Blitz aus der dunklen Vergangenheit des Kosmos Riesiger

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Ausgabe 4/2009
Blitz aus der dunklen Vergangenheit des Kosmos
Riesiger Saturnring im Infrarot entdeckt
Neubau einer Beobachtungsplattform
Eine ungewöhnliche Führung
Porträt Rudolph Minkowski
Die nächsten Veranstaltungen des AAP:
Weihnachtsfest am 18.Dezember
Jahreshauptversammlung am 15. Januar
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Vorwort des Vorstands
Vorwort des 2. Vorstands
Liebe Vereinskollegen,
das internationale Jahr der Astronomie geht dem
Ende entgegen. Das Medieninteresse war über das
Jahr sicher deutlich größer als in den vergangenen
Jahren. Es kamen deutlich mehr Sendungen, die
sich mit Astronomie und Raumfahrt beschäftigt
haben. Sicher hat der runde Geburtstag der ersten
Mondlandung mit dazu beigetragen, aber auch
über andere Themen wurde fleißig berichtet.
Aber hatte das Jahr auch einen positiven Einfluß
auf uns?
Die Sternwarte auf dem Kepler–Gymnasium hatte
dieses Jahr zum ersten Mal unabhängig vom
Wetter geöffnet, aber bei schlechtem Wetter
kamen auch nicht viele Besucher trotz
Ankündigung in der Zeitung. Beim Astronomietag
hatten wir allerdings sehr viele Besucher bei
unserem Vortragsabend, die sich ein bisschen über
Astronomie erzählen lassen wollten und die
Resonanz war sehr positiv. Also ingesamt ein
kleines Plus vielleicht.
In Bieselsberg spielte leider oft das Wetter nicht
mit. Aber in der Ferienzeit im August hatten wir
wirklich Rekordbesucherzahlen! Ohne besondere
Ereignisse am Himmel waren es über 60 bzw.
über 40 Besucher, das kann sich wirklich sehen
lassen und übertrifft die normalen Besucherzahlen
deutlich. Also auch hier ein Plus an
Aufmerksamkeit würde ich sagen.
Und wie war das Jahr für den Verein? Nach
turbulentem Beginn haben wir die Aufgaben gut
auf viele Schultern verteilt. Die Organisation der
Feste klappte prima und auch die Helfer hatten
ihren Spaß. Auch an der Montierung geht es
weiter und Schritt für Schritt kommen wir dem
Ende näher.
Ein Höhepunkt war für mich aber auf jeden Fall
die Beobachterplattform, die an einigen
Wochenden im Oktober und November
fertiggestellt wurde und nun auf ihren ersten
Einsatz wartet. Einen herzlichen Dank an alle
Helfer (siehe auch den Artikel in diesem Heft).
Ich wünsche mir, dass wir diesen Elan mit in das
nächste Jahr nehmen und hoffe, dass wir mit
diesem Schwung die ausstehenden Projekte in
Bieselsberg vorantreiben können.
Ich wünsche euch allen im Namen des gesamten
Vorstands ein schönes Weihnachtsfest und einen
guten Rutsch ins neue Jahr.
Euer Martin Tischhäuser
Editorial
Liebe Leser,
zum Jahresende können wir hier erfreulicherweise
wieder über ein größeres Projekt des AAP berichten. Der Bau der Beobachtungsplattform an der
Sternwarte in Bieselsberg wurde in recht kurzer
Zeit und noch rechtzeitig vor dem Winter beendet
und diesem Thema widmen wir doch gleich einen
großen Teil dieser Ausgabe.
Unverhofft kommt oft — wie wahr dieser Spruch
doch ist erfährt man in einem Abschnitt, in dem
man es nicht so erwartet hat, dem Führungsbetrieb.
Aber eben auch hier kann man manchmal positive
Überraschungen erleben und das fand ich (auch
da ich selbst dabei war) so klasse, dass es unbe-
dingt ein Artikel werden musste.
Natürlich kommt auch die Wissenschaft nicht zu
kurz und Martin Stuhlinger hat wieder einen schönen Streifzug durch die wissenschaftlichen Artikel
beigesteuert. Vor allem den riesigen Saturnring finde ich persönlich so beeindruckend, dass es sowieso ein Muss gewesen war, darüber zu berichten.
Und nicht zuletzt finden wir auch wieder eine interessante Persönlichkeit porträtiert von Wolfgang
Schatz — auch ein mittlerweile fester Bestandteil
der Ausgabe den ich nicht missen möchte.
Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe
Martin Tischhäuser
Titelbild:
Die fertige Beobachtungsplattform nach mehreren Samstagen Bauzeit (Foto: C. Sollner)
Aus Wissenschaft und Forschung
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Aus Wissenschaft und Forschung
Blitz aus der dunklen Vergangenheit
des Kosmos
Den Astronomen gelingt es, immer tiefer ins All
und damit in die Vergangenheit zu blicken. Jetzt
analysierten sie mithilfe verschiedenster Observatorien weltweit das Signalfeuer, das ein sterbender
Stern vor mehr als 13 Milliarden Jahren hinterließ.
Nie zuvor gelang es, soweit in die Geschichte des
Kosmos zurückzublicken. Das ist die Epoche der
Entstehung der ersten Sterne nach dem Urknall
vor 13,7 Milliarden Jahren, deshalb ist das Nachglühen eines Gammastrahlenbruches aus dem
Dunklen Zeitalter des Universums eine echte Sensation.
Gammastrahlenausbrüche (GRB — nach der englischen Bezeichnung Gamma Ray Burst) wurden in
den 60er Jahren zufällig von Spionagesatelliten entdeckt, die nach nach der Strahlung von Atomwaffentest spähten. Die kurzen Blitze im
Gammastrahlenbereich gehören zum energiereichsten, was das Universum zu bieten hat. Innerhalb weniger Sekunden strahlt ein GRB mehr Energie aus
als unsere Sonne in mehreren Milliarden Jahren.
