Thomas Manns Roman „Der Erwählte“. Eine Untersuchung zum poetischen Stellenwert von Sprache, Zitat und Wortbildung Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie im Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück eingereicht von Carsten Bronsema Erstgutachter: Prof. Dr. W. Günther Rohr Zweitgutachter: Prof. Dr. Rolf Thieroff September 2005 Osnabrück, den 17. September 2005 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1.1 Phänomen 1.2 Aktueller Forschungsstand 1.3 Quellenlage 1.4 Begründung des Forschungsvorhabens 1.5 Methode 2. Die Mann’sche Gregorius-Rezeption 2.1 Der „Gregorius“ Hartmanns von Aue 2.2 Das „Genaumachen“ Thomas Manns: „Der Erwählte“ 2.2.1 „Ein ganz schnurriges Einleitungskapitel“ 2.2.2 Die Erzählinstanz Clemens der Ire 2.2.3 Stoffliche Neuorganisation 2.2.4 „Der Erwählte“ – eine „Sprachverhunzung“? 3. Biographische Kontexte 3.1 Thomas Manns Sprachprofil 3.2 (Sprachliche) Entstehungsgeschichte des „Erwählten“ 4. Vorbereitung der Sprachanalyse 4.1 Stand der Quellenforschung 4.2 Quellenkritik 4.3 Lexikologisch-lexikographische Konzeption 4.3.1 Methodische Vorüberlegungen 4.3.2 Das Deutsche 4.3.3 Fremd- und Lehnwörter 4.3.4 Wortbildung 4.3.5 Eigennamen 4.4 Artikelaufbau 5. Stellenkommentar 1 1 2 3 4 6 10 10 14 14 16 17 20 27 27 35 42 42 47 61 61 64 68 71 74 76 81 6. Auswertung: Was ist das sprachliche Mittelalter Thomas Manns? 6.1 Sprach(stufen)zugehörigkeit 6.2 Grundprinzipien der Wort(neu)bildung 6.3 Eigennamen 6.4 Sprachliches Mittelalter? – Ein Definitionsversuch 7. Intention – Funktion – Wirkung 7.1 Intention 7.2 Funktion 7.3 Wirkung (auf den Leser) 7.3.1 Synonyme 7.3.2 Etymologische Brückenschläge 7.3.3 Stil 7.3.4 Dingreichtum 7.3.5 Orientierung an Sprachklischees 7.4 Fazit 8. „Doktor Faustus“ als „Vorspiel“ 8.1 Sprachliche Archaisierung im „Doktor Faustus“ 8.2 Zum poetischen Stellenwert des Zitats bei Thomas Mann 8.3 Fazit 9. Verzeichnis der Quellen, Literatur und Siglen 9.1 Quellen und Hilfsmittel Thomas Manns 9.2 Schriften Thomas Manns 9.3 Wörterbücher, Lexika und Nachschlagewerke 9.4 Forschungsliteratur 9.5 Sonstige Literatur 9.6 Siglenverzeichnis 10. Bildungsgang, Danksagung 186 186 188 191 194 196 196 203 207 209 210 212 215 216 219 221 223 231 235 236 236 238 239 241 248 248 251 1. Kapitel: Einleitung 1.1 Phänomen Mit Thomas Manns Mittelalterroman „Der Erwählte“ liegt ein Werk vor, in dem ein Stück der älteren deutschen Dichtung, der mittelhochdeutsche „Gregorius“ Hartmanns von Aue, in der Gegenwartsliteratur eine schöpferische Weiterbildung erfahren hat. Dabei griff Thomas Mann nicht nur stofflich in der Zeit zurück, sondern – und das war neu – auch sprachlich: „Es war ein Fürst, nommé Grimald, der Tannewetzel macht’ ihn kalt. Der ließ zurück zween Kinder klar, Ahî, war das ein Sünderpaar.“ 1 Der an sich neuhochdeutsch zu lesende und überwiegend in Prosa gehaltene Text ist mit einer Vielzahl fremder Wörter, Sätze und Dialoge durchsetzt, die älteren und jüngeren europäischen Sprach(ständ)en entnommen sind und sich dem Leser je nach Bildungsstand mehr oder weniger vollständig, keinem jedoch in Gänze erschließen dürften. Damit ist die Sprache neben der mittelalterlichen „Gregorius“-Legende der zweite tragende Pfeiler der Mittelalterfiktion und nimmt neben dem rezipierten Stoff eine selbstständige Stellung ein. „Was ich versuche, ist wirklich das reine Experiment, vages Mittelalter, sprachlich im Internationalen schwebend, und ich weiß noch garnicht, ob ich’s zu Ende führe“ 2 , schrieb Thomas Mann am 13. April 1948 an den Schweizer Germanisten Samuel Singer. Er hat es zu Ende geführt und wirkte mit seinem „Erwählten“ geradezu polarisierend 3 : Was der eine Kritiker als „Sprachverhunzung“ 4 empfinden mochte, war dem anderen „das süffigste, das amüsanteste, kurz das schönste Kauderwelsch, das es je in der deutschen Literatur gegeben hat“ 5 . Unabhängig vom Geschmack der Leser und Kritiker steht eines jedoch fest: „Something absolutely new confronts us in the linguistic experimentation that sets Gregorius apart from all the rest of Thomas Mann’s work and from all modern literary experiments […].” 6 „Most readers […] will be puzzled, mystified, shocked, repelled, or entranced […] but never bored by the highly spiced dish that the author serves.” 7 Die Fragen, die ich in meiner Arbeit an den Roman und seinen Autor herantrage, sind die eines ebensolchen „puzzled reader“: „Was ist das sprachliche Mittelalter Thomas Manns?“, „Wie ist es gemacht?“ und vor allem: „Wie funktioniert es?“. Es sind die Fragen nach den sprachlichen Mitteln zur Erzeugung mittelalterlichen Ambientes, dessen Herkunft, Qualität und Wirkung. 1 Mann, Thomas: Der Erwählte (=Gesammelte Werke in 13 Bänden, Bd. VII). Frankfurt a.M. 1990, S. 15. (im Folgenden unter der Sigle ‚DE’) 2 Dichter über ihre Dichtungen, Bd. 14, Teilbde. I-III: Thomas Mann, hrsg. von Hans Wysling und Marianne Fischer. München 1975-1981, III, S. 354. (im Folgenden unter der Sigle ‚DüD’) 3 DüD III, S. 396: „Selten wohl hat ein solcher Widerspruch geklafft zwischen den Reaktionen auf ein Buch.“ 4 DüD III, S. 390. 5 Reich-Ranicki, Marcel: Über den Erwählten von Thomas Mann, in: Thomas-Mann-Jahrbuch 4 (1991), S. 99. 6 Weigand, Hermann J.: Thomas Mann’s Gregorius, in: Germanic Review 27 (1952), 1/2, S. 88. 7 Ebd., S. 13. 1 1.2 Aktueller Forschungsstand Den ersten Arbeiten zur Sprache des „Erwählten“ von Jonas Lesser und Hermann Weigand, die unmittelbar nach Herausgabe des Romans im Jahre 1952 erschienen, ist gemein, dass sie, teils unter Hilfestellung des Dichters selbst, die Hauptquellen (ohne Einsicht der Originale, ohne Kenntnis der genauen Ausgabe) nennen und, von diesen ausgehend, die Herkunft zumindest der exzeptionellsten Sprachelemente des Romans belegen können. Gertraude Wilhelm, die auf den Vorarbeiten aufbaut, geht hingegen vom Endprodukt des Romantextes aus. In der Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes etwas willkürlich, löst sie die ihr fremd erscheinenden Elemente aus dem Textganzen, erstellt eine (leider nicht alphabetisch angelegte) Wortliste, in der sie „die Wörter nach ihrer sprachlich- und literaturgeschichtlichen Herkunft“ 8 befragt. Eigennamen wie ältere neuhochdeutsche Elemente bezieht sie nicht mit ein. Was ihrer Arbeit neben einer wissenschaftlich strengen Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes fehlt, ist eine vorab definierte Nomenklatur der Wortbildung und, wie ihren Vorgängern auch, die genaue Kenntnis der Quellen. 1961, im Erscheinungsjahr von Wilhelms Arbeit, wurde das Thomas-Mann-Archiv 9 in Zürich eröffnet, das bis heute Forschern den schriftlichen Nachlass des Dichters zugänglich macht. Die ausschließlich darauf aufbauende, 1963 erstmals erschienene Arbeit des damaligen Archivdirektors Hans Wyslings 10 demonstriert exemplarisch am 3. Kapitel des Romans die Quellenarbeit und Montagepraxis Thomas Manns unter Einbeziehung der bis heute unveröffentlichten Notizen und Materialien aus dem Arbeitsfeld des „Erwählten“. Am Ende seiner Arbeit steht eine Liste der Quellen, auf die Thomas Mann bei der sprachlichen Umsetzung des Kapitels „Die Kinder“ zurückgegriffen hat. Alle nicht aus den schriftlichen Quellen stammenden Elemente sowie der Bereich der Wortbildung und Eigennamen bleiben auch bei Wysling unbehandelt. Wortbildung 11 und Namengebung 12 bei Thomas Mann waren meist Gegenstand gesonderter Darstellungen und Untersuchungen. Diese zeichnen sich in aller Regel durch eine differenzierte Betrachtung ihres Untersuchungsgegenstandes bei gleichzeitiger Unkenntnis 8 Wilhelm, Gertraude: Sprachimitation in Thomas Manns „Der Erwählte“. München 1962, S. 13. Im Folgenden unter der Sigle ‚TMA’ geführt. 10 Wysling, Hans: Die Technik der Montage. Zu Thomas Manns Erwähltem, in: Euphorion 57 (1963), S. 156199, der 1996 in einer Art Festschrift/Nachruf auf den kurz vor seinem 70. Geburtstag verstorbenen Forscher abermals erschien. Ich habe meiner Arbeit die erweiterte und aktualisierte Fassung von 1967 zugrunde gelegt: Wysling, Hans Thomas Manns Verhältnis zu den Quellen. Beobachtungen am Erwählten, in: Quellenkritische Studien zum Werk Thomas Manns (=Thomas-Mann-Studien, Bd. 1). Bern/München 1967, S. 258-324. 11 Hilscher, Eberhard: Thomas Mann als Sprachkünstler, in: Neue Deutsche Literatur 3 (1955), 8, S. 56-71; Kammradt, Friedrich: Thomas Mann als Sprachpfleger, in: Der Sprachpfleger (1956), 2, S. 3-5; Mater, Erich: Zur Wortbildung und Wortbedeutung bei Thomas Mann, in: Georg Wenzel (Hrsg.):Vollendung und Grösse Thomas Manns: Beiträge zu Werk und Persönlichkeit des Dichters. Halle 1962, S. 141-148; Weiss, Walter: Thomas Manns Kunst der sprachlichen und thematischen Integration (=Beihefte zu Wirkendes Wort, Bd. 13). Düsseldorf 1964; Wirtz, Erika: Stilprobleme bei Thomas Mann, in: Paul Böckmann (Hrsg.): Stil- und Formprobleme in der Literatur. (=Vorträge des 7. Kongresses des FILLM). Heidelberg 1974, S. 430-433; Hilscher, Eberhard: Thomas Mann. Leben und Werk. Berlin 1983; Frizen, Werner: Thomas Manns Sprache, in: Helmut Koopmann (Hrsg.): Thomas-Mann-Handbuch (im Folgenden unter der Sigle ‚Handbuch’). Stuttgart 2001, S. 854-874; Choi, Kaung-Eun: Fremdwörter und Fremdsprachen bei Thomas Mann. Kiel 1993 (3 MicroFiches). 12 Weiss 1964; Link, Manfred: Namen im Werk Thomas Manns. Deutung, Bedeutung, Funktion (=Proceedings of The Departure of Foreign Languages und Literatures, Collage of General Education Vol. 14, Nr.1). Tokyo 1966; Rümmele, Doris: Mikrokosmos im Wort. Zur Ästhetik der Namengebung bei Thomas Mann. Bamberg 1969; Tyroff, Siegmar: Namen bei Thomas Mann in den Erzählungen Buddenbrooks, Königliche Hoheit, Der Zauberberg (=Europäische Hochschulschriften Reihe 1: Deutsche Literatur und Germanistik, Bd. 102). Frankfurt a.M. 1975. 9 2 der dazugehörigen Quellenlage aus, was bis weit in die 60er Jahre als symptomatisch gelten kann. 13 Meist Werk übergreifend angelegt, erfährt die Wortbildung respektive Namengebung speziell im „Erwählten“, der in der Thomas-Mann-Forschung stets hinter „Faustussen“ und „Zauberbergen“ zurückstand, nirgends eine erschöpfende Behandlung im Sinne einer quellenkritischen Untersuchung. Seit Aufnahme Thomas Manns in die an Einzelwerken orientierte Briefedition „Dichter über ihre Dichtungen“ 14 und der Veröffentlichung seiner Tagebücher 15 – es galt eine 25jährige Sperrfrist nach Todestag einzuhalten – kann die Quellenlage zum „Erwählten“ mit Beginn der 90er Jahre als annähernd vollständig betrachtet werden. Ruprecht Wimmer 16 nutzt in seinem 1991 erschienenen Aufsatz über die Funktion speziell der „altdeutschen“ Quellen im Spätwerk Thomas Manns vornehmlich die Briefe, wohingegen Klaus Makoschey17 in seiner 1998 erschienenen Dissertation zwar auf die gesamte Bandbreite der Quellen zurückgreift, diese allerdings ausschließlich für die bis dato ausstehende, rein stofflich orientierte Interpretation des „Erwählten“ nutzt. Eine vom Textganzen ausgehende, systematische Untersuchung der „mittelalterlichen“ Sprache in Thomas Manns „Erwähltem“, unter Einbeziehung aller Quellen und unter Berücksichtigung der Eigennamen sowie des Wortbildungsprozesses, steht demnach noch aus. 1.3 Quellenlage Die Frage nach Herkunft und Qualität des sprachlichen Mittelalters im „Erwählten“ verweist zum einen auf einen gewaltigen (Fremd-)Wortschatz des Dichters, der weitgehend aus seinem Bildungsweg 18 heraus zu erklären ist. Daneben machte Thomas Mann in ungewöhnlichem Umfang schriftliche Quellen (ca. 60 Monographien, Aufsätze etc.) für sich nutzbar, die sich größtenteils heute noch in seiner Nachlassbibliothek befinden. Konnte ihm die gedruckte Literatur nicht weiterhelfen, konsultierte er ihm bekannte Fachleute, im Falle des „Erwählten“ den Schweizer Germanisten Samuel Singer, der ihm speziell bei altfranzösischen und mittelhochdeutschen Problemen sowie bei der archaischen Namengebung behilflich war. Diese Korrespondenz umfasst ca. 20 Schreiben. Laut Wysling war zeitweise angedacht gewesen, den Briefwechsel zwischen Samuel Singer und Thomas Mann „in einer der folgenden Blätter der Thomas-Mann-Gesellschaft“ 19 zu veröffentlichen, was allerdings nie geschehen ist. Im Anhang des Kapitels 4.2 findet sich eine tabellarische Rekonstruktion der gesamten Korrespondenz, die zumindest eine Grundorientierung bieten kann. Zwischen Auswahl eines Sprachelements (auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz oder einer schriftlichen Quelle) und seiner Integration in den Romantext stand fakultativ die wortbildnerische Initiative des Dichters. Die einzelnen Arbeitsschritte finden sich größtenteils 13 Koopmann, Helmut: Forschungsgeschichte, in: Handbuch, S. 951. Über den „Erwählten“ spricht der Dichter in Bd. 14, III (1981). 15 Thomas Mann: Tagebücher, 10 Bde., hrsg. von Peter de Mendelssohn und Inge Jens. Frankfurt a.M. 19771995. Für die Entstehungszeit des „Erwählten“ siehe Bde. 1946-1948 (1989), 1949-1950 (1991), 1951-1953 (1993). (im Folgenden unter der Sigle ‚TB’) 16 Wimmer, Ruprecht: Die altdeutschen Quellen im Spätwerk Thomas Manns, in: Eckhard Heftrich/Helmut Koopmann (Hrsg.): Thomas Mann und seine Quellen. Festschrift für Hans Wysling. Frankfurt a.M. 1991. 17 Makoschey, Klaus: Quellenkritische Untersuchungen zum Spätwerk Thomas Manns. „Joseph der Ernährer“, „Das Gesetz“, „Der Erwählte“ (=Thomas-Mann-Studien, Bd. 17). Frankfurt a.M. 1997. 18 Gemeint sind gesteuerte und ungesteuerte Lernprozesse wie Schule, eigene Lektüre; Auslandsaufenthalte. 19 Wysling 1967, S. 342, Anm. 1. 14 3 in Thomas Manns Notizen 20 zum „Erwählten“ dokumentiert. Sie sind das Ergebnis eines mehrwöchigen Aneignungsgeschäfts, eines zielorientierten Exzerpierens aus der Quellenliteratur. Dieser Realienbehälter war der Dreh- und Angelpunkt der Mann’schen Spracharbeit. Er stand in der Funktion einer Gedächtnisstütze und muss insofern als Schlüssel zu dessen Spracharbeit genutzt werden. Darüber hinaus stehen heute die Nachlassbibliothek Thomas Manns, o.g. Materialsammlungen, Manuskripte und Briefe aus der Entstehungszeit des „Erwählten“ zur Forschung frei. 21 1.4 Begründung des Forschungsvorhabens Im Jahre 1964 noch war es für Karl Stackmann „kaum vorstellbar, daß es gelingen könnte, die Herkunft eines einzelnen Wortes, mag es auch ein sehr auffälliges sein, präzise anzugeben. Man müsste schon eine Arbeitsnotiz des Autors entdecken, die einen Hinweis enthielte, sonst wäre kaum Aussicht auf Lösung des Problems.“ 22 Notizen und Materialien sind, wie oben dargelegt, seit einiger Zeit komplett verfügbar, die „Lösung des Problems“ ist nun möglich. Worin „das Problem“ im Einzelfall bestehen kann, zeigt sich im Vergleich zu den Vorarbeiten, denen der Zugriff auf die gesamte Bandbreite der Quellen verwehrt war: Richtig analysiert, aber von falschen Grundlagen ausgegangen ist Erich Mater, der in der Form entherzt eine Analogiebildung zu neuhochdeutsch beherzt sieht 23 , was durch die mittelhochdeutsche Form entherzet, gefunden in Wilhelm Hertz’ neuhochdeutscher Versübertragung „Tristan und Isolde“ 24 , als widerlegt gelten darf. Ein Blick in Thomas Manns Notizen 25 hätte Gertraude Wilhelm darüber aufklären können, dass sich Thomas Mann keineswegs des mittelhochdeutschen Wortes ham mit der Bedeutung Haken 26 , sondern der neuhochdeutschen Form Hamen bedient hat, die er in „Meyers kleinem Lexikon“ 27 fand und der hiernach die Bedeutung ‚Netz’ zukommt. In einem im Thomas-Mann-Archiv befindlichen Brief Samuel Singers vom 20. April 1948 hätte sie zudem lesen können: „altfranzösisch [...] Gott zum Gruß heisst: Deu vus sal; Gott will es nicht: Deus ne volt; Laß das Gottes Sache sein würde ich wiedergeben mit Que Deus (oder Dieus)! dispose! [...] ,Die Hoffnung der Frauen’ [...] würde ich mit l’espoirs des dames übersetzen.“ 28 In Ermangelung dieser Information („altfranzösisch“) ordnet Wilhelm diese vier Fremdwortkomplexe allesamt dem Neufranzösischen zu. 29 Die genaue Kenntnis der Quelle und somit der Urform des einzelnen Elements zeigt sich oftmals als unerlässlich für die sichere Bestimmung der linguistischen Qualität und der kontextuellen Bedeutung. 20 Mann, Thomas: Notizen zum „Erwählten“, unveröffentlicht. (TMA, Mp. XI 9a, im Folgenden unter der Sigle ‚Not. DE’). 21 Alle genannten Materialien werden im Kapitel 4.2 einer quellenkritischen Bestandsaufnahme unterzogen. 22 Stackmann, Karl: Ein seltenes Wort im „Erwählten“ von Thomas Mann, in: Richard Drögereit (Hrsg.): Erlebtes, Erzähltes, Erforschtes. Festgabe für Hans Wohltmann. Stade 1964, S. 176. 23 Mater, S. 144. 24 Gottfried von Straßburg: Tristan und Isolde. Neu bearbeitet und nach dem altfranz. Tristanfragmenten des Trouvere Thomas ergänzt von Wilhelm Hertz. Stuttgart: Kröner 1877 (TMA TM 2871), S. 294. Zur Quellenkritik vgl. Kap. 4.2. 25 Not DE, Bl. -/6. 26 Wilhelm, S. 73. 27 Meyers kleines Lexikon. Achte gänzlich neu bearbeitete Auflage in drei Bänden. Leipzig: Bibliographisches Institut 1931-1932, Bd. 1, Sp. 812. Zur Quellenkritik vgl. Kap. 4.2. 28 Mann, Thomas: Materialien zum „Erwählten“, unveröffentlicht. (TMA, Mat. 7, im Folgenden unter der Sigle ‚Mat.’). Zitierter Brief trägt die Signatur Mat. 7,4. 29 Wilhelm, S. 89. 4 Derartige Ungenauigkeiten entspringen einerseits einer Unkenntnis der vollständigen Quellenlage, andererseits einer der Linguistik abgeneigten Überzeugung, das „Feilschen um Nachahmung oder Originalität ergäbe hier eine falsche Fragestellung“, da es schließlich auf die literarische Wirkung der Wörter ankomme, nicht auf ihre linguistische Qualität. 30 Auch Weigand steht auf dem Standpunkt, „the philologist” sei „certainly the least qualified to judge the effect of the linguistic experiments“ 31 . Dem entgegnet Thomas Mann verwundert: „Der Arzt ist disqualifiziert als Leser des »Zauberbergs« und der Aegyptologe als Leser des Joseph? Warum nicht [?] Meine besten Leser habe ich unter den Medizinern und Musikern gehabt, und ich weiß mehr als einen Orientalisten, der vom Joseph ganz fachlich entzückt war. Beim »Erwählten« habe ich [...] den amüsablen Philologen dabei freundlichst im Sinne gehabt. [...] Der Reiz Ihrer Kritik besteht ja gerade darin, daß Sie Interesse erwecken, indem Sie demaskieren. Es ist eine Art von Aufklärung, die nicht ernüchtert“, weil sie „Kunst und Künstlertum auf dem Strich hat“ 32 , d.h. bewahrt. Die Aufforderung Thomas Manns zu „demaskieren“, „Aufklärung“ über sein Sprachschaffen zu betreiben und diese „Einladung [...] an Jüngere empfehlend weiter[zu]geben“ 33 , lässt unschwer erahnen, dass die sprachliche Oberfläche des „Erwählten“ aus einer Tiefe entsteht, die System und Funktion haben muss und ohne die eine ganzheitliche Interpretation des Romans als ein „Sprach-Experiment“ 34 nicht möglich ist. „Das Zitat bei Thomas Mann erschöpft sich keineswegs in einem […] alexandrinischen Spiel“, so Kristiansen. „Die Entschlüsselung der Zitate liefert erst die Voraussetzung für das Erfassen ihrer eigentlichen erzählerischen Funktion.“ 35 So reicht es beispielsweise nicht aus, festzustellen, dass Thomas Mann zur geistig-geistlichen Einfärbung der Faust-Sphäre die Sprache seiner Figuren Kumpf und Schleppfuß mit frühneuhochdeutschen Elementen durchsetzt. Erst die Erkenntnis, dass sich Luther-Parodie Kumpf vornehmlich der Sprache aus Luthers Briefen, sein akademischer Gegenspieler Schleppfuß indes sich überwiegend der Sprache des „Hexenhammers“ bedient, lässt die Intention dieser charakterisierenden Spracharbeit erkennen. 36 Als empirische Arbeitsgrundlage dient hierbei eine zu erstellende Wortliste, die zugleich den Forderungen der Thomas-Mann-Forschung nach „Erstellung eines katalogartigen Nachweises der Quellenverarbeitung [...] als Hilfsmittel für die Interpretation“37 oder nach einem „Sonderwörterbuch für die Alterssprache Manns“ 38 entgegen kommen will, und versteht sich darüber hinaus als Vorarbeit zur Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe, deren Konzeption zu jedem Werk einen Stellenkommentar mit Sachinformationen, Worterklärungen, Übersetzungen, Quellennachweisen und Lesebemerkungen Thomas Manns vorsieht. 39 30 Ebd., S. 124. Weigand, S. 89; Kuhn, Hugo: Der gute Sünder – Der Erwählte?, in: Hartmann von Aue: Gregorius. Mittelhochdeutsch – Neuhochdeutsch. Ditzingen: Reclam 1998, S. 237, hat keine „Lust, seiner Umgestaltung nachzurechnen bis in die Zufälle der Zettelkästen“; Frizen, S. 870: „Der Philologe muss sich aber fragen, ob er durch Rekonstruktion nicht das zerstört, was ...“. 32 DüD III, S. 419f. 33 DüD III, S. 419. 34 DüD III, S. 410. 35 Kristiansen, Børge: Das Problem des Realismus bei Thomas Mann. Leitmotiv – Zitat – Mythische Wiederholungsstruktur, in: Handbuch, S. 832. 36 Vgl. weiter Kap. 8.1. 37 Makoschey, S. 126. 38 Kammradt, S. 5; Kuhn, S. 237: Das „Feuerwerk [...] von Kompositionsspielen“ zu hinterfragen: „ist auch schon mehrfach, wenngleich nicht zur Gänze geschehen“. 39 Detering, Heinrich: „Die Welt ist meine Vorstellung“. Einführung in die Große kommentierte Frankfurter Ausgabe der Werke von Thomas Mann. Frankfurt a.M. 2001, S. 14. 31 5 1.5 Methode Die Annäherung an das oben beschriebene Sprachphänomen von Seiten des 260seitigen Textganzen verlangt im Vorfeld nach einer Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes, die – ebenso wie die anschließend vorzunehmende Sprachanalyse der „linguistic experimentation“ als einer Literatursprache – unweigerlich am Grundproblem der sprach/literaturwissenschaftlichen „Vernunftehe“ 40 rührt: Die brisante Frage lautet, ob es methodisch legitim sei, die Sprache eines literarischen Kunstwerks lediglich als besondere Varietät von Sprache allgemein zu sehen und (demnach mit Hilfe linguistischer Termini) zu beschreiben, oder ob diese als unantastbarer Teil eines künstlerisch autonomen Organismus zu sehen sei. Schon allein die temporäre Ausdehnung dieser Diskussion, die namentlich mit Roman Jakobson 41 Ende der 1920er Jahre begann und bis heute nie ganz verstummte, lässt erahnen, dass es keine end- oder allgemeingültige Antwort geben kann. Während die Vertreter der so genannten ‚Linguistischen Poetik’ unter Berufung auf Jakobson noch in den 1970er Jahren eine regelrechte „linguistische Reformulierung der Literaturwissenschaft“42 forderten (während die literaturwissenschaftlichen Vertreter bemüht waren, ihre Disziplin gegen Eingriffe von außen zu verteidigen), kann heute von einem transdisziplinären Modell 43 der Formulierung relevanter Fragen und Aufgaben gesprochen werden. So empfiehlt Walter Weiss, nachdem er die „konkurrierenden Ansätze“ 44 am „Propheten“ Thomas Manns durchexerziert hat, „von Fall zu Fall, je nach Situation, Gegenstand und Fragestellung zu wählen und zu kombinieren“ 45 . Der ertragreichste Ansatz sei im konkreten Fall aber der der linguistischen Poetik gewesen, „da die Sprache Thomas Manns nicht einfach als ein selbsttätig aus sich und in sich rotierendes System zu fassen“46 sei. Reinhard Baumgart kann ergänzen, dass auch Thomas Mann selbst „Sprache nie an sich, als poetisch gesetzte, selbstgenügsame Realität, sondern immer nur in ihrem Bezug zur Wirklichkeit“ 47 , sprich als Abweichung zur Normalsprache verstand, wie verschiedene Äußerungen 48 aus seiner Feder belegen. Die Entscheidung, diesen Ansatz der vorzunehmenden Untersuchung zugrunde zu legen, fällt aber letztlich aufgrund der Beschaffenheit des „Gegenstandes“ (Weiss), denn wie anders könnte die Untersuchung einer „lingusitic experimentation“ erfolgen, als unter Rückgriff auf linguistische Termini? Aber auch unter der kommunikationstheoretischen Prämisse, dass die Verfremdung der Sprache mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Funktion einer Befremdung des so genannten „Durchschnittslesers“ 49 steht, empfiehlt es sich, die 40 Haß, Ulrike/König, Christoph: Einleitung, in: Dies. (Hrsg.): Literaturwissenschaft und Linguistik von 1960 bis heute. (=Marbacher Wissenschaftsgeschichte, Bd. 4). Göttingen 2003, S. 9. 41 Geisenhanslüke, Achim: Einführung in die Literaturtheorie. Von der Hermeneutik zur Medienwissenschaft. Darmstadt 2003, S. 73ff. 42 Geisenhanslüke, Achim/Müller, Oliver: Linguistik als Gegendiskurs? Die Siegener Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, in: Haß, Ulrike/König, Christoph [Hrsg.]: Literaturwissenschaft und Linguistik von 1960 bis heute. (=Marbacher Wissenschaftsgeschichte, Bd. 4). Göttingen 2003, S. 94. 43 Mittelstraß, Jürgen: Stichwort Interdisziplinarität, mit einem anschliessenden Werkstattgespräch (=Basler Schriften zur europäischen Integration, Bd. 22). Basel 1996. 44 Weiss, Walter: Konkurrierende Ansätze sprachlicher Beschreibung und Deutung. Angewendet auf die Erzählung »Beim Propheten« von Thomas Mann, in: Beatrix Bludau (Hrsg. u.a.): Thomas Mann 1875-1975. Vorträge in München, Zürich, Lübeck. Frankfurt a.M. 1977, S. 484-499. 45 Ebd., S. 497. 46 Ebd., S. 496. 47 Baumgart, Reinhard: Das Ironische und die Ironie in den Werken Thomas Manns. München 1974, S. 20. 48 DüD III, S. 392: „die Sprengung der Sprachgrenze [ist] eigentlich nicht legitim“, „die Sprachpossen sind wohl ein bißchen arg“; DüD III, S. 423: „mein Hang zu Sprachscherzen [schlägt] unerlaubte Purzelbäume“. 49 DüD III, S. 404. 6 Sprache des „Erwählten“ vom Standpunkt der Normalsprache aus zu beschreiben. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der sprachlich befremdende Effekt bei jedem Leser unterschiedlich stark ausfällt, da die Grenze zwischen dem sprachlich Bekannten und dem sprachlich Unbekannten verständlicherweise von subjektiven Faktoren, nämlich der (alt-) sprachlichen Vorbildung eines jeden Lesers abhängt. Was der eine Leser geneigt ist, im Wörterbuch nachzuschlagen, ist dem anderen schon längst bekannt und umgekehrt. Die Trennung erfolgt durch einen Standardwortschatz, den Duden 50 , dem von allen Wörterbüchern als erstem der Status eines „Volkswörterbuches“ 51 zugestanden werden kann. Alles was außerhalb dieses lexikographischen Kreises liegt, darf als so ungebräuchlich und damit befremdend genug gelten, um bei der sprachlichen Parodie eines fiktiven Mittelalters dienlich zu sein. Den Dudenwortschatz als eine Art Vorfilter zu benutzen, ist zugleich die einzig legitime 52 Möglichkeit, das subjektive Fremdwortempfinden des Verfassers weitgehend auszuschließen – ein Mangel, dessen Beseitigung mit Blick auf die Vorarbeiten dringend geboten scheint. Alles Alte, Fremde, Dialektale, Fachsprachliche wird auf diesem Wege aus dem Gesamttext des Romans gelöst und alphabetisch katalogisiert, um danach Wort für Wort und unter Rückgriff auf einschlägige Wörterbücher einer systematischen Analyse unterzogen zu werden. Diese Analyse fragt sowohl nach der Sprach(-stand)zugehörigkeit als auch den morphosyntaktischen Aspekten (Wortart, Kasus etc.). Bei dieser überaus konkreten weil systematischen lexikographischen Verortung des fremden Elements bleiben letztlich solche zurück, die in keinem Wortschatz der Welt eine Entsprechung finden. Besonders in den hybriden Neubildungen (smoothlich, Kiddens, Gentlevolk) manifestiert sich die wortbildende Gestaltungskraft des Künstlers, die in Bezug auf den „Erwählten“ in der Forschung bisher weitgehend unbeachtet geblieben ist. Wort für Wort wird geklärt werden müssen, ob es sich um die Übernahme eines in einer Quelle bereits existierenden Elements handelt, oder ob zwischen Auswahl und Integration in den Text eine produktive Weiterbildung durch den Dichter stattgefunden hat, deren weitere Analyse in enger Anlehnung an die Wortbildungslehre vorgenommen wird. Die Entwicklung des einzelnen Elements kann optimalerweise über einen Dreischritt ‚Quelle – Notizen – Romantext’ nachvollzogen werden: Schimpfturneie, S. 136: Auswahl des mhd. Wortkomplexes turnei ze schimpfe, Quelle: Dieffenbacher, S. 131 (markiert); partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); Übernahme in die Notizen, Bl. -/15; Neubildung durch Komposition der beiden Simplizia bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „Turnei ze schimpfe, Kurzweil, stumpfe Waffen“ 53 im Gegensatz zum echten Kampf. 54 50 Duden. Rechtschreibung, mit Berücksichtigung der häufigsten Fremdwörter. Leipzig 1951. (im Folgenden unter der Sigle ‚Duden’) 51 Sauer, Wolfgang Werner: Der Duden. Geschichte und Aktualität eines Volkswörterbuches. Stuttgart 1988, S. 1, bezeichnet den Duden als das „populärste deutsche Wörterbuch“. 52 Harras, Gisela: Wörterbücher als Hilfsmittel der linguistischen Forschung, in: Franz Josef Hausmann (Hrsg. u.a.): Wörterbücher: Ein internationales Handbuch zur Lexikographie (=Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Bd. 5). Berlin/New York 1989, S. 161, spricht für die Benutzung „einsprachiger Wörterbücher als Informanten für Daten des Grundwortschatzes einer Sprache“. 53 Not. DE, Bl. -/15. 54 Dieffenbacher, Julius: Deutsches Leben im 12. und 13. Jahrhundert, Bd. 2: Privatleben (=Sammlung Göschen, Bd. 328), Leipzig: Göschen 1907 (TMA TM 2803), S. 131. Zur Quellenkritik vgl. Kap. 4.2. 7 Fehlt der Quellennachweis und womöglich ebenfalls ein Vermerk in den Notizen, so wird sich der Dichter aus seinem umfangreichen Eigenwortschatz 55 bedient, vielleicht sogar eine Neuschöpfung vorgenommen haben. Die Analyse des einzelnen Elements führt zwangsläufig dazu, ebenso nach der Beschaffenheit des Ganzen zu fragen: Wie mittelalterlich56 ist also das mittelalterliche Ambiente wirklich? Es ist die Frage nach Quantität, Qualität und Authentizität des von Thomas Mann als mittelalterlich bezeichneten Textes. Da nun gesamtsprachliche Authentizität – soviel liegt auf der Hand – definitiv auszuschließen 57 ist, muss nach der Verteilung der fremden Elemente auf den gesamten Romantext gefragt werden, und der damit verbundenen Funktion und intendierten Wirkung der Einsprengsel. Die unveröffentlichten Notizen zum „Erwählten“, weit mehr noch die in jüngerer Zeit erschienenen Selbstkommentare und Tagebuchaufzeichnungen enthalten eine Vielzahl bislang weitgehend unbeachteter erzähltheoretischer Reflexionen Thomas Manns, die die Möglichkeit aufzeigen, die Sprache des Romans auch von anderer Seite gänzlich neu zu bewerten. Die auf Grundlage der Wortliste gewonnenen repräsentativen Muster Mann’scher Spracharbeit auf der einen, die erzählreflexiven Äußerungen der Selbstzeugnisse auf der anderen Seite bilden die Voraussetzung einer interpretatorischen Synthese, die den poetischen Stellenwert der Sprache des „Erwählten“ ergründen und sie aus ihrem bisherigen Blackbox-Dasein herausführen kann. Der sich hier abzeichnende Mechanismus von Zitat und Montage zum Zwecke sprachlicher Archaisierung 58 ist kein Novum des „Erwählten“, sondern charakterisiert, beinahe programmatisch, das Spätwerk Thomas Manns: Angefangen bei „Lotte in Weimar“, worin der Dichter den Sprachduktus der Goethezeit parodiert, über den lutherdeutschen „Doktor Faustus“ 59 , von dem es heißt, die „Auseinandersetzung mit dem Archaischen und Altdeutschen im Faustus hatte zum Ableger des Erwählten geführt“ 60 , steht der Mittelalterroman am Ende eines parodistischen Dreischritts zurück in die Sprachgeschichte. „Der Erwählte“ stellt werkchronologisch, sprachhistorisch und in der Intensität sprachlicher Parodie lediglich den Gipfel, oder besser: die Spitze eines Eisberges dar, dessen restliche Dreiviertel in einem längeren Exkurs über Zitat und Wortbildung zum Zwecke sprachlicher Archaisierung im Kontext des Gesamtwerkes an die Oberfläche gebracht werden müssen. Auch die Tatsache, dass Zitat und Montage schon vor Fertigstellung des „Erwählten“ zum integralen Bestandteil der Mann’schen Arbeit geworden war, über den es den Dichter schließlich in der Nachschrift „Die Entstehung des Doktor Faustus“ (1949) „kommentierend Rede zu stehen verlangt[e]“ 61 , spricht eindeutig gegen eine autonome Betrachtung des Sprachprodukts „Der Erwählte“. So 55 Die Vorstellung eines geschlossenen personalen Eigenwortschatzes ist wissenschaftlich kaum haltbar. Im Folgenden wird daher von der ‚Sprachkompetenz’ des Dichters die Rede sein. 56 Der Begriff ‚mittelalterlich’ sei hier im sprachhistorischen Sinne (as., ahd., afrz., mhd., lat.) verwandt. 57 Koopmann, Helmut: Der Erwählte, in: Handbuch, S. 512: „Auch der stupideste Leser merkt, daß Plattdeutsch und Englisch, Mittelhochdeutsch und Altfranzösisch sich in dieser sonderbaren Mischung realiter wohl nie [und nirgends] präsentiert haben.“ 58 Kuhn, S. 243, spricht von einer „Montage der Sprachenmischung“; Soetemann, C.: Thomas Mann und die deutsche Sprache, in: Linguistische Probleme der Textanalyse (=Jahrbuch des Instituts für deutsche Sprache 1973). Düsseldorf 1975, S. 206: „Der Erwählte ist also ein archaischer Roman“. 59 Mann, Thomas: Doktor Faustus (=Gesammelte Werke in 13 Bänden, Bd. VI). Frankfurt a.M. 1990. (im Folgenden unter der Sigle ‚DrF’) 60 Wimmer 1991, S. 295. 