Zwei US-Astronomen sind überzeugt, den vielgesuchten

Werbung
l
Astrolog 211 x 2016
l «PLANET NINE»
Ein vorläufig «Planet Neun»
getaufter Himmelskörper
umkreise die Sonne in
durchschnittlich zwanzigmal so großer Entfernung
wie Neptun, der derzeit
äußerste bekannte Planet
in unserem Sonnensystem.
Damit sei er so weit von
der Sonne entfernt, dass er
für eine Umkreisung wohl
10‘000 bis 20‘000 Jahre
brauche.
Zwei US-Astronomen sind überzeugt, den
vielgesuchten «Planet Nine» gefunden haben
Wissenschaftler sind überzeugt, mit ihren Berechnungen die Existenz
eines neunten Planeten im Sonnensystem bewiesen zu haben. Zwei USAstronomen haben nach eigenen Angaben Hinweise auf die Existenz
eines neunten Planeten in unserem Sonnensystem entdeckt. Der Himmelskörper sei etwa zehnmal so schwer wie die Erde, teilten Konstantin
Batygin und Mike Brown vom California Institute of Technology mit.
Bruno Landolt
Z
um ersten Mal seit vielen
Jahrzehnten gibt es stichhaltige Beweise, dass die
bisherige Erkundung unseres
Sonnensystems unvollständig
ist», sagt Batygin. Gesehen haben die beiden Wissenschafter
den möglichen neuen Planeten
aber noch nicht.
Ihre Hinweise beruhen bislang
ausschließlich auf mathematischen Modellen und Computersimulationen. Es könne aber
keine Diskussionen darüber
geben, ob es sich bei dem Himmelskörper um einen Planeten
handle, sagte Brown.
Die Geschichte erinnert an Claude Tombaugh. Seit 1929 suchte
er im Lowell-Observatorium im
US-Bundesstaat Arizona Nacht
34
für Nacht den Sternenhimmel
ab. Denn Tombaugh war auf
der Jagd nach dem mysteriösen «Planeten X». So nannten
Wissenschaftler den mutmaßlichen neunten Planeten unseres Sonnensystems, von dem
sie ausgingen, dass es ihn geben
müsse.
»
Nur – dasselbe Problem
wie bei unserer heutigen
Neuentdeckung, niemand
hatte ihn je gesichtet»
Systematisch machte er durch
ein Teleskop fotografische
Aufnahmen von bestimmten
Himmelsregionen, immer im
Abstand von mehreren Tagen.
Das Kalkül: Hatten Lichtpunkte
im Vergleich zweier Aufnahmen
ihre Position verändert, waren
dies Hinweise auf bewegliche
Himmelskörper, Planeten, Asteroiden und Kometen.
Diese Methode war eine Sisyphusarbeit. Auf den 35 mal 42
Zentimeter großen Fotoplatten, die Tombaugh verglich,
befanden sich durchschnittlich
300.000 Sterne. Schließlich
sichtete er bis zu 60.000 Sterne
pro Tag. Sein wichtigstes Hilfsmittel war ein «Blinkkomparator». Dieser Apparat wechselt
schnell die Fotoplatten hin und
her. Verändert ein Himmelskörper seine Position, «springt» das
Bild. Genau das passierte am 18.
Februar 1930. Im Grenzbereich
der Sternbilder Zwillinge und
Stier hüpfte ein Lichtpünktchen
– um 3,5 Millimeter. «Ich habe
Ihren Planeten X gefunden»,
teilte Tombaugh schlicht dem
Chef seiner Sternwarte mit. Es
war eine astronomische Sensation. Der 24-jährige Sternenforscher aus Arizona erspäte den
Planeten Pluto. Nur entpuppte
sich der vermeintliche neue
Riese am Sternenhimmel schon
bald als Zwerg. Pluto hatte gerade einmal einen Durchmesser
von ca. 2300 Kilometern, weit
weniger als die Erde (12.800
Kilometer). Somit war klar: Mit
dieser geringen Masse konnte
er nicht der lang gesuchte «Planet X» sein.
«Planet Nine» sei 5000 mal
schwerer als Pluto, der 2006
zum Zwergplaneten degradiert
worden war. Seitdem gab es
nur noch acht bekannte «vollwertige» Planeten in unserem
Sonnensystem. Brown bezeichnete «Planet Nine» sogar als den
«planetigsten aller Planeten im
ganzen Sonnensystem». Seit der
Veröffentlichung Anfang dieses
Jahres sammeln Forschende
weltweit Informationen, um
ihn auf seiner weitläufigen Umlaufbahn zu lokalisieren.
Unter ihnen sind auch Esther
Linder und Christoph Mordasini von der Universität Bern,
die mittels Computermodellen
Neues aus dem Weltall l
Simulierte Struktur des mutmaßlichen neunten Planeten.
© Esther Linder, Christoph Mordasini, Universität Bern
JUNI 2016
m So 05.06. 05:00 Uhr
w So 12.06. 10:10 Uhr
l Mo 20.06. 13:02 Uhr
Mo 27.06. 20:19 Uhr
JULI 2016
m Mo 04.07. 13:01 Uhr
w Di. 12.07.
02:52 Uhr
l Mi. 20.07. 00:57 Uhr
Mi. 27.07. 01:00 Uhr
AUGUST 2016
m Di 02.08.
22:45 Uhr
w Mi 10.08.
20:21 Uhr
l Do 18.08. 11:27 Uhr
Do 25.08. 05:41 Uhr
SEPTEMBER 2016
m Do. 01.09. SOFI
w Fr 09.09.
13:49 Uhr
l Fr 16.09.