Es gibt zwei Typen dieser gewaltigen Energieausbrüche, zum einen die ultrakurzen, die bis zu zwei
Sekunden dauern und zum anderen die langen Gammablitze, die meist bis zu zwanzig Sekunden dauern (manchmal auch bis zu einigen Minuten) und
zu denen auch der neu entdeckte GRB 090423 gehört. Nach den Modellen der Astrophysiker entstehen diese Blitze beim Kollaps eines massereichen
Sterns am Ende seines Lebens: Es wird ein zweiseitiger Jet, vermutlich entlang der Rotationsachse
des Sterns, ausgestoßen, der auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wird, sobald er die äußeren
Schichten der Sternhülle durchstoßen hat. Die Gammastrahlung entsteht vermutlich durch interne Zusammenstöße von schnelleren mit langsameren
Schockwellen innerhalb dieses Jets. Die Reste des
kollabierenden Sterns stürzen dann zu einem
Schwarzen Loch zusammen. Aber nicht jeder sterbende Stern erzeugt einen Gammablitz, sondern
nur einer aus etwa einer Million. Deshalb dürften
jene Sterne, die solche Blitze erzeugen, in einer ihrer Eigenschaften etwas Besonderes darstellen.
In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature stellen zwei Teams mit insgesamt
mehr als 100 beteiligten Forschern nun den bislang ältesten Gammastrahlenausbruch vor. Am 23
April 2009 entdeckte der NASA–Satellit Swift im
Sternbild Löwe einen Gammablitz, der zehn Sekunden dauerte und nach dem Datum seiner Sichtung die Bezeichnung GRB 090423 erhielt.
Schnell erreichte die Meldung die erdgebundenen
Teleskope, und schon nach 20 Minuten war das
United Kingdom Infra–Red Telescope (UKIRT)
auf Hawaii auf die Position des Blitzes am Himmel ausgerichtet, es folgten andere Observatorien
überall auf der Welt vom Very Large Telescope
der ESO (VLT) in Chile bis zum Telescopio Nazionale Galileo (TNG) auf der Kanareninsel La Palma.
Die
Zusammenarbeit
verschiedener
Wissenschaftlergruppen von Institutionen aus der
ganzen Welt ermöglichte die Bobachtung des
Nachleuchtens des Blitzes auf allen Wellenlängen,
also in den Bereichen der Röntgen-, der ultravioletten, der optischen, der infraroten und der Radiostrahlung.
Die Analyse der Rotverschiebung, der Verzerrung
der Strahlung durch die Expansion des Universums, ergab einen Wert von 8,1 bzw. 8,2 das bedeutet, dass das Licht von GRB 090423 mehr als
13 Milliarden Jahre brauchte, um bei uns einzutreffen. Die Supernova des Sterns, die diesen Gammablitz erzeugte, fand nur 630 Millionen Jahren nach
dem Urknall statt, im Dunklen Zeitalter, als das
Der rote Punkt in der Mitte dieser Aufnahme des
Nachthimmels zeigt GRB 090423, die umliegenden
Sterne und Galaxien sind viel jünger.
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Universum gerade mal 4,5 Prozent seines heutigen
Alters erreicht hatte und noch viel kleiner war als
heute.
Die Ergebnisse der Forschergruppen um Nial R.
Tanvir von der University of Leicester und Ruben
Salvaterra von Istituto Nazionale di Astrofisica (INAF) stellen einen neuen Rekord da. Nie zuvor haben Menschen derartig weit in die Tiefen des
Weltalls und zugleich in die Vergangenheit geblickt. Das zuvor älteste kosmische Objekt war eine Galaxie mit einer Rotverschiebung von 6,96,
der älteste Gammastrahlenausbruch GRB 080913
mit einem Wert von 6,7 und damit knapp 200 Millionen Jahre jünger als GRB 090423.
Nial Tanvir hält fest: Mit einer Rotverschiebung
von 8,2 ist dies der am weitesten entfernte Gammastrahlenausbruch, der je beobachtet wurde, und es
ist auch das am weitesten entfernte Objekt, das jemals — wie auch immer — entdeckt wurde. Diese
Entdeckung zeigt die Wichtigkeit der Gammastrahlenausbrüche für die Untersuchung des am weitesten entfernten Teils des Universums. Sicher
werden künftig sogar noch weiter entfernte Ausbrüche in der Zukunft gefunden, die ein Fenster zum
Studium der allerersten Sterne und das ultimative
Ende des Dunklen Zeitalters im Universum öffnen.
Wieder einmal ein neuer Rekord durch die jüngste
Generation von Teleskopen, die sich als Zeitmaschi-
Aus Wissenschaft und Forschung
nen erwiesen, die zunehmend einen Einblick in
die früheste Epoche des Universums ermöglichen.
Die Analyse der gewonnen Daten von
GRB 090423 zeigt, dass der sterbende Stern, der
diesen Ausbruch verursachte, zwar in die Frühzeit
der Sternenentstehung im Universum gehört, aber
nicht zur allerersten Generation der Sterne. Schwere Elemente wie Kohlenstoff, Stickstoff oder Sauerstoff bildeten sich erst in den Sternen.
Der Stern, der GRB 090423 erzeugte, gehört nach
Meinung der beteiligten Forscher wahrscheinlich
bereits zur zweiten Generation der stellaren Ahnen, seine Supernova reicherte die Umgebung mit
einem höheren Metallgehalt an und schuf so die
Voraussetzung für Sterne der dritten Generation
wie unsere Sonne. Unser Sonnensystem, die Planeten, die Erde und nicht zuletzt wir selbst bestehen
aus Sternenstaub, aus Materie, die mehrfach den
Kreislauf vom werden und Vergeben der Sterne
durchlaufen hat.
Die Kosmologie hat immer mehr Möglichkeiten,
immer weiter ins All und damit zurück in die Vergangenheit zu blicken. Durch die Erkenntnisse
über die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien gewinnen wir Basiswissen über die grundsätzliche Beschaffenheit des Universums.
(ms)
Nach dem Urknall
erkaltete das
Universum schnell,
während es sich
ausdehnte. Nach etwa
400.000 Jahren
formten sich aus
freien Elektronen und
Protonen erste
neutrale Atome und
im folgenden Dunklen
Zeitalter des Kosmos
erste Sterne und
Galaxien.
Aus Wissenschaft und Forschung
Verräterische Infrarotsignale —
NASA–Teleskop entdeckt riesigen Saturnring
Schon lange hat der Saturnmond Iapetus Astronomen ratlos gemacht. Er hat eine sehr helle und eine sehr dunkle Seite und sieht damit aus wie ein
kosmisches Yin–und–Yang–Symbol. Irgendwie, so
vermuteten die Forscher, könnte ein weiterer Begleiter des Planeten, Phoebe, an den auffälligen Verfärbungen Schuld sein. Das NASA–Weltraumteleskop Spitzer hat diese Frage nun geklärt und dabei noch eine weitere Entdeckung gemacht: Der Saturn wird von einem riesigen Ring aus Eis und
Staub umkreist, der bislang unbekannt war.