61 Mann, Thomas: Die Entstehung des Doktor Faustus. Roman eines Romans. (=Gesammelte Werke in 13 Bänden, Bd. XI) Frankfurt a.M. 1990, S. 79. (im Folgenden unter der Sigle ‚Entst.’) 8 wird in dieser Arbeit ein weiter Bogen gespannt werden müssen, der am Beispiel des Mittelalter-„Romänchens“ 62 die Extreme der Zitat- und Wortbildungspraxis isoliert, in der „Entstehung des Doktor Faustus“ den dazugehörigen theoretischen Hintergrund sucht und jenen einbettet in die allgemeine Roman- und Kunsttheorie Thomas Manns. Diese ist schon zu „Buddenbrooks“-Zeiten bestimmt von der Frage nach dem eigentlich kreativen Moment innerhalb des künstlerischen Schaffensprozesses – eine Frage, die der Dichter nicht nur in Selbstzeugnissen und Essays, sondern auch in der Konzeption seiner Werke zu beantworten sucht. In Harry Levins „critical introduction“ zu James Joyce findet Thomas Mann schließlich einen Satz, der ihn „sonderbar tief berührt“ und ihn der Beantwortung seiner Frage näher bringt: „The best writing of our contemporaries is not an act of creation, but an act of evocation, peculiarly saturated with reminiscenses“ 63 . 62 63 DüD III, S. 362. Entst., S. 205. 9 2. Kapitel: Die Mann’sche „Gregorius“-Rezeption Hartmanns von Aue „Gregorius“ und Thomas Manns Roman „Der Erwählte“ stehen am Ende einer langen Traditionsreihe der christlichen Legende vom guten Sünder, die auch schon auf Koptisch, Latein, Altenglisch und Altfranzösisch erzählt worden ist. 64 Hartmanns „Gregorius“ ist auf das Ende des 12. Jahrhunderts zu datieren, Thomas Manns Mittelalterroman „Der Erwählte“ erschien im Jahre 1951. Diese Erzählung gründet sich, wie im Nachwort der Buchausgabe vermerkt ist, „in ihren Hauptzügen auf das mittelalterliche Versepos des Hartmanns von Aue“ 65 , trägt aber darüber hinaus unverkennbare Züge weiterer mittelalterlicher Werke wie der „Gesta Romanorum“, alter Marienlieder, des „Nibelungenliedes“ und schließlich von Wolframs „Parzival“, wie Thomas Mann freimütig eingestand. 66 Der Dichter ließ also kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges die alte Legende vom guten Sünder in neuem literarischen Gewand und in noch nie da gewesenem Kulissenzauber, pittoresker Kostümpracht und Requisitenfülle wieder aufleben, was – „man ist [...] halt »umstritten«“ 67 – ein geteiltes Echo hervorrief. Nachfolgend wird es darum gehen, die wichtigsten Neuerungen, die Thomas Mann am mittelhochdeutschen „Gerippe der Legendenfabel“ 68 vorgenommmen hat, herauszuarbeiten, um einen Kontext des „Amplifizierens, Realisierens und Genaumachens“ 69 aufzubauen, in dem auch die Sprache des Romans gesehen werden muss. Entsprechend der Chronologie sei zunächst Hartmanns „Gregorius“ vorgestellt. 2.1 Der „Gregorius“ Hartmanns von Aue Hartmanns literarische Aktivitäten sind, trotz aller Datierungsprobleme, den letzten beiden Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts zuzuordnen. Nach, vor oder zwischen seinen Werken „Erec“, „Der arme Heinrich“ und „Iwein“ hat der vermutlich der unfreien Ministerialität der Grafen zu Hohenberg Zugehörige sein Versepos im alemannisch-oberdeutschen Sprachraum geschaffen. Hartmann diente seinerzeit die altfranzösische Fassung des christlichen Mythos „La vie du pape St. Grégoire“ als literarische Vorlage für sein Werk, das der Nachwelt in sechs Handschriften und fünf Fragmenten (13. bis 16. Jahrhundert) überliefert ist. 70 Dem Prolog einer epischen Dichtung fällt, genau wie dem ersten Kapitel eines Romans, eine ganz besondere Funktion zu. Er ist Exposition und Ouvertüre und nimmt, ganz in der rhetorischen Schultradition prologus ante rem stehend, in der Eingangspartie des Werkes „einen unübersehbar vorausweisenden, antizipierenden und damit letztendlich deutenden Charakter“ 71 an, so Jochen Vogt. Daher soll, bevor nun die eigentliche Handlung in den 64 DüD III, S. 356. DE, (Nachwort). 66 Mann, Thomas: Bemerkungen zu dem Roman ›Der Erwählte‹, in: Ders.: Altes und Neues. Kleine Prosa aus fünf Jahrzehnten (=Gesammelte Werke in 13 Bänden, Bd. XI). Frankfurt a.M. 1990, S. 246. (im Folgenden unter der Sigle ‚AN’) 67 DüD III, S. 396. 68 Boesch, Bruno: Die mittelalterliche Welt und Thomas Manns Roman „Der Erwählte“, in: Wirkendes Wort (1951/52), 2, S. 341. 69 AN, S. 689. 70 Cormeau, Christoph/Störmer, Wilhelm: Hartmann von Aue: Epoche – Werk – Wirkung, München 1993, S. 20-32. 71 Vogt, Jochen: Thomas Mann: Buddenbrooks. München 1983, S. 13. 65 10 Fokus der Betrachtung rückt, der Prolog des Hartmann’schen Werks einer genaueren Analyse unterzogen werden: Hartmann beginnt mit einer Confessio aus der Ich-Perspektive (V. 1-5). Er verwirft sein früheres literarisches Schaffen, ohne auch nur eines seiner Werke konkret zu nennen. Dies ziele einzig auf der werlde lône (V. 4), d.h. nach gesellschaftlicher Anerkennung, und er tut sie schließlich in seiner Revocatio als Früchte seiner tumben jâr (V. 5) ab. Hartmann gibt sich geläutert, bezeichnet sein früheres Wirken als Sünde (V. 38), der er nun die wârheit (V. 36) entgegensetzen will. Dies impliziert einen festen Leserstamm um Hartmann, da er die Leserkenntnis seiner früheren Werke vorauszusetzen scheint. Direkte Informationen zum Publikum gibt der Text nicht, jedoch lassen sich ex silentio einige gezielte Spekulationen anstellen: Zunächst ist festzustellen, dass eine Widmung an einen Fürsten oder Abt gänzlich fehlt. Weder Lokalität noch Quantität oder gar Identität der Leser dieser vermeintlichen Auftragsarbeit können näher bestimmt werden. Die historischliterarische Situation spricht jedoch für folgende drei Rezipientenkreise: Klostergemeinschaft, Bischofshof und Adelskreis. 72 In einer der drei Gruppen, vielleicht in einer Schnittmenge, ist ein kleiner, fester Leserstamm zu vermuten, denn „nur in einer bestimmten aktuellen Situation von Autor und Publikum hat diese Reaktion des Verfassers einen Sinn: er muss vorher mehrere weltliche Werke abgefasst haben, das Publikum muss sie kennen und Entsprechendes von ihm erwarten“ 73 . Die Perspektive wechselnd lässt Hartmann der Revocatio eine Belehrung über die Notwendigkeit rechtzeitiger Buße folgen (V. 6-34). An die Allgemeinheit gerichtet stellt er klar, dass, wer auch immer das Vollbringen gottgefälliger Taten, sprich die Bemühung um das Heil, vor sich herschiebe, sich selbst also aufs Alter vertröste, der halte das Heil irrtümlicherweise für permanent verfügbar. Schließlich könne einem ein snelles ende (V. 23) jederzeit den Plan verwirken. Dieser Belehrung über den fürgedanc, die Vermessenheit in Rechnung auf die Hilfe Gottes in Gestalt des Aufschubs, ergänzt er um ein Exempel der Sündenlosigkeit aus dem Alten Testament: Wer wie Abel zeit seines Lebens ohne Sünde bleibe bis zum jüngsten Tag, der habe sich das ewige Leben nicht zu teuer erkauft (V. 27-34). Aus der Ich-Perspektive spricht der Autor abermals dicke sîne zungen (V. 2) an, seine nach weltlichen Ehren strebenden Werke, die er im Nachhinein als süntliche bürde (V. 39) empfinde und nun zu tilgen gedenkt. Er bietet dem Leser, der Welt und vor allem Gott sein Werk, das er als religiöse Dichtung verstanden haben will, als Bußleistung für frühere literarische Fehltritte an (V. 40-42). An dieser Stelle schlägt Hartmann erstmals den Weg in Richtung der eigentlichen Erzählung ein, doch mit dem vorläufigen Ziel, seinen Grundgedanken am Exempel des zwîfels zu verdeutlichen (V. 51-78). Er warnt vor der Sünde des Zweifelns an der Gnade Gottes, belehrt über den zwîvel als geistige Haltung und rückt die Frucht der Reue in den Fokus der Betrachtung. Der Autor bedient sich mit der Symbolik des weges der helle (V. 59) und der saelden strâze (V. 63) eines alten christlichen Orientierungsmusters – ein Bild, das er im Folgenden in aller Deutlichkeit ausmalt: Er beschreibt zunächst den bequemen gemächlîchern wec (V. 81-86), die via communis, und auf der anderen Seite den Weg der saelden strâze, die eng und mühevoll ist und durch unwegsame Landschaft führt (V. 87-96). Das Zwei-WegeGleichnis gehörte im 12. Jahrhundert durchaus zum geistigen Allgemeingut. Hartmann schließt ein zweites Gleichnis an (V. 97-143), um durch dessen Beispielcharakter die 72 Mertens, Volker: Gregorius Eremita. Eine Lebensform des Adels bei Hartmann von Aue in ihrer Problematik und ihrer Wandlung in der Rezeption (=Münchener Texte und Untersuchungen, Bd. 76), München 1978, S. 17. 73 Ebd., S. 76. 11 Unendlichkeit der Gnade Gottes hervorzuheben: Gott als barmherziger Samariter (Lk. 10, 30). Hinter dieser Symbolik verbirgt sich ein durch seine Sünden zu Fall Gekommener, der von Gott das Kleid der vorhte daz er ersturbe (V. 117) und das Kleid der gedinge daz er niht verdurbe (V. 118) übereignet erhält, um zunächst den Lebenswillen nicht zu verlieren. Zu seiner Stärkung bedenkt ihn Gott mit geistlicher triuwe und riuwe (V. 125, 126), die ihm eine Salbe, das Öl der Gnade und den Wein des Gesetzes in die Wunden gießen. Schließlich hebt ihn Gottes Gnade auf ihre Schulter, trägt ihn heim und pflegt ihn gesund. Der ehemalige Sünder gesundet ohne eine Narbe zurückzubehalten und wird darauf ein herausragender Kämpfer für das Gute vor aller Christenheit. Hartmann gibt hiermit einen weiteren, wenngleich verhüllten Fingerzeig auf die folgende Erzählung. In seiner zweiten Hinleitung zur eigentlichen Erzählung (V. 144-170) greift der Autor abermals den zwîvel auf, sagt explizit, daz man durch deheine missetât (V. 160) jemals an Gott zweifeln dürfe. Allein der zwîvel stehe zwischen dem Sünder und Gott, nicht etwa die bercswaeren schulden. Es folgt die Selbstnennung Hartmanns von Aue als Vermittler und Übersetzer (V. 171-176) und der Prolog schließt mit der finalen Hinleitung zur Erzählung vom guten Sünder. Die Herrscherin eines romanischen Landes namens Aquitanien gebiert ihrem Gemahl Zwillinge, einen Jungen und ein Mädchen, von außergewöhnlicher Schönheit. Sie stirbt noch im Kindbett und auch ihren Mann ereilt der Tod, als die Kinder das Alter von zehn Jahren erreicht haben. Die beiden Kinder leben fortan in geschwisterlicher Eintracht und Liebe bis der Teufel das Feuer der fleischlichen Lust zwischen ihnen entfacht. Eine zeitlang geben sie sich insgeheim der gemeinsamen Sünde hin, bis die Schwangerschaft der Fürstentochter das sündige Glück zerbricht. Nachdem sie einen Sohn geboren hat, wird die Frucht der Sünde in die Hände Gottes gegeben. Der Kleine wird in einem Fässchen, versehen mit einer beträchtlichen Geldsumme und einem Täfelchen, auf dem seine Herkunft geschrieben steht, auf dem Meer ausgesetzt, auf dass ihn ein barmherziger Finder christlich aufziehe, bilde und das kleine Vermögen mehre. Kurz darauf wird die Mutter von der schrecklichen Nachricht ereilt, dass ihr Bruder auf seiner Bußfahrt ins Heilige Land gestorben sei. Fortan lebt sie, jeder Ehe entsagend und nur dem Herrgott verschrieben, ein Leben in täglicher Buße und Reue. So weist sie auch den Antrag eines benachbarten Herrschers zurück, der schließlich nach langer, vergeblicher Werbung um ihre Hand das Land mit Krieg überzieht. Gottes Wille lässt das Kind an eine Insel treiben, Fischer finden es und übergeben es dem Abt des kleinen Inselklosters. Der Gottesmann nimmt sich des Kindes an, er sorgt für Familienanschluss bei den Fischern, mehrt dem Kind das Geld und tauft es auf seinen eigenen Namen: Gregorius. Nach sechs Jahren holt er den kleinen Gregorius zu sich ins Kloster und lässt ihm Bildung angedeihen, wie es auf der Tafel geschrieben steht. Durch einen Zufall erfährt der Klosterschüler eines Tages von seiner ungewissen Abkunft, stellt den Abt zur Rede und unterbreitet diesem schlussendlich, dass er sein Glück in der Fremde suchen wolle. Sein Ziel sei die Ritterschaft. Er legt sein Schicksal in Gottes Hände, lässt sich treiben und gelangt nach wenigen Tagen in den Hafen einer großen Stadt. Bald erfährt er, dass sich die Stadt in einem Minnekrieg befinde, da ihre Herrin zuvor ihren fürstlichen Verehrer wieder und wieder abgewiesen habe. Dem feindlichen Herzog beliebe es, in regelmäßigen Abständen die Ritter der belagerten Stadt vor den Toren zum Zweikampf herauszufordern. Gregorius beschließt, diese Gelegenheit zu nutzen, um durch die Befreiung der Stadt zu ritterlichen Ehren zu kommen. 12 Nachdem der Jüngling den Zweikampf wider Erwarten für sich entscheiden und das Land vom Minnekrieg befreien konnte, raten die Hohen des Landes ihrer Herrin, sich aus Gründen der Sicherheit, aber auch um die Erbfolge sicherzustellen, einen Mann zu nehmen. Die Herrscherin stimmt zu und lässt ihre Wahl auf Gregorius fallen, und so werden Mutter und Sohn unwissentlich zu Frau und Mann. Gregorius ist ein guter Herrscher und führt eine glückliche Ehe bis zu dem Tag, da sie die Sünde entdecken. Willens, jede Mühsal, jede Pein, sei sie auch noch so groß, zu ertragen, macht sich der edle Büßer auf den Weg. Nach drei Tagen des Wanderns, Fastens und Betens kommt er an eine kleine Fischerhütte. Der Fischer jedoch erkennt in ihm einen reichen Mann im Bettlergewand, schimpft ihn einen Taugenichts und jagt ihn davon. Des Fischers Frau jedoch hat Mitleid mit dem armen Wandersmann. Sie weiß ihren Mann zu besänftigen und bittet, den Fremden zurückrufen zu dürfen. Kurz darauf sitzt Gregorius am Tisch und lässt sich abermals vom Fischer verhöhnen. Er gerät aber im Gegensatz zu seinem Gegenüber nicht in Rage, sondern nimmt die Schimpf- und Schmähworte seines Gastgebers bereitwillig als Teil seiner Buße an. Lediglich nach einem trostlosen Plätzchen zum Büßen in Einsamkeit erkundigt sich Gregorius, woraufhin ihn der misstrauische Fischer am nächsten Morgen auf eine kleine einsame Felseninsel bringt und hämisch grinsend dort ankettet. Den dazugehörigen Schlüssel übergibt er schadenfroh den Wellen. Siebzehn lange Jahre verbringt Gregorius dort, sich ausschließlich an dem Wasser labend, das aus dem Felsen tropft. Es kommt die Zeit, da es gilt, einen neuen Papst zu wählen. Kaum ist der alte aus dem Leben gegangen, da erhebt sich unter den Bürgern Roms ein Streit um das hohe Amt. Schließlich kommt man überein, Gott die Wahl zu überlassen, wer den Heiligen Stuhl bekleiden solle. Daraufhin gibt Gott zwei altangesehenen Römern dasselbe nächtliche Gesicht: Im Lande Aquitanien sitze ein Mann seit nunmehr siebzehn Jahren verlassen auf einer Felsinsel. Dieser Mann solle den Felsen gegen den Stuhl des Heiligen Petrus tauschen. Sein Name sei Gregorius. Die beiden Alten verkünden die Botschaft Gottes und machen sich als Gesandte Roms auf den Weg, den Betreffenden zu suchen. Nach langem Reisen und Suchen gelangen die beiden Edelmänner zur Hütte des Fischers und kehren bei ihm ein. Als abendliches Mahl soll die Fischerfrau ein stattliches Exemplar eines Fisches servieren, den ihr Mann am Tage gefangen hat. Beim Ausnehmen aber findet der Mann im Magen des Tieres den Schlüssel, den er vor siebzehn Jahren vom Felsen aus ins Wasser geschleudert hat. Einer der Römer bemerkt den Schrecken des alten Fischers, der ihm auf die Frage nach dem Grund die ganze Geschichte erzählt. Am Tage darauf lassen sie sich von dem Unglücklichen per Boot zur Insel bringen, wo sie den Büßer finden. Er ist entsetzlich entstellt und gepeinigt durch die Strapazen der Jahre. Sein bevorstehender Einzug in die ewige Stadt wird schon drei Tage vor Ankunft durch ein Gnadenzeichen Gottes angekündigt: Die Glocken aller Kirchen Roms läuten unaufhörlich und ohne menschliches Zutun. Wie zuvor ein guter weltlicher Herrscher, so ist Gregorius ein ebenso großer, guter und gerechter Papst. Seine Mutter, Vaterschwester und Frau hört bald von der Weisheit, Milde und Güte des neuen Papstes und beschließt, ihm in ihrer sündlichen Not zu beichten. Tatsächlich empfängt er die alte Frau aus Aquitanien, die er zunächst nicht als seine leibliche Mutter erkennt, wie auch sie nicht ihren Sohn in ihm wahrnimmt. Erst ihre Beichte, in der er einen Großteil seiner eigenen Lebensgeschichte wieder findet, öffnet ihm die Augen und er gibt sich als ihr Sohngemahl zu erkennen. Gregorius behält seine Muttergemahlin bei sich in Rom, leistet ihr geistlichen Beistand und sie werden beide auserwählte Kinder Gottes. 13 Hartmann lässt es sich nicht nehmen, dieser guoten, sprich lehrreichen Geschichte vom guten Sünder Gregorius noch einige Worte in eigener Sache anzuschließen. Er spannt eine Ellipse vom Antizipierenden des Prologes zum resümierenden Epilog, wodurch die Erzählung zum Herzstück des Werks wird, eingebettet in des Autors eigene Gedanken. Diesen eigenen Gedanken, geschrieben in der Ich-Perspektive und an die Allgemeinheit gerichtet, lässt sich die Intention 74 des Autors entnehmen: Zunächst sei die didaktische Intention Hartmanns angesprochen, die bereits im Prolog manifest wird: Die höfischen Romane, seine eigenen mit eingeschlossen, seien eitel und diesseitsfixiert und so tadelt er nicht nur sich selbst, sondern auch indirekt sein Publikum, das seinen früheren Werken Beifall gezollt hat. Er gibt sich bekehrt, stellt sich für das geistliche Thema als besonders geeigneten Bearbeiter vor und verleiht auf diesem Wege seinem Werk einen besonders hohen Wahrheitsanspruch, an dem er sein Publikum teilhaben lassen möchte: Jeder sündige Mensch soll wissen, so Hartmann, dass er trotz aller Sünden dennoch gerettet werden kann (V. 3982). Sich an den einzelnen Leser wendend konstatiert der Autor: Wenn nach so großer Freveltat selbst Gregorius und seine Mutter gerettet wurden, so wird auch dir (dem Leser) geholfen werden (V. 3969). Die zweite Intention ist – wie im Prolog bereits angesprochen – die eines Büßers. Er bittet all jene, die dieses Werk lesen sollten, bei Gott für sein Seelenheil einzutreten (V. 3994), um so ein wenig von besagtem süntlichen berc, der auf ihm lastet, etwas abzutragen. Dieses Bekenntnis sündhafter, weltlicher Dichtung und der Wendung an die Rezipienten ist alleiniges geistiges Eigentum Hartmanns, der mit der Schöpfung dieses Jugendsünde-Topos in der deutschen Dichtung vorbildhaft gewirkt hat. 2.2 Das „Genaumachen“ Thomas Manns: „Der Erwählte“ 2.2.1 „Ein ganz schnurriges Einleitungskapitel“ 75 „Glockenschall, Glockenschall supra urbem ...“ – Thomas Mann beginnt seinen Roman mit dem Ende der zu erzählenden Legende, mit der Ankündigung des neuen Papstes, mit dem Wunder und Gnadenbeweis Gottes beim Einzug des endlich Erlösten in die ewige Stadt. In den ersten beiden Abschnitten widmet sich der Dichter ausgiebig der Beschreibung dieses Wunders, welches etwas weniger ausführlich auch bei Hartmann zu finden ist (V. 3753). Dem schließt Thomas Mann die Frage nach dem Urheber dieses Wunders an. Einem mittelalterlichen Leser hätte es fern gelegen, eine solche Frage zu stellen, also an Gottes Wundertätigkeit zu zweifeln, doch Thomas Mann stellt sie: „Wer läutet die Glocken?“ Die Antwort lautet: „Der Geist der Erzählung!“76 Hartmanns Stimme spricht namenlos, Thomas Mann jedoch führt den Mönch Clemens als fleischgewordenen Geist der Erzählung ein, der fortan als Mittelsmann und „epischer Statthalter“ 77 zwischen dem Autor und seiner Erzählung fungiert. 78 74 Mertens, S. 179, fragt nach dem „Anlaß zum Werk“. DüD III, S. 351. 76 DE, S. 10. 77 Reich-Ranicki, S. 101. 78 Stackmann, Karl: „Der Erwählte“. Thomas Manns Mittelalter-Parodie, in: Euphorion 53 (1959), S. 66. 75 14 „Gott ist Geist“ 79 heißt es bei Thomas Mann, was den Umkehrschluss zuließe, dass Geist gleich Gott ist. „Die göttliche Instanz, die in Hartmanns Legendenroman Erwählung und Wunder bewirkte, wird hier säkularisiert: sie wird Erzählinstanz. Der göttliche Geist wird substituiert durch den Geist der Erzählung.“ 80 Dieser stellt sich im Verlauf des ersten Kapitels immer weiter vor. Er sei „luftig, körperlos, allgegenwärtig, nicht unterworfen dem Unterschiede zwischen hier und dort“ 81 . Zum einen sind es Qualitäten des christlichen Gottes, die er sich hier selbst zuschreibt und die ihn ermächtigen, Wunder, wie zum Beispiel das Glockenwunder, zu bewirken. Andererseits sind es Eigenschaften eines auktorialen bzw. allwissenden 82 Erzählers, die es ihm ermöglichen, das Ende der Erzählung, das Glockenwunder, vorwegzunehmen und zudem dessen Urheber zu sein. Über ein Spiel mit den ersten drei Personalpronomina singularis zieht sich der noch abstrakte Geist der Erzählung zu „seiner mönchischen Person, genannt Clemens der Ire“ 83 zusammen. An dieser Stelle gibt sich der Erzähler Clemens als jemand zu erkennen, der erstens keine außertextliche Identität hat, der also nur Produkt eines grammatischen Spieles ist, und zweitens auch noch darum weiß. „Der Roman also erzählt sein Erzähltwerden mit“ 84 , so Benedikt Jeßling. „Ich bin Clemens der Ire, ordinis divi Benedikti“85 schließt das Erzähler-Ich sein grammatisches Spiel ab und gibt ausführliche Auskunft über seine Person: Herkunft, Ausbildung, Orden und Stand werden angesprochen, selbst der Ort, an dem er sich „derzeit“ aufhält, nämlich in der Bibliothek des Klosters Sankt Gallen. Die Konstituierung der ErzählInstanz ist hiermit abgeschlossen. Der Mönch gibt zwar Auskunft darüber, wo er sich befindet, nämlich am Pulte Notkers des Stammlers im Kloster Sankt Gallen, jedoch nicht wann. Weder der Akt des Erzählens noch die Erzählung selbst werden in einen zeitlich konkreten Kontext gebettet. Das Zeitliche rückt für den Leser ins Vage und Ungenaue. Damit schafft der moderne Dichter Mitte des 20. Jahrhunderts ein romanhaft-ritterliches Mittelalter, völlig frei schwebend in der Zeit (insofern etwa vergleichbar mit Hermann Hesses Roman „Narziß und Goldmund“). „In diesem Verzicht auf eine zeitliche Fixierung des Berichteten, in seiner heimlichen Umwertung zu einem abstrakten Zeichen für Vergangenheit, verrät sich eine unverhüllte Gleichgültigkeit des Erzählers gegen das Historische in seiner bloßen Historizität“ 86 , so Stackmann. Nicht nur zeitlich ungebunden sollte Thomas Manns Mittelalter-Rezeption sein, auch das Sprachliche sollte sich nicht an nationalen Grenzen stoßen. Im „Sprachcocktail“ des Autors kann der Leser „alle Sprachen des europäischen Mittelalters verzeichnen, dazu Schattierungen einer norddeutsch gefärbten Umgangssprache und das Hütten-Messingsch der bretonischen Fischer“ 87 . Hinzu gesellen sich Ausdrücke der modernen niederdeutschen, englischen und sogar der amerikanischen Umgangssprache. 88 Im letzten Abschnitt des einleitenden ersten Kapitels lässt sich Thomas Mann zu einer Symbiose von Ironie und Form hinreißen. Er persifliert, sich hinter der Maske des Mönches 79 DE, S. 14. Jeßling, Benedikt: Der Erzählte. Roman eines Romans. Zu Thomas Manns „Der Erwählte“, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 108 (1991), S. 577. 81 DE, S. 10. 82 DE, S. 116: „ ... der die Geschichte bis zu ihrem wundersamen Ausgange kennt“; S. 137: „ ... da ich doch als Erzähler alles vorhersehe und weiß [...] in meiner unzukömmlichen Allwissenheit“. 83 DE, S. 13. 84 Jeßling, S. 595. 85 DE, S. 10. 86 Stackmann 1959, S. 65. 87 Boesch, S. 341. 88 Stackmann 1959, S. 69. 80 15 Clemens verbergend, den Bänkelsängerton der Mittelalterüberträger des 19. Jahrhunderts, die „dem Vers und dem Rhythmus zuliebe [...] eine Anzahl von Verschiebungen und Simplizitäten in Kauf“ 89 nehmen mussten, und zeigt sich gleichzeitig nicht gewillt, „das Gehüpf auf drei, vier jambischen Füßen“ 90 als sprachliche Form seiner (Nach-)Erzählung in Betracht zu ziehen. Stattdessen spricht er sich für eine „wohlgefügte Prosa“ 91 aus. „Merkwürdig aber“, so Stackmann weiter, „daß eben diese der Lächerlichkeit preisgegebenen Rimelein an gewissen Stellen das Leitbild einer das alte Metrum kaum verschleiernden Reimprosa abgeben.“ 92 In der Tat finden sich in Thomas Manns „Gregorius“-Version einige Passagen, die eher einem Autor des zwölften als einem des 20. Jahrhunderts zuzuordnen sind. Vornehmlich innerhalb der Dialoge 93 ist die Mann’sche Prosa durchsetzt von „allerlei daktylischem und anapästischem Gestolper“ 94 . Warum nur? Aus demselben Grund, aus dem sich der Autor allerlei altertümlich anmutender Sprachfetzen und Ausdrücke bedient: Thomas Mann möchte zwischen einem fiktiven Statthalter und offen bekannter Ahistorizität das für ihn spezifisch Mittelalterliche in den Vordergrund rücken, quasi sein „eigenes“ Mittelalter erschaffen. Es wäre müßig, darüber hinaus in diesem ersten Kapitel jede Differenz zwischen dem Hartmann’schen und Mann’schen Werk resümierend zu wiederholen, da, wie gezeigt, die gemeinsame Basis für einen solchen Vergleich fehlt. Das erste Kapitel Thomas Manns unterscheidet sich in Form und Inhalt nahezu völlig vom Prolog seiner Quelle! Als wichtigste Übereinstimmung sei das Verwenden von Bibelstellen 95 , als hervorstechendste Neuerungen Thomas Manns der Wechsel vom Versmaß zur Prosa und die Einführung einer zweiten fiktiven Ebene genannt. 96 2.2.2 Die Erzählinstanz Clemens der Ire „Die wichtigste intertextuelle Relation, das wichtigste Zitat des Erwählten, betrifft das vermeintliche Subjekt des Textes: den Geist der Erzählung.“ 97 Diesem Gedanken folgend scheint es durchaus gerechtfertigt, sich abermals „Bruder Clemens“ 98 zu widmen. Clemens wurde bereits als epischer Statthalter und als Substitut des göttlichen Geistes vorgestellt, der sich und seine Instanz autoreflexiv miterzählt. Doch scheint der Geist der Erzählung noch weitaus mehr zu sein. Er ist, um den Gedanken des vorangegangenen Zitats wieder aufzunehmen, das Subjekt des „Erwählten“. „Objekt, doch nicht weniger Held als jener, ist die Erzählung von Gregorius, die allerdings ganz und gar vom Geiste der Erzählung abhängt und geschaffen wird.“ 99 Der auktoriale Erzähler wird im „Erwählten“ gebrochen, bleibt demnach nicht nur Mittelsmann, sondern geht weit über seine Rolle als Vermittler zwischen erzählter Welt und Autor/Leser hinaus. Er ist nicht nur allwissend, allgegenwärtig, sondern 89 Wilhelm, S. 8. DE, S. 15. 91 DE, S. 14. 92 Stackmann 1959, S. 67. 93 DE, S. 67, 110, 123, 124, 156, 234, 236. 94 DE, S. 15. 95 Was Hartmann sein Zwei-Wege-Gleichnis, ist Thomas Mann der Epheserbrief (DE, S. 13). 96 Zur Analyse des ersten Mann’schen Kapitels vgl. weiter Berendes, Jochen: Wer läutet? Eine Analyse des Anfangs von Thomas Manns Roman „Der Erwählte“, in: Recherches germaniques 24 (1994), S. 93-108. 97 Jeßling, S. 592. 98 DüD III, S. 391. 99 Jeßling S. 595. 90 16 auch allmächtig und allerschaffend, also gottgleich. Im Sprengen und Überbieten eben dieser Erzählinstanz liegt ihre ironische Brechung. Es lassen sich noch weitere Indizien dafür finden, dass Clemens neben dem Geist auch das Subjekt und der Held der Mann’schen Erzählung ist. Nach seiner Selbst-Inthronisierung als allwissender Erzähler im ersten Kapitel bleibt Clemens dem Leser zunächst dadurch präsent, dass er ihn durch kurze Ich-Aussagen auf unterschiedlichste Weise in den Erzählprozess mit einbezieht. Durch Floskeln wie „ich weiß“ 100 , „ich gestehe“ 101 oder direkte Anrede des Rezipienten 102 wie „gebt acht“ 103 oder „seht“ 104 soll in Anlehnung an eine alte narrative Tradition der Eindruck eines unmittelbaren Erzählvorgangs suggeriert werden. 105 Dies fällt durchaus in den „Zuständigkeitsbereich“ eines allwissenden Erzählers und ist so oder ähnlich auch bei Hartmann zu finden (V. 644, 714, 722 etc.). Clemens wie Hartmann gehen über die imaginäre Kommunikation mit ihren Rezipienten, über die bloßen Ich-Aussagen und LeserAnreden, hinaus, indem sie zusätzlich auf mögliche Gedanken und Einwände ihrer Leserschaft eingehen 106 , auch werten sie 107 oder setzen sich und ihre eigene Persönlichkeit in unterschiedlichster Weise in Beziehung zu dem, was sie erzählen. 108 In seinen Notizen zum „Erwählten“ skizziert Thomas Mann: „Erzähler [...] nimmt persönl. Anteil, zeigt sich begeistert für seinen Helden, sucht ihn zu entschuldigen, dankt denen, die ihm Gutes tun.“ 109 Genau diese geistige Physiognomie – die Einmengung der eigenen Meinung, die Zwischenrede, die Kommentare zum erzählten Geschehen, wie sie bei Hartmann wie bei Clemens (Mann) zu finden sind – ist wohl das wichtigste Charakteristikum des auktorialen Erzählers. 110 Es ist nicht die bloße Existenz solcher kommentierenden Eingriffe in beiden Werken, sondern deren Quantität 111 und Qualität, die Clemens im Vergleich zu Hartmann den Rahmen seiner Erzählinstanz sprengen und ihn noch vor Gregorius zum Protagonisten der Mann’schen Erzählung werden lassen. 2.2.3 Stoffliche Neuorganisation Neben dem formalen Wechsel von mittelhochdeutscher Epik zu neuhochdeutscher Prosa und der Einführung einer ironisch überhöhten Erzählinstanz namens Clemens machte sich Thomas Mann ebenso Gedanken über eine inhaltliche Neuorganisation des Stoffes. Diese Überlegungen bezogen sich sowohl auf die Handlung als auch – und hier standen ihm Tür und Tor offen – auf die Namengebung: 100 DE, S. 23. DE, S. 148. 102 Die ausgeprägteste Variante findet sich DE, S. 189: „Kristlicher Leser, höre und glaube mir! Großes und Eigentümliches habe ich dir zu berichten“. 103 DE, S. 23. 104 DE, S. 137. 105 Jeßling, S. 582. 106 DE, S. 17, 26 ; vgl. Gregorius, V. 3231. 107 DE, S. 36, 38, 134, 161; vgl. Gregorius, V. 2621f. 108 DE, S. 24, 30, 37; vgl. Gregorius, V. 788f. 109 Not. DE, Bl. 28/61. 110 Jeßling, S. 583. 111 DE, S. 10-15, 47, 58-62, 66, 94, 116, 143, 146, 159 etc. 101 17 Bei Hartmann trägt lediglich Gregorius, geboren in Aquitanien, als einzige Gestalt einen Namen. Alle anderen Figuren verbleiben namenlos hinter einem Schleier heilsgeschichtlicher Austauschbarkeit, was übrigens mit der Gepflogenheit mittelalterlicher Maler korrespondiert, das Gesicht selbst als erstarrte Maske darzustellen. Die Kunst dieser Zeit muss im Kontext des religiösen Zeitalters verstanden werden, wobei der stete Blick auf die Jenseitigkeit keinen Raum ließ für diesseitige Individualität.112 Und damit musste bei der Umsetzung des Hartmann’schen „Gregorius“ in „wohlgefügte Prosa“ 113 die Namengebung nicht nur als bloßes Desiderat erscheinen. Sie war ein Muss, um der Forderung des modernen Romans nach individueller Kontur gerecht zu werden. In den Notizen zum „Erwählten“ findet sich eine lange Liste 114 ausnahmslos ungeläufiger Namen, die die Grundlage bildete für die nachfolgend überaus gewissenhaft betriebene Namenvergabe. Woher die Namen ursprünglich stammten, wird noch zu klären sein. Thomas Manns Gregorius wird schließlich in einem Herzogtum Flandern-Artois, genauer gesagt in der Stadt Bruges-la-vive auf dem Schloss Belrapeire als Sohn des Herzogpaares Wiligis und Sibylla geboren. Nach seiner Aussetzung strandet er auf der bretonischen Insel Sankt Dunstan, wo sich der Abt Gregorjus des Klosters Agonia Dei seiner annimmt. Thomas Mann versieht selbst das Schwert des alten Herzogs mit einem identifizierenden Attribut und schenkt ihm den Namen Eckesachs. Des Weiteren begegnen dem Leser Namen wie Hanegiff, Herr und Frau Eisengrein, Herr Poitewin, Penkart etc. Doch ist es nicht die Namengebung allein, durch die der Roman zu einer Art produktiven Weiterbildung avanciert. Thomas Mann überbietet in gewissem Sinne Hartmanns „Gregorius“, indem er ihn zu einem neuen Text erweitert und Unzähliges in den Erzählzusammenhang integriert. Als ein solches Adjunktum ist das Rosenwunder anzusehen, durch das Thomas Mann neben der körperlichen Ungleichheit der römischen Gesandten auch deren seelische Verschieden-artigkeit beleuchtet. 115 Auch Sibyllas Traum 116 von einem Drachen, der auf Herzeloides Traum in Wolframs „Parzival“ zurückgeht 117 , kann in der Version Thomas Manns psychologisch interpretiert werden. 118 Sibyllas Gebet 119 stellt eine weitere, für das Mittelalter völlig untypische Innensicht des Menschen dar, obgleich die Quelle, die „Vorauer Sündenklage“ 120 , an sich schon mittelalterlich ist. Sei es die Narbe auf der Stirn der Kinder als Zeichen der Ebenbürtigkeit121 , sei es die gewollte Provokation 122 Gregorius´ durch seinen Milchbruder Flann oder die Einführung neuer Figuren wie z.B. der des Penkart 123 – „in der Ersinnung solcher Menschenbilder liegen die Kerne beschlossen, die aus der Legende einen Roman werden lassen.“ 124 112 Dazu Gombrich, Ernst H.: Die Geschichte der Kunst. Frankfurt a.M. 1995, S. 160f. DE, S. 15. 114 Not. DE, Bl. -/19. 115 DE, S. 185. 116 DE, S. 52. 117 Lesser, Jonas: Thomas Mann in der Epoche seiner Vollendung. München 1952, S. 526. 118 Plate, Bernhard: Hartmann von Aue, Thomas Mann und die Tiefenpsychologie, in: Euphorion 78 (1984), S. 43. 119 DE, S. 152. 120 DüD III, S. 393f: „Sibylla’s Gebet lehnt sich an [...] die sogenannte Vorauer Sündenklage aus der Mitte des 12. Jahrhunderts“ an. 121 DE, S. 21. 122 DE, S. 95. 123 DE, S. 243. 124 Boesch, S. 348. 