer Raumfahrt Besuchs ab. Im einfachsten Fall handelt zeichnen sich durch ihre große Entfer­ gewandelt wird. Prinzipiell erfolgt die Reise zu den in­ es sich um einen Vorbeiflug. Während nung aus. Venus als nächstmögliches neren Planeten ähnlich, nur dass sich die der größten Annäherung beobachten die Objekt befindet sich im günstigsten Fall Sonde hier beim Start in ihrem Aphel be­ Instrumente an Bord der Raumsonde den 38 Millionen Kilometer von der Erde findet und ihr Perihel bei der Ankunft bei Planeten und nachdem diese Phase abge­ entfernt, zum Zwergplaneten Pluto sind Merkur oder Venus erreicht. Um in den in­ schlossen ist, endet die Mission. es zwischen 4,3 und 7,2 Milliarden Kilo­ neren Bereich des Sonnensystems vorzu­ Ein komplexeres Unternehmen ist das meter. Um eine Sonde dorthin zu brin­ Einschwenken in eine Umlaufbahn um gen, gibt es unterschiedliche Ansätze, den Himmelskörper, die jahrelange Beob­ am bekanntesten sind die so genannten Hier sind Hohmann-Bahnen von der Erde zu achtungen aus niedriger Höhe erlauben. Hohmann-Bahnen. äußeren (links) und inneren (rechts) Von einem Orbiter, aber auch bei einem Im Jahr 1925 hatte der deutsche Ingeni­ Planeten mit idealisierten Kreisbahnen Vorbeiflug, lässt sich eine Landekapsel ab­ eur Walter Hohmann (1880 – 1945), lange dargestellt. Die jeweiligen heliozentrischen trennen, die entweder hart oder kontrol­ bevor Raumfahrt überhaupt möglich liert auf einer festen Oberfläche aufsetzen wurde, untersucht, wie man sich zwischen Geschwindigkeiten der Planeten sind mit V1 und V2 bezeichnet, während Vd sowie Va soll. Während ihres Abstiegs kann diese Himmelskörpern bewegen kann, die eine die Sondengeschwindigkeiten bei Abflug Daten aus einer vorhandenen Atmosphä­ Zentralmasse umlaufen. Er fand, dass die und Ankunft angeben. elliptische Transferbahn Planet 2 bei Abflug elliptische Transferbahn Planet 1 bei Ankunft V1 V1 Vd Vd Planet 2 bei Ankunft Va Sonne Planet 1 bei Abflug Sonne Va V2 Planet 1 bei Ankunft www.sterne-und-weltraum.de V2 Planet 2 bei Abflug Oktober 2012 37 Manfred Gottwald / SuW-Grafik Planet 2 bei Ankunft Reisezeiten und erforderliche Geschwindigkeitsänderungen ΔV* Ziel Reisezeit in Jahren ΔV1 in Kilometer pro Sekunde ΔV2 in Kilometer pro Sekunde derungen, vor allem bei der Ankunft am Planeten. Um extrem lange Reisezeiten und aufwändige DV-Manöver zu vermeiden, Merkur 0,3 -7,53 -9,61 sind Alternativen gefragt. Die als Gravity Venus 0,4 -2,50 -2,71 Assist oder Swing-by bekannte Varian­ Mars 0,7 2,95 2,65 te wurde 1961 von Michael Minovitch Jupiter 2,7 8,79 5,64 ausgearbeitet, als er als Student am JPL Saturn 6,1 10,29 5,44 weilte (siehe die Grafik unten). Hier wird Uranus 16,1 11,28 4,66 die Tatsache ausgenutzt, dass sich die Neptun 30,7 11,66 4,05 Flugrichtung und -geschwindigkeit einer Pluto 45,6 11,82 3,69 Sonde beim Vorbeiflug an einem Planeten *Hohmann-Transferbahnen unter der Annahme von Kreisbahnen (ΔV1 zum Verlassen des Erdorbits, ΔV2, um sich der Bahn des Ziels anzupassen) ändert. Außerhalb seiner gravitativen Einflusssphäre wird ihre Bahn durch die Sonne bestimmt, innerhalb beginnt die stoßen, darf die Sonde aus dem Erdorbit Die Tabelle oben zeigt, wie lange eine Sonde in Richtung des Planeten zu fallen. jedoch nicht in Richtung der Erdbewegung Reise von der Erde zu den Planeten und Dabei erhöht sich ihre