FSchP NEU

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Renato Schirer
Die Militarisierung
der Wiener Feuerwehr
im Zweiten Weltkrieg
St. Martin im Innkreis 2012
Von der städtischen Feuerwehr zur Feuerschutzpolizei
Nach der am 13. März 1938 erfolgten Annexion Österreichs blieb die
Rechtslage auf dem Sektor der Feuerwehrwesens vorerst unverändert,
denn in Deutschland stand man damals unmittelbar vor der
Verabschiedung eines neuen Gesetzes über das Feuerlöschwesen, welches
dann auch am 23. November 1938 in Kraft trat. Dieses Gesetz konnte
jedoch für die „Ostmark“ vorerst nicht zur Anwendung kommen, da hier
noch die entsprechenden verwaltungsmäßigen Voraussetzungen fehlten.
Erst nach einer Inkraftsetzung der reichsdeutschen Gemeindeordnung und
des deutschen Polizeibeamtengesetzes sollte es dann auch im Land
Österreich zu einer Neuordnung kommen. Doch noch vorher, am 13.
November 1938, gab es eine einschneidende Änderung in der Wiener
Feuerwehrorganisation, als die Freiwilligen Feuerwehren von 97
niederösterreichischen Ortschaften, welche man am 15. Oktober an den
Gau Wien angegliedert hatte, der Aufsicht der Wiener Berufsfeuerwehr
unterstellt wurden.1
Wohl bereits im Rahmen der Kriegsvorbereitungen verlangte der
Innenminister am 3. Juni 1939, unter der Berufung auf die eminente
Bedeutung des Feuerlöschwesens für den Luftschutz, eine rasche
Einbeziehung der Ostmark in den Geltungsbereich des Reichsgesetzes vom
23. November 1938. Eine diesbezügliche Verordnung sollte, so lautete die
Forderung der Berliner Zentralstelle, bis spätestens 1. Juli 1939 erlassen
werden.2 Dieser Wunschtermin des Innenministeriums konnte allerdings
nicht eingehalten werden und das Gesetz über das Feuerlöschwesen
wurde für die Ostmark erst einen Monat nach Kriegsbeginn in Kraft gesetzt.3
Mit der Angleichung an die deutsche Rechtslage ergab sich auch der
Zwang, die drei Berufsfeuerwehren in der Ostmark, die es in den Städten
Wien, Graz und Innsbruck gab, in die Organisationsform der
„Feuerschutzpolizei“ überzuleiten.
Diese Umstellung auf die im Reich übliche Form der Berufsfeuerwehr fand
bei den zuständigen Dienststellen in der Ostmark überwiegende
Zustimmung, nur in Wien gab es seitens der Gemeindeverwaltung
Widerstand.
Denn
für
Wien
galt damals
noch
immer die
Feuerpolizeiordnung der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien vom 19.
1
Neben den Freiwilligen Wehren wurden auch 15 Werksfeuerwehren der Berufsfeuerwehr
in fachlicher Hinsicht unterstellt.
2 ÖStA-AdR, BMH, Allgemeine Akten, Karton 394. Ministerium für Wirtschaft und Arbeit,
Zl.:118518-V/4a/39 vom 22. Juni 1939 und Fernschreiben des Reichsministerium des Inneren
Berlin (in der Folge zitiert als: RdI) Nr. 94 vom 3.6.1939.
3 Das Gesetz über das Feuerlöschwesen vom 23.11.1938 (RGBl. I, S. 1662) bestimmte im III.
Abschnitt § 8 (2): „Die Inkraftsetzung dieses Gesetzes für das Land Österreich und für die
sudetendeutschen Gebiete bleibt vorbehalten“. Das Gesetz wurde dann mit Stichtag
1.10.1939, mittels Verordnung vom 19.9.1939, auch für die Ostmark und das Sudetenland in
Kraft gesetzt.
2
März 1892 und nach dieser Verordnung gehörte die Feuerpolizei zur Gänze
in den selbstständigen Wirkungskreis des Magistrats. Da die Stadtverwaltung
diesen Status nicht aufgeben wollte, unternahm man alles um die Wiener
Feuerwehr in der bisherigen Form zu erhalten. Doch diese Bemühungen um
eine entsprechende Ausnahmegenehmigung blieben ohne Erfolg.4
Stahlhelm der Feuerschutzpolizei.
Dienstanzug eines Oberstleutnants der Feuerschutzpolizei (US-Army, Sammlung Schirer).
Allerdings sollten noch fast eineinhalb Jahre vergehen, bis auch in Wien die
im Deutschen Reich übliche Organisationsform bei den Berufsfeuerwehren
voll zum Tragen kam. Denn erst am 4. Februar 1941 verfügte der
Reichsminister des Inneren die Überführung der Wiener Berufsfeuerwehr in
die Organisationsform der Feuerschutzpolizei. Damit verbunden war ein
vorläufiger Organisationsplan der Planstellen für 28 Offiziere, 1292
Feuerwehrmänner, 22 Zivilbeamte und 16 Angestellte vorsah.5 Der bisherige
Oberbranddirektor Bernaschek wurde zeitgleich zum Oberst der
Feuerschutzpolizei ernannt. Der Rang eines Oberst war allerdings eine
bittere Pille, hatte man in Wien doch stark damit gerechnet, dass der
Kommandeur der Feuerschutzpolizei, so wie in der Reichshauptstadt Berlin,
eine Generalscharge bekommen würde. Doch dem war nicht so und die
Enttäuschung entsprechend groß.
4 ÖStA-AdR, BMH, Allgemeine Akten, Karton 394. Ministerium für innere und kulturelle
Angelegenheiten, Abteilung I, Zl.:158.655-I/39 vom 24.7.1939.
5 ÖStA-AdR, RStH. Wien, Ia Pol, Ordner 1253. Vorläufiger Stellenplan vom 4.2.1941.
3
Ab diesem Zeitpunkt unterstand die Wiener Feuerwehr dem
Innenministerium, genauer gesagt dem Reichsführer SS und Chef der
Deutschen Polizei, Heinrich Himmler. Damit waren alle Feuerwehrmänner
über Nacht zu Polizeivollzugsbeamten geworden.6 Die Verteilung der
Zuständigkeiten war mehr als undurchsichtig, denn neben der
Gemeindeverwaltung kam nun auch die Reichsstatthalterei in Wien, als
Organ des Reichsstatthalters und Gauleiters, ins Spiel. Und als Mittelinstanz
zu Himmlers Behörde trat nun eine Dienststelle mit dem pompösen Titel
eines „Höheren SS- und Polizeiführers bei den Reichsstatthaltern in Wien, in
Ober- und Niederdonau im Wehrkreis XVII – Der Inspekteur der
Ordnungspolizei“ auf den Plan. Am 15. November 1941 war die
vorgesehene
Organisationsform
der
Feuerschutzpolizei
in
Wien
eingenommen und die Gebietseinteilung der Feuerwehr wurde jener der
Schutzpolizei angeglichen.7
Analog zur Polizei gab es nun auch bei der Feuerwehr vier
Gruppenkommandos und anstelle der in der Vergangenheit bewährten
Aufteilung des Stadtgebietes in sieben Feuerschutzsektionen gab es nun
vier Gruppenbereiche mit 17 Feuerschutzpolizei-Abschnitten. Als
Mittelinstanz unterstanden dem Kommando der Feuerschutzpolizei nun die
Gruppenkommandos Mitte, Ost, Süd und West. Im Einzelnen hatte man
folgende
Gliederung
eingenommen:
Dem
FeuerschutzpolizeiGruppenkommando Mitte nachgeordnet waren die FeuerschutzpolizeiAbschnittskommandos I bis V, mit insgesamt sieben FeuerschutzpolizeiWachen. Zur Gruppe Süd gehörten die Abschnitte VI bis IX, mit acht
Feuerschutzpolizei-Wachen, wozu dann noch fünf Züge und 55 Gruppen
der Freiwilligen Feuerwehr kamen.
Die Gruppe West umfasste die Abschnitte X bis XIII, mit zwölf Feuerwachen
und einem Zug und neun Gruppen der Freiwilligen Feuerwehr. Im Bereich
des Gruppenkommandos Ost lagen die Abschnitte XIV bis XVII, mit neun
Wachen der Feuerschutzpolizei und 26 Gruppen der Freiwilligen Feuerwehr.
Das entsprechend der Planung vorgesehene Abschnittskommando
„Winterhafen“ kam vorerst nicht zur Aufstellung und dessen Aufgaben sollte
6
An der Spitze der Hierarchie stand nun Heinrich Himmler als Reichsführer SS und Chef der
Deutschen Polizei. Dieser bediente sich des Hauptamtes der Ordnungspolizei, wo im
Kommando-Amt die Abteilung F, mit den Unterabteilungen F1, F2, F3, F4 und F4 (V), für das
Feuerwehrwesen zuständig war. Zusätzlich gab es zwei Generalinspekteure des
Feuerlöschwesens, die dem Chef der Ordnungspolizei direkt unterstellt waren. Für die
Feuerschutzpolizei und die Freiwilligen Feuerwehren war Generalmajor der Polizei Hans
Rumpf zuständig. Generalleutnant der Polizei Dr. Ing. Johannes Meyer betreute die
Bereiche Feuerwehrschulen, Werksfeuerwehr und Brandschau.
7 Am 1.4.1941 hatte die Wiener Feuerwehr 6 Hauptfeuerwachen, 27 Feuerwachen und 107
Rüsthäuser der Freiwilligen Feuerwehr in Benützung. Gemäß der deutschen Organisation
wurden die Hauptfeuerwachen in Zugswachen und die Feuerwachen in Gruppenwachen
umbenannt.
4
bis zur Realisierung des geplanten Großhafens von der Gruppenwache
Winterhafen wahrgenommen werden.8
Der Personalstand der Wiener Feuerwehr hatte sich seit dem Anschluss
kaum verändert, wobei man für die Jahre 1938 bis 1940 von einem Soll von
1100 Feuerwehrmänner ausging.9 Zur Jahreswende 1938/39 hatte die
Wiener Feuerwehr einen Personalstand von 1120 Mann, der sich dann bis
zum 1. April 1940 geringfügig, auf 1165, erhöht hatte. Auf dieser Höhe blieb
der Personalstand bis zur Einnahme der neuen Organisation im ersten
Viertel des Jahres 1941.10 Eine Folge dieser Neugliederung war, dass sich
der Sollstand der Wiener Feuerwehr von bisher 1100 auf 1321 Mann
erhöhte. Demnach fehlten der Wiener Feuerwehr zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des neuen Organisationsschemas 209 Beamte.11 Diese
Fehlstellen konnten in Folge des kriegsbedingten Arbeitskräftemangels nicht
besetzt werden. Im Gegenteil, die Iststärke verringerte sich auch in den
folgenden Jahre ständig weiter, durch die erfolgten Einberufungen zum
Militärdienst und zu den Fronteinheiten der Polizei.
Zusätzlich erfolgten ab 1941 laufend Abstellungen von Feuerwehrmännern
in
das
luftgefährdete
westliche
Reichsgebiet,
welche
die
Einsatzbereitschaft der Feuerwehr weiter reduzierte. Besonders davon
betroffen waren Offiziere, Bezirksoffiziere und jüngere Feuerwehrmänner. So
musste Wien vor allem Personal zur 3. Bereitschaft der LS-Abteilung (mot.)
der Luftwaffe 41 und zum Feuerschutzpolizei-Regiment Sachsen abgeben.12
Die in den ersten Kriegsjahren gesetzten Personalvorsorgen für die
Feuerschutzpolizei, die als Kerntruppe der Luftschutzorganisation galt,
waren mehr als bescheiden. So hatte man am 10. Jänner 1941 mit der
Ausbildung von 30 Polizei-Reservisten für die Feuerschutzpolizei,
begonnen.13 Allein die Größenordnung dieser Vorsorgemaßnahme lässt
mehr als deutlich erkennen, dass niemand mit jenen Dimensionen
rechnete, welche der Luftkrieg in den kommenden Jahren annehmen
sollte.
8
ÖStA-AdR, RStH. Wien. Kommandobefehl Nr. 4/II-1941. Übersicht über die Zugehörigkeit
der Wachen der Feuerschutzpolizei und der Freiwilligen Feuerwehr zu den Gruppen und
Abschnitten.
9 Der höchste Stand wurde mit 1086 Gemeindebediensteten (ohne den „akademischen“
Feuerwehroffizieren) erreicht. Davon gehörten 73 zu den höheren Mannschaftchargen,
welche später dann als Bezirksoffiziere bezeichnet wurden. Weitere 493 Männer zählten zu
den Chargendienstgraden und 520 zur Kategorie der Feuerwehrmänner.
10 So waren am 1.10.1940 1162 Feuerwehrmänner im Dienst.
11 ÖStA-AdR, RStH. Wien, Ordner 1088. Ia SPol. 1804-1182/2/41 vom 20.10.1941; Schreiben
an den Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei (in der Folge zitiert als:
RFSSuChdDtPol) vom 18.10.1941.
12 Die 3. Bereitschaft der LS-Abt. (mot.) der Luftwaffe 41 war im Sommer 1942 aus den in
Wien aufgestellten mobilen Einheiten des Sicherheits- und Hilfsdienstes (SHD) gebildet
worden.
13 ÖStA-AdR, RStH. Wien, Ordner 1088. RdI O.- Kdo. I RV Nr.: 43/41 vom 10.1.41.
5
Auch bei den Freiwilligen Feuerwehren gab es gravierende Änderungen.
Die Feuerwehrvereine und -verbände wurden aufgelöst und die Freiwilligen
Wehren als „Hilfspolizeitruppe“ der Gemeindeverwaltung zugeordnet.14
Schon unmittelbar nach dem Anschluss wurde die Umstellung auf deutsche
Normen vorangetrieben und das deutsche Exerzierreglement sowie die
reichsdeutschen Befehle eingeführt. Nun setzte man auf die genormten
deutschen Feuerwehrfahrzeuge und damit auf die Löschgruppe in der
Stärke von 1 zu 8. In Wien hatte man das ehrgeizige Ziel, als erste
Berufsfeuerwehr im Deutschen Reich, die neuen Vorgaben für eine
einheitliche Feuerwehrausrüstung entsprechend der Norm zu erfüllen und
den Betrieb im Sinne der neu erstellten Dienstvorschriften zu organisieren.15
Ein besonders trauriges Kapitel war die Entlassung der den Rassegesetzen
nicht konformen Feuerwehrangehörigen. So hatte man, sofort nach dem
Anschluss, einen Offizier und 10 Mannschaftsangehörige aus „rassischen
Gründen“ entlassen.16 Parallel dazu kam es auch in größeren Umfang zu
einem Austausch in den Führungsfunktionen, wo nun immer mehr
Parteigenossen auftauchten. Den Abschluss dieser Umfärbung machte am
26. November 1938 die Ernennung des 1936 wegen seiner
nationalsozialistischen Tätigkeit in den Ruhestand versetzten Oberrats der
Feuerwehr, Dipl. Ing. Paul Bernaschek, zum Branddirektor und Leiter der
Wiener Feuerwehr.17
Eine der ersten organisatorischen Maßnahmen im Rahmen der
Kriegsvorbereitungen war die Etablierung eines Luftschutzstabes beim
Kommando
der
Schutzpolizei,
welcher
auch
mit
erfahrenen
Feuerwehroffizieren beschickt wurde. Gleichzeitig wurde bei der Feuerwehr
die Ausbildung im Gasspüren und Entgiften eingeführt und nach
Kriegsbeginn wurden die Feuerwehroffiziere dann in größerem Umfang an
der zur Luftwaffe gehörenden Reichsanstalt für Luftschutz in der Gasabwehr
geschult. Mit dem Kriegsbeginn richtete man ein besonderes Augenmerk
auf die zahlreichen kriegswichtigen mineralölverarbeitenden Betriebe im
Stadtbereich, besonders wegen der in diesen Anlagen vorhandenen
Brandgefahr.18 Aber erst zu Anfang des Jahres 1941 rechnete man auch
mit der Möglichkeit eines überraschenden Fliegerangriffs und erteilte
diesbezügliche Weisungen an die Wiener Feuerschutzpolizei.19
14
Peter Csendes, Ferdinand Opll (Hg.), Die Stadt Wien, Wien 1999, 368.
ÖStA-AdR. RStH. Wien, Ia S Pol. 1806/1201/43. Lebenslauf von Dipl. Ing. Paul Bernaschek.
16 WStLA, M. Abt. 121, Sch. A11/5, Unterlagen zu den Verwaltungsbericht 1944/45.
17 Ebd.
18 ÖStA-AdR. RStH. Wien. Kommandobefehl Nr. 4/II vom 29.5.1941. Das traf in Wien auf
folgende Unternehmen zu: Benzol-Verband, Shell-Floridsdorf, Deutsch-Amerikanische
Petroleum Gesellschaft, Steaua-Romana, Montan-Union, Österreichische EisenbahnVerkehrs-Anstalt, Redeventza, Nitag, Vacuum Oil-Company A. G., Runo Everth, Nova Ölund Brennstoffgesellschaft A. G., Jupiter Mineralöl-Handelsgeselschaft, Zentralbüro für
Mineralöl.
19 Ebd. Kommandobefehl 1/II vom 28.1.1941.
15
6
Die Einnahme der neuen Organisationsform konnte nicht so zügig realisiert
werden als man es sich gedacht hatte, denn das erforderliche zusätzliche
Personal war nicht im erforderlichen Umfang zu Rekrutieren. Besonders
schmerzlich wirkte sich der Offiziersmangel aus, der noch durch die
ständigen Einberufungen und Dienstzuteilungen weiter verstärkt wurde. So
konnten
man
die
vorgesehenen
Abschnittskommandos
der
Feuerschutzpolizei, wegen des Offiziersmangels vorerst nicht aufstellen.
Daher mussten die in den jeweiligen Abschnitten gelegenen
Hauptfeuerwachen und Feuerwachen, ebenso wie die dem Abschnitt
zugehörigen Freiwilligen Feuerwehren, von den Gruppenkommandos der
Feuerschutzpolizei unmittelbar geführt werden.
Nach der erfolgten Umstellung zur Feuerschutzpolizei hatte man Ende 1941
folgende Gliederung eingenommen:
Gruppe Mitte mit Abschnitt eins und der Zentralfeuerwache, mit Abschnitt
zwei mit der Feuerwache Landstraße, mit Abschnitt drei mit der
Feuerwache Margareten, mit Abschnitt vier mit der Feuerwache Neubau
und mit Abschnitt fünf mit der Feuerwache Boltzmanngasse.
Gruppe Süd mit Abschnitt sechs mit den Feuerwachen Kaiserebersdorf und
Simmering und 26 Wachen der Freiwilligen Feuerwehr, 20 mit Abschnitt
sieben mit der Hauptfeuerwache Favoriten und der Feuerwache
Rudolfshügel, mit Abschnitt acht mit 36 Wachen der Freiwilligen Feuerwehr,
21 mit Abschnitt neun mit der Hauptfeuerwache Mariahilf und den
Feuerwachen Altmannsdorf, Sankt Veit, Speising und Wienerberg.
Gruppe West mit Abschnitt zehn mit der Hauptfeuerwache OttakringHernals und der Feuerwache Steinhof, mit Abschnitt elf mit den
Feuerwachen Breitensee und Penzing sowie 5 Wachen der Freiwilligen
Feuerwehr, 22 mit Abschnitt zwölf mit den Feuerwachen Dornbach und
Währing, mit Abschnitt dreizehn mit der Hauptfeuerwache Döbling und
den Feuerwachen Grinzing, Kahlenbergerdorf, Neustift am Walde und
Nussdorf sowie 10 Wachen der Freiwilligen Feuerwehr. 23
Gruppe Ost mit Abschnitt vierzehn mit der Feuerwache Brigittenau, mit
Abschnitt fünfzehn mit der Hauptfeuerwache Donaustadt und der
Feuerwache Prater, mit Abschnitt sechzehn mit der Hauptfeuerwache
20
Albern, Ebergassing, Fischamend Dorf, Fischamend Markt, Grammatneusiedl, Himberg,
Kledering, Klein Neusiedl, Leopoldsdorf, Mannswörth, Maria Lanzendorf, Moosbrunn Neu
Kettenhof, Oberlaa, Ober Lanzendorf, Pellendorf, Rannersdorf, Rauchenwarth,
Rothneusiedl, Schwadorf, Schwechat, Unterlaa, Unter Lanzendorf, Velm, Wienerherberg,
Zwölfaxing.
21 Achau, Atzgersdorf, Biedermannsdorf, Breitenfurt, Brunn am Gebirge, Dornbach, Erlaa I,
Erlaa II, Gaaden, Gießhübl, Grub, Gumpoldskirchen, Guntramsdorf, Hennersdorf,
Hinterbrühl, Inzersdorf Ort, Inzersdorf Triesterstrasse, Kalksburg, Kaltenleutgeben, Laab im
Walde, Laxenburg, Liesing, Maria Enzersdorf, Mauer, Mödling, Münchendorf,
Perchtoldsdorf, Rodaun, Siebenhirten, Sittendorf, Sparbach, Sulz im Wienerwald,
Vösendorf, Weißenbach, Wiener Neudorf, Wöglerin.
22 Hadersdorf, Purkersdorf, Rosental-Satzberg, Weidlingau, Wolfersberg.
23 Gugging, Höflein, Josefsdorf, Kierling, Klosterneuburg, Kritzendorf, Kritzendorf Strand, Neu
Kierling, Weidling, Weidlingbach.
7
Floridsdorf und den Feuerwachen Aspern, Leopoldau, Stadlau und
Strebersdorf sowie 26 Wachen der Freiwilligen Feuerwehr, 24 mit Abschnitt 17
mit der Feuerwache Winterhafen.25
Schon der erste Blick lässt die ungleichmäßige Verteilung der organisch
gewachsenen Hauptfeuerwachen und Feuerwachen in dem neuen
aufgezwungenen Abschnittssystem erkennen. In der Folge wurden dann
die Bergriffe Hauptfeuerwache und Feuerwache durch Zugswache und
Gruppenwache ersetzt. Bis zur völligen Militarisierung, mit dem Aufgehen
der Feuerschutzpolizei in dem FE-Dienst, kam es nur mehr zu geringen
Veränderungen in der Grundorganisation. So wechselte die bisher zum
Abschnitt neun gehörende Zugswache Mariahilf ab Mai 1943 zum Abschnitt
vier. Des Weiteren wurden mit dem 28. April 1943 folgende Freiwilligen
Wehren aufgelassen: Neu Kettenhof (Abschnitt sechs) Rosental-Satzberg
und Wolfersberg (Abschnitt elf), Kritzendorf Strand und Neu Kierling
(Abschnitt dreizehn).26
Neue Fahrzeuge für die Feuerschutzpolizei
Bereits im September 1938 hatte die Berliner Feuerschutzpolizei zehn leichte
Löschfahrzeuge mit Tragkraftspritzenanhänger und fünfzehn große
Löschfahrzeuge nach Wien überstellt, um eine „reichseinheitliche“
Ausbildung der Wiener Feuerwehr zu ermöglichen.27 Doch mit dieser Leihe
war es nicht abgetan, denn das ehrgeizige Vorhaben der
nationalsozialistischen Gemeindeverwaltung war, dass Wien als erste Stadt
im Deutschen Reich eine einheitlich mit genormten Fahrzeugen
ausgestattete Feuerwehr bekommen sollte. Dieses hehre Ziel war aber nicht
so ohne weiteres zu erreichen, denn mittlerweile befand sich das Deutsche
Reich seit über ein Jahr im Krieg und die Ressourcen waren knapp. Überdies
erforderte die Erneuerung der Fahrzeugausstattung auch erhebliche
finanzielle Mittel.
Trotzdem beschloss die Gemeindeverwaltung im November 1940 einen
ehrgeizigen
Plan
für
die
Beschaffung
der
erforderlichen
Feuerwehrfahrzeuge, wobei sich dieses Investitionsvorhaben auf einem
24
Andlersdorf, Bisamberg, Breitenlee, Enzersfeld, Eßling, Flandorf, Franzensdorf, Gerasdorf,
Glinzendorf, Groß Enzersdorf, Großhofen, Hagenbrunn, Klein Engersdorf, Königsbrunn, Lang
Enzersdorf, Mannsdorf, Mühlleiten, Oberhausen, Probstdorf, Raasdorf, Rutzendorf,
Schönau, Seyring, Stammersdorf, Süßenbrunn, Wittau.
25 ÖStA-AdR, RStH. Wien, FSchP. Wien, Kommandobefehl Nr. 4/II-1941.
26 Ebd. Kommandobefehl Nr. 14/1943.
27 Helmut Bouzek, Wien und seine Feuerwehr – Geschichte und Gegenwart, Wien o. J. ,
498. Es handelte sich um zehn Stück LF 8, mit 60 PS-Motor und einer Förderleistung von 800
Liter Wasser pro Minute, und um fünfzehn LF 25, mit 95 PS-Dieselmotor und 2.500 Liter
Förderleistung.
8
Zeitraum von fünf Jahren erstreckten sollte.28 Während der aktuelle
Organisationsplan für Wien 41 Löschgruppenfahrzeuge und 14
Kraftfahrleitern vorsah ging diese utopische Planung von einem
erforderlichen Stand von 62 Löschfahrzeugen und 17 Kraftfahrleitern aus,
wozu dann noch 6 Löschboote kommen sollten. An dieser Stelle ist es
erforderlich, eine kurze Erklärung zu der damals üblichen Benennung der
Feuerwehrfahrzeuge einzufügen. Denn völlig im Gegensatz zur Einführung
von
genormten
Fahrzeugen
und
den
überall
vorhandenen
Vereinheitlichungsbestrebungen verwendeten Militär und Polizei völlig
unterschiedlichen Bezeichnungen für ein und denselben Fahrzeugtyp, was
auch später noch in der Literatur zu Verwechslungen führte.
Kraftfahrspritze 15 (KS 15), später als schweres Löschfahrzeug 15 (LF 15) bezeichnet, auf
dem Chassis Opel Blitz 3t (3,6-36) Baujahr 1941 (Sammlung Schirer).