113 18 Die ständige Betonung des Individuellen jenseits jeder Gemeinschaft, die Psychologisierung und Säkularisierung der Erzählung scheint einer möglichst authentischen Mittelalterfiktion entgegenzuwirken, so Deborah Lund, da sie die Individualität des 20. Jahrhunderts widerspiegelt. 125 Das ist soweit richtig, doch noch vor der Frage, ob eine authentische Mittelalterfiktion vom Dichter beabsichtigt ist, muss gefragt werden, ob diese überhaupt möglich war, denn gerade die Individualität des 20. Jahrhunderts war es, die den Realitätssinn eines jeden „Erwählten“-Lesers prägt(e), und demnach vom Autor Thomas Mann bei der Umsetzung seiner „Gregorius“-Version nicht außer Acht gelassen werden durfte: „Wie Grigorß dort bei Wind und Wetter, und nur bei einem [T]runk aus dem Loch 17 Jahre verlebt, das will erfunden sein! Von Ouwe Hartman hat sich’s da ziemlich einfach gemacht.“ 126 An anderer Stelle konstatiert der Dichter kopfschüttelnd: „Der mittelalterl. Geschmack zieht phantastisch seltsame Begebenheiten einer unmöglichen Welt [zusammen]“. 127 „Und das handgreiflich Unmögliche“ konnte er nach eigenem Bekunden in seiner „Realisierung der Geschichte nicht brauchen“128 . Der kritische Blick in Hartmanns Werk, der möglicherweise ebenfalls gewisse Bedenken wegen der realen Unmöglichkeit dieses Phänomens hegte, führt zum trôstgeist von Kriste (V. 3119) und zu got, dem niht unmügelich zu tuone swaz er wil, denn im ist keines wunder ze vil (V. 3134-3136). Der mittelalterliche Epiker konnte damals aber noch auf die unangreifbare Autorität Gottes verweisen, indem er diesem das Wunderwirken zuschreibt. Dass dieser Weg inmitten des säkularisierten 20. Jahrhunderts nicht abermals beschritten werden konnte, spiegelt allein die Tatsache, dass Thomas Mann den Glockenschwall supra urbem des ersten Kapitels einem allmächtigen und allwissenden Geist der Erzählung zuschreibt, wodurch er die Autorität Gottes relativiert und nivelliert. 129 Wie also sieht Manns Lösung dieses Problems aus? „Da von Ouwe Hartman die Ernährung des Büßers unverzeihlich unrealistisch [...] behandelt hat, nahm ich die »Erdmilch« aus einer Schrift meines Freundes Karl Kerényi.“130 In den Notizen vermerkt er parallel: „Zur Ernährung aus dem Stein: 5. ‚Urmensch und Mysterium’ von Kerényi“ 131 . Hier wird eine alte Epikur’sche Hypothese wiedergegeben, nach der „da, wo der Ort die Gelegenheit darbot[,] Schläuche hervor[wuchsen], die zur Erde hinab die Wurzeln versenkten.“ 132 Die Erde „ließ dort milchähnlichen Saft aus der Öffnung der Adern [f]ließen [.] So gab Speise den kleinen die Erde“ 133 , jenen „Urmenschen, niedrige, [k]aum lebende, unfertige Wesen“ 134 – und „darum [...] erhielt die Erde den Namen Mutter“ 135 . So wird 125 Lund, Deborah/Jankowski, Karen/Thompson, Karen: Mittelalterliche Legende im 20. Jahrhundert. Hartmann von Aue und Thomas Manns Gregorius, in: James F. Poag (Hrsg.): Das Weiterleben des Mittelalters in der deutschen Literatur. Königsstein/Ts. 1983, S. 172. 126 DüD III, S. 352. 127 Not. DE, Bl. 27/60. 128 AN, S. 690. 129 Lund u.a., S. 174. 130 DüD III, S. 403. 131 Not. DE, Bl. -/27; Literarurbezug: Kerényi, Karl: Urmensch und Mysterium, Sonderdruck aus: Das EranusJahrbuch 15 (1947), S. 41-74 (TMA TM 4812). 132 Ebd., S. 44 (markiert). 133 Ebd., S. 45 (markiert). 134 Ebd., S. 63 (markiert). 135 Ebd., S. 45 (markiert). 19 Gregorius in Thomas Manns mythologischer „Ausmalung der mütterlichen Funktion der Erde“ 136 zum igelähnlichen Erdsäugling und liegt seiner Mutter Erde siebzehn Jahre lang an der Brust. Ein ähnlicher Fall liegt auch bei der Designierung des Papstes vor: Bei Hartmann ist es gotes stimme (V. 3173), die die Römer instruiert, den neuen Papst zu suchen, und auch in Gräßes „Gesta Romanorum“, die Thomas Mann ebenfalls als Legenden-Vorlage diente, heißt es: „Nun begab es sich, daß der Papst starb, und als er gestorben war, kam eine Stimme vom Himmel herab und sprach: ,Suchet den Mann Gottes Gregorius und setzet ihn zu meinen [hs. Verbesserung TMs: meinem] Stellvertreter ein!’“ 137 Aus der Stimme Gottes wird im „Erwählten“ schließlich ein nächtlicher Traum. Und nicht Gott spricht zu den römischen Edelmännern, sondern ein „Lamm Gottes“ 138 , genauer gesagt: „Christus als Lamm“ 139 , das in Ferdinand Gregorovius’ „Geschichte der Stadt Rom“ noch einen Triumphbogen zierte. Ob nun das selbsttätige Läuten der Glocken, das siebzehnjährige Überleben auf nacktem Fels oder die himmlische Eingebung bei der Papstwahl – fest steht, dass das direkte Eingreifen Gottes mit dem Realitätsverständnis des Mann’schen Rezipientenkreises nicht vereinbar war und in dessen Vorstellungs- und Erfahrungswelt praktisch keine erbauliche Rolle mehr spielte. 140 Der stoffliche „Umbau“ des Dichters erschöpft sich aber keineswegs in einem programmatischen Austausch von Gott gegen Mythos. Gerade dieses letzte Beispiel macht deutlich, dass der christliche Gott durchaus seine Finger im Spiel haben durfte, nur nicht in der biblischen Direktheit, wie noch bei Hartmann der Fall. Demnach ging es Thomas Mann in punkto Urheberschaft nicht generell um ein säkularisierendes Qui-pro-Quo, sondern primär darum, „mit einer Art von Schein-Möglichkeit“ 141 , wie er es nennt, „den Wirklichkeitssinn des Lesers [...] für den unmittelbaren Kausalzusammenhang“ 142 zu befriedigen. Auch an dieser Stelle wird deutlich, dass die literarische Übertragung der mittelalterlichen Legende in die Neuzeit mehr ist als eine bloße Umformung der epischen Rimelein in „wohlgefügte Prosa“, und zum zweiten, dass einer „authentischen Mittelalterfiktion“, sofern sie denn angestrebt war, im Realitätssinn des Publikums natürliche Grenzen gesetzt waren. 2.2.4 „Der Erwählte“ – eine „Sprachverhunzung“? Was Thomas Mann unter stofflichem „Genaumachen“ verstand, konnte im Vergleich mit der Hartmann’schen Rezeptionsvorlage exemplarisch herausgearbeitet werden. Was Thomas Mann unter sprachlichem „Genaumachen“ verstand, dürfte im Vergleich mit Hartmanns mittelhochdeutscher Vorlage weniger gut zu verdeutlichen sein, was in der Natur der Dinge liegt: Der Stoff einer alten Legende, gemeint ist das Handlungsgerüst in seinen wesentlichen Zügen, kann auch nach Jahrhunderten nahezu unverändert wieder aufgenommen werden. Eventuell 136 Ebd., S. 46 (markiert). Gesta Romanorum, das älteste Mährchen- und Legendenbuch des christlichen Mittelalters, übers. u. hrsg. v. Johann Theodor Gräße (2 Hälften); 3. Ausg. (Unveränd. Neudruck d. Original-Ausg. V. 1842). Leipzig: Löffler 1905 (TMA TM 70: 1+2). Zur Quellenkritik vgl. Kap. 4.2. 138 DE, S. 199. 139 Gregorovius, Ferdinand: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, 2 Bde. Dresden: Jess 1926. (TMA TM 2800:1+2), Bd. 1, S. 196 (markiert). Zur Quellenkritik vgl. Kap. 4.2. 140 Mertens, S. 4. 141 AN, S. 690. 142 Mertens, S. 3. 137 20 auftretende Abweichungen zwischen Rezeptionsvorlage und moderner Version lassen sich vor dem Hintergrund der großen Gemeinsamkeit leicht isolieren und im Hinblick aufs Ganze interpretieren. Der Sprachstil einer alten Legende ist hingegen einem Alterungsprozess unterworfen, sodass schon nach dreihundert Jahren von einer anderen Sprachstufe gesprochen werden kann. Wenn nun zwischen der Rezeptionsvorlage und der modernen Version wie bei Hartmann und Thomas Mann fast achthundert Jahre liegen, sind die sprachlichen Abweichungen derart enorm, dass der gemeinsame Hintergrund weitgehend fehlt, was sich noch dadurch verstärkt, dass „Der Erwählte“ als freie Prosafassung keine strukturelle Bindung an die Hartmann’schen Verse aufweist. Das Ergebnis eines solchen Vergleichs wären zwei deutsche Sprachstile/ -stände, wie sie verschiedener kaum sein könnten. Was das sprachlich Besondere an Thomas Manns an sich neuhochdeutsch zu lesendem Mittelalterroman ist, lässt sich demnach weitaus besser im Vergleich mit einer weiteren neuhochdeutschen Romanversion der „Gregorius“Legende herausstellen. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist ganz allgemein ein starker Zuwachs an deutschsprachiger Beschäftigung mit den Altertümern zu verzeichnen. Am Anfang stand die wissenschaftliche Edition der mittelhochdeutschen Texte und deren Übersetzung, die nicht selten unter Einfluss eines flammenden nationalen Empfindens, aber ebenso aufgrund entstandener lexikalischer Lücken in einer „das Mhd. etwas altväterisch imitierenden nhd. Sprachform“ 143 geschah. Die darauf aufbauende, nichtwissenschaftliche Beschäftigung mit den deutschen Altertümern zeichnet sich durch einen zunehmenden Abstand von der zuvor edierten Textfassung aus: „Aus Verserzählungen macht man Volksbücher, Epen werden dramatisiert, Kurzformen [...] gehen in den Lesebuchkanon ein“ 144 , so Siegfried Grosse resümierend. Rückblickend auf die Zeugnisse einer vergangenen deutschen Größe und konträr zu den politischen Verhältnissen sollte so ein gemeinsames nationales Bewusstsein formuliert werden, oder, wie es Wilhelm Grimm 1843 in seiner „Ansprache an die Studenten“ ausdrückte: Man wolle „den baum des deutschen lebens tränken aus eigenem quell“ 145 . Die „Gregorius“-Rezeption ist im Vergleich zu der des „Parzival“- oder „Tristan“-Stoffes eine vergleichsweise überschaubare: Siegfried Grosse und Ursula Rautenberg verzeichnen in ihrer Bibliographie zur „Rezeption mittelalterlicher deutscher Dichtung“ 146 lediglich vier zumeist im 19. Jahrhundert entstandene Übersetzungen. Zwei hier angeführte Volksbuchfassungen Simrocks und Schönhuths können noch um die in Gräßes „Gesta Romanorum“ und die von Richard Benz 147 ergänzt werden, welche übrigens beide aus dem Nachlass Thomas Manns bekannt sind und ihm möglicherweise als Vorlage gedient haben. Moderne epische Bearbeitungen der „Gregorius“-Legende im Sinne eines Romans liegen in deutscher Sprache lediglich zwei vor: Neben Thomas Manns „Der Erwählte“ (1949) noch Hanna Stephans „Die glückhafte Schuld“ 148 (1940). Dieses relativ unbekannte Werk, das etwa zur selben Zeit, ausgehend von derselben Rezeptionsvorlage, denselben Stoff in dieselbe literarische Form bringt, ist das ideale Vergleichsobjekt, um im Vorab zu umreißen, was Thomas Manns 143 Wilhelm, S. 115. Grosse, Siegfried: Überblick über die Rezeption der deutschen Literatur des Mittelalters im 19. Jahrhundert, in: Peter Wapnewski (Hrsg.): Mittelalter-Rezeption (=Germanistische Symposien-Berichtsbände, Bd. 6). Stuttgart 1986, S. 378. 145 Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm: Schriften und Reden, hrsg. von Ludwig Denecke. Stuttgart 1985, S. 259. 146 Grosse, Siegfried/Rautenberg, Ursula: Die Rezeption mittelalterlicher deutscher Dichtung: Eine Bibliographie ihrer Übersetzungen und Bearbeitungen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts. Tübingen 1989, S. 49ff. 147 Benz, Richard: Gregorius auf dem Stein: eine alte deutsche Legende. Jena: Diederichs, 1920 (TMA TM 2852). Zur Quellenkritik vgl. Kap. 4.2. 148 Stephan, Hanna: Die glückhafte Schuld. München 1940. (im Folgenden unter der Sigle ‚GS’) 144 21 „Erwählten“ sprachlich von einem „normalen“ neuhochdeutschen Roman des 20. Jahrhunderts unterscheidet. Der folgende raffende Textvergleich zwischen den beiden Romanen hat zudem die Funktion einer qualitativen Stichprobe, die nicht nur eine erste Vorstellung vom sprachlichen Formenreichtum des „Erwählten“ geben, sondern deren Ergebnisse auch bei der Ausarbeitung eines linguistischen Untersuchungs-Instrumentariums richtungweisend sein soll. Obgleich beide Romane auf derselben Rezeptionsvorlage fußen und ihr Handlungsgerüst weitgehend übereinstimmt, so weichen doch beide in ihren Anfangskapiteln stark von Hartmanns Version, aber auch voneinander ab. Thomas Mann nutzt, wie bereits beschrieben, das erste Kapitel, um seinen epischen Erzähler Clemens den Iren mit einem Glockenschwall supra urbem (9) zu inthronisieren. Dieser kündigt an, es sei ganz ungewiss, in welcher Sprache er schreibe, ob lateinisch, französisch, deutsch oder angelsächsisch, und es sei auch einerlei. Schreibe er etwa auf thiudisc, wie die Helvetien bewohnenden Alamannen reden, so stehe morgen Britisch auf dem Papier, und es sei ein britunisches Buch, das er geschrieben habe. Keineswegs wolle er behaupten, dass er die Sprachen alle beherrsche, aber sie rännen ihm ineinander in seinem Schreiben und würden eins, nämlich Sprache (14). Zum Abschluss des ersten Kapitels lässt es sich Clemens nicht nehmen, die strenge Form mittelhochdeutscher Epik mit einer Kostprobe von daktylischem und anapästischem Gestolper zu parodieren: Es war ein Fürst, nommé Grimald, der Tannewetzel macht’ ihn kalt. Der ließ zurück zween Kinder klar, Ahî, war das ein Sünderpaar! (15) Der hier vorangekündigte frühe Tod des Herzogs Grimald, dessen Gattin einige Jahre zuvor im Kindbett gestorben ist, schafft die Rahmenbedingung für den im 4. Kapitel folgenden Inzest der nun elternlosen schlimmen Kinder, deren Liebesspiel von einem beinahe unverständlichen Bettgeflüster begleitet wird: Nen frais pas. J’en duit. Fail le! Manjue, ne sez que est. Pernum ço bien que nus est prest! Est il tant bon? Tu le saveras. Nel poez saver sin gusteras. O Willo, welch Gewaffen! Ouwê, mais tu me tues! (37) Auf seine blauäugige Frage, Was ist dir, Vriedel traut? (39), eröffnet die Schwester Sibylla ihrem brüderlichen om de gentilesce (24) namens Willo, dass sie von ihm schwanger sei. In ihrer Verzweiflung treten die Geschwister an einen alten Vertrauten ihres verstorbenen Vaters, Herrn Eisengrein, den Cons du chatel, Gurvenal und maistre de corteisie (42), heran, der ihnen aus ihrer misslichen Lage heraushelfen soll. Dieser bestimmt den Junker auf Bußfahrt nach Jerusalem, seine Schwester in die Obhut seiner Frau, wo diese in Kreißen (52) ihren Schmunzibutz (55) gebiert, der kurz darauf auf ungewisse Ündenfahrt (55) geht. Erst an dieser Stelle beginnt Hanna Stephans Roman „Die glückhafte Schuld“. Ihr Erzähler bleibt im Gegensatz zu Clemens körper- und namenlos, doch legt die Erzählsituation, speziell Standort und Erzählhaltung, die Vermutung nahe, dass es sich um die Schaffnerin Agape (7) 22 handeln könnte, die einzige Figur, die außer Gregorius einen Eigennamen trägt und die sich (möglicherweise) selbst in der dritten Person miterzählt: Ein Bote aus dem Morgenland kommt zu Hofe geritten, um zu verkünden, dass sein Herr, der König, unterm Kreuz gefallen sei. Magd Agape, die Vertraute der Schwester-Königin nimmt ihn in Empfang und trägt die Botschaft zu ihrer Herrin, die ihrem Bruder kurz zuvor einen Sohn geboren hat. Die Magd Agape schlägt vor, das Kind von einem Priester auf den Namen Gregorius taufen zu lassen. Doch glaubt die Mutter nicht an die reinigende Kraft heiligen Wassers, solange das Kind in ihrer sündigen Nähe weilt. Die Frauen beschließen, das Kind einem größeren Wasser, dem Meer, zu übergeben, in der Hoffnung, dass Gregorius getrennt von seiner Mutter, eine reine Zukunft habe. In beiden Romanen wird das Kindlein, einmal in die Barke direkt, einmal in ein Fässchen gebettet, den Wellen überantwortet, von britannischen Fischern auf hoher See aufgelesen und an ihren Heimatstrand geführt. Sie werden vom besorgten Abt ihres Klosters in Empfang genommen und routinemäßig nach Witterung und Fang befragt, worauf die Fischer antworten: Herr, groß war das Unwetter auf dem Meer. Wir taten keinen Fang. Groß war der Sturm und sein Ungestüm. Ein Wunder, daß unser Boot entrann. Gott hat unser Leben geschont. (GS, 33) Heho, hallo, Herr, is noch mal gutgegangen. Fische? Nee, dat’s nu’n littel bit tau veel verlangt. Wi könn von Lucke seggen, dat uns de Fisch nich hebben, denn dat was Euch `ne Freise, Herr, un weren Euch coups de vent, da macht Ihr Euch, Herr, gar keen Einbildung von. Da musst immer een Mann die Seen drawen aus dem Boot un de annere mit all sin Macht den Timon holden, un sonst was an keen Ding ein Denken an. (DE, 74) Dem Abt entgeht nicht das Etwas, jene Erhöhung unter dem Stoff im Boot, und fragt die Fischer schließlich nach Herkunft und Beschaffenheit ihres nicht zu übersehenden Fundes. Sie antworten: Es ist ein altes Segel, Herr. (GS, 34) Puhr Pipels Stoff [...]. Da kehrt ein Herr gar nich vor. [...] Wat schell da in sin! [...] Puhr Pipels Durft. Da is fresch Water in, Teer ist da in, is Dram in zum Tippeln. (DE, 75) Trotz, oder besser: wegen der unbeholfenen Lüge der Fischer entdeckt der Abt das Kindlein und nimmt sich seiner Geschicke an. Mit dem Geld aus der elterlichen Mitgift sorgt er für verschlossene Münder und gibt einem der Fischer das Kindlein mit folgender Anweisung mit: Heute zur Vesper tritt mit deinem Weib zur Kapelle, zu den Mönchen, und sprich zu ihnen: Dies Kind ist vaterlos, und die seine Mutter ist, darf sich seiner nicht erbarmen. Ruft den Abt, er möge es auf den Namen Gregorius taufen! (GS, 38) Nach der Mittags-hora [bringt] das Knäbchen zu mir ins Kloster [...] und berichtet, es sei euerer Brudertochter Kind, und ihr wollet Elternstatt an ihm vertreten, weil seine Mutter zumeist das Siechbett hütet , ich aber [...] möge ihm die Taufe angedeihen lassen, deren es noch ermangle. Sprecht ordentlich und fein! [...] Sagt nicht: ›Ji schellt den Suckling dopen‹ oder ›bappen‹! (DE, 79) 23 Gregorius verbringt seine ersten Lebensjahre als Fischerkind, seine Jünglingsjahre als Oblatus und Gelehrter im Kloster. Ein handgreiflicher Streit mit seinem Bruder, aus dem er als Sieger hervorgeht, entlockt seiner aufgebrachten (Zieh-)Mutter die Wahrheit über seine Vergangenheit. Seiner vermeintlichen Identität beraubt, bittet er seinen geistlichen Vater, den Abt, auf ein offenes Wort: Vater, [...], peccavi! Welche Weisheit begehrt mein Sohn Gregorius von mir zu wissen, die er nicht selber wüßte? [...] Peccavisti? [... ] In nomine Domini, [...], sprich! Der ich vermeinte zu sein, bin ich nicht, und bin nicht mehr, der ich war. Saget mir, wer bin ich? (GS, 67/68) Ich bin nicht, für den zu halten man mich gelehrt hat. Im Zorn [...] hat meine Amme[...] verkündet, daß ich [...] als als kleines Kind von der Freise gefischt [...] und, credemi! ich werde es niemals wieder hören. (DE, 105/06) Vergeblich versucht der Abt seinen Zögling zu halten, aber es ist zwecklos. Zuletzt gibt er nach, eröffnet Gregorius die ganze Wahrheit über dessen Identität und lässt ihn seiner ritterlichen Wege ziehen. Dieser, von nun an der Ritter vom Fisch, rüstet ein Schiff und fährt aufs Meer hinaus, von wo er einst gekommen ist. Nach einigen Tagen kommt eine Küste in Sicht und er geht an Land. Bei Hanna Stephan geht er schnurstracks zum Rathaus, wo die Pferde der Ritter angebunden stehen. Er tritt ein, stellt sich den Fragen der Ritterschaft: Woher kommt Ihr? Was sucht Ihr? (88) und wird schließlich um seiner Schönheit willen (89) in die Runde aufgenommen. Bei Thomas Mann trifft Grigorß, der Marner (118), auf Herrn Poitewin, den Schultheiß und Maire und Besten seiner quemune (119), der ihn nach kurzer Vorstellung zu einer Collacie nebst gutem Trunk (120) in sein Witwerhaus einlädt. Gregorius hört von der Königin, die sich in einem Minnekrieg befindet. Es gelingt ihm, diese von ihrem Bedränger zu befreien und, da das Land einen starker Beschützer braucht, sie zu heiraten. Es dauert nicht lange, da entdecken die Eheleute, dass sie Mutter und Sohn sind. Gregorius verlässt seine Mutter ein zweites Mal und sucht, abermals seiner Identität beraubt, eine strenge Buße für sein sündiges Dasein. Er trifft auf einen ihm nicht sonderlich wohlgesonnenen Fischer, der ihn mit Vergnügen auf einem einsamen, weit im Wasser gelegenen, kargen Felsen ankettet, auf dem Gregorius viele Jahre verbringt. Auch Hanna Stephan weicht mit Blick auf den modernen Leser von der durch Gott gebenen WasserLabung eines Hartmann ab: Da pulste der Quell aus dem Felsen, lebendiges Wasser in der Dürre, und erquickte ihn. Die Winde zerrieben das Gestein und wehten Staub und Krume über das Meer, und Möwen und Seeschwalben trugen Samen herzu, die den Schoß der Erde fruchtbar machten. Da wuchsen Kern Beere. Die milde Sonne reifte sie mit ihrer Glut, und kein Blitz In der Mitte [...] war im Gestein eine kleine Mulde, darin stand weißes trübliches Naß. [...] Ich vermag euch zu sagen, welche Bewandtnis es damit hatte, denn ich habe die Alten gelesen, bei welchen [...] die Erde sich den Namen[...] magna parens erwarb. [...] So auch der Mensch [...] nicht zufällig homo und humanus heißt, [der] aus dem Muttergrunde des humus ans Licht trat. [...] Denn ihre uteri hätten als Schläuche tief 24 und Feuer zerstörte, was gut war. (GS, 138) hinabgereicht, und [...] milchähnlichen Saft aus der Öffnung der Adern fließen lassen. (DE, 190/91/92) „Die glückhafte Schuld“ sieht drei Männer, Ritter, Kaufmann und Mönch (140), vor, die zunächst getrennt voneinander ausziehen, den reinsten Menschen zu suchen (140), um ihn zu ihrem Herrn und Ersten zu erheben (151). Der Fischer führt sie zu dem Felsen, an den er den Sünder vor Jahren gekettet hat. Dem Magen eines gefangenen Fisches entnehmen sie den Schlüssel, der das Schloß aufschließt (151). Gregorius zieht mit seinen Führern aus der Einsamkeit in das Land der Menschen (153), um deren Leben zu richten und zu ordnen (155). Im Staub der Straße sitzt seine Mutter mit Agape und harrt des Reinen (156). Er löst sie schließlich von ihrer Schuld. „Der Erwählte“ wird von zweien, dem römischen Edlen Sextus Anicius Probus (197) und seinem amicus namens Liberius, Kardinal-Presbyter von Sancta Anastasia sub Palatio (203), von seiner Petra (222) befreit – „Habetis Papam!“ (206). Gregorius wird von Probus und Liberius unter den Laudes (236) des orbis terrarum christianus ( 246) nach Rom geführt, wo er mit der Tiara bekleidet auf der Sedia gestatoria (228) Platz nimmt. Er nutzt die claves regni coelorum (229), um neben vielen anderen auch seine lieb-liebste Mutter (257) von ihrer Sündenlast zu befreien. In diesem raffenden, exemplarischen Textvergleich der zwei Romane entsteht schon nach wenigen Zeilen der Eindruck, Thomas Manns Erzähler Clemens der Ire, habe aliqua secreta dicere (11). „Der Erwählte“ ist durchzogen von lateinischen Phrasen und Einzelwörtern, die allesamt ohne Anmerkung oder sonstige Übersetzungshilfe in den Romantext integriert sind. Wer des Lateinischen mächtig, dem dürfte dies keine größeren Schwierigkeiten bereiten, schon gar nicht wenn ein Wörterbuch zur Hand ist. Doch spätestens bei den altfranzösischen Einschüben – nel poez saver sin gusteras (37) – dürfte nahezu jede Hand- und Hausbibliothek an ihre Grenzen stoßen. Nicht nur im internationalen, sondern auch im sprachlich nationalen Rahmen sucht der Autor offenbar stets nach dem Außergewöhnlichen und integriert neben mittelhochdeutschen Idiomen zudem eine Art „Waterkanten-Platt mit englischen Einschlägen“ 149 . Was verbirgt sich hinter dem Tannewetzel, dem Sprenkelholz, hinter Tätigkeiten wie atzen und schnatzen? – Wörter, die vertraut klingen, aber deren Bedeutung völlig unbekannt ist. Schon vor der Abfassung des „Erwählten“ dürfte Thomas Mann neben Luther und Goethe zu den wortgewaltigsten 150 deutschen Schriftstellern gezählt werden, wenngleich sein Einfluss auf den deutschen Sprachschatz weitaus geringer gewesen sein dürfte. 151 „Ganz allgemein fällt bei Thomas Mann ein Bemühen um Vermeidung des Abgegriffenen auf. Er schafft neue Worte, gebraucht Umlaufendes mit neuem Bedeutungsinhalt, knüpft an Archaisches, Mundartliches und Fremdsprachliches an und macht sich immer neue Sprachquellen fruchtbar“ 152 . Dieser höchst innovative Umgang mit der deutschen Sprache war – auch schon lange vor der Abfassung des „Erwählten“ – immer wieder Streitpunkt 153 unter Zeitgenossen 149 DüD III, S. 395. Duden Bd. 4: Die Grammatik. Mannheim (u.a.) 1995, S. 399, führt ihn als Beispiel für einen überdurchschnittlichen schriftsprachlichen Wortschatz an. 151 Mater, S. 142. 152 Hilscher 1955, S. 65. 153 Zu Rezeption und Rezension vgl. Wisskirchen, Hans: Thomas Mann in der literarischen Kritik, in: Handbuch, S. 912-916. 150 25 und Schriftstellerkollegen Thomas Manns. Er könne „rundheraus nicht schreiben“ 154 , schalt Eduard Engel schon 1928, da „seine Muttersprache ihm die einfachsten Begriffe“ versage. Auch Paul Riesenfelds „Stilprüfung“, etwa dreißig Jahre später, warf kein besseres Bild auf die „gewagten Neubildungen“ und „überaus unangenehmen Wortklitterungen“ des Mann’schen Werks. 155 Im Gegensatz zu den USA 156 , wo „Der Erwählte“ schließlich anerkennend gefeiert wurde, reagierte die deutsche Presse „säuerlich und scheelblickend, ohne Mut zum eigentlichen Verriß“ 157 . Vor allem „die fanatischen Formen des Daseins, die auf Unbedingtheit und Unerbittlichkeit bedachten“ 158 Sprachpuristen, warfen Thomas Mann eine „Verhunzung der deutschen Sprache“ vor, was dieser als „Gipfel komischer Unverschämtheit“ 159 empfand. Er konnte nicht verstehen, wie eine solche Kleinigkeit von „Sprach-Jux“ 160 eine derartige „Versperrtheit und hartnäckige Unempfänglichkeit“161 evozieren konnte. Warum konnten sich nicht alle zusammen mit Hermann Hesse über den Roman vorbehaltlos freuen, „statt dämlich zu mäkeln und zu maulen“ 162 ? Aber letztlich musste er doch eingestehen, dass die „Sprengung der Sprachgrenze eigentlich nicht legitim“ und „die Sprachpossen [...] wohl ein bißchen arg“ 163 waren. 154 Engel, Eduard: Was bleibt? Die Weltliteratur. Leipzig 1928, S. 538. Riesenfeld, Paul: Schreibt Thomas Mann gutes Deutsch? Eine Stilprüfung, in: Muttersprache 65 (1955), S. 218. 156 DüD III, S. 396: So „hat der Book of the Month [Club] den Holy Sinner für September erwählt. […] Die Uebersetzung muß sehr gut sein. [...] Selten wohl hat ein solcher Widerspruch geklafft zwischen Reaktionen auf ein Buch.“ 157 DüD III, S. 388. 158 DüD III, S. 387. 159 DüD III, S. 389. 160 DüD III, S. 391. 161 DüD III, S. 389. 162 DüD III, S. 395. 163 DüD III, S. 392. 155 26 3. Kapitel: Biographische Kontexte 3.1 Thomas Manns Sprachprofil Wenn Thomas Mann Hermann J. Weigand gegenüber „das englische Plattdeutsch der Fischer von der nicht existierenden Insel St. Dunstan [...], wie so manches andere, [s]eine persönliche Erfindung“ 164 nennt, so gibt er damit einen sehr aufschlussreichen Einblick in die Grundprinzipien seiner Spracharbeit, denn damit kann das fremde Sprachelement nicht nur auf die zu sichtende Privatbibliothek Thomas Manns, sondern ebenso auf eine im Laufe eines ganzen Schriftstellerlebens hochkultivierte Sprachkompetenz zurückgeführt werden. Bevor nun im folgenden Kapitel die schriftlichen Quellen Thomas Manns analysiert werden sollen, empfiehlt sich zum Zwecke einer ersten Grundorientierung ebenso der Frage nachzugehen, welche Elemente definitiv nicht auf schriftliche Quellen, sondern auf die Sprachkompetenz des Dichters zurückgeführt werden können. „Keineswegs behaupte ich, dass ich die Sprachen alle beherrsche, aber sie rinnen mir ineinander in meinem Schreiben und werden eins, nämlich Sprache“ 165 , lässt sich Thomas Mann mit mönchischer Stimme vernehmen. Dies lädt quasi dazu ein, die Biographie des Dichters zu fokussieren und gezielt zu fragen: Wann hat er wo welche Sprache wie gut gelernt? Der Rückschluss vom fertigen Kunstprodukt auf die Biographie des Künstlers ist traditioneller (wenngleich nicht immer populärer 166 ) Bestandteil der literaturwissenschaftlichen Interpretation, der sich sogar Thomas Mann selbst manchmal korrigierend erwehren musste: In einem Briefwechsel über den „Erwählten“ stellt er klar: „die Sprachscherze haben mit meinem Exulanten-Schicksal nichts zu tun, jedenfalls doch das Alt-Französisch nicht“ 167 . Kein Wunder eigentlich, denn diese Sprache war weder in der Schule noch an irgendeinem (Wohn-)Ort der Welt zu erlernen. Diesem Gedanken folgend rücken die den Schulkanon bestimmenden Fremdsprachen Griechisch, Latein, Englisch und Französisch sowie die Sprachen und Dialekte, mit denen Thomas Mann an den verschiedenen Schauplätzen seines Lebens (Italien, Frankreich, USA, Lübeck, München, Zürich) konfrontiert wurde, in den Vordergrund, die nachfolgend möglichst in biographisch-chronologischer Reihenfolge abgehandelt werden sollen. Die tägliche Erfahrungswelt des jungen Thomas Manns trug den zeitgemäß verblassenden, aber dennoch deutlich erkennbaren niederdeutschen Stempel des Lübischen. So wird auch der Soziolekt der Senatorenfamilie Mann vom „Silbenfall [des] Platt“ 168 bestimmt gewesen sein, das in späteren Werken Thomas Manns stets die Sprache des Herzens als Kontrapunkt zur 164 DüD III, S. 403. DE, S. 14. 166 Kayser, Wolfgang: Das sprachliche Kunstwerk. Bern 1948, war bis in die späten 1960er Jahre eines der wichtigsten Studienbücher deutscher Germanisten, das nachdrücklich die sog. ‚werkimmanente Interpretation’ propagiert: „Eine Dichtung lebt und entsteht nicht im Abglanz von etwas anderem, sondern als ein sich geschlossenes Gefüge.“ (Vorwort, S. 5). 167 DüD III, S. 395. 168 Mann, Thomas: Gesammelte Werke in 13 Bänden. Frankfurt a.M. 1990, Bd. XI, S. 390. (Sofern im Siglenverzeichnis nicht anders vermerkt, im Folgenden nur Nennung der jeweiligen Band- und Seitenangabe) 165 27 hochdeutschen Verstandessprache markierte. 169 Zudem war das Niederdeutsche in der Familie Mann stets literarisch präsent: So weist Thomas Mann in seinem Lebensabriss darauf hin, dass seine Mutter ihm und seinen Geschwistern gern und häufig aus Fritz Reuters „Ut mine Stromtid“ vorgelesen habe. 170 „Das Mecklenburger Platt nahm sich überraschend genug aus in ihrem exotischen Munde, aber sie beherrschte es besser als irgend jemand im Hause.“ 171 Die Frage aber, ob Thomas Mann ein kompetenter Niederdeutschsprecher war, kann letztlich mangels Quellen nicht hundertprozentig beantwortet werden. Mit Blick auf den allgemeinen Rückgang der Niederdeutschen darf aber vermutet werden, dass er mit fortschreitendem Alter nur sporadisch, floskelhaft, vielleicht nie mehr in niederdeutschem Dialekt kommuniziert hat. Seine Romane zur Beantwortung dieser Frage heranzuziehen, ist in diesem Zusammenhang nicht zulässig – schon gar nicht, wenn es sich wie im „Erwählten“ ausdrücklich um „Sprachscherze“ 172 einer literarisch fingierten Sprache handelt. Nach Beendigung der Grundschule wurde der junge Thomas Mann um Ostern 1889 Schüler des Lübecker Katharineums, der „alten Lateinschule [...], wo ich so wenig Latein und ungezogenerweise auch sonst nichts gelernt habe“ 173 , wie sich Thomas Mann später erinnern sollte. Ein wirklich guter Schüler war er nie und musste sogar eine Klasse wiederholen, was vielleicht auch damit zu tun gehabt haben mag, dass er sich unbewusst stets ein wenig fehl am Platze fühlte. Das Katharineum war ursprünglich ein humanistisches Gymnasium gewesen, dem dann um die Jahrhundertmitte ein realgymnasialer Zweig angegliedert worden war. Thomas Manns Bruder Heinrich hatte, da er studieren sollte, die humanistische Ausbildung genossen, in welcher er neben Latein und Griechisch nur eine moderne Fremdsprache, nämlich Französisch lernte. Thomas Mann hingegen war von Anfang an dazu ausersehen, das väterliche Geschäft zu übernehmen und wurde in Vorbereitung aufs Kaufmännische in den realgymnasialen Zweig eingeschult: Dort lernte er neben Latein zwei moderne Fremdsprachen, nämlich Englisch und Französisch – Griechisch hingegen lernte er nicht. Thomas Mann beherrschte die „tote Sprache“ Latein wahrscheinlich ähnlich leidlich wie alle, die sie einmal in der Schule gelernt und danach nie wieder gebraucht haben. Elementare Restkenntnisse lateinischer Grammatik werden es ihm ermöglicht haben, die Formel der Papstwahlverkündung (habemus Papam) von der ersten in die zweite Person Plural (habetis Papam) zu verlegen, Vokative korrekt zu gebrauchen (amicus – amice!), oder auch etwas komplexere lateinische Satzstrukturen nach seinen Vorstellungen umzubilden. 174 Zudem wird der spätere Kontakt mit der italienischen Sprache einen Teil seines lateinischen Grundwortschatzes über das Schulalter hinaus konserviert haben. Nach Aussage des Autors sind die mittelhochdeutschen Elemente des „Erwählten“ allein auf Quellenarbeit zurückzuführen, denn sie „stammte[n] natürlich von Hartmann direkt“. 175 Diese Darstellung scheint simplifiziert und ist mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten. Zunächst 169 ... sodass der gefühlsstarken mundartlichen Äußerung des alten Johann Buddenbrook „Je, den Düwel ook, ...“ zwangsläufig etwas von bodenständiger Solidität anhaften muss. 170 XI, S. 108. 171 XI, S. 421. 172 DüD III, S. 403. 173 XI, S. 420. 174 Wilhelm, S. 107: „Offensichtlich liegt hier eine [...] raffinierte Vertauschung von iudicia zu indicia vor, ...“. Gemeint: Anima mea laudabit te, ... (DE, S. 220). 175 DüD III, S. 403. 