Geschwindigkeit beschleunigen, sondern entgegengesetzt Pluto auf Hohmann-Bahnen dauert. Wäh­ relativ zum Planeten bis zum Punkt der dazu. Dabei folgt sie immer noch der von rend Merkur, Venus und Mars innerhalb größten Annäherung. Danach entfernt der Erde vorgegebenen Bahn, jedoch mit eines Jahres zu erreichen sind, steigt die sie sich wieder, die Geschwindigkeit re­ etwas geringerer Geschwindigkeit und Flugdauer zu Zielen jenseits des Aste­ lativ zum Planeten nimmt ab, um nach »fällt« somit in Richtung Sonne. Auch hier roiden­gürtels enorm an. Ebenfalls finden Verlassen der Einflusssphäre wieder ihren ist ein zweites Manöver notwendig, falls sich in der Tabelle die Äquivalente der ursprünglichen Wert anzunehmen. Durch das Raumfahrzeug in der Nähe des Ziels Geschwindigkeitsänderungen oder DV die Anziehung des Planeten hat sich die verbleiben soll. Flugrichtung geändert. Wie stark diese Natürlich wird nie die kürzestmögliche (Delta-V), relativ zur Bahngeschwindig­ keit der Erde (DV1), um die Hohmann- Entfernung zwischen Erd- und Planeten­ Bahn zu erreichen, und relativ zum Pla­ orbit zurückgelegt, sondern das Raum­ neten (DV2), um aus der Hohmann-Bahn fahrzeug nähert sich letzterem auf einer dem Planeten auf einer Kreisbahn folgen Der Flug von Cassini zum Saturn ist ein elliptischen Bahn an. Ein Zusammentref­ zu können. Negative Werte stehen für Be­ Beispiel einer Bahn mit mehrfachen fen mit dem Planeten ist nur gelingen, schleunigungen entgegen der Bahnbewe­ Swing-by-Manövern (grün: Flugverlauf vom wenn das Raumfahrzeug innerhalb eines gung des Planeten. Es zeigt sich, das sich Start bis zum ersten Venusvorbeiflug, Startfensters startet, das sich aus den un­ nur Venus und Mars mit relativ mode­ orange: erster bis zweiter Venusvorbeiflug, terschiedlichen Bahnradien beziehungs­ ratem DV erreichen lassen. Sogar Merkur blau: zweiter Venusvorbeiflug mit nachfol- weise Bahngeschwindigkeiten ergibt. erfordert deutliche Geschwindigkeitsän­ gender Erd- und Jupiterpassage). Änderung ausfällt, hängt unter anderem Kurskorrektur Venusvorbeiflug 3.12.1998 Sonne Venusumlaufbahn Erdumlaufbahn Saturnumlaufbahn n laufbah terum Jupi Venus 2. Vorbeiflug 24.6.1999 (∆V = 3,1 km/s) Saturnankunft 1.7. 2004 Manfred Gottwald / SuW-Grafik Venus 1. Vorbeiflug 26.4.1998 (∆V = 3,7 km/s) Erde Start 15.10.1997 Erdvorbeiflug 18.8.1999 (∆V = 4,1 km/s) 38 Oktober 2012 Jupitervorbeiflug 31.12.2000 (∆V = 2,1 km/s) Sterne und Weltraum Die US-Raumsonde Dawn nähert sich auf einer langen Flugstrecke den Kleinplaneten Vesta und Ceres. In den hellblauen Segmenten war der Ionenantrieb von Dawn Abflug Vesta August 2012 aktiv und erzeugte eine immer weiter werdende spiralförmige Bahn. vom geringsten erreichten Abstand und Start 27.9.2007 der Geschwindigkeit der Sonde ab. Bisher war unsere Betrachtung pla­ netenzentriert. Von Interesse ist aber, Sonne wie schnell sich die Sonde heliozentrisch bewegt. Hier kommt die Bewegung des Planeten ins Spiel, dessen Bahngeschwin­ digkeit berücksichtigt werden muss. Der Manfred Gottwald / SuW-Grafik Ankunft Vesta 16.7.2011 erreichbare Absolutwert einer Geschwin­ Mars Swing-by 18.2. 