produktion & markt 7. 12. 2012 nr.22 s�dtiroler landwirt produktion & markt 7. 12. 2012 nr.22 sÜdtiroler landwirt Vor drei Jahren wurden die ersten Exemplare des Maiswurzelbohrers in Südtirol entdeckt (im Bild ein Käfer auf einer Pheromonfalle). Mittlerweile ist klar: Verschwinden wird der Schädling aus Südtirol nicht mehr – eine Eindämmung durch gezielte Maßnahmen ist aber möglich. Kleiner Käfer bringt großen Schaden Der Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera) gehört zu den global gefährlichsten Schädlingen im Maisanbau, da er jährlich erhebliche wirtschaftliche Schäden verursacht. Seit einigen Jahren tritt er auch in Südtirol auf. von anna zelger, landespflanzenschutzdienst und christine klotz, versuchszentrum laimburg Die Schäden an den Maispflanzen werden hauptsächlich durch die im Boden lebenden Käferlarven verursacht. Diese fressen je nach Entwicklungsstadium zunächst die Wurzelhaare der Maispflanzen. Später bohren sie sich in die Hauptwurzel ein und zerfressen den Wurzelstock. Dadurch wird die Standfestigkeit der Pflanze beeinträchtigt und ihre Wasser- und Nährstoffaufnahme erschwert. In der Folge knicken die Pflanzen häufig nesterweise um, und es kommt zu Ertragsausfällen. Bei einem starken Befall kann es auch zu Fraßschäden durch die erwachsenen Käfer kommen, welche sich von Blättern, Pollen, Narbenfäden und Maiskörnern (Milchreife) ernähren. Dies führt zu einer geringeren Befruchtung und schließlich zu einer verminderten Kornausbildung. Befall in Südtirol noch gering Der Käfer stammt ursprünglich aus Nordamerika und wurde Anfang der 1990er Jahre nach Europa eingeschleppt. Mittlerweile hat er sich in nahezu allen Maisanbaugebieten Europas ausgebreitet. Bereits seit mehreren Jahren werden in den Südtiroler Maisanbaugebieten Pheromon- fallen eingesetzt, um das Auftreten des Maiswurzelbohrers zu überwachen. Im Rahmen dieses Monitoring-Programmes wurden 2009 in Freienfeld und in Bruneck die ersten Exemplare des Schädlings nachgewiesen. Bereits im darauf folgenden Jahr konnte dieser Schädling im gesamten Landesgebiet festgestellt werden, wenn auch noch in einer vergleichsweise geringen Befallsdichte. Beim diesjährigen Monitoring wurden an 37 Standorten insgesamt 264 Käfer gefangen, das sind fünfmal so viele wie im Vorjahr. In Südtirol ist die Befallsdichte des Maiswurzelbohrer zwar noch gering, aber von Jahr zu Jahr ist eine 67 produktion & markt der schdling Biologie und Aussehen Der Westliche Maiswurzelbohrer gehört zur Familie der Blattkäfer. Die ausgewachsenen Käfer sind etwa vier bis acht Millimeter lang, von grünlicher bis gelblicher Grundfarbe, der Kopf ist schwarz gefärbt. Besonders auffällig ist die Zeichnung der Deckflügel mit drei dunklen Längsstreifen, die mitunter nahezu vollständig verschmolzen sind. Der Käfer entwickelt nur eine Generation pro Jahr. Ein Weibchen legt von August bis September im Schnitt 500 Eier (maximal 1000 Eier) in 5 bis 30 Zentimeter Bodentiefe, bevorzugt in Maisfeldern, ab. Nur etwa drei bis fünf Prozent der Eier werden in anderen Kulturen abgelegt. Mit dem ersten Frost sterben die Käfer ab. Die Überwinterung erfolgt als Ei im Boden. Die Larven schlüpfen in Abhängigkeit von der Bodentemperatur ab Mai bis Ende Juli des nächsten Jahres und fressen zunächst an und später in den Wurzeln. In 35 – 40 Tagen durchlaufen sie drei Larvenstadien. Nach einer Puppenruhe von rund einer Woche erscheinen ab Mitte Juli die ersten Käfer. Ein sehr geringer Teil der Eier durchläuft eine zweijährige Winterruhe, d. h., die Larven schlüpfen erst im Frühjahr des übernächsten Jahres. 68 s�dtiroler landwirt nr.22 7. 12. 2012 deutliche Zunahme zu erkennen. Die Populationsentwicklung ist ähnlich wie in anderen europäischen Ländern, bei denen der Maiswurzelbohrer bereits stark verbreitet ist und große Schäden in den Maisäckern anrichtet. Aufgrund der schnellen Vermehrung des Schädlings in den letzten Jahren ist in Zukunft mit einer weiteren Populationszunahme zu rechnen. Ausmerzung wohl nicht mehr möglich Aufgrund der Befallssituation und den Erfahrungen aus anderen Maisanbaugebieten wird eine Ausmerzung des Schädlings in Südtirol als nicht mehr möglich erachtet. Daher wurde das gesamte Landesgebiet als „Befallsgebiet“ im Sinne der geltenden gesetzlichen Bestimmungen ausgewiesen (Ministerialdekret vom 8. April 2009 betreffend Sofortmaßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des Schadorganismus Diabrotica virgifera virgifera Le Conte in der Gemeinschaft sowie des Dekretes des Landesamtes für Obst- und Weinbau Nr. 737/31.2 vom 12. 