Bekanntgegeben wurde die Entdeckung vom Jet
Propulsion Laboratory (JPL), das am California Institute of Technology in Pasadena im Auftrag der
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NASA zahlreiche Raumsonden betreut. Auch auf
der Webseite des Fachmagazins Nature werden
die Erkenntnisse veröffentlicht. Der Ring reflektiert nur wenig sichtbares Licht. Im Infrarotbereich konnte Spitzer das Phänomen aber gut
beobachten. Der Ring ist mit 80 Kelvin, also etwa
minus 193 Grad Celsius, zwar extrem kalt, trotzdem emittiert er geringe Mengen an Wärmestrahlung.
Bisher habe sich niemand diese Gegend um den
Saturn mit einem Infrarotteleskop angesehen, sagte JPL-Sprecherin Whitney Clavin. Das im Jahr
2003 gestartete Spitzer–Teleskop kreist rund hundert Millionen Kilometer von der Erde entfernt
um die Sonne. Die Forscher um Anne Verbiscer
von der University of Virginia in Charlottesville
nutzten bei ihren Beobachtungen das Multiband
Imaging Photometer, sein Messgerät für langwelligere Infrarotstrahlung.
Die Materialdichte in dem neuentdeckten Ring ist
Gigantische Dimensionen: Der Ring sei so riesig, dass die Erde etwa eine Milliarde Mal hineinpassen
würde. Von der Erde aus würde er uns doppelt so groß erscheinen wie der Vollmond.
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Aus Wissenschaft und Forschung
sehr niedrig. Die Partikel sind so
weit voneinander entfernt, dass
man den Ring noch nicht einmal
bemerken würden, wenn man sich
direkt darin befände. Das Ringmaterial beginnt in knapp sechs Millionen Kilometern Entfernung
von der Saturnoberfläche und
dehnt sich bis zum Abstand von
zwölf Millionen Kilometern aus.
Gegenüber den anderen Saturnringen ist das neuentdeckte Exemplar um 27 Grad geneigt.
Bisher haben Astronomen sieben
Ringe mit Buchstaben bezeichnet.
Dazu kommen mehrere kleinere
Ringe ohne Bezeichnung. Während die inneren Ringe mit zumeist wenigen hundert Metern
extrem dünn sind, ist der neue unNeuentdeckter Saturnring (künstlerische Darstellung): Weit
gefähr 20–mal so hoch wie der
außerhalb des bisher betrachteten Ringsystems
Planet selbst. Der Ring ist so riesig, dass die Erde etwa eine Milliarde Mal hineinpassen würde, erklärte das JPL. Wäre der
Ring von der Erde sichtbar, so vermelden sie
stolz, dann würde er uns doppelt so groß erscheinen wie der Vollmond.
Der neue Ring liegt damit weit außerhalb des
bisher betrachteten Ringsystems. Sein Material soll vom Mond Phoebe stammen. Dort
könnte es zum Beispiel bei Kometeneinschlägen freiwerden. Verbiscer zeigt das mit numerischen Simulationen. Der kosmische Reifen
kreist in derselben Richtung um den Saturn
wie Phoebe. Im Gegensatz dazu drehen sich
Iapetus und die anderen Ringe in die andere
Richtung. Die Forscher gehen davon aus, dass
sich dunkles und staubiges Material vom weit
außen gelegenen Ring nach innen bewegen
könnte, um dort auf Iapetus zu treffen. Das
würde die Erklärung für die Verfärbungen liefern.
Saturnmond Iapetus: Schon lange hat der
(ms)
Himmelskörper Astronomen ratlos gemacht. Er hat eine
sehr helle und eine sehr dunkle Seite und sieht damit aus
wie ein kosmisches Yin–und–Yang–Symbol. Forscher
gehen davon aus, dass sich dunkles und staubiges
Material aus dem neu entdeckten Staurnring nach innen
bewegen könnte, um dort auf Iapetus zu treffen. Das
würde die Erklärung für die Verfärbungen liefern.
Aus Wissenschaft und Forschung
Werde Marsmensch — NASA sucht
Hobby–Astronomen für Marsforschung
Anflug auf den Roten Planeten. Einen Klick später
ist man gelandet. Ah, so sieht es also aus auf dem
Mars! Die Station befindet sich am Boden eines
nicht besonders tiefen Kraters. Panoramafenster geben den Blick auf die beinahe freundlich anmutende Umgebung frei. Ein paar Gesteinsbrocken
liegen auf dem ansonsten verblüffend ebenen Kraterboden, in der Ferne steigen Wände aus geschichtetem Gestein auf. Eingerahmt von ein paar bunten
Fahnen warten in der Station vier Kollegen auf
Neuankömmlinge. Sie wirken, als wären sie einer
Star Trek–Folge entsprungen.
So sieht es aus, wenn man sich auf der gerade gestarteten Webseite Be A Martian! (Werde zum Marsmenschen!) umsieht. Mit ihr wirbt die
US-Weltraumbehörde NASA um Begeisterung für
zukünftige Marsmissionen und stellt ihren Wissenschaftlern gleichzeitig ein paar helfende Hände
von interessierten Laien zur Verfügung. Es geht darum, die von den Marsrobotern zur Erde strömende
Bilderflut spielerisch zu organisieren. Weltweit
kann jeder die Bemühungen der Planetenforscher
aktiv unterstützen.
Das Prinzip des sogenannten ,,Crowdsourcings"
ist bekannt und wird auch von Weltraumforschern
gern genutzt, zum Beispiel im Projekt Galaxy Zoo.
Dabei können Freiwillige Bilder von Galaxien klassifizieren und katalogisieren. Die Idee dahinter ist
simpel: Menschlicher Verstand kann die Fotos besser auswerten als jedes Computerprogramm, so jedenfalls
die
Annahme.
Rund
200.000
Astronomiefans machen mit bei Galaxy Zoo und
bewältigen so einen Berg an Arbeit, den professionelle Astronomen allein gar nicht schaffen könnten. Zuweilen gelangt einer der Hilfsastronomen
dabei zu Ruhm: Die niederländische Lehrerin Hanny van Arkel fand in den Aufnahmen sogar eine
bis dahin unbekannte Klasse von Himmelskörpern.
Nun soll das Prinzip der Schwarmintelligenz auch
beim Mars zur Anwendung kommen und ist
PR–Coup zugleich: Man hofft durch einen extrem
spielerischen Ansatz, die Weltraumbegeisterung in
der US–Bevölkerung zu steigern. Bei der Anmeldung zu Be a Martian! muss man zum Beispiel
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einen Roboter wählen, der einen in der Marswelt
vertritt. Unter anderem stehen Kolibri, Kamel und
Känguru zur Auswahl. Nach Hardcore–Wissenschaft klingt das nicht, wohl aber nach einer Menge Spaß.