So wurde das mit einem 60 PS starken Motor ausgerüstete Löschfahrzeug,
mit einer Förderleistung von 800 Litern Wasser pro Minute, bei der Luftwaffe
als KzS 8 bezeichnet, bei Polizei und Feuerschutzpolizei sprach man von
einem LLG. Eine solche Zweigleisigkeit bestand in allen Fahrzeugklassen. Erst
mit 30. April 1943 wurde eine einheitliche Bezeichnung eingeführt und für
Verbindlich erklärt. Nun gab es nur mehr die Begriffe Löschfahrzeug (LF),
Tanklöschfahrzeug (TLF), Drehleiter (DL) und Schlauchkraftwagen (S). Aus
Gründen der besseren Verständlichkeit werden hier, unabhängig vom
jeweiligen Zeitpunkt, die im Jahr 1943 eingeführten Bezeichnungen
verwendet.29
Nach den Vorstellungen der für die Beschaffung Verantwortlichen sollte der
Schwerpunkt bei den großen Löschfahrzeugen vom Typ LF15 liegen, von
28
ÖStA-AdR, RStH. Wien, Schachtel 342. RStH. Wien, Ia Pol 1925-17/39/40, Schreiben des
Regierungspräsidenten Phillip W. Jung, als allgemeiner Vertreter des Reichsstatthalters in
der
Gemeindeverwaltung,
an
den
RFSSuChdDtPol,
vom
19.11.1940,
Betr.:
Anschaffungsplan für Feuerwehrfahrzeuge.
29 ÖStA-AdR, RStH. Wien, Kommandobefehl Nr. 17 vom 3.7.1943. Damals wurden folgende
Einheitsbezeichnungen eingeführt: Löschfahrzeug 8 (LF 8), Löschfahrzeug 15 (LF 15),
Löschfahrzeug 25 (LF 25), Drehleiter 17 (DL 17), Drehleiter 22 (DL 22), Drehleiter 32 (DL 32),
Schlauchkraftwagen 3 t (S 3), Schlauchkraftwagen 4.5 t (S 4.5), Tanklöschfahrzeug 15 (TLF
15).
9
denen vier Stück noch im Jahre 1940 zur Auslieferung kommen sollten.30
Auch vier Löschboote und sechs Drehleitern standen auf der Wunschliste
ganz oben. Die vorhandenen Kraftfahrspritzen der Wiener Bauart wollte
man an die Freiwilligen Feuerwehren weiterreichen und an deren Stelle 18
leichte Löschfahrzeuge (LF 8) beschaffen.31 Ein Ankauf von
Sonderfahrzeugen wurde vorerst nicht in Aussicht genommen, hier hatte
man die Absicht die in Verwendung stehenden Fahrzeuge österreichischer
Bauart weiter zu verwenden.
Der Beschaffungsplan für die Jahre 1941 bis 1945
JAHR
Stückpreis:
1941
1942
1943
1944
1945
Summe
*
**
***
LF 15*
30.000 RM
10
10
10
8
8
46
LF 8**
18.000 RM
4
4
4
3
3
18
SDL***
40.000 RM
2
2
2
1
1
8
LÖSCHBOOT
80.000 RM
2
1
1
4
612.000 RM
532.000 RM
532.000 RM
334.000 RM
334.000 RM
2,344.000 RM
schweres Löschfahrzeug mit einer Förderleistung von 1500 Liter Wasser pro Minute
leichtes Löschfahrzeug mit einer Förderleistung von 800 Liter pro Minute
schwere Drehleiter
Quelle: ÖStA/AdR, RStH Wien, Ia Pol 1925-17/39/40
Diesen hochfliegenden Plänen standen ernüchternde Zahlen gegenüber,
so hatte man im Fiskaljahr 1939/40 für die Feuerwehr lediglich 9
Personenkraftwagen und eine Drehleiter mit 30 Meter Steighöhe
beschaffen können. Wegen der mangelnden Lieferfähigkeit der Industrie
ließen sich die geplanten Anschaffungen nur zu einem ganz geringen Teil
realisieren. So blieben auch die im Haushalt 1941 geplanten Ankäufe zum
größten Teil auf dem Papier.32 Schuld an dieser Misere waren der Vorrang
der Rüstung und die Abdeckung des Bedarfes in den besonders
gefährdeten Gebieten im Westen. Der Stadt Wien wurde, mangels
Gefährdung aus der Luft, nicht die erforderliche Dringlichkeit zugesprochen
um ihre Bestellungen bei den wenigen in Frage kommenden Lieferfirmen
unterbringen zu können.
So setzte sich der Kfz.-Bestand der Feuerschutzpolizei in Wien zu Ende des
Jahres 1941 fast ausschließlich aus Fahrzeugen österreichischer Herkunft, in
Masse aus Löschwagen des Typ I (Austro-Fiat-AFN/39 mit 45 PS) zusammen.
Bei den Löschfahrzeugen hatte es an Neuzugängen nur drei leichte
Löschfahrzeuge (LF 15) des Herstellers Mercedes-Benz, Modell L 1500 mit 50
30
Unter LF 15 verstand man ein schweres Löschfahrzeug mit einer Förderleistung von 1500
Liter Wasser pro Minute.
31 Das LF 8 hatte eine Förderleistung von 800 Liter Wasser pro Minute.
32 WStLA, Hauptarchivakten; Kleine Bestände, Serie 1, Karton 20 (Vizebürgermeister Dipl.
Ing. Blaschke). Hier die Beiträge zum Haushaltsplan für das Jahr 1941. Für das Haushaltsjahr
1941 hatte man die Beschaffung von 8 leichten Löschgruppen-Kfz vorgesehen.
10
PS gegeben, wozu dann noch 8 zweirädrige Tragkraftspritzenanhänger
kamen.33 Im ersten Halbjahr 1942 konnten dann noch weitere vier
Löschfahrzeuge beschafft werden. Neben zwei LF 15, ebenfalls von
Mercedes-Benz, nun allerdings mit 60 PS Motorleistung, kamen erstmalig
auch zwei schwere Löschfahrzeuge vom Typ LF 25, vom Modell KlöcknerHumbold-Deutz L 3.000, mit 80 PS Dieselmotor, zum Fuhrpark.
Eine Kraftfahrspritze 15 (KS 15), später als LF 15 bezeichnet) der Feuerschutzpolizei beim Tag
der Polizei, mit aufgelegter Ausrüstung (Sammlung Schirer).
Am 31. Juli 1942 hatte die Feuerschutzpolizei in Wien 204 Kraftfahrzeuge mit
Vergaser- bzw. Dieselmotor und 6 Fahrzeuge mit benzinelektrischem
Antrieb, sowie 8 Anhänger (TSA) im Bestand. Bei den zu Wien gehörenden
Freiwilligen Feuerwehren gab es weitere 62 Kraftfahrzeuge, durchwegs
älterer Bauart.34 Von den 210 Kraftfahrzeugen der Feuerschutzpolizei
gehörte zu diesem Zeitpunkt nicht einmal ein Zehntel zu den angestrebten
reichsdeutschen Einheitstypen. Mit den bescheidenen Neuzugängen hatte
man das im November 1940 festgelegte ehrgeizige Ziel weit verfehlt. Erst
die gestiegene Bedrohung aus der Luft veränderte die Situation dann
grundlegend. Nun gelang es mit Hilfe der Reichsbehörden den Zugang an
Löschfahrzeugen im Jahr 1943 sprunghaft zu erhöhen, so dass man im
Sommer 1944 mit 248 Fahrzeugen einen Höchststand erreichte.
33
ÖStA-AdR, RStH. Wien, Ordner 1088. Feuerschutzpolizei (in der Folge zitiert als FSchP)
Wien, Kommandobefehl Nr. 6/II vom 31.7.1942. Hier die Beilage: Automobiler Fahrpark
nach dem Stande vom 1. April 1942.
34 ÖStA-AdR, RStH. Wien, Ordner 1088. FSchP Wien, Kommandobefehl Nr. 6/II vom
31.7.1942: Automobiler Fahrpark nach dem Stande vom 1. April 1942 und 1. Nachtrag, mit
Änderungen bis zum 31. Juli 1942.
11
Zu den bedeutendsten Neuzugängen dieser Zeit zählten 13 Stück LF 8, 30
Stück LF 15 und 16 Stück LF 25, wozu noch 14 Pkw, 13
Tragkraftspritzenanhänger (TSA) und 17 Feldküchenanhänger kamen. Die
Masse des neuen Geräts kam im Zeitraum vom 1. April 1943 bis zum 31.
März 1944, also im Verwaltungsjahr 1944, zur Auslieferung.35 Denn Beginn
machte am 20. April 1943 eine erste Lieferung aus den Beständen der
Luftwaffe. Anlässlich des „Geburtstags des Führers“ wurden vier schwere
Löschfahrzeuge LF 25 in feierlicher Form der Feuerschutzpolizei übergeben.
Wie den gehaltenen Reden zu entnehmen war, waren diese Fahrzeuge für
den Einsatz bei „Notfällen“ vorgesehen, eine mehr als vornehme
Umschreibung für die in Bälde zu erwartenden Fliegerangriffe. Diese
luftwaffeneigenen Fahrzeuge waren für die Ausrüstung des ortsfesten
Sicherheits- und Hilfsdienstes (SHD), der im Sommer 1942 in LS-Polizei
umbenannt worden war, vorgesehen und wurden vom Reich kostenlos zur
Verfügung gestellt.36
Erst mit der Hilfe dieser luftwaffeneigenen Fahrzeuge konnten die Vorgaben
des Beschaffungsplans von 1940 im Wesentlichen erreicht werden, was
jedoch kein Verdienst der Stadtverwaltung war. Die ab April 1943 erfolgten
Gerätezuführungen sind bereits im Zusammenhang mit dem Umbau der
Feuerschutzpolizei in die militärische Organisationsform des Feuerlösch- und
Entgiftungsdienstes (FE-Dienst) zu sehen. Neben der Feuerschutzpolizei
bildeten auch die Freiwilligen Feuerwehren mit rund 2700 Aktiven und 960
Reservisten eine beachtliche Einsatzreserve für den Ernstfall. Auch hier
wurde die Fahrzeugausstattung und Ausrüstung nach Möglichkeit
verbessert, wobei die Zahl der bei den, nun in 5 Zügen und 98 Gruppen
gegliederten, Freiwilligen Wehren benutzten Kraftwagen und Anhänger
von 281 im Jahre 1940 auf 339 im Jahr 1944 anstieg.37
Der Feuerlösch- und Entgiftungdienst
Bis zum Jahr 1943 entsprach die Feuerschutzpolizei in Wien durchwegs noch
den
Gegebenheiten
der
Friedensorganisation.
Während
die
Feuerschutzpolizei in den deutschen Großstädten wie Hamburg und Berlin
schon seit langen in der örtlichen Luftschutzorganisation aufgegangen und
35
WStLA, M. Abt. 121, A 11 Karton 5. Hier die Entwürfe zum Verwaltungsbericht 1944/45. Im
Jahr 1943 wurden der FSchP Wien acht LF 8 (Mercedes-Benz, L 1500 S Diesel, mit 60 PS
Motorleistung) und zehn LF 15 (Klöckner-Humbold–Deutz, S 3000 mit 80 PS) übergeben.
1944 wurden auch Feuerwehrfahrzeuge der Typen LF 25 (Mercedes-Benz, L 4500 F Diesel,
mit 112 PS) und TLF 15 (Opel-Blitz mit 75 PS), aber auch Schlauchfahrzeuge der Typen S 3
(Klöckner-Humbold-Deutz, S 3000 mit 80 PS) und S 4.5 (Klöckner-Humbold-Deutz, S 4500, mit
120 PS) ausgeliefert.
36 Diese Fahrzeuge waren, im Unterschied zu den damals grün lackierten
Feuerwehrfahrzeugen der Polizei (Kfz-Kennzeichen: Pol), grau lackiert und hatten auch KfzKennzeichen der Luftwaffe (WL).
37 WStLA, M. Abt. 121, A 11 Karton 5. Hier die Entwürfe zum Verwaltungsbericht 1944/45.
12
auch entsprechend verstärkt worden war, musste man in Wien aufgrund
der geringen Gefährdung aus der Luft mit wesentlich geringeren
Personalständen auskommen. In den luftgefährdeten Gebieten hatte man
die Feuerschutzpolizei bereits in die Luftschutzorganisation, in Form des
Feuerlösch- und Entgiftungsdienstes (FE-Dienst), eingebunden und mit
Kräften des örtlichen Sicherheits- und Hilfsdienstes, der später in
Luftschutzpolizei umbenannt wurde, verstärkt. So verfügte Hamburg im
Sommer 1943 bereits über 120 einsatzbereite Löschzüge und weitere 36 mit
Feuerlöschbooten ausgerüstete Wasser-Löschzüge, während man in Wien
erst mit dem Aufbau des FE-Dienstes begann.
Bisher hatte man sich in Wien damit begnügt die Feuerschutzpolizei mit Hilfe
von Angehörigen der LS-Polizei auf den Sollstand aufzufüllen. Von den
vorhandenen 206 Motorfahrzeugen kam jedoch nur ein Bruchteil für
Löschzwecke in Frage. Für diesen Zweck standen lediglich 52 Fahrzeuge zur
Verfügung,
nämlich
32
Lösch-,
10
Universallöschund
5
Schaumlöschwagen. Dazu kamen noch 5 Motorspritzenwagen und 8
Tragkraftspritzenanhänger.38 Im Unterschied zu Hamburg und Berlin musste
man in Wien bis Ende April 1943 mit dem von der Gemeindeverwaltung
beschafften Löschgerät das Auslangen finden. Erst die von der
nordafrikanischen Küste ausgehende Bedrohung aus der Luft, nach der
Kapitulation der deutschen Truppen in Tunesien hatten die Amerikaner dort
ein Detachement von strategischen Bombern stationiert, änderte die
Einschätzung der Gefährdungssituation für Wien.
In der Folge brachte eine im Mai 1943 durch das Luftgaukommando
angeordnete große Luftschutzübung, bei welcher der Mangel an
Löschkräften deutlich zu Tage getreten war, den Umschwung.39 Nun wurde
dem Bereich des Feuerlöschwesens die entsprechende Aufmerksamkeit
zuteil und der Aufbau des FE-Dienstes wurde energisch vorangetrieben, so
dass sich bis Ende September 1943 die Zahl der Löschfahrzeuge
verdoppelte.40 Allerdings schmückte sich die nationalsozialistische
Stadtverwaltung mit fremden Federn, als sie den Erfolg für sich in Anspruch
nahm. So trug der zuständige Stadtrat den Beifall spendenden Ratsherren
vor, dass man allein im Haushaltsjahr 1943/44 den Fahrzeugbestand um 57
Löschfahrzeuge erweitert hatte. Darunter befanden sich auch 30 schwere
Löschfahrzeuge mit einer Förderleistung von je 1.500 Liter Wasser in der
Minute. Des Weiteren wurden auch Feuerwehrschläuche in einer
38
ÖStA-AdR, RStH. Wien, Ordner 1088. FSchP Wien, Kommandobefehl Nr. 6/II vom
31.7.1942 (Automobiler Fahrpark nach dem Stande vom 1. April 1942 und 1. Nachtrag, mit
Änderungen bis zum 31. Juli 1942).
39 BA-MA, RL 19/575, Bl. 37 F. Luftgaukommando XVII, Führungsgruppe Ia op 3, Az. 43/4 a
Br. B. Nr. 8508/43 g. (10) vom 4.8.1943. Betr.: Erfahrungsbericht über die LS-Übung Wien vom
17. und 18.5.1943 (ziviler Teil).
40 ÖStA/AdR, RStH. Wien, Ordner 1254. Ia SPol Zl.: 1806-1201/5/3 vom 12.10.1943. Schreiben
von Oberst d. FSchP Dipl. Ing. Paul Bernaschek an den Gauleiter von Wien, Reichsleiter
Baldur von Schirach, vom 22.9.1943.
13
beachtlichen Länge von mehr als 36 Kilometer angeschafft.41 Bewusst
verschwiegen wurde den Ratsherren aber, dass es sich hier durchwegs um
Bedarfszuweisungen der Luftwaffe handelte, welche für den Aufbau des
FE-Dienstes in Wien vorgesehen waren.
Schweres Löschfahrzeug 15 (LF 15) auf Chassis Opel Blitz 3t 3,6-365, mit Holzaufbau, für die
Lieferung an die Luftwaffe (Sammlung Schirer).
Schweres Löschfahrzeug (LF 15) in der Ausführung wie die Fahrzeuge in den Jahren
1943/44 an dem FE- Dienst geliefert wurden (Sammlung Schirer).
Da vorgesehen war, dass der Feuerlösch- und Entgiftungsdienstes (FEDienst) in den Luftschutzorten erster Ordnung erst bei einer realen
Bedrohung, im Rahmen der der örtlichen Luftschutzorganisation, aufgestellt
werden sollte, war man in Wien bisher bei der Friedensorganisation
geblieben. Nun sollte die Feuerschutzpolizei als harter Kern für die neu zu
bildenden Truppe zur Gefahrenabwehr im Luftkrieg dienen. Mit der
Aufstellung des FE-Dienstes bildete die Feuerwehr, nun als ein in den FEDienst integrierter Teil, gemeinsam mit der Luftschutzpolizei das Rückgrat
der Schadensbekämpfung bei den zu erwartenden Luftangriffen. Der
Kommandant der Feuerschutzpolizei war nun auch gleichzeitig der Führer
41
WStLA, Vertretungskörper B1/1. Ratsherren-Sitzungsprotokoll vom 16. März 1943. Hier der
Bericht des Leiters der Hauptabteilung Bauwesen, Stadtrat Dr. Dipl. Ing. Schreiter.
14
des FE-Dienstes und die örtliche Gliederung des FE-Dienstes entsprach jener
der Feuerschutzpolizei. Analog zu den 17 Abschnittskommandos der
Feuerschutzpolizei wurden nun 17 „FE-Abteilungen“ mit insgesamt 35 „FEBereitschaften“ gebildet.
Die Gliederung einer FE-Bereitschaft 42
Gesamtstärke:
103 Mann,
12 Kfz., 6 Anhänger und 8
Motorräder
bestehend aus
Stabstrupp mit:
1. Schwerer Löschzug mit:
2. Schwerer Löschzug mit:
Leichter Löschzug mit.
Entgiftungszug mit:
Gasspürer u. Entgifter:
Tross mit:
12 Mann,
19 Mann,
19 Mann,
19 Mann,
21 Mann,
5 Mann,
13 Mann,
1 Pkw und 3 Motorräder
2 LF 15*
2 LF 15*
2 LF 15* mit Anhänger
2 Kfz mit Anhänger
5 Motorräder
1 Schiebdrehleiter,
1 Schlauchkraftwagen mit
Anhänger und
1 Entgiftungsfahrzeug mit
Anhänger
* schweres Löschfahrzeug mit einer Förderleistung von 1500 Liter Wasser pro Minute
Quelle: BArch-MArch, ZA 3-386
Die Fahrzeugeinteilung einer FE-Bereitschaft: 43
In diesem Zusammenhang wurde nun auch das Abschnittskommando XVII
„Winterhafen“ aktiviert, dessen Aufstellung man 1941 zurückgestellt hatte.
42
Erich Hampe, Der Zivile Luftschutz im Zweiten Weltkrieg. Dokumentation und
Erfahrungsberichte über Aufbau und Einsatz, Frankfurt am Main 1963. Hier die Tafel 14.
43 Ebd.
15
Damit verfügte die Gruppe Mitte über zehn, die Gruppe Süd über neun
und die Gruppen West und Ost über je acht FE-Bereitschaften. Der Stab
einer FE-Abteilung zählte 16 Mann und jede FE-Abteilung bestand aus drei
Feuerlöschzügen und einem Entgiftungszug, mit zusammen 103 Mann.
Daraus ergab sich für den FE-Dienst in Wien ein Personalstand von 3.877
Mann.44 Der über den Stand der Feuerschutzpolizei erforderliche Bedarf
wurde mit sogenannten „LS-Polizisten“ abgedeckt, wobei diese
Ergänzungskräfte durch den Polizeipräsidenten eingezogen wurden. Auch
die Heranziehung, Dienstverpflichtung, Einkleidung und Besoldung der
Luftschutzpolizisten erfolgte durch die Polizeibehörden, während der
Feuerschutzpolizei die Ausbildung dieser Personengruppe sowie im Einsatz
die Führung, im Rahmen des FE-Dienstes, oblag.
Tanklöschfahrzeug 15 (TLF 15) auf Chassis Opel Blitz 3t 3,6-6700A (Allrad) für die Lieferung
an die Luftwaffe, 1944 (Sammlung Schirer).
Als Folge der neu hinzugekommenen Aufgaben, vor allem in Hinblick auf
den FE-Dienst, zeigte sich gegen Ende des Jahres 1943 die Notwendigkeit
die Verwaltung neu zu strukturieren und das bisherige „Teilsachgebiet 1c Luftschutz“ entsprechend aufzuwerten. Diese Reform war die logische
Folge des sich in die Endphase befindlichen Vollausbaues des FE-Dienstes in
Wien. Der Bereich Luftschutz wurde nun auf sieben Fachbereiche aufgeteilt
und die neue Geschäftseinteilung mit Jahresbeginn 1944 in Kraft gesetzt.
Nun waren in der Sachgruppe I die Bereiche Organisation, Ausbildung und
der
Einsatz
des
FE-Dienstes
konzentriert.
Die
umfangreichen
Personalangelegenheiten
der
Ergänzungskräfte
wurden
an
die
Sachgruppe II abgetreten.
Für den Bereich Logistik war die Sachgruppe III zuständig, wohin auch die
Kraftfahr- und Geräteangelegenheiten, aber auch die Bearbeitung der
von
der
öffentlichen
Wasserversorgung
unabhängigen
Löschwasserversorgung, gehörten. Alle Fernmeldeangelegenheiten waren
in der Sachgruppe IV (Nachrichtenwesen) zusammengefasst. Hier war ein
besonders hoher Arbeitsanfall zu verkraften, da nun auch die bereits
bestehenden Fernmeldeverbindungen der Feuerschutzpolizei in das
Nachrichtennetz der Schutzpolizei zu integrieren waren. So konnten bereits
44
Ebd.
16
seit Oktober 1943 alle Dienststellen der Feuerschutzpolizei auch über das
Fernschreibnetz der Schutzpolizei erreicht werden.
Das besonders umfangreiche Gebiet des baulichen Luftschutzes, welches
auch den vorbeugenden Brandschutz umfasste, bildete die Sachgruppe V
und
die
Gruppe
VI
bearbeitet
die
allgemeinen
Verwaltungsangelegenheiten. Hier wurde auch die gesamte Bekleidung
und persönliche Ausrüstung der Ergänzungskräfte des FE-Dienstes verwaltet,
aber auch die zahlreichen für den FE-Dienst neu eingerichteten Unterkünfte
betreut. Auch der LS-Sanitätsdienst, soweit er mit dem FE-Dienst verbunden
war, wurde nun ebenfalls in einer eigenen Sachgruppe VII
zusammengefasst.45
Schweres Löschgruppenfahrzeug (LF 25). Fahrzeuge dieses Typs wurden dem FE-Dienst
1943/44 von der Luftwaffe zur Verfügung gestellt (Sammlung Schirer).
Als im März 1944 der Ausbau des FE-Dienst in Wien zu einem vorläufigen
Abschluss gekommen war, verfügte man in Wien mit 35 FE-Bereitschaften
mit zusammen 105 Löschzügen, über ein beachtliches Potential an
Löschkräften. Auch wenn bei der Ausbildung und Ausrüstung noch
manches zu verbessern war, so hatte man doch in kurzer Zeit und unter
widrigen Verhältnissen eine gewaltige Aufbauleistung vollbracht. So konnte
das Luftgaukommando XVII in Wien am 6. April 1944, einem, als geheim
klassifizierten,
Grundsatzbefehl
über
die
„Sicherstellung
der
Feuerschutzmaßnahmen für den Fall von Großschäden“ erlassen. Die
Herausgabe dieses Befehls darf als Indiz für den Zeitpunkt gewertet werden,
ab dem der FE-Dienst in Wien in seiner vollen Stärke zum Einsatz bereit
stand.46 Kaum eine Woche später, am 12. April 1944, flogen die Alliierten
45
ÖStA-AdR, Gr. 04, RStH. Wien, Ordner 1308. FSchP Wien, Kommandobefehl Nr. 34/1943,
vom 31.12.1943.
46 Oberösterreichisches Landesarchiv (OÖLA), Kriegswirtschaft 2. Weltkrieg, Karton 19,
Mappe 37. Lg. Kdo. XVII, Fü. Gr. la (op) 3, Az.: 41d Br. B. Nr.: 6305/44 geh. (4) vom 6.4.1944.
Schon am 14.2.1943 hatte der Kommandierende General und Befehlshaber im Luftgau
XVII einen Befehl für die „Sicherung der Luftwaffenanlagen bei Luftangriffen“, mit dem
Inhalt: Dienstbetrieb bei den Feuerschutzgruppen , Kraftwagen-Betriebsstoffzuteilung,
Löschkommandos, Einsatz im Werksluftschutzdienst, Brandwachen, Auflockerung, Bau von
Feuerlöschteichen und Erfahrungen der Feuerschutzgruppen beim Einsatz, erlassen.
17
ihren ersten erfolgreichen Angriff auf den Gau Wien und unterzogen die
Luftschutzorganisation einem ersten Test.
Der Ausbau der Gasabwehr
Mit der Aufstellung des FE-Dienstes war auch der Aufbau einer Organisation
zum Schutz gegen vom Gegner eingesetzte Kampfstoffe verbunden. Schon
1938, unmittelbar nach dem Anschluss, hatte man in Wien, im
Zusammenhang mit der sogenannten „Sudetenkrise“, erstmals in großen
Umfang Gasmasken ausgegeben. Doch diese Masken wurden bald wieder
eingesammelt und an andere exponiertere Reichsgaue im Westen
abgegeben.47 Mit Kriegsbeginn wurde das Reichsgebiet dann,
entsprechend der angenommenen Gefährdung, in Zonen eingeteilt, die
nach Maßgabe der Produktion und der jeweiligen Gefährdung mit
Gasmasken beliefert wurden. Ende Dezember 1942 wurde diese
Zoneneinteilung aufgehoben und an ihrer Stelle wurde die Belieferung der
Städte nach ihrer Einteilung als LS-Orte I., II. und III. Ordnung angeordnet,
wobei die LS-Orte I. Ordnung so rasch als möglich mit 100 %, die LS-Orte 2.
Ordnung zu 85 % und die LS-Orte 3. Ordnung, sowie das freie Land, zu 65 %
des Ausrüstungssolls für Volksgasmasken ausgestattet werden sollten.