MOFI
Fr 23.09. 11:56 Uhr
OKTOBER 2016
m Sa 01.10. 02:12 Uhr
w So 09.10. 06:33 Uhr
l So 16.10. 06:23 Uhr
Sa 22.10. 21:14 Uhr
NOVEMBER 2016
m So 30.10. 18:38 Uhr
w Mo 07.11. 20:51 Uhr
l Mo 14.11. 14:52 Uhr
Mo 21.11. 09:33 Uhr
DEZEMBER 2016
m Di 29.11.
13:18 Uhr
w Mi 07.12.
10:03 Uhr
l Mi 14.12. 01:06 Uhr
w
Seit das Thema Planet 9 aufs
Tapet gebracht wurde, erscheinen in regelmäßigen
Abständen neue Untersuchungen zu der ominösen
Welt. Immerhin basieren die
jüngsten Arbeiten auf einigermaßen soliden Daten, die
Möglichkeit steht also durch-
MONDPHASEN
w
Neue Erkenntnisse
aus im Raum, dass unser
Sonnensystem weit draußen
im Kuipergürtel über einen
weiteren großen Planeten
verfügt, fünf- bis zehnmal
so massereich wie die Erde.
Die aktuellste Arbeit stammt
von Wissenschaftern vom
Harvard-Smithsonian Center
for Astrophysics (CfA) – und
versetzt der Euphorie einen
kleinen Dämpfer. Die Forscher um Gongjie Li spielten
auf Basis der vorhandenen
Daten einige Szenarios durch,
wie ein so großer Planet in
einem hochelliptischen Orbit
mit Distanzen zur Sonne von
400 bis 1500 Astronomischen
Einheiten (AE) landen könnte.
Die AE hat definitionsgemäß eine Länge von exakt
149 597 870 700 Metern und
entspricht etwa dem mittleren Abstand zwischen Erde
und Sonne.
Zum Vergleich: Der Pluto entfernt sich maximal 49 AE von
der Sonne.) Die ersten Ergebnis stellte die Wissenschafter vor ein Rätsel: Die bisher
wahrscheinlichste Varianten,
nämlich dass ein nahe vorbeiziehender Stern den Gasriesen einst aus dem inneren
Sonnensystem nach außen
gezogen hat, stellte sich als
wenig plausibel heraus. Nur
in höchstens zehn Prozent
der durchgerechneten Fälle
wurde Planet Neun von dem
Stern nicht gänzlich unserem
Sonnensystem entrissen.
Den Simulationen zufolge
kommt er der Sonne höchstens 30 Milliarden Kilometer
(der 200-fache Abstand zwischen Sonne und Erde) nahe. Der sonnenfernste Punkt
könnte bis zu 180 Milliarden
Kilometer weit weg sein (die
1200-fache Distanz zwischen
uns und der Sonne). Dementsprechend lange benötigt
er für einen Umlauf. Batygin
und Brown schätzen, dass es
10.000 bis 20.000 Jahre dauert, um einmal die Sonne zu
umkreisen. Aus diesem Grund
ist Planet 9 für die Astrologie wohl kaum von Interesse.
Selbst wenn er gesichtet wird.
Er wird die «AstrologischeHimmelsordnung» nicht ins
Wanken bringen, n
w
Die beiden Berner Astrophysiker vermuten, dass der
mysteriöse Himmelskörper
ein kleiner Eisriese mit einer
Hülle aus Wasserstoff und Helium ist – quasi eine kleinere
Version von Uranus und Neptun. Sein Radius soll 3,7-mal
demjenigen der Erde entsprechen, wie die Universität Bern
mitteilte.
Seine Temperatur liege bei
minus 226 Grad Celsius. Dies
deute darauf hin, dass der Planet selbst Wärme abstrahlt.
Wenn der Planet selbst keine
innere Energie hätte, läge seine Temperatur bei nur minus
263 Grad Celsius, erklärte
Linder. «Denn dann würde die
Strahlung lediglich aus dem
reflektierten Sonnenlicht bestehen».
Dieser innere Energiefluss,
der vom Abkühlen des Planeteninneren herrühre, bedeute
auch, dass der Himmelskörper im Infrarot-Bereich viel
heller strahlt als im sichtbaren
Wellenlängenbereich. Denn
aufgrund seiner grossen Entfernung zur Sonne reflektiert
Planet 9 das Sonnenlicht nur
schwach.
«Aufgrund unserer Studie ist
der neunte Planet jetzt mehr
als bloß ein Massepunkt.
Durch diese physikalischen
Eigenschaften nimmt er Gestalt an», ließ sich Christoph
Mordasini in der Mitteilung
zitieren. Gemäß weiteren Berechnungen der beiden Forschenden hatten bisherige
Himmelsdurchmusterungen
nur eine geringe Chance, ein
Objekt mit weniger als 20 Erdmassen zu entdecken. Einen
Himmelskörper mit mehr als
50 Erdmassen hätte jedoch
die NASA-Sonde Widefield
Infrared Survey Explorer aufspüren müssen. Damit ergebe
sich eine interessante obere
Massegrenze für Planet 9, so
Linder.
Künftige Teleskope wie das
«Large Synoptic Survey Telescope», das derzeit in Chile
gebaut wird oder spezielle
Suchaktionen, werden den
neunten Planeten aufspüren
können, sind die beiden Forschenden überzeugt. Oder seine Existenz ausschließen.
w
Himmelskörper mit Eigenwärme
Mehr als nur ein Massepunkt
w
simulierten, wie sich Planet 9
seit der Geburt des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren
entwickelt haben müsste. Von
ihren Erkenntnissen berichten
sie im Fachjournal «Astronomy & Astrophysics».
w
l
w
Astrolog 211 x 2016
Mi 21.12. 02:56 Uhr
m Do 29.12. 07:53 Uhr
35
Herunterladen