2009 digkeitsänderung lässt sich aus dem Win­ kel zwischen den Richtungen der ankom­ menden und abfliegenden Sonde sowie Ankunft Ceres Februar 2015 ihrer planetenbezogenen Geschwindig­ Missionsende Juli 2015 Ionenantrieb keit vor dem Swing-by-Manöver berech­ Dawn Flugbahn nen. Am massereichen Jupiter sind bei­ spielsweise DV möglich, welche die Sonde auf Entweichgeschwindigkeit aus dem Zur Erzeugung von DV werden fast aus­ sehr lange Zeiträume betreiben lassen schließlich chemische Antriebe genutzt. und damit sehr große Geschwindigkeits­ Physikalisch betrachtet wird bei einem Auf einer Bahn in niedrigem Erdorbit änderungen ermöglichen. Swing-by weder der Impuls- noch der zündet zum geeigneten Zeitpunkt ein Eine mit einem Ionentriebwerk aus­ Ener­gieerhaltungssatz verletzt. Der nahe Triebwerk, das den erforderlichen Schub gerüstete Sonde bewegt sich nicht mehr Vorbeiflug ist elastisch, so dass die Sum­ zum Verlassen des Anziehungsbereichs auf einfachen Transferbahnen zwischen me der kinetischen Energien von Sonde der Erde liefert. Die weitere Reise erfolgt zwei Planeten, sondern beschreibt nach und Planet davor und danach gleich sind, antriebslos, nur unterbrochen durch et­ ihrem chemisch erfolgten Einschuss in ebenso haben die beteiligten Massen Im­ waige Kurskorrekturen. Falls erforderlich, eine solare Umlaufbahn eine immer wei­ puls ausgetauscht. Wegen der geringen kommt bei Ankunft am Ziel nochmals der ter (nach außen) oder enger (nach innen) Masse der Sonde macht sich der Effekt in Hauptmotor zum Einsatz und bringt die werdende Spirale, die schließlich das den geänderten Bahnparametern deutlich Sonde in die gewünschte Umlaufbahn. Zielobjekt auf seiner Bahn erreicht (siehe Sonnensystem hinausbeschleunigen. bemerkbar. Aber auch der Umlauf des Pla­ Als einzige praktische Alternative zu die Grafik oben). Dabei lassen sich je nach neten um die Sonne wurde modifiziert; chemischen Treibstoffen eignen sich Io­ Bedarf Swing-by-Manöver einbinden. Der nur dass die Änderung wegen der viel grö­ nentriebwerke für interplanetare Flüge. Nachteil bei dieser Antriebsmethode ist ßeren Masse des Planeten vernachlässig­ Ihr theoretischer Ursprung reicht zurück die verlängerte Reisezeit. Dies wird jedoch bar gering ist. Als die Raumsonde Galileo bis zu den Raketenpionieren Robert God­ dadurch ausgeglichen, dass man deutlich auf ihrem Weg zum Jupiter im Dezember dard (1882 – 1945), Konstantin Ziolkowski weniger Treibstoff mitführen muss, was 1992 nahe an der Erde vorbeiflog, erhöhte (1857 – 1935) oder auch Hermann Oberth die Gesamtmasse einer Sonde und damit sich ihre heliozentrische Geschwindig­ (1894 – 1989) Anfang des 20. Jahrhunderts. die Startkosten reduziert. keit durch dieses Swing-by-Manöver um In solchen Motoren, die nur im Hochvaku­ 3,7 Kilometer pro Sekunde – die Erde um funktionieren, wird ein Gas, oftmals dagegen erfuhr eine Abbremsung von 6 3 10 –9 Zentimetern pro Jahr! Xenon, ionisiert und danach in einem Funkverkehr in den Tiefen des Sonnensystems elektromagnetischen Feld beschleunigt Wie hält man Kontakt zu Sonden, die und ausgestoßen. sich bis an den Rand des Sonnensystems Je nach Geometrie des Vorbeiflugs sind entweder Beschleunigungen für Flüge ins Der erreichbare Schub ist viel geringer begeben? Es müssen sowohl die von den äußere Sonnensystem, oder, wenn die als bei den explosiv ablaufenden Reaktio­ Ins­trumenten erzeugten Daten empfan­ inneren Planeten angesteuert werden, Ab­ nen chemischer Antriebe; er liegt in der gen als auch das Raumfahrzeug gesteuert bremsungen möglich. Auch