So konnte man in Wien erst zu Jahresbeginn 1943 daran denken die
Bevölkerung, soweit die zugeteilten Bestände reichten, mit Schutzmasken
auszurüsten.48 Bis zu diesem Zeitpunkt war nur das Personal der LSOrganisation mit Schutzmasken ausgestattet. Während die Einsatzkräfte der
Polizei mit der Wehrmachts-Gasmaske ausgerüstet waren, standen bei den
übrigen Organisationen durchwegs „Beute-Gasmasken“ aus aller Herren
Länder in Verwendung. Darüber hinaus stand es der Bevölkerung frei
Volksgasmasken käuflich zu erwerben, sofern diese im Handel überhaupt
erhältlich waren. Erst eine auf Weisung Hitlers gestartete Sonderaktion
ermöglichte es dann zu Ende des Jahres 1944 zumindest die städtische
Bevölkerung ausreichend mit Schutzmasken zu versorgen.49
Schon bald nach dem Anschluss wurde auch bei der Feuerwehr dem
Aspekt eines möglichen Gaskrieges Rechnung getragen, so kam es bereits
47
AdR, Gr. 04, Der Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem
Deutschen Reich (Bürckel) Materie, Nr. 2885 (ehemals Ordner 290). Schreiben an das
Referat Z I, vom 22.11.1939, Betreff: Bekanntmachung zur Rückstellung von
Volksgasmasken. Nach dieser Anordnung waren bis zum 30.11.1939 alle in Wien
vorhandenen Volksgasmasken, unter Bezug auf § 15, Abs. 5 des Reichsleistungsgesetzes
vom 1.9.1939, abzuliefern.
48 BArch-MArch, RL 19/82. Kriegstagebuch Nr. 6 des Lg. Kdo. VII, Eintragung vom
31.12.1942.
49 BArch, R2/5616. RdL Az. 83 g 60 Chef der Luftfahrt/L. In. 13 (2 I A), vom 29.1.1945, Betr.:
Vermerk über das Ergebnis der Besprechung im RLM am 17.1.1945, betreffend Änderung
des Beschaffungsweges der Volksgasmaske 40. Erst unmittelbar vor Kriegsende wurde der
Beschluss gefasst, die Volksgasmaske kostenlos an die Bevölkerung abzugeben.
18
im Oktober 1938 zu einem ersten Kurs im Gasspüren und Entgiften, der von
87 Feuerwehrmänner mit einer Prüfung erfolgreich abschlossen werden
konnte.50
Gasmaske mit Schutzbehälter, so wie sie bei Wehrmacht, Feuerschutz- und LS-Polizei
verwendet wurde (Sammlung Schirer).
In den folgenden Jahren wurde dann nach und nach auch die
entsprechende Ausrüstung angeschafft, doch alle diese Maßnahmen
wurden nur halbherzig gesetzt und blieben ein Stückwerk. Erst in
Verbindung mit dem Aufbau des FE-Dienstes wurde auch diesem Bereich
die erforderliche Aufmerksamkeit zuteil und ab dem Jahr 1943 wurde der
Aufbau einer effizienten Gasabwehr dann energisch vorangetrieben. Am
Anfang stand der Ausbau der zahlreichen, zumeist ortsfesten, Einrichtungen
für die Identifizierung und die Beseitigung von Kampfstoffen. Dazu zählten in
erster Linie die „Hauptkampfstoffuntersuchungsstellen“, wovon es in Wien
vier gab, zwei im 9. und je eine im 15. und 19. Bezirk. Zusätzlich gab es noch
15 „Kampfstoffuntersuchungsstellen“ die über das ganze Stadtgebiet
verteilt waren und die man in größeren Apotheken eingerichtet hatte.
Zur Entgiftung von Personen, Fahrzeugen und der Ausrüstung des
Gasabwehrdienstes wurden stationäre „Entgiftungsparks“ geschaffen, die
von der LS-Polizei betrieben wurden. Daneben gab es auch noch die
„Sachentgiftungsanstalten“, welche für die Bedürfnisse der Bevölkerung
vorgesehen waren. Diese errichtete man in Wäschereien und in
chemischen Reinigungsbetrieben und standen unter der Leitung eines
50
Bouzek, Helmut, Wien und seine Feuerwehr. Geschichte und Gegenwart, Wien o. J., 378.
19
ausgebildeten LS-Chemikers. Ihre primäre Aufgabe war die sachgemäße
Reinigung von kontaminierter Bekleidung.
Die Volksgasmaske in Originalverpackung, so wie sie zum Kauf angeboten wurde
(Sammlung Schirer).
Bei den vier Gruppenkommanden der Schutzpolizei gab es eigene
Abschnittschemiker, welche in den ihnen zugewiesenen Gebieten die
Aktivitäten des ortsfesten- und des mobilen Entgiftungsdienstes zu
koordinieren hatten. Die im Bereich der Schutzpolizei vorhandenen
Befehlsstellen waren auch splittersicher und Gas dicht auszubauen.
Allerdings konnte dieser Ausbauzustand vorerst nur bei den Befehlsstellen
der vier Gruppen- und der 17 Abschnittskommandos realisiert werden. Die
Masse der bei den ehemaligen Wachzimmern zu errichtenden
„Revierbefehlsstellen“ blieb vorerst noch ohne Schutzbelüftung. Zumeist
fehlten bei den in den Jahren vor 1943 erbauten Anlagen die
Elektromotoren der Schutzlüfter. Diese mussten dann 1943/44, unter größten
Schwierigkeiten, nachbeschafft werden.
Selbst bei den Kernbauten des Luftschutzes in Wien, den sechs Flaktürmen,
waren keine Filteranlagen eingebaut. Zwar hatte man beim erstgebauten
Turmpaar im Arenbergpark noch jeweils ein Stockwerk für den Einbau einer
leistungsfähigen Schutzbelüftungsanlage vorgesehen. Bei den später
errichteten beiden Turmpaaren verzichtete man, aufgrund der nicht
vorhandenen Ressourcen, dann gänzlich auf einen Gasschutz. Aber auch
im Arenbergpark kam es bis zum Kriegsende zu keinem Einbau der
vorgesehen „Auer-Anlage“ mehr. Da es glücklicherweise zu keinem Einsatz
von Kampfstoffen kam, ist es sehr schwer, die Effizienz dieses Teilgebiets des
Luftschutzes abzuschätzen. Tatsache ist jedoch, dass die Feuerschutzpolizei
20
auch im Falle eines Gasangriffes an vorderster Front gestanden hätte, denn
der FE-Dienst, dem die Aufgabe des
mobilen Entgiftungsdienstes
übertragen war, musste auch für die rechtzeitige Erkennung und
Beseitigung der chemischen Kampfstoffe sorgen.
An der Spitze der gesamtem Kampfstoffbeseitigung, die sowohl die
beweglichen und die ortsfesten Einrichtungen zur Gasabwehr umfasste,
stand ein „Leitender LS-Chemiker“, der im August 1943 jedoch erst über 10
Entgiftungs-Züge verfügen konnte. Jeder dieser Züge setzte sich aus zwei für
Entgiftungsarbeiten vorgesehene Gruppen, bestehend aus 17 Mann,
zusammen, die auch über eine entsprechende Schutzbekleidung und
Ausrüstung verfügten. Der Entgiftungsdienst, soweit es ihn damals
überhaupt gab, war in den ersten Kriegsjahren nur mit sogenannten
„Ergänzungskraftfahrzeugen“ ausgestattet. Dabei handelte es sich zumeist
um beschlagnahmte Zivilfahrzeuge älterer Bauart. Die vorhandenen
Entgiftungszüge gingen dann, im Rahmen der Aufstellung des FE-Dienstes,
in den E-Zügen der 35 FE-Bereitschaften auf. Diese Züge, innerhalb der FEBereitschaften, zählten jeweils 21 Köpfe und verfügten über zwei
Kraftfahrzeuge mit Anhänger.51 Erst 1944 wurden neue Spezialfahrzeuge,
mit eigens für diesen Zweck konstruierten Entgiftungs-Anhängern, aus den
Beständen der Luftwaffe zugewiesen.
Grundsätzlich lässt sich jedoch feststellen, dass der Entgiftungsdienst
gegenüber den anderen Teilbereichen des Luftschutzes erheblich
zurückgeblieben war. So brauchte es bis zum Mai 1944 bis alle 35
Entgiftungszüge soweit aufgestellt waren, dass auch mit einer planmäßigen
Ausbildung begonnen werden konnte.52 Da das Personal dieser Züge in der
Regel zur Ablösung der Männer der Feuerlöschzüge eingeteilt war,
verzögerte dies die Ausbildungsvorhaben erheblich. So konnte erst zu Ende
des Monats Oktober 1944 das Ausbildungsprogramm abgeschlossen und
mit der Zuteilung von Gasspürer an die FE-Bereitschaften begonnen
werden.53
Bei den im Sommer 1944 einsetzenden Fliegerangriffen wurden die
Entgiftungszüge regelmäßig zur Verstärkung der Lösch,- Berge- und
Sanitätsdienste herangezogen, wobei besonders die Leichenbergung den
Entgiftungszügen übertragen wurde, die dafür eigens mit Totentragen
ausgerüstet wurden.54 Erst in den letzten Monaten des Krieges, als die
Wehrmachtsführung einen Einsatz von chemischen Waffen von Seiten der
Alliierten befürchtete, forcierte man im gesamten Reichsgebiet die
Vorbereitungen für die Gasabwehr, was natürlich auch in Wien zu
diesbezüglichen Aktivitäten führte. Um den Ausstoß an Gasmasken zu
51
FSchP Wien Kommandobefehl Nr. 16, vom 20.6.1943.
FSchP Wien, Kommandobefehl Nr. 10, vom 18.5.1944.
53 FSchP Wien, Kommandobefehl Nr. 26, vom 27.10.1944.
54 FSchP Wien, Kommandobefehl Nr. 14, vom 21.6.1944.
52
21
erhöhen bekam nun die Fertigung von „Gasschutzgerät“ die höchste
Dringlichkeitsstufe zuerkannt.
Im Rahmen dieser sogenannten „Brandt-Aktion“ waren auch viele Wiener
Betriebe eingebunden. Do kam unter anderem im Sommer 1944 die
Fertigung von Filtertöpfen für die Volksgasmaske bei mehreren Wiener
Firmen zum Anlauf.55 Die Grundlage für diese Aktivitäten bildete der Erlass
Hitlers, vom April 1944, über die unverzügliche Durchführung einer
„verstärkten Gasabwehrbereitschaft“ in allen Bereichen des Luftschutzes.56
In diesem Zusammenhang wurde am 11. August vom Oberkommando der
Luftwaffe ein Erlass über die „Führung im Luftschutzort beim Großeinsatz von
chemischen Kampfstoffen“ verteilt.57 Nun wurde die Wiener Bevölkerung,
im Rahmen von Übungen, erstmals auch mit der Möglichkeit eines
Gaskrieges konfrontiert. Dabei legte man größten Wert darauf, alles zu
vermeiden was zu einer Beunruhigung der Bevölkerung führen könnte.
Volksgasmaske 37 (VM 37) und (VM 40) und der dazugehörige Filter (Sammlung Schirer).
Bereits am 11. August 1944 hatte man mit der geheimen LuftkriegsMitteilung Nr. 160 die Ausbildung der Bevölkerung in der Kampfstoffabwehr
geregelt. Demnach sollte das Reichspropagandaamt Wien die
Ausbildungsmaßnahmen entsprechend begleiten und unterstützen, um
jede Beunruhigung der Bevölkerung zu vermeiden. Abschließend wäre
festzustellen, dass alle diese Maßnahmen, welche man für einen möglichen
Kampfstoffeinsatz in Wien vorgesehen hatte, als völlig unzureichend
bezeichnet werden müssen, was allerdings auch für die anderen Städte
und Orte des Reiches zutraf.58 Alle diese vorbereitenden Maßnahmen
fanden dann im Oktober 1944 ihren vorläufigen Abschluss, als es zur
Einführung eines neuen Sirenensignals für die „Kampfstoffwarnung“, kam.
Das Signal „Kampfstoffwarnung“ sollte grundsätzlich nur nach
vorangegangenem Signal „Fliegeralarm“ gegeben werden und bestand
55
NARA, T-77, roll 741. Kriegstagebuch Nr. 20 der Rüstungsinspektion XVII in Wien, 9.
BArch-MArch, RL 19/86. Kriegstagebuch Nr. 10 des Lg. Kdo. VII, Eintragung vom 9.5.1944.
57 BArch, R 3/1765. OKL - Arbeitsstab LS- Nr.3159/44 g (1 I A), vom 11.8.1944.
58 Allgemeine Angaben zu diesem Thema finden sich in: Olaf Groehler, Der lautlose Tod.
Einsatz und Entwicklung deutscher Giftgase von 1914 bis 1945, Hamburg 1989.
56
22
aus sechs Intervallen eines Heultones zu je drei Perioden, getrennt durch je
zwölf Sekunden lange Pausen, in einer Gesamtdauer von etwa zwei
Minuten59
Personalmangel, Intrigen und Widerstand
Die in den Jahren vor 1943 erfolgten Versetzungen und Abordnungen ins
„Altreich“, welche zum Teil auch politisch motiviert waren, brachten einen
nicht zu unterschätzenden Substanzverlust für die von Anfang an personell
unterbesetzte Wiener Feuerschutzpolizei. Dazu kamen später noch weitere
Personalabgaben für den Einsatz in dem mit Deutschland verbündeten
Rumänien. Diese Abgänge hatten bis zum Kriegsende etwa einen Umfang
von einem Drittel des friedensmäßigen Gesamtstandes erreicht.60 In einem
Fall wirkten sich diese Abstellungen auch durchaus positiv aus, als im
Sommer 1944 die Feuerwehrleute, welche man 1943 in größerer Zahl ins
Erdölgebiet bei Ploieşti kommandiert hatte, nach Wien zurückbeordert
wurden. Hier konnten sie ihre bei den Angriffen auf das rumänische
Erdölgebiet gewonnenen Erfahrungen, besonders beim Löschen von
Ölbränden, einbringen.
Bei den Luftangriffen machte es sich besonders unangenehm bemerkbar,
dass nun auch die wenigen noch vorhandenen jüngeren Beamten zu den
Kampfverbänden der Polizei in Marsch gesetzt wurden. Damit blieben nur
mehr die alten und die körperlich beschränkt einsatzfähigen
Feuerwehrleute zurück. Da der Löschdienst aber den vollen körperlichen
Einsatz erforderte, bedeutete dies ein nicht zu übersehendes Handicap.61
Im Zusammenhang mit dem Personaleinsatz ist auf den immer stärker
werdenden Einfluss der SS, besonders im Bereich der Polizei hinzuweisen.
Den seit Ende 1942 hatte sich die SS die Zuständigkeit für die Bearbeitung
der Organisations- und Personalangelegenheiten der Feuerschutzpolizei
gesichert. Dieser Coup konnte nur gelingen, da man mit Himmlers
Protektion, geschickt die ständigen Reibungsverluste ausnützte, welche
wiederum
eine
Folge
der
mehrgleisigen
Entscheidungsstränge
(Reichsstatthalterei, Gemeindeverwaltung, Polizeiverwaltung) gewesen
waren.
So übertrug Himmler mittels Erlass die Kompetenz für diese Belange den
Stabsoffizieren bei den Inspekteuren (Befehlshabern) der Ordnungspolizei.
Damit war ab diesem Zeitpunkt die Entscheidungsgewalt auf den „Höheren
59
BArch, R 55/447. Geheime Luftkriegs-Mitteilung Nr. 172 vom 12.10.44, Betrifft:
Kampfstoffwarnung.
60 Bouzek, Helmut, Wien und seine Feuerwehr, Geschichte und Gegenwart, Wien o. J., 390.
61 WStLA, M. Abt. 116, B6-2. Der Chef der Ordnungspolizei Berlin, Kdo. g. In F (1) Nr.141/44 g,
vom 6.11.1944, Betr.: Herauslösung von Unterführern und Männer der FSchP. zur Stärkung
der Front.
23
SS- und Polizeiführer Donau in Wien“ übergegangen.62 Dieser bestimmte
nun, über dem ihn unterstellten „Befehlshaber der Ordnungspolizei“ (BdO),
nicht nur die Personalangelegenheiten sondern auch den Einsatz und die
Verwendung der Feuerschutzpolizei und der Freiwilligen Feuerwehren. Auch
für die Organisation des Feuerlöschwesens, soweit sie nicht rechtlicher oder
verwaltungsrechtlicher Natur war, hatte nun der Höhere SS- und
Polizeiführer „Donau“ in Wien das Sagen. Diese Funktion übte der SSObergruppenführer und General der Polizei Querner aus, der als
Nachfolger des zum Chef des Reichsicherheitshauptamtes aufgestiegenen
Dr. Kaltenbrunner den „SS-Oberabschnitt Donau“ übernommen hatte.
Damit hatte die SS das Feuerwehrwesen fast vollständig unter ihre Kontrolle
gebracht.
Die Auswirkung der neuen Machtverhältnisse war auch bald zu spüren. Die
Geheime Staatspolizei, welche schon längere Zeit wegen einer
Widerstandsgruppe innerhalb der Feuerschutzpolizei ermittelt hatte, schlug
zu und nahm 46 Feuerwehrangehörige in Haft. In dieser Angelegenheit
wurde eigens das „Oberste SS- und Polizeigericht“ von München nach
Wien geholt, wo es Todesurteile und zahlreiche langjährige
Zuchthausstrafen verhängte. Von dem zu Tode Verurteilten wurden später
drei zu lebenslanger Freiheitsstrafe begnadigt und zwei am 31. Oktober
1944 auf der Schießstätte in Kagran erschossen. Zur Abschreckung wurde
befohlen, dass alle dienstlich abkömmlichen Angehörigen der
Feuerschutzpolizei zu dieser Hinrichtung anzutreten hatten. Aufgrund dieser
Vorfälle war das Vertrauen der damaligen politischen Machthaber in die
Feuerschutzpolizei schwerstens erschüttert.63
Hier dürfte auch der wahre Grund zu suchen sein, warum der Kommandeur
der Feuerschutzpolizei Oberst Dipl. Ing. Paul Bernaschek am 3. September
1943 von seinem Posten abberufen wurde.64 Bernaschek stand, nach
geleistetem Kriegsdienst, seit 1918 als Offizier bei der Wiener
Berufsfeuerwehr in Verwendung. Im Oktober 1936 wurde er als
Nationalsozialist pensioniert und nach dem Anschluss als Branddirektor
reaktiviert und zum Leiter der Feuerwehr bestellt. Nach der Umwandlung zur
Feuerschutzpolizei blieb er weiterhin in seiner Funktion, nun aber mit dem
Dienstgrad Oberst der FSchP. Als Grund für seine Ablösung wurden die bei
der im Frühjahr 1943 durchgeführten Großübung des Luftschutzes in Wien
aufgetretenen Mängel genannt, die man Bernaschek anlastete.
62
ÖStA-AdR, Gr. 04, RStH. Wien, Ordner 1202. Ia SPol 2.200-2035/42, vom 27.11.1942 (RdI,
Pol. O. Kdo. I F (1a) 100 Nr.47 II/42 vom 15.11.1942, Betr.: Zuständigkeit für die Bearbeitung
von Organisations- u. Personalangelegenheiten der Feuerschutzpolizei). Mit diesem Erlass
wurde die Zuständigkeit zugunsten der Stabsoffiziere der FSchP bei den Inspekteuren
(Befehlshabern) der Ordnungspolizei geklärt.
63 Näheres dazu in: Widerstand und Verfolgung in Wien 1934-1945, Band 3, Wien 1975.
64 Der Generalinspekteur für das Feuerlöschwesen hatte am 15. und 16.11.1943 die FSchP
Wien überprüft, wobei Generalmajor der Polizei Rumpf nach der Inspizierung die Haltung
und die Leistungen lobend hervorhob (FSchP. Wien, Kommandobefehl Nr. 32, vom
18.12.1943).
24
Der Sonderbefehl des Kommandeurs der Feuerschutzpolizei aus Anlass der Exekution der
zum Tode verurteilten Feuerschutzpolizisten (Archiv der Berufsfeuerwehr der Stadt Wien).
25
In der Angelegenheit Oberst der Feuerschutzpolizei Dipl. Ing. Bernaschek
legte der Regierungspräsident Dr. Dellbrügge am 5. Juli 1943 folgenden
Aktenvermerk an: „Ich habe dem Reichsleiter die wahrscheinliche
Ablösung Bernascheks vorgetragen. Er ist damit einverstanden, falls der
Nachfolger über besondere Erfahrungen aus dem Bombengebiet
verfügt“.65
Die Auswechslung des Kommandeurs der Feuerschutzpolizei hatte vor
allem der Inspekteur der Ordnungspolizei beim „Höheren SS- und
Polizeiführer Donau“, Generalmajor der Polizei Dr. Retzlaff, nachhaltig
betrieben. So war es dann auch ein an das Kommando der
Ordnungspolizei adressierter Bericht des Inspekteurs der Ordnungspolizei in
Wien vom 12. August 1943, verfasst vom Leiter der Abteilung F III
Oberstleutnant der FSchP Dipl. Ing. Holsten, der den Ausschlag für den
Kommandantenwechsel gab.66 Bereits zehn Tage später teilte der
geschäftsführende Bürgermeister, Stadtkämmerer Dr. Hanke, dem
verdutzten Bernaschek seine Ablösung mit. Obwohl der entsprechende
Erlass Himmlers erst am 3. September 1943 ausgefertigt wurde, erfolgte die
Ablösung in Wien bereits am 23. August.
Als Ersatz für Bernaschek bot sich, der damals bei der Stadtverwaltung als
Oberstadtbaurat tätige, Ing. Johann Stanzig an. Dieser war damals Leiter
der Abteilung G 43 der Stadtverwaltung und war nebenbei auch als
allgemeiner LS-Referent der Hauptabteilung G eingeteilt.67 Stanzig,
Parteimitglied seit 1932 mit der Mitgliedsnummer 1601577, fühlte sich durch
die 1938 erfolgte Bestellung von Bernaschek (NSDAP Mitgliedsnummer
6268840) in der Parteihierarchie übergangen. Besonders verärgert war Ing.
Stanzig darüber, dass er zum Stellvertreter des um fünf Jahre jüngeren
Bernaschek bestellt wurde. Dies führte in der Folge dann zu endlosen
Rivalitäten zwischen den beiden Kontrahenten. Obwohl Stanzig 1938 in die
wichtige Funktion eines Vertreters der Feuerwehr im neugebildeten
Luftschutzstab beim Kommando der Schutzpolizei berufen wurde,
wechselte er später in die Gemeindeverwaltung, strebte jedoch nach wie
vor den Kommandeursposten bei der Feuerschutzpolizei an.
Geduldig wartete er auf seine Chance, wobei er geschickt seine
Verbindungen zu dem „Höheren SS- und Polizeiführer Donau“ in Wien, SS-
65
ÖStA-AdR, Gr. 04, RStH. Wien. Ia SPol 1806-1201/43, vom 6.7.43.
Holsten kam von der Polizeiverwaltung Düsseldorf. Seit 29.9.1940 beim Inspekteur der
Ordnungspolizei in Salzburg verwendet, wurde er mit 13.6.1943 zum BdO Wien versetzt
(Dienstzugeteilt bereits ab 1.4.42). Hier wurde er als Sachbearbeiter für das
Feuerlöschwesen zum Nachfolger von Major (Obstlt.) d. FSchP Dipl. Ing. Krajanek, welcher
mit 1.12.1942 in den Ruhestand versetzt wurde und fortan als Sachbearbeiter bei der
Werksluftschutz-Bereichsstelle Wien Dienst versah. Holsten wurde dann am 14.7.44, wohl zur
Belohnung, von Wien nach Berlin ins Hauptamt Ordnungspolizei versetzt.
67 WStLA, M. Abt. 116, A 71, Karton 38. A 17-492/43, vom 27.2.1944 (Abt. A 2 - 512/43, vom
17.2.1943, Betr.: Allgemeiner Luftschutzreferent für die Hauptabteilung G, Bestellung).
66
26
Gruppenführer und Generalmajor der Polizei Querner, nutzte.68 Von Vorteil
war auch seine Mitgliedschaft als Untersturmführer bei der Allgemeinen-SS,
der er schon seit dem 17. Dezember 1937 angehörte. Diesem hatte der
nicht der SS angehörende Bernaschek nichts entgegen zu setzen, so dass
es zum Wechsel beim Kommandeursposten kam. Der überrumpelte
Bernaschek wurde zur Berliner Feuerschutzpolizei versetzt, mit der Gewissheit
dass er keine Chance mehr auf einen Kommandeursposten haben würde.
Das Stanzig über keinerlei Erfahrungen aus dem „Bombengebiet“ verfügte,
so wie es Schirach es ausdrücklich gewünscht hatte, spielte dabei keine
Rolle mehr.
Stanzig hatte sein Ziel erreicht und wurde nun mit der Wahrnehmung der
Geschäfte des Kommandeurs in Wien, unter gleichzeitiger Führung der
Dienstbezeichnung „Oberst der FSchP“, betraut. Mit seiner definitiven
Ernennung am 25. November 1943 erfolgte dann auch die Beförderung
zum SS-Standartenführer. Bernaschek der sich wohl nicht zu Unrecht
gemaßregelt fühlte, wandte sich schriftlich an Himmler und Schirach, wo er
allerdings ohne Unterstützung blieb. Denn der Reichsstatthalter von Wien
wollte sich nicht im Mindesten mit der SS-Bürokratie anlegen, wie die
Ausfertigung der Ernennungsurkunde an Stanzig beweist, wo es hieß:
“Ich ernenne den städtischen Oberbaurat Ing. Johann Stanzig zum
Oberst der Feuerschutzpolizei. Ich vollziehe diese Urkunde in der
Erwartung, daß der Ernannte getreu seinem Diensteid seine
Amtspflichten gewissenhaft erfüllt und das Vertrauen rechtfertigt, das
ihm durch diese Ernennung bewiesen wird. Zugleich darf er sich des
besonderen Schutzes des Führers sicher sein. Wien, den 25. November
1943. - v. Schirach, m. e. H.“ 69
Zur Versetzung von Bernaschek nach Berlin kam es allerdings auch nicht,
wahrscheinlich hatten sich die Berliner mit Erfolg dagegen gewehrt. So kam
es, wie es kommen musste, der Kommandobefehl 5/1944 der
Feuerschutzpolizei Wien vom 15. März 1944 vermerkte dazu lapidar: „Mit
Entschließung des Herrn Reichsstatthalters in Wien vom 15.2.1944 wurde
Oberst d. FSchP. Dipl. Ing. Paul Bernaschek in den Ruhestand versetzt“.70
Der neu ernannte Wiener Bürgermeister Blaschke bemühte sich in der
Folgezeit, allerdings erfolglos, um den frustrierten und vorzeitig in die
Pension geschickten Oberst. Blaschke bot Bernaschek das Amt eines
68
ÖStA-AdR, Gr. 04, RStH. Wien, Ordner 1202. Ia SPol 2.200-2035/42, vom 27.11.1942 (RdI,
Pol. O. Kdo. I F (1a) 100 Nr.47 II/42 vom 15.11.1942, Betr.: Zuständigkeit für die Bearbeitung
von Organisations- u. Personalangelegenheiten der Feuerschutzpolizei. Mit diesem Erlass
wurde die Zuständigkeit zugunsten der Stabsoffiziere der FSchP bei den Inspekteuren
(Befehlshabern) der Ordnungspolizei geklärt.