Später dann können angemeldete Benutzer an der
Entstehung besserer Marslandkarten mitarbeiten.
Dazu müssen sie mit der Maus briefmarkengroße
und vergleichsweise detailgenaue Aufnahmen auf
einer großen, deutlich gröber aufgelösten Übersichtskarte positionieren. Was zunächst einfach
klingt, entpuppt sich in der Praxis als durchaus
kniffelige Aufgabe, für die man Beobachtungsgabe und vor allem Ruhe braucht.
Dann vielleicht doch lieber Krater zählen. Das
hilft den Forschern zu verstehen, wie sich die
Oberfläche des Mars mit der Zeit verändert. Weil
es so viele Krater gibt, war das bisher nicht immer
einfach. Mit Spielpunkten, die ihrem Roboter–Avatar gutgeschrieben werden, sollen die Teilnehmer nun zu Höchstleistungen angestachelt
werden. Mit der Maus gilt es, Krater auf den Fotos
einzukreisen.
In anderen Bereichen des Angebots können Nutzer auch Fragen an die NASA–Forscher stellen.
Die wiederum sollen sich mit Online–Präsentationen zu den Geheimnissen des Mars an ihre motivierten Hilfskräfte wenden und einen Teil der
eingegangenen Fragen beantworten.
Die Web–Offensive der US–Weltraumbehörde ergibt Sinn: Mit der publikumswirksamen Präsentation der bisher gewonnenen Erkenntnisse kann man
leichter kaschieren, dass vom Roten Planeten aktuell nicht nur gute Nachrichten kommen. So hat
sich das Roboterfahrzeug Spirit im Sand festgefahren. Es ist ungewiss, ob NASA–Techniker den fahrenden
Forschungsveteranen
wieder
frei
bekommen. Gleichzeitig wird das neue Marsmobil
Curiosity (früher: Mars Science Laboratory) nicht
vor Herbst 2011 starten. Und ob jemals Menschen
zum Mars fliegen werden, ist auch längst noch
nicht klar.
(ms)
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Sternwarte Bieselsberg
Sternwarte Bieselsberg
Beobachtungsplattform
Manch einer wird sich noch an die Jahreshauptversammlung erinnern, aber vielleicht eher an den
schwierigeren Teil der Vorstandsfindung als an die
anderen Diskussionen, die wir dort geführt hatten.
Eine davon war die Anregung von Werner Löffler,
eine Beobachtungsplattform an der Sternwarte zu
bauen, damit man dort besser mit den eigenen Teleskopen beobachten kann.
Dieser Vorschlag fand schnell allgemeine Zustimmung und man beschloss, das auch baldmöglichst
in Angriff zu nehmen. Werner erklärte sich auch
gleich bereit, die Koordination zu übernehmen und
fand schnell einige Mitstreiter, die ihn tatkräftig unterstützen wollten, sobald es an die Umsetzung
geht.
Im Sommer begann das Projekt dann langsam Formen anzunehmen. Zuerst war es die Form eines im
Gras ausgelegten Vierecks, das den zukünfigen
Standort der Plattform zwischen dem Sternenbänkle und der Kuppel in etwa markierte und zur besseren Sichtbarkeit mit dem Rasenmäher traktiert
wurde. Der Platz vor der Kuppel wurde gewählt,
damit die transportablen Geräte freie Sicht nach
Süden haben, nicht lange durch unser Gelände
transportiert werden müssen und der vorhandene
freie Platz auf unserem Gelände nicht unötig eingeschränkt wird. Das Resultat der Mähaktion
konnte den Anwesenden immerhin ein zustimmendes Kopfnicken entlocken, so dass es als beschlossen galt, an dieser Stelle die Plattform entstehen
zu lassen.
Auf Grund der Urlaubszeit wurde es dann erst ein-
Der erste Spatenstich — im Hintergrund erkennt
man die rote Markierung des Grubenrandes
Der Planer und Initiator Werner legt
höchstpersönlich Hand an die Platten
Sternwarte Bieselsberg
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Die nächste Formwandlung war das
Veredeln der Kiesoberfläche mit Betonplatten, das uns
einen ganzen Nachmittag
beschäftigte
und uns nebenbei
noch erlaubte, die
nicht so gute Parallelisierbarkeit des Verlegens auszunutzen und
die Kuppel etwas von
den Flechten zu befreien. Kurz vor der
Dämmerung war es
dann geschafft: Die
Plattform hatte die
letzte Ausbaustufe so
gut wie erreicht und
sieht richtig gut aus!
Das Verlegen der letzten Platte entlockt jedem der Beteiligten ein zufriedenes Jetzt fehlt nur noch
Lächeln (das beim Fotografen Christian leider mit nicht auf Bild gebannt werden ein bisschen Feinkonnte – im Dunkeln hätte man sein Strahlen auf dem Gesicht aber sicher auch im schliff. Die Ränder
der Plattform werden
Bild erkannt ☺ )
noch etwas befestigt
mal wieder still um das Projekt, bevor es dann im
und hinten auch mit einer kleinen Abflussrinne
Herbst urplötzlich in die nächste Form mutierte:
versehen, damit das Oberflächenwasser von der
ein Loch im Boden! In einer kurzfristig vereinbarWiese oben (leicht abschüssig) besser ablaufen
ten konzertierten Aktion zweier Helden der Arbeit
kann. Desweiteren möchten wir noch eine Windro(Christian Sollner und Werner Löffler) wurde die
se auf der Plattform anbringen und sind gerade daerste Hälfte der Erde (immerhin ca. 6m3) ausgegrabei, Ideen zu sammeln, wie sie aussehen soll und
ben und eine Woche später mit Unterstützung von
wie sie aufgebracht wird.