lässt sich mit Größenordnung von 100 Millinewton. Das werden. Raumsonden sind üblicherweise Swing-bys eine Sonde in hohe ekliptikale entspricht in etwa der Kraft, die ein Blatt mit Radiokommunikationssystemen aus­ Breiten befördern. Solche Manöver, die oft Papier auf seine Unterlage ausübt (zum gestattet, die eine Sendeleistung im X- mehrfach im Lauf einer Mission stattfin­ Vergleich: die Hauptstufe der Ariane-5-Ra­ oder S-Band im Bereich von bis zu einigen den, sind heute die gängige Methode, um kete erreicht mehr als 1000 Kilonewton). zehn Watt besitzen. Das X-Band umfasst die Reisezeiten von interplanetaren Son­ Trotzdem eignen sich Ionentriebwerke den den drastisch zu verkürzen. für interplanetare Reisen, da sie sich über und zehn Gigahertz, das S-Band von zwei www.sterne-und-weltraum.de Frequenzbereich zwischen Oktober 2012 sechs 39 Die US-Raumsonde Mariner-7 sandte dieses Bild des roten Planeten Mars im August 1969 zur Erde. Erst mit modernen Bildverarbeitungsverfahren gelang es dem US-Amerikaner Ted Stryk, aus den damals übermittelten digitalen Daten ein Farbbild zu rekonstruieren. Stryk ist Professor für Philosophie in Oak Ridge, Tennessee, und betreibt die Bildverarbeitung als Hobby. Er sucht dabei in NASA-Archiven nach alten Datenträgern und arbeitet sie auf. torija befanden. Vor allem für kritische Flugmanöver und Datentransfers bei der Ankunft am Planeten mussten die NASA / Ted Stryk Missionsplaner somit immer die Sicht­ barkeit über der Krim berücksichtigen. Sie versuchten deshalb die Lücken durch mobile Empfangsstationen auf Schiffen auszugleichen (siehe Bild rechts). Abgese­ bis fünf Gigahertz. Durch die Verwen­ stationen, deren geografische Länge sich hen vom in den 1960er und 1970er Jahren dung einer Parabolantenne lässt sich die um 120 Grad unterscheidet: Goldstone in vorherrschenden Geheimhaltungsdenken Sendeleis­tung stark gerichtet einsetzen. den USA, Madrid in Spanien und Canberra auf russischer Seite, dem eine weithin Hinzu kommt meistens eine oder mehre­ in Australien, wodurch ein erdumspan­ sichtbare re Rundstrahlantennen. Während mit ei­ nendes System entsteht. Jede dieser DSN- Schiffe widersprach, waren diese Anlagen ner Richtantenne eine Datenübertragung Einrichtungen verfügt über eine Anzahl in ihren Dimensionen und Betriebszeiten mit hoher Rate möglich ist – heute errei­ von Parabolantennen – eine 70-Meter-An­ limitiert. chen die Datenströme mancher Missi­ tenne sowie mehrere kleinere mit Durch­ Im Lauf der zurückliegenden 50 Jahre onen mehrere Megabit pro Sekunde – er­ messern von 34 und 26 Metern. Falls bei traten auch Europa und Japan in den Kreis lauben Rundstrahlantennen nur niedrige bestimmten Missionen erforderlich, las­ der interplanetaren Raumfahrt ein und Datenraten. (Bei der ersten erfolgreichen sen sich die Antennen zu einem Netzwerk schufen, neben der partnerschaftlichen Raumsonde Mariner 2 wurden 1962 nur zusammenschalten, unter anderem auch Nutzung von DSN-Anlagen, dafür eigene acht Bit pro Sekunde übermittelt.) Sie sind mit den Radioteleskopen des Very Large Kommunikationseinrichtungen. Die drei trotzdem sinnvoll, da sie bei Ausfall der Array in New Mexico oder mit dem Radio­ europäischen Anlagen verfügen jeweils Hauptantenne einen Teil der Datenüber­ teleskop von Parkes in Australien. über 35-Meter-Antennen und befinden tragung