69 BArch, Berlin Document Center (BDC). Personalunterlagen Ing. Stanzig. Siehe auch
ÖStA-AdR, Gr. 04; RStH. Wien, Ordner 1254. Ia SPol. Zl.: 1806-1201/4/43, vom 18.9.1943, Betr.:
Abberufung von Oberst d. FSchP Dipl. Ing. Bernaschek durch den RFSSuChdDtPol. O-Kdo. II
P VIII (9a) Ber. 1 Nr. 20 vom 3.9.1943. Des Weiteren auch: Ia SPol Zl.: 1806-1201/5/9, vom
12.10.1943, Schreiben Bernaschek an v. Schirach vom 22.9.1943.
70 ÖStA-AdR, Gr. 04, RStH. Wien, Ia SPol. Ordner 1348.
27
Sachbearbeiter für den Luftschutz und eines Leiters des „Erweiterten
Selbstschutzbetriebes „Wiener Rathaus“ an, was Bernaschek jedoch
ablehnte.
Der Ausbau des FE-Dienstes
Die Ergänzungskräfte der Luftschutzpolizei waren bis zum Sommer 1943
zumeist ältere Wiener, die nach ihrer Ausbildung wieder in die Reserve
entlassen wurden. Diese für den Luftschutz ausgebildeten Männer waren
aber gleichzeitig auch wichtige und unersetzlichen Schlüsselkräfte in der
auf vollen Touren laufenden Rüstungsindustrie. Daher gab es zur
Jahreswende 1943/44, als es zur Aktivierung des FE-Dienstes kam,
ungeahnte Schwierigkeiten mit den Rüstungsdienststellen. So konnte der
größere Teil dieser Personengruppe nicht mehr eingezogen werden, da die
Rüstungsdienststellen im Auftrag des Reichsministers für Rüstung und
Kriegsproduktion dagegen Einspruch erhoben. In der Folge einigte man
sich darauf, unter Verzicht auf diese Rüstungsarbeiter, den Bedarf der
Luftschutzpolizei in Wien durch Ausländer aus dem Arbeitskräftekontingent
der Industrie abzudecken.
Diese Regelung führte dazu, dass der Anteil der fremdsprachigen
Luftschutzpolizisten in Wien bei mehr als 50 Prozent lag, wobei die
deutschsprachigen Luftschutzpolizisten durchwegs über 60 Jahre alt waren.
Ein weiterer Nachteil war, dass sich dieser, um das Schlüsselpersonal der
Industrie reduzierte, Personenkreis nun zum Großteil aus Angehörigen der
kaufmännischen Berufe zusammensetzte und handwerkliche Berufe fast zur
Gänze fehlten.71 Auch der Anteil der Feuerschutzpolizei innerhalb des FEDienstes schrumpfte ständig durch Abwanderung zu anderen Dienststellen
und Polizeiverbänden. Dieser Trend setzte sich auch im letzten Kriegsjahr
ungebrochen fort. Hatte die Feuerschutzpolizei am 1. April 1944 noch 891
Aktive im Dienst, so war diese Zahl innerhalb eines Jahres auf 609
abgesunken.
Von den 1321 vorgesehenen Dienstposten der Feuerschutzpolizei waren
am 1. April 1945 nur mehr 1004 besetzt. Die Differenz zwischen den
besetzten Stellen und den real verfügbaren Männern ergab sich durch die
zur Wehrmacht eingerückten oder zu anderen Polizeieinheiten
abgeordneten Beamten, die nach wie vor im Stellenplan der
Polizeiverwaltung in Wien aufschienen. So waren vor dem Beginn der
Kampfhandlungen in Wien nur mehr 45 Prozent des ausgewiesenen
Personals der Feuerschutzpolizei auch körperlich vorhanden, so dass immer
71
Näheres zu den Angaben über die Einberufungen zur LS-Polizei in Wien und zur
Problematik der Personalgestellung findet man in den Kriegstagebüchern der
Rüstungsinspektion XVII und der Rüstungskommandos Wien und Mödling, im Zeitraum
Sommer 1943 bis September 1944 (NARA, T77, roll 741, 745, 747).
28
mehr Aufgaben vom Behelfspersonal übernommen werden mussten.
Unmittelbar vor dem Abzug aus Wien lag der Anteil der Ergänzungskräfte
beim FE-Dienst bei fast 84 %. Die Angehörigen der Feuerschutzpolizei
machten nur mehr etwas über 16 % aus und der Anteil an fremdsprachigen
Mannschaften lag bei über 40 %.72
Der FE-Dienst in Wien zählte kurz vor dem Herannahen der Front, am 1. April
1945, 3748 Köpfe und hatte demnach nur 129 Fehlstellen gegenüber dem
Sollstand von 3877. Der Anteil von Polizeivollzugsbeamten, die der
Feuerschutzpolizei angehörten, betrug nur mehr 609 Mann und setzte sich
aus 18 Offizieren, 63 Bezirksoffizieren und 528 Mannschaftsdienstgraden
zusammen. Die Masse des Personals des FE-Dienstes, nämlich 3139 Köpfe,
bestand aus Ergänzungskräften, wovon 1725 deutsch- und 1414
fremdsprachig waren. Die deutschsprachigen Ergänzungskräfte setzten sich
wiederum aus 1604 LS-Polizisten und 121 Polizei-Reservisten zusammen. Von
den 1414 fremdsprachigen Ergänzungskräften waren 805 reine Hilfskräfte,
denen keine Planstelle im Rahmen des FE-Dienstes zugeteilt war. Nun waren
die Angehörigen der Wiener Feuerschutzpolizei zu einer Minderheit
geworden.73
Beachtenswert ist, dass die Planstellen des FE-Dienstes, zu einer Zeit als die
Truppen der Roten Armee bereits vor den Toren Wiens standen, zumindest
nominal zu 97 Prozent besetzt waren. Ein Hinweis auf den überragend
hohen Stellenwert der Brandschutzkräfte im Luftschutz. Ähnlich verhielt es
sich auch bei der materiellen Ausstattung, wie die letzte vorhandene
Stärkemeldung vom 1. April 1945 beweist. An diesem Tag setzte sich der
Fahrzeugpark des FE-Dienstes aus 627
Kraftfahrzeugen
und
124
Motorrädern zusammen. Davon gehörten 253 Fahrzeuge der
Feuerschutzpolizei und 374 waren Fahrzeuge die Eigentum der Luftwaffe
waren.74
Im letzten Kriegsjahr blieb der Stand an fremdsprachigen Ergänzungskräften
fast unverändert, doch die Zahl der deutschsprachigen LS-Polizisten ging
laufend zurück. Hatte es zu Anfang Dezember 1944 noch 1900
deutschsprachige Luftschutzpolizisten gegeben, so war diese Zahl innerhalb
von nur vier Monaten auf 1761 abgesunken.75 Neben dem Ausscheiden
aus gesundheitlichen Gründen, waren es vor allem die Einberufungen zur
72
Erwin A. Grestenberger, Friedrich Müller, Die Feuerwehr der Stadt Wien, Ihre Geschichte
– ihre Fahrzeuge (Jubiläumsfestschrift 300 Jahre Wiener Berufsfeuerwehr), Wien 1986, 44.
73 Zitiert nach: Erwin A. Grestenberger, Friedrich Müller, Die Feuerwehr der Stadt Wien, Wien
1986, 44 f. Broucek, Wien und seine Feuerwehr, 412 nennt für die Zeit knapp vor der
Auflösung des FE-Dienstes, ohne ein genaues Datum anzugeben, abweichende Zahlen:
610 Mann Feuerschutzpolizei, 1640 Mann deutschsprachige- und 1510 Mann
fremdsprachige Ergänzungskräfte, was einen Gesamtstand von 3760 Mann und damit
einen Fehlstand auf das Soll von 117 Männern ergibt.
74 Erwin A. Grestenberger, Friedrich Müller, Die Feuerwehr der Stadt Wien, Wien 1986, 44 f.
75 WStLA, Vertretungskörper B1/2. 24. öffentliche Sitzung am 15.12.1944. Bericht des
Kommandeurs der FSchP Wien, Ing. Stanzig, an die Ratsherren.
29
Wehrmacht, die diesen Effekt bewirkten. Der schwere Dienst forderte bei
den zumeist schon älteren Männern seinen Tribut, was zu einer hohen
Ausscheidungsrate wegen Dienstunfähigkeit führte.
Waren anfangs nach einem 24 stündigen Dienst die darauffolgend 24
Stunden frei, so musste man bald zu einen dreitägigen Rhythmus, mit 48
Stunden Dienst und nur einen freien Tag, übergehen. Als sich im November
die Angriffe weiter steigerten wurde der Dienst sogar auf 72 Stunden
verlängert, wobei die Erholungsphase mit 24 Stunden unverändert blieb. Als
auch diese Regelung nicht mehr ausreichte kasernierte man die
Angehörigen der Feuerschutz- und Luftschutz-Polizei. Nun mussten alle in
ihren zugewiesenen Unterkünften bleiben und selbst begründete
Dienstbefreiungen wurden nur mehr in kleinsten Rahmen und nach
vorhandener Möglichkeit gewährt.76
Auch die Organisationsform der Freiwilligen Feuerwehren hatte in den
Jahren 1943/44 ihre endgültige Form gefunden. Die Freiwilligen Wehren
waren nun in sechs Bereitschaften (Mödling, Liesing, Schwechat, GroßEnzersdorf, Hadersdorf-Weidlingau und Klosterneuburg) zusammengefasst,
die alle mit besonders leistungsfähigen Fahrzeugen ausgestattet waren.77
Diese
„Freiwilligen
Feuerwehr-Bereitschaften“
wurden
von
der
Feuerschutzpolizei intensiv, mit Schwergewicht auf den Einsatz bei
Luftangriffen, ausgebildet, so dass diese Kräfte eine wesentliche
Verstärkung des FE-Dienstes bedeuteten. Dies bewog auch den
Polizeipräsidenten eine Befreiung von der Einberufung zum 1. Aufgebot des
Deutschen Volkssturmes für diesen Personenkreis zu verlangen. Stattdessen
schlug er dem Reichsverteidigungskommissar vor, diese Bereitschaften, als
geschlossene Formationen im Rahmen des 2. Volkssturmaufgebots, für den
Löschdienst zu erhalten. Letztlich wurde, aufgrund einer Entscheidung
Schirachs, für diesen Personenkreis dann überhaupt von einer Einberufung
zum Volkssturm abgesehen.78
Die Ausstattung mit Fahrzeugen und Geräten für den FE-Dienst, die über die
Grundausstattung der Feuerschutzpolizei hinaus erforderlich war, wurde aus
Reichsmitteln bezahlt und von der Luftwaffe zur Verfügung gestellt. Für Wien
war das LS-Gerätelager in Tulln zuständig, wo man aus Gründen der
Auflockerung, 1944 ein zusätzliches Teillager auf dem Fliegerhorst Tulln
eingerichtet hatte. Von den bei Kriegsende in Wien vorhandenen 627
Feuerwehrfahrzeugen gehörten lediglich 253 zum städtischen Fuhrpark.
Diese grün lackierten und mit Feuerschutzpolizei beschrifteten Fahrzeuge
führten das Polizeikennzeichen (Pol). Die restlichen 374 luftwaffeneigenen
76
Ebd. und 20. nichtöffentliche Sitzung, Ratsherren-Sitzungsprotokoll vom 6.9.1944.
Genauere Angaben dazu bei: Joachim Rössl, Günter Schneider, Hans Schneider, Peter
Zawrel, Das große Niederösterreichische Feuerwehrbuch, Wien München 1986.
78 ÖStA-AdR, Gr. 04, RStH. Wien, Karton 60c. Der Polizeipräsident in Wien als örtlicher
Luftschutzleiter, Zl. S Lu/a 5440, Nr.1159/44 (g) vom 28.12.1944. Betr.: Heranziehung der
Wiener Feuerwehrbereitschaften zum Deutschen Volkssturm.
77
30
Fahrzeuge, die rund 60% des Fahrparks ausmachten, waren in grauer
Farbgebung gehalten und hatten Kennzeichentafeln der Luftwaffe (WL).
Die in den Zahlen enthaltenen 124 Krafträder waren vor allem für Meldeund Aufklärungseinsätze im Rahmen des FE-Dienstes vorgesehen.
Die Einsatzfahrzeuge der 35 FE-Bereitschaften, waren durch die ab 1943 in
großer Zahl zugeführten Fahrzeuge, durchwegs moderner Bauart. Das traf
vor allem bei den wichtigen Löschfahrzeugen zu, die durchwegs neuwertig
waren.79 Leider liegen für die Jahre 1944/45 keine detaillierten Angaben
über den Fahrzeugpark und dessen Aufteilung im Rahmen des FE-Dienstes
vor. Doch dürften die Verhältnisse jenen in Berlin ähnlich gewesen sein, wo
sich der Fuhrpark im Rahmen des FE-Dienstes, zwischen den stadteigenen
grünen Fahrzeugen der Feuerschutzpolizei und den zugeteilten
reichseigenen, grau lackierten, Luftwaffenfahrzeugen folgendermaßen
aufteilte (wobei hier jeweils der Anteil der luftwaffeneigenen Fahrzeuge
angegeben ist): 77% der Löschfahrzeuge, 91% der Schlauchkraftwagen,
12% der Drehleitern, 100% der Entgiftungskraftwagen, 21% der
Spezialfahrzeuge, 63% der PKW, 98% der Motorräder und 79% der
Tragkraftspritzenanhänger. Die Zahlen für Wien dürften sehr ähnlich
gewesen sein, dafür spricht die Quote der zugeteilten reichseigenen
Fahrzeuge von knapp 60 %, die in Berlin und Wien auf annähernd gleichem
Niveau lag.
Die Herstellung der Abwehrbereitschaft
Am Beginn aller Aktivitäten zur Steigerung der Abwehrbereitschaft stand
die große Luftschutzübung vom Mai 1943, die sowohl den ungenügenden
Kräfteansatz aufzeigte, als auch die Mängel im Bereich der Führung.
Besonders bei der Koordination der verschiedenen Hilfsorganisationen
zeigten sich erhebliche Mängel. Diese Probleme hingen zum Teil mit der
veränderten Organisationform bei den Einsatzkräften im Luftschutzort Wien
zusammen. Infolge der zunehmenden Bedrohung aus dem Mittelmeerraum
musste man im April 1943 die Luftschutzorganisation in vollem Umfang
aktivieren. Dies brachte vor allem im personellen Bereich ungeahnte
Probleme, da die vorhandenen geringen Personalstände in allen Bereichen
der Gefahrenabwehr ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Luftschutzes
mehr als fraglich erscheinen ließen.
Die in Wien bisher nur ungenügend durchgeführten Schutzmaßnahmen
waren eine Folge der in der Vergangenheit als gering eingeschätzten
Gefahr aus der Luft. Nun sollten plötzlich, im Zusammenhang mit der
79
Erwin A. Grestenberger, Friedrich Müller, Die Feuerwehr der Stadt Wien, 44 und Helmut
Bouzek, Wien und seine Feuerwehr- Letzterer nennt zum 1.4.1945 folgenden
Fahrzeugstand: 382 Löschfahrzeuge, 94 Sonderfahrzeuge und 204 Wirtschaftsfahrzeuge,
davon waren 366 im Eigentum der Luftwaffe.
31
Umstellung von der Feuerschutzpolizei auf den FE-Dienst, die vorhandenen
Kräfte besser verteil werden. Dies konnte jedoch aufgrund des Mangels an
Menschen und Material nur sehr unvollkommen gelingen. Bis zur großen
Luftschutzübung
war
es
zwar
gelungen
die
erforderlichen
Fernmeldeverbindungen, entsprechend der neuen Struktur, notdürftig
herzustellen. Allerdings war die neue Organisation im Mai 1943 noch kaum
eingespielt, so dass es bei der Übermittlung der Nachrichten überall zu
erheblichen Verzögerungen kam. Auch zeigte sich, dass die Wege welche
die Hilfsmannschaften zurückzulegen hatten unzumutbar lang waren. Dies
wieder war eine Folge der Verteilung der Einsatzkräfte über das gesamte
Stadtgebiet von Groß-Wien.
Zwar hatte man die Übung bewusst so angelegt, dass die vorhandenen
Schwachstellen, wie den Mangel an Löschfahrzeugen und das Fehlen von
Wasserentnahmestellen die von der städtischen Wasserversorgung
unabhängig waren, klar erkennbar wurden. Das hinderte die NS-Bürokratie
allerdings nicht, sofort nach Schuldigen zu suchen, der auch alsbald, im
Kommandeur der Feuerschutzpolizei, gefunden wurde. Allerdings war es
nach dieser Übung nicht mehr möglich, die katastrophale Situation beim
Luftschutz zu verdrängen. Das Ergebnis dieser Übung konnte keineswegs
eine Überraschung sein, denn die aufgezeigten Mängel waren seit Jahr
und Tag allseits bekannt. Alle für die Gefahrenabwehr zuständigen
Verantwortlichen hatten seit Jahr und Tag, die Luftkriegsereignisse im
westlichen Reichsgebiet vor Augen, ein mehr an Personal und Gerät
gefordert.
In der Folge forcierte man den Ausbau des FE-Dienstes, dessen Stärke man
innerhalb der nächsten sechs Monate verdoppeln konnte.80 Der rasche
Ausbau des FE-Dienstes schaffte allerdings auch neue Probleme, besonders
auf dem Unterkunftssektor, wo es schon seit langem einen Mangel gab. So
mussten zur Unterbringung der Mannschaften der FE-Bereitschaften neben
den Feuerwachen auch eine große Anzahl von Ersatzunterkünften in
Schulen und Gasthäuser in Anspruch genommen werden. Da dies alles
noch nicht ausreichte wurde eine beachtliche Anzahl von Baracken
zusätzlich aufgestellt. Diese dienten der Luftschutzpolizei dann als
Unterkünfte, aber auch als Lager für Geräte und Ausrüstung.
Trotz aller Anstrengungen konnte das Unterkunftsproblem, welches für eine
einheitliche Führung und Ausbildung, aber auch für den geschlossenen
Einsatz der Bereitschaften, so entscheidend war, bis zum Ende des Krieges
nicht gelöst werden. Jeder Luftangriff vermehrte die Unterkunftsprobleme,
da auch immer wieder Feuerschutzpolizei-Wachen und Unterkünfte des FEDienstes den Bomben zum Opfer fielen. So wurden unter anderem nicht
weniger als sechs Hauptfeuerwachen durch Bombentreffer schwer
80
ÖStA-AdR, RStH. Wien, Ordner 1254. Ia SPol 1806-1201/43, Stellungnahme des Oberst d.
FSchP
Dipl. Ing. Paul Bernaschek, vom 22.9.1943, zu seiner Abberufung vom
Kommandeursposten in Wien und zur Versetzung nach Berlin.
32
beschädigt. Als Lösung bot sich an die FE-Züge direkt in die zu schützenden
Objekte zu verlegen, wo die Unterkunftsprobleme, im Einvernehmen mit
den Nutznießern des erhöhten Feuerschutzes, leichter zu bewältigen waren.
Besonders im innerstädtischen Raum machte man von dieser Möglichkeit
reichlich Gebrauch.
Die Feuerschutzpolizei blieb jedoch, unbeschadet ihrer Aufgaben im
Luftschutz und der Integration in die FE-Bereitschaften, weiterhin in den
Angelegenheiten des friedensmäßigen Feuerschutzes dem Bürgermeister
unterstellt. Erst im Rahmen eines Einsatzes im Verband des FE-Dienstes bei
einem Fliegerangriff, in der Zeitspanne vom Alarm bis zur Beendigung des
Notstandes, unterstand die Feuerschutzpolizei dann dem örtlichen
Luftschutzleiter (Polizeipräsidenten). In ähnlicher Weise waren auch die
Dienststellungen der Angehörigen der Feuerschutzpolizei geregelt, die nun
zusätzlich, unbeschadet ihrer friedensmäßigen Aufgaben, auch die
Führungspositionen im Rahmen der Organisation des FE-Dienstes zu
übernehmen hatten.
Ursprünglich hatte man die FE-Bereitschaften nach ihrer Zugehörigkeit zu
den entsprechenden Abschnitten bezeichnet z. B.: FE-Bereitschaft VI/1 und
VI/2.81 Später bezeichnete man die FE-Bereitschaften, ohne den Hinweis auf
die Abschnittszugehörigkeit, durchlaufend mit Nummern von 1 bis 35. Auf eine
Bildung von Reserven glaubte man verzichten zu können. da man aufgrund
der Größe des Stadtgebietes davon ausging, dass niemals alle Bezirke
gleichzeitig angegriffen würden. So vertraute man darauf, nach der
Feststellung der Angriffsschwerpunkte, entsprechende Kräfte von dem nicht
oder nur wenig betroffenen Gebiete zu den Großschadensstellen beordern zu
können.
Der Abschnitt Hafen
Für den Schutz des Wiener Hafens wurde in einem der großen Lagerhäuser
eine neue Feuerwache eingerichtet. Der Wache „Winterhafen“, der FEBereitschaft XVII/1, waren auch eigene Löschboote zugeteilt. Zu den
Einsatzkräften des FE-Dienstes im Hafenbereich kam dann noch der Havarie
Dienst dazu, den man, entsprechend dem Instandsetzungsdienst am Land,
eingerichtet hatte. Die Aufgabe des Hafenluftschutzes war es, die Wirkung
von Luftangriffen auf die Hafenanlagen herabzumindern und eine rasche
Hilfeleistung für alle im Hafen befindlichen Einrichtungen und Schiffe
sicherzustellen. Im Vordergrund standen hier die Bekämpfung von Bränden
und die Beseitigung von Schifffahrtshindernissen, wie von gesunkenen
Wasserfahrzeugen.
81
FSchP Wien, Kommandobefehl Nr. 9, vom 26.4.1944. Für einen Einsatz außerhalb von
Wien waren die FE-Bereitschaften I/1, IV/1, VII/1, XIII/1 und XVI/1 vorgesehen.
33
Eine erfolgreiche Brandbekämpfung konnte im Hafenbereich aber nur
erreicht werden, wenn gleichzeitig ein Einsatz von der Landseite und von
vom Wasser her möglich war. Dazu wurde die Feuerschutzpolizei mit
Feuerlöschbooten ausgestattet, die mit mehreren Tragkraftspritzen, jede mit
einer Förderleistung von je 800 Liter pro Minute, bestückt waren.
Der Hafenbereich war im Dezember 1944 bereits vom Luftkrieg gezeichnet. Links im Bild ist
das Hafenbecken von Albern und die Mündung des Donaukanals sowie die Einfahrt in den
Winterhafen zu erkennen. Rechts ist der Öl Hafen, oberhalb davon die schwer getroffene
Raffinerie Lobau zu sehen (US-Air Force, AFHRA/RSA).
Bereits im Sommer 1943 hatte man zwei Löschboote in den Winterhafen
verlegt und wo man auch zwei Mannschaftsbaracken für die
Bootsbesatzungen aufgestellt hatte.82 Auch für die Löschfahrzeuge
errichtete man zweie neue Fahrzeughallen. Die im Hafenbereich
stationierten Löschboote kamen auch außerhalb des Hafengebietes,
besonders im Bereich des Donaukanals, zum Einsatz. Im Bereich der
82
WStLA, M. Abt. 236, A 24, Karton 1. Abt. G4-2402/43, vom 12.8.1943 = FSchP. 5b 30/7/43,
vom 2.8.1943, Betr.: Barackenaufstellung am Winterhafen zur Unterbringung der
Löschbootbesatzung.
34
Stadionbrücke wurde ein weiteres Löschboot stationiert, den der
Donaukanal galt auch als Garant für die Löschwasserversorgung des
innerstädtischen Kernbereichs. Vom Kanal aus konnte man sowohl die
Innere Stadt, wie auch die Bezirke 3 und 9 sowie große Teile des 2. und 20.
Bezirks günstig mit Löschwasser versorgen.
Nach dem Einsetzen der Luftangriffe ordnete das Oberkommando der
Wehrmacht einen weiteren Ausbau des Abschnitts XVII (Hafen), wegen der
überragenden Bedeutung des Wiener Hafens für den Ölumschlag, an. In
diesem
Zusammenhang
wurde
der
Hafenbereich
auch
zum
Einsatzschwerpunkt des Wiener FE-Dienstes erklärt. Auf dem Gelände der
Rennbahn in der Freudenau und bei der Freudenauer Hafenstraße, ebenso
wie an der Seitenhafenstraße wurden zusätzliche Wohn- und GeräteBaracken für den FE-Dienst und die Luftschutzpolizei errichtet. Hier begann
man im Spätsommer 1944 mit der Errichtung zweier gegen Bombensplitter
geschützter
Fahrzeugunterstände.
Diese
sollten
die
wertvollen
Löschfahrzeuge während des Bombardements Schutz bieten. Dies war
nötig geworden, da die Einrichtungen des Hafens bei fast bei jeden Angriff
im Bombenhagel der angreifenden Geschwader lagen.
Beide Fahrzeugunterstände bestanden aus je sieben Fahrzeugboxen, die in
einem Abstand von zwei Metern nebeneinander lagen. Die Unterstände
wurden mit einer Wandstärke von 50 Zentimeter Stahlbeton ausgeführt und
boten jeweils Platz für zwei Löschfahrzeuge, so dass in jeder Reihe 14
Fahrzeuge splittersicher untergestellt werden konnten. Die einzelnen Stände
wurden zusätzlich noch durch eine massive Erdaufschüttung untereinander,
zu einem massiven Ganzen, verbunden. Ein dieser Fahrzeugunterstände
kam zwischen dem Hafenbecken des Winterhafens und der Freudenauer
Hafenstraße, unweit des heute nicht mehr bestehenden Gasthauses
„Arche Noah“ zur Ausführung. Die zweite Anlage wurde an der
Seitenhafenstraße, zwischen dem Straßenzug der Hafen-Zufahrtsstraße und
der Freudenauer-Hafenstraße sowie der Helling-Straße errichtet.83
Die hier stationierten Kräfte der Luftschutzpolizei hatten bei den
Luftangriffen, ebenso wie die Männer der FE-Abteilung 35, der früheren FEBereitschaft XVII/1, immer wieder einen hohen Blutzoll zu entrichten gehabt.