Bernd Vogt und mir die restliche Hälfte neben der
Im Moment fehlt auch noch die bequeme StromGrube aufgeschichtet. Nun konnte man sich schon
versorgung, die über einen Außenanschluss an der
gut vorstellen, wie viel Platz wir am Ende haben
Kuppel erfolgen soll und durch eine extra Sichewürden. Auch wenn es auf dem Bild klein ausserung im Anbau freigeschaltet werden kann. Das erhen mag wird es bequem vier Geräten Platz bieten.
fordert zwar, dass die Beobachter einen Schlüssel
Sechs Teleskope sollten auch kein Problem sein,
haben um an Strom zu kommen, ist aber in unsewenn nicht jeder der Beobachter mit einem transren Augen besser als abschließbare Steckdosen,
portablen 16–Zöller erscheint...
die ständig unter Strom stehen. Ausserdem sind
Die Samstag-gutes-Wetter-Front blieb uns weiterfür die derzeitigen aktiven Beobachter Leute mit
hin weitgehend treu und ermöglichte uns, die äußerSchlüssel „in Reichweite” (bzw. haben als Funktiliche Kälte durch intensives schaufeln groben
onsträger sowieso einen Schlüssel), so dass dies
Kieses zu vertreiben und diesen dann auch gleich
keine Einschränkung darstellen sollte. Sollte es
durch ausgiebige Behandlung mit einem Rüttler
weiteren Bedarf geben werden wir sicher auch daauf lange Zeit fest im Boden zu verankern. Bei eifür eine gute Lösung finden. Es wäre doch genem weiteren kleinen Einsatz wurde dann auch der
lacht, wenn wir das nicht hinbekommen würden
feine Kies sorgfältig in mehreren Anläufen in eine
und ein Beobachtungsabend daran scheitern würebene Fläche verwandelt und die Grundierung für
de.
die Platten war soweit.
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Sternwarte Bieselsberg
Eine weitere Idee von Werner besteht in einer festen Säule, die irgendwann einmal aufgestellt werden könnte, damit man sich das Mitbringen eines
Stativs sparen kann. Solch eine Betonsäule würde
einfach auf die Plattform gestellt und könnte dann
direkt verwendet werden (evtl. mit einem Adapter
für die Montierung, die man darauf anbringen
möchte).
Tja und dann fehlt eigentlich nur noch eines: Eine
ordentliche Einweihung! Geplant ist, im Frühjahr
eine kleine Einweihungsfeier für die AAP-Mitglieder organisieren, bei der natürlich dann auch beob-
achtet werden soll. Bleiben wir also am Ball! Als
vorläufige Termine haben wir mal den 13. oder
20. März ins Auge gefasst, wobei wir das kurzfristig entscheiden möchten, so dass danach auch
noch beobachtet werden kann. Genaueres werden
wir noch bekannt geben und kurzfristig per EMail
informieren wenn wir wissen, ob das mit dem Wetter klappt. Mitglieder ohne EMail, die ebenfalls
kommen möchten, können sich gerne beim Vorstand melden, so dass sie dann per Telefon statt
EMail informiert werden.
(mt)
Ein ungewöhnlicher Führungsabend
Er stand im Okular wie gemalt.
Das nächste Objekt war dann der Kugelsternhaufen M15 im Pegasus, der auch prachtvoll im Okular stand. Hier probierten wir aus, wieviel
Vergrößerung wir uns erlauben konnten. Letztendlich konnten wir hier problemlos bis zum
6mm–Okular (375-fache Vergrößerung) gehen, ohne dass wir einen großen Einfluß der Luftunruhe
spüren konnten. So langsam wurden wir doch unsicher, ob nicht doch jemand immer wieder vorne
neue Dias in den Tubus einlegt, aber es war kein
Spuk zu sehen ☺
Nun wurden wir immer mutiger und beschlossen,
als nächstes die Galaxie im Bildhauer (NGC253)
einzustellen. Die hatte ich mal vor Urzeiten
schwach gesehen bei nicht idealen Bedingungen
und Kay noch gar nicht. Mit der Aufsuchkarte aus
dem Karkoschka war sie schnell eingestellt und
wirklich ohne Schwierigkeiten zu sehen! Selbst
unser Gast konnte einen schwachen Nebel erkennen. Für uns geübte Beobachter war natürlich deutlich mehr zu sehen. Bei längerem indirekten
Sehen waren die Umrisse und die Ausdehnung
recht sicher zu sehen. So waren wir uns recht einig, wo wir die Grenzen sahen und als ich unseren
Eindruck später mit dem Bild aus dem DSS verglich war klar, dass wir uns nicht getäuscht hatten.
Verglichen mit der Fotografie war unser visueller
Eindruck ähnlich, wobei die Umrisse für uns
etwas mehr nach „links unten” verschoben waren
und natürlich nicht ganz die Ausdehnung der
Fotografie erreichten. Die Verschiebung liegt an
der Asymmetrie der Galaxie, so dass sie eben nach
links unten heller erscheint und deshalb dort auch
visuell besser zu erkennen ist. NGC253 war ein
wirklicher weiterer Höhepunkt des Abends, sollte
aber nicht der letzte gewesen sein!
Ich konnte mich lange nicht entscheiden, wo ich
diesen Beitrag platzieren sollte. Zum einen passierte es an einem ganz gewöhnlichen Abend einer öffentlichen Führung. Zum anderen war der Abend
aber eher etwas, das unter das Thema „Beobachtergruppe“ fällt... Aber was machte diese Besonderheit des Abends aus?
Angefangen hatte alles ganz normal beim ersten
Führungsabend im November. Nach kurzen Telefonaten mit Kay und mehreren unsicheren Blicken
zum Himmel sah es dann doch so aus, als könne eine Führung stattfinden, weil es aufklarte. Kay hatte seine Schwester zu Besuch und so vereinbarten
wir, dass er schon mal Vorhut spielt, ich dann etwas später hinzustossen würde falls das Wetter in
Bieselsberg immer noch gut ist, wenn sie dort
eintreffen und er dann etwas früher wieder nach
Hause gehen kann. Das Wetter hielt und so machte
ich mich kurz vor 20 Uhr auch auf den Weg.
Als ich dann an der Sternwarte eintraf war es merkwürdig still in der Kuppel. Außer den beiden, die
gerade abwechselnd begeistert ins Teleskop blickten war kein einziger Besucher da. Und das, obwohl sonst schon bei kleinen Wolkenlücken die
Leute anrufen und Sterne anschauen wollen.
Aber lange Zeit zum Nachdenken blieb mir nicht,
denn Kay strahlte mir schon entgegen und konnte
seine Begeisterung nicht verbergen. „Es ist super
klar und eine fantastisch ruhige Luft“ schallte es
mir entgegen. Jupiter war das erste Objekt gewesen, dass sie ins Visier genommen hatten. Obwohl
er aber schon recht tief am Himmel stand (nur
knapp 20°) war außer dem unvermeidlichen leichten Farbsaum nichts, was die Beobachtung störte:
Sternwarte Keplergymnasium
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Beobachterin war ein deutlicher
Nebelfleck zu sehen, der eine
signifikante
Steigerung
der
Wahrnehmbarkeit
gegenüber
NGC253 bot und erlaubte, auch die
Form deutlich als elliptisch zu
erkennen.