28 ist bekannt, dass Thomas Mann daneben noch andere mittelhochdeutsche Quellen 176 für sich fruchtbar machte. Auch ist nicht ganz auszuschließen, dass Thomas Mann über einen aus Schul- und Studientagen überkommenen mittelhochdeutschen Restwortschatz verfügte: „Thomas Mann dipped into these works again, which must have been familiar to him from his school days“ 177 , mutmaßt Weigand. Definitiv belegbar ist Thomas Manns Teilnahme an „einem Kolleg über Höfische Epik, das der Dichter und Übersetzer aus dem Mittelhochdeutschen Wilhelm Hertz damals am Polytechnikum las“ und das den Dichter nach eigenen Angaben „besonders fesselte“. 178 Damit ist aber auch schon alles über einen von Quellen unabhängigen mittelhochdeutschen Wortschatz Thomas Manns gesagt, der, mit Weigand gesprochen, „not more than skin-deep“ 179 gewesen sein kann. Ebenso in die Schulzeit fällt die erste Berührung mit der Sprache Luthers, Grimmelshausens und Goethes, deren Präsenz in den Altersromanen Thomas Manns enorm zunimmt und hier zu einem zentralen Stilmittel avanciert. Mit Eberhard Hilscher lässt sich zusammenfassen: „Die Josephstetralogie [...] ist der Luthersprache stark verpflichtet.“ Gut „altdeutsch gehalten sind auch, meist in Anlehnung an das Volksbuch vom Doktor Faust (1587) oder an Grimmelshausens Simplicissimus (1668), viele Partien in Adrian Leverkühns Lebensgeschichte. [...] Die Sprache der Goethezeit wird in Lotte in Weimar meisterhaft getroffen.“ 180 Getroffen – das heißt parodiert, teils durch Zitat und Montage auf Grundlage der genannten Quellenwerke 181 , teils aber auch unter Rückgriff auf eine Sprachkompetenz, die über die Jahre der intensiven Beschäftigung mit älteren deutschen Sprachstufen aufgebaut worden ist. 182 Zudem ist davon auszugehen, dass das ältere Deutsch, das Thomas Mann zum „Erwählten“ in sich „heraufholte“, von außen, d.h. durch die gleichzeitige Beschäftigung mit der „Entstehung des Doktor Faustus“ eine Auffrischung erfuhr. Das Sprachenlernen, wie das Lernen generell, ist bekanntermaßen nicht ausschließlich Sache der Veranlagung, sondern auch Identifikationslernen, was bei Thomas Mann durchaus der Fall gewesen sein könnte. So ging der „Schulmuffel“ Thomas Mann mit seinen Lehrern für die modernen Sprachen Englisch und Französisch in der Retrospektive auffallend milde zu Gericht. Den einen lobte er für sein „erstaunlich gutes idiomatisches Englisch“ 183 , dem Französisch-Lehrer bestätigte er, dass er „im stillen von seinen Stunden sehr viel gehabt“ 184 habe, ein dritter soll nach Darstellung Mendelssohns 185 fast ein väterlicher Freund gewesen sein. Damit war der schulische Grundstein gelegt, der Thomas Mann später ermöglichte, sich in der englischen und französischen Welt sprachlich frei zu bewegen. Erstaunlich ist, dass Thomas Mann trotz intensivstem Kontakt mit den fremden Sprachsphären – das Italienische darf hier mit eingeschlossen werden – nie über den Status eines am Pragmatischen orientierten Alltagssprechers hinauskam. Thomas Manns Annäherung an Frankreich, dessen Sprache und Geist, war schrittweise „gleichsam aus einer Blumenzwiebel allmählich herausgewachsen“ 186 und von den Zeichen 176 Siehe weiter Kap. 4.2. Weigand, S. 17. 178 XI, S. 102. 179 Weigand, S. 90. 180 Hilscher 1955, S. 66. 181 Siehe weiter Kap. 8.1. 182 DüD III, S. 198: „»Faustus«, zu dem ich bewußt alles Deutsche in mir heraufgeholt habe.“ 183 Mendelssohn Bd. 1, S. 166. 184 XI, S. 100. 185 Mendelssohn Bd. 1, S. 166. 186 Hoffmann, Fernand: Thomas Mann und Klaus Mann in ihrem Verhältnis zu Frankreich, in: Germanistik (Luxembourg) (1993), 4, S. 69. 177 29 der Zeit nicht völlig unberührt. Das Französische war zunächst nicht mehr als eine Fremdsprache, die Thomas Mann in der Schule lernte, doch offenbar nur ausreichend, wie er selber fand, sodass er um 1896 gegenüber Otto Grautoff bemerkte: „Ich lese augenblicklich ausschließlich französisch, was ich endlich gründlich lernen muß, und ich kenne schon jetzt kaum einen feineren Genuß, als die Lektüre Maupassant’scher Novellen [...], die unübersetzt und unübersetzbar sind. Auch Bourget ist ja im Original etwas ganz Anderes.“ 187 Sein positivesVerhältnis zum Französischen erfuhr mit dem Kriegsausbruch 1914 eine Abkühlung, sodass er sich gegenüber Frankreich einiger polemischer „Gedanken im Kriege“ 188 nicht enthalten konnte. Gut zehn Jahre später war Thomas Mann offizieller Gast verschiedener kultureller Körperschaften der französischen Hauptstadt. Erst jetzt, im Jahre 1926, hat er Frankreich und das Französische „richtig kennengelernt und auch lieben gelernt“, seitdem „kreuz und quer durchreist, und immer wieder Halt in Paris gemacht und [...] sich Frankreich auch denkerisch immer tiefer zu eigen gemacht.“ 189 Im Laufe seiner relativ zahlreichen, wenngleich kurzen Frankreichaufenthalte gewann er eine Vielzahl neuer Kollegen und Freunde wie André Gide oder Jean Cocteau und empfand den Kontakt zu ihnen stets als etwas überaus „Herzerwärmendes. Warum habe ich in keinem anderen Auslande bei ähnlichen Gelegenheiten eine solche Genugtuung gefunden?“ 190 , fragte er sich später in seiner „Pariser Rechenschaft“. Im Gegensatz zur (wieder)gewonnenen Nähe zu Frankreich, seiner Kultur und seinen Menschen, blieb die französische Sprache stets ein „Stiefkind“ des Dichters. Und wenn Thomas Mann gelegentlich in Bezug auf französische Texte von „einem feineren Genuß“ oder von „unvergleichlich Anderem“ spricht, das ihn „stärker gefesselt“ habe als die deutsche Übersetzung, so war dies stets mehr Ziel- und Wunschdenken und nicht ganz der Realität entsprechend. 191 „Französisch konnte er lesen – obwohl nicht zum Vergnügen“, konstatierte Tochter Erika 1966 nüchtern und Katia Mann könnte ergänzen: „Er hatte kein starkes Verhältnis zur französischen Literatur, hat es auch nur sehr mühsam und nicht viel gelesen.“ 192 In der Tat waren Maupassants Novellen eines der wenigen französischen Werke, die er, wie er in einem späten Brief an Louis Leibrich bekannte, zuerst „im Original gelesen“ hat – „sonst alles Übersetzungen“. 193 Nur wenn er von der Übersetzung sehr stark beeindruckt war, griff er gelegentlich zum französischen Original. 194 Ähnlich wie beim Mittelhochdeutschen brauchte er also beide, das Original wie die Übersetzung, um sich hinreichend in die fremde Sprache einfühlen zu können. Und vergleichbar mit den „klippschülerhaften 187 Mann, Thomas: Briefe an Otto Grautoff 1894-1901 und Ida Boy-Ed 1903-1928, hrsg. von Peter de Mendelssohn. Frankfurt a.M. 1975, S. 62. 188 XIII. 189 Hoffmann, S. 67. 190 XI, S. 43. 191 Zit. nach Koppen, Erwin: „Quest’ idioma celeste …“. Thomas Manns Rezeption der italienischen Sprache, in: Arcadia. Zeitschrift für vergleichende Literaturwissenschaft 1 (1966), S. 194, Anm. 8a.: Brief Erika Manns an den Verfasser vom 28.04.1966: 192 Mann, Katia: Meine ungeschriebenen Memoiren. Frankfurt a.M. 1974, S. 36. 193 DüD I, S. 169. 194 „Ich war früher einmal durch ‹L’annonce faite à Marie›, das ich zuerst in seiner deutschen Übersetzung gelesen habe, sehr beeindruckt. Die Wirkung auf mich war so stark, daß ich mir sofort eine Originalausgabe kommen ließ, und ich war noch stärker gefesselt“, in: Frage und Antwort. Interviews mit Thomas Mann 19091955, hrsg. von Volkmar Hansen und Gert Heine. Hamburg 1983, S. 323. 30 Fragen“ 195 an Samuel Singer, das Altfranzösische betreffend, hat er sich auch in neufranzösischen „Zweifelsfragen“ an einen Fachmann wenden müssen: „Wie heißt hier oben?“ Kann man sagen Ici haut, oder Ici en haut?“ 196 , erfragte er am 21. Dezember 1921 von Joseph Chapira. Im Rahmen der Arbeiten zum „Erwählten“ diente das Neufranzösische häufig als eine Art Entwurfsprache, die eine gewisse Annäherung an die Zielsprache Altfranzösisch ermöglichte. 197 Offenbar war es beim bloßen Vorsatz des Lernens geblieben, sodass „das Französische“ für Thomas Mann „immer einige kokette Geheimnisse“ 198 in sich barg. Thomas Manns Sprache war das bleierne Deutsch eines Franz Kafka. Und alles, was dem nicht entsprach, sah er entweder mit den Augen des Pragmatikers, der sich verständigen können muss, oder denen des Jägers: Seine Art zu lesen sei eine ausbeutende, hatte Thomas Mann einmal in Bezug auf seine Quellenlektüre gesagt. Er sei es gewohnt, sich die Erscheinungen nutzbar zu machen, ohne auf ihre Qualität sonderlich Acht zu haben. 199 Dies lässt sich auch auf die fremden Idiome übertragen, mit denen Thomas Mann im Laufe seines Lebens in Berührung kam: Seine passive Sprachkompetenz diente dem Dichter als eine Art ungeschriebene, nichtliterarische und individuelle Quelle, auf die er nicht nur während der Arbeiten zum „Erwählten“ regelmäßig zurückgriff. Die Ästhetik einer fremden Sprache sowie das sozialintegrative Moment ihrer perfekten Beherrschung erschienen ihm von diesem Standpunkt eher zweitrangig. So kann es kaum verwundern, dass Thomas Mann zwei Mundarten, mit denen er in Berührung kam, nie aktiv erlernte: das Bairische und das Schweizerdeutsch. Im Falle des Bairischen mag es damit zu tun gehabt haben, dass es ihn in München kaum länger als zwei Jahre hielt. Hier wurde er im April 1894 nach Abschluss der Schule als Volontär bei der Süddeutschen Feuerversicherungsbank angestellt. Bald änderte er seine Pläne zugunsten einer Gasthörerschaft an der Technischen Hochschule München mit dem Ziel, Journalist zu werden. Schon im Juli 1895 kehrte er München für drei Monate den Rücken und unternahm seine erste Italienreise, um ein Jahr darauf München für immer zu verlassen. Die Zeit, die Thomas Mann in der Schweiz verbrachte, war indes ungleich länger: Von 1933 bis 1938 verlebte er hier das erste Drittel seiner Exiljahre, den Rest in Amerika, ehe es ihn zurück in die Schweiz zog, um hier die letzten drei Jahre seines Lebens zu verbringen. Gerade für die Zeit der dreißiger Jahre, als die Mundart zunehmend als Politikum gegen das NaziDeutsch galt, muss es doch stark wundernehmen, dass der „Exulant“200 Thomas Mann nicht den geringsten Versuch unternahm, sich aktiv der Schweizer Mundart anzunähern. „Den Hochdeutschen begegnete man tendenziell reserviert, ja feindlich, und man erwartete von Emigranten, dass sie versuchten, es abzulegen“ 201 , was Thomas Mann aber ignorierte. Er sprach kein Schweizerdeutsch und verstand es auch kaum. Die wenigen Spuren des Schweizer Dialekts erstreckten sich auf den alltäglichen Gebrauch der so typischen Diminutiva auf -li 202 195 DüD III, S. 355. DüD I, S. 466. 197 DüD III, S. 353: „Wie lautete Gott zum Gruß oder auch Nos (mes) compliments?“ 198 Mann, Thomas: Briefe 1889-1936, hrsg. von Erika Mann. Frankfurt a.M. 1961, S. 289. 199 Zit nach Wysling 1967, S. 343, Anm. 7. (Die Herkunft dieses Zitats konnte leider nicht ermittelt werden!) 200 DüD III, S. 395. Thomas Mann spricht hier von seinem „Exulanten-Schicksal“. 201 Sprecher, Thomas: Thomas Mann in Zürich. München 1992, S. 123. 202 Diese Gewohnheit wurde später sogar auf das englische Idiom der USA übertragen: „Im Familienjargon, in dem man sich pseudohelvetischer Wendungen bediente [wurden Farbige] Dunklis genannt, mit mäßigem Witz, der eine Anleihe bei dem amerikanischen Slang-Begriff darkies war“, so Harpprecht, Klaus: Thomas Mann. Eine Biographie. Reinbek 1995, S. 1268. 196 31 sowie einige wenige Spuren in seinem literarischen Werk. 203 Mit Ausdrücken wie Haber oder Wank darf auch „Der Erwählte“ hinzugerechnet werden, wobei im Falle von Haber eine eindeutige Zuordnung, ob es nun schweizerdeutsch oder bairisch sei, nicht gelingen kann, da es sich um benachbarte Sprachkulturen handelt. Während seiner Italienaufenthalte 1895 und 1896 bis 1898 erwarb sich Thomas Mann Italienischkenntnisse, die, wie nicht anders zu erwarten, vornehmlich dem Zwecke der Verständigung dienten. Hier sah er sich gezwungen, die fremde Sprache zu lernen, da man ihn im Gegensatz zur Schweiz oder Bayern sonst gar nicht verstanden hätte. Doch legte er dieses Werkzeug in dem Moment beiseite, als er es nicht mehr brauchte. Er habe im Alter von zwanzig Jahren das Italienische so gut gesprochen, wie jetzt im Alter das Englische. Obwohl er jetzt nicht mehr italienisch sprechen könne, bereite ihm die Lektüre keine größeren Schwierigkeiten, so Thomas Mann in einem auf Italienisch (!) geschriebenen Brief an Enzo Paci vom 15. November 1950 204 . Erika Mann sieht das Verhältnis ihres Vaters zur italienischen Sprache etwas kritischer: „Mein Vater sprach nicht italienisch. Er sprach einige Worte, die er vorzüglich und accentlos aussprach, weil er überhaupt ein großer Schauspieler war, aber Italienisch konnte er nicht. [...] Italienische Literatur las er übersetzt. Bei italienischen Einschüben in sein Werk ließ er sich beraten.“ 205 Der Exil-Aufenthalt in den USA von 1938 bis 1952 stellt definitiv den längsten und prägendsten fremdsprachigen Kontakt im Leben Thomas Manns dar. 206 Als Gymnasiast hatte er ein wenig Englisch in der Schule gelernt, das er aber zunächst nicht als ausreichend betrachtete, um sich angemessen ausdrücken zu können. So hatte er z.B. in den 1920er Jahren nebenbei als Deutschland-Korrespondent der amerikanischen Zeitung Dial Press gearbeitet. Er schrieb deutsch und auch der schriftliche Kontakt zu seiner Übersetzerin bei der Dial Press, Helen Lowe-Porter, fand in deutscher Sprache statt, sodass kaum ein sprachlicher Lerneffekt zu erwarten war. Im Rahmen eines Kurzaufenthaltes 1937 galt es, eine Vorlesung über Goethes Werdegang zu halten, und zwar in englischer Sprache. Eine Herausforderung, die einer intensiven Vorbereitung bedurfte: Er nahm Unterricht bei einem Zürcher Englischsprecher/-lehrer und machte intensive Ausspracheübungen, allerdings mit nur mäßigem Erfolg. 207 So vertraute er seinem Tagebuch später an, während der Atlantiküberfahrt in einem Gespräch mit Aldous Huxley Konversationsschwierigkeiten gehabt zu haben. 208 Oder es widerfuhr ihm, dass er seinen Verleger creature nannte, obgleich er ihn gehobenen Tones als creator hatte feiern wollen. 209 Spätestens nach der endgültigen Übersiedlung in die USA im Jahre 1938 sah sich Thomas Mann gezwungen, ernsthaft an seinen Englischkenntnissen zu arbeiten. Konträr zu seinen eher beschränkten Fähigkeiten, für die er 203 Einige Beispiele liefert Sprecher 1992, S. 124. Mann, Thomas: Lettere a Italiani, hrsg. von Lavinia Mazzucchetti (=Biblioteca delle silerchie, Bd. 89). Milano 1962, S. 85: „In veritá non parlo più la Sua lingua (a vent’anni la parlavo altrettanto bene, o altrettanto male, di come oggi parlo l’inglese): ma non mi riesce difficile leggere l’italiano – specialmente quando si tratta di cose che mi riguardano.“ 205 Zit. nach Koppen, S. 194: Brief Erika Manns an den Verfasser vom 28.04.1966. 206 Der folgende Abschnitt orientiert sich hauptsächlich an Stuart Fergusons: Language assimilation and crosslinguistic influence. A study of German exile writers (=Tübinger Beiträge zur Linguistik, Bd. 429). Tübingen 1997, das sich auf den S. 65-69 mit Thomas Mann beschäftigt. 207 TB vom 05.07.1937. 208 TB vom 07.03.1938. 209 Harpprecht, S. 810f. 204 32 sein fortgeschrittenes Alter 210 verantwortlich machte, fand er sich angespornt durch den Wunsch, „to represent the other Germany, consisting of pre-National-Socialist traditions and exiled figureheads“ 211 . In diesem Kontext ist vielleicht zu verstehen, dass der Dichter trotz Sprachbarriere Ende 1938 eine Professur für Humanwissenschaften in Princeton annahm. Die damit verbundenen Vorlesungen wurden auf Deutsch vorgeschrieben, mit Hilfe von Tochter Erika ins Englische übersetzt und am Ende eines geduldvollen Feilens an der Aussprache stand eine einigermaßen passable Lesung. Bei öffentlichen Lesungen fungierte Erika Mann zusätzlich als Vermittlerin zwischen dem nach amerikanischer Manier fragenden Publikum und ihrem nicht immer verstehenden Vater. Manchmal ging es sogar soweit, dass sie „in genial-burschikoser Weise das sagte, was eigentlich Thomas Mann hätte sagen sollen“ 212 , d.h. sie sprach nicht nur, sie dachte gelegentlich auch für ihn. Das mag für den Moment große kommunikative Vorteile gehabt haben, auf Dauer allerdings hemmte ihre überaus dominante Rolle als Vermittlerin den sprachlichen Fortschritt ihres Vaters. Und dennoch, „er hatte Fortschritte im Umgang mit dem fremden Idiom gemacht, doch manche seiner Zuhörer merkten an, daß es nicht leicht sei, den Sinn seiner Rede hinter dem starken deutschen Akzent aufzuspüren.“ 213 Nicht nur bei öffentlichen Auftritten, auch an den Arbeitsgewohnheiten am heimischen Schreibtisch ließ sich zunehmende Souveränität und Autonomie im Umgang mit der anfangs so fremden Sprache feststellen. Zunächst war es seine Sekretärin, die deutsche Manuskripte oder Diktate ins Englische übersetzte. Später war er dann selbst in der Lage, einfache englische Texte zu schreiben, später sogar zu diktieren. Und schließlich begann er, seine Texte von vornherein in Englisch zu verfassen und seine so überaus produktiven Morgenstunden, die in der Regel dem kreativen Schreiben galten, ganz der englischen Sprache hinzugeben. Den letzten großen Schritt seiner sprachlichen Assimilation tat er notgedrungen, als bei Kriegsausbruch 1939 einige Mitglieder seiner Familie und seines weiteren deutschen Umfeldes sich weigerten, fortan in deutscher Sprache zu kommunizieren. So sah sich Thomas Mann bald vollständig vom Englischen umgeben und konnte kaum verhindern, dass sich englische Wörter in seine deutschen Sätze einschlichen.214 Seine Tagebuchaufzeichnungen zeugen mit Chokolade 215 oder Ceremonie 216 zudem von einer orthografischen Annäherung ans Englische. Der definitiv bemerkenswerteste Indikator für Thomas Manns sprachliche Assimilation war wohl, dass er nach seiner Operation an der Brust, als er wieder zu Bewusstsein kam, als erstes englisch sprach. 217 Trotz einer Vielzahl englischsprachiger Aktivitäten wie Lesungen, Rundfunkansprachen, Briefkorrespondenzen war er aber bis zuletzt nicht wirklich zufrieden mit seinen Englischkenntnissen. Noch in der Entstehungszeit des „Erwählten“ bedauerte er: „Wäre ich nur in die angelsächsische Kultur hineingeboren! Ich wollte Euch ein Englisch schreiben.“ 218 Auf die Frage eines Interviewers, ob er James Joyce gelesen habe, antwortete Thomas Mann: 210 TB vom 11.10.1938. Ferguson, S. 69. 212 Koopmann, Helmut: Exil als geistige Lebensform. Verdeckte Spuren der Emigrationserfahrung bei Thomas Mann, in: Heinrich-Mann-Jahrbuch 13 (1995), S. 84. 213 Harpprecht, S. 1047. 214 TB vom 09.12.1942: „Frucht-cups“;TB vom 11.12.1942: „bed-tea“; TB vom 17.12.1942: „Joseph-lecture“; TB vom 29.12.1942: „education Deutschlands“; TB vom 30.12.1942: „and so on“. 215 TB vom 07.01.1952. 216 TB vom 01.01.1948. 217 Entst., S. 261. 218 Thomas Mann – Agnes E. Meyer: Briefwechsel 1937 – 1955, hrsg. von Hans R. Vaget. Frankfurt 1992, Brief vom 23.12.1948, S. 717. 211 33 „too difficult for me“ 219 . „Da der direkte Zugang zu dem Sprachwerk des Iren mir verschlossen ist, bin ich [...] auf kritische Vermittlung angewiesen.“ 220 Tonbandaufnahmen weisen nach Kaung-Eun Choi darauf hin, dass Thomas Mann zumindest ein recht effektvoller Vorleser gewesen sein muss 221 , was Tochter Erika mit ihrem Urteil „guter Schauspieler“ bestätigt und was auf manch anderen Exildeutschen sehr souverän gewirkt haben muss: „Er spricht alle Sprachen, die er braucht – der Wunschtraum eines jeden Emigranten. [...] Er erlebt, wenn man so will, seinen Identitätsverlust geradezu als Befreiung und Triumph, und in außerordentlicher Zungenfertigkeit bestätigt er, in welchem Ausmaße er glücklich ist [...]. Ein Kosmopolit, wie er im Buche steht.“ 222 Die private Perspektive ließ die Familie Mann jedoch entschieden kritischer urteilen: Auch später noch sah Katia Mann die freie Rede als „the most difficult part of her husbands public appearence“ 223 , und Klaus Mann will sogar eine „Distanciertheit“ und „misstrauische Gereiztheit“ bei seinem Vater beobachtet haben, immer „wenn die Unterhaltung [in] englisch geführt werden muss[te]“. 224 Die freie Rede im Rahmen einer gelehrten Konversation war der letzte Schritt der sprachlichen Assimilation, der Thomas Mann offenbar zeit seines Lebens nicht gelingen wollte. Und so zog es ihn aller beruflichen Erfolge und gesellschaftlicher Anerkennung 225 zum Trotze in die Schweiz, um in seiner „eigenen, eigentlichen, in der deutschen Sprachsphäre sein Leben zu beschließen [zur] Rundung und Berichtigung seiner Existenz“ 226 . „Wie es sich bei vielen Schriftstellern verhält, die aufs intensivste mit der eigenen Sprache leben, war sein Talent für fremde Idiome eher dürftig“ 227 , resümiert Harpprecht. Zwar verfügte Thomas Mann über teilweise recht fundierte Kenntnisse verschiedener Sprachen und Dialekte, setzte diese aber nur da zur mündlichen Kommunikation ein, wo es unumgänglich war. Er hatte wenig Freude daran, den fremden Sprachkode zu erforschen und im fremden Idiom bloß um des Kommunizierens willen zu kommunizieren. Wenn sich alternativ die Möglichkeit bot, (Hoch)Deutsch zu sprechen, so ergriff er diese sofort, und zwar aus dem Gefühl heraus, im engen Korsett der fremden Sprache im geistigen Ausdruck weit hinter seinen Möglichkeiten zurückzubleiben. In diesem Lichte steht auch seine Äußerung „Princeton [...] ist sehr hübsch. Aber ich fürchte mich ein wenig vor der Gelehrten-Atmosphäre, und das Movie-Gesindel (Hollywood) ist mir im Grunde lieber“ 228 , denn eine tiefgeistige Konversation war mit dem „Movie-Gesindel“ eher die Ausnahme, und so konnte das Gefühl von Unterlegenheit 229 gar nicht erst entstehen. Hatte er die Lesekompetenz einmal erworben, so erhielt er sie sich, wo sie ihm literarisch dienlich war. In Zweifelsfragen aber musste er sich, wie deutlich geworden ist, beraten lassen. Auch 219 Neider, C. (Interviewer), The New York Times, 11.06.1950 (zitiert nach Cerf, Steven: Thomas Mann und die englische Literatur, in: Handbuch, S. 238.) 220 Entst., S. 205. 221 Choi, S. 50. 222 Döblin, Alfred: Autobiographische Schriften und letzte Aufzeichnungen, hrsg. von Edgar Pässler. Freiburg i.Br. 1977, S. 116. 223 Ferguson, S. 66. 224 Mann, Klaus: Tagebücher 1940 bis 1943, hrsg. von Joachim Heimannsberg (u.a.). München 1991, S. 58. 225 Schon vor seiner Übersiedlung in die USA war ihm der Ehrendoktor der Harvard-Universität verliehen worden. Kurz vor seiner Rückkehr in die Schweiz trug man ihm die Ehrenmitgliedschaft in der „Academy of Arts and Letters“ an. 226 Sprecher, Thomas: Thomas Mann und die Schweiz, in: Handbuch, S. 90. 227 Harpprecht, S. 808. 228 Mann, Klaus: Briefe und Antworten 1922-1949, hrsg. von Martin Gregor-Dellin. München 1987, S. 351. 229 Mann, Klaus: Tagebücher 1940-1943, S. 58: „Grosse Verstimmung [des] Zauberers, der sich rätselhaft erniedrigt fühlt, weil ihm auf Englisch nichts einfällt.“ 34 fremdsprachliche Briefkorrespondenzen fanden statt, lange nachdem die Mündlichkeit versiegt war, wie der 1950 entstandene Brief an Enzo Paci belegt. Zwei Jahre später stand offenbar kurzzeitig zur Debatte, den neuen Wohnsitz im italienischsprachigen Teil der Schweiz, im Tessin zu wählen, da für den Gesundheitszustand seiner Frau Katia der Süden wohl günstiger gewesen wäre, was bedeutet hätte, auf seine Italienischkenntnisse zurückzugreifen, aber seine lebenslang präsente „quälende Scheu vor dem fremden Sprachbereich“ 230 hinderten ihn daran. 3.2 (Sprachliche) Entstehungsgeschichte des „Erwählten“ Bereits zwei Jahre nach Erscheinen des „Doktor Faustus“ veröffentlichte Thomas Mann den Bericht „Die Entstehung des Doktor Faustus. Roman eines Romans“. Hierin schildert er die Lebensumstände und die politische Situation, in der der „Doktor Faustus“ entstand, kommentiert das Buch und geht u.a. auf die Quellen ein, die er benutzte oder die ihn anregten. Zu diesem Zwecke holte er noch einmal seine zum „Faustus“ gehörigen Arbeitsmaterialien hervor und durchforstete sie nach zweckdienlichen Informationen. Eine Entstehungsgeschichte des Nachfolgeromans „Der Erwählte“ ist von Thomas Mann nie angedacht worden und ist aufgrund der langjährigen Unzugänglichkeit aller dazugehörigen Selbstzeugnisse, Notizen und Quellen bislang auch noch nicht versucht worden. Nun, da Tagebücher und Briefe geöffnet und ediert sind, ist es möglich, die Lebenssituation und das damit verbundene Arbeitsklima auszuleuchten, in dem „Der Erwählte“ entstand. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf den Quellen und der Spracharbeit des Dichters, um die Grundund Rahmeninformationen bereitzustellen, auf die im nachfolgenden Quellenkapitel zurückgegriffen werden soll. Die „erste Berührung mit der Gregorius-Legende fiel“, nach Auskunft Thomas Manns, „in die Zeit der Arbeit am Doktor Faustus“, als er „in dem alten Buch Gesta Romanorum“ las. „Die knappe primitive Form der Gesta“ versprach „große erzählerische Möglichkeiten“, die den Dichter „zur Nachbildung verlockt[en ]“. 231 Das war am 25. Oktober 1945 232 . Von da an ließ ihn der Gedanke nicht mehr los, den Legendenstoff dem Helden des Romans wegzunehmen „und selber etwas daraus zu machen“ 233 . Bis dahin sollten zwar noch fast drei Jahre vergehen, aber der Grundstein war damit gelegt. Auf seiner ersten Europareise nach dem Krieg, im Sommer 1947, erhielt Thomas Mann erste visuelle Anregungen: So besuchte er z.B. bei einem Ausflug nach St. Gallen „die herrliche Stiftsbibliothek“ 234 , in der er später Clemens den Iren schreiben und erzählen lassen wird. Etwa einen Monat später war er zu „Kaffee und Kirsch“ auf der Burg des Professors von Salis, gelegen im Aargauer Brunegg, zu Gast. Die „romantische Behausung [mit] Rüstungen, merkwürdigen alten Möbeln, Öfen [und] Ahnenbildern“ 235 schien einen derartig nachhaltigen Eindruck bei Thomas Mann hinterlassen zu haben, dass er sich in seinen sonst so kurz gehaltenen Tagebuchaufzeichnungen zu dieser ungewöhnlich detailgetreuen Beschreibung der 230 TB vom 25.09.1952. AN, S. 687. 232 TB von 25.10.1945: Hier ist die Rede von einer Geschichte, die er seinem Protagonisten Leverkühn „am liebsten wegnähme, um selbst eine merkwürdige Novelle daraus zu machen“. 233 AN, S. 687. 234 TB vom 13.07.1947. 235 TB vom 04.08.1947. 231 35 Örtlichkeit hinreißen ließ. Darüber hinaus finden sich in seinem Nachlass die Bilder zweier Burgszenen 236 , die mit hoher Wahrscheinlichkeit als Vorlage für das Chastel Belrapeire dienten. Dieses und noch weitere „Hilfsbilder zum Gregorius“ 237 finden sich im Nachlass Thomas Manns, wie z.B. das Bildnis einer betenden Frau 238 als Beschreibungsgrundlage für Sibylla, eine für den Klosterschüler 239 , eine für den sehr großen Papst 240 und einige für Schlüsselszenen der Handlung. Dass „Thomas Mann seine Beschreibungen selten aus der Phantasie geschöpft“ hat, gehört nach Makoschey „schon seit langem zum Gemeingut der Forschung“ 241 . Gerade der Ausdruck ‚Hilfsbilder’ legt die Vermutung nahe, dass diese Gattung von Material immer dann zum Einsatz kam, wenn ihn der kreative Geist verlassen hatte. 242 „Der Erwählte“, der zunächst noch „Der Begnadete“ 243 hieß, begann immer mehr Raum im Denken und Schaffen Thomas Manns einzunehmen. Um diese Zeit muss es zu der Zusammenkunft 244 mit dem Schweizer Germanisten Samuel Singer gekommen sein, den Thomas Mann um Hilfe bei eventuell auftretenden Problemen bei der sprachlichen Realisierung des „Erwählten“ bat. Gerade das Fremde und zeitlich Ferne der Sprache übte einen ungeheuren Reiz auf Thomas Mann aus, stellte aber zugleich für ihn eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit dar, wie im weiteren Verlauf noch des Öfteren ersichtlich sein wird. Von daher muss der Kontakt zum Germanisten Singer als eine Art Rückversicherung gewertet werden und ist zugleich Beleg dafür, dass Thomas Mann zu Anfang seiner Planungen keine genaue Vorstellung davon hatte, wie hoch die sprachlichen Hürden realiter werden sollten. Auf der Schiffsreise zurück in die USA begann er, in „Wolframs »Parzival« zu lesen, der viel Atmosphäre und Detail bietet“ 245 . Schon hier umging er den mittelhochdeutschen Originaltext zugunsten einer neuhochdeutschen Übersetzung. Am folgenden Tag hatte sich scheinbar schon soviel Interessantes gefunden, dass er beschloss, „Excerpte aus Büchern über das Mittelalter, Namen und Wörter“ 246 anzufertigen. Bis kurz nach seiner Rückkehr am 15. September 1948 247 las er immer wieder in Karl Panniers „Parzival“-Übertragung, doch gab es für ihn nach seiner Heimkehr so „viel zu ordnen“ 248 , dass er den „Parzival“ beiseite legte und die gerade erst begonnenen Vorstudien wieder abbrach. Er beschäftigte sich mit der „Organisation von Briefen“ 249 , „las einiges Goethe’sche“ 250 in Hinsicht auf die Einleitung zur Goethe-Auswahl und fühlte sich als gerade Heimgekehrter „müde und überreizt“ 251 . 236 Mat. 7, 27 u. 35. TB vom 05.04.1948; ähnlich auch TB vom 07.06.1948: „Betrachtung von Bildern“. 238 Mat. 7,19. 239 Mat. 7,20, mit hs. Notiz „Grigorss“. 240 Mat. 7,21; vgl. weiter Gregorovius Bd. 2, Abb. neben S. 496, mit hs. Notiz „Rote Mozzetta“. 241 Makoschey, S. 221. 242 Vgl. weiter Wysling, Hans (Hrsg.): Bild und Text bei Thomas Mann. Bern und München 1975, S. 406-427, 437f. 243 TB vom 03.08.1947. 244 DüD III, S. 349, Anm. 8. 245 TB vom 06.09.1947. 246 TB vom 07.09.1947. 247 Nach TB erfolgte die vorerst letzte „Parzival“-Lektüre am 16.09.1947. 248 TB vom 15.09.1947. 249 TB vom 15.09.1947. 250 TB vom 19.09.1947. 251 TB vom 27.09.1947, ähnlich: TB vom 29.09.1947: „unbehaglicher Müßiggang“; TB vom 02.10.1947: „fühlte mich schlecht“; TB vom 06.10.1947: „bedrückende geistige Trägheit und Müdigkeit“. 237 36 „Der Zustand, unter dem ich leide, hängt zusammen 1.) mit Abspannung und Wiederakklimatisation nach der Reise, 2.) mit der Spannung unmittelbar vor Erscheinen des tief greifenden Romans [Doktor Faustus]“ 252 , konstatierte er am 7. Oktober 1947 in seinem Tagebuch. Er fiel also in jenes große Loch, in das alle Heimkehrer fallen, wenn sie sich nach langer Zeit der Abwesenheit wieder mit der Enge des heimischen Alltags arrangieren müssen. Zudem kreisten seine Gedanken um die Zukunft des gerade bereisten Europas, die, angesichts der anstehenden Teilung Deutschlands, in „Zweifeln wegen meiner Tätigkeit“253 gipfelten. Die Veröffentlichung des „Doktor Faustus“ und die damit verbundenen Publikumsreaktionen lähmten ihn bis zur „Unfähigkeit, die Goethe-Vorrede in Angriff zu nehmen“ 254 . Thomas Manns mentale Verfassung besserte sich erst nach Erscheinen des Romans im Rahmen der Stockholmer Gesamtausgabe am 17. Oktober 1947. Erst nachdem die ersten Schweizer Besprechungen „very favourable, very warm and partly enthusiastic“ 255 ausgefallen waren, hatte Thomas Mann den Kopf wieder frei. Er nahm eine „Reduzierung der Schlafmittel ohne Nachteil für die Ruhe“ vor und schrieb noch am selben Tag „zur zweiten Seite“.256 In den folgenden Tagen und Wochen schrieb er (fast) täglich an der Goethe-Vorrede und fand nun auch die Kraft für neue geistig-literarische Unternehmungen. Nach fast siebenwöchiger Abstinenz erfuhren die Vorabreiten zum „Erwählten“ eine erste vorsichtige Wiederaufnahme: Anfang November nahm er erneut Kontakt mit Professor Singer in Bern auf, indem er sich des „liebenswürdigen Angebots [...], mit historischem Material oder Hinweisen auf solches zur Hand zu gehen“ 257 , nochmals vergewisserte. Schon zwei Tage nach Abschluss der Goethe-Vorrede am 19. Dezember nahm er die eingangs erwähnten „Gesta Romanorum“ wieder hervor und läutete am 21. Dezember 1947 die erneute „Annäherung an den Erwählten“ 258 ein. Von nun an beschäftigte er sich beinahe täglich mit den Vorarbeiten zum „Erwählten“: Er verfasste „vorarbeitsmäßig“ 259 einen weiteren Brief an Samuel Singer, beschäftigte sich mit Hartmanns von Aue mittelhochdeutschem Original 260 , forschte in Wilhelm „Scherers deutscher Literaturgeschichte über das Anfängliche“ 261 und machte sich „Exzerpte u. Notizen zum Gregorius“ 262 . Nach etwa vier Wochen war das „Aneignungsgeschäft“ 263 weitgehend abgeschlossen und schon drei Tage darauf „schrieb [er] einige Zeilen des Anfangs der Legende, versuchend“ 264 . Doch kam er über bloße Versuche vorerst nicht hinaus. Seine Ideen waren nach eigenen Angaben nur vage 265 und die sprachlichen Schwierigkeiten stellten sich schneller ein, als anfänglich geglaubt: Thomas Mann hatte zunächst versucht, sich das mittelhochdeutsche Original des „Gregorius“ unter Zuhilfenahme eines mittelhochdeutsch-neuhochdeutschen Wörterbuchs zu erschließen, stieß dabei allerdings sehr bald auf Verständnisprobleme. Daraufhin versuchte er einige Zeit 252 TB vom 07.10.1947. TB vom 16.12.1947. 254 TB vom 01.10.1947. 255 DüD III, S. 104. 256 TB vom 17.10.1947. 257 DüD III, S. 349. 258 TB vom 21.12.1947. 259 TB vom 22.12.1947. 260 TB vom 24.12.1947. 261 TB vom 26.12.1947. 262 TB vom 27.12.1947. 263 XI, S. 163. 264 TB vom 21.01.1948. 265 TB vom 12.01.1948. 