Gleiches galt auch für die auf der anderen Seite der Donau, im Bereich der
Lobau, wo die Schutzobjekte Raffinerie, Großtanklager und Öl Hafen lagen,
stationierte Kompanie der Feuerschutzpolizei-Abteilung (mot.) 3.
83
AdR, Gr.05, Reichsbauamt Wien. Reichsbauamt Wien-Ost Zl.: 5.248/44 vom 15.7.44,
Kostenvoranschlag. Hier auch ein Schreiben des Polizeipräsidenten S. Lu/c-5480/44, vom
7.4.1944, Betr.: Bau von Mannschafts- u. Fahrzeugbaracken im Winterhafen.
35
Letzte Anstrengungen
Gegen Ende des Jahres 1943 übertrug sich die allgemeine Hektik die in
allen Bereichen des Luftschutzes herrschte, auch auf die Feuerschutzpolizei.
Oberst der Feuerschutzpolizei Ing. Stanzig absolvierte im November eine
zweiwöchige Informationsreise nach Essen in das damals bereits schwer
vom Luftkrieg geprüfte Ruhrgebiet zur dortigen zur Feuerschutzpolizei.
Danach war noch eine Unterweisung beim Befehlshaber der
Ordnungspolizei in Münster vorgesehen. Zur selben Zeit überprüfte der
Generalinspekteur für das Feuerlöschwesen, Generalmajor der Polizei
Rumpf, mehrere Feuerlöscheinheiten im Wehrkreis XVII. So fand am 15. und
16. November 1943 auch die Besichtigung der Feuerschutzpolizei in Wien
statt. Bei dieser Gelegenheit bezeichnete der Generalinspekteur die Wiener
Feuerschutzpolizei als eine der besten des Reiches.
Männer der Feuerschutzpolizei füllen am 1. November 1943 den neuerrichteten Löschteich
vor dem Rathaus.
Foto: Bundesarchiv
Zu dieser Zeit arbeitete man mit großem Nachdruck an der Errichtung einer
unabhängigen
Löschwasserversorgung,
hatte
man
doch
die
Brandkatastrophen von Hamburg, Darmstadt und Kassel noch deutlich vor
Augen. Aufgrund der bösen Erfahrungen mit dem Feuersturm in Hamburg
legte man in Wien den Schwerpunkt aller Anstrengungen im Bereich des
Luftschutzbaues auf den Ausbau einer von der städtischen
Wasserversorgung unabhängigen Versorgung mit Löschwasser. Denn über
36
die Abhängigkeit von der Ersten- und Zweiten Hochquell-Wasserleitung und
deren Empfindlichkeit gegen Luftangriffe war man sich wohl bewusst.
Durch die Konzentration aller Anstrengungen auf diesem Bereich erreichte
man eine Spitzenposition unter allen deutschen Städten. Erst die fehlende
Baukapazität lies im Herbst des Jahres 1944 dieses Programm, ebenso wie
den übrigen Luftschutzbau, zum Erliegen kommen.
Im Sommer 1943 widmete man der Aufteilung der Brandschutzkräfte im
Stadtkern besondere Aufmerksamkeit. Als besonders schwierig erwies es
sich hier die benötigten Unterkünfte und Einstellmöglichkeiten für die
Feuerwehrfahrzeuge zu finden. Eine Lösung dieser Problematik fand sich
unter anderem in der Unterbringung von Feuerlöschkräften in den
öffentlichen Kulturbauten. So kam es 1943 in den beiden Museen an der
Ringstraße zur Stationierung von Löschzügen der FE-Bereitschaft VIII/2 (FEBereitschaft 16). Die Löschzüge hatte man aus dem als wenig gefährdet
angesehenen Gebiet, in diesem Fall aus dem Bereich des
Abschnittskommando VIII in Kalksburg, abgezogen.84 Sowohl im Kunst- wie
auch im Naturhistorischen Museum standen nun je ein FE-Zug, mit jeweils
zwei Löschfahrzeugen des Typs LF 25, bereit.
Anfänglich wurde diese Maßnahme von der Museumsleitung als ein
wesentlicher Vorteil im Falle eines Angriffs begrüßt. Als dann die
Bombardements immer mehr zunahmen, änderten die Museumsleute
allerdings ihre Meinung zu diesem Thema. Mit vordergründigen und an den
Haaren herbeigezogenen Argumenten versuchte man die Löschkräfte
wieder aus den Museumsbauten zu vertreiben.85 Weitere Differenzen
zwischen den Dienststellen des Kulturbereichs und der örtlichen
Luftschutzleitung entstanden über die Errichtung von Löschteichen in
unmittelbarer Nachbarschaft der Museumsgebäude. Denn die Direktoren
fürchteten um die Beschädigung des ihnen anvertrauten Kunstgutes,
soweit es nicht schon ausgelagert war, durch das Löschwasser. Doch die
Frage wie ein möglicher Großbrand ohne Wasser gelöscht werden sollte,
konnte letztlich auch von Seiten der Museumsdirektion nicht schlüssig
beantwortet werden.
Noch vor dem Beginn der Luftangriffe auf den Gau Wien versuchte man
die Feuerlöschkapazität der FE-Bereitschaften zu erhöhen, indem die dritten
Züge der Bereitschaften, welche eigentlich für die Gasabwehr vorgesehen
waren, auf Anhängern montierte Tragkraftspritzen zugeteilt erhielten. Damit
waren nun auch die Entgiftungszüge für den Löscheinsatz geeignet. Doch
der praktische Gewinn war jedoch geringer als man es sich erhofft hatte,
da das Personal der Entgiftungszüge schon bisher weitgehend als
84
ÖStA-AdR, Gr.02, BMUK, Kunstangelegenheiten, Karton 164 und 170, Aktenplanzahl 15 B
1. Unterkünfte für F. u. E. Kräfte, Zl.: 3131-1944, 3770-1944, 3798-1944 und 4038-1944.
85 Ebd. Naturhistorisches Museum Zl.: 199-1945, (Der RStH. in Wien, Z/GK-199-b/45, vom
9.1.1945) und Zl.: 680-1945 (Der Polizeipräsident in Wien als örtlicher Luftschutzleiter, S Lu./a5483/45, vom 5.2.1945).
37
Personalreserve für die Auffüllung der Löschzüge herhalten musste. Von nun
an blieben die Löschzüge chronisch unterbesetzt.
Sechs Bereitschaften hatte man für einen Einsatz außerhalb von Wien
bestimmt und auch dementsprechend ausgestattet. Es handelte sich um
jeweils eine Bereitschaft aus den Abschnitten I, IV, VII, X, XIII und XVI. Diese
FE-Bereitschaften I/1, IV/1, VII/1, X/1, XIII/1, XVI/1, die späteren FEBereitschaften 1, 11, 13, 20, 26 und 32 wurden ausbildungsmäßig auf
Einsätze außerhalb Wiens vorbereitet. Alle diesen Bereitschaften
angehörenden Feuerwehrmänner erhielten zusätzliche persönliche
Bekleidung und Ausrüstung, damit sie über längere Zeiträume überörtlich
eingesetzt werden konnten.86 Aufgrund der Erfahrungen bei den ersten
Luftangriffen wurden im Mai 1944 bei allen Löschfahrzeugen die Zahl der
Verteilerstücke, Strahlrohre und Standrohre erhöht. Diese zusätzliche
Ausrüstung
sollte
besonders
den
Selbstschutzkräften
bei
der
Brandbekämpfung zugutekommen. Denn für die Bedienung dieser
zusätzlichen Strahlrohre sollten auch Luftschutzwarte oder ähnliches
Hilfspersonal herangezogen werden. Als eine der letzten Maßnahmen
ordnete man im Juli 1944 die Aufstellung von Sanitätstrupps für jede
Feuerwache an.87
Eine weitere Verstärkung versprach man sich durch den Einsatz der
Freiwilligen Feuerwehren aus den umliegenden Gemeinden. Daher konnte
der Polizeipräsident, zur Ergänzung der Luftschutzorganisation des Gaues
Wien, bei Bedarf selbstständig auf die Feuerwehrbereitschaften
Niederdonau 6 (Bruck/Leitha) und 11 (Korneuburg) sowie 23 (Tulln)
zugreifen. Analog zum FE-Dienst in Orten mit Luftschutzpolizei (Luftschutzorte
I. Ordnung) hatte man bereits 1943 in Niederdonau 29 FeuerwehrBereitschaften aufgestellt. Diese aus den Freiwilligen Feuerwehren
gebildeten Bereitschaften für einen überörtlichen Einsatz bestanden jeweils
aus zwei bis drei Löschzüge. Jeder Zug bestand wiederum aus drei
Löschgruppen,
ausgestattet
mit
leichten
und
schweren
Löschgruppenfahrzeugen
moderner
Bauart.
Ein
Einsatz
dieser
leistungsfähigen Einsatzkräfte im großen Stil scheiterte dann in der Folge am
fehlenden Treibstoff.88 Dadurch blieb auch der Einsatz dieser
Nachbarschaftshilfe eher die Ausnahme. Obwohl diese vorbeugende
Maßnahme für Wien nicht voll zum Tragen kam, wirkte sich allein das
Vorhandensein einer jederzeit verfügbaren Reserve letztlich doch positiv in
der Kräftebilanz aus.
86 Kommandobefehl
der FSchP 9/1944 vom 26.4.1944, Ziffer 17.) 1c VI.6/IV.
Kommandobefehl der FSchP 9/1944 vom 26.4.1944, Ziffer 3.) 1a VI. Für die Situation in
Wien sind die Kommandobefehle der Feuerschutzpolizei Wien, die sich im ÖStA-AdR
überliefert haben, eine Quelle ersten Ranges.
88 Hier wäre auf die entsprechenden Abschnitte bei Günter Schneider und Dr. Hans
Schneider in „Das Feuerwehrwesen in Niederösterreich von 1938 bis 1945“ hinzuweisen in:
Joachim Rössl, Günter Schneider, Hans Schneider, Peter Zawrel, Das große
Niederösterreichische Feuerwehrbuch, Wien u. München 1986.
87
38
DIE GLIEDERUNG DER FEUERSCHUTZPOLIZEI IM SOMMER 1944
Kommando der Feuerschutzpolizei
mit den vier Gruppenkommandos Mitte, Süd, West und Ost.
Gruppenkommando Mitte
mit den Abschnitten I bis V verfügten über 10 FE-Bereitschaften.
Gruppenkommando Süd
mit den Abschnitten VI bis IX verfügten über 9 FE-Bereitschaften und 3 Freiwillige Feuerwehr-Bereitschaften.
Gruppenkommando West
mit den Abschnitten X bis XIII verfügten über 8 FE-Bereitschaften und 2 Freiwillige Feuerwehr-Bereitschaften.
Gruppenkommando Ost
mit den Abschnitten XIV bis XVII verfügten über 8 FE-Bereitschaften und 1 Freiwillige Feuerwehr-Bereitschaft.
Gruppen, Abschnitte, Wachen und Freiwillige Wehren______________________ ______
FSchP.-GruppenKommando
FSchP.-Abschnittskommandos
MITTE
1., Renngasse 3
Abschnitt I
1., Am Hof 10
FSchP.-Wachen
Zentrale
Rathaus
Abschnitt II
3., Rochusgasse 19
Landstraße
Abschnitt III
Kettenbrückeng. 9
Margareten
Abschnitt IV
7., Hermanngasse 24
SÜD Abschnitt VI
6., Linke Wienzeile 184/186
Einheiten der
Freiwilligen Feuerwehr
Mariahilf
Neubau
Abschnitt V
9., Fürstengasse 1
Boltzmanng.
11., Enkplatz 4
Kaiserebersdorf
Zug
Grp.
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
"
Favoriten
Rudolfshügel
Grp. Kledering
" Leopoldsdorf
" Rothneusiedel
" Unterlaa
Abschnitt VII
10., Sonnwendgasse 14
39
Schwechat
Albern
Ebergassing
Fischamend Dorf
Fischamend Markt
Gramatneusiedl
Himberg
Klein Neusiedl
Mannswörth
Maria Lanzendorf
Moosbrun
Oberlanzendorf
Pellendorf
Rannersdorf
Rauchenwarth
Schwadorf
Unterlanzendorf
Velm
Wienerherberg
Zwölfaxing
FSchP.-GruppenKommando
noch SÜD
FSchP.-Abschnittskommandos
FSchP.-Wachen
Abschnitt VIII
25., Kalksburg, Jesuitenkollegium
Abschnitt IX
12., Herthergasse 28
WEST
2., Würthgasse 5-9
Zug Brunn am Gebirge
" Liesing
" Maria Enzersdorf
" Mödling
Grp. Achau
" Atzgersdorf
" Biedermannsdorf
" Breitenfurt
" Dornbach
" Erlaa I
" Erlaa II
" Gaaden
" Gießhübl
" Grub
" Gumpoldskirchen
" Guntramsdorf
" Hennersdorf
" Hinterbrühl
" Inzersdorf Ort
" Inz.Triesterstr.
" Kalksburg
" Kaltenleutgeben
" Laab im Walde
" Laxenburg
" Mauer
" Münchendorf
" Perchtholdsdorf
" Rodaun
" Siebenhirten
" Sittendorf
Grp. Sparbach
" Sulz im Wienerwald
" Vösendorf
" Weißenbach
" Wiener Neudorf
" Wöglerin
Altmannsdorf
St. Veit
Speising
Wienerberg
Abschnitt X
16., Lerchenfeldpl. 12
(Heute J.N. Bergerplatz)
Ottakring
Steinhof
Abschnitt XI
15., Schanzstraße 6-10
Breitensee
Penzing
Abschnitt XII
18., Bischof Faberplatz. 1
Grp. Hadersdorf
" Purkersdorf
" Weidlingau
Czartoryskischlößl
Dornbach
Währing
Abschnitt XIII
19., Würthgasse 5-9
OST
2., Reichsbrückenstraße 19
Einheiten der
Freiwilligen Feuerwehr
Döbling
Grinzing
Kahlenbergerdorf
Neustift am Walde
Nußdorf
Abschnitt XIV
20., Brigittaplatz 11-13
Brigittenau
Abschnitt XV
2., Ausstellungsstraße 399
Donaustadt
Prater
40
Zug Klosterneuburg
Grp. Gugging
" Höflein
" Kierling
" Kritzendorf
" Weidling
" Weidlingbach
FSchP.-GruppenKommando
noch OST
FSchP.-Abschnittskommandos
FSchP.-Wachen
Abschnitt XVI
21., Kretzgasse 3
Floridsdorf
Aspern
Leopoldau
Stadlau
Strebersdorf
Abschnitt XVII
2., Hafenstraße, Speicher IV
Einheiten der
Freiwilligen Feuerwehr
Grp. Andlersdorf
" Bisamberg
" Breitenlee
" Enzersfeld
" Eßling
" Flandorf
" Franzensdorf
" Gerasdorf
" Glinzendorf
" Groß Enzersdorf
" Großhofen
" Hagenbrunn
" Klein Engersdorf
" Königsbrunn
" Langenzersdorf
" Mannsdorf
" Mühlleiten
" Oberhausen
" Probstdorf
" Raasdorf
" Rutzendorf
" Schönau
" Seyring
" Stammersdorf
" Süßenbrunn
" Wittau
Winterhafen
Die Tabelle zeigt die Organisation der Feuerschutzpolizei in Wien, im
Rahmen des FE-Dienstes, mit Stand vom 15. August 1944. Damals, im
Hochsommer des Jahres 1944, hatte man in Wien den höchsten Stand der
Einsatzbereitschaft erreicht. Nach diesem Zeitpunkt waren die
Substanzverluste durch die Fliegerangriffe höher als die Neuzugänge an
Menschen und Material.
Jeglicher
darüber
hinausgehender,
überörtlicher
Einsatz
von
Feuerwehrkräften musste vom Polizeipräsidenten in seiner Eigenschaft als
„Örtlicher Luftschutzleiter“ besonders beantragt werden. Dazu zählten die
mobilen militärischen Löschkräfte, die motorisierten LS-Abteilungen der
Luftwaffe, die beim Luftgaukommando XVII in Wien anzufordern waren.
Daneben gab es noch zusätzliche LS-Regimentsstäbe, die als örtliche
Führungsorgane für den Einsatz der LS-Abteilungen der Luftwaffe
fungierten. In der Mehrzahl der Fälle wurden diese Kräfte, entsprechend der
Lage, bereits „von Amts wegen“ zum Einsatz befohlen. Die der
Ordnungspolizei
unterstehenden,
motorisierten
Feuerschutzpolizeiabteilungen mussten hingegen über den „Inspekteur“
(später „Befehlshaber“) der Ordnungspolizei in Wien erfolgen. Einige
Kompanien der im BdO-Bereich Wien eingesetzten FSchP.-Abt. (mot.) 3
hatten jedoch fixe Schutzaufträge, wie beispielsweise den Öl-Hafen in der
Lobau oder das Erdölgebiet um Zistersdorf. In diesem Fall schritten diese
Löschkräfte bei einem Luftangriff auf ihr Schutzobjekt selbstständig ein.
41
Die Kriegsgliederung des FE-Dienstes 1944/45
Im Rahmen des Feuerlösch- und Entgiftungsdienstes standen die
Berufsfeuerwehrmänner der Feuerschutzpolizei Seite an Seite mit den
dienstverpflichteten in- und ausländischen Luftschutzpolizisten im Einsatz.
Dazu kamen dann noch die zahlreichen Angehörigen der Freiwilligen
Feuerwehren im Reichsgau Wien. Außer diesem, vorrangig mit der
Bekämpfung des Feuers betrauten, Personenkreis wirkten auch noch eine
beträchtliche Anzahl von Personen und Organisationen beim Brandschutz
im Rahmen der Luftschutzorganisation mit. Neben Soldaten aller
Wehrmachtsteile standen auch Milizangehörige, sowohl deutscher- als
auch ausländischer Staatsangehörigkeit, und Schutzpolizisten im
Löscheinsatz. Auch zahlreiche Zivilpersonen beteiligten sich an der
Brandbekämpfung. Diese höchst unterschiedlichen Gruppierungen waren
zum Teil freiwillig, zum größeren Teil jedoch gezwungenermaßen, als
„Dienstverpflichtete“ in diesen Funktionen tätig. Dabei reichte die
Organisationsform von straff militärisch organisiert, bis hin zu einem lockeren
Zusammenschluss in Form einer Notgemeinschaft.
Allen diesen Löschkräften war gemeinsam, dass sie während und
unmittelbar nach einem Fliegerangriff unter dem Befehl des
Polizeipräsidenten standen. Der Polizeipräsident von Wien übte diese
Leitungsfunktion Kraft seiner Dienststellung als der örtliche Luftschutzleiter
von Wien aus. Das Unterstellungsverhältnis aller Einsatzkräfte begann mit
der Auslösung des Fliegeralarms. Ab diesem Zeitpunkt standen alle
Einheiten im Rahmen der Luftschutzorganisation zur Verfügung des
örtlichen Luftschutzleiters. Dieser konnte über diese Einsatzkräfte für den
Zeitraum der Schadensbekämpfung, aber auch zur vorrangigen
Beseitigung der Schäden nach einem Luftangriff, verfügen. Innerhalb der
Brandschutzkräfte hatte die Feuerschutzpolizei eine wichtige Funktion in
Bezug auf die Organisation und Ausbildung.
Darüber hinaus bildete sie auch den harten Kern des im Jahr 1943
aufgestellten Feuerlösch- und Entgiftungsdienstes (FE-Dienst). Nur mit Hilfe
dieser Kerntruppe konnte diese militarisierte Form der Feuerwehr, mit Hilfe
von Ergänzungskräften aus dem Stand der Luftschutzpolizei, in kürzester Zeit
auf „Kriegsstand“ gebracht werden. Doch trotz der grundsätzlichen
Änderung der Struktur des Brandschutzes im Rahmen der der
Luftschutzorganisation änderte sich während der angriffsfreien Zeit in
Sachen Brandschutz nur wenig. Die Feuerschutzpolizei verblieb als
städtische
Berufsfeuerwehr
nach
wie
vor
im
Verband
der
Gemeindeverwaltung und unter der Oberhoheit des Bürgermeisters.
Allerdings unterstand sie als Teil der Schutzpolizei gleichzeitig auch, über
das „Hauptamtes Ordnungspolizei“ dem Innenministerium und zählte daher
zum Polizeivollzug. Zusätzlich kam nun im Falle des Luftkriegseinsatzes die
zeitliche Unterstellung unter dem Polizeipräsidenten dazu. Dadurch ergab
42
sich letztlich eine dreifache Unterstellung, wobei diese Überorganisation
auch nicht ohne Konflikte blieb. Kriegsbedingt konnte sich dann in solchen
Fällen letztlich der „Örtliche Luftschutzleiter“ durchsetzen. Doch die
Abgrenzung zwischen der Friedensorganisation „Feuerschutzpolizei“ und
der Einsatzorganisation „FE-Dienst“ blieb ein ständiges Problem. Die
Funktion
des
örtlichen
Luftschutzleiters
in
Wien
wurde
vom
Polizeipräsidenten, SS- Brigadeführer Dr. Gotzmann, in Personalunion
wahrgenommen.89 Dr. Gotzmann, damals bereits ein älterer und von
Rheuma und Gicht geplagter Polizei-Jurist bediente sich für diese Aufgabe
des Kommandos der Schutzpolizei in Wien, welches als Führungsorgan in
allen Agenden des Luftschutzes tätig war.90 Da auch die Kommandeure
der Schutzpolizei in Wien durchwegs ältere Polizeioffiziere waren, die
unmittelbar vor ihrer Pensionierung standen, war die eigentliche
Führungspersönlichkeit innerhalb der Luftschutzorganisation der Chef des
Stabes im Kommando der Schutzpolizei.
Zu den Brandschutzkräften gehörten neben dem FE-Dienst auch die
Werksfeuerwehren und die damit vergleichbaren Löscheinheiten der
Wehrmacht. Zu dieser Kategorie zählten auch die vielen, gut
ausgerüsteten, Brandschutzkräfte im Rahmen des Werksluftschutzes (WLS).
Des Weiteren gab es noch die sogenannten Schnellkommandos der
Schutzpolizei und die Löschgruppen der diversen nationalsozialistischen
Organisationen. Die zuletzt genannten Gruppen waren jedoch nur zu
einem ganz geringen Teil motorisiert und konnten daher nur stationär
wirken. Zu den im Bedarfsfall zugeteilten und überörtlich bereit gehaltenen
mobilen
Kräften
gehörten
in
erster
Linie
die
motorisierten
Luftschutzabteilungen der Luftwaffe. Die LS-Abt. (mot.) waren aus den zu
Kriegsbeginn aufgestellten Sicherheits- und Hilfsdienst- Abteilungen (S.H.D.Abt.) hervorgegangen, welche damals noch eine feste örtliche Zuordnung
hatten. Daneben gab es dann auch noch motorisierte FeuerschutzpolizeiAbteilungen der Ordnungspolizei, die ebenfalls für einen überörtlichen
Einsatz vorgesehen waren.
Der Einsatz der Feuerlöschkräfte bei den Angriffen
Die nachstehende Übersicht zeigt den Feuerwehreinsatz im Rahmen der
Luftschutzorganisation und nennt sowohl die Angriffstage und den
jeweiligen Einsatz an Feuerlöschkräften. Das Brandgeschehen klassifizierte
89
SS-Brigadeführer, Mitglied des Reichstages, Dr. jur. Leo Gotzmann (geboren am
14.7.1893 in Olmütz, gestorben am 6.12.1945, im Internierungslager Zuffenhausen bei
Stuttgart). Dr. Gotzmann folgte am 6.1.1941 dem verstorbenen Steinhäusl als
Polizeipräsident nach.
90 Dem Kommando der Schutzpolizei in Wien unterstanden vier Gruppenkommandos
(Sgk.) und 16 Abschnittskommandos (Sak.). Sowohl in den Gruppen-, wie in den
Abschnittskommandos waren die diversen Sachbearbeiter für das Arbeitsgebiet LS
integriert.
43
man damals in Großbrände/mittlere Brände/leichte Brände. Von einem
Großbrand sprach man, wenn mindestens zwei Löschzügen mit jeweils vier
Löschfahrzeugen im Einsatz waren. Ein Mittelbrand war ein Feuer von
erheblicher Heftigkeit oder Ausdehnung, zu deren Bekämpfung jedoch ein
Löschzug ausreichte. Als Kleinbrand bezeichnete man einen Brand mit
geringem Umfang, oder auch ein größeres Feuer von dem jedoch keine
unmittelbare Gefahr ausging.
Der Einsatz des FE-Dienstes bei Luftangriffen
FE
= Feuerlösch- u. Entgiftungsdienst (Ber. = Bereitschaft, Zg. = Zug, Grp. = Gruppe)
WLS
= Werksluftschutz
Lö.= Lösch
Wehrm. = Wehrmacht
Fw.
= Feuerwehr
FFw.
= Freiwillige Feuerwehr
FSchP. = Feuerschutzpolizei-Abteilung (mot.) 3
LS 36 = LS-Abteilung der Luftwaffe (mot.) 36
LS 43 = LS-Abteilung der Luftwaffe (mot.) 43
1 FSchP. = Eine Kompanie der FSchP.-Abteilung
1 LS
= Eine Kompanie der LS-Abteilung
01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
05.09.42
01.10.43
17.03.44
12.04.44
23.04.44
24.05.44
29.05.44
30.05.44
16.06.44
26.06.44
08.07.44
16.07.44
26.07.44
22.08.44
23.08.44
28.08.44
10.09.44
14.09.44
07.10.44
11.10.44
13.10.44
17.10.44
01.11.44
03.11.44
05.11.44
06.11.44
07.11.44
17.11.44
18.11.44
19.11.44
02.12.44
03.12.44
06.12.44
11.12.44
18.12.44
27.12.44
Brände 0/0/0, kein Einsatz, nächtlicher Bombenwurf
Brände 0/0/0, kein Einsatz
Brände 0/0/6, 1 FE-Zg, 1 FE-Grp., 1 FFw.
Brände 0/1/0, 8 FE-Ber.
Brände 0/1/0, 2 FE-Ber., 1 FFw.-Ber.
Brände 0/1/0, 3 FE-Ber.
Brände 3/7/0, 9 FE-Ber.