übernehmen können. Flottille antennenbestückter Die Befehlsübermittlung vom Boden sich an den ESA Deep-Space-Bodenstatio­ Ohne Rundstrahlantenne wäre bei­ zum Raumfahrzeug erfolgt mit einer nen in Cebreros bei Madrid, New Norcia spielsweise die Mission Galileo zu Jupiter Leis­tung abhängig von den Missions­ bei Perth sowie Malargüe im Westen Ar­ gescheitert, nachdem sich die Hauptan­ eigenschaften. Beispielsweise wird für gentiniens (siehe Bild unten rechts). Japan tenne nicht vollständig öffnen ließ. Aller­ den Kontakt im S-Band zu den beiden weit unterhält seit 1984 am Usuda Deep Space dings war ihr Signal 10 000-fach schwächer entfernten Voyager-Sonden die 70-Meter- Center eine 64-Meter-Antenne. als über die Hauptantenne, so dass die Antenne und ein 20-Kilowatt-Transmitter Bodenstationen entsprechend umgerüs­ genutzt. Alle Antennen sind voll steuer­ Woher kommt die Bordenergie? tet werden mussten, um den reduzierten bar, um sie exakt auf die verfolgte Sonde Der Betrieb interplanetarer Sonden er­ Datenstrom zu empfangen. über einen längeren Zeitraum hinweg fordert eine elektrische Leistung von Bereits früh zu Beginn des Raumfahrt­ auszurichten. Als zentrale Schaltstelle für etwa ein bis zwei Kilowatt, wobei vor zeitalters errichteten sowohl die ame­ das DSN dient ein Kontrollzentrum am allem beim Einsatz eines Ionentrieb­ rikanische als auch die russische Seite JPL in Pasadena. werks noch höhere Werte anfallen kön­ große Antennenanlagen für den Kontakt In der UdSSR wurden interplanetare nen. Wegen der üblicherweise recht lan­ zu interplanetaren Sonden. In den USA Missionen von Jewpatorija auf der Krim gen Missionsdauern muss diese Leistung entstand in der Gegend um Goldstone in betreut. Später kam jeweils eine Station über der Mojave-Wüste nordöstlich von Los bei Moskau und in Ussurijsk am Pazi­ werden. Gängige Methoden der Energie­ Angeles die erste Großanlage. Aus ihr fischen Ozean hinzu. Wegen ihrer geo­ erzeugung sind Solarzellen oder Radio­ entwickelte sich das Deep Space Network politischen Situation konnte die UdSSR nuklidgeneratoren. Klassische Batterien (DSN), mit dem die NASA noch heute ihre kein globales Empfangssystem betreiben. lassen sich nur für kurzzeitige Unterneh­ interplanetaren Missionen kontrolliert. Somit war eine Verbindung zu den sow­ mungen wie etwa Atmosphärensonden jetischen einsetzen, die eine eng befristete Lebens­ Derzeit besteht das DSN aus drei an­ nähernd identisch ausgerüsteten Boden­ 40 Oktober 2012 Raumsonden nur möglich, wenn sie sich im Gesichtsfeld von Jewpa­ Jahre zuverlässig bereitgestellt dauer besitzen. Sterne und Weltraum US Navy Erfolge und Misserfolge Die Juri Gagarin war das größte Schiff weit von der Sonne entfernen, also über Bis heute haben 60 Missionen ihre inter­ der früheren UdSSR-Flotte zum globalen den hinausbegeben, planetaren Ziele – Planeten, Asteroiden, Funkempfang von Raumfahrzeugen. sind Solarzellen erste Wahl. In Abhän­ Kometen – erfolgreich erreicht oder sind gigkeit vom erreichten Sonnenabstand auf dem Weg dorthin. 