Exkurs: Veränderliche Sterne (6) Einführung: Pulsationsveränderliche In bestimmten Phasen ihrer Entwicklung sind Sterne nicht stabil, sondern oszillieren um einen Gleichgewichtszustand. Solche Sterne nennt man Pulsationsveränderliche. Ihr Lichtwechsel beruht auf einer Leuchtkraftänderung aufgrund einer periodischen Änderung der Größe der strahlenden Sternoberfläche. • liegen in eng umgrenzter Region im HRD = “Instabilitätsstreifen” • wenn dieser im Laufe der Sternentwicklung gekreuzt wird, wird der Stern zeitweilig zum Veränderlichen Delta-Cepheiden RR Lyrae-Sterne W Virginis-Sterne Delta Scuti-Sterne (Zwergcepheiden) Mira-Veränderliche T Tauri-Sterne … Eigenschaften der wichtigsten Typen von Pulsationsveränderlichen • RR Lyrae (oder Haufenveränderliche): Sterne mit regelmäßigem Lichtwechsel in Perioden von etwa 0.2 - 1.2 d, Helligkeitsamplituden ~ 1 mag (0.4 - 2 mag); Spektraltyp A und F; Unterklasse von Cepheiden; wichtig in Kugelsternhaufen • δ-Cephei Sterne (klassische Cepheiden): Sterne mit regelmäßigem Lichtwechsel in Perioden von etwa 1 - 50d, Helligkeitsamplituden ~ 2 mag (0.1 - 2 mag); Spektraltyp F5 K5; in den Spiralarmen der Milchstrasse • W Virginis-Sterne: sehr ähnlich den δ-Cephei Sternen, jedoch absolut schwächer (um 12 mag) und mit kleineren Massen; im Halo und Kernbereich der Milchstraße • δ-Scuti Sterne: kurzperiodische Veränderliche in der Nähe der Hauptsequenz, Spektraltyp A und F, Perioden 0.03 - 0.2 d; Helligkeitsamplituden von 0.3 - 0.8 mag (Zwergcepheiden) und ≤ 0.1 mag bei den δ-Scuti. • Mira-Veränderliche (oder langperiodische Veränderliche): Riesensterne späten Spektraltyps, Perioden von 80 d - 500 d; Helligkeitsamplituden von 2.5 - 8 mag im Visuellen; sowohl bei jungen als auch alten Sternpopulationen der Milchstrasse • T-Tauri Sterne: junge Sterne, die sich noch nicht im hydrostatischen Gleichgewicht befinden, daher noch oberhalb der Hauptreihe; Spektralklasse F - M; in dichten, interstellaren Wolken Klassische Cepheiden Prototyp: Delta Cephei (3.48 – 4.37 mag) Entdeckt 1784 von John Goodricke Leuchtkraft ~2000 Lsonne; Entfernung ~890 Lj Periode: 5.37 Tage Lichtkurve Korrelationen Pulsationen: periodische Variationen von Radius und Effektivtemperatur => Variation in der Leuchtkraft Cepheiden-Stadium heliumbrennender Riesensterne Im “Instabilitätsstreifen” liegen besondere Verhältnisse der P- und T-Schichtung vor, insbesondere die Lage + Ausdehnung der He+ -Ionisationszone in den äußeren Sternschichten kleine, zufällige radiale Störungen des Sterns schaukeln sich zu großen Schwankungen aufgrund des anomalen Verhaltens des Absorptionskoeffizienten κ (Opazität) auf Im Gleichgewichtszustand ist die gravitative Anziehung an jedem Punkt des Sterns genauso groß wie die Summe aus Gasdruck und Strahlungsdruck an diesem Punkt hydrostatisches Gleichgewicht Stern im Gleichgewichtszustand Ablauf einer Pulsation: Der Kappa - Mechanismus a b c d e Phase Prozess a Der Stern wird komprimiert - Zunahme von Druck, Temperatur und Opazität in der Heliumschicht b Der Strahlungsdruck innen überwiegt der Schwerkraft - Der Stern beginnt sich auszudehnen c Ausdehnung des Sterns - Abnahme der Opazität, die innen gestaute Strahlung entweicht d Ausdehnung des Sterns über dem Gleichgewichtszustand - Strahlungsdruck wird geringer, die Schwerkraft überwiegt e Komprimierung des Sterns - Druck, Temperatur und Opazität nehmen wieder zu Die Helligkeitsänderung der pulsierenden Veränderlichen kommt hauptsächlich durch die Veränderung der Größe der abstrahlenden Oberfläche, sowie der Veränderung der Opazität zustande. Funktionsweise des Kappa - Mechanismus • Das Material in einer Zone der Sternatmosphäre, in der die Opazität mit steigender Temperatur zunimmt, wird durch äußere Störungen komprimiert, d.h. diese Schicht bewegt sich in Richtung des Zentrums des Sterns. • Durch die Kompression steigen Druck und Temperatur dieses Materials. • Durch die Erhöhung von Druck und Temperatur steigt die Opazität. • Durch die angestiegene Opazität dieser Schicht dringt nun weniger Strahlung aus dem Sterninneren nach außen; sie "staut" sich darunter. • Dadurch entsteht unterhalb der Schicht ein größerer Strahlungsdruck, der dazu führt, dass die Schicht sich nun ausdehnt. • Die sich ausdehnende Schicht wird nun kühler und der Druck sinkt, wodurch auch die Opazität wieder geringer wird. • Jetzt kann die angestaute Strahlung schnell entweichen. • Durch das Entweichen der Strahlung nimmt der Druck unterhalb der Schicht ab, wodurch diese aufgrund der nun wieder stärkeren Gravitationskraft in Richtung des Sterninneren komprimiert wird und der Zyklus von neuem beginnt. Die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung klassischer Cepheiden Die Entdeckung, dass zwischen der Leuchtkraft (= absoluten Helligkeit) und der Lichtwechselperiode von Delta-Cepheiden ein funktionaler Zusammenhang besteht (Henrietta S. Leavitt, 1912), kann als wichtigste astrophysikalische Entdeckung des angehenden 20. Jahrhunderts gelten. Ist die scheinbare und die absolute Helligkeit eines Sterns bekannt, dann kann man dessen Entfernungsmodul ausrechnen Entfernungsbestimmung Entfernungsbestimmung mittels Delta-Cepheiden Delta-Cepheiden sind als sehr leuchtkräftige Überriesen selbst in weiter entfernten Galaxien noch auszumachen. Das erlaubt eine ziemlich genaue Bestimmung von deren Entfernung von der Milchstraße. M 100 Cepheiden-Methode der Entfernungsbestimmung Beobachtungsgrößen: Scheinbare Helligkeit + Lichtwechselperiode Aus der Lichtwechselperiode ergibt sich die absolute Helligkeit des Sterns. Entfernungsmodul: Aus dem Entfernungsmodul ergibt sich direkt die Entfernung des Cepheiden in Parsec Zur Kalibrierung der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung werden die folgenden Verfahren genutzt: • • • • • Entfernungsbestimmung durch direkte Parallaxenmessung Baade-Wesselink-Technik Wenn ein Cepheid in einem Sternhaufen liegt mit Hilfe des Hauptreihe-Fittings Direkte Entfernungsmessung mit Hilfe von Lichtechos bei RS Pup Vergleich mit theoretischen Perioden-Leuchtkraft-Beziehung