11. 2010 betreffend die Ausbreitung des Maiswurzelbohrers). Mit dieser Einstufung wurden Maßnahmen eingeführt, die auf eine Eindämmung des Schädlings und die Verhinderung einer weiteren Ausbreitung abzielen. Um die Verschleppung in befallsfreie Gebiete zu verhindern, dürfen keine Pflanzenteile oder Erde von Maisfeldern außerhalb des Befallsgebietes transportiert werden. Es wird zudem auf die „Cross Compliance“-Bestimmungen (Beschluss der Landesregierung Nr. 245 vom 27. Februar 2012) hingewiesen, laut denen Mais nicht länger als fünf aufeinanderfolgende Jahre auf derselben Fläche angebaut werden darf. 7. 12. 2012 nr.22 s�dtiroler landwirt produktion & markt Wie man den Schädling bekämpfen kann Vor allem in der ersten Phase der Verbreitung des Schädlings ist es wichtig, Bekämpfungsmaßnahmen vorzunehmen, um eine schnelle Vermehrung des Käfers zu verhindern. Dem Landwirt stehen mehrere solcher Maßnahmen zur Verfügung, wobei einige davon in der Praxis nicht anwendbar oder unwirtschaftlich sind. Die Anwendung einer insektizider Saatgutbeizung mit Neonikotinoiden, welche die Larven zum Teil abtöten, ist derzeit in Italien gesetzlich nicht erlaubt. Die chemische Bekämpfung der Käfer ist in den meisten Fällen nicht sinnvoll, da das Insektizidmittel im Laufe einer Saison mehrmals mittels spezieller Stelzengeräte ausgebracht werden musste. Die Einhaltung einer Fruchtfolge stellt somit die wichtigste und wirksamste Maßnahme dar, um die Vermehrung und Ausbreitung des Westlichen Maiswurzelbohrers erfolgreich zu unterbinden. Warum eine Fruchtfolge so wichtig ist Im Frühjahr schlüpfen die Larven, welche sich von den feinen Wurzeln der jungen Maispflanze ernähren. Die Larven sind wenig mobil und somit auf das Vorhandensein einer Maispflanze in ihrer unmittelbaren Nähe angewiesen. Durch einen Fruchtwechsel, also dem Anbau einer anderen Modellierung der Populationsentwicklung (Silke Krügener u. a. 2011 abgeändert) Kultur, wird den Larven die Nahrungsgrundlage entzogen. Zwar überwintert ein geringer Anteil von Eiern (0,21 Prozent) zwei Jahre im Boden, trotzdem stellt der Fruchtwechsel eine sehr wirksame Maßnahme dar, um die Anzahl der Käfer soweit zu reduzieren, dass keine wirtschaftlichen Schäden zu erwarten sind. Bei der Gestaltung der Fruchtfolge können verschiedene Kulturen in Betracht gezogen werden wie zum Beispiel Getreide-, Gemüseoder Futterbaukulturen. Einsatz von Pheromonfallen im Maisfeld zur Befallsüberwachung. Wie wirksam ist die Fruchtfolge Es wird angenommen, dass bei einer Anzahl von 80.000 Käfern pro Hektar (ein Käfer pro Pflanze) eine Schadensschwelle erreicht wird, bei der erstmals wirtschaftliche Schäden in den Maisäckern auftreten. Modellrechnungen zufolge kann das Erreichen dieser Schadensschwelle durch ein gezieltes Management der Fruchtfolge deutlich hinausgezögert werden. Diesen Rechnungen zufolge würde bei einer Anfangspopulation von 100 Käfern und einem kontinuierlichen Maisanbau die Population des Schädlings rapide ansteigen, und bereits nach vier Jahren würde die Schadensschwelle erreicht. Bei einem Maisanteil von 75 Prozent (d. h. drei aufeinanderfolgende Jahre wird Mais angebaut) kommt es vermutlich erst nach sieben Jahren zu ersten Schäden. Durch eine Fruchtfolge mit 66 Prozent Maisanteil – wenn also nach zwei Jahren Mais ein Fruchtwechsel vorgenommen wird – kann ein wirtschaftlicher Schaden für mindestens zehn Jahre vermieden werden. In der Grafik ist der Effekt einer Fruchtfolge deutlich zu erkennen, da in diesen Jahren die Käferanzahl deutlich reduziert wird und somit die Kurve nach unten geht. Im Tessin (Schweiz) beispielsweise konnte durch eine konsequent eingehaltene Fruchtfolge eine starke Vermehrung und Ausbreitung des Schädlings unterbunden werden. Es kann daher folgende Grundregel aufgestellt werden: Je früher ein Fruchtwechsel nach der Käferfeststellung durchgeführt wird, umso größer ist der Wirkungsgrad auf die Populationsreduzierung. 69