41 verfehlten die ih­ können sie ausreichend Strom liefern. Die nen gestellten Aufgaben (siehe S. 44). Zwi­ europäische Kometensonde Rosetta führt schen Erfolg und Misserfolg zu unterschei­ Solarzellen mit einer Gesamtfläche von den, ist nicht immer einfach. Oft wurden 64 Quadratmetern mit sich, die bei einer die eigentlichen, manchmal zu ehrgeizigen Solange sich die Missionen nicht zu Asteroidengürtel Entfernung von 3,4 Astronomischen Ein­ Vorgaben nicht erfüllt, die mitgeführten heiten (AE) noch 850 Watt erzeugen, in der Instrumente sammelten trotzdem eine Maximalentfernung von 5,25 AE jedoch Menge an neuen Informatio­nen. Beispiele hierfür gibt es aus den 1960er Die 35-Meter-Antenne des ESA Deep nur noch 395 Watt. Solarzellen unterliegen Alterungseffekten und verlieren jährlich Jahren, als die frühen sow­jetischen Venera- Madrid wird zum Datenempfang von ein bis zwei Prozent ihrer Leistungsfähig­ Sonden eigentlich weich auf der Venus­ verschiedenen Raumsonden genutzt. Space Networks in Cebreros westlich von keit. Zusätzlich altern in der interplane­ taren Umgebung fotovoltaische Flächen durch die Teilchenstrahlung der Sonne vorzeitig. Radionuklidgeneratoren kommen dann zum Einsatz, wenn Solarzellen mit Ausma­ ßen, wie sie sich bei Raumflügen noch ver­ wirklichen lassen, nicht mehr genügend Energie liefern. Ihr Betrieb ist weit gehend unabhängig von den Umgebungsbedin­ gungen des Raums, und die Generatoren sind temperatur- und strahlungsunemp­ findlich. In ihnen erzeugt ein Radionuklid mit einer Halbwertszeit, die deutlich länger als die geplante Missionsdauer ist, durch radioaktiven Zerfall Wärme, die über den thermoelektrischen Effekt direkt in elektrische Energie umgewandelt wird (si­ ehe SuW 3/1998, S. 220 und Bild auf S. 43). Als Radionuklid wird oft Plutonium-238 eingesetzt, da sich seine Strahlung relativ ESA leicht abschirmen lässt, was dem Massen­ budget der Sonde zugutekommt. www.sterne-und-weltraum.de Oktober 2012 41 DIE VORTEILE EINES ABONNEMENTS So vielfältig wie unser Magazin! 1 Zwölf Ausgaben zum Preis von nur € 85,20 inkl. 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Dadurch wurde ein Korrekturmanö­ ver falsch ausgeführt, wodurch die Sonde als marsnächsten Punkt der Umlaufbahn 57 Kilometer anstatt der geplanten 150 Kilometer ansteuerte und in der dichteren Marsatmosphäre verglühte. Das bisher letzte Unternehmen, unseren Nachbarn Venus zu erreichen, die japanische Mission NASA / JPL Akatsuki, scheiterte am 7. Dezember 2010, als das Einschwenken in den Planeten­ orbit misslang. Jedoch soll in sechs Jahren, wenn Akatsuki zur Venus zurückkehrt, ein oberfläche landen sollten. Sie waren jedoch die wissenschaftliche Leitung des dorti­gen wegen noch unbekannter Umweltbedin­ Raumfahrtprogramms übernehmen sollte. erneuter Versuch unternommen werden. Neben den USA und der UdSSR/Russ­ gungen auf der Venus so ausgelegt, dass Das IKI verfügte jedoch nie über die Mög­ land sind auch Japan und Europa im inter­ sie den gesamten Abstieg durch ihre Atmo­ lichkeiten, die mit denjenigen der NASA planetaren Raum präsent. Die UdSSR be­ sphäre nicht überstehen konnten. Bis zu vergleichbar sowjetischen ziehungsweise Russland deckten mit ihren ihrem Verstummen in einer gewissen Höhe Raumfahrtunternehmungen wurden Missionen immer unsere nächsten Nach­ über der Oberfläche lieferten sie aber erste stattdessen von Planungsbüros und ihren barn Venus und Mars ab, abgesehen von Atmosphärenprofile. Solche Missionen sind einflussreichen Leitern vorangetrieben. zwei Vorbeiflügen am Kometen Halley im als Erfolg zu betrachten, genauso wenn ein Zusätzlich verhinderte die Geheimhal­ Jahr 