253 37 vergeblich, sich vor Ort in den USA eine neuhochdeutsche Übersetzung des Textes zu besorgen. Als nun selbst „die Library of Congress, die [sonst] alles hat“ 266 , mit keiner Übersetzung dienen konnte, wandte sich Thomas Mann an Samuel Singer: „Es [ist] mir von Wichtigkeit, das Gedicht [gemeint: Gregorius] zu lesen, und zwar auf hochdeutsch, denn im Mittelhochdeutschen bleibt mir doch vieles dunkel. Können Sie mir helfen?“ 267 In einem im TMA befindlichen, unedierten Brief antwortet dieser: „Was den Hartmann’schen Gregorius anbelangt, so habe ich die Übersetzung natürlich nicht. [Sie ist] unbrauchbar, da wesentliche Teile des Gedichts erst später gefunden wurden“. [...] „Ich habe deswegen den Anfang des Gedichts für Sie in schlichte Prosa möglichst wörtlich übersetzt [...] und frage sie an, [...] ob ich fortfahren soll“ 268 Das war mehr, als Thomas Mann erwartet hatte. Begeistert lobte er die „vorzügliche“ Übersetzung, die ihm den „leichten Schleier“ 269 von Hartmanns Werk nehme, und bat um eine Fortsetzung der Übersetzungsarbeit, aber nur, wenn „es Ihnen selbst Spaß macht“ 270 . Offenbar war Samuel Singer ab einem gewissen Zeitpunkt sogar soweit in die Arbeit Thomas Manns involviert, dass es ihm möglich war, in den Entstehungsprozess aktiv einzugreifen, indem er von sich aus Vorschläge einbrachte: „Auch passen mir die Namen nicht recht. Ich schlage Ihnen folgende Namen vor [...]: Wiligis, Patafrid, Romuald ...“. 271 In der Folgezeit trafen noch drei weitere Lieferungen 272 der Übersetzung ein, die die Assistentin Marga Bauer offenbar unter ständiger Konsultation Samuel Singers angefertigt hatte. Zu all den Startschwierigkeiten mit dem „Erwählten“ traten noch zwei außerliterarische „Sorgenkinder“ hinzu: „K[atia] und Erika bei ihren Ärzten. Wenig erfreulicher Befund bei E. [...]. Sorge“ 273 , notierte Thomas Mann Ende Januar in sein Tagebuch. Parallel dazu galt es, mit der Abfassung des „Joseph“-Vorwort „Sechzehn Jahre“ voranzukommen. Nach zwei Wochen konzentrierter Arbeit 274 und der Stabilisierung von Erikas Gesundheitszustand 275 konnte Thomas Mann die Arbeiten am „Erwählten“ wieder aufnehmen. Dabei setzte er entschlossen an seiner schwächsten Stelle an – beim Mittelhochdeutschen. „Jetzt lese ich viel Mittelhochdeutsch (Hartmann von Aue), mit Wörterbuch“ 276 , schrieb Thomas Mann triumphierend an seine langjährige Brieffreundin Agnes E. Meyer. Glücklicherweise war einige Tage zuvor der erste Teil von Samuel Singers Prosa-Übersetzung eingetroffen, ohne die dieser Triumph vielleicht gar nicht möglich gewesen wäre. 266 DüD III, S. 349. DüD III, S. 349; TB vom 21.01.1948: „Brief an S. Singer – Bern wegen Hartmanns Gregorius/, der hier nicht aufzutreiben.“ 268 Brief Samuel Singers an Thomas Mann vom 02.02.1948, befindlich im TMA, grüne Mappe mit der Aufschrift „Singer, Samuel“, aber ohne Signatur; Brief ebenfalls ohne Signatur oder Eingangsvermerk. 269 DüD III, S. 350. 270 DüD III, S. 351. 271 Brief Samuel Singers an Thomas Mann vom 19.03.1948, Mat. 7,3. 272 Vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 273 TB vom 26.01.1948. 274 TB vom 08.02.1948: „Ich schrieb die Vorrede zu Joseph und seine Brüder zu Ende (16 Seiten).“ 275 TB vom 28.01.1948: „Befriedigende Nachricht über Erika“. 276 DüD III, S. 351. 267 38 Nach erfolgreichem Abschluss der mittelhochdeutschen „Gregorius“-Lektüre am 16. Februar 1948 277 und weiteren, recht intensiven Studien in Gregorovius’ „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter“ von etwa einer Woche 278 wurde Thomas Mann dann selbst von einem gesundheitlichen Tiefschlag getroffen. Nach abendlichem Besuch bei Max Horckheimer stolperte er „über die Stufe zwischen Wohnzimmer u. Vorplatz“ und zog sich eine „leichte Fraktur des Schulterknochens zu“. 279 Die Abfassung des ersten Kapitels kam trotz „Fixierung des Arms“ 280 und einem „andauernden Krankheitsgefühl“ 281 am 8. März 282 endlich zum Abschluss. Doch Thomas Mann war unzufrieden. Sein Plan war es gewesen, „ein internationales, deutsch-englisch-französisches Mittelalter“283 „mit unseren durchtriebenen Mitteln lebendig zu machen“ 284 . „Bin aber noch nicht sicher, ob ich den Ton dafür finde“ 285 , stellte er leicht zweifelnd fest. Es war aber nicht nur der schwer zu findende Ton, der Thomas Mann beschäftigte, auch sonst bot „die Arbeit [...] mehr Schwierigkeiten als man denken sollte“ 286 , wie er in seinem Dankesschreiben an Marga Bauer freimütig bekannte. Der Dichter spielte damit auf die anstehende Auseinandersetzung mit dem Altfranzösischen an, in welcher besagter Brief den Auftakt bildete. Einige Tage später traf das erste Antwortschreiben 287 Samuel Singers bei Thomas Mann ein, in dem der Schweizer geduldig alle „klippschülerhaften Fragen“ 288 des Dichters beantwortete. Damit waren zwar nicht alle Probleme mit einem Mal aus der Welt geräumt, aber es war gewiss ein Anfang. Es folgten weitere Briefe Singers, ausschließlich das Altfranzösische betreffend, und Thomas Mann fasste allmählich neuen Mut. Er sei „glücklich, dass der leidende Zustand [...] überwunden sei“ und er „Lust an etwas Neuem, wieder Neuem und Neugier Erweckendem gefunden habe“ 289 , notierte Thomas Mann, nachdem der dritte Brief aus der Schweiz eingetroffen war. Mit dem letzten Brief Samuel Singers war die Sammlung von Sprachmaterial praktisch abgeschlossen. Auch Bemerkungen über Quellenstudien sucht man in der zweiten Jahreshälfte 1948 in den Aufzeichnungen vergeblich. Der Arbeitsschwerpunkt hatte sich verschoben und die aus den Quellen erarbeiteten Zitate, Exzerpte und Notizen wurden zu seiner einzigen Arbeitsgrundlage. Die Quellenwerke 290 mit all ihren Anstreichungen wurden hingegen nur noch gelegentlich hinzugezogen. Mit „bürgerlicher Sparsamkeit [...] durchgeht er immer wieder das Material, streicht das noch nicht Verwendete an oder überträgt es auf ein neues Blatt“ 291 . Doch das wiederholte Zusammenschreiben von bereits Notiertem hatte vermutlich nicht nur, wie Wysling vermutet, etwas mit „bürgerlicher Sparsamkeit“ zu tun, sondern hatte darüber hinaus auch kognitive Funktion: Einem Vokabeln lernenden Schüler ähnlich, war es für Thomas Mann nicht nur wichtig zu wissen, wo auf den 105 Seiten seiner Notizen die einzelne Vokabel steht, ebenso brauchte er permanenten und direkten kognitiven 277 TB vom 16.02.1948. TB vom 18.- 23.02.1948. 279 TB vom 26.02.1948. 280 TB vom 26.02.1948. 281 TB vom 29.02.1948. 282 TB 08.03.1948: „Einleitung zur Legende abgeschlossen“. 283 DüD III, S. 350. 284 DüD III, S. 352. 285 DüD III, S. 352. 286 DüD III, S. 353. 287 TB vom 23.04.1948. 288 DüD III, S. 355. 289 TB vom 03.05.1948. 290 Vgl. Kap. 4.2. 291 Wysling 1967, S. 273. 278 39 Zugriff auf die fremden Wörter, um sich beim Prozess des Niederschreibens (im wahrsten Sinne des Wortes) nicht zu „verzetteln“. Mit den Schwierigkeiten sank die Motivation und das Interesse an der Fertigstellung des Romans. Diese Puzzlearbeit konnte in Thomas Manns Augen nicht mehr sein als „eine Art von höherem Abschreiben“ 292 und damit keine wirkliche Herausforderung für ihn. Hinzu kam, dass der „kleine Legenden-Roman“ 293 stets im Schatten des übergroßen Vorgängerwerks stand. „The length of the novel I am working on cannot be compared to that of Doktor Faustus“ 294 . Aber es war nicht einfach nur der Umfang, sondern auch die geistige Größe des Vorgängers, die alles Folgende zwangsläufig als etwas Diminutives erscheinen lassen musste. „Nach dem »Faustus« mit etwas Neuem anzusetzen, fiel mir sehr schwer. Mein Leben stand und steht im Zeichen von »Das kommt nicht wieder«.“ 295 Der Reiz, die Arbeiten am „Erwählten“ fortzuführen, nahm immer mehr ab und wurde ersetzt durch den Gedanken „to interrupt work on this attractive undertaking“ – in diesem Fall ging es um „our spring journey“ verbunden mit einer „Goethe lecture“. 296 Es folgte eine Vielzahl von anderen Projekten, Reisen und Vorträgen, die allesamt zwar nicht als Flucht, wohl aber als gezielte Abwechslung zum „Erwählten“ interpretiert werden dürfen. Makoschey hat sich jüngst um eine detaillierte Entstehungschronologie 297 zum „Erwählten“ verdient gemacht, die einen Überblick geben kann über alle „attractive undertakings“ Thomas Manns während der Fertigstellung des „Erwählten“. Niederschrift der Kapitel 1. Wer läutet? [Sechzehn Jahre] 2. Grimald und Baduhenna 3. Die Kinder 4. Die schlimmen Kinder 5. Herr Eisengrein 6. Frau Eisengrein 7. Die Aussetzung 8. Die fünf Schwerter [Die Entstehung des Doktor Fautus] 9. Die Fischer von Sankt Dunstan [August Strindberg] 10. Das Heckgeld 11. Der Trauerer 1948 21.01 – 08.03. ... 09.03. – 04.04. 31.03. – 30.04. 01.05. – 09.05. 10.05. – 18.05. 20.05. – 27.05. 28.05. – 05.06. 05.06. – 15.06. ... 23.10. – 04.12. ... 06.12. – 15.12. 16.12. – 04.01. 292 DüD III, S. 61. DüD III, S. 357: In dieser Form in den Briefen an Käte Hamburger vom 15.06. und an Erich von Kahler vom 17.06.1948. Im weiteren Verlauf der Korrespondenz lassen sich noch mehr und andere Diminutiva finden. 294 DüD III, S. 364. 295 DüD III, S. 358. 296 DüD III, S. 360f; Ähnlich auch TB vom 11.06.1948: „Eifrige Arbeit am Kapitel [des Erwählten] mit dem Vorsatz, nach diesem zu unterbrechen u. das autobiogr. Fragment [Die Entstehung des Doktor Faustus] zu schreiben.“ 297 Makoschey, S. 137f. 293 40 1949 [Goethe und die Demokratie] 12. Der Faustschlag 13. Die Entdeckung 14. Der Disput 15. Herr Poitewin [Vortragsreise: Ansprache im Goethejahr] 15. Herr Poitewin 16. Die Begegnung 17. Der Zweikampf 18. Der Handkuß 19. Sibylla’s Gebet 20. Die Hochzeit 21. Jeschute [Wagner und kein Ende] 22. Der Abschied ... 08.02. – 16.02. 16.02. – 26.02. 28.02. – 06.03. 03.04. – ... ... ... ... – 08.09. 12.09. – 28.09. 01.10. – 18.10. 19.10. – 29.10. 02.11. – 14.11. 15.11. – 30.11. 30.11. – 11.12. ... 13.12. – 20.12. 23. Der Stein 24. Die Buße 25. Die Offenbarung [Meine Zeit] 26. Der zweite Besuch [Vortragsreise: Die Erotik Michelangelos] 27. Die Auffindung 28. Die Wandlung 29. Der sehr große Papst 30. Penkhart 31. Die Audienz [Bernard Shaw] 31. Die Audienz 1950 30.12. – 05. 01. 09.01 – 15.01. 01.02. – 18.02. ... 01.04. – 17.04. ... ... 03.09. – 13.09. 13.09. – 26.09. 23.09. – 06.10. 10.10. – 17.10. 20.10. – 26.10. ... 19.11. – 22.11. Es ginge zu weit, den „Erwählten“ angesichts der vielen Unterbrechungen als „Stiefkind“ Thomas Manns zu bezeichnen, das den Dichter regelrecht Überwindung gekostet hätte, sich ihm zuzuwenden. Schließlich stand für Thomas Mann kein Muss dahinter. Natürlich gab es in der Folgezeit immer wieder intensive Arbeitsphasen, in denen der Dichter durchaus „mit einigem Vergnügen an [s]einem mittelalterlichen Romänchen weiter[wirkte]“ 298 . Doch hatte er bis zuletzt das Gefühl, er tue dies „tatsächlich mehr zu [s]einer eigenen Zerstreuung, als dass [er] an die Wichtigkeit [s]eines Tuns glaubte“ 299 . 298 299 DüD III, S. 361. DüD III, S. 371. 41 4. Kapitel: Vorbereitung der Sprachanalyse 4.1 Stand der Quellenforschung Im Rahmen einer Sprachanalyse, die der Herkunft und Qualität einzelner Sprachelemente innerhalb eines Ganztextes nachspürt, gehen erfahrungsgemäß mehrere Arbeitsgänge – zum einen die Arbeit an den dem Text zugrunde liegenden Originalquellen, zum zweiten die Überblick verschaffende Heranziehung der dazugehörigen Forschungsliteratur – Hand in Hand. Bei der schriftlichen Darstellung der Untersuchung indes empfiehlt es sich aus Gründen der Übersichtlichkeit, diese Schritte separat voneinander darzustellen, wohl wissend, dass dieses Nacheinander der Gleichzeitigkeit der Praxisschritte de facto nicht entspricht. Nach vorangegangener Sichtung der Selbstzeugnisse sei an dieser Stelle nun die Forschungsliteratur nach den sprachlichen Quellen des „Erwählten“ befragt, die anschließend dann im TMA lokalisiert und einer kritischen Untersuchung unterzogen werden sollen. Noch im Jahre der Erstveröffentlichung des „Erwählten“, 1951, gab der Dichter in einem Brief an Erich Auerbach einen ersten grundlegenden Einblick in eine Auswahl der zentralen Quellen, die Anteil hatten an der sprachlichen Verwirklichung seines Romans: „Das mittelhochdeutsche Element stammt natürlich von Hartman direkt. Viele Namen und Einzelheiten stammen, für den Germanisten auf der Hand liegend, aus dem Parzival. Eine Parodie des Nibelungenliedes kommt auch vor. Sibyllas Gebet [...] lehnt sich an die Vorauer Sündenklage (Mitte des 12. Jahrhunderts) und das sogen. Arnsteiner Marienlied an. Da von Ouwe Hartman die Ernährung des Büßers auf dem Stein unverzeihlich unrealistisch [...] behandelt hat, nahm ich die Erdmilch aus der Schrift meines Freundes Karl Kerényi. [...] Der altfranzösischen Sprachbrocken wegen, die das Sprachbild zu kolorieren helfen, gab es eine Korrespondenz mit dem ehrwürdigen, nun verstorbenen Samuel Singer in Bern [...]. Ihr Buch mit dem Citat aus dem Mystère d’Adam kam genau zum richtigen Zeitpunkt.“ 300 Mit dieser Grundinformation war es der drängenden Forschung möglich, die Spracharbeit des Dichters zumindest in groben Zügen nachzuvollziehen. Und solange Thomas Mann sicher sein konnte, dass seine kompositorische Arbeit ausreichend Anerkennung finden und nicht in einem Akt schnöder, mechanischer Dekonstruktion zerpuzzelt würde, war er gern bereit, „den amüsablen Philologen“, die er schon während des Schreibprozesses „einladend im Sinne gehabt“ 301 hatte, bei ihrer Arbeit ein wenig auf die Sprünge zu helfen. „Ich habe nichts dagegen, daß Professor Weigand meinen Brief an Sie benutzt [...]. Daß für die römischen Dinge auch Gregorovius hinzugezogen ist, wird ihm nicht entgangen sein.“ 302 So erschien Anfang 1952, ein knappes Jahr nach der Veröffentlichung des Romans, anstatt einer Nachschrift nach dem Muster der „Entstehung des Doktor Faustus“ eine quasi vom 300 DüD III, S. 405. DüD III, S. 419. 302 DüD III, S. 405f. 301 42 Dichter autorisierte 303 Quellenstudie, Hermann J. Weigands „Thomas Mann’s Gregorius“, der der oben zitierte Brief an Erich Auerbach zugrunde gelegt ist und welcher sich im Anhang der Studie legitimierend zitiert findet. Kurz nach ihrem Erscheinen wurde Weigands Arbeit von Thomas Mann als „ein sehr gelungener Versuch“ 304 gewürdigt. In dem ungewöhnlich langen Brief Thomas Manns vom 29. April 1952 erhielt Weigand weitere Ausblicke auf bis dato unerschlossenes Terrain der Quellenarbeit, die er allerdings nicht weiter verarbeitete. Vielleicht war es das Wissen um die tatsächliche Benutzung der Quellen, verbrieft vom Dichter selbst, das Weigand die Sicherheit verlieh, in einigen Fällen bis ins Detail, d.h. bis hin zur Nennung der Seitenzahl zu forschen. Dies war insofern ein Drahtseilakt zwischen Faktenwissen und Spekulation, als dass er zwar die Titel der Hauptquellen Thomas Manns kannte, die Ausgaben und Editionen allesamt aber nicht. Beispielsweise legt er seiner Studie eine achtbändige Ausgabe (ohne die seine exakt zu nennen!) von Ferdinand Gregorovius’ „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter“ 305 zugrunde, nicht wissend, dass Thomas Manns Exemplar lediglich zwei Bände umfasste, wodurch all seine erarbeiteten Verweisstellen hinfällig werden. Im Verlauf des Jahres 1952 erschien mit Jonas Lessers Schrift „Thomas Mann in der Epoche seiner Vollendung“ eine weitere Arbeit, die sich u.a. mit den Quellen des „Erwählten“ beschäftigt. Obwohl Lesser – mein „Londoner Korrespondent“ 306 , wie Thomas Mann ihn nannte – seit Jahren mit dem Dichter in Briefkontakt stand, kam es offenbar nicht zu einer derartig engen Zusammenarbeit wie mit Hermann J. Weigand. Lediglich einen einzigen Tipp erbat sich Lesser von Thomas Mann, worauf dieser am 15. Oktober 1951 antwortete, seine Vorlage für das „Erwählten“-Kapitel „Die Verkündung“ sei „ein Bild oberrheinischer Schule (Konrad Witz, Germanisches Museum in Nürnberg)“ gewesen. 307 Lesser, der den „Erwählten“ in den größeren Kontext des Spätwerks Thomas Manns stellt, spart sich im Gegensatz zu Weigand die seitenexakten Details der Quellenentnahme, wenngleich der Leser bei eindeutigen Anleihen speziell bei der älteren Literatur zumindest einen Anspruch auf die Versangabe erheben könnte, die Lesser durchgehend unterschlägt. Was diesen beiden frühen Arbeiten, einmal mit und einmal ohne die Hilfestellung Thomas Manns, gemein ist, ist die allgemeine Kenntnis der Hauptquellen: Ihnen ist bekannt, dass die erste Berührung mit dem Stoff in die „Faustus“-Zeit fällt, genau genommen aus den „Gesta Romanorum“ stammt, und dass sich das mittelhochdeutsche Element des „Erwählten“ aus Hartmanns mittelhochdeutschem „Gregorius“, Gottfrieds „Tristan“ und Wolframs „Parzival“ speist. Des Weiteren wird, Thomas Manns Wink folgend, der Einfluss des Nibelungenliedes, alter Marienlieder, Auerbachs „Mimesis“ und Gregorovius’ „Geschichte der Stadt Rom“ konstatiert. Was ihnen fehlt, ist die Kenntnis der von Thomas Mann benutzten Ausgabe/Edition der Hauptquellen und somit der exakten Entnahmestelle innerhalb der Werke, des Weiteren die Kenntnis aller Nebenquellen. Die Wortbildung als poetisches Gestaltungmittel Thomas Manns verbleibt, notgedrungen, gänzlich im Bereich des Spekulativen, da seine Notizen zum „Erwählten“ zu diesem Zeitpunkt weder bekannt noch zugänglich waren. 303 DüD III, S. 418f: „Hermann J. Weigand will [...] eine Studie über die Quellen des »Erwählten« veroeffentlichen, bei der ich ihm etwas geholfen habe.“ 304 DüD III, S. 417. 305 Siehe weiter Kap. 4.2. 306 DüD III, S. 402. 307 DüD III, S. 404. 43 Die 1953 von Thomas Mann veröffentlichten „Bemerkungen zu dem Roman ›Der Erwählte‹“ 308 konnten diesem Forschungsstand nichts mehr hinzufügen, was bei einem Aufsatzumfang von nur vier Seiten nicht weiter verwundert. Das Jahr 1961 kann mit Fug und Recht als eine Zäsur in der Thomas-Mann-Forschung gelten, die „eine überaus anregende Wirkung auf die wissenschaftliche Beschäftigung mit Thomas Mann“ 309 zur Folge hatte und gerade der Quellenforschung ganz neue Möglichkeiten eröffnete. Die Rede ist von der Eröffnung des Thomas-Mann-Archivs der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, wo mit den persönlichen Hinterlassenschaften Thomas Manns, die die Erbengemeinschaft zur Verfügung gestellt hatte, schlagartig eine Vielzahl von Quellen, Notizen und Manuskripten des Dichters zugänglich gemacht wurden. Um so mehr muss es verwundern, dass die Münchener Doktorandin Gertraude Wilhelm diese zeitlich wie geographisch so nahe liegende Chance für ihre Arbeit nicht nutzte. Ebenfalls im Jahre 1961 veröffentlichte sie nach Weigand und Lesser eine weitere Quellenstudie mit dem Titel „Sprachimitation in Thomas Manns Roman ,Der Erwählte’“. Das Novum ihrer Arbeit liegt in einer systematischen Katalogisierung der zu untersuchenden Wörter und Wortkomplexe, wobei eine alphabetische Listung den Zugriff für den Leser doch wesentlich erleichtert hätte. Ihre Praxis, die Auswahl der zu untersuchenden Wörter ohne lexikologisch-lexikographische Eingrenzung des Forschungsgegenstandes vorzunehmen, verleiht ihrer Untersuchung etwas Willkürliches. „Die fremdsprachigen Wörter ließen sich ganz selbstverständlich nach ihren Sprachen gliedern“, so Wilhelm. Dass diese Selbstverständlichkeit sich manchmal als trügerisch erweisen kann, konnte eingangs gezeigt werden. Durch Wilhelms Standpunkt, „das Aufdröseln einzelner Wörter nach Herkunft und Bedeutung [sei] sinnlos“, wird die Tendenz zum Trugschluss noch weiter verstärkt. In dieser Undifferenziertheit muss auch die Ursache gesehen werden, dass viele für eine „Sprachimitation“ durchaus gebräuchlichen Elemente (Pönitenziar, Schwäher, Capperntunke) bei ihr keine Aufnahme finden. Und auch sie schenkt den Eigennamen der Figuren und Örtlichkeiten wie übrigens der Großteil der vorliegenden Arbeiten keine Beachtung. Ihr Wissensstand über die Quellenlage entspricht exakt dem ihrer zwei Vorgänger, deren Arbeitsergebnisse sie mit einfließen lässt, die sie aber durch einen Forschungsaufenthalt im neu eröffneten TMA leicht hätte überflügeln können. Aus dem Blickwinkel eines Klaus Makoschey, der zuletzt 1998 die „Erstellung eines katalogartigen Nachweises der Quellenverarbeitung [...] als Hilfsmittel für die Interpretation“ 310 zum Desiderat der Thomas-Mann-Forschung erhob, muss Gertraude Wilhelms Arbeit als erster Schritt in die richtige Richtung gewertet werden. Zugleich waren ihre Arbeitsergebnisse zum Zeitpunkt der Veröffentlichung beinahe schon wieder hinfällig. Gleiches gilt auch für die 1971 veröffentlichte Dissertation Jovan Djukanovics. Zehn Jahre nach Wilhelm legte er einen Vergleich zwischen Hartmanns „Gregorius“ und Thomas Manns „Der Erwählte“ vor. Er fokussiert das Verhältnis der beiden Dichter zu Stoff, Sprache und Stil. Ähnlich wie Wilhelm legt er zu den vorher umrissenen Sprachmilieus des „Erwählten“ mehrere kleine Wortlisten an. Die von Thomas Mann zur Realisierung dieser Sprache benutzten Quellen finden in Djukanovics Untersuchung weder im Text noch in der Bibliographie Beachtung, obgleich ihm die Arbeiten Weigands, Lessers, Wilhelms und die im 308 AN. Wie im offiziellen Info-Leporello des TMA zu lesen. 310 Makoschey, S. 126. 309 44 Folgenden zu besprechende Arbeit Hans Wyslings, dem damaligen Direktor des ThomasMann-Archivs in Zürich, offensichtlich vorlagen. Nur zwei Jahre stellte Wilhelms Arbeit den aktuellen Stand der Forschung dar, bis nämlich Hans Wysling im Jahre 1963 den Aufsatz „Die Technik der Montage. Zu Thomas Manns Erwähltem“ 311 verfasste. Diese Arbeit wurde noch erweitert und 1967 unter dem Titel „Thomas Manns Verhältnis zu den Quellen. Beobachtungen am ,Erwählten’“ herausgegeben, welcher beinahe unabhängig von den Vorarbeiten demonstriert, welche Dimensionen der Quellenarbeit das TMA dem Forscher eröffnet. Thomas Manns „Verhältnis zu den Quellen“ wird exemplarisch am 3. Kapitel („Die Kinder“) des Romans verdeutlicht. Wysling arbeitet quellenorientiert, d.h. beinahe ausschließlich auf Grundlage dessen, was ihm das TMA an Dokumenten bereithält. Bis zu einem gewissen Punkt kann er Thomas Manns Notizen zum „Erwählten“ (TMA, Mp. XI/9) als Wegweiser zu den in der umfangreichen Nachlassbibliothek aufgestellten Quellenwerken nutzen, welche er anschließend nach Themengebieten geordnet in Bezug auf ihre Bearbeitung durch Thomas Mann (Lektürespuren/Entnahmestellen) sowie in ihrer Bedeutung für den Romantext (Eingangsstellen) bespricht. Ferner zieht er das Material 312 zum „Erwählten“, eine eigens für Thomas Mann angefertigte „Gregorius“-Übersetzung (Mat. 7,1) von Samuel Singer und Marga Bauer sowie vier Briefe (Mat. 7,2-4a) jener Schweizer Germanisten heran. Letztere gehören zu einer größeren Korrespondenz von etwa zwanzig Schreiben, die, erstmals in dem o.g. bei Weigand zitierten Brief Thomas Manns erwähnt, nach Wysling 313 eigentlich in einer der folgenden Ausgaben der vom TMA herausgegebenen „Thomas-Mann-Studien“ hätten ediert werden sollen, was allerdings nie geschah. Am Ende steht eine umfangreiche Liste von Quellen, auf die Thomas Mann bei der sprachlichen Umsetzung seines Romans zurückgegriffen hat. Die einzelnen Schriften und Dokumente, etwa fünfundzwanzig an der Zahl, sind zudem versehen mit grundlegenden Verweisen, ob sich das Werk im TMA befindet, an welcher Stelle der Mann’schen Notizen es wieder auftaucht und in welche Kapitel des Romans die entnommenen Exzerpte eingeflossen sind. Auch ohne Zugriff auf die erst 1975/76 erschienene, an Einzelwerken Thomas Manns orientierte Briefedition „Dichter über ihre Dichtungen“ und die im Verlauf der 80er Jahre veröffentlichten Tagebücher kann Wyslings Arbeit in ihrer quellenkritischen Qualität als richtungweisend bezeichnet werden. Das Verdienst, die Namengebung im „Erwählten“ quellenkritisch und in voller Breite analysiert zu haben, geht an Doris Rümmele. In ihrer 1969 erschienen Dissertation bezieht sie systematisch die Vorarbeiten Lessers, Weigands und Wyslings mit ein, musste aber angesichts ihres Gesamtarbeitsvolumens 314 vom Besuch im Thomas-Mann-Archiv in Zürich absehen. Mit dem eingangs erklärten Ziel, die „Gesetzmäßigkeiten der dichterischen Namengebung Thomas Manns darzulegen“ 315 , beschließt sie, zunächst Namen und Quellen nebst Referenz in der genannten Forschungsliteratur in ein systematisches Verhältnis zueinander zu bringen. Leider beschränkt sie sich ausnahmslos auf die Vorarbeiten und erspart sich auch den Aufwand, selbst Einblick in die Quellen zu nehmen – und zwar auch 311 Wysling 1963. Mat. 7. 313 Wysling 1967, S. 342, Anm 1. 314 Die Autorin behandelt auf immerhin 434 Seiten insgesamt 10 Werke Thomas Manns, darunter auch die „Buddenbrooks“ und den „Zauberberg“. Auf den „Erwählten“ entfallen ca. 40 Seiten. 315 Rümmele, S. 7. 312 45 dann, wenn die Quellenverweise in der Literatur unvollständig 316 oder gar nicht vorhanden 317 sind. So entgeht ihr beispielsweise, dass Weigand seine „Gregorovius“-Verweise fälschlicherweise nicht auf die von Thomas Mann nachweislich 318 benutzte Ausgabe von 1926 bezieht, sodass diese Angaben, was die Seitenzahlen anbetrifft, völlig wertlos sind. Auch beschränkt sie sich auf Figuren der Handlung, sodass die Namen der Lokalitäten höchstens als Teil eines Adelsnamens (Roger-Philippus von Arelat) in Erscheinung treten. Hat Thomas Mann zwischen Auswahl und Integration der Namen Umformungen, ganz gleich welcher Art, vorgenommen, wird dies nicht konsequent gekennzeichnet. Makoschey war der erste, der bei seinen 1998 erschienenen „Quellenkritischen Untersuchungen zum Spätwerk Thomas Manns“ uneingeschränkt auf alle Quellenwerke, Manuskripte und Selbstzeugnisse des Dichters zurückgreifen konnte. Unter Rückgriff auf die Tagebücher und Briefe ist es ihm möglich, Thomas Manns Lektürekreis zur Zeit der Entstehung des „Erwählten“ zu erschließen und unter Abgleich mit dem Roman und den dazugehörigen Notizen sämtliche Quellen zu isolieren. In seiner Einleitung unterscheidet er grundsätzlich zwischen Materialquellen und geistigen Quellen 319 , die dem Roman zugrunde liegen, und kündigt an, sich in seiner Arbeit ausschließlich auf letztere konzentrieren zu wollen. Die Materialquellen würden nur herangezogen, „wenn sie für die mythischen Substrate von Bedeutung sind“ 320 , so Makoschey. Wyslings Arbeit als bekannt voraussetzend, kann Makoschey nach Recherche im US-amerikanischen National Union Catalogue nachweisen, dass es sich bei Thomas Manns mittelhochdeutschem „Gregorius“-Original um die zweite Auflage der „Altdeutschen Textbibliothek“ von 1900, hrsg. von Hermann Paul, und nicht wie bislang angenommen, die 7. Auflage von 1942, hrsg. von Albert Leitzmann handelt, die der Dichter „mit Wörterbuch“, Makoschey nimmt den „kleinen Lexer“ an, „zu Ende“ las. 321 Des Weiteren entdeckt er eine neue Materialquelle, Heinrich von Eickens „mittelalterliche Weltanschauung“, die er im Anhang seiner Arbeit ausgiebiger bespricht. 322 Auch wenn sich Makoscheys Arbeit hauptsächlich den geistigen Quellen des „Erwählten“ widmet, kann sie dennoch einen entscheidenden Zusatzimpuls für die Methodik der folgenden Analyse der Materialquellen geben: Ausgehend von Wyslings Quellenliste sollen nachfolgend die im TMA vorhandenen Originalwerke auf Entnahmen sprachlicher Elemente durch Thomas Mann analysiert, dabei seine Notizen zum „Erwählten“, ferner seine Selbstzeugnisse, gegengelesen werden. Unter der Prämisse, dass geistige Quellen gleichzeitig als Materialquellen genutzt worden sein könnten, sollen in einem zweiten Arbeitsschritt ebenso die von Makoschey erarbeiteten stofflichen Quellen einer die Ergiebigkeit als Sprachmaterial fokussierenden Analyse unterzogen werden. 316 Namensliste von S. 395-403: Bei den Namen Plihopliheri, Rassalig, Schiolarß, etc. begnügt sie sich lediglich mit „Parz.“ als Provenienz-Angabe. Buch und Vers interessieren nicht weiter. 317 So hätte sie den Namen Ulterlec an verschiedenen Stellen des „Parzival“ finden und nicht davon ausgehen müssen, es handle sich hierbei um einen von Thomas Mann geschöpften Namen, dessen zweite Silbe „-leck auf einen Defekt deuten“ soll (S. 207). Die Namen römischer Kaiser wie Gratian, Hadrian etc. hätten schon durch einen schnellen Blick in Gregorovius’ Personenverzeichnis gefunden werden können. 318 Wysling 1967, S. 265f, konnte diese Ausgabe in der Thomas-Mann-Nachlassbibliothek nachweisen. Dieser Aufsatz hat Rümmele nach eigenen Angaben vorgelegen. 319 Gemeint sind Quellen, bei denen Thomas Mann keine sprachlichen Anleihen machte, die ihm stattdessen aber stofflich als Motiv- und Ideengeber dienten. 320 Makoschey, S. 126. 321 DüD III, S. 351. 322 Makoschey, S. 216-220. 46 4.2 Quellenkritik 1. Notizen zum „Erwählten“. Bei den Notizen zum „Erwählten“, heute unter der Signatur Mp. XI 9a im feuerfesten Safe des TMA/Zürich lagernd, handelt es sich um 69 Blätter zumeist weißen Papiers unterschiedlicher Beschaffenheit und Herkunft 323 , die Thomas Mann mit verschiedenen Stiften in unterschiedlich gut lesbarer Kurrentschrift auf 105 Seiten festhielt. Hierin befinden sich Wort- und Namenslisten, teilweise mit Verweis auf die entsprechende Quelle, wobei sich die fremden Sprachelemente durch die heute übliche lateinische Schreibschrift hervorheben. Beigefügte Bedeutungserklärungen (zum eigenen Verständnis) sowie weitere Lektürespuren mit anderen Stiften und Farben sprechen dafür, dass zwischen Exzerpierung des entsprechenden Elements und seiner Integration in den Romantext eine längere Zeit 324 vergehen konnte, ehe Thomas Mann seine Notizen wieder hervorholte und zur „Rekapitulation des Materials“ 325 schritt. Die Notizen zum „Erwählten“ sollen, weil sie (tw. bis hin zur Nennung der Seitenzahl) auf die Quellen Thomas Manns verweisen und auch Bezüge zur Briefkorrespondenz und zur Materialsammlung zum „Erwählten“ aufweisen, allen weiteren Archivstudien vorangestellt werden. 2. Materialien zum „Erwählten“. Die Materialien zum „Erwählten“, ebenfalls befindlich im Safe des TMA, und zwar unter der Signatur Mat. 7, setzen sich zusammen aus einer Reihe von derzeit 326 41 sehr heterogenen Dokumenten: der Prosa-Übersetzung des mittelhochdeutschen „Gregorius“, angefertigt von den Schweizer Germanisten Samuel Singer und Marga Bauer (Mat. 7,1), vier Briefen Samuel Singers an Thomas Mann (Mat. 7, 2-4a), acht Zeitungsartikeln, fünfundzwanzig Bildern aus Zeitschriften, einer eigenhändigen Skizze des Ärmelkanals (Mat. 7,16) sowie einer Tram- und Buskarte von Rom (Mat. 7,18). Besonders vielversprechend scheint jene Tram- und Buskarte, da sie mit ziemlicher Sicherheit bei dem in Kapitel 29 sehr genau beschriebenen Einzug des „sehr großen Papstes“ in Rom als Vorlage gedient hat. Aber auch die teils mit Untertexten versehenen Bilder aus Zeitschriften verlangen nach einer genaueren Prüfung: Hier ist beispielsweise ein Wikingerführer namens Hengist 327 erwähnt, dessen Name im Romantext gewissermaßen zum Schimpfwort umfunktioniert wird (DE, S. 65: „dieser Hahn und Hengist“). Eine nachträgliche handschriftliche Eintragung im TMA-Inhaltsverzeichnis der Materialien verrät, dass später noch ein Notizzettel „Varianten für engl. Titel“ beigefügt wurde, der streng genommen zu den Notizen zum „Erwählten“ gehört. Auch die Zeitungsartikel sind eigentlich „über Musik, dürften zu den Faustus-Mat. gehören“, worin sich die Unantastbarkeit der 323 ... mit Briefköpfen verschiedener Hotels in Metropolen Europas, Thomas Manns persönliches Briefpapier, Löschblätter etc.; meist Din A 5, manchmal gefaltetes Din A 4 zu A 5 Doppelbogen, mit unterschiedlichen Stiften in unterschiedlichen Farben manchmal ein-, manchmal beidseitig beschrieben. 324 In der Tat wurde die Arbeit am „Erwählten“ mehrfach für längere Zeit unterbrochen. Vgl. weiter Kap. 3.2. 325 TB vom 18.01.1948. 326 Im Laufe der Zeit sind immer wieder neue Einzelmaterialien aufgetaucht. 327 Mat. 7,39 = Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 211. 