Brände 0/0/0, kein Einsatz
Brände 7/5/10, 2 FE-Ber., 4 Lö.-Grp., 2 Zg. WLS-Fw., 1 FSchP., 1 LS 36
Brände 7/14/53, 25 FE-Ber., 1 FFw., 1 WLS-Fw., 2 FSchP., LS 36
Brände 3/7/7, 19 FE-Ber., 2 FSchP., LS 36
Brände 4/37/150, 27 FE-Ber., 6 FFw., 1 LS 36
Brände 0/5/1, 3 FE-Ber., 3 FFw., 6 WLS-Fw
Brände 0/1/0, 1 FE-Ber., 2 FE-Zg, 1 FSchP.
Brände 3/7/9, 10 FE-Ber., 1 FFw.-Ber., 3 WLS-Fw., 1 FSchP.
Brände 0/0/0, kein Einsatz
Brände 9/62/42, 25 FE-Ber., 1 FFw, 1 WLS-Fw., 1 LS 36, 2 FE-Zg., 1 FE-Ber.
Brände 0/0/1, kein Einsatz, russischer Nachtangriff
Brände 5/10/3, 6 FE-Ber., 2 FSchp.
Brände 1/3/9, 6 FE-Ber., 3 WLS-Fw., 1 FFw.
Brände 2/5/3, keine Angaben
Brände 1/6/12, 9 FE-Ber., 1 LS 43
Brände 0/3/4, 2 FE-Ber., 1 FE-Zg., 2 WLS-Fw., 1 Lö-Boot
Brände 0/3/4, 6 FE-Zg.
Brände 37/130/297, 39 FE-Ber.,1 Lö.-Boot,LS36,LS43,2 Wehrm.Lö.Grp.,1 FE-Ber., 5 FFw
Brände 3/19/51, 10 FE-Ber.,7 WLS-Fw.,1 FSchp.,50 Mann Ausb.-Ber. Donau-Alpenland
Brände 0/0/0, kein Einsatz
Brände 0/4/9, 4 FE-Ber., 1 FE-Zg., 2 FE-Grp, 1 Lö-Boot
Brände 0/14/10, 6 FE-Ber., 1 Lö.-Boot
Brände 1/1/0, 2 FE-Ber., 1 Lö-Boot, 1 FSchp.
Brände 1/7/60, 5 FE-Zg.
Brände 1/3/4, 5 FE-Ber., 1 FE-Zg., 1 Lö.-Boot
Brände 0/0/0, kein Einsatz, amerikanischer Tiefangriff mit Bordwaffen
Brände 16/45/71, 19 FE-Ber.. 5 FE-Zg., 3 FFw., 6 WLS-Fw., 1 FSchP.
Brände 0/2/1, 2 FE-Ber., 2 FE-Zg.
Brände 0/1/1, 4 FE-Zg.
44
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
***
**
15.01.45***
21.01.45***
31.01.45***
07.02.45
08.02.45
13.02.45**
14.02.45
15.02.45**
19.02.45
20.02,45
21.02.45
22.02.45**
02.03.45
12.03.45
15.03.45
16.03.45
20.03.45
21.03.45**
22.03.45**
23.03.45
30.03.45**
03.04.45
04.04.45
Brände 17/41/13, keine Angaben zum Einsatz
Brände 3/9/8, keine Angaben zum Einsatz
Brände 0/0/0, keine Angaben zum Einsatz
Brände 4/11/10, 15 FE-Ber.
Brände 3/12/9, 8 FE-Ber.
Brände 7/15/12, keine Angaben zum Einsatz
Brände 0/4/1, keine Angaben zum Einsatz
Brände 6/11/10, 5 FE-Ber., 19 FE-Zg., 3 FE-Grp., 3 FFw.
Brände 5/5/9, 10 FE-Ber., 6 FFw., 2 Zg. LS 36
Brände 1/5/5, 3 FE-Ber., 2 FE-Grp., 1 Wehrm.Lö-Zg., 1 LS 36
Brände 9/30/20, keine Angaben zum Einsatz
Brände 0/0/0, kein Einsatz
Brände 0/0/0, kein Einsatz
Mehrere Großbrände, keine Angaben zum Einsatz
Brände 0/5/3, 10 FE-Zg., 3 FFw., 1 Lö.-Boot, 50 Mann FSchp.
Brände 3/2/1, 7 FE-Ber., 7 FE-Zg.,(2 FE-Zg. nach Korneuburg)
Brände 0/0/0, (3 FE-Ber. nach Korneuburg)
Brände 2/2/4, keine Angaben zum Einsatz
Brände 7/19/31, 26 FE-Ber., 1 FFw., 3 Wehrm.Lö-Grp., 1 FSchp.
Brände 0/0/0, kein Einsatz
Keine Angaben
Keine Angaben, russische Tiefangriffe
Keine Angaben, russische Tiefangriffe
Angaben nach den Schlußmeldungen des BdO Wien.
Angaben nach den Lagemeldungen des BdO Wien.
Die Angaben über die Anzahl und die Einstufung der Brände sowie über
den Kräfteansatz wurden, soweit nicht anders gekennzeichnet, den
geheimen
LS-Schadensmeldungen
(Schlussmeldungen)
des
Polizeipräsidenten von Wien entnommen. Stellt man den Umfang der
jeweils eingesetzten Feuerwehreinheiten der Anzahl der Brände, klassifiziert
nach Groß-, Mittel- und Kleinbränden, gegenüber, so sieht man deutlich,
dass der Einsatz des FE-Dienstes weit über dem eigentlichen Löschangriff
hinaus ging. Deutlich zeigt die Auflistung auch die sekundäre Rolle der
überörtlichen Einsatzkräfte bei den Angriffen. Allerdings ist hier zu
erwähnen, dass eine Kompanie der FSchP-Abt. (mot.) 3 ständig, als ein Teil
des Hafenluftschutzes, für den Bereich jenseits der Donau zuständig war. In
diesem sensiblen Gebiet befanden sich nicht nur der Öl-Hafen und das
Großtanklager der WIFO sondern auch die Raffinerie Lobau, alles Ziele die
bei den alliierten Luftwaffen in der ersten Kategorie gereiht waren.
Als die Luftangriffe einsetzten war der Feuerwehreinsatz in seiner Stärke
wesentlich überzogen. So waren an den vier Angriffstagen in den Monaten
Juni und Juli nicht weniger als 27, 25, 23 und 19 FE-Bereitschaften eingesetzt.
Dies bedeutete bei den damals noch eng begrenzten Angriffen von
geringer Intensität, wo nie mehr als zwei Feuerschutzpolizei-Abschnitte
direkt betroffen waren, einen durchschnittlichen Einsatz von 2000 bis 2600
Feuerwehrmännern. Zusätzlich kam es in dieser Anfangsphase des
Luftkrieges auch noch zu einem massiven Einsatz von überörtlichen
Einsatzkräften, da neben der Feuerschutzpolizei-Abteilung (mot.) 3 auch
noch die LS-Abteilung (mot.) 36 der Luftwaffe eingesetzt worden war. Doch
45
die immer zahlreicher und stärker werdenden Angriffe und vor allem der
immer stärker werdende Mangel an Treibstoffen erzwangen bald einen
ökonomischeren Einsatz der Hilfskräfte und führten zu einem den
Verhältnissen besser angepassten Einsatz des FE-Dienstes.
1944 waren der 10. September und der 5. November die Angriffstage mit
dem größten Kräfteeinsatz. Und im Jahr 1945 waren der 15. Jänner sowie
der 12. und der 22. März die herausragenden Angriffstage. Den absoluten
Höhepunkt des Feuerwehreinsatzes hatte man bereits am 5. November
1944, mit 39 FE-Bereitschaften, erreicht, was einem Einsatz von mehr als
4000 Mann entsprach. Im Jahr 1945 stieg die Zahl der Einsätze stark an und
die Abstände zwischen den einzelnen Angriffen wurden immer kürzer, was
Straffung des Kräfteansatzes erforderlich machte. Nun forcierte man den
zugsweisen Einsatz, was ökonomischer war und auch mehr der bewährten
Feuerwehrtaktik entsprach. Hilfeleistungen außerhalb des Gaues Groß-Wien
gab es nur am 16. und 20. März 1945, als zwei FE-Züge bzw. drei FEBereitschaften in Korneuburg aushalfen. Am 22. März 1945 kam es dann
zum letzten Großeinsatz des Krieges, mit 26 FE-Bereitschaften, die
zusammen rund 2700 Feuerwehrmänner zum Einsatz brachten.
Für den schweren Angriff vom 12. März 1944, der die größten
Personenschäden in Wien forderte, liegen leider keine amtlichen Angaben
vor. An diesem Tag gab es zwar schwerste Schäden im Bereich der Inneren
Stadt, so wurde an diesem Tag auch die Hauptfeuerwache total zerstört.
Eine erste Meldung der Schutzpolizei nannte 135 total zerstörte Wohnhäuser
und weitere 339 waren schwer getroffen, allerdings hielt sich das
Brandgeschehen an diesem Tag in Grenzen. Es kam auch zu einigen
Großbränden, wie jener der Staatsoper sowie des benachbarten Phillipund Heinrichs-Hofs sowie im Bereich des Donaukanals, die sich in der
Erinnerung der Bevölkerung tief eingeprägt hatten. Schwierigkeiten bei der
Brandbekämpfung gab es durch den Mangel an Löschwasser, bedingt
durch empfindliche Schäden an den Wasserverteilungsanlagen sodass
weite Gebiete der Stadt ohne Wasser waren. So musste beispielsweise das
Löschwasser über eine Schlauchleitung vom Donaukanal her, bis zu den
Brandstellen bei der Oper, gepumpt werden.
Die Feuerwachen im Bombenhagel
Mit dem Einsetzen der Angriffe war natürlich auch die Infrastruktur der
Luftschutzorganisation betroffen. So lagen ab dem 12. April 1944 vorerst die
Gerätehäuser der Freiwilligen Feuerwehren im Bombenhagel, wo es bei
jedem Angriff Gebäudeschäden gab. Später dann, ab dem 16. Juni,
waren auch die Feuerwachen des FE-Dienstes betroffen. An diesem Tag
erhielt die Hauptfeuerwache Floridsdorf einen Volltreffer der erheblichen
Schaden anrichtete. Die Bombeneinschläge in den Feuerwachen
verursachten neben dem Ausfall von Löschfahrzeugen und Gerät auch
46
immer
langfristige
Störungen
bei
den
drahtgebundenen
Nachrichtenverbindungen. Dies war besonders problematisch, da die
ungenügenden Kapazitäten bei den einschlägigen Industriebetrieben bis
zum Kriegsende eine befriedigende Ausstattung der Luftschutzorganisation
mit Funkgeräten verhinderten.
Brennende Öltanks nach einem Luftangriff.
Foto: Sammlung Schirer
Während der Sommermonate gab es Gebäudeschäden an den
Feuerwachen Winterhafen, Brigittenau und Margareten zu verzeichnen.
Der erste massive Schlag gegen die Luftschutzorganisation erfolgte am 10.
September 1944, als die offiziellen Stellen erstmals von einem Terrorangriff
sprachen. Das Bombardement betraf fast das gesamte Stadtgebiet und
zum ersten Mal wurden auch die inneren Bezirke schwer in Mitleidenschaft
gezogen. Unter den Schadensstellen in der Inneren Stadt befand sich auch
die Feuerwehrzentrale, wo das Archiv der Lichtbildstelle zur Gänze
vernichtet wurde. Weitere Bombentreffer mit schweren Gebäudeschäden
meldeten auch die Hauptfeuerwachen Döbling und Ottakring, wobei es
erstmalig auch zu größeren Fahrzeugverlusten kam. Zwei Löschfahrzeuge
mussten als Totalschäden ausgeschieden werden und weitere zehn
Fahrzeuge hatten ernsthafte Beschädigungen abbekommen. Schwer wog
aber auch der im gesamten Einsatzgebiet gemeldete Ausfall zahlreicher
Fernmeldeverbindungen.
Im Oktober 1944 waren es die Feuerwachen Winterhafen und Simmering,
die schwer getroffen wurden, wobei die Wache im Winterhafen zur Gänze
zerstört wurde. Auch die Wachen Leopoldau, Strebersdorf und Mariahilf
meldeten bauliche Schäden und die Beschädigung von sechs
Löschfahrzeugen. Der 5. November 1944 brachte einen neuen Höhepunkt,
als die Hauptfeuerwache Mariahilf einen Volltreffer erhielt und dabei drei
Löschfahrzeuge stark beschädigt wurden. Auch die Feuerwachen Währing,
Donaustadt,
Prater
und
Stadlau
meldeten
an
diesem
Tag
luftkriegsbedingte Schäden. Im Monat November kam es dann noch zu
weiteren Schadensfällen bei den Wachen Favoriten, Wienerberg und
Floridsdorf sowie Donaustadt und Prater, wobei die beiden letzteren nun
bereits zum zweiten Mal in diesem Monat betroffen waren. Am 15.
47
Dezember 1944 war es die Hauptfeuerwache Favoriten die schwer
getroffen wurde und die Feuerwachen Margareten und Wienerberg
meldeten leichte Schäden.
Schwechat, 16. Juni 1944. Bomben detonieren, Großbrände wüten.
Foto: US Air Force
Ab Mitte Dezember trat dann eine wetterbedingte Pause ein, die bis zum
15. Januar 1945 anhielt. Die Entwicklung des Luftkrieges wurde von
deutscher Seite nicht nur mit großer Sorge betrachtet, sondern auch
genauestens verfolgt. Waren es im Januar 1945 weniger als 3 % aller
Einflüge von viermotorigen Bombern ins Reichsgebiet gewesen, die dem
Gebiet der Ostmark galten, so steigerte sich dieser Wert im Februar auf
über 16 %. Im Einzelnen galten im ersten Monatsdrittel 14 % aller Einflüge
Objekten in der Ostmark. Im zweiten Drittel des Monats erhöhte sich dieser
Wert sprunghaft auf 25 % um dann im letzten Drittel, durch Schlechtwetter
bedingt, auf 10 % zurückzugehen. Damit lag die Ostmark mit 25% aller
Einflüge im Reichsgebiet, zu Mitte des Monats Februar, an der zweiten Stelle
im Reich, nach Mitteldeutschland mit 31 %, aber noch vor dem Ruhrgebiet
mit 20 %.91 In dieser Phase des Luftkrieges kam die Wiener
91
NARA, RG 243, USSBS, Microfilm Library, Mikrofilm T901 roll 2075 (Berlin-USSBS,
Miscellaneous 1), frame 21940. Luftwaffenführungsstab Ic/Nr. 3003/45 gKdos. (Wi) vom
24.3.1945, Anlage 4. Räumliche Aufgliederung der 4mot. Angriffe auf das Reichsgebiet
Januar/Februar 1945 (nach Dekaden).
48
Luftschutzorganisation hart an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Hätte
die 15. US-Luftflotte nicht immer wieder einwöchige Pausen nach ihren
Doppel- und Dreifachschlägen eingelegt, so wäre der Kräfteverschleiß der
Luftschutzorganisation um ein vielfaches höher gewesen und ein
Zusammenbruch des FE-Dienstes wäre, noch vor dem Herannahen der
Front, denkbar gewesen.
Eine B-17 fliegt am 8. Juli 1944, es war bereits der zweite Luftangriff auf die NOVA, über das
Gelände der Raffinerie in Schwechat.
Foto: US Air Force
Am 15. Januar 1945 gab es den ersten Angriff im neuen Jahr. Wieder fielen
die Bomben über die ganze Stadt verstreut, wobei es leichte Schäden an
den Feuerwachen Kaiserebersdorf, Landstraße und Stadlau gab. Nachdem
sich das Wetter im Monat Februar gebessert hatte kam es zu einem neuen
Höhepunkt des Luftkrieges. An fünf Angriffstagen wurden auch
Feuerwehreinrichtungen schwer in Mitleidenschaft gezogen. So am 7.
Februar 1945 die Feuerwachen Kahlenbergerdorf und Rathaus, am
nächsten Tag die Wachen Margareten und Rudolfshügel. An diesem 8.
Februar zerstörten mehrere Bomben auch das Gerätehaus der Freiwilligen
Feuerwehr Schwechat, wo vier Fahrzeuge verloren gingen und weitere zwei
schwer beschädigt wurden. Am 15. Februar 1945 erhielt die
Hauptfeuerwache Favoriten einen Volltreffer. Der dadurch entstandene
Brand vernichtete das Mannschaftsgebäude und die Fahrzeughalle, samt
den darin abgestellten vier Löschfahrzeugen. Weitere Schäden meldeten
die Feuerwachen Penzing, Aspern und Floridsdorf. Wie sehr sich der
49
Luftkrieg in diesem Monat gesteigert hatte zeigte sich auch daran, dass die
Feuerwache Margareten in diesem Monat dreimal, am 8., 13. und 21., und
die Wache Wienerberg zweimal, am 13. und 15. Februar 1945, Schäden
abbekommen hatten.
Der FE-Dienst beim Löschen von Ölbränden
Foto: Sammlung Schirer
Der Monat März brachte am 12. den schwersten Schlag für die
Feuerwehrorganisation. Die Feuerwehrzentrale wurde an diesem Tag von
mehreren Bomben getroffen, wobei die Gebäude am Hof 9 und 10 sowie
Tiefer-Graben 4 zerstört wurden. Die ausgefallene Nachrichtenzentrale der
Feuerwehr konnte bis zum Kriegsende nicht mehr instandgesetzt werden.
Von den anderen Feuerwachen fehlen die Schadensmeldungen zu diesem
Katastrophentag. Die Feuerwache Döbling wurde im März gleich zweimal,
am 15. und 22. März 1945, von Bomben getroffen und auch die bereits stark
zerstörte Hauptfeuerwache Favoriten wurde am 22. März abermals von
Sprengbomben getroffen und meldete wiederum schwere Schäden.92
Durch die stark zunehmenden Angriffe stiegen nun auch die materiellen
Verluste beängstigend an. Doch der größte Teil der durch die
Bombeneinwirkung
beschädigten
Gerätschaften
konnte
wieder
instandgesetzt werden, sodass die materielle Einsatzbereitschaft des FEDienstes bis zum Tag des Abzuges aus Wien nie ernstlich in Frage gestellt
war. Allein aus dem Bestand der Feuerschutzpolizei Wien wurden durch
Luftkriegseinwirkung zerstört: 1 Schiebeleiter-Kfz, 1 Straßenbahnrüstwagen, 1
Zillen Wagen, 1 Ventilator Wagen, 1 Tierrettungswagen, 1 Auspumpwagen
mit sechs Aggregaten und 2 Lkw sowie 2 Pkw und 1 Motorrad mit
Beiwagen, aber auch zwei Beleuchtungsaggregate. Wobei hier zu
beachten ist, dass in dieser Auflistung die Verluste an luftwaffeneigenen
Fahrzeuge nicht berücksichtigt sind. So schmerzlich die Verluste im
Einzelnen auch sein mochten, bei einem Fahrzeugstand in einer
Größenordnung von über 250 Fahrzeugen fielen diese Verluste kaum ins
Gewicht.
92
Zusammengestellt nach den LS-Schadensmeldungen des Polizeipräsidenten und dem
Verwaltungsbericht der Stadtverwaltung für 1944/45.
50
Ebenfalls nicht enthalten sind die Fahrzeugverluste der Freiwilligen
Feuerwehren. Auch unter Berücksichtigung der Verluste der Freiwilligen
Wehren und der luftwaffeneigenen Fahrzeugen und Geräte des FE-Dienstes
war die Einsatzbereitschaft bis zum Tag des Abzuges aus der Stadt
gegeben. Von der materiellen Seite ist an der Funktionsfähigkeit der
Brandschutzkräfte bis zum letzten Tag nicht zu zweifeln. Der ständige
Mangel an Treibstoffen, der für die Einsatzfahrzeuge und die Motorpumpen
benötigt wurde, wirkte sich weit mehr aus als die materiellen Verluste die
dem FE-Dienst durch die Luftangriffe entstanden waren. Weit empfindlicher
als das Material reagierten allerdings die menschlichen Ressourcen. Hier
wirkte sich die ständige Überbeanspruchung, aber auch der Mangel an
Nahrungsmitteln,
letzteres
besonders
bei
den
ausländischen
Feuerwehrmännern, negativ aus.
Ein weiterer nicht zu unterschätzender psychologischer Faktor war, dass sich
die im Einsatz stehenden Personen der Aussichtslosigkeit der Lage weit
deutlicher bewusst wurden als das für die übrige Bevölkerung galt. Die sich
täglich vergrößernde Überlegenheit des Gegners vor Augen, mussten sich
selbst die überzeugtesten Parteigänger der Vergeblichkeit ihres Tuns klar
werden. Was sich natürlich auf die Moral der Einsatzkräfte negativ
auswirkte. Dies war besonders stark beim Behelfspersonal zu bemerken, wo
im Unterschied zu den Feuerwehrmännern das berufliche Ethos nicht so
ausgeprägt war.
Die Personenverluste des FE-Dienstes
Es ist nicht leicht aus heutiger Sicht eine genaue Übersicht über die Verluste
der bei den Luftangriffen eingesetzten Mannschaften zu erstellen. So zeigt
sich bereits bei den Brandschutzkräften ein kaum zu lösendes Problem. So
wurden die Angehörigen der Wiener Berufsfeuerwehr (FSchP) der
Ordnungspolizei zugerechnet, während die im Rahmen des FE-Dienstes
eingestellten Ergänzungskräfte zur LS-Polizei zählten und getrennt
ausgewiesen wurden. Zur Personengruppe der LS-Polizei gehörten jedoch
auch
die
Angehörigen
des
SanitätsVeterinärund
Instandsetzungsdienstes.
Einen
weiteren Sonderfall bildeten die
Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, die weder der Ordnungs- noch
der LS-Polizei zugeordnet werden konnten. Allerdings vermischten sich mit
zunehmender Kriegsdauer die Unterschiede zwischen den verschiedenen
Personenständen, was wenig wundern darf, da letztlich alle diese Männer
in einem verpflichtenden Kriegsdienstverhältnis zum Reich standen.
Die ersten Opfer des Luftkrieges gab es am 24. Mai 1944, beim Luftangriff
auf die Wiener Randgebiete, wo die Freiwilligen Feuerwehren
Guntramsdorf und Moosbrunn drei Gefallene meldeten. Nach einem
weiteren Luftangriff, am 29. Mai 1944, konnten zehn im Luftschutzkeller
verschüttete ukrainische Luftschutzpolizisten nur mehr tot geborgen
51
werden. Auch im Monat Juni verzeichnete die LS-Polizei einen Gefallenen
und einen Leichtverwundeten. Beim ersten Angriff auf die Wiener
Ölindustrie, am 16. Juni 1944, gab es erstmals auch Tote bei der
Feuerschutzpolizei. An diesem Tag fielen neun Feuerwehrmännern den
Bomben zum Opfer, dazu kam noch ein Angehöriger der Freiwilligen
Feuerwehr in Stammersdorf. Allein in der Wache in Floridsdorf forderte ein
einzelner Bombentreffer das Leben von fünf Feuerwehrmännern, alle von
der FE-Bereitschaft XVI/1. Die am 16. Juni 1944 ums Leben gekommenen
Feuerwehrleute
wurden
erstmals
gemeinsam,
im
Beisein
des
Polizeipräsidenten, feierlich verabschiedet und zu Grabe getragen.
52
Immer wieder waren es die Freiwilligen Wehren, welche einen hohen
Blutzoll zu entrichten hatten. Der Grund dafür war, dass sich die Luftangriffe
damals auf die Randgebiete der Stadt konzentrierten. So hatte der Zug der
Freiwilligen Feuerwehr Schwechat am 26. Juni 1944 einen Toten zu
verzeichnen. Und am 08. Juli war die Gruppe Biedermannsdorf betroffen,
wo es drei Tote gab. Am 23. August verzeichnete dann der Zug der
Freiwilligen Feuerwehr in Brunn am Gebirge einen Toten und zwei
Leichtverwundete. Nach einer längeren Pause gab es am 10. September
1944 beim ersten Großangriff auf das Stadtgebiet wieder blutige Verluste.
Beim Einsturz eines Hauses in der Leopoldstadt, in der Darwingasse 2, kam
ein Hauptwachtmeister der FE-Bereitschaft 30 ums Leben. Auch in der
Inneren Stadt, wo eine Sprengbombe die Zentralfeuerwache getroffen
hatte, kam ein Angehöriger der Feuerwehr zu Tode. Die LS-Polizei
verzeichnete an diesem Tag ebenfalls zwei Tote, sieben Schwer- und sechs
Leichtverwundete.
Im Kampf mit dem Flammeninferno
Foto: Sammlung Schirer
Am 17. Oktober war es wieder ein Hauseinsturz während der Löscharbeiten,
diesmal in Meidling, in der Füchselhofgasse 7, der zwei Feuerschutzpolizisten
der FE-Bereitschaft 19 das Leben kostete. Ein weiterer LS-Polizist der FEBereitschaft 14 wurde an diesem Tag bei einem Bombeneinschlag auf der
Triester-Straße getötet. Auch die Freiwillige Feuerwehr hatte einen Toten in
Brunn am Gebirge, wo auch drei verschüttete LS-Polizisten nur noch tot
53
geborgen wurden. Zur Bilanz dieses verlustreichen Tages zählten dann noch
ein schwer und ein leicht verletzter LS-Polizist.
Die schweren Angriffe im November und Dezember brachten wiederum
größere Verluste. Der Monat November begann mit einem Paukenschlag,
denn bereits am ersten Tag gab es acht Tote, alle Angehörige der LSPolizei. Am 5. November wurden dann drei Feuerwehrmänner im Einsatz
schwer verwundet und am nächsten Tag kamen sieben LS-Polizisten ums
Leben, darunter befanden sich fünf ukrainische Staatsangehörige. Auch
am 7. November 1944 gab es einen Toten und der 19. November war, mit 4
Toten und 6 Verletzten, ein Katastrophentag für die Feuerschutzpolizei. Bei
den Angriffen im letzten Monat des Jahres 1944 kamen drei LS-Polizisten,
am 3. und am 11. Dezember, ums Leben.