1986. Die japanischen Erfolge beziehen Raumfahrzeug aus zwei Teilen bestand, tungsmentalität darüber, sich bisher auf die kleinen Körper im Plane­ etwa einem Orbiter und einem Landegerät, wovon nur eines seine Aufgaben erfüllte. welche Lösungen Erfolg versprechend sind. Ab Mitte der 1970er Jahre reduzierte tensystem wie Asteroiden und Kometen. Die ESA hat nicht nur Visiten bei Hierfür stehen exemplarisch die europä­ sich die Anzahl der Misserfolge drastisch. unseren direkten planetaren Nachbarn ische Mis­sion Mars Express und der mitge­ Im Jahr 1973 fiel noch ein Großteil der durchgeführt, sondern mit nahen Vorbei­ führte, aber fehlgeschlagene Beagle-Lander. Erst in den 1980er Jahren übertraf die sow­jetischen Marsflotte Mars 4 bis 7 aus, flügen an Asteroiden und Kometen sowie da die russischen Konstrukteure wegen der NASA/ESA-Mission Cassini/Huygens Zahl der Erfolge diejenige der Misserfolge. des sich nahenden Startfensters Sonden auch seinen Fußabdruck jenseits von Dafür ist die hohe Anzahl früher Fehlschlä­ auf den Weg schickten, die ungeeignete Mars hinterlassen. Die NASA bestreitet ge verantwortlich, von denen ein großer Bauteile enthielten. In den Jahren 1988 die Hauptlast der interplanetaren Raum­ Anteil auf das interplanetare Programm und 1989 war der Verlust der beiden fahrt. Viele Sonden waren bereits sehr der UdSSR zurückgeht. Hier versuchten Phobos-Missionen zum Mars und seinem früh die Missionsplaner, jedes mögliche Start­ gleichnamigen Mond wegen Baufehlern da Arbeitsgruppen aus unterschiedlichen fenster zu Venus und Mars zu nutzen. Der ein herber Schlag für die russischen inter­ Ländern Experimente bereitstellten und Zeitdruck führte oft zu nicht ausgereiften planetaren Ambitionen, dem weitere fol­ deren Ergebnisse in Zusammenarbeit Konstruktionen, oder die erforderlichen gen sollten. Im Jahr 1996 endete Mars 96 analy­sierten. Trägerraketen erwiesen sich als unzu­ verlässig. Die Vorbereitung erscheint in bereits im Erdorbit und Ende 2011 ereilte waren. Die Diskussionen internationale Unternehmungen, Phobos-Grunt ein ähnliches Schicksal. Aber auch NASA, die japanische Raum­ Nach seiner Promotion der UdSSR, dem Land der sozialistischen Planwirtschaft, plangetrieben fahrtbehörde JAXA und die ESA erlebten am Max-Planck-Institut gewesen zu sein als in den USA. Dort war ihre Fehlschläge. In den 1990er Jahren für extraterrestrische die 1958 gegründete NASA für das zivile häuften sich die Verluste bei Marsmissio­ Physik und der Mitarbeit Raumfahrtprogramm verantwortlich. Die nen der NASA. Ein kurioser Fall betraf an wissenschaftlichen Aufmerksamkeit, die jede Mission genoss, den Mars Climate Orbiter, der beim Ein­ Weltraummissionen bei zwang die NASA dazu, bei Misserfolgen schwenken in den Marsorbit verloren ging. effektive Gegenmaßnahmen zu ergreifen. In der UdSSR wurde erst ab 1965 ver­ Während die NASA die metrische Maß­ am MPE arbeitet Manfred Gottwald am einheit Newton benutzte, rechnete der Institut für Methodik der Fernerkundung des sucht, mit dem Raumforschungsinstitut Hersteller der Sonde, die Raumfahrtfirma DLR, wo er für den Betrieb des Atmosphärenin- IKI eine Einrichtung zu etablieren, welche Lockheed-Martin, stattdessen in Pound- struments SCIAMACHY zuständig ist. weniger www.sterne-und-weltraum.de über Gammaastronomie der ESA und wiederum Oktober 2012 43