47 Archivalie spiegelt: D.h. die Archivare waren generell und manchmal sogar wider besseres Wissen bemüht, das zu Archivierende so weit als möglich in der vorgefundenen Ordnung zu belassen. Die „Gregorius“-Übersetzung Singers/Bauers von 57 Seiten, die Thomas Mann in vier Sendungen erreichte, ist nachträglich gebunden. Es kann somit als ein eigenständiges Dokument betrachtet und getrennt von den übrigen Materialien eingesehen werden. Von den übrigen Materialien, zusammengefasst in einer Mappe und nach o.g. Reihenfolge in Klarsichthüllen angeordnet, werden die Briefe, da sie als Teil einer umfangreicheren Korrespondenz zu sehen sind, nachstehend ebenfalls einer gesonderten Betrachtung unterzogen. a. Hartmann von Aue: Gregorius. Unveröffentlichte Prosa-Übersetzung von Marga Bauer und Samuel Singer, die der Ausgabe von Hermann Paul/Altdeutsche Textbibliothek [Nr. 2], 6. Aufl. Halle 1929, folgt. Dieses 57seitige Typoskript ist gewissermaßen eine Maßanfertigung 328 für Thomas Mann, ein Unikat, das im TMA unter der Signatur Mat. 7,1 vorhanden ist. Eine handschriftliche Notiz in schwarzer Tinte, die, der Schrift nach zu urteilen, nicht aus der Feder Thomas Manns, sondern vermutlich von Marga Bauer stammt, belegt, dass diese Übersetzung „der Ausgabe von Hermann Paul/Altd. Textbibliothek [Nr. 2], 6 Aufl. Halle 1929“ folgt. Auch die über den Text verteilten orthografischen Korrekturen in schwarzer Tinte können somit Marga Bauer zugerechnet werden, während Thomas Mann diese oben bereits erwähnte „eigentliche Vorlage“ 329 zum „Erwählten“ intensiv mit Bleistift bearbeitete. Neben der Dichte der Lektürespuren belegt vor allem das Segmentieren des Textes durch handschriftliches Einfügen von Überschriften (S. 32: „Der Kampf“; S. 54: „Wer läutet“), die später zu denen des Romans werden sollten, wie sehr sich Thomas Mann strukturell von seiner Vorlage leiten ließ. Das sprachlich interessante mittelhochdeutsche Element war im Rahmen der neuhochdeutschen Übersetzung zwangsläufig weitgehend verschwunden, sodass Thomas Mann an entsprechender Stelle auf seinen mittelhochdeutschen Originaltext 330 zurückgriff, um z.B. das Elfenbein der Übersetzung (S. 12) ins orthografisch ältere Helfenbein (vgl. Gregorius, V. 722) zurückzusetzen. Sprachlich direkt nutzbar machen konnte er lediglich die Elemente des Textes, die, wie es im Rahmen einer jeden Übersetzung vorkommt, auf die „lexikalische Lücke“ entfallen, die also einer vergangenen „wortschatzspezifischen Bezugswelt“ 331 angehören und somit nicht übersetzbar, sondern lediglich umschreibbar sind: 328 Brief Samuel Singers an Thomas Mann vom 02.02.1948 im TMA, grüne Mappe mit der Aufschrift „Singer, Samuel“, aber ohne Signatur; Brief ebenfalls ohne Signatur oder Eingangsvermerk: „Was den Hartmann’schen Gregorius anbelangt, so habe ich die Übersetzung natürlich nicht.“ [Sie ist] „unbrauchbar, da wesentliche Teile des Gedichts erst später gefunden wurden“. [...] „Ich habe deswegen den Anfang des Gedichts für Sie in schlichte Prosa möglichst wörtlich übersetzt [...] und frage sie an, [...] ob ich fortfahren soll“ 329 Makoschey, S. 127. 330 DüD III, S. 351: Brief an Samuel Singer vom 13.02.1948: „Wie vorzüglich Ihre Prosa-Übersetzung ist, kann ich beurteilen, da ich das Original (herausg. von Hermann Paul) von der Universitätsbibliothek hier bekommen habe.“ 331 Reichmann, Oskar spricht in seiner Einleitung zu Lexikologie und Lexikographie, in: Jahrbuch für Internationale Germanistik, Reihe A 54 (2000), S. 198, in diesem Zusammenhang von der „Kehrseite der lexikalischen Äquivalenz“, die einen „Brennpunkt [...] zweisprachiger Lexikographie“ bilde. 48 surzengel (von frz. sursangle, wahrscheinlich „Obergurt“) puneiz (mfz. poingneis von lat. pungere, stossendes Anrennen auf den Gegner) 332 b. Briefwechsel mit Singer/Bauer. Der gesamte Briefwechsel zwischen Thomas Mann und den Schweizer Germanisten, der einen Zeitraum von etwa einem Jahr und eine Anzahl von 21 Schreiben umfasst haben muss, lässt sich aus der Sicht Thomas Manns in einen passiven und einen aktiven Part unterteilen. Zunächst befand sich der Dichter in der Rolle eines Empfangenden und sich (für die Übersetzung) Bedankenden, aber nur bis zu dem Zeitpunkt, da er den Schlussteil der „Gregorius“-Übersetzung in den Händen hielt. 333 Danach begann er aktiv und gezielt, für ihn interessantes Sprachmaterial zu erfragen. „Ich brauche ein paar Brocken älteren Französisch, gelegentlich einzuflechten in meine Erzählung“, schrieb er an Singer. „Wie sah das moderne »Allez-vous-en« [im Altfranzösischen] aus?“, „Wie lautete »Gott zum Gruß«“?, „»Que plus n’i queroie veoir« [...], wie würde dies im Praesens heißen?“ 334 . Die 9 Briefe aus der Feder Thomas Manns sind in den DüD in Auszügen ediert und inhaltlich ausreichend greifbar. 335 Die 12 Schweizer Antwortschreiben, die den überwiegenden Teil des im Rahmen dieser Untersuchung so interessanten Sprachmaterials enthalten, sind weitaus schlechter greifbar: In 3 Fällen gibt Wysling 336 fragmentarische Einblicke in die Dokumente, in den anderen Fällen geben lediglich Tagebuchaufzeichnungen Zeugnis von ihrer Existenz. Die Rekonstruktion der Antwortkorrespondenz wird vor allem dadurch erschwert, dass sich die Briefe Singers und Bauers nicht an einem zentralen Ort befinden: Den Materialien zum „Erwählten“ liegen, wie oben erwähnt, 4 Briefe Singers bei. Bei dreien handelt es sich um die schon bei Wysling im Kern wiedergegebenen. Zudem existiert im TMA eine grüne Mappe mit der Aufschrift „Singer, Samuel“, die weitere vier Schreiben 337 enthält, welche allesamt bisher unediert geblieben sind: Drei stammen von Samuel Singer, eines von Marga Bauer. Der Einfachheit halber hat Marga Bauer ihre Worte auf der Rückseite eines Schreibens Singers an Thomas Mann (25.12.1947) niedergeschrieben, sodass sich die vier Schreiben auf drei Briefsendungen verteilen. Die Schreiben wurden bisher noch mit keiner Signatur versehen, allein die Doppelsendung trägt den Eingangsvermerk ‚58/2’ 338 . Damit bleiben von den insgesamt 21 Schreiben lediglich 4, deren Text nicht mehr greifbar ist. Dieser Missstand fällt aber nur geringfügig ins Gewicht, da ihr Inhalt weitgehend über die Tagebuchvermerke zu erschließen und, hiernach zu urteilen, von nur sekundären Interesse ist: In 2 Fällen handelt es sich um (vermutlich) beigelegte Begleitschreiben zu den Sendungen zwei und vier der „Gregorius“-Übersetzung. Zum zweiten handelt es sich um einen „Notbrief 332 Singer/Bauer, S. 24. TB vom 07.04.1948. 334 DüD III, S. 353ff. 335 DüD III, S. 349-355. 336 Wysling 1967, S. 261f. 337 25.12.1947 grüne Mappe, ohne Signatur, Eingangsvermerk 58/2; auf der Rückseite: ... 25.12.1947 [Bauer] grüne Mappe, ohne Signatur, Eingangsvermerk 58/2; 02.02.1948 grüne Mappe, ohne Signatur; 08.04.1948 grüne Mappe, ohne Signatur. 338 D.h.: eingetroffen im Februar 1958. 333 49 der Dr. Bauer in Bern wegen ihres Verlobten“ 339 , in dem es um die Beschaffung einer Schweizer Daueraufenthaltsgenehmigung geht. Einzig schmerzhaft ist der Verlust eines Schreibens Bauers, das Thomas Mann am 19. April 1948 340 erhalten haben muss und in dem sie ihm „ueber das ‚Mäusegeschlecht’ [...] berichtet“ 341 , das sich später im Roman als altfranzösisches gent mignote de soris wieder findet. 3. Singer, Samuel: Dogma und Dichtung des Mittelalters, Sonderdruck aus PMLA 62 (1947), S. 861-872. Dieser kleine Sonderdruck ist im TMA unter der Signatur TM 2853 vorhanden. Die handschriftliche Widmung Samuel Singers „Mit Dank für die schöne Karte [-] S. Singer“ lässt vermuten, dass dieser Aufsatz kurz vor Beginn der eigentlichen „Erwählten“-Arbeiten, also im Herbst 1947 342 , bei Thomas Mann eingegangen ist. Im Sommer war er im Verlauf seiner Europa-Reise u.a. auch mit Samuel Singer in Bern zusammengetroffen, wo „Der Erwählte“ eine erste Andeutung erfuhr, und Singer ihm für eventuell auftretende Probleme mit älterer Sprache bereitwillig seine Hilfe anbot. So ist nicht unwahrscheinlich, dass Thomas Mann im Fortgang seiner Reise Samuel Singer mit einer freundschaftlichen Karte bedachte, worauf ihm dieser – „da Sie sich jetzt dem Mittelalter zuwenden“ 343 und „damit der freundschaftliche Schriftenaustausch seinen Fortgang nimmt“ 344 – seine intellektuelle Visitenkarte in Form seines jüngst erschienenen Aufsatzes zusandte. Ob besagter Sonderdruck sprachlich in den „Erwählten“ eingegangen ist, kann nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden. Es lässt sich lediglich ein Element (Orendel, S. 866, markiert) ausmachen, das in Frage käme, doch findet sich dieser Eigenname ebenso bei Scherer (S. 93, 95) markiert. Dennoch darf die Entnahme, gerade aufgrund der oben skizzierten zeitlichen Nähe zum „Erwählten“, nicht ausgeschlossen werden. 4. Dieffenbacher, Julius: Deutsches Leben im 12. und 13. Jahrhundert, Bd. 2: Privatleben (= Sammlung Göschen, Bd. 328), Leipzig: Göschen 1907. Dieses 160seitige Buch ist im TMA unter der Signatur TM 2803 vorhanden. „Einen kleinen Schmöker, antiquarisch erstanden, will ich Ihnen auch noch nennen: Deutsches Leben im 12. und 13. Jahrhundert [...] von J. Dieffenbachers. Er gab allerlei her für Jagd, Falkenbeize, Turnier, Reiten u.a.“, wie Thomas Mann gegenüber Hermann J. Weigand in seinem Brief vom 29. April 1952 offen legt. 345 Dennoch ist klar, dass er diesen „kleinen Schmöker“ nicht erst 1952, sondern schon viel früher, möglicherweise auf seiner Europareise, die ihn bekanntermaßen auch in den deutschen Sprachraum führte, erstanden haben muss. Verschiedenfarbige Lektürespuren (Kugelschreiber blau, Tinte blau, Bleistift), ausschließlich 339 TB vom 27.09.1948, vgl. weiter dazugehörige Anmerkung, S. 802. TB vom 19.04.1948. 341 Singer an Mann vom 20.04.1948, Mat 7,4; auch zitiert bei Wysling 1967, S. 262. 342 Vgl. Makoschey, S. 245, Anm. 1: Hiernach erhielt Thomas Mann besagten Aufsatz erst am 29.02.1948. 343 Brief Samuel Singers an Thomas Mann vom 29.10.47 (Mat. 7,4a): „Ich schicke Ihnen gleichzeitig einen kleinen Aufsatz, der Sie, da Sie sich jetzt dem Mittelalter zuwenden, interessieren mag.“ 344 Brief Samuel Singers an Thomas Mann vom 02.02.1948 (grüne Mappe): „Ich nehme an, dass Sie mittlerweile meinen Aufsatz "Dogma und Dichtung im Mittelalter" bekommen haben, und damit der freundschaftliche Schriftenaustausch seinen geregelten Fortgang nimmt.“ 345 DüD III, S. 421. 340 50 Anstreichungen, die sich einigermaßen gleichmäßig über das gesamte Büchlein verteilen, lassen auf eine mehrfache und/oder mehrfach unterbrochene Lektüre schließen. Auf den ersten Blick scheint es verwunderlich, dass sich Thomas Mann nicht des Verzeichnisses archaischer Wortformen im Anhang bedient hat, dies belegt aber zugleich, dass es dem Dichter nicht ausschließlich um die bloße archaische Form, sondern um dahinter liegende, vergangene Wirklichkeit ging, die er für den Schlüssel einer glaubwürdigen Fiktion erachtete. 5. Heil, Bernhard: Die deutschen Städte und Bürger im Mittelalter. Leipzig: Teubner 1906. Dieses 160seitige Buch ist im TMA unter der Signatur TM 2804 vorhanden. Es ist ebenfalls in verschiedenen Farben, also möglicherweise mehrfach, d.h. mit Unterbrechungen, bearbeitet worden – eine Vermutung, die sich durch Abgleich mit den Tagebucheinträgen noch erhärtet: „Las einiges über städtisches Leben im Mittelalter“ 346 , notierte der Dichter am 13. Mai 1947 an Bord der Queen Elizabeth. In den ersten drei Kapiteln finden sich fast gar keine Markierungen. Die flüchtige Beschäftigung mit der Rolle Lübecks im spätmittelalterlichen Ostseehandel dürfte unabhängig von den „Erwählten“-Arbeiten stehen. Das vierte und letzte Kapitel, das vom „inneren Leben der deutschen Städte“ handelt, ist hingegen recht intensiv für den Roman genutzt worden: Hier interessierten den Dichter vornehmlich Strafen, Krankheiten und Siechenhäuser. Auch eine zahlenmäßig sehr detailliert beschriebene, überaus pompöse einwöchige Hochzeitsfeier erregte die Aufmerksamkeit Thomas Manns, der den Pro-Kopf-Verzehr eines einzelnen Gastes am Seitenrand ungläubig nachrechnete. Von dieser Hochzeitstafel nahm Thomas Mann z.B. die Aalraupen, die er den Gästen auf Chastel Belrapeire auftischte, und ließ dazu die Zinkenbläser spielen. 6. Philippson, Ernst Alfred: Über das Verhältnis von Sage und Literatur, Sonderdruck aus: Publications of the Modern Language Association of America 62 (1947), 1, S. 239-261. Dieser 20seitige Sonderdruck ist im TMA unter der Signatur TM 3484 vorhanden. Tagebücher und Briefe schweigen über den Zeitpunkt des Zugangs, aber die handschriftliche Widmung „Herrn Dr. Thomas Mann in Verehrung überreicht. Ernst A. Philippson (University of Illinois)“, spricht – den Gelehrten-Brauch des permanenten geistigen Schriften-Austauschs voraussetzend, für den Zeitraum um die Entstehung des Aufsatzes. Trotz mehrerer Lektürespuren, lässt sich lediglich eine einzige Entnahme nachweisen, nämlich der Name des Inselklosters: Agonia Dei. 7. Kerényi, Karl: Urmensch und Mysterium, Sonderdruck aus: Das Eranus-Jahrbuch 15 (1947), S. 41-74. Dieser etwa 33seitige Sonderdruck ist im TMA unter der Signatur TM 4812 vorhanden. Auch hier lässt die handschriftliche Widmung „Dem Meister, mit schönem Dank für den Gruss[,] der mich in Budapest erreichte [...] K.K.“ die Vermutung zu, dieser Sonderdruck könnte die 346 TB vom 13.05.1947. 51 Antwort auf eine von Thomas Mann gesandte Karte von seiner 1947 veranstalteten Europareise darstellen. Thomas Mann gebrauchte diesen Aufsatz im Wesentlichen inhaltlich, nämlich zur Säkularisierung der siebzehn Jahre, die Gregorius in Hartmanns Fassung allein mit Gottes Hilfe auf dem nackten Stein überlebt haben soll. Bei seinem Freund Kerényi fand Thomas Mann eine brauchbare, d.h. eine „»rationale« Erklärung für Gregors Ueberleben“ 347 . Neben einigen sprachlichen Anleihen im Lateinischen (uteri, humus) nahm er auf Grundlage des Textes zudem vereinzelt neuhochdeutsche Neubildungen vor (Erdmilch, Erdsäugling). 8. Waag, Albert (Hrsg.): Kleinere deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahrhunderts (= Altdeutsche Textbibliothek, Bd. 10). Halle a.S.: Niemeyer 1916. Dieses etwa 250seitige Buch ist im TMA unter der Signatur TM 33 vorhanden. Es ist von Thomas Mann in der Retrospektive mit dem Prädikat „wichtig“ 348 ausgezeichnet worden, was sich allerdings im Spiegel der eher überschaubaren Zahl sprachlicher Anleihen nicht gerade unterstreichen lässt. Der Zugang zu dieser Lektüre war, den Bleistiftspuren nach zu urteilen, über das Inhaltsverzeichnis erfolgt. Obgleich Thomas Mann hier noch weitere Kapitel als lesenswert markierte, wurden lediglich, wie in seinem späteren Brief an Hermann Weigand erwähnt, „die Vorauer Sündenklage und das Arnsteiner Marienlied“ 349 intensiver bearbeitet. Die tatsächlich nachweisbaren sprachlichen Anleihen beschränken sich wiederum nur auf das X. Kapitel, das „Arnsteiner Marienlied“. Darüber hinaus darf mit Lesser 350 angenommen werden, dass es sich bei dem lateinischen Sancta Maria um den Refrain des „Melker Marienliedes“ (Kap. XV) handelt. Hrabanus Maurus’ De laudibus sanctae crucis könnte aus Waags umfangreichem Kommentar stammen, wenngleich beide Entnahmen aufgrund fehlender Bleistiftspuren nicht eindeutig belegbar sind. 9. Der Nibelungen Not. In der Simrockschen Übersetzung nach dem Versbestande der Hundshagenschen Handschrift, bearbeitet und mit ihren Bildern hrsg. von Hermann Degering. Berlin: Wegweiser 1924. Dieses etwa 270seitige, aufwändig illustrierte Buch ist im TMA unter der Signatur TM 2857 vorhanden. Es ist neben Pannier und Hertz die dritte neuhochdeutsche Versübertragung „in der imitierenden Sprache des 19. Jhrh.“ 351 , die Thomas Mann für sich fruchtbar machen konnte, doch im Gegensatz zu jenen zweien sprechen hier ein unhandliches Format, die prachtvolle Aufmachung und natürlich das Erscheinungsjahr gegen die Vermutung, dass dieses Buch ein Relikt aus Studientagen sein könnte. Die Lektürespuren, Anstreichungen mit Bleistift, setzen erst ab etwa Seite 200 ein und verteilen sich lückenhaft auf des letzte Fünftel des Buches. Von hier stammen einige sprachliche Anleihen (unterfahn, Gewaffen), die Thomas Mann vornehmlich um die Figur des Herrn Poitewin 352 in den Roman einmontiert. 347 DüD III, S. 405; siehe weiter Kap. 2.2.4. DüD III, S. 420. 349 DüD III, S. 420. 350 Lesser, S. 520. 351 Wilhelm, S. 115, Anm. 115. 352 DüD III, S. 394: „Es versteckt sich im Prosa-Satz, wie auch die parodierten Nibelungenlied-Verse es tun, in die Herr Poitewin verfällt“. 348 52 10. Auerbach, Erich: Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. Bern: Francke 1946. Dieses etwa 500seitige Buch ist im TMA unter der Signatur TM 3499 vorhanden, wodurch es als Teil des Nachlasses Thomas Manns ausgewiesen ist. Doch decken sich die wenigen Lektürespuren, die es enthält, nicht im Geringsten 353 mit den sprachlichen Anleihen, die Thomas Mann bei Auerbachs Werk, und unbestritten nur hieraus, gemacht haben muss. In einem Brief an den Verfasser Auerbach heißt es: „Ihr Buch mit dem Citat aus dem Mystère d’ Adam kam genau zum richtigen Zeitpunkt“ 354 . „Daß Thomas Mann auf das Mysterienspiel nirgends anders als in Auerbachs „Mimesis“ gestoßen ist, scheint schon dadurch erwiesen, dass noch [...] andere Kapitel dieses Buches Zitate für den Erwählten geliefert haben“ 355 , so Thieberger. Damit sind die Fragen nach der Herkunft des Buches und nach den zentralen Entnahmestellen geklärt. Dass nun vorliegendes Buch weder die obligatorische Widmung des Verfassers Auerbach noch die entsprechenden Lektürespuren Thomas Manns enthält, dafür kann es nur eine logische Erklärung geben: Das im TMA vorhandene Exemplar stammt (dessen habe ich mich nochmals versichern lassen) definitiv aus dem Nachlass Thomas Manns, ist aber dennoch nicht das Exemplar, das ihm „genau zum richtigen Zeitpunkt“ zukam, um seinen „Erwählten“ altfranzösisch zu „unterfüttern“. Thomas Manns Originalvorlage wird, „mit so vielem anderen, am Wege liegengeblieben“ 356 sein, das im TMA vorhandene Exemplar wird mit ziemlicher Sicherheit noch von Thomas Mann selbst rückergänzt worden sein. 11. Baum, Julius: Die Malerei und Plastik des Mittelalters, Bd. 2: Deutschland, Frankreich, und Britannien (=Handbuch der Kunstwissenschaft, Bd. II., hrsg. von Fritz Burger). Wildpark-Potsdam: Akademische Verlagsgesellschaft 1930. Dieser etwa 240seitige und reich bebilderte Band ist im TMA unter der Signatur TM 4949 H 26 vorhanden. Zeitpunkt und Umstände des Zugangs, aber mehr noch der Grund, warum Thomas Mann überhaupt zu diesem Buch, das sich durch seinen Titel als Kunstgeschichte ausweist, sind unklar. Die Kunst hat Thomas Mann in diesem Band, zumindest im Spiegel seiner Bleistiftspuren (Kap. II, 1; III, 8 u. 9; IV, 11), augenscheinlich recht wenig interessiert. Stattdessen konzentrierte er sich auf Informationen zu Völkerwanderung, Missionierung und Klostergründung und entnahm vornehmlich englische und deutsche Eigennamen von Personen (Gozbert, Vortigern), Volksgruppen (Alamannen) und Örtlichkeiten (Clonmacnois, Francia). Das laut Titel enthaltene französische Element lässt er außer Acht. 12. Wolfram von Eschenbach: Parzival. Aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt von Karl Pannier, 2 Bde, 3. Auflage. Leipzig: Reclam [1897]. 353 Besagte Anstreichungen befinden sich auf den Seiten 66, 459, 460, 485, 487 und beschäftigen sich vornehmlich mit Literaturgeschichtlichem des 20. Jahrhunderts. Meist streifen sie sogar Thomas Mann und sein Werk selbst. 354 DüD III, S. 403. 355 Thieberger, Richard: Französische Einstreuungen im Werk Thomas Manns, in: Alain Faure (Hrsg.): Gedanken über Dichter und Dichtungen, Bern 1988, S. 365. 356 Entst., S. 193. 53 Dieses zweibändige Werk ist im TMA unter der Signatur TM 2860-61 zusammengefasst. Den verschiedenfarbigen Lektürespuren nach zu urteilen, muss Thomas Mann diese insgesamt etwa 480seitige Quelle sehr intensiv genutzt haben. Der erste Band ist offenbar systematisch durchgearbeitet worden. Dabei legte Thomas Mann den thematischen Schwerpunkt seiner Auswahl auf die mittelalterlich-höfische Kultur, speziell auf das „detailed inventory of items connected with the life at court” 357 . Im Spiegel der Entnahmen zeigt sich des Weiteren eine besondere Vorliebe des Dichters für alles Ritterliche (Buhurd, Halsberg, Fianze), sodass Panniers „Parzival“ mit Wysling „als Hauptrüstkammer aller von Rittertum und Jagdwesen handelnden Kapitel“ 358 bezeichnet werden kann. Der zweite Band wurde nur vergleichsweise sporadisch konsultiert. Die einzig nennenswerte Übernahme bildet die lange Aufreihung von Edelsteinen (Bd. 2, S. 378/79), mit denen Thomas Mann schließlich Grimalds herzogliches Schloss ausschmückt. 13. Gottfried von Straßburg: Tristan und Isolde. Neu bearbeitet und nach dem altfranz. Tristanfragmenten des Trouvere Thomas ergänzt von Wilhelm Hertz. Stuttgart: Kröner 1877. Dieses etwa 650seitige Buch ist im TMA unter der Signatur TM 2871 vorhanden. Bei Professor Hertz hatte Thomas Mann in seinen Münchener Jahren 1894/95 eine Vorlesung über höfische Epik gehört 359 , was dem Studenten Thomas Mann Anlass gegeben haben könnte, sich besagtes Werk zuzulegen. Der Griff zu einer neuhochdeutschen Versübertragung statt zum mittelhochdeutschen Originaltext kann dabei als äußeres Anzeichen des schon an anderer Stelle angedeuteten, nicht ganz problemfreien Umgangs Thomas Manns mit der mittelhochdeutschen Sprachstufe gewertet werden. Der Text selbst findet sich nur sehr zaghaft bearbeitet, und zwar durch fast ausschließlich mit Bleistift vorgenommene dünne Senkrechtstriche am Seitenrand, sodass sich der Eindruck einer gewissen Ehrfurcht Thomas Manns vor dem Buch aus Büttenpapier mit Wasserzeichen und Goldrand einstellt. Dessen umfangreicher Anhang, der den kultur- und literaturwissenschaftlichen Kontext zu einer Auswahl exzeptioneller Wörter und Wendungen des Haupttextes bietet, wurde hingegen weitaus intensiver bearbeitet. Ähnlich wie bei Pannier stehen höfisches Leben mit seinen Details zu Jagd und Kampf im Mittelpunkt des Interesses, der Umfang der Entnahmen bleibt aber insgesamt weitaus geringer. 14. Gesta Romanorum, das älteste Mährchen- und Legendenbuch des christlichen Mittelalters, übers. u. hrsg. v. Johann Theodor Gräße (2 Hälften); 3. Ausg. (Unveränd. Neudruck d. Original-Ausg. v. 1842). Leipzig: Löffler 1905. Dieses zweibändige und etwa 590seitige Werk ist im TMA unter der Signatur TM 70:1 und 70:2 vorhanden. Vielfach markieren Bleistiftkreuze die noch zu lesenden Kapitel, die dann, den weiteren Lektürespuren nach zu urteilen, aber längst nicht immer auch tatsächlich bearbeitet wurden. Im ersten Band war das „Einundachtzigste Capitel“, das „Von der wundersamen Gnade Gottes und der Geburt des seligen Papstes Gregorius“ 360 handelt, von 357 Weigand, S. 14. Wysling 1967, S. 266. 359 Dies belegt eine von Makoschey, S. 134, eingesehene Mitschrift einer Vorlesung, die jedoch zu den Arbeiten am „Erwählten“ nicht wieder herangezogen wurde. 360 Gesta Bd. 1, S. 141-159. 358 54 ganz besonderem Interesse. Es bildet auf wenigen Seiten die stoffliche Grundlage der „Gregorius“-Legende, wie sie von Thomas Mann zunächst in den „Doktor Faustus“ integriert wurde, bevor er beschloss, mit seinem „Erwählten“ eine selbstständige Erzählung daraus zu formen, und muss zusammen mit der noch zu besprechenden neuhochdeutschen „Gregorius“Übertragung Singers und Bauers als die „eigentliche Vorlage“ 361 des „Erwählten“ gesehen werden. Strukturierende Randbemerkungen wie „Abschnitt“ (S. 148), „Bretagne“ (S. 156) und „Rom!“ (S. 158) verweisen dabei direkt auf den Roman. Die Tatsache, dass Thomas Mann auf den wenigen Seiten noch mehrere Druckfehler 362 fand und verbesserte, sprechen ebenfalls für eine überaus intensive Bearbeitung. Umso verwunderlicher ist es, dass er weder in diesem Kapitel noch an irgendeiner anderen Stelle des ersten Bandes eine sprachliche Anleihe macht. Solche sind lediglich für den zweiten Band, und hier auch nur im Anhang, nachweisbar, wo auf zwanzig Seiten „Ueber den wahren Verfasser, den Zweck und die Ausgabe der Gesta Romanorum“ 363 gehandelt wird. Der Hundename Hanegiff stammt beispielsweise von hier und an anderer Stelle hat jemand aliqua secreta dicere. 15. Gregorovius, Ferdinand: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, 2 Bde. Dresden: Jess 1926. Dieses zweibändige und insgesamt etwa 3000seitige Werk ist im TMA unter der Signatur TM 2800:1 und 2800:2 vorhanden. Bleistiftspuren, die sich über den ganzen ersten Band von 1524 Seiten verteilen, lassen zunächst ein systematisches Erarbeiten vermuten und zugleich staunen. Das (wie bei älteren Büchern üblich) am Bandende angefügte Inhaltsverzeichnis sowie seitenlange Löcher im Netz der Lektürespuren sprechen allerdings dafür, dass der Zugang thematisch-gezielt und nicht tatsächlich Seite für Seite erfolgte. Anstreichungen, die auf sprachliche Anleihen verweisen, sind dermaßen zahlreich, dass sie jene aus Panniers „Parzival“ noch bei weitem übertreffen. Bei den entlehnten Elementen entfällt der Mammutanteil auf Eigennamen altrömischer Persönlichkeiten (Sextus Anicius Probus) und Orte (Sancta Anastasia sub Palatio) wie auf weitere lateinische Elemente (Primicerius, Optimat, Benedictus qui venit in nomine Domini), die größtenteils in die römischen Kapitel zu Beginn und am Ende des Romans Eingang fanden. Offenbar hielt der erste Band genügend sprachliches Kolorit bereit, sodass Thomas Mann von einer ebenso intensiven Beschäftigung mit dem zweiten Band absehen konnte. (Und in der Tat wiederholen sich gerade die Namen recht häufig im Rahmen dieser chronologischen Längsschnittdarstellung.) Lediglich eine einzige Bleistiftspur verrät, dass Thomas Mann den zweiten Band überhaupt zur Hand genommen hat: Unter einer Abbildung 364 , die Papst Gregor XII. zeigt, befindet sich die Bleistiftnotiz Mozzetta, die zur altliturgischen Amtstracht des Papstes gehörte und mit welcher offenbar auch „Der Erwählte“ eingekleidet werden sollte. In den Notizen findet sich noch eine „rote Mozzetta aus Samt“ 365 , der dennoch die Integration in den Roman verwehrt blieb, weil ihr vermutlich von der bei Joseph Bernhart detailliert beschriebenen Amtstracht des Papstes der Rang abgelaufen worden war. 361 Makoschey, S. 127. Gesta Bd. 1, S. 159: „Sie machte [Einfg. TM: sich] also auf den Weg gen Rom.“; S. 157: „ ... und setzet ihn zu meinen [Verb. TM: -m-] Stellvertreter ein; Auf S. 148 wurde ein das zu einem daß verbessert. 363 Gesta Bd. 2, S. 286-306. 364 Gregorovius Bd. 2, Abb. neben S. 496. 365 Not. DE, Bl. -/10. 362 55 16. Bernhart, Joseph: Der Vatikan als Thron der Welt. Leipzig: List 1930. Dieses etwa 400seitige Buch ist im TMA unter der Signatur TM 4859 vorhanden. Die Lektürespuren (ausschließlich Bleistift) reichen thematisch von den Ursprüngen des Papsttums über das Hochmittelalter bis hin zu Luther. Zu Beginn der Frühen Neuzeit brechen sie abrupt ab und setzen erst beim vorletzten, nichtchronologischen Kapitel über den „Aufbau der Kurie“ wieder ein, wo Thomas Mann offenbar besonders am Unterkapitel über „Die Krönung des Papstes“ interessiert war. Sein Augenmerk lag, wie bei Gregorovius auch, auf Eigennamen und lateinischen Elementen, wenngleich dieses Buch schon im Umfang weit weniger zu bieten hatte als erstgenanntes. Was er hier nun weitaus detaillierter beschrieben fand, war das Ornat des zu krönenden Papstes (Tiara, Falda, Albe), dem standesgemäß die claves regni coelorum überreicht werden. 17. Scherer, Wilhelm: Geschichte der deutschen Literatur. Berlin: Weidmann 1894. Dieses etwa 800seitige Buch ist im TMA unter der Signatur TM 3323 vorhanden. Schon im September 1947 hatte Thomas Mann begonnen, Panniers „Parzival“-Übertragung zu sichten 366 – Grund genug, sich „in Scherers deutscher Literaturgeschichte über das Anfängliche“ 367 weiter zu vertiefen, um sein in Wilhelm Hertz’ Vorlesungen (1894) erworbenes Wissen über höfische Epik wieder aufzufrischen. Das Erscheinungsjahr von Scherers „Geschichte der deutschen Litteratur“ gibt begründeten Anlass zu der Vermutung, dass die Anschaffung auf diese Zeit zurückgeht. In der Tat sprechen die auf die ersten hundertfünfzig Seiten konzentrierten Bleistiftspuren für einen thematischen Arbeitsschwerpunkt auf höfischer Epik. Bei den vorgenommenen Entlehnungen handelt es sich in aller Regel um historische wie literarische Eigennamen (Kynewulf, Eckesachs, Sturmi), die Thomas Mann später auf die Figuren des Romans übertrug. 18. Singer, Samuel: Thomas von Britannien und Gottfried von Strassburg, in: Festschrift für Edouard Tièche. Bern: Lang 1947, S. 87-101. Dieser Sonderdruck befindet sich nicht im persönlichen Nachlass Thomas Manns. Der Dichter wird ihn irgendwann in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1947 (möglicherweise sogar persönlich von Singer, mit dem er laut Wysling 368 im Sommer in der Schweiz zusammengetroffen war) erhalten haben. Da Thomas Mann in seinen Tagebucheinträgen vom 26. und 27. November 1947 von der „Singer’sche[n] Schrift über Thomas von Britannien und Gottfried von Straßburg“ spricht, und nicht von der Festschrift, in der der Aufsatz erschien, hat die Annahme Makoscheys 369 , dass es sich bei dem von Thomas Mann benutzten (und später verlorenen) Dokument um einen Sonderdruck gehandelt haben könnte, vieles für sich. Aus dem 20seitigen Text hat Thomas Mann lediglich zwei Entnahmen, beide von der Seite 100, getätigt: Britanje und britunsch. 366 TB vom 06.09.1947. TB vom 26.12.1947. 368 Wysling 1967, S. 267. 369 Makoschey, S. 136, 245, Anm. 1. 367 56 19. Eicken, Heinrich von: Geschichte und System der mittelalterlichen Weltanschauung. Stuttgart, Berlin: Cotta [o.J.]. Dieses 822seitige Buch ist im persönlichen Nachlass Thomas Manns nicht vorhanden. Hans Wisskirchens Nachweis 370 , dass es schon zum „Zauberberg“ und zum „Doktor Faustus“ herangezogen worden ist, spricht zunächst gegen eine vorübergehende Leihgabe und für einen verloren gegangenen Besitz Thomas Manns. Weit weniger gewiss ist, ob der Dichter die erste Auflage von 1887 benutzte, wie Mendelssohn in Bezug auf den Tagebucheintrag vom 7. Januar 1948 behauptet 371 , oder ob ihm, Makoschey folgend, die zweite Auflage von 1913 vorlag. 372 Letzterer konnte im Abgleich mit den Notizen die Buchseiten 169 bis 212 sowie 488 bis 547 als Lektüreschwerpunkte Thomas Manns ausmachen. Sprachliche Entnahmen haben nur einige wenige stattgefunden, von denen der lateinische Buchtitel Summa Astesana (S. 505) die eindeutigste ist. 20. Meyers kleines Lexikon. Achte gänzlich neu bearbeitete Auflage in drei Bänden. Leipzig: Bibliographisches Institut 1931-1932. Dieses dreibändige Werk ist unter der Signatur TMB 100 053: 1-3 im Lesesaal des TMA aufgestellt. Die Signatur verrät aber, dass es sich hierbei nicht um das Original aus dem Nachlass Thomas Manns handelt, der exponierte Aufstellungsort des vom damaligen Leiter des TMA, Hans Wysling, im Jahre 1963 rückergänzten Exemplars verrät, dass es sich hierbei um ein für die Arbeiten von und über Thomas Mann sehr wichtiges Werk handeln muss. Allein zum „Erwählten“ lassen sich in den Notizen 28 Artikel 373 nachweisen, die Thomas Mann in seinem „Meyer“-Exemplar nachschlug und exzerpierte. Ein Quellenverweis Thomas Manns wie „Rüstung: Meyers K. Bd. III“ (Not. DE, Bl. -/15) oder ein kritischer Textabgleich beispielsweise des Stichworts „Zisterzienser“ (Meyer 3, Sp. 1155; Not. DE, -/27) dürften Wysling den Nachweis wesentlich erleichtert haben. So illuster die nachgeschlagenen Stichwörter sind, so uneinheitlich sind auch die aus den Artikeln entnommenen Sprachelemente (Hamen, Rousselaere, Londinium). 21. Hartmann von Aue: Gregorius. Hrsg. von Hermann Paul (= Altdeutsche Textbibliothek, Nr. 2), 2. Auflage. Halle a.S.: Niemeyer 1900. Dieses etwa 100seitige Büchlein ist nicht im Nachlass Thomas Manns vorhanden, was nicht weiter verwundern darf, da es sich um eine Leihgabe handelte: Nachdem Thomas Manns intensive Bemühungen um die „hochdeutsche Uebersetzung von Hartmann von Aue’s »Gregorius vom Steine« [...] der Reklam-Bibliothek“ 374 gescheitert waren, lag die Lösung in 370 Wisskirchen, Hans: Zeitgeschehen im Roman. Zu Thomas Manns Zauberberg und Doktor Faustus (=TMS, Bd. 6). Bern 1986, S. 68ff; vgl. weiter TB vom 16.06.1919: „Eick: Mittelalterliche Weltanschauung. Ein wichtiges Hilfswerk für den Zbg.“. 371 TB vom 07.01.1948: „Explorationen bei Eicken und Scherer“, vgl. weiter dazugehörige Anmerkung, S. 687. 372 Makoschey, S. 216. 373 Antwerpen, Aquitanien, Benediktiner, Brabant, Bretagne, Bruges, Burg, Flandern, Fischerei, Germanen, Gottfried von Straßburg, Gregor(ius), Hartmann von Aue, Irland, Kanalinseln, Kloster, Klosterschulen, London, Mönchtum, Niederlande, Rüstung, Schelde, Segeln, Seneschall, Süßwasserfauna, Vögel, Wolfram von Eschenbach, Zisterzienser. 374 DüD III, S. 349. 57 der Zweigleisigkeit: Der Dichter ließ sich von Samuel Singer eine neuhochdeutsche „ProsaUebersetzung“ anfertigen und gleichzeitig über den befreundeten Universitätsbibliothekar Gustave Arlt leihweise „das Original (herausg. von Hermann Paul)“375 zukommen. Makoschey 376 konnte nach aufwändiger Recherche im US-amerikanischen National Union Catalogue schließlich nachweisen, dass es sich dabei weder um die siebte (1942) noch um die achte Auflage vom Mai 1948, wie noch Wysling 377 angenommen hat, sondern dass es sich um die zweite Auflage der „Altdeutschen Textbibliothek, Nr. 2“ von 1900 gehandelt haben muss, die der Dichter „mit Wörterbuch“ 378 – Makoschey 379 nimmt den „Kleinen Lexer“ an – bis Mitte Februar 1948 „zu Ende“ 380 las. 22. Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Stuttgart: Hirzel [...]