Nach weiteren Objekten wandten wir
uns zu am Ende noch den Plejaden zu.
Es war wirklich fantastisch, wie sie
im Okular zu sehen waren. Auch die
schwachen Reflexionsnebel um die
hellen Sterne waren gut zu sehen, ein
wirklicher Augenschmaus — kein Vergleich zum Anblick bei der Dezemberführung, da waren echt Welten
dazwischen! So gut hatte ich diese
NGC 253, Anblick wie im Teleskop (Süden oben) —
Nebel bisher nur annähernd mal mit
Die Umrisse waren links unten bis oberhalb des unteren hellen meinem 8–Zöller sehen können.
Sterns verfolgbar und rechts oben konnten wir sie bis rechts der Erst nach 22 Uhr konnten wir uns
beiden helleren Sterne verfolgen. Am hellsten erschien uns der dann langsam vom Teleskop lösen
mittlere Teil der Galaxie, aber etwas mehr Richtung linken
und keiner bereute, dass wir so lange
unteren Endes als Richtung rechten oberen Endes.
geblieben waren, ganz im Gegenteil.
Bild: Sloan Digital Sky Survery (DSS)
Ich glaube, von dieser Nacht werden
wir noch lange träumen und hoffen,
Da Kays Schwester einige der bekannten Objekte
auch noch nicht gesehen hatte war M31 dass wir wieder einmal so eine Gelegenheit beselbstverständlich ein Muss! Auch hier waren für kommen.
(mt)
uns deutlich mehr Details erkennbar als in
„normalen” Nächten. Und für die ungeübte
Führungen
Gegen Jahresende konnten wir endlich auch mal
wieder öffentliche Führungen anbieten, nachdem
das Wetter wenigstens ab und zu mal einen klaren
Abend für uns bereit hielt. Leider war die
Resonanz an den drei Abenden nicht besonders
groß, wobei im November erst kurz vorher
aufklarte und deswegen vermutlich keiner damit
rechnete, dass eine Führung stattfindet. Beim
ersten Mal war das für uns selbst natürlich ein
Glücksfall (siehe vorhergehenden Artikel).
Im Dezember waren wenigstens ein paar Besucher
da, obwohl da das Wetter etwas schlechter war
und dann auch im Laufe des Abends ein paar
Schleierwolken aufkamen, die das Beobachten
sehr erschwerten, so dass wir kurz vor 22 Uhr
auch die Beobachtung beenden mussten.
(mt)
Sternwarte Keplergymnasium
Führungen
Die nächste Führung auf dem Dach des Keplergymnasiums findet am 3. Februar 2010 statt. Um
20 Uhr beginnt der Sternenspaziergang der sich
mit den Objekten des Winterhimmels und dem Planeten Mars befassen wird.
Auch im Jahr 2010 wird jede Führung wieder un-
ter einem bestimmten Thema stehen. Wie immer
findet man die aktuellen Information auf unserer
Internetseite und dann auch als Vorschau wieder
hier in den Astro–News.
Ob die Führungen wie in diesem Jahr
wetterunabhängig immer stattfinden stand bei
Redaktionsschluß noch nicht fest.
(mt)
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Beobachtungsobjekte
Beobachtungsobjekte
Himmelsanblick nach Süden am 1.Januar, 21 Uhr MEZ
Beobachtungsobjekte im Winter
Der Winter hält gleich zwei schöne Planeten für
uns bereit. Am 29. Januar befindet sich Mars in
Opposition und am 22. März Saturn. Mars dreht
seine Schleife im Sternbild Krebs und geht an
Weihnachten schon um 20 Uhr auf. Er wird zwar
nur 14" groß sein, aber bei guter Sicht kann man
auch da schon größere Strukturen erkennen wenn
nicht gerade eine Staubsturm tobt. Saturn weilt im
Sternbild Jungfrau und geht Anfang Februar etwa
um 22 Uhr auf, kann also eher so um Mitternacht
gut beobachtet werden und hat dann aber auch
schon 19" Durchmesser.
Hoch im Zenit sieht man Perseus und den
Fuhrmann ihre Kreise ziehen. Im Fernglas wie im
Teleskop gibt es dort einige interessante Objekte
des Messierkatalogs (M34, M36-38) und natürlich
h+x Per, den Doppelsternhaufen, dessen Pracht
jeden Beobachter in ihren Bann zieht. Ein
schwierigeres, aber auch nettes Objekt ist der
offene Sternhaufen NGC1528, etwa 3 Grad
nördlich des Sterns u Per, der im Fernglas nur
wenige Sterne offenbart und im Fernrohr einige
schwache Sterne mehr zeigt. Mit dem Fernrohr
kann man von dort noch einen kleinen Schwenk
Richtung Westen machen und sich den Gasnebel
NGC1491 anschauen, der um einen 11m hellen
Stern verteilt ist.
Im Sternbild Stier findet man neben den
bekannten Objekten M1 und M45 (Plejaden) auch
ein offener Sternhaufen NGC1647, etwas
nordöstlich
von Aldebaran.
Bei
kleiner
Vergrößerung zeigt er viele Sterne über einen
größeren Bereich verstreut.
(mt)
Verschiedenes
13
Verschiedenes
Rudolph Minkowski (1895–1976)
Rudolf Leo Bernhard Minkowski wurde in Straßburg am 28. Mai 1895 geboren und starb in Berkeley, Kalifornien, am 4. Januar 1976. Er war der
Sohn des Oskar Minkowski, Professor für Pathologie. Rudolf heiratete Luise Amalie David
(1902–1978) in Leipzig, im Jahr 1926. Sie hatten eine Tochter und einen Sohn, Eva und Hermann.
