Räumliche Analysen archäologischer Funde auf Burgen Christina

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Räumliche Analysen archäologischer Funde auf Burgen
Christina Schmid
Wenn aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes architektonisch abgegrenzter Räume
keine Untersuchungen zu Raumfunktionen wie etwa „access analysis“ mehr möglich sind,
bleibt die räumliche Verteilung der archäologisch relevanten Hinterlassenschaften die
einzige Quelle für eine Lokalisierung von Aktivitäten. Analysen und Interpretationen von
„intrasite spatial data“ wurden bisher in erster Linie in Hinblick auf urgeschichtliche
Fundstellen durchgeführt – solches „patterning“, also die Verteilung von und die
Beziehungen zwischen Artefakten und Befunden im Boden, liefert jedoch auch wichtige
Informationen für mittelalterarchäologische Befunde.
Aktivitätszonen als räumlich eingrenzbare Orte, an denen eine bestimmte Tätigkeit von
einer oder mehreren Personen durchgeführt wird, können anhand einer Analyse der
räumlichen Beziehung von Objekten definiert werden. Dabei bleiben Einzelereignisse
immer schwer interpretierbar, zielführender ist es, wiederkehrende Aktivitätsmuster zu
identifizieren. Räumliche Verteilungsmuster stellen dabei keine passive und zufällige
Reflexion sozialer Praxis dar, räumliche Strukturen sind sowohl Mittel als auch Resultat
menschlicher Aktivität. Raum darf also auch nicht nur als eine Beziehung zwischen
Objekten gesehen, und sozialer Raum nicht auf seine physische Beschreibung reduziert
werden.
Wichtig für Untersuchungen räumlicher Verteilungsmuster ist die Frage nach der
räumlichen Trennung von Aktivitäten. Auf Burgen, wo viele Gebäude aus Stein errichtet
wurden, ist der Aufwand für Umbauten sehr groß, Veränderungen sind daher schwierig
und arbeitsaufwändig – bei flüchtiger Architektur aus Lehm oder Holz ist eine
Einflussnahme auf die architektonische Gestaltung leichter möglich. Ein Gebäude auf
einer Burg muss daher in seiner letzten baulichen Ausprägung nicht mehr zwingend die
Bedürfnisse der BewohnerInnen widerspiegeln, der Lebensvollzug muss nicht mit der
baulich
intendierten
Funktion
übereinstimmen.
Die
stratigraphisch
jüngsten
Nutzungsschichten geben allerdings Hinweise auf die auf einer Burg tatsächlich verübten
Tätigkeiten.
Räumlich ungebundene Tätigkeiten können an Zonen gebunden sein, der konkrete Ort
jedoch kann variieren. Räumlich gebundene Tätigkeiten sind an eine bestimmte
Installation gebunden. Solche Aktivitäten mit festgelegtem Aktivitätsort haben eine
größere archäologische Sichtbarkeit – zum einen aufgrund der festen Installation, deren
Überlieferungswahrscheinlichkeit hoch ist, und zum anderen, da wiederholt immer wieder
dieselbe Art von Abfall abgelagert wird. Bei Aktivitäten ohne festgelegtem Ort ist eine
funktionelle Interpretation zumeist schwierig bis unmöglich. Darüber hinaus muss in
Betracht gezogen werden, dass es Tätigkeiten gibt, deren Abläufe Räume miteinander
verknüpfen und sich daher nicht in Form einzelräumlicher Binnenfunktionen fassen
lassen.
Eine Lokalisierung von Aktivitätszonen anhand archäologisch fassbarer Belege birgt
jedoch
auch
positivistisches
Fehlerpotential:
Aktivitäten
sind
archäologisch
nur
lokalisierbar, sofern sie mit Materialaufwand und -verlust verbunden sind. Die Menge an
archäologisch
fassbaren
Überresten,
die
sich
auf
einer
Oberfläche
(Fußboden,
Begehungshorizont etc.) beobachten lässt, ist abhängig davon, wie viel Material im
Rahmen einer Aktivität benutzt oder erzeugt, und in welcher Form diese Gegenstände auf
der Oberfläche belassen oder entsorgt wurden. Wenig materialintensive bzw. wenig
abfallerzeugende Tätigkeiten produzieren einen geringeren bis keinen Niederschlag im
archäologischen Material und können daher im Zuge solcher Analysen nicht erfasst
werden.
Entscheidend
für
eine
Analyse
räumlicher
Verteilungsmuster
sind
die
Erhaltungsbedingungen: Im archäologischen Befund zeigen sich oft überlagernde
Verteilungsmuster. Bei bestimmten Entstehungsformen archäologischer Kontexte darf
jedoch davon ausgegangen werden, dass die an diesem Ort durchgeführten Handlungen
– etwa durch ein Erdbeben oder ein Schadensfeuer – plötzlich beendet wurden. Das Ende
der menschlichen Aktivität an dem betreffenden Platz wurde also durch ein unvermittelt
auftretendes Ereignis herbeigeführt. Dadurch stand den handelnden Menschen wenig Zeit
zur Verfügung, um die Befundbildung entscheidend zu beeinflussen. Wenn der in diesem
Zusammenhang
entstandene
Niederschlag
nach
seiner
Ablagerung
keinen
entscheidenden räumlichen Veränderungen – davon vorrangig (mit Ausnahme der
Ausgrabung) keiner Manipulation mehr durch den Menschen – unterlag, stellt er eine
gute Basis für eine erfolgreiche Analyse räumlicher Verteilungsmuster dar. Es besteht
aufgrund
der
besonderen
Depositionsumstände
Grund
zur
Annahme,
dass
eine
„tatsächliche Artefaktpopulation“ in einen archäologischen Kontext gelangt ist und über
die Fundlage der Objekte sowie ihre Vergesellschaftung mit anderen Objekten auf ihre
Funktion bzw. Verwendung geschlossen werden kann. Befunde dieser Kategorie dienen
als Quellen der vorgestellten Untersuchung.
Im Rahmen dieses Vortrags soll der Frage nachgegangen werden, in wie weit sich
Aktivitäten der Burgbewohnerinnen und Burgbewohner im archäologischen Befund
niederschlagen und wie in weiterer Folge dieser Niederschlag durch die Archäologie
dokumentiert und interpretiert werden kann. In dem Bewusstsein, dass wohl immer ein
großer Spalt zwischen komplexen historischen Handlungen und den archäologisch
fassbaren Resten dieses Verhaltens klafft, wird versucht, verschiedene Gruppen von
BurgbewohnerInnen oder anderer Anwesender anhand der durch sie durchgeführten
Aktivitäten im archäologischen Befund sichtbar zu machen.
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