. Dieses etwa 500seitige Nachschlagewerk ist im Nachlass Thomas Manns nicht vorhanden. Dass der Dichter ein mittelhochdeutsches Wörterbuch besaß und zur Übersetzung seines o.g. „Gregorius“-Originals auch benutzte, geht aus seinem Brief vom 17. Februar 1948 381 klar hervor. Dass es sich dabei zwangsläufig um den „Kleinen Lexer“ gehandelt haben muss, den Makoschey als „gängigstes mittelhochdeutsches Wörterbuch“ vorschlägt, um den „lexikalischen Wissensstand“ zu repräsentieren, der „Thomas Mann zugänglich war“ 382 , muss zunächst kritisch hinterfragt werden. Schließlich hätte er genauso gut den so genannten „BMZ“ 383 oder den „Großen Lexer“ 384 konsultieren können. Offenbar stand das mittelhochdeutsche Wörterbuch Thomas Manns nicht nur in der Funktion der Übersetzungshilfe, sondern half ihm darüber hinaus, „jedem Wort [...] humoristisch an die Wurzel“ 385 zu gehen, so auch den beiden mittelhochdeutschen Wortformen gevitzt und krank: Auf das Adjektiv kranc wird Thomas Mann in seinem mittelhochdeutschen „Gregorius“ gestoßen sein, wo er von kranker spîse (V. 2899, 2904) las. Irritiert über den für ihn ungewöhnlichen Bedeutungszusammenhang schlug er in seinem mittelhochdeutschen Wörterbuch nach und notierte sich schließlich: „kranc: [...] gering, schlecht“ (Bl. -/17). Ein Textabgleich innerhalb der in Frage kommenden Wörterbücher führt zu keinem Ergebnis, da diese Interpretamente in allen dreien belegt sind. Der Wortlaut des Romantextes, der das Element gevitzt umgibt – „in ihrem gevitzten Kleidchen (oder wie man zu künstlich mit Goldfäden eingewebten Mustern sagt)“ 386 – schließt zunächst den „BMZ“ kategorisch aus, der weder das Stichwort „vitzen“ noch das Partizip „gevitzt“ führt. 387 Die naturgemäß eng miteinander korrespondierenden Einträge des 375 DüD III, S. 350. Makoschey, S. 127, Anm. 9. 377 DüD III, S. 350, Anm. 12. 378 DüD III, S. 351. 379 Makoschey, S. 128, Anm. 10. 380 TB vom 16.02.1948. 381 DüD III, S. 351. 382 Makoschey, S. 128. 383 Mittelhochdeutsches Wörterbuch, ausgearbeitet von Wilhelm Müller, Friedrich Zarncke und Georg Friedrich Benecke, 3 Bde. Leipzig 1854-1866. (im Folgenden und der Sigle ‚BMZ’) 384 Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, 3 Bde. Leipzig 1872-1878. (im Folgenden und der Sigle ‚Gr. Lexer’) 385 DüD III, S. 419. 386 DE, S. 21. 387 BMZ Bd. 3, S. 333b, kennt lediglich das Substantiv viz. 376 58 „Großen Lexers“ („gevitzte slôwir, schleier, denen künstliche muster eingewebt sind“ 388 ) und des „Kleinen Lexers“ („gevitzt [...] mit künstlich eingewebten Mustern versehen“ 389 ) lassen dennoch ein greifbares Ergebnis zu. „Der Erwählte“: künstlich eingewebten Mustern „Kleiner Lexer“: künstlich eingewebten mustern „Großer Lexer“: künstliche muster eingewebt Die morphosyntaktische Anordnung der einzelnen Elemente spricht eher für den kleinen als für den „Großen Lexer“. Wenn angenommen werden darf, dass die Anschaffung des mittelhochdeutschen Wörterbuchs ebenfalls im Rahmen der Hertz’schen Vorlesungen geschah, erhärtet sich dieser Verdacht zu einer vorsichtigen Gewissheit, da sich ein dreibändiges Werk zu diesem Zwecke als überaus unhandlich erwiesen hätte. Welche Auflage Thomas Mann nun benutzte, ließe sich zwar eingrenzen, aber nicht genau bestimmen. Ob und inwiefern der Dichter sein mittelhochdeutsches Wörterbuch auch in konstruktivem Sinne als Materialquelle benutzte, muss die folgende Analyse des Romantextes zeigen. Fest steht, dass es eine auffällig große Zahl unbelegter mittelhochdeutscher Elemente (so auch gevitzt) gibt, die gewiss nicht auf die Sprachkompetenz Thomas Manns zurückzuführen sind und laut Quellenverweisen der „MHDWB“ 390 auch in keiner der mittelhochdeutschen Quellen Thomas Manns zu finden sein dürften. Da der Hauptteil sich seit der dritten Auflage von 1885 nur wenig, seit der neunzehnten Auflage von 1929 fast gar nicht mehr verändert hat 391 , kann dieser Untersuchung o.g. aktuelle Ausgabe zugrunde gelegt werden. 23. Antike Erzähler. Von Herodot bis Longos. Hrsg. von Franz Stoessl. Zürich: Manesse 1947. Dieses etwa 550seitige Werk ist im persönlichen Nachlass Thomas Manns nicht vorhanden, befand sich vormals aber in seinem Besitz. Während seiner Europareise im Sommer 1947 kam es laut Tagebucheintrag am 2. August zu einem „Telephon[gespräch] mit Meyer 392 vom Manesse-Verlag“ mit anschließender „Abholung der Frachtstücke“. 393 Wahrscheinlich wechselten hierbei nicht nur diese, sondern auch die gerade im Manesse-Verlag erschienenen „Antiken Erzähler“ den Besitzer. Thomas Mann nahm das Geschenk dankend an und zog sich bei nächster Gelegenheit, „gegen Abend“ des kommenden Tages, „auf eine Bank im Garten“ 388 Gr. Lexer Bd. 3, Sp. 376. (Unterstreichungen des Autors) Laut Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Mit einem Nachtrag von Ulrich Prenzel. Stuttgart 1992, S. 290 ein Partizip zum Verb vitzen. (im Folgenden unter der Sigle ‚Kl. Lexer’) 390 Mittelhochdeutsche Wörterbücher auf CD-Rom und im Internet. Ein elektronischer Verbund der wichtigsten lexikographischen Hilfsmittel zum Studium älterer deutscher Texte, hrsg. von Thomas Burch, Johannes Fournier und Kurt Gärtner. Stuttgart 2001. (im Folgenden unter der Sigle ‚MHDWB’) 391 Bachofer, Wolfgang: Kurzer historischer Überblick, in: Ders. (Hrsg.): Mittelhochdeutsches Wörterbuch in der Diskussion, Symposion zur mittelhochdeutschen Lexikographie, Hamburg, Oktober 1985 (=Reihe Germanistische Linguistik, Bd. 84). Tübingen 1988, S. 3-8. 392 Laut TB 1946-1948, S. 594, Anm. 139,1, war der Germanist Dr. Walther Maier gemeint, der seit 1944 die „Manesse-Bibliothek der Weltliteratur“ herausgab. 393 TB vom 02.08.1947. 389 59 zurück, um sich von den „Antiken Erzählern“, die er als „unendlich naiv“ empfand, „zu der mittelalterlichen Novelle anregen“ zu lassen.394 Laut Makoschey las Thomas Mann wahrscheinlich das Herodot-Kapitel. Das Tagebuch nennt des Weiteren die „Witwe von Ephesus“ 395 , „Daphnis und Chloe“ 396 sowie „Lukians Reiselügen“ 397 . Elemente wie Schwäher, kreißen, Base oder Ninive lassen die vorsichtige Annahme zu, dass Thomas Mann dieses Werk über die bloße Anregung hinaus auch als Materialquelle benutzt haben könnte. Zumindest für die zwei erstgenannten Elemente existiert keine weitere Verweisstelle in den übrigen Quellen zum „Erwählten“. 24. Benz, Richard: Gregorius auf dem Stein: eine alte deutsche Legende. Jena: Diederichs 1920. Dieses Flugblatt 398 ist im TMA unter der Signatur TM 2852 vorhanden. Es handelt sich um 23 unpaginierte Textseiten, von denen nicht auszumachen ist, wann und auf welchem Wege sie Thomas Mann zugegangen sind. Makoschey hat diese Quelle sehr treffend als „stark verkürzte und altertümelnde (vielleicht indirekte) Übersetzung von Hartmanns Versepos“ charakterisiert, das Thomas Mann wahrscheinlich benutzt hat, „bevor er an das Hartmann’sche Original gekommen ist.“ 399 Trotz einer Vielzahl von Bleistiftunterstreichungen lassen sich mit Pfaffheit und gnädiglich lediglich zwei Elemente ausmachen, die Eingang in den „Erwählten“-Text gefunden haben (könnten). 25. Roget, Peter Mark: Thesaurus of English Words and Phrases. London: Longmans, Green & Co. 1946. Dieses 705seitige Nachschlagewerk ist im TMA unter der Signatur TM 3853 vorhanden. Der Widmung auf dem Vorsatzpapier lässt sich entnehmen, dass es sich hierbei um „a rather rational prelude to Christmas“ 1946, überreicht von Ida Herz, handelt. Den fehlenden Lektürespuren nach zu urteilen, hat Thomas Mann nie wirklich intensiv mit diesem Buch gearbeitet. Für den „Erwählten“, speziell für das 12. Kapitel „Der Faustschlag“, brauchte Thomas Mann einige Synonyme für das englische Wort fight. Diesem Stichwort folgend fand er auf den Seiten 264/265 von „Roget’s Thesaurus“ eine große Auswahl, von denen er an die zwanzig in seine Notizen (Bl. 8) übertrug. Aufgrund weitgehender Übereinstimmung der teilweise doch recht exzeptionellen Elemente (death-struggle, sharp contest etc.) müssen die (aufgrund fehlender Lektürespuren grundsätzlich berechtigten) Zweifel, ob sich Thomas Mann nicht auch anderweitig informiert haben könnte, zurückgewiesen werden. 394 TB vom 03.08.1947. TB vom 02.09.1947. 396 TB vom 03.08.1947. 397 TB vom 04.08.1947. 398 Sonderdruck aus den „Alten deutschen Legenden“, gesammelt von Richard Benz. Jena: Dietrichs 1920, S. 94104, gedruckt als Flugblatt 6/7 der Gemeinschaft „Die Pforte“, hervorgegangen aus dem badischen Kunst- und Kulturrat von 1918. Von diesem Flugblatt wurden 300 Exemplare auf besonderem Papier gedruckt, handkoloriert und handschriftlich nummeriert. Thomas Manns Exemplar blieb unpaginiert, die Seitenangaben werden daher in [...] angegeben. 399 Makoschey, S. 127. 395 60 4.3 Lexikologisch-lexikographische Konzeption 4.3.1 Methodische Vorüberlegungen Die vorliegende Arbeit will entsprechend der eingangs formulierten Zielsetzung mehr sein als eine bloße Quellenstudie. Es gilt darüber hinaus, die Qualität des fremden Sprachmaterials zu bestimmen, doch muss zuvor entschieden werden, was überhaupt analysiert werden soll. Die Annäherung an das Phänomen einer sprachlichen „Vermittelalterung“ eines 260seitigen, neuhochdeutsch zu lesenden Textes verlangt im Vorab nach einer weiteren Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes. Die Tatsache, dass der sprachlich befremdende Effekt bei ausnahmslos jedem Leser von subjektiven Faktoren abhängt, zwingt zur Suche nach einer möglichst objektiven Bewertungsgrundlage. Da es zudem darum geht, die Spracharbeit Thomas Manns nicht mit der Messlatte des heutigen Sprachstandes, sondern im sprachhistorischen Kontext 400 der Entstehungszeit des Romans zu analysieren, fällt die Wahl auf die Leipziger 14. Auflage der Duden-Rechtschreibung aus dem Jahre 1951 401 . Dieses von seinen Bearbeitern als „Volksbuch“ 402 verstandene Nachschlagewerk zeichnet sich dadurch aus, dass die Anzahl 403 seiner Stichwörter bemerkenswert gering ausfällt und damit vor allen anderen Ausgaben dieses Zeitraums prädestiniert ist, das lexikalische Grundwissen eines von Thomas Mann angenommenen „Durchschnittslesers“ 404 zu repräsentieren. Gleichzeitig wurden in dieser Ausgabe die letzten Spuren deutschtümelnder oder gar NS-konformer Einträge getilgt, die in dem Vorgänger von 1947 teils noch anzutreffen waren. Dieser „radikalen Entrümpelung“ 405 stehen lediglich siebzig Neueinträge gegenüber, die zwar zwangsläufig auch die politische Entstehung und Entwicklung der DDR dokumentieren, deren Qualität 406 und geringe Quantität allerdings verbietet, von einer ideologischen Durchtränkung des Wortschatzes zu sprechen, sodass dessen Brauchbarkeit für den genannten Zweck nicht beeinträchtigt wird. Den Dudenwortschatz voranstehend als eine Art Vorfilter zu benutzen, scheint wie gesagt die einzig legitime Möglichkeit, über die Einbringung eines sprachlichen Status Quo das subjektive Fremd(wort)empfinden des Verfassers weitgehend auszuschließen und sich gleichzeitig dem befremdenden Effekt, mit dem Thomas Mann seinen zeitgenössischen Leser konfrontiert, so objektiv wie möglich anzunähern. Dabei möchte ich die eigentlich an dieser Stelle auftretende Kardinalfrage der Lexikographie: „Wörterbücher – normativ und / oder deskriptiv?“ 407 nicht diskutieren, sondern möchte mich denjenigen Teilnehmern dieser 400 Der Unterschied zwischen dem Sprachstand von 1951 und dem heutigen ist zwar nicht groß, aber dennoch existent: So führt der aktuelle Dudenwortschatz Begriffe wie vermahnen (DE, S. 32) oder Zunder (DE, S. 193) als veraltend, hingegen 1951 als noch voll gebräuchlich. 401 Duden. Rechtschreibung, mit Berücksichtigung der häufigsten Fremdwörter. Leipzig 1951. (im Folgenden unter der Sigle ‚Duden’) 402 Duden, S. III (Vorwort). 403 Laut Sauer, S. 141f., wurde die Zahl der Stichwörter im Vergleich zur vorherigen Ausgabe von 1947 um mehr als die Hälfte vermindert und steigt, in Ost wie West, später wieder an. Meinen Berechnungen nach entspricht ihre Zahl in etwa 25.000 bis 30.000, was laut Grammatik-Duden, S. 399, in der Tat mit dem passiven Wortschatz eines Gymnasiasten korrespondiert. 404 DüD III, S. 404. 405 Sauer, S. 141ff. 406 ... wie z.B. Kriegsverbrecher, Blockpolitik, volkseigen etc. 407 Ludwig, Klaus-Dieter: Wörterbücher – normativ und/oder deskriptiv?, in: Jahrbuch für Internationale Germanistik, Reihe A 54 (2000), S. 221-228. 61 Diskussion anschließen, die „einsprachige Wörterbücher durchaus als Informanten für Daten des Grundwortschatzes einer Sprache“ 408 sehen und ihnen im deskriptiven Sinne die Kapazität zugestehen, „den Sprachstand eines bestimmten Zeitabschnitts rein beschreibend“ 409 darzustellen. Alles Fremde, dem Normalleser Unverständliche wird auf diesem Wege aus dem Gesamttext des Romans gelöst und im weiteren Fortgang der Arbeit alphabetisch katalogisiert. Schon jetzt steht fest, dass es nicht ausreichen wird, in hunderten von Fällen das Prädikat ‚Fremdwort’ zu vergeben, nur weil es sich um ein dem Leser fremdes Wort handelt. Ziel dieses Kapitels muss es sein, ein Instrumentarium zu schaffen, das eine differenzierte Betrachtung und Auswertung der Literatursprache ermöglicht. Dabei steht vor allem das Wort, nicht etwa der gesamte Stil im Fokus der Betrachtung. Da die Literatursprache, wie eingangs erläutert, im Rahmen dieser Arbeit als Varietät der Normalsprache verstanden werden soll, ist der Rückgriff auf einschlägige linguistische Termini (Fremdwort, Lehnwort, Neubildung etc.) legitimiert. Doch zuvor scheint es geraten zu klären, inwiefern der Dichter in Briefen, Tagebüchern und Nachschriften seine Spracharbeit selbst reflektierte, um gegebenenfalls ein anzustrebendes Modell durch treffendere terminologische Alternativen aus der Feder des Dichters konkretisieren zu können. Thomas Mann ist sich offenbar der Neuheit und Außerordentlichkeit seines Sprachschaffens durchaus bewusst, wenn er das Textgesamt des „Erwählten“ als ein „vollständiges Ad hoc, erfunden ausschließlich für diesen besonderen Fall“410 , und als „unwiederholbar“ 411 bezeichnet. „Das englische Plattdeutsch der Fischer von der nicht existierenden Insel St. Dunstan [...] wie so manches andere“ mehr seien seine „persönliche Erfindung“ 412 . „Wortbildung“ 413 – Thomas Mann gebraucht diesen Begriff im Sinne von ‚Neubildung’ – geschah demnach zwar mit poetischem Vorsatz, aber augenscheinlich nicht mit System, d.h. reflexiv: Im Rahmen der „Faustus“-Arbeiten notiert der Dichter: „Ich las [...] rein Philologisches, die Sprachphantasie Nährendes und Anregendes, wie Sprichwörter des Mittelalters von dem ehrwürdigen Samuel Singer in Bern.“ 414 Doch den wohl eindeutigsten Beleg für die sich hier erhärtende These eines intuitiven Sprachschaffens aus einer Art „Sprachgefühl“ 415 heraus, liefert ein von Thomas Mann im Rahmen seiner „Lotte“-Arbeiten hinzugezogener Aufsatz mit dem Titel „Goethe als Wortschöpfer“ 416 . Die linguistischen Termini 417 , mit denen dieser Aufsatz operiert, aber auch erzähltheoretisch Verwertbares, wie z.B. der Satz „oft setzt er [Goethe] ein deutsches Wort absichtlich für ein fremdes“, werden von Thomas Mann gänzlich ignoriert. Seinen Lektürespuren zufolge waren es ausschließlich die ungewöhnlichen 408 Harras, S. 161. Ludwig, S. 222; vgl. weiter Wiegand, Herbert Ernst: Kleine Schriften, Bd. 1. Berlin 2000, S. 680, über die „Aspekte lexikographischer Normativität“; Henne, Helmut: Lexikographie, in: Lexikon der Germanistischen Linguistik, hrsg. von Peter Althaus (u.a.). Tübingen 1973, S. 591, handelt über die „Zwecke von Wörterbüchern“. 410 DüD III, S. 401. 411 DüD III, S. 391: So bezeichnet in den Briefen an Hermann Kesten (23.05.1951) und Ludwig Muth (27.05.1991). 412 DüD III, S. 403. 413 DüD III, S. 418. 414 Entst., S. 287. 415 DüD III, S. 417. 416 Materialien zur „Lotte in Weimar“, unveröffentlicht (TMA, Mat. 5,33); vgl. Frizen, Werner: Kommentar zu Thomas Manns Roman Lotte in Weimar (=Große kommentierte Frankfurter Ausgabe, Bd. 9,2). Frankfurt a.M. 2003, S. 823f. 417 Zusammensetzungen, Fremdwörter, Wortklassen, Morphologie, neugebildet, Wortschöpfung, etc. 409 62 Wortformen (Farsarellen, Jbilitäten, infantisieren) mit ihren unbekannten Bedeutungen, die ihn interessierten und von denen er sich anregen ließ. Eine theoretische Anleitung zur „Wortbildung“ brauchte er also nicht, was die Notizen zum „Erwählten“ nur bestätigen können. Zwar finden sich die Entwicklungsstufen einzelner Elemente teilweise akribisch dokumentiert (fôrest Æ Fôrest Æ Forest), aber linguistische Termini wie Lehnwort, Ableitung oder Neubildung sucht man vergebens. Neben unkommentierten Wortbildungsfolgen finden sich vereinzelt etymologische Entwicklungslinien – „Belrapeire (bel repaire) = schöne Aussicht“ 418 – nachvollzogen, die aber, im Gegensatz zum „Faustus“ 419 , in den fertigen Romantext kaum 420 eingebracht werden. Weder im Rahmen der „Erwählten“-Arbeiten noch im Dunstkreis der vorangegangenen Sprachwerke („Lotte“, „Faustus“) sind aus der Feder des Dichters brauchbare Beschreibungsmuster der von ihm geschaffenen Literatursprache entstanden. „Umdichtung“ 421 , „Wortbildung“ oder „Ad hoc“ – das sind die Kategorien, in denen Thomas Mann sein Sprachschaffen sah und dachte. Da Thomas Mann selbst allenfalls mit terminologischen Ansätzen dienen kann, die kaum ausreichen, die Sprache des „Erwählten“ linguistisch greifbar zu machen, wird sich die in diesem Kapitel auszuarbeitende Nomenklatur der ‚(Fremd-)Wort(-bildung)’ an den Ergebnissen der um den Dichter und sein Werk entstandenen Forschung orientieren müssen. Werner Frizen gibt in seinem Aufsatz einen recht aktuellen Überblick der zurückliegenden Erforschung von „Thomas Manns Sprache“ 422 und somit über die Möglichkeiten einer wissenschaftlichen Annäherung an selbige. Als tonangebend konnten sich die bereits genannten Arbeiten von Mater und Werner Betz erweisen, die sich den Bereichen ‚Wortbildung’ und ‚Fremdwort’ zuwenden. Ihre Ergebnisse werden an entsprechender Stelle aufgegriffen und in die Diskussion einfließen. Bei terminologischen Unschärfen oder Widersprüchen wird die einschlägige linguistische Fachliteratur hinzugezogen. Der Mehrdimensionalität der Mann’schen Spracharbeit entsprechend müssen eine Vielzahl von Fragen 423 an das zunächst als fremd eingestufte Element herangetragen werden. Angefangen auf unterster, ganz elementarer Ebene wird eingangs geprüft werden müssen, ob es sich um ein existentes Wort handelt, das in irgendeinem mittel- oder westeuropäischen Wortschatz nachweisbar ist. Wenn dies so ist, wird seine Sprach(-stand)zugehörigkeit ermittelt und weiter ausdifferenziert, wobei die Lehnwörter ihrer Ausgangssprache zugeordnet und die Eigennamen naturgemäß eine Sonderstellung einnehmen werden. Handelt es sich stattdessen um ein nichtexistentes Element, „ein Ad hoc“ 424 , wie Thomas Mann es nennt, wird in Anlehnung an die Prinzipien der Wortbildung entschieden werden müssen, ob es sich um eine Weiterbildung eines (in Quellen und/oder Sprachkompetenz Thomas Manns) 418 Not. DE, Bl. 13/46; ähnlich: Klamidê, Ulterlec, Bealzenan, Schafillor. DrF, S. 142: „femina [...], was teils von fides, teils von minus, von minderem Glauben kam“; DrF, S. 340: „»Geh, Kaschperl, sei stat!« [...] (das im Dialekt stehengebliebene »stâti«, im Mittelhochdeutschen »staete«, dann »stet«, das ist: »ruhig« und »unbeweglich«)“. 420 DE, S. 68: „Abt [...] Vater; und so ist es [...] ja auch nach dem Sinn der Sprache“. 421 Entst., S. 291. 422 Frizen 2001, S. 854-874. 423 Die Analyseschritte sind hier in Chronologie der Erkenntnis schematisiert dargestellt, wohl wissend, dass die Praxis eine andere ist. 424 DüD III, S. 401; Weiss 1964, S. 29, spricht in Anlehnung an Mater von Wörtern, die „ad hoc gebildet werden, um Konstellationen (motivisch-thematische Komplexe), die sich im Zusammenhang des besonderen Textes bzw. Werkes ergeben haben, zu fixieren und so in den Griff zu bekommen“. „Nicht selten verdankt sich die Neubildung dem Kontext, wird ad hoc aus den vorhandenen Elementen kombiniert und oft wieder fallengelassen“, so Frizen 2001, S. 864. 419 63 bereits bestehenden Wortes oder gar um eine Neuschöpfung handelt. Doch sei vorab einschränkend angemerkt, dass es angesichts der zu erwartenden Sprach- und Formenvielfalt nicht immer möglich sein wird, für wirklich jedes fremdartige oder -sprachige Wort eine eigene Typologie zu finden. Stattdessen wird dem in diesem Kapitel auszuarbeitenden Modell der ‚(Fremd-)Wort(-bildung)’, dessen Ausbildung weitgehend in Orientierung an der qualitativen Stichprobe (Kap. 2.2.5) vorgenommen wird, ein gewisses Quantum an Flexibilität abverlangt werden müssen. 4.3.2 Das Deutsche Wenn nun das analytische Zwischenergebnis 1. für ein real existentes und 2. für ein Element speziell deutscher Sprachzugehörigkeit spricht, erfolgt innerhalb des deutschen Wortschatzes eine Binnendifferenzierung, die vornehmlich mit den sprachperiodischen Termini ‚mhd.’, ‚fnhd.’, ‚veraltet’ und ‚veraltend’ operieren wird. Da die Terminologie der im Rahmen dieser Klassifikation herangezogenen deutschen Wörterbücher teilweise weit voneinander abweicht, ist eine vereinheitlichende Diskussion an dieser Stelle kaum zu vermeiden: ‚Veraltend’ ist ein in der modernen Lexikographie relativ verbreiteter Begriff. Es handelt sich hierbei um aus dem aktiven Sprachgebrauch zurückweichende, gewissermaßen nicht mehr produktive und zumeist nur noch in überkommenen, recht statischen Redewendungen und Floskeln vorkommende Wörter (aus dem Stegreif, Zeter und Mordio, Lug und Trug, in Bälde). Der Begriff ‚veraltet’ greift noch weiter in die Vergangenheit zurück und bezieht sich auf Wörter, die aus dem mündlichen wie schriftlichen Sprachgebrauch ausgeschieden sind, sich aber noch im kulturellen Gedächtnis einer Sprachgemeinschaft befinden. In beiden Fällen handelt es sich um Begriffe, die einen laufenden Prozess der Ausmusterung einzelner Elemente aus einem zu einem bestimmten Zeitpunkt als fix angenommenen Wortbestand beschreiben. Erst in Relation zu diesem erhalten sie eine gewisse Trennschärfe. Dem gegenüber stehen eine Reihe sprachhistorisch abgeschlossener und lexikographisch voll anerkannter Sprachstufen wie beispielsweise das Althochdeutsche, das Mittelhochdeutsche oder das Frühneuhochdeutsche. 425 Diese Sprachstufen sind – wie Kunstepochen oder allgemeinhistorische Zeitalter – Konstrukte, definiert von der Nachwelt, was mitunter daran zu erkennen ist, dass derartige Epochenbegriffe immer erst Jahrhunderte nach ihrem eigentlichen Ende zum ersten Mal im allgemeinen Sprachgebrauch auftauchen. Hierbei sind die Kriterien der Periodisierung nicht ausschließlich struktureller, sondern eben auch pragmatischer Natur. 426 Oder mit Götze etwas pathetischer ausgedrückt: „Die sachliche schwierigkeit erwächst hier im grunde aus dem kern von willkür, der in jeder periodisierung unserer sprachgeschichte enthalten ist. Von gründen äusserer notwendigkeit vorgeschrieben [...], kann dieser schnitt wissenschaftlich nie einwandfrei geführt werden, er wird und muss einmal auch ins leben schneiden.“ 427 425 Schlaefer, Michael: Lexikologie und Lexikographie. Eine Einführung am Beispiel deutscher Wörterbücher (=Grundlagen der Germanistik, Bd. 40). Berlin 2002, S. 116ff., spricht von den drei Hauptperioden des älteren Deutsch. 426 Gardt, Andreas: Geschichte der Sprachwissenschaft in Deutschland. Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Berlin, New York 1999, S. 224. 427 Götze, Alfred: Frühneuhochdeutsches Glossar. Berlin 1971, S. XII. 64 Kein mittelalterlicher Mensch wusste, dass er im Mittelalter lebte und dass er möglicherweise eine Varietät des Mittelhochdeutschen sprach. Insofern ist der Begriff ‚mhd.’ ebenso als relativ zum heutigen Sprachstand zu sehen wie der Begriff „veraltet“, allerdings mit dem Unterschied, dass das Mittelhochdeutsche ungleich schärfer definiert und durch einen vergleichsweise geschlossenen Wortschatz repräsentiert ist. Treibende Kraft bei der Abgrenzung und Definierung einer Sprachstufe ist der Leser eines älteren Textes mit Verständnisschwierigkeiten bei seiner Lektüre. Mit zunehmendem Zeitabstand nimmt die Zahl der Leser mit Verständnisschwierigkeiten zu und die Nachfrage nach einer Lektürehilfe, zunächst meist nach text(sorten)spezifischen Glossaren, steigt. Eine durch Schule und Wissenschaft betriebene Kanonisierung des Textsortenspektrums und die durch Verengung des Blickwinkels vorgenommene Annäherung an eine sprachliche Leitvarietät schaffen weitere Grundvoraussetzungen für die Abgrenzung einer Sprachstufe, die letztlich in Form eines Wörterbuches dem Leser als Übersetzungs- und Lektürehilfe an die Hand gegeben wird. Noch 1833 – die Erschließung der deutschen Altertümer lag in den Anfängen – gab es Wörterbücher wie das Heyses 428 , die mit Blick auf die sprachliche Vergangenheit mit dem vereinheitlichenden Terminus ‚altdeutsch’ auskamen. Spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts, als Georg Friedrich Beneckes, Wilhelm Müllers und Friedrich Zarnckes vierbändiges „Mittelhochdeutsches Wörterbuch“ erschien, ist der Terminus ‚mittelhochdeutsch’ in der deutschen Sprachgeschichte etabliert. Und seit der sog. „BMZ“ und seine Nachfolgearbeiten 429 im Jahre 2002 als digitale „Mittelhochdeutsche Wörterbücher im Verbund“ zusammengefasst wurden, ist in der lexikographischen Arrondierung des Mittelhochdeutschen ein weiterer Großschritt getan worden. Für die jüngere, weit besser verständliche Sprachstufe des Frühneuhochdeutschen kann dies zwar auch, aber nicht in gleichem Maße gelten: Nur einige der neueren deutschen Wörterbücher greifen bei der sprachperiodischen Spezifikation auf den Terminus ‚fnhd.’ zurück, dessen Wortschatz mit Oskar Reichmanns noch nicht vollendetem „Frühneuhochdeutschem Wörterbuch“ 430 , Alfred Götzes kleinem Glossar und Christa Baufelds ebenso „Kleinem frühneuhochdeutschen Wörterbuch“ 431 bisher noch vergleichsweise lückenhaft arrondiert ist. Doch muss dabei bedacht werden, dass das Frühneuhochdeutsche zum einen eine weitaus jüngere „Erfindung“ 432 als das Mittelhochdeutsche ist, sodass dessen Bearbeitung als noch nicht abgeschlossen gelten kann. Zum anderen stellt eine gesamtsystembezogene Lexikographie des Frühneuhochdeutschen auch viel höhere Anforderungen an die Forschung, da sich diese Sprachstufe in ihrer Frühzeit durch ein gänzliches Fehlen einer Leitvarietät auszeichnet, mit deren gegen Ende des 14. Jahrhunderts einsetzender Herausbildung wiederum ein explosionsartiger Anstieg der Schriftlichkeit, der Schreibanlässe und somit der Textsorten einhergeht. 433 Dennoch hat der 428 Heyse, Johann Christian August: Handwörterbuch der deutschen Sprache: mit Hinsicht auf Rechtschreibung, Abstammung und Bildung, Biegung und Fügung der Wörter, so wie auf deren Sinnverwandtschaft. Magdeburg 1833. 429 Gemeint ist der bereits erwähnte „Große Lexer“, das Findebuch zum mittelhochdeutschen Wortschatz, hrsg. von Kurt Gärtner (u.a.). Stuttgart 1992 sowie Eberhard Nellmanns Quellenverzeichnis zu den mittelhochdeutschen Wörterbüchern. Stuttgart 1997. 430 Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, hrsg. von Ulrich Goebel und Oskar Reichmann, (bislang) 4 Bde. Berlin (u.a.) 1986-1989. (im Folgenden unter der Sigle ‚FWB’) 431 Baufeld, Christa: Kleines frühneuhochdeutsches Wörterbuch: Lexik aus Dichtung und Fachliteratur des Frühneuhochdeutschen. Tübingen 1996. 432 Zur Periodisierung vgl. Gardt, S. 224. 433 FWB Bd. 1, S. 17. 65 Terminus ‚fnhd.’ allmählich einen festen Platz in der Nomenklatur der neueren Lexikographie und soll neben ‚mhd.’, ‚veraltet’ und ‚veraltend’ zur Spezifikation des deutschsprachigen Teils des sprachlich fingierten Mittelalters Thomas Manns herangezogen werden. Baufeld plädiert in ihrer jüngst erschienenen Arbeit dafür, gegen die vorherrschende definitorische Praxis, das Frühneuhochdeutsche für den Zeitraum von etwa 1350 bis 1650 anzusetzen, den Schnitt bereits um 1600 zu setzen, um den „literatursprachlich[en] Eigenständigkeitswert“ des Barock gebührend abgrenzen zu können. 434 Ob nun dieser Vorschlag in seinem Grundsatz berechtigt ist oder nicht, eines belegt er ganz deutlich: Eine tendenziell abnehmende Trennschärfe der lexikographischen Termini ‚ahd.’ – ‚mhd.’ – ‚fnhd.’ – ‚barock’(?). So entsteht zwischen dem Terminus ‚fnhd.’, der sprachhistorisch bis etwa 1650 angenommen werden soll, und dem Begriff ‚veraltet’, der angenommen bis 1800, vielleicht noch etwas weiter zurückreicht, eine sprachperiodische Grauzone, deren Ursache zum Teil, wie oben ausgeführt, in der Natur der Sache liegt, zum Teil aber auch auf einen Mangel spezieller Wörterbücher zurückzuführen ist. „Für die jüngere neuhochdeutsche Sprachstufe nach 1640 liegt kein eigenes Periodenwörterbuch vor“ 435 , konstatiert Michael Schlaefer. Rolf Bergmann spricht sogar von einer „deutlich erkennbaren Lücke in der Wörterbuchlandschaft“, die mittelfristig durch ein „historisches deutsches Wörterbuch für die Zeit vom 17. bis 20. Jahrhundert“ geschlossen werden müsse. 436 Nun befindet sich das Deutsche aber in der privilegierten Lage, über ein derart umfassendes Wörterbuch wie das der Brüder Grimm zu verfügen. Von der Erfassung des Wortmaterials gesehen, zielte das „Deutsche Wörterbuch“ (bei schwankendem Konzept) von Anfang an auf das gesamte Neuhochdeutsche (einschließlich des Frühneuhochdeutschen 437 ) und nahm unter „starker Berücksichtigung der älteren Sprache“ teilweise „sogar Wörter mit nur vorneuhochdeutscher Bezeugung auf[]“ 438 : „Wir achten auf alle kräfte der sprache [...], auf alles, was in der alten sprache lebte und heute unbekannt und ungewöhnlich ist.“ 439 J. Grimm Es berücksichtigt darüber hinaus die Mundarten, die Umgangssprache und insbesondere die alten Fach- und Handwerkssprachen. So ist es kein Problem, für das Gros der im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchenden neuhochdeutschen Elemente den Nachweis nebst dazugehörigen Bedeutungen, Formvarianten und Textbelegen zu erbringen. Lediglich die abstrakte sprachperiodische Klassifikation (fnhd.?, veraltet?, veraltend?) sieht dieses in seinem Selbstverständnis als entwicklungsbezogenes und keiner Sprachstufe verpflichtetes Belegwörterbuch nicht als seine Aufgabe 440 an, sodass eine sprachstufenbezogene 434 Baufeld, S. IX. Schlaefer, S. 118. 436 Bergmann, Rolf: Historische Lexikographie des Neuhochdeutschen auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, in: Jahrbuch für Internationale Germanistik, Reihe A 54 (2000), S. 209. 437 Aber nur die späteren Ausgaben des Deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wilhelm Grimm, 33 Bde. München: dtv 1991, gebrauchen diesen Terminus, wenn auch nur sporadisch (vgl. streitlich)! (im Folgenden unter der Sigle ‚DWB’) 438 Dückert, Joachim (Hrsg.): Das Grimmsche Wörterbuch. Untersuchungen zur lexikographischen Methodologie. Stuttgart 1987, S. 15. 439 Briefe der Brüder Grimm. Gesammelt von Hans Gürtler, nach dessen Tode herausgegeben und erläutert von und Albert Leitzmann. Jena 1923, S. 75. 440 DWB Bd. 1, Sp. VII: „Was ist eines Wörterbuchs zweck? [...] Es soll ein heiligthum der sprache gründen, ihren ganzen schatz bewahren, allen zu ihm den Eingang offen halten. Das niedergelegte Gut wächst ...“. 435 66 Betrachtungsweise vom Standpunkt der Mitte des 20. Jahrhunderts nicht erwartet werden kann. Somit muss eine den lexikographischen Verhältnismäßigkeiten angepasste, ganz pragmatische Lösung angestrebt werden, die sich weitgehend am lexikographisch Gegebenen orientiert, wobei den Grimmschen Belegen und Quellen eine Schlüsselrolle zufallen wird: 1. Sofern ein Wort einer schriftlichen Quelle Thomas Manns entnommen ist (womöglich ebenfalls in dessen Notizen auftaucht), kann eben diese über dessen Sprachstufe entscheiden. So muss das Verb wallen, obwohl es bis heute in neuhochdeutschen Wörterbüchern zu verzeichnen ist, aufgrund seiner Quelle (Gregorius, V. 91) dem Mittelhochdeutschen zugeordnet werden. Ferner können Interferenzen zwischen dem Text des „Erwählten“ und den Quellen, die Thomas Mann im Rahmen seiner „Faustus“-Arbeiten exzerpiert hat, im Zweifelsfall bei der Zuordnung den Ausschlag geben: Das Nomen Backensteich kann auf Bobertags „Schwänke des sechzehnten Jahrhunderts“, die Amacht auf „Luthers Briefe“ zurückgeführt und somit beide dem Frühneuhochdeutschen zugeordnet werden. 2. Wörter ohne Quelle (oder verweisende Interferenz), sollen, um einer ungewollten Überarchaisierung des Analyseergebnisses vorzubeugen, prinzipiell der jüngsten Sprachperiode, in der sie nachweisbar sind, zugeordnet werden. Angenommen das o.g. Element wallen verfügte über keinen Quellennachweis, so müsste es dem Neuhochdeutschen zugeordnet werden. 