Minkowski besuchte die Schule in Köln, Greifswald und
Breslau. In Breslau fing er
1913 an Physik zu studieren
und plante nach einem Jahr
weitere Studien in Berlin. Diese Pläne zerschlugen sich
durch den Ersten Weltkrieg
1914–1918 in dem er als Soldat diente. Nach dem Krieg
studierte er doch noch in Berlin. Minkowski kehrte nach
Breslau zurück, beendete sein
Physik-Studium und schrieb
1921 seine Doktorarbeit unter
der Leitung von Rudolf Ladenburg. Ein weiteres Jahr
ging er nach Göttingen, zog
1922 nach Hamburg und arbeitete bis1935 an der dortigen Universität. 1926 wurde
er Privatdozent, 1931 Professor. Seine Hauptinteressen lagen im Bereich der Optik und der Spektroskopie. Da er sich seit seiner Jugendzeit für die
Astronomie begeisterte, war Minkowski bald ein
enger Freund Walter Baades. Gemeinsam gingen
sie der Frage nicht identifizierbarer Spektrallinien
(„Nebulium") im großen Orionnebel nach, für die
es auf der Erde keine Entsprechungen gab.
Im August 1926 heiratete Minkowski Luise David
aus Leipzig. Ihr Vater Alfons David war seit 1917
Richter am Gerichtshof. Sofort bei der Machtübernahme Hitlers 1933 wurde er entlassen. Der geforderte „Ariernachweis" war für Rudolf Minkowski,
der selbst jüdischer Abstammung war, nicht zu erbringen und so stand er ebenfalls auf der Entlassungsliste.
Baade, der seit 1931 zum Mt. Wilson-Stab gehörte, beobachtete die Situation seines Freundes in
Hamburg mit Sorge und drängte Minkowski zum
Verlassen des Landes. 1935, in dem Jahr, als das
Nazi-„Blutschandegesetz" proklamiert wurde,
wechselte Rudolf Minkowski mit seiner Familie
in die USA, wo Baade ihm auf dem Mt. Wilson eine Assistentenstelle besorgt hatte.
Minkowskis Arbeit lässt sich in zwei Phasen unterteilen. Vor seiner Auswanderung arbeitete er an
spektroskopische Problemen. In den USA belegte
er eine herausragende Stellung
auf dem Gebiet der Astronomie
und Radioastronomie. Bis 1935
veröffentlichte Minkowski 17
Vorträge und zwei weitere Artikel
über Physik. Seine letzte Veröffentlichung während seiner Zeit
in Hamburg beschrieb die Atomstrahl Methode zur Bestimmung
der Feinstruktur der Spektrallinien (Die Intensitätsverteilung der
im Molekularstrahl erzeugten
Spektrallinien). Dieses Papier
wurde gemeinsam mit H. Bruck
veröffentlicht.
Die enge Zusammenarbeit mit
Walter Baade nach der Emigration von Hamburg nach den USA
führte zu einer sehr schnell wachsenden Zahl von Publikationen.
Dazu gehören weitere Untersuchungen über den Orion-Nebel, systematische Untersuchungen von Supernovae in anderen
Galaxien und Supernova-Überreste in unserer
Milchstraße. Minkowskis Klassifizierung von Supernovae Typ I und Typ II beschrieben ein nützliches Instrument bei der Bestimmung der
Entfernungen im Weltraum.
Minkowski war 1950 auch Entdecker eines Kometen der heute seinen Namen trägt. Er gilt als Pionier in der Radioastronomie, die sich in den 50er
Jahren des letzten Jahrhunderts etablierte. Seine
grundlegenden Untersuchungen haben zur Entdeckung der „Quasare" am Rande des sichtbaren
Universums geführt. Minkowski und Baade haben
am Mt. Wilson– und Mt. Palomar Observatorium
viele gemeinsame Arbeiten veröffentlicht.
Minkowski befasste sich auch mit der Verteilung
der Galaxien im Raum und fand im Jahr 1960 die
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Galaxie mit der damaligen höchsten Rotverschiebung (z=0,48): 3C295. Eine Anekdote erzählt,
dass Minkowski nach der Feststellung der hohen
Rotverschiebung noch in der gleichen Nacht die Fotoplatte entwickelte. Daraufhin schlossen sich seine Kollegen mit ihm und einer Flasche Whiskey in
der Kuppel des 5–Meterspiegels ein und erklärten
den Rest der Nacht für „bedeckt“.
Nach seinem Ausscheiden aus den oben genannten
Observatorien erhielt er eine Einladung aus dem
Radio Astronomical Laboratory in Berkeley. Dort
arbeitete er von 1961 bis 1965 und trat dann zum
zweiten Mal in den Ruhestand. Minkowski war Mit-
Splitter
glied der Royal Astronomical Society, der US National Akademie der Wissenschaften, erhielt die
Bruce Medal der Astronomical Society of the Pacific 1961 und wurde Dr. h.c. in Berkeley im Jahr
1968.
Zu seinen Ehren wurde auch ein Kleinplanet nach
ihm als Rudominkowski (11770) benannt (Kleinplanet 12493 Minkowski wurde nach seinem Onkel Hermann benannt!) und ein Mondkrater trägt
den Namen zu Ehren von ihm und seinem Onkel
Hermann Minkowski (ein deutscher Mathematiker) zusammen.
(ws)
Splitter
Asteroid Apophis — Knapp vorbei?!
Als Asteroid Apophis im Jahr 2004 entdeckt wurde ging er schnell durch die Presse. Die ersten vorläufigen Bahnberechnungen lieferten eine kleine
Wahrscheinlichkeit von 2,7% eines Einschlags auf
der Erde im Jahr 2029. Einige Zeit und viele Messungen später war allerdings ziemlich sicher, dass
er die Erde um etwa 30.000km verfehlen wird.
Allerdings kommt der nur 270m große Brocken bereits 2036 wieder in die Nähe der Erde. Da aber
der Vorbeiflug in 2029 großen Einfluß auf die Annäherung 2036 hat konnte zunächst die Chance auf
Kalifornien lebt über seine
(Wasser–)Verhältnisse
Seit 2002 liefern die beiden Grace (Gravity
Recovery and Climate Experiment) Raumsonden
Informationen über das Schwerefeld der Erde. Sie
werden von der NASA und dem DLR (Deutsches
Zentrum für Luft und Raumfahrt) gemeinsam
betrieben. Die Sonden können feine Unterschiede
des Erdschwerefeldes messen, die hauptsächlich
von den Bewegungen der Wassermassen in der
Erde dem Eis und den Ozeanen entstehen und
liefern so ein Bild des Wasserhaushaltes der Erde.
Kürzlich veröffentlichte Daten über Kalifornien
zeigen nun, dass seit 2003 das dortige Central
Valley und die Berge der angrenzenden Sierra
Nevada als ihr Wasserreservoir so viel Wasser
verloren haben wie der Lake Mead. der Stausee
am Hoover–Damm! Laut NASA entspricht das
1:45.000 beziffert werden, dass er die Erde trifft.