Im Januar 1945 gab es nur an einem Tag, beim Luftangriff am 15., blutige
Verluste. Die LS-Polizei verzeichnete einen Toten, ein LS-Polizist wurde
schwer- und ein weiterer leicht verwundet. Ein Feuerwehrmann der FEBereitschaft 3 wurde in der Rochusgasse von den Splittern einer
Sprengbombe so schwer verletzt, dass er noch am selben Tag seinen
Verletzungen erlag. Für den Monat Februar 1945 liegt die letzte vollständige
Verlustbilanz der LS-Polizei vor: zehn
Gefallene, vier schwerverletzte
Luftschutzpolizisten und ein Leichtverletzter. Am 8. Februar fanden zwei
Angehörige des Zuges der Freiwilligen Feuerwehr Schwechat und ein LSPolizist den Tod. Am 13. Februar kam ebenfalls ein LS-Polizist ums Leben. Am
15. und am 19. Februar gab es dann nur Verletzte bei der LS-Polizei. Am 20.
Februar gab es drei Tote, zwei Männer der FE-Bereitschaft 12 in Schwechat
und ein LS-Polizist der verschüttet wurde und ebenfalls nur noch tot
geborgen werden konnte. Bei einem Angriff am nächsten Tag fanden
sechs LS-Polizisten den Tod im Bombenhagel.
Für den schweren Angriff vom 12. März 1945, wo besonders die inneren
Bezirke Wiens stark betroffen waren, liegen weder Angaben über die Stärke
der Einsatzkräfte noch über die Verluste vor. Doch dürfte bei diesem Angriff,
der für Wien die größten Personenverluste während des Krieges brachte,
auch der Bereich der LS-Organisation nicht verschont geblieben sein. An
den restlichen Tagen des Monats kam es, trotz zahlreicher Angriffe, zu
keinen weiteren Verlusten bei den Luftschutzkräften. Zu Beginn der
Luftangriffe war die Zahl der Gefallenen, im Verhältnis zu den damals noch
schwachen Angriffen, sehr hoch. Im Herbst stabilisierten sich die Verluste,
obwohl die Angriffe das eng bebaute Gebiet der Stadt mit voller Wucht
trafen.
Bemerkenswert ist hier auch der hohe Blutzoll, den die Freiwilligen
Feuerwehren, mit 16 Gefallenen zu entrichten hatten. Dafür dürften vor
allem die nur ungenügend vorhandenen baulichen Luftschutzmaßnahmen
54
in den ländlichen Gebieten verantwortlich gewesen sein.93 Auch die
Verluste beim Behelfspersonal der LS-Polizei waren im Vergleich mit den
Angehörigen der Feuerschutzpolizei erschreckend hoch. Hier darf man als
Grund auch mangelndes professionelles Verhalten vermuten.
Der Abzug der LS-Polizei und die Folgen
Bis zum Herannahen der Front war der FE-Dienst, zumindest in Sachen
Brandschutz, noch immer Herr der Lage. Zwar wurde der Feuerwehreinsatz
mit jedem Luftangriff immer schwieriger und die Mannschaften zeigten
Ermüdungserscheinungen,
doch
noch
immer
war
die
Luftschutzorganisation in Wien, in personeller und materieller Sicht,
ungebrochen und funktionsfähig. Doch gerade zu dem Zeitpunkt, als die
Stadt die Feuerwehr am dringendsten benötigt hätte, nämlich während der
Kampfhandlungen im Zeitraum vom 6. bis zum 14. April 1945, war niemand
mehr da der helfen hätte können. Denn bereits am 11. Jänner 1945 hatte
Heinrich Himmler als Reichsminister des Inneren und Chef der Polizei verfügt:
„Bei angeordneter Räumung sowie unmittelbarer Feindbedrohung
schließen sich die Polizeieinheiten der letzten kämpfenden Truppe an.
Das wertvolle Fahrzeug- und Gerätematerial der FSchP., LS-Pol., Frw.
Feuerwehrbereitschaften (mot.) und Freiw. Feuerwehren ist bei
unmittelbarer Feindbedrohung durch für den Kampfeinsatz weniger
geeignete Kräfte in Auffangstandorte zurückzuführen“.
Noch am 31. März 1945, an dem Tag an dem die Dienststelle des
Befehlshabers der Ordnungspolizei Wien ihre Tätigkeit einstellte, wies
Generalmajor der Polizei, Dr. Bader, in einem letzten Befehl neuerlich auf
die strikteste Einhaltung von Himmlers Runderlass vom 11. Jänner 1945 hin.
So begann in der Nacht vom 6. auf den 7. April 1945 der Abzug der Polizei
aus der Stadt. Endlose Kolonnen der Feuerschutzpolizei und der LS-Polizei
rückten gemeinsam mit den Angehörigen der Polizeiverwaltung, mitten
unter den zurückflutenden Heeres- und Luftwaffeneinheiten, aus Wien ab.
Der Vollständigkeit halber soll hier auch der Abtransport von zirka 3000
verwundeten Soldaten, aus den in den südwestlichen Gebieten der Stadt
liegenden Reserve-Lazaretten, mit Hilfe der Wiener LS-Polizei erwähnt
werden. Im Rahmen des Vorgehens der neu zugeführten „FührerGrenadierdivision“, die am 6. April 1945 in den Kampf um Wien eingriff und
bis Hetzendorf und Mauer vorrückte, gelang es die bereits von den Russen
überflügelten Lazarette in diesem Bereich zu evakuieren. Diese Räumung in
letzter Minute konnte nur mit Hilfe des Personals und der Transportmittel der
93
Die Angaben zu den Personenverlusten der FSchP, LS-Polizei und Freiwilligen
Feuerwehren wurden nach den LS-Schadensmeldungen des Polizeipräsidenten von Wien
und den Kommandobefehlen der FSchP. Wien zusammengestellt.
55
des FE-Dienstes möglich und bewahrte viele der abtransportierten
Verwundeten vor dem sicheren Tod.94
Die genauen Stärken des aus Wien abrückenden FE-Dienstes werden sich
wohl niemals feststellen lassen. Helmuth Bouzek gibt 3760 Mann, welche mit
124 Motorrädern und 627 Kraftfahrzeugen, über die Floridsdorfer-Brücke
nach Westen abrückten, an. Damit nennt er den letzten überlieferten Stand
für den FE-Dienst in Wien.95 Doch es werden wohl wesentlich weniger
Feuerschutz- und Luftschutzpolizisten gewesen sein, da nicht alle
Angehörigen der Feuerschutz- und Luftschutzpolizei dem Abzugsbefehl
Folge leisteten. Denn es waren nicht nur die in der einschlägigen Literatur
angeführten 18 Feuerwehrleute, welche in Wien zurückgeblieben waren,
sondern wesentlich mehr. So hatten sich bis zum 14. April 1945, dem Tag an
dem die Kampfhandlungen in der Stadt endeten, bereits 2 Offiziere und 66
Feuerschutzpolizisten sowie 11 LS-Polizisten zum Dienst in der Zentrale am
Hof gemeldet.96
Unbestritten ist jedoch, dass erst der Abzug der Feuerwehr das Entstehen
derart großer Brände, wie sie im Gefolge der Erdkämpfe in Wien
entstanden waren, ermöglichte. Die Verantwortung dafür trugen der
Reichsstatthalter und Gauleiter Baldur von Schirach, in seiner Eigenschaft
als Reichsverteidigungskommissar sowie sein Stellvertreter Dr. Dellbrügge,
aber auch der Bürgermeister Dr. Blaschke. Sie hatten es in erster Linie zu
verantworten, dass die im Rahmen der Kampfhandlungen entstandenen
Schadensfeuer einen derartigen Umfang annehmen konnten und in der
Folge hunderte von Gebäuden zu Brandruinen wurden. Doch die für die
Stadt Verantwortlichen rührten keinen Finger, als Wien seines Feuerschutzes
beraubt wurde. In dieser Stunde der größten Not rächte sich die
Militarisierung des Feuerlöschwesens bitter. Eine weitere böse Folge der
Militarisierung war, dass die sowjetische Armee die nach dem Ende der
Kämpfe
aufgefundenen
Löschfahrzeuge
als
ehemaliges
„Wehrmachtseigentum“ betrachtete und als Kriegsbeute in die
Sowjetunion abtransportierte.
Die Gefährlichkeit der „Brandwaffe“ zeigt die Wiener Statistik über die
Kriegsschäden. In dieser im Sommer 1946 erstellten Statistik sind sowohl die
durch den Luftkrieg entstandenen Schäden, als auch jene die bei den
Bodenkämpfen im April 1945 entstanden waren enthalten. Dabei wurden
die Schadensfälle in solche die durch die Einwirkung von Sprengbomben
und Artilleriegeschossen entstanden und in jene welche die Folge von
94
Lothar Rendulic, Soldat in stürzenden Reichen, München 1965, 401 und Helmut Spaeter,
Die Geschichte des Panzerkorps Großdeutschland, Bd. 3, Duisburg-Ruhrort 1958, Seite 678.
95 Helmut Bouzek, Wien und seine Feuerwehr, Wien o. J., 414. Damit übernimmt er die
letzten verfügbaren Zahlen zur Gesamtstärke des FE-Dienstes in Wien. Bezüglich der
unterschiedlichen Zahlenangaben vergleiche auch das Kapitel „Der Ausbau des FEDienstes“.
96 WStLA, Kommission 1945, Nr. 36, Hans Dolezal. Hier die Aufzeichnungen des
provisorischen Feuerwehrkommandanten Dipl. Ing. Franz Hawelka für die Zeit vom 12.4—
10.5.1945.
56
Brandeinwirkung waren unterteilt. Daher lässt sich das Tabellenwerk für das
hier zu behandelnde Thema entsprechend interpretieren. So standen in
Wien einer Zahl von 4823 Totalschäden an Gebäuden die durch
Sprengwirkung entstanden waren, nur 1391 (22,4%) durch Brandeinwirkung
gegenüber. Bei den Teilschäden wurde nur ein ganz geringfügiger Anteil
von 4,6 % als Folge von Brandereignissen ausgewiesen. Nur 600 Fälle von
nahezu 13000, woraus sich bei aller Vorsicht der Schluss ziehen lässt, dass
ein entwickelter Brand sehr leicht zum Totalverlust des betroffenen
Gebäudes führte.
Diese Statistik kann auch als Beweis für die Effizienz des aktiven und
passiven Feuerschutzes im Luftkrieg herangezogen werden. Im Verhältnis zu
anderen deutschen Großstädten war der Anteil der Brandschäden in Wien,
mit weniger als einem Viertel, als gering anzusprechen. Allerdings kam es
nach dem Abzug der Feuerschutzpolizei, also nach dem 6. April 1945, noch
zu größeren Zerstörungen durch großflächige Brände, als Folge der
Kampfhandlungen. Dies beweist auch die örtliche Verteilung der
Brandschadensgebiete,
die
durchwegs
mit
den
Zonen
des
Kampfgeschehens identisch sind. So gab es in der dicht verbauten Inneren
Stadt 150 Brandruinen gegenüber nur 10 durch Sprengwirkung vernichteten
Häusern. Einen hohen Brandanteil wiesen auch die zu Kampfzonen
gewordenen Bezirke Leopoldstadt, Favoriten, Simmering und Meidling auf.
Ebenfalls im Rahmen der Kampfhandlungen entstanden im 4. Bezirk, rund
um den Südtirolerplatz, Brände größeren Umfanges. Gleiches trifft auch für
57
den 21. und den damaligen 24. Bezirk zu. Während ein Großteil der im 3.
Bezirk zu Ruinen gewordenen Häuser auf das Konto von konzentrierten
Brandbombenabwürfen im Herbst 1944 gingen.97 Im Rahmen des
Luftkrieges wurden vom Wiener FE-Dienst rund 1200 Brände
unterschiedlichsten Ausmaßes bekämpft. Daneben wurden 1340 Einsätze
im Zusammenhang mit Fliegerschäden geleistet. Zur Rettung von
Menschenleben wurden 163 Einsätze und für sonstige Zwecke 180 Einsätze
gefahren. Dabei konnten vom FE-Dienst bis zum 6. April 1945 insgesamt 396
Menschen gerettet und 256 Tote geborgen werden. Letztere Zahl ist
erstaunlich, da die Bergung von Verschütteten in den Aufgabenbereich
des Instandsetzungsdienstes der LS-Polizei fiel. Der FE-Dienst kam hier nur
ausnahmsweise in Akutfällen zum Einsatz, wenn Kräfte des I-Dienstes nicht
sofort verfügbar waren.
Neben diesen kriegsbedingten Aufgabenbereich wurde vom FE-Dienst
auch die friedensmäßige Agenda des Feuerschutzes wahrgenommen. Das
„Statistische Jahrbuch der Stadt Wien“, hier die Ausgabe für die Jahre
1943/44/45“, zeigt, dass diese Ausrückungen trotz des Luftkrieges ständig
zunahmen. Waren es im angriffsfreien Jahr 1943 noch 5587 Ausrückungen
gewesen, so stiegen diese auf 5148 im Jahr 1944. Auch 1945 lagen die
monatlichen Ausrückungen, mit 674 im Januar und 801 im Februar sowie
945 im März, wesentlich über dem Durchschnitt des Jahres 1944. Dagegen
zeigen die 83 Ausrückungen im April 1945 deutlich die Situation des kaum
mehr gegebenen Feuerschutzes nach dem Abrücken des FE-Dienstes.98
Dass es in Wien zu keinen Feuerkatastrophen wie in manchen
westdeutschen Städten kam, ist wohl, neben der vom Bomber Command
der Royal Air Force abweichenden Angriffstaktik der 15. US-Luftflotte, die
Brandbomben nur in geringen Umfang zum Einsatz brachte, der strengen
Wiener Bauordnung zuzuschreiben, aber auch der Effizienz der Wiener
Feuerwehrorganisation.
Als günstig hatte sich für Wien der späte Zeitpunkt des Einsetzens der
Luftangriffe ausgewirkt. Denn nach dem ersten Angriff auf eine Stadt in der
Ostmark, der am 13. August 1943 Wiener Neustadt erfolgte, dauerte es
noch acht Monate bis sich die amerikanischen Bomberverbände an GroßWien heran wagten. So konnten die ab 1943 eingeleiteten Aufwendungen
für
die
Gefahrenabwehr,
wobei
hier
die
unabhängige
Löschwasserversorgung eine maßgebliche Rolle spielte, noch zur
Auswirkung kommen. Über das mögliche Ausmaß der Angriffe mussten sich
die Verantwortlichen, nach der Katastrophe von Hamburg im Juli 1943, wo
97
WStLA, M. A. 121 A1, Schachtel 12. Statistik der Kriegsschäden, August bis November
1946. Alle Nachkriegsstatistiken unterscheiden nicht zwischen Luftkriegsschäden und den
während der Kampfhandlungen, in der Zeit vom 6. bis zum 14. April 1945 entstandenen
Schäden.
98 Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien, Jahrgang 1943-1945. Dieses Werk enthält jedoch
im Kapitel XXII keine Angaben zum Sachgebiet Luftschutz.
58
eine Serie von Luftangriffen einen Feuersturm ungeahnten Ausmaßes
verursacht hatte, im Klaren sein. Die örtliche Luftschutzleitung wusste was
man zu erwarten hatte und nützte daher die zur Verfügung stehende Zeit
für entsprechende Maßnahmen, wobei man besonders die Gefahr eines
alles vernichtenden Flächenbrandes im Auge hatte. Allerdings setzten die
im fünften Kriegsjahr bereits erheblich reduzierten Ressourcen den
Bemühen enge Grenzen.
Der Weg nach Mauthausen
Eine besondere Laune des Schicksals wollte es, dass die traditionell eher
links orientierten Angehörigen der Feuerwehr der Stadt Wien, soweit sie
nicht bereits der Repression der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen
waren, das Kriegsende als Angehörige der Polizei, ausgestattet mit
Wehrpässen der SS, erleben mussten.99 Denn ab Ende 1942 war die
Feuerschutzpolizei über die Inspekteure bzw. Befehlshabern der
Ordnungspolizei (IdO, BdO) unterstellt, die ihrerseits wieder den „Höheren
SS- und Polizeiführern“ unterstanden.100 In Wien war dies bis zum 30. Januar
1943 der später in Nürnberg hingerichtete SS-Gruppenführer und
Generalleutnant der Polizei Dr. Ernst Kaltenbrunner gewesen. Sein
Nachfolger als „Höherer SS- und Polizeiführer Donau in Wien“ war dann SSObergruppenführer und General der Waffen-SS und Polizei Rudolf
Querner.101 Und vom 5. Oktober 1944 bis zum Kriegsende übte diese
Funktion der SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS und
Polizei Walter Schimana aus.102
Ab 1943 kontrollierte der jeweilige Führer des SS-Oberabschnitts Donau über
den Befehlshaber der Ordnungspolizei in Wien das Feuerwehrwesen.103 Der
Einfluss der SS stieg proportional zu der sich rapide verschlechternden
Kriegslage, was nicht zum Vorteil der Feuerschutzpolizei gereichte. Nun
wurden die letzten jüngeren und körperlich fitten Feuerwehrmänner zu den
Fronteinheiten der Polizei beordert. Do stieg das Durchschnittsalter der in
Wien verbliebenen Feuerwehrmänner ständig an, wobei sich naturgemäß
die körperliche Leistungsfähigkeit des überalterten Kaders verringerte.
99
Vgl. Doris Warlisch, Die (Lager-) Feuerwehr im Konzentrationslager Mauthausen –
zwischen Widerstand und Kollaboration, in: KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Memorial 2011 –
Dokumentation, 71—73.
100 AdR, Gr. 04, RStH. Wien, Ordner 1202. Ia SPol 2.200-2035/42, vom 27.11.1942 (RdI, Pol. O.
Kdo. I F (1a) 100 Nr.47 II/42 vom 15.11.1942.
101 Querner verübte im Mai 1945 Selbstmord.
102 Schimana verübte 1946, nach gelungener Flucht aus amerikanischem Gewahrsam
Selbstmord um einer neuerlichen Verhaftung zu entgehen.
103 Bis 1.9.1943 war Generalmajor der Polizei Dr. Carl Retzlaff in der Funktion des BdO. Wien
tätig. Sein Nachfolger wurde Generalmajor der Polizei Dr. Kurt Bader bis zum 27.2.1944. Ab
diesem Datum kam dann SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Otto
Schuhmann, als Stellvertreter, in diese Position und ab Ende Oktober 1944 übte wiederum
Dr. Kurt Bader diese Funktion bis zum April 1945 aus.
59
Daran konnten auch von Oben angeordnete Maßnahmen zur körperlichen
Ertüchtigung kaum etwas ändern. Ein weiterer von der SS gesetzter
Schwerpunkt war die Förderung der soldatischen Erziehung bei der
Feuerschutzpolizei, inklusive der nun eingeführten Waffen- und
Schießausbildung.
Doch der angestrebte Ausbildungserfolg wollte sich nicht recht einstellen.
Weder bei der Schutzpolizei und noch viel weniger bei der
Feuerschutzpolizei konnten das gesetzte Ziel, „tapfere, standhafte,
verbissene und treue Gefolgschaftsmitglieder des Führers“ für den
Endkampf bereitzustellen, auch nur annähernd erreicht werden.104
Nun zeigten sich auch die Folgen des ständigen Aderlasses bei den
jüngeren Jahrgängen, welche man in den vergangenen Jahren zum
Fronteinsatz abkommandiert hatte. Die einst so schlagkräftige
Polizeiorganisation war nun zu einer Domäne der älteren Jahrgänge und
des Ergänzungspersonals geworden. Bei der Polizeiverwaltung in Wien
näherte sich die Stimmung dem Nullpunkt und immer mehr defätistische
Äußerungen machten die Runde. Dieses Stimmungstief war einerseits auf
die allgemeine Erschöpfung im sechsten Kriegsjahr zurückzuführen,
andererseits auf die demoralisierende Wirkung der damals gerade mit
voller Wucht einsetzenden Luftangriffe. Aber auch die Angst vor den rasch
näher rückenden Fronten im Osten sowie in Italien und dem Balkan. So
grassierte damals in Wien in allen Schichten der Bevölkerung das Gerücht,
dass es bei einem Näherkommen der Fronten zu einer Evakuierung der
Stadt kommen werde.
Als dieses Stimmungsbild in Berlin erkannt wurde, eilte Himmler am 6.
November 1944 persönlich nach Wien um hier nach den Rechten zu sehen
und jegliche Gerüchte bezüglich einer Evakuierung Wiens zu verbieten.
Himmler verfügte, dass der nachstehend wiedergegebene Befehl
unverzüglich allen Angehörigen der Polizeiverwaltung, insbesondere aber
den Angehörigen der Feuerschutzpolizei und des FE-Dienstes zur Kenntnis zu
bringen war:
„Ich verbiete allen zivilen und militärischen Stellen irgendeine
Diskussion über eine angeblich beabsichtigte Räumung oder
Evakuierung Wiens. Derartige Unterhaltungen sind nur geeignet,
törichte Gerüchte in die Welt zu setzen. Wien und die Ostmark
werden östlich der Donau und - wenn es sein müsste - an der
Reichsgrenze verteidigt und zwar von der deutschen Wehrmacht
ebenso fanatisch wie vom Volkssturm Wiens.
Unberührt davon ist die Verlagerung von Wirtschaftsgütern aus
Luftschutzgründen.
Gez. H. Himmler 105
104
ÖStA-AdR, FSchP. Wien Kommandobefehl Nr. 30, vom 30.11.1944. Hier Punkt 1.) 1 a
I/Abschiedserlass des stellvertretenden BdO. (FSchP. I a I 5/2/44).
105 ÖStA-AdR, FSchP. Wien, Kommandobefehl Nr. 30, 2.) 1 a I (FSchP. 1 a I 58/44).
60
Mit Blick auf die erst vor kurzen erfolgten Verurteilungen mehrerer
Feuerwehrmänner durch das SS- und Polizeigericht München richtete sich
Himmlers Augenmerk besonders auf die Feuerschutzpolizei. Allerdings
konnten weder der Aufruf Himmlers, noch die Disziplinierungsversuche und
die Repressionsmaßnahmen des Kommandeurs der Feuerschutzpolizei
etwas an der schlechten Stimmungslage in Wien ändern, wobei die
härtesten Prüfungen, durch den immer totaler geführten Bombenkrieg, der
Stadt erst bevorstanden.
Bezüglich eines Einsatzes der Polizei beim Näherrücken der Front ordnete
Himmler, in seiner Eigenschaft als Reichsminister des Inneren und Chef der
Polizei, am 11. Jänner 1945 an: „Bei angeordneter Räumung sowie
unmittelbarer Feindbedrohung schließen sich die Polizeieinheiten der
letzten kämpfenden Truppe an“. In diesem Runderlass ging Himmler dann
speziell auch auf das Feuerwehrwesen ein und befahl:
„Das wertvolle Fahrzeug- und Gerätematerial der FSchP, LS-Pol., Frw.
Feuerwehrbereitschaften (mot.) und Freiw. Feuerwehren ist bei
unmittelbarer Feindbedrohung durch für den Kampfeinsatz weniger
geeignete Kräfte in Auffangstandorte zurückzuführen“.
Diese Anordnung, die vorrangig den „Kampfeinsatz“ aller geeigneten
Männer der Feuerschutzpolizei forderte, bildete dann auch die Grundlage
für den Abzug des FE-Dienstes und der LS-Polizei aus Wien.
Noch am 31. März 1945, also an jenem Tag an dem die Dienststelle des
Befehlshabers der Ordnungspolizei Wien ihre Tätigkeit einstellte und sich
nach Westen absetzte, wies Generalmajor der Polizei Dr. Bader nochmals
auf die strikteste Einhaltung von Himmlers Erlass vom 11. Jänner 1945 hin.106
So begann dann in der Nacht vom 6. auf den 7. April 1945 der Abzug der
Polizei aus der Stadt. Endlose Fahrzeugkolonnen der Feuerschutz- und
Luftschutz-Polizei setzten sich in Bewegung um sich über die Donaubrücke
nach Floridsdorf abzusetzen. Nach einer Irrfahrt von mehreren Tagen,
welche die Kolonnen bis ins Waldviertel führten, trafen die Reste der Wiener
Feuerwehr, unter der Führung ihres Kommandanten, Oberst der
Feuerschutzpolizei
Johann
Stanzig,
am
13.
April
1945
beim
Konzentrationslager Mauthausen ein, wo die Masse der Fahrzeuge im
Steinbruch Wienergraben abgestellt wurde.107
Stanzig selbst trennte sich hier von seiner Truppe und setzte sich nach
Kärnten ab, wo er später von den Engländern verhaftet wurde.108 Als
Kommandant des in Mauthausen zurückbleibenden Teiles der Wiener
106
SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Walter Schimana und
Generalmajor der Polizei Dr. Bader setzten sich ihren Stäben nach Linz ab, wo sie im
Barackenlager Haid unterzogen.
107 Archiv Mauthausen Memorial (AMM), Sch./6/1.
108 Ebd.
61
Feuerschutzpolizei wird ein Hauptmann der FSchP Kern genannt.109 Der
niedere Dienstgrad des nun kommandierenden Offiziers zeigt, dass sich
nicht nur der Kommandant sondern auch alle Stabsoffiziere
(Oberstleutnante und Majore der Feuerschutzpolizei) auf und davon
gemacht hatten. Den wirren Planungen der letzten Kriegstage nach, sollten
die
im
Raum
Mauthausen
vorhandenen
Reste
der
Wiener
Feuerschutzpolizei später einem imaginären SS-Verband, unter dem
Kommando von Obersturmbannführer Otto Skorzeny, unterstellt werden.110
Skorzeny selbst, der noch bis vor kurzen in Wien gewesen war, setzte sich
noch rechtzeitig aus Wien ab und fuhr über Krems nach Linz, wo er am 13.
April 1945 ankam. Hier meldete sich Skorzeny bei dem berüchtigten
Gauleiter von Oberdonau, August Eigruber. Von diesem erhielt er den
Auftrag einen Streifendienst einzurichten. Dieser Verband sollte, mit Billigung
Kaltenbrunners, die zurückflutende Einheiten der Heeresgruppe Süd zum
Halten bringen und Deserteure abfangen um sie vor ein Standgericht zu
bringen. Nach Skorzenys Aussage vor dem Internationalen Strafgerichtshof
in Nürnberg wurde ihm am 15. oder 16. April 1945 für diese Aufgabe ein
Bataillon der Waffen-SS unter der Führung eines Majors unterstellt. Dieser
Vorgang könnte mit dem Eintreffen der Wiener Feuerschutzpolizei in
Mauthausen und dem Abzug der SS aus dem Konzentrationslager im
Zusammenhang stehen.