Nachdem aber nun Wissenschaftler des JPL hunderte Aufnahmen vieler Sternwarten ausgewertet
hatten sank die Wahrscheinlichkeit nun auf
1:250.000.
Nun richtet man das Augenmerk auch auf die
nächste nahe Begegnung im Jahr 2068, bei der die
Chancen im Moment bei 1:300.000 auf eine Kollision mit der Erde liegen, aber auch für diese Begegnung geht man davon aus, dass sich die
Wahrscheinlichkeit mit weiteren Beobachtungen
verringert.
(mt)
etwa der Menge Wasser die in 400.000
Olympia–Schwimmbecken passt, eine gigantische
Menge.
Etwa ein sechstel der bewässerten Fläche in den
USA liegt in diesem Gebiet und genau dafür wird
ein Großteil des Wassers auch verbraucht. Diese
Region ist eine der Hauptanbaugebiete für
landwirtschaftliche Produkte in den Vereinigten
Staaten und exportiert viel.
Nun wird man sich dort sicherlich einige
Gedanken machen müssen, wie man diesen Trend
stoppt und die Wasserverteilung besser regelt um
nicht bald in große Probleme bei der Versorgung
zu geraten.
(mt)
15
Termine
Termine
Astronomische Vorschau
20. Dezember Mars stationär, wird rückläufig (Beginn der Oppositionsschleife)
21. Dezember Wintersonnenwende (18.47 MEZ)
26. Dezember Mond: maximale Libration in Breite, Südpol sichtbar
31. Dezember Spätester Sonnenaufgang des Jahres (8.18 MEZ)
31. Dezember
(19.51–20.53 MEZ), maximal 8,2% des Mondes bedeckt
3. Januar
Erde im Perihel (Sonnenentfernung 0.983 AE)
4. Januar
Mond bedeckt Pi Leo (4,7m), Austritt an dunkler Seite (1.48–2.54 MEZ)
7. Januar
Mond: maximale Libration in Breite, Nordpol sichtbar
8. Januar
Mond: maximale Libration in Länge, Ostseite sichtbar
13. Januar
Saturn stationär, wird rückläufig (Beginn der Oppositionsschleife)
15. Januar
Ringförmige Sonnenfinsternis (sichtbar in Mittelafrika, Südindien, China)
22. Januar
Mond: maximale Libration in Breite, Südpol sichtbar
24. Januar
Mond: maximale Libration in Länge, Westseite sichtbar
25. Januar
Mond: Goldener Henkel sichtbar am frühen Abend (Juraberge beleuchtet)
28. Januar
29. Januar
31. Januar
(Delta Gem, 3,5m), Eintritt an dunkler Seite (19.48–20.55 MEZ)
(14,1", -1,3m, Entf. 0.664 AE)
(3,5m), Eintritt an dunkler Seite (5.38-6.33 MEZ)
4. Februar
Mond: maximale Libration in Breite, Nordpol sichtbar
5. Februar
Mond: maximale Libration in Länge, Ostseite sichtbar
11. Februar
Späteste Sonnenkulmination des Jahres (Sonnenuhren gehen 14min nach)
12. Februar
, Abstand knapp 2 Grad (7.06 MEZ)
18. Februar
Mond: maximale Libration in Breite, Südpol sichtbar
24. Februar
Mond: Goldener Henkel sichtbar am frühen Abend (Juraberge beleuchtet)
28. Februar
Mond bedeckt Pi Leo (4,7m), Eintritt an dunkler Seite (0.20–1.28 MEZ)
3. März
Mond: maximale Libration in Breite, Nordpol sichtbar
5. März
Mond: maximale Libration in Länge, Ostseite sichtbar
10. März
Mars stationär wird rechtläufig (Ende der Oppositionsschleife)
17. März
Mond: maximale Libration in Breite, Südpol sichtbar
20. März
Tagundnachtgleiche, Frühlingsbeginn (18.32 MEZ)
21. März
Mond: maximale Libration in Länge, Westseite sichtbar
22. März
(19,6", 0,5m, Entf. 8.5 AE)
25. März
Mond: Goldener Henkel sichtbar am frühen Abend (Juraberge beleuchtet)
27. März
, Eintritt an dunkler Seite (3.07–3.46 MEZ)
30. März
Mond: maximale Libration in Breite, Nordpol sichtbar
Impressum
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Veranstaltungen und Treffen
16. Dezember Beobachterstammtisch im Gasthof Adler, Huchenfeld (20 Uhr)
18. Dezember
13. Januar
im Anbau der Sternwarte in Bieselsberg (ab 20 Uhr)
Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 20 Uhr)
15. Januar
im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld (20 Uhr)
20. Januar
Beobachterstammtisch (20 Uhr)
27. Januar
Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 20 Uhr)
3. Februar
Öffentliche Führung der Volkssternwarte Keplergymnasium (20 Uhr)
5. Februar
Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld —
Vortrag
(20 Uhr)
10. Februar
Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 20 Uhr)
17. Februar
Beobachterstammtisch (20 Uhr)
24. Februar
Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 20 Uhr)
3. März
5. März
Öffentliche Führung der Volkssternwarte Keplergymnasium (20 Uhr)
Monatstreffen des AAP im Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld —
Vortrag? (20 Uhr)
10. März
Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 20 Uhr)
17. März
Beobachterstammtisch (20 Uhr)
24. März
Öffentliche Führung der Sternwarte Nordschwarzwald in Bieselsberg (ab 20 Uhr)
Impressum
Die Astro–News erscheinen quartalsweise in einer Auflage von 150 Exemplaren und dienen zur
Information von Mitgliedern, Freunden und Förderern des Astronomischen Arbeitskreises Pforzheim
1982 e. V. (AAP)
Vereinsanschrift:
Redaktion:
Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e. V.
Martin Tischhäuser
z.Hd. Christian Witzemann
Silcherstraße 7
Franz-Josef-Gall-Straße 37
72218 Wildberg
75233 Tiefenbronn
Bankverbindung: Konto 19 12 100, Sparkasse Pforzheim (BLZ 666 500 85)
Redakteure: Martin Tischhäuser (mt), Martin Stuhlinger (ms), Wolfgang Schatz (ws)
Fotos:
Werner Löffler, Christian Sollner
Auflage:
150 Exemplare
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 20. Februar 2010
Der AAP im Internet:
http://www.aap-pforzheim.de
http://www.sternwarte-bieselsberg.de
http://www.sternwarte-nordschwarzwald.de
© 2009 Astronomischer Arbeitskreis Pforzheim 1982 e. V.
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