Tatsache ist, dass die Feuerschutzpolizisten ab dem 14. April 1945 als
Wachsoldaten im äußeren Sperrkreis des Konzentrationslagers eingesetzt
wurden.111 Für diese Aufgabe hatte man schon seit 1943/44, sowohl im
Hauptlager Mauthausen als auch im benachbarten Lager Gusen,
Wehrmachtsangehörige, vor allem ältere Soldaten des Heeres und der
Luftwaffe verwendet. Gleiches galt auch für die Bewachung der
zahlreichen zugunsten der Rüstungsindustrie errichteten Nebenlager von
Mauthausen. So verrichteten beispielsweise beim Häftlingslager im Raxwerk,
in Wiener Neustadt, Marineangehörige diesen Wachdienst. Diese trafen
ebenfalls, im Zuge der Rückverlagerungen der Außenlager, unmittelbar vor
der Kapitulation in Mauthausen ein.
Die schlechtesten Karten hatten wohl jene Feuerwehrangehörigen
gezogen, die als Wachposten beim Todesmarsch von Mauthausen nach
Gunskirchen eingeteilt wurden. Noch in den letzten Kriegstagen hatte man
die in Mauthausen konzentrierten ungarischen Juden zu Fuß weiter nach
Gunskirchen getrieben, wobei es durch das SS-Wachpersonal noch zu
zahlreichen Verbrechen kam. In Gunskirchen, am Endpunkt des Marsches,
erteilte die SS den eingeteilten Feuerschutzpolizisten, welche man erst in
109
Ebd.
Johannes Starmühler, Louis Haefliger und die Befreiung des Konzentrationslagers
Mauthausen, Diplomarbeit der Universität Wien 2008, 18. Diese Arbeit bietet eine gute
Übersicht über das Geschehen in Mauthausen von Ende April und Anfang Mai 1945.
111 Ebd. Vgl. AMM, Sch./6/1.
110
62
Mauthausen mit einem Karabiner ausgestattet hatte, den Befehl den hier
angekommenen Elendszug bis zur Ankunft der amerikanischen Truppen zu
bewachen, während die SS-Angehörigen selbst die Flucht ergriffen.112
Warten auf die Kapitulation
Problematisch wurde es, als ab dem 3. Mai die SS-Wachmannschaften
abzogen und Feuerschutzpolizei nun alleine die Bewachung des
Hauptlagers und des Lagers Gusen zu übernehmen hatte. Dabei kam es zu
heftigen Diskussionen mit der abziehenden SS-Kommandantur, wobei sich
der Kommandant der in Mauthausen verbliebenen Feuerschutzpolizisten,
Hauptmann der FSchP Kern, im positiven Sinn hervortat. Hauptmann Kern
wehrte sich vehement dagegen, sich und seine Untergebenen auf diese
Art für die im Lager verübten Grausamkeiten verantwortlich machen zu
lassen.113 Doch es nützte alles nichts, nachdem am 3. Mai der letzte
Morgenapell in Mauthausen abgehalten worden war, verließen die
Angehörigen des SS-Kommandos und die SS-Wachmannschaften das
Lager und die Angehörigen der Feuerschutzpolizei waren nun allein für die
Bewachung verantwortlich.114 Im Bereich des Lager-Komplexes Gusen
zogen die SS-Wachen hingegen erst am Vormittag des 4. Mai 1945 ab und
auch hier blieben die Lager unter der Bewachung der Feuerschutzpolizei
zurück.115
Die rund 1200 für einen militärischen Einsatz vorgesehen SS-Angehörigen
aus
Mauthausen
und
Gusen
sollten
nun,
auf
Befehl
des
Reichsverteidigungskommissars von Oberdonau, östlich von Mauthausen
eine Sperrlinie gegen die heranrückende Ostfront, entlang der nach
Norden führenden Eisenbahnstrecke, errichten. Ein kleinerer Teil des
Kontingents errichtete am rechten Donauufer einen Brückenkopf im
Bereich der Enns-Mündung, der zur Sicherung der wichtigen Donaubrücke
diente.116 Nach dem Abzug der SS zum militärischen Einsatz bewachten die
Angehörigen der Feuerschutzpolizei den äußeren Ring der Lager in
Mauthausen und Gusen. Nach der Aussage des Zeitzeugen Hans Marsalek,
hatte in den drei Tagen bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen
112
Vgl.: Doris Warlisch, Die (Lager-) Feuerwehr im Konzentrationslager Mauthausen –
zwischen Widerstand und Kollaboration, in: KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Memorial 2011 –
Dokumentation, 80. Gegen den Angehörigen der Wiener Feuerwehr Josef Reiter kam es im
Mai 1946 in dieser Angelegenheit zu einem Prozess vor dem Volksgerichtshof Wien (Vr
2784/45).
113 Ebd., 17. Vgl. Michel Fabréguet, Mauthausen. Camp de concentration nationalsocialiste en Autriche rattachée (1938—1945), Paris 1999, 609 f.
114 Ebd., 103. Vgl. dazu auch Harald Knoll, Die Befreiung des Konzentrationslagers
Mauthausen, in: Stefan Karner und Gottfried Stangler (Hg.), Österreich ist frei. Der
Österreichische Staatsvertrag. Beitragsband Schallaburg 2005, Horn u. Wien 2005, 45 f.
115 Johannes Starmühler, Louis Haefliger und die Befreiung des Konzentrationslagers
Mauthausen, Diplomarbeit der Universität Wien 2008, 24.
116 Ebd.
63
eigentlich niemand die Macht im Lager, da die Angehörigen der
Feuerschutzpolizei das Gelände zwar noch bewachten, aber innerhalb des
Lagers nicht eingriffen.117
In dieser äußerst kritischen Situation fasste der Delegierte des
Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) in Genf, Louis Haefliger,
der mit einem Hilfstransport am 28. April 1945 in Mauthausen eingetroffen
war, den Entschluss die Initiative zu ergreifen.118 Haefliger wurde dazu von
dem ihm von der Lagerleitung als Kontaktperson zugeteilten SSObersturmführer Guido Reimer gedrängt.119 Reimer, damals der Leiter der
Spionage- und Sabotage-Abwehr in Mauthausen, war ein berüchtigter KZScherge mit blutiger Vergangenheit und wollte die Gelegenheit nützen,
sich den vorrückenden US-Truppen als „Retter“ der in Gusen inhaftierten
Häftlinge zu präsentieren.120 In diesem Zusammenhang ließ er für Haefliger
einen Personenkraftwagen weiß lackieren und mit einer weißen Fahne
versehen. Mit diesem Fahrzeug fuhren am Morgen des 5. Mai 1945
Haefliger, Reimer und der Leutnant der Feuerschutzpolizei Langer, den
vorrückenden amerikanischen Truppen entgegen.
Nach kurzer Zeit gelang es, 25 Kilometer westlich von Mauthausen, mit
einem amerikanischen Aufklärungszug in Kontakt zu kommen. So kam es,
dass am 5. Mai 1945 zwischen 09:00 und 10:00 Uhr die ersten Angehörigen
der
11.
amerikanischen
Panzerdivision,
unter
Führung
des
Rotkreuzdelegierten, nach Mauthausen kamen. Wo man zuerst das
Krankenlager erreichte, um dann von hier aus weiter zum Hauptlager
hinaufzufahren.121 Die von Haefliger gelotsten Soldaten gehörten zum
gepanzerten Kavallerie-Aufklärungsbataillon 41 der 11. amerikanischen
Panzerdivision und hatten den Auftrag die militärische Situation im Bereich
der Ortschaft St. Georgen aufzuklären. Im Rahmen dieses Auftrages waren
die 23 Soldaten den Parlamentären gefolgt. Da Haefliger mit ihrer Hilfe
neben Mauthausen auch die Lager in Gusen übernehmen wollte, erbat er
117
Zeitgeschichte, 17. Jahrgang, Nr. 1—2 (Oktober 1989—September 1990), 114. Hier: Karl
Brousek, „…wir werden verlieren, aber ihr kommt auch dran!“ Zur Befreiung Mauthausens –
Häftlingswiderstand – Liquidierungspläne – Rettermythos, 122.
118 Das IKRK hatte von Ernst Kaltenbrunner eine diesbezügliche Erlaubnis erhalten.
Allerdings war daran die Bedingung geknüpft, dass die begleitenden Delegierten mit den
Hilfstransporten in den jeweiligen Lagern zu verbleiben hatten.
119 Mit der Person Reimers, in Verbindung mit seinen angeblichen Verdiensten um die
Deaktivierung der Sprengladungen, ist auch die bis in die heutige Zeit reichende
kontroverse Diskussion um eine geplant gewesene Vernichtung der Häftlinge, durch eine
Sprengung der Zugänge in die unterirdische Flugzeugfabrik in Gusen, verbunden.
120 Guido Reimers wurde am 26.11.1948 im sogenannten Buchenwald-Prozess zum Tod
durch den Strang verurteilt, später zu lebenslanger Haft begnadigt und am 16.12.1952 aus
dem Gefängnis in Landsberg entlassen.
121 Zeitgeschichte, 17. Jahrgang, Nr. 1—2 (Oktober 1989—September 1990), 114. Hier: Karl
Brousek, „…wir werden verlieren, aber ihr kommt auch dran!“ Zur Befreiung Mauthausens –
Häftlingswiderstand – Liquidierungspläne – Rettermythos, 122.
64
dafür weitere 500 bis 600 amerikanische Soldaten, welche die Bewachung
und Sicherung übernehmen sollten. 122
Als sich der Kommandant des Aufklärungszuges in dieser Sache über Funk
an sein vorgesetztes Kommando wandte, erhielt er den Befehl alle
Deutschen zu entwaffnen und als Kriegsgefangene zur Sammelstelle nach
Gallneukirchen zu bringen. Danach sollte der ursprünglich erteilte Auftrag
weiter ausgeführt werden. Währenddessen entledigten sich die
Feuerschutzpolizisten, welche diesen Moment bereits sehnlichst erwartet
hatten, ihrer Waffen und formierten sich unaufgefordert in Reih und Glied,
zum Abmarsch in die Kriegsgefangenschaft.123
Zwei Meldungen der Kampfgruppe B (CCB) der 11. US. Panzerdivision. Links die Meldung
des Aufklärungszuges der D-Kompanie von 11:10 Uhr über 600 Kriegsgefangene. Um 13:25
Uhr wird dann die Gefangennahme von 2000 Mann, ohne Gebrauch der Waffe, gemeldet
(NARA RG 407).
Immerhin gelang es den Rotkreuz-Delegierten die amerikanischen Soldaten
auch noch nach Gusen zu führen, wo ebenfalls das Wachpersonal
entwaffnet und in die Gefangenschaft geführt wurde. Haefliger führte in
seinem Bericht an das IKRK in Genf über 2000 entwaffnete Angehörige des
Wachkörpers an, die von den Amerikanern zum Sammelpunkt in
Gallneukirchen gebracht wurden. Darunter sollen sich auch 400
Angehörige der SS befunden haben, während der Rest sich aus
Wehrmachtsangehörigen, Feuerschutzpolizisten und Volkssturmmännern
zusammensetzte.124
122
1st Platoon Troop D, 41st Cavalry Reconnnaisance Squadron (Mechanized). Dieser Zug
wurde von SSgt. Albert. J. Kosiek geführt.
123 Zeitgeschichte, 17. Jahrgang, Nr. 1—2, 122. Vgl. Hans Marsalek, Der Beitrag des
Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Genf zur Häftlingsevakuierung aus dem KZ
Mauthausen und die Rolle von Louis Haefliger in Mauthausen in den April- und Maitagen
1945 resp. Nach 1945, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes,
Jahrbuch 1989, Wien 1989, 28.
124 Johannes Starmühler, Louis Haefliger und die Befreiung des Konzentrationslagers
Mauthausen, 169 f.
65
Gefechtsbericht der 11. US-Panzerdivision (After Action Report) vom 5. Mai 1945. Hier ist nur
der Ausschnitt über die Aktivitäten des zur Aufklärung eingesetzten 1. Zuges der DKompanie des 41. mechanisierten Kavalleriebataillons wiedergegeben (NARA RG 243).
Da die amerikanische Führung am 5. Mai 1945 die Dimension der
humanitären Katastrophe mit der sie sich in Mauthausen und Gusen
konfrontiert sah, nicht im vollen Umfang erkannte, dauerte es noch bis zum
7. Mai bis die US-Truppen endgültig einrückten und als Ordnungsfaktor in
Erscheinung traten.
Mauthausen 7. Mai 1945. Hinter dem geöffneten Tor ist deutlich die Rückansicht eines der
Wiener Löschfahrzeuge zu erkennen (US-Army, Signal Corps Foto).
Die von Haefliger in seinem Bericht genannten Zahlen sind lediglich als
grobe Schätzungen anzusprechen und auch in der reichlich vorhandenen
Literatur über die Befreiung von Mauthausen finden sich keine detaillierten
Angaben über Zahl und Gliederung der Wachkörper in Mauthausen und
Gusen, in dem für den Einsatz der Wiener Feuerschutzpolizei
bezugnehmenden Zeitraum vom 14. April bis zum ersten Eintreffen der
amerikanischen Truppen am 5. Mai 1945.
66
Links vom amerikanischen Panzerspähwagen ist ein ebenfalls ein Wiener Löschfahrzeug zu
erkennen (US-Army, Signal Corps Foto)
Demnach ist es schwierig auch nur die ungefähre Größenordnung der in
Mauthausen und Gusen zum Einsatz gekommenen Teile der Wiener
Feuerschutzpolizei abzuschätzen. Vor dem Abmarsch aus Wien hatte es nur
mehr 609 Feuerschutzpolizisten gegeben, denn die Masse des FE-Dienstes
bestand damals bereits
aus Ergänzungspersonal (Luftschutzpolizisten,
Polizeireservisten und fremdsprachliche Ergänzungs- und Hilfskräfte). Von
den 3139 Mann die zum Ergänzungspersonals zählten waren nur 1725
deutschsprachig und der Rest von 1414 Mann fremdsprachig.125 Es ist
anzunehmen, dass diese ausländischen Angehörigen des FE-Dienstes zum
damaligen Zeitpunkt für eine Bewachungsaufgabe kaum in Frage kamen.
Über den Werdegang und das Schicksal der fremdländischen Hilfskräfte ist
kaum etwas bekannt, sie dürften wohl zum größten Teil in Wien
zurückgeblieben sein. Auch von den Feuerschutzpolizisten und den
deutschsprachigen Ergänzungspersonal
dürfte ein beträchtlicher Teil
zurückgeblieben sein. Denn etliche Angehörige, vor allem solche mit einem
Wohnsitz in Wien, hatten sich unter der Vorspiegelung mannigfacher
Gründen, noch im Bereich der Stadt und im Schutz der Dunkelheit, von der
125
Broucek, Wien und seine Feuerwehr, 412 nennt für die Zeit knapp vor der Auflösung des
FE-Dienstes, ohne ein genaues Datum anzugeben, 610 Feuerschutzpolizisten. Vom
gesamten FE-Dienst waren 1640 Mann deutschsprachig- und 1510 Mann fremdsprachig,
was einen Gesamtstand von 3150 Mann ergibt.
67
abrückenden Kolonne abgesetzt. Andere wieder, mögen in Erkenntnis der
Sinnlosigkeit und des nahenden Kriegsendes, während des langen
Marsches desertiert sein oder einfach den Anschluss verloren haben. Die
Fahrzeuge welche trotz Treibstoffmangels und verstopfter Straßen
Mauthausen erreicht hatten wurden, sofern sie nicht für militärische Zwecke
in Verwendung kamen, im Steinbruch im Wienergraben abgestellt.
In Wien meldeten sich noch während der Kampfhandlungen 76 Mann in
der Zentrale am Hof, davon waren 63 Feuerwehrmänner von denen 8 als
belastete Nationalsozialisten galten und 6 Kanzleikräfte sowie 7
Luftschutzpolizisten. An Löschfahrzeugen standen während der Zeit der
Kampfhandlungen nur zwei Löschwagen und ein Pumpenwagen zur
Verfügung. Am 12. April 1945, also noch vor dem Ende der Kämpfe in der
Stadt, hatte man bereits eine Stärke von 2 Offizieren, 66 Feuerwehrmännern
und 11 ehemaligen LS-Polizisten erreicht, wobei man die belasteten
Parteimitglieder mittlerweile außer Dienst gestellt hatte. Am 12. April 1945
mussten dann alle Löscharbeiten wegen Brennstoffmangel eingestellt
werden, da die Russen im Rahmen der Plünderungen auch die noch
vorhandenen Treibstoffvorräte mitgenommen hatten.126
Auch am nächsten Tag meldeten sich weitere acht Feuerwehrmänner und
ein Luftschutzpolizist zum Dienst. An diesem 13. April kam es auch wieder zu
einem Löscheinsatz, als es im Hotel Bristol, wo russische Offiziere logierten, zu
einem Brand gekommen war. Allerdings konnten die Löschfahrzeuge erst
mit großer Verzögerung, nachdem der benötigte Treibstoff von der Roten
Armee bereitgestellt worden war, ausfahren. Dieser Einsatz führte dann
auch zu einem Umdenken bei den sowjetischen Kommandeuren, in
Sachen Feuerwehr. Trotz dem Verzicht auf die als Nationalsozialisten
bekannten Feuerwehrangehörigen stieg der Mannschaftsstand bis zum 15.
April auf 100 Mann weiter an.127 Sodass man bereits am 16. April die
Sektionseinteilung von 1938 wieder einführen konnte. Auch in den nächsten
Tagen kam es zu mehreren Ausrückungen, unter anderem zu einem Brand
im Hotel Imperial. Das Letztere Brandgeschehen führte auch dazu, dass die
sowjetische Kommandantur nun auch eine positivere Einstellung zum
Feuerschutz zeigte.
Am 18. April hatte man bereits einen Personalstand von 258 Personen
erreicht, darunter befanden sich allerdings auch 65 ehemalige Angehörige
der LS-Polizei. Mittlerweile hatte man auch stehengebliebene
Feuerwehrfahrzeuge aus dem ganzen Stadtgebiet zusammengeholt. Nun
setzte
sich
der
Fuhrpark
aus
einen
Pumpenwagen,
einen
Tenderpumpwagen, einen Tauchpumpenwagen und einen PölzholzWagen sowie einen Straßenbahnrüstwagen zusammen. Dabei handelte es
126 WStLA, Kommission 1945, Nr. 36, Hans Dolezal. Hier die Aufzeichnungen des
provisorischen Feuerwehrkommandanten Dipl. Ing. Franz Hawelka für die Zeit vom 12.4—
10.5.1945.
127 Ebd.
68
sich durchwegs um zum Löschdienst nur wenig geeignete und zumeist
ältere Spezialfahrzeuge, die man behelfsmäßig zu Löschfahrzeugen
umrüstete. Dazu kam dann noch ein Personenkraftwagen mit Anhänger,
der von einem Bürger der Feuerwehr überlassen worden war. Besser als bei
den Fahrzeugen sah es beim Löschgerät aus, wo 23 Tragkraftspritzen und
9000 Meter B- und 11000 Meter C-Schläuche vorhanden waren.128
Am 19. April kam es in den Morgenstunden zu einem Brand im Hotel
Metropol, wobei wiederum wegen Treibstoffmangels kein Löschfahrzeug
ausfahren konnte. Da nur vom Hydranten aus gelöscht werden konnte,
blieb auch der Erfolg gering. Neuerliche Vorstellungen wegen der Zuteilung
von Benzin blieben sowohl beim sowjetischen Ortskommando als auch
beim Stadtkommandanten ohne Erfolg. Die in der Folgezeit ständig
vorgetragenen Ansuchen, sowohl der Stadtverwaltung als auch des
Feuerwehrkommandos, bei der sowjetischen Stadtkommandantur zeigten
insofern einen ersten Erfolg, als zumindest die ständige Beistellung eines
Militär-Lkw für die Feuerwehr genehmigt wurde. Mit Hilfe dieses
Lastkraftwagens konnten 12 Tragkraftspritzen und 6000 Meter B und 7500
Meter C-Schläuche eingesammelt werden. Als am nächsten Tag sogar
zwei Lkw zur Verfügung standen, konnten, neben zahlreichen Armaturen
und Ausrüstungsgegenständen, weitere 15 Tragkraftspritzen und 8000 Meter
B- und über 10000 Meter C-Schläuche sichergestellt werden.
Bis zum 20. April 1945 war der Personalstand dann bereits auf 7 Offiziere und
344 Mannschaften angestiegen, darunter befanden sich immer noch 89
ehemalige LS-Polizisten. Und bis zum 30. April 1945 war die Zahl der
Mannschaftsangehörigen auf 495 angestiegen, darunter befanden sich
neben 125 ehemaligen LS-Polizisten erstmals auch 156 neu aufgenommene
Anwärter für den Feuerwehrdienst.129 Da bis zum Monatsende regelmäßig
sowjetische Militär-Lkw gestellt wurden, konnte die Verteilung des Geräts
auf die Feuerwachen vorgenommen werden, sodass bis zum 7. Mai alle
Feuerwachen, mit Ausnahme jener in Kaiserebersdorf und im Winterhafen,
wieder in Betrieb genommen werden konnten. Am 8. Mai 1945 entdeckte
man sogar eine, in der Stadt zurückgebliebene, 37 Meter-Drehleiter, die
nach einer Instandsetzung bald wieder in Betrieb genommen werden
konnte.
So verfügte die Wiener städtische Feuerwehr Am Tage der deutschen
Kapitulation bereits über 571 Mann, nämlich 7 Offiziere, 200
Feuerwehrmänner, 28 aktivierte Pensionisten und 133 ehemalige
Luftschutzpolizisten sowie 203 Anwärter auf den Feuerwehrdienst. Doch die
Fahrzeuglage war noch immer prekär und hatte sich nur unwesentlich
verbessert. Der Fuhrpark bestand nun aus drei Tenderpumpwagen, drei
Pumpenwagen, vier Sonderfahrzeuge und eine Drehleiter. Des Weiteren
verfügte man über 64 Tragkraftspritzen und 20000 Meter B- und 30000 Meter
128
129
Ebd.
Ebd.
69
C-Schläuche.130
Nachdem
sich
seit
mehreren
Tagen
keine
Feuerschutzpolizisten mehr zurückgemeldet hatten, war die Überraschung
umso größer, als sich am 10. Mai 1945 wieder Feuerschutzpolizisten aus dem
ehemaligen Kampfgebiet kommend in Wien meldeten und auch drei
Löschfahrzeuge
samt
Ausrüstung,
1
LF
25,
1
LF
8
mit
Tragkraftspritzenanhänger und 1 U-Wagen, mitbrachten, die hier dringend
benötigt wurden.
Der Krieg ist vorbei, die geplünderten Feuerwehrfahrzeuge der Feuerschutzpolizei Wien,
abgestellt im Steinbruch von Mauthausen (Foto: Archiv Mauthausen Memorial).
Bereits unmittelbar seit ihrer Befreiung am 7. Mai 1945 versuchten die seit
1944 in Mauthausen inhaftiert gewesenen Angehörigen der Wiener
Feuerwehr ihre Heimfahrt zu organisieren. Dabei wollten sie zumindest einen
Teil der im Steinbruch im Wiener Graben abgestellten Löschfahrzeuge,
deren Wert sie für den Feuerschutz der Stadt wohl erkannten, nach Wien
zurück bringen. Am 18. Mai 1945 fuhr die Kolonne von insgesamt 18
Fahrzeugen von Mauthausen ab und machte sich auf den Weg nach
Wien.131 Nach langer und strapaziöser Fahrt kamen die 44 inhaftiert
130
Ebd.
Doris Warlisch, Die (Lager-) Feuerwehr im Konzentrationslager Mauthausen – zwischen
Widerstand und Kollaboration, in: KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Memorial 2011 –
Dokumentation, 80 (AMM E/01a/55).
131
70
gewesenen Feuerwehrmänner am 22. Mai 1945 mit den Fahrzeugen in
Wien an, wo sie herzlichst empfangen wurden.132 Ungelöst blieb vorerst das
Problem mit den in der US-Zone abgestellten Feuerwehrfahrzeugen aus
Wien, da die sowjetische Besatzungsmacht diese Fahrzeuge als Deutsches
Eigentum und somit als Beutegut betrachtete und diese bei einer allfälligen
Überquerung der Zonengrenze sofort konfiszieren würde.
So wurde die oberösterreichische Landesregierung in dieser Sache bei der
Regierung Renner in Wien vorstellig um eine Lösung zu erreichen. Denn eine
oberösterreichische Spezialfirma wollte die in Oberösterreich an
verschiedenen Stellen, zum Teil sogar auf freiem Feld, abgestellten
Fahrzeuge der Wiener Feuerschutzpolizei einsammeln, reparieren und
wieder fahrbereit machen. Allerdings musste dafür eine entsprechende
Erlaubnis der amerikanischen Besatzungsmacht erwirkt werden. Doch
dieses Vorhaben scheiterte lange Zeit an den sowjetischen
Besitzansprüchen. Erst nach vielen Verhandlungen, welche vor allem
zwischen dem amerikanischen und dem sowjetischen Element geführt
wurden, konnte der damalige Branddirektor Josef Holaubek fünfzig
verwendungsfähige Feuerwehrautos in Linz abholen. Diese Fahrzeuge
rollten dann, unter dem Schutz einer amerikanischen Eskorte und ohne in
der sowjetischen Besatzungszone aufgehalten zu werden, nach Wien, wo
sie am 17. August 1945 vom Bürgermeister Theodor Körner feierlich in
Empfang genommen werden konnten.133
Doch nicht alle Fahrzeuge des Wiener FE-Dienstes fanden den Weg nach
Wien zurück. Viele Fahrzeuge, vor allem jene die in der sowjetischen
Besatzungszone verblieben waren, wurden als Kriegsbeute in die
Sowjetunion verbracht. Einige Fahrzeuge hatte es auch in Gebiete
außerhalb von Österreich verschlagen, wie das Beispiel des
Tanklöschfahrzeuges (TLF 15) der Freiwilligen Feuerwehr in Remmingen
zeigt. Dieses Fahrzeug der Feuerschutzpolizei Wien, welches heute
restauriert im Museum der Freiwilligen Feuerwehr Remmingen steht, hatte es
nach dem Kriegsende bis nach Deutschland verschlagen, wo es dann in
Baden Württemberg bei der Freiwilligen Feuerwehr in Remmingen
(Landkreis Böblingen) zum Einsatz kam.
132
WStLA, Kommission Wien 1945, Nr. 36, Hans Dolezal.
Hugo Portisch, Österreich II, Die Wiedergeburt unseres Staates, Wien 1985, 408—410.
Hier auf Seite 409 ein Foto, welches die Aufstellung der Feuerwehrfahrzeuge am
Rathausplatz zeigt, rechts im Bild sind die GMC-Lkw 2,5t des amerikanischen
Begleitkommandos zu sehen.
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