3. Wörter ohne Quelle (oder verweisende Interferenz), die in der Leipziger 14. Auflage der Duden-Rechtschreibung als ‚veraltet’ oder ‚veraltend’ klassifiziert werden, sollen in dieser Zuordnung übernommen werden, da diese, wie oben ausgeführt, als sprachlicher Maßstab angelegt werden soll. Damit ist z.B. das Wort Eidam als veraltet einzustufen, obwohl es schon in frühneuhochdeutschen Wörterbüchern nachweisbar ist. 4. Wörter ohne Quelle (oder verweisende Interferenz), die in Grimms DWB nachgewiesen sind und durch die Sprachstufe einer Belegstelle oder einen sprachperiodischen Kommentar 441 eindeutig auch nach 1650 in Gebrauch waren, sollen als ‚veraltet’ bezeichnet werden. 5. Wörter ohne Quelle (oder verweisende Interferenz), die in Grimms DWB nachgewiesen sind und durch die Sprachstufe einer Belegstelle oder einen sprachperiodischen Kommentar ausschließlich vor 1650 in Gebrauch waren, sollen dem Frühneuhochdeutschen zugeordnet werden. 6. Wörter ohne Quelle (oder verweisende Interferenz), die in den frühneuhochdeutschen Wörterbüchern verzeichnet sind, sollen nur dann als fnhd. klassifiziert werden, wenn das Grimm’sche DWB keine späteren Belegstellen anführen kann. 7. Die Zuordnung deutscher Elemente zu Fachsprachen und Dialekten soll weitgehend in Orientierung am DWB vorgenommen werden. 441 DWB Bd. 24, Sp. 2482: urlag: eines „der alten wörter für krieg“. Es „beginnt im 15. jh. abzusterben [...], erlischt im 16. jh.“. 67 Lediglich die Grimmsche Nichtberücksichtigung des Niederdeutschen – „weil einem anderen sprachlichen ‚Organismus’ angehörend“ 442 – gilt es auszugleichen. Hier empfiehlt sich der ergänzende Griff zu Otto Mensings „Schleswig-Holsteinischem Wörterbuch“ 443 , das den regionalen Eigenheiten des Lübecker Niederdeutsch, mit dem Thomas Mann nachweislich aufwuchs, am ehesten entsprechen dürfte. 4.3.3 Fremd- und Lehnwörter Wenn nun das analytische Zwischenergebnis 1. für ein real existentes und 2. für ein Element speziell nichtdeutscher Sprachzugehörigkeit spricht, erfolgt eine Zuordnung zur jeweiligen Fremdsprache, wobei es grundätzlich zwischen den Termini ‚Fremdwort’ und ‚Lehnwort’ zu unterscheiden gilt. Im alltäglichen Sprachgebrauch meint ein Fremdwort sinngemäß ein Wort, das dem Sprecher in punkto Lautung, Schreibweise und Bedeutung „nicht recht geläufig oder gar unbekannt“ 444 , sprich fremd ist. Das Fremdwörterbuch der Reihe „Der kleine Duden“, das „jedermann“ helfen will, „die Fremdwörter des Alltags, wie sie heute in der Zeitung, in Rundfunk und Fernsehen und am Arbeitsplatz auf uns zukommen“ 445 , zu verstehen, spiegelt deutlich die begriffliche Unschärfe des allgemein vorherrschenden Fremdwortbegriffs wider. Das Problematische an dieser Definition ist zum einen seine Undifferenziertheit – schließlich kann Fachsprachliches oder Archaisches genauso unter diesen Fremdwortbegriff fallen wie Fremdsprachliches – und zum zweiten seine Abhängigkeit von rein subjektiven Faktoren. Die begriffliche Unschärfe dieses eher populären Fremdwortbegriffs ist Spiegelbild eines laut Peter Eisenberg wissenschaftlich „schwierigen Gegenstandes“, dessen „Graphemik noch in der Kinderschuhen steckt“, worin man „wohl den Reflex eines lange tradierten Sprachpurismus zu sehen“ hat. 446 Nach der in der Linguistik allgemein vorherrschenden Definition handelt es sich beim Fremdwort um ein aus einer fremden Sprache übernommenes Wort, das dem Deutschen in Schriftbild und Lautung noch nicht angeglichen ist. Die wesentlichen Charakteristika sind seine fremdsprachliche Herkunft und sein Mangel an morphologischer wie lautlicher Assimilation. 447 Beim Lehnwort hingegen handelt es sich um ein aus einer anderen Sprache übernommenes, eingebürgertes Wort – sozusagen um ein ehemaliges Fremdwort, das sich dem Deutschen in Lautgestalt, Betonung und Flexion völlig angepasst hat. 448 Dahinter steht zumeist ein sprachhistorischer Prozess der Assimilation und allmählichen Einverleibung des fremden Elements in die deutsche Sprache, wie er sich beispielsweise im äußeren Wandel des französischen bureau zum deutschen Büro manifestiert. Ein derartiger Prozess kann z.B. in der kulturellen und/oder wirtschaftlichen Überlegenheit der fremden Sprachgemeinschaft begründet liegen, kann Jahrhunderte andauern und schließt zumeist einen Großteil der Sprachteilnehmer mit ein. 442 Dückert, S. 44. Mensing, Otto: Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch, 5 Bde. Neumünster 1927-1935. 444 Der kleine Duden. Fremdwörterbuch. Ein Nachschlagewerk für den täglichen Gebrauch. Mannheim 1991, Vorwort (ohne Seitenangabe!). (im Folgenden unter der Sigle ‚Kl. Duden’) 445 Ebd., Klappentext. 446 Eisenberg, Peter: Grundriß der deutschen Grammatik, Bd. 1: Das Wort. Stuttgart 1998, S. 334f. 447 Stellvertretend für weitere sei hier Lewandowski, Theodor: Linguistisches Wörterbuch, 3 Bde. Heidelberg 1990, Bd. 1, S. 322, angeführt. 448 Ebd. Bd. 2, S. 648. 443 68 Das (mit Blick auf die Wortanalyse) Problematische an vorliegenden Definitionen ist, dass eine Zugehörigkeit zum deutschen Wortschatz in beiden Fällen als bereits vorhanden angenommen wird. Nur kann dies nach der Stichprobe in Kapitel 2.5 für einen Großteil der von Thomas Mann integrierten „Fremdwörter“ (peccavi, maistre de corteisie etc.) nicht gelten, sodass diese Termini in vorliegender Abgrenzung einen Teil des Untersuchungsgegenstandes nicht erfassen könnten. Der Koreaner Kaung-Eun Choi, der sich in seiner Dissertation sehr intensiv mit dem Fremdwortgebrauch im Werk Thomas Manns auseinandersetzt, nennt nach längerem Definitionsversuch folgende vier Kriterien, nach denen ein Fremdwort bestimmt werden kann: „Fremdwörter sind ... 1. Wörter, die fremdsprachliche Merkmale (orthografische, phonologisch-phonetische, grammatisch-morphematische, semantisch-lexikalische) auf-weisen, Erbwörter ausgenommen, 2. Teil- (Mischbildungen) und Scheinentlehnungen, 3. Wörter, die nach fremdsprachlichem Wissen, ihrer Ungeläufigkeit, ihrem Entlehnungsalter und ihrer Vertrautheit dem Sprachteilhaber fremd sind, falls sie in der Grauzone zwischen Fremdwort und Lehnwort stehen, 4. Fremdsprachliche Wörter.“ 449 Ein derart weit gefasster Fremdwortbegriff, der es Choi ermöglicht, seine These von einer ausgesprochenen Affinität Thomas Manns zu einem ausgiebigen Fremdwortgebrauch selbst mit Wörtern wie alkoholfrei oder abkutschieren 450 zu untermauern, würde den Rahmen vorliegender Arbeit sprengen. Eines wird jedoch deutlich: Die Untersuchung der Mann’schen Literatursprache erfordert zunächst eine Erweiterung des vorliegenden Fremdwortbegriffs, die in Anlehnung an den vierten Punkt der Choi’schen Definition („fremdsprachliche Wörter“) vorgenommen sei. Die fremdsprachlichen Wörter sollen – da, wo es nötig erscheint – in den einschlägigen fremdsprachlichen Wörterbüchern belegt werden. Mit Blick auf das Sprachprofil (Kap. 3.1) Thomas Manns wird eine sprachperiodische Ausdifferenzierung (wie im Deutschen) innerhalb der einzelnen Fremdsprachen weitgehend unnötig sein. Lediglich zur lexikologischen Abgrenzung des Altfranzösischen, das Thomas Mann vornehmlich Auerbachs „Mimesis“ und Samuel Singers Briefen entnahm (Kap. 4.2), wird das Wörterbuch von Tobler und Lommatzsch 451 herangezogen. Die vorzunehmende Analyse der Mann’schen Literatursprache benötigt ein praktikables Modell, das sich der Errungenschaften der Linguistik bedienen, diese aber wohlgemerkt nicht zum Gegenstand der Diskussion machen will. Bei der Abgrenzung des Begriffs ‚Fremdwort’ stellt sich naturgemäß die Frage, welchen praktischen Wert deutsche Fremdwörterbücher für die folgende Untersuchung haben. Zunächst ist festzustellen, dass auch die größeren deutschen Fremdwörterbücher, mit einem sehr weit gefassten, relativ unscharfen Fremdwortbegriff operieren, sodass sie nach o.g. Definitionen undifferenziert Fremd- wie 449 Choi, S. 25. Ebd., S. 166f. 451 Tobler, Adolf: Altfranzösisches Wörterbuch, 10 Bde., hrsg. von Erhard Lommatzsch. Wiesbaden 1925. 450 69 Lehnwörter aufnehmen. 452 Damit erhärtet sich der Verdacht, dass eine strikte Trennung der in den deutschen Wortschatz eingegangenen Fremd- und Lehnwörter von nur „fragwürdigem Erfolg“ 453 gekrönt sein kann. Dennoch scheint die Orientierung am lexikographisch Gegebenen, sprich an Wörterbüchern, unabdingbar für diese Untersuchung, da nur so im Einzelfall belegbar ist, ob es sich um ein bereits existierendes Element oder um eine Wortkreation Thomas Manns handelt. Die Lösung liegt in einer Erweiterung des Lehnwortbegriffs unter Verengung des bisherigen Fremdwortbegriffes, die in Anlehnung an Betz’ grundlegenden Aufsatz über „Lehnwörter und Lehnprägungen im Vor- und Frühdeutschen“ legitimiert wird. Hiernach kann das in den deutschen Wortschatz eingegangene, aber noch nicht angepasste Fremdwort zusammen mit dem assimilierten Fremdwort (dem Lehnwort im engeren Sinne), unter dem (gleichnamigen) Oberbegriff ‚Lehnwort’ (im weiteren Sinne) gefasst werden kann. 454 455 Zwischen diesem nun recht eng gefassten Fremdwortbegriff und dem „einheimischen“, deutschen Wort ist ein sehr weites Feld entstanden, das vom Begriff des ‚Lehnwortes’ umfasst werden muss. Dabei sei eingangs vermerkt, dass es aufgrund des sprachgeschichtlichen Zwischenstellungscharakters kein wissenschaftlich ernstzunehmendes Lehnwörterbuch geben kann. In der neueren Lexikographie werden Lehnwörter als Teil des deutschen Wortschatzes dargestellt. Die verwendete 14. Auflage der Duden-Rechtschreibung aus dem Jahre 1951 kennzeichnet die jüngeren Lehnwörter durch ein Kürzel der Ursprungssprache (lat., engl. etc.). Sofern es sich bei zu untersuchenden Elementen eindeutig um eine Alternativentscheidung Thomas Manns gegen das deutsche (Gerücht) und für das 452 Beispiele für Lehnwörter im Deutschen Fremdwörterbuch von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler, weitergeführt im Institut für deutsche Sprache, 7 Bde. Straßburg, Berlin, New York 1913-1988, Bd. 1: humoristisch (S. 275), Idealist (S. 279), Inseriosität (S. 291), Mietkaserne (S. 337). (im Folgenden unter der Sigle ‚Basler/Schulz’) 453 Duden, Bd. 4: Die Grammatik, S. 584; vgl. weiter Polenz, Peter von: Fremdwort und Lehnwort sprachwissenschaftlich betrachtet, in: Muttersprache 77 (1967), S. 65-80. 454 Betz, Werner: Lehnwörter und Lehnprägungen im Vor- und Frühdeutschen, in: Friedrich Maurer und Heinz Rupp (Hrsg.): Deutsche Wortgeschichte Bd. 1. Berlin/New York 1974, S. 137. 455 Lexikon der Sprachwissenschaft, hrsg. von Hadumod Bußmann. Stuttgart 2002, S. 194; ähnlich im Handbuch der Linguistik: allgemeine und angewandte Sprachwissenschaft, hrsg. von Harro Stammerjohann. München 1975, S. 251. 70 Lehnwort (Fama) handelt, sollen jene, obwohl nach Duden dem heimischen Wortbestand zuzurechnen, in die Wortanalyse mit einfließen und im Rahmen der Auswertung ihrer Ursprungssprache zugeordnet werden. Die ältere Lexikographie steht dem Lehnwort weitaus ablehnender gegenüber. Der sprachpuristische Ton, wie er im Vorwort älterer Wörterbücher häufig zu spüren ist, muss als Nachwehe der frühneuzeitlichen Emanzipation des Deutschen gegen andere europäische Nationalsprachen verstanden werden. Dementsprechend sind ins Grimm’sche Wörterbuch nur die sehr stark assimilierten Lehnwörter aufgenommen worden, um „dem maszlosen und unberechtigten vordrang des fremden widerstand zu leisten“ 456 , so Jacob Grimm. Die Form Crucifix beispielsweise sucht man hier vergeblich. Hier wird vor allem auf das diachronisch orientierte Fremdwörterbuch von Schulz und Basler, ferner auf Heyses Fremdwörterbuch zurückzugreifen sein. Noch weiter zurückliegende Interferenzen zwischen den einzelnen Sprachen sind zwar in aller Regel in den mittelhochdeutschen Wörterbüchern gekennzeichnet, allerdings muss hier die Frage gestellt werden, inwiefern diese Informationen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zum Tragen kommen können. Ausgehend von einem neuhochdeutschen Text scheint es durchaus bedeutsam, ob nun ein originär französisches Lehnwort oder eine Neubildung Thomas Manns vorliegt. Indes scheint eher zweitrangig, ob ein mittelhochdeutsches Element altfranzösische Wurzeln hat, die sich naturgemäß noch weiter bis zum Lateinischen zurückverfolgen ließen. Es geht hier nicht um Etymologie, sondern darum, den sprach- und wortbildnerischen Aktionsradius Thomas Manns abzuschreiten und in sich differenziert darzustellen. Die Vergabe der Prädikate ‚Fremdwort’ und ‚Lehnwort’ erfolgt somit nach folgenden Kriterien: 1. Ein Fremdwort liegt vor, wenn es im Wörterbuch einer fremden Sprache nachweisbar ist. 2. Ein Lehnwort liegt vor, wenn es in einschlägigen deutschen (Fremd-/)Wörterbüchern als (genuin) nichtdeutsches Wort nachweisbar ist. 4.3.4 Wortbildung Wortbildung sei mit Johannes Erben definiert als „derjenige Teil der Grammatik, der die [...] Bildung neuer Wörter unter wissenschaftlichen oder praktischen Gesichtspunkten darstellt“ 457 . Im Gegensatz zu den oben behandelten Termini ‚Fremdwort’ oder ‚Lehnwort’, bezieht sich die Wortbildung nicht allein auf sprachhistorische Prozesse, sondern bezieht „subjektive Ausdrucksnotwendigkeiten“ so zum Beispiel „aus stilistischen Gründen in poetischen Texten“ mit ein. 458 Thomas Manns Anpassung des englischen poor people’s stuff an die neuhochdeutsche Orthografie puhr Pipels Stoff 459 ahmen exakt den oben skizzierten Prozess der Assimilation 456 DWB Bd. 1, S. XXVII. Erben, Johannes: Einführung in die deutsche Wortbildungslehre (=Grundlagen der Germanistik, Bd. 17). Berlin 1983, S. 15. 458 Ebd., S. 18. 459 DE, S. 75. 457 71 eines Fremdworts an und allmählichen Einverleibung in die deutsche Sprache nach. Thomas Mann hat das Lautbild des englischen Wortkomplexes mit dem im Deutschen dazu zur Verfügung stehenden Inventar an Zeichen nachgebildet und zudem an die neuhochdeutsche Konvention der Großschreibung angepasst, sodass das neue Element de facto der Definition des Lehnworts entspricht. Kann deswegen aber von einem Lehnwort gesprochen werden, von einem Lehnwort, das es zuvor nicht gab? Um die poetisch motivierte Spracharbeit Thomas Manns von historischen Sprachprozessen deutlich unterscheiden zu können, wird sich die vorliegende Arbeit auch hier am lexikographisch Gegebenen orientieren. Sofern das im Romantext fokussierte Element in keinem Wörterbuch nachweisbar ist, soll von einer Neubildung (oder -schöpfung) ausgegangen werden, dessen Qualität nur durch Nachvollzug des Wortbildungsprozesses bestimmt werden kann, wozu in der Regel auf Quellen und Notizen Thomas Manns zurückgegriffen werden muss: 1. Auswahl turnei ze schimpfe (Quelle: Dieffenbacher, S. 131) 2. Umbildung (Großschreibung) Turnei ze schimpfe (Notizen, Bl. -/15) 3. Neubildung (Komposition) Schimpfturneie (Romantext, S. 136) In Anlehnung an einschlägige Wortbildungsmodelle kann auf erster Ebene zwischen fünf grundlegenden Prinzipien der Wortbildung 460 unterschieden werden: 1. Substitution, 2. Tilgung, 3. Addition, 4. Konversion, 5. Permutation. Die Substitution ist definiert als Ersetzen eines Elements durch ein anderes, womit also auf zweiter Ebene zwischen dem Ersetzen a. eines Wortteils und b. eines ganzen Wortes unterschieden werden muss. Auch bei der Tilgung, der ersatzlosen Streichung eines Elements, kann auf zweiter Ebene zwischen dem Wegfall a. eines Wortteils und b. eines Wortes unterschieden werden. Die Tilgung und Streichung im erweiterten Sinne auch auf ganze Wörter zu beziehen, ist nötig, um beispielsweise Veränderungen an Namenskomplexen oder mehrgliedrigen Verbgefügen terminologisch erfassen zu können. Hinter dem Wortbildungsprinzip der Addition steht auf zweiter Ebene a. die Komposition zweier oder mehrerer Simplizia und b. die Ableitung bzw. Derivation durch Affigierung 461 . Die Affigierung ist definiert als Anfügung eines Prä- und/oder Suffixes, an ein selbstständiges Simplizium (oder Kompositum), woraus auf dritter Ebene drei Derivationsmöglichkeiten erwachsen: Derivation 1. durch Präfigierung, 2. durch Suffigierung, 3. als Mischtyp. Unter einem Kompositum ist ein Wort zu verstehen, das ohne zusätzliche Ableitungsmittel (Affixe) aus zwei (oder mehreren) selbstständig vorkommenden Wörtern gebildet worden ist. Auf dritter Ebene lassen sich von der Komposition im engeren Sinne verschiedene Bindestrichverbindungen unterscheiden, wobei im Falle eines Determinativzusammenhangs von einem Bindestrich-Kompositum, ansonsten von einer Bindestrich-Koppelung (bzw. 460 Für die folgende Darstellung siehe Duden Bd. 4: Die Grammatik, S. 399-434; Fleischer, Wolfgang/Barz, Irmhild: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen 1995; Polenz, Peter von: Synpleremik I: Wortbildung, in: Lexikographie, in: Lexikon der Germanistischen Linguistik, hrsg. von Peter Althaus (u.a.). Tübingen 1973, S. 145-163. 461 Lewandowski, Bd. 1, S. 13: Da sich Präfigierung und Suffigierung als analoge Prozesse auffassen lassen, kann Ableitung als Wortbildung durch Affigierung definiert werden. 72 einem Kopulativkompositum mit Bindestrich) gesprochen werden muss. Des Weiteren können auch die Reduplikation (lieb-liebste) und die Kontamination, die Verschmelzung zweier mehrgliedriger Wörter (unter gleichzeitigem Wegfall einzelner Elemente), unter dem Oberbegriff der Addition gefasst werden, da auch hier zweifelsohne eine „Ausdruckserweiterung“ 462 vorliegt. Die Konversion bezeichnet den Vorgang des Wortartwechsels. Weiter zu unterscheiden sind die Konversion a. im engeren Sinne, b. im weiteren Sinne: Die Konversion i.e.S. liegt vor, wenn der Wortartwechsel „ohne jeden Zusatz“ 463 erfolgt (disport Æ Disport). Die Konversion i.w.S. liegt hingegen vor, wenn es sich beim Wortartwechsel um eine Verbalisierung von Substantiven oder Adjektiven handelt und im konkreten Fall eine Infinitiv-Endung (-n, -en, -t etc.) angehängt wird, die nicht als reguläres Suffix angesehen werden kann. 464 Die Permutation bezeichnet die wortinterne Umstellung zweier (oder mehrerer) Simplizia innerhalb eines Kompositums, wodurch im Regelfall (d.h. wenn ein Determinativzusammenhang vorliegt) eine semantische Ausdruckserweiterung oder -veränderung erfolgt. Während sich im Rahmen der qualitativen Stichprobe (Kap. 2.2.4) die Bildung von beispielsweise Reduplikationen bereits abzeichnete, ist schwer zu sagen, ob die folgende Untersuchung so exzeptionelle Bildungen wie Kontaminationen und Permutationen ans Licht bringen wird. Gleiches gilt für die außerhalb des hier skizzierten Worbildungsmodells liegende Neuschöpfung. Formt der Dichter ein neues Wort, ohne dabei auf irgendeine Art von vorgeprägtem Material zurückzugreifen, wird dies als Neuschöpfung, greift er dabei auf bereits vorhandenes Sprachmaterial zurück, wird dies als Neubildung bezeichnet. 465 Auch „ohne dass seine Wortschöpfungen ins Volk gedrungen wären wie die Luthers oder Goethes, umfaßt Thomas Manns Lexikon eine Fülle von Neologismen, die ihre Entstehung weniger dem unmittelbaren sprachschöpferischen Einfall als der Kontamination verdanken“ 466 . Frizen ist einer der letzten Autoren in einer Kette, die helfen, den Topos von der Neuschöpfungsarmut Thomas Manns unter gleichzeitiger Betonung seiner Meisterschaft bei der Integration fremder und umgebildeter Wörter weiterzugeben. 467 Interessanterweise ist – aus welchen Gründen auch immer – nicht eine dieser wertvoll-raren Neuschöpfungen Thomas Manns als Beispiel angeführt. So müssen zwangsläufig Zweifel aufkommen, ob Thomas Mann überhaupt „wirkliche Neuschöpfungen“ 468 getätigt hat. Ob die Position ‚Neuschöpfung’ im gebildeten Modell mehr als nur eine theoretische Größe bleibt, wird sich im Verlauf der Untersuchung klären. Wohlgemerkt wird „Der Erwählte“ zur Beantwortung dieser Frage kaum stellvertretend für das Gesamtwerk Thomas Manns herangezogen werden können, da er sprachlich als eine Art unwiederholbarer „Sonderfall“ 469 gesehen werden muss. 462 Duden Bd. 4: Die Grammatik, S. 409. Polenz, S. 146 . 464 Duden Bd. 4: Die Grammatik, S. 419f.; Polenz, S. 146. 465 Stellvertretend für weitere sei hier Fleischer/Barz, S. 5, angeführt. 466 Frizen 2001, S. 864. 467 Hilscher 1983, S. 250; Mater, S. 141. 468 Hilscher 1983, S. 250; Mater 142. 469 DüD III, S. 391: So bezeichnet in den Briefen an Hermann Kesten (23.05.1951) und Ludwig Muth (27.05.1951). 463 73 4.3.5 Eigennamen Die Ausarbeitung des eingangs zum Desiderat erhobenen Modells der ‚(Fremd-)Wort(bildung)’ hat sich bislang auf der Metaebene wie in der Binnendifferenzierung ausschließlich an der Sprach(stand)zugehörigkeit des einzelnen Elements orientiert. Alles, was sich nicht in einschlägigen Lexika nachweisen lässt, wird bislang dem voranstehend behandelten wortbildnerischen Schaffen Thomas Manns zugeschrieben. Eine „Wortart“, die sich dieser Kategorisierung weitgehend entzieht, ist der Eigename, der sich nur bedingt einer bestimmten Sprache zuordnen lässt. Natürlich können gebräuchlichere Namen in verschiedenen LautZeichen-Systemen ihre eigene Entsprechung haben: Ioannis – Giovanni – Jan – John – Ion. Doch ist es andererseits gerechtfertigt, bei dem Namen Maria oder Sibylla von einem aus dem Lateinischen oder Griechischen stammenden „Fremdwort-Eigennamen“ zu sprechen? Eigennamen/Propria bilden zusammen mit den Stoffnamen/Konkreta und den Gattungsnamen/Astrakta die Gruppe der Substantive. Der zentrale Unterschied zwischen Namen und anderen Substantivklassen besteht darin, dass letztgenannte eine begriffliche Information zum bezeichneten Objekt geben. Namen hingegen sind diesbezüglich weit weniger vorgeprägt. Ihre primäre Funktion liegt in der Identifikation eines „bestimmten, einmaligen“ 470 Objekts – nach Duden 471 primär Personen und Orte –, wobei Name und der/die/das zu Identifizierende wohlgemerkt nicht als untrennbare Einheit betrachtet werden dürfen. Dies findet sich in der allgemein vorherrschenden orthografischen Varianz bestimmter Eigennamen (Maier, Mayer, Meier, Meyer) angedeutet, kommt aber schließlich in der Arbitrarität bzw. Austauschbarkeit der Namen und Identitäten voll zum Ausdruck: Thomas Mann musste sich entscheiden, ob der Name Eckesachs oder Werimbald den Hund oder das Schwert identifizieren solle. Letztlich seien es die „uneinheitlichen Auswahlkriterien“ 472 , so Debus, die dem Eigennamen eine linguistische Sonderstellung zuweisen, womit er als keinem bestimmten Wortschatz zugehörig gelten muss, sondern diesem in der Regel gegenübergestellt wird. 473 Aus diesem Grunde werden Namen in aller Regel nicht in die Wörterbücher aufgenommen, ihre Verzeichnung stellt eher die Ausnahme dar. Dennoch hat die Leipziger 14. Auflage der Duden-Rechtschreibung die bekanntesten bzw. geläufigsten Namen in ihren Wortschatz aufgenommen. So soll auch hier der Duden-Wortschatz zum Prüfstein gemacht werden, um darüber zu entscheiden, welche Namen in den Kreis der zu untersuchenden Sprachelemente aufgenommen werden sollen und welche nicht. In der linguistischen Sonderstellung des Eigennamens fand Thomas Mann – laut Ingeborg Bachmann „der letzte große Namenerfinder“ 474 – bildlich gesprochen, eine angelehnte Tür, die er poetisch noch weiter aufzustoßen vermochte. „Ich brauche Namen!“ 475 , schrieb Thomas Mann an Ernst Bertram am 29. Juni 1918, also lange Zeit bevor „Der Erwählte“ auch nur angedacht war. Allein dieser Ausruf lässt erahnen, welch riesige Gestaltungsmöglichkeiten die Namengebung einem Dichter generell bietet. „In seiner 470 Duden Bd. 4: Die Grammatik, S. 193. Ebd., S. 562f. 472 Debus, Friedhelm: Vom Zauber literarischer Namen: Intentionen – Funktionen – Wirkungen, in: Beiträge zur Namenforschung 36 (2002), 1, S. 2. 473 Lewandowski Bd. 1, S. 244. 474 Bachmann, Ingeborg: Essays, Reden, Vermischte Schriften, Anhang (=Werke, Bd. 4). München 1978, S. 247. 475 DüD II, S. 8. 471 74 Schlüsselstellung unter den Worten bietet der Name in exemplarischer Weise Zugang zu des Dichters wortschöp-ferischem Prinzip“ 476 , so Rümmele. Wenn also irgendwo die sprachliche „Vermittelalterung“ des „Erwählten“ zum Ausdruck kommen muss, dann hier, wo die Möglichkeiten von Auswahl und Um- bzw. Neubildung ungleich größer waren als beispielsweise bei einem Substantiv. Die Thomas-Mann-Forschung 477 weiß einige Beispiele anzuführen, welche belegen, wie „tollkühn“ Thomas Mann diesen Freiraum im „Erwählten“ zu nutzen verstand: So wird „Parzivals“ Jungfer Obilot durch Thomas Mann kurzerhand in einen Ritter verwandelt, der Britenmissionar Sankt Dunstan muss seinen Namen für eine fiktive Insel hergeben und Mahaute, „Parzivals“ stolze Fürstin, wird bei Thomas Mann zur keifenden Fischersfrau herabgewürdigt. Im Rahmen der literarischen Fiktion ist nach Friedhelm Debus grundsätzlich zu unterscheiden zwischen fiktiven und fiktionalisierten Namen. 478 Bei den fiktionalisierten Namen handelt es sich um solche, die außerhalb der entsprechenden literarischen Fiktion eine Referenz aufweisen können. Thomas Mann hat diesbezüglich von der Technik der „Einschwärzung lebender, schlechthin bei Namen genannter Personen unter die Figuren des Romans“ gesprochen, „von denen sie sich nun an Realität oder Irrealität nicht mehr unterscheiden“479 , und die somit gleichermaßen die poetische Namenswirklichkeit konstituieren. Diese Referenz muss aber nicht zwangsläufig im real(historisch)en, sie kann – wie oben gesehen – ebenso gut im literarischen (mythischen, biblischen, legendären) Raum anderer Werke liegen. Von den in das literarische Werk von außen integrierten, neu verkörperten Namen unterscheidet Debus die speziell für das konkrete Werk vom Dichter erfundenen, die fiktiven Namen. Nicht selten handelt es sich dabei um offensichtlich bis „raffiniert-versteckt“ 480 sprechende Namen. Aus früheren Werken Thomas Manns ist eine Vielzahl solcher neu gebildeter Namen – Sesimi Weichbrodt („Buddenbrooks“), Pieter Peeperkorn („Zauberberg“), das Sanatorium Einfried („Tristan. Novelle“) – bekannt und man ist geneigt, auch so manchen Namen aus dem „Erwählten“ (Schiolarß von Ipotente) hier einzureihen. Während beim Akt der elterlichen Namensvergabe die Funktion der Identifikation dominiert, hat der Dichter, da er den Charakter der im Geiste bereits entworfenen Figur schon kennt, die Möglichkeit, den zu vergebenden Namen verstärkt auch zu Charakterisierung seiner Figur heranzuziehen, denn, so Debus, „Eigennamen sprechen fast immer, nur ist ihr semantischer Ursprung oft verschüttet durch die Zeit.“ 481 Diesen poetischen Spielraum kann er über die sprechenden Namen hinaus durch sog. klassifizierende oder klangsymbolische Namen nutzen. 482 Unter den klassifizierenden Namen sind solche zu verstehen, die „ein bestimmtes Zeit- und Lokalkolorit aufweisen“ oder ihren Träger als einer bestimmten Gruppierung zugehörig ausweisen. 483 Die klangsymbolischen Namen sind als onomatopoetisches Gegenstück zu Wörtern wie Kiekerikiii oder Mähääää zu verstehen, die „mit Klängen reden“ 484 . Als Beispiel diene Gryphius’ viel zitierter Don Horribilikribrifax. Die aufgestellte Systematik literarischer Eigennamen darf keineswegs als dermaßen starr aufgefasst werden, wie sie hier (aus Gründen der Übersichtlichkeit) referiert worden ist. Die 476 Rümmele, S. 21. Wysling 1967, S. 273; Rümmele, S. 197. 478 Debus, S. 11f. 479 Entst., S. 165. 480 Debus, S. 13. 481 Debus, S. 12 482 Duden Bd. 4: Die Grammatik, S. 564. 483 Debus, S. 13. 484 Duden, S. 583. 477 75 meisten Kategorien schließen einander nicht aus, stattdessen gehen sie nicht selten Hand in Hand. Selbst ein so stark sprechender Name wie Zeitblom („Doktor Faustus“) muss nicht „hausgemacht“ sein, sondern kann, wie in diesem Fall, der realhistorischen Wirklichkeit 485 entnommen sein. Die im nächsten Kapitel anzustellende Wortanalyse darf also im Bereich der Eigennamen keinesfalls eine strikte Entweder-oder-Kategorisierung anstreben, stattdessen muss die Systematik flexibel gehandhabt werden. 4.4 Artikelaufbau Die angestrebte Wortliste steht in einer Doppelfunktion: Zum einen sei sie Stellenkommentar und praktische Lektürehilfe für den Leser des „Erwählten“, zum anderen diene sie als empirische Grundlage zur Untersuchung von Quantität, Qualität und Funktion des sprachlichen Mittelalters im „Erwählten“. Um einen schnellen, fundierten Zugriff zu ermöglichen, erscheint es dringend ratsam, die Einträge in ihrer Darbietung auf die wichtigsten Fakten zu beschränken und von längeren analytischen Exkursen so weit wie möglich abzusehen. Lediglich in Ausnahmefällen (z.B. bei eklatanten Widersprüchen innerhalb der Materialien oder zur bestehenden Forschungsliteratur) sei von diesem Grundsatz abgewichen. Dem Charakter eines Wörterbuchs entsprechend sei trotz differierenden Umfangs der Einträge eine einheitliche Struktur angestrebt, auf deren gesamte Bandbreite an Positionen wahrscheinlich nur im Ausnahmefall zurückgegriffen wird. In der Analysepraxis kann die Entwicklung des einzelnen Elements optimalerweise in dem Dreischritt von Quelle – Notizen – Romantext nachvollzogen werden, wobei versucht werden soll, diesen Prozess so detailliert wie möglich abzubilden. Der Abbildung dieser Chronologie ist jedoch in der Grundkonzeption der vorliegendenden Untersuchung eine natürliche Grenze gesetzt: Da sie sich an das Phänomen der sprachlichen Vermittelalterung nicht von Seiten der Quellen, sondern von Seiten des Endprodukts Romantext annähert, wird die Stellenangabe des „Erwählten“ an den Anfang des Eintrags vorgezogen. Die Maximalstruktur umfasst folgende Angaben: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Lemma Fundstelle im Romantext linguistische Identifikation des Elements Quelle Lektürespur Thomas Manns poetische Initiative Übernahme in Notizen Übersetzung/Bedeutung Dabei sind die Positionen 1. bis 4. sowie 8. obligatorisch, sodass sich die Minimalstruktur wie folgt lesen würde: 485 Waetzoldt, Wilhelm: Dürer und seine Zeit. 3. Aufl. Wien 1935, S. 27: „Bartholomäeus Zeitblom“ (markiert). (TMA TM 4949) 76 Inzicht, S. 232: Auswahl des veralteten 486 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „dessen einer geziehen, angeschuldigt wird, beschuldigung“. 1. Lemma Am Anfang steht das dem „Erwählten“ entnommene Element. Dabei kann es sich um ein einzelnes Wort, aber auch um einen Wortkomplex, manchmal sogar bestehend aus mehreren Sätzen handeln. Dem Streben nach Vereinheitlichung, also der Nennung der bloßen Grundform (Nom., Sg., Neutr., Inf. etc.) kann nur soweit nachgegeben werden, als dass die kontextuelle Bedeutung des einzelnen Elements nicht verfälscht wird. Daraus folgt, dass Sätze nicht auseinander gerissen, sondern als komplexe Einheiten betrachtet werden, deren erstes Wort über den Rang in der alphabetischen Reihenfolge entscheidet. Auch kleinere Einheiten müssen als Komplexe erhalten bleiben: Risse man beispielsweise den lateinischen Fremdwortkomplex Arbor vitae in seine Einzelteile und übersetzte diese getrennt voneinander (Arbor=Baum, vita=Leben), wäre dem Leser damit nur wenig weitergeholfen. Die Zurückbildung des lat. Imperativs valete! („Gehabt euch wohl!“) auf seine Infinitivform valere („gut gehen“) wäre ebenso unangebracht. Manchmal liegt die sprachliche Besonderheit gerade in der außergewöhnlichen grammatischen Form (wolle!, Probe!, weinet), sodass eine zu strikt verfolgte Vereinheitlichung dem Forschungsziel sogar diametral entgegen wirken muss. Sofern es den o.g. Kriterien der Vereinheitlichung nicht widerspricht, können gegebenenfalls auch verschiedene grammatische Erscheinungen eines Wortes unter einer Grundform zusammengefasst werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit ein- und demselben für diese Untersuchung interessanten Simplizium (Krist-, Sammet-) verschiedene Komposita neu gebildet worden sind. 2. Fundstelle Der Nennung des jeweiligen Elements folgt der Verweis, welcher Textstelle des „Erwählten“ es entnommen ist. Dabei kann es sich um eine einzelne, aber auch um mehrere Textstellen handeln. Sind es mehr als drei, so wird die Nennung mit einem ‚u.ö.’ (‚und öfter’) geschlossen. ‚Textstelle’ meint: Seitenzahl, nicht Kapitel! Zwar wäre die zusätzliche Kapitelangabe speziell für die Leser anderer Ausgaben von Interesse, würde aber den Einzeleintrag im Falle der Mehrfachnennung unnötig aufblähen und zudem auf Kosten der Übersichtlichkeit gehen. 3. Identifikation Zu diesem Zweck ist im voranstehenden Kapitel eine lexikographische Nomenklatur erarbeitet worden, die eine Identifikation des jeweiligen Elements nach synchronen wie diachronen Aspekten sowie nach Sprachzugehörigkeit vorsieht. Lehnwörter werden dabei ihrer Ursprungssprache zugerechnet. Dabei soll selbstverständlich versucht werden, den wahrscheinlichsten „Werdegang“ des einzelnen Elements nachzuvollziehen. Warum sollte Thomas Mann auf das mittelhochdeutsche Nomen kemenâten (Gregorius, V. 517) zurückgegriffen und der neuhochdeutschen Orthografie angepasst haben, wenn ihm Wilhelm Hertz die 486 DWB Bd. 10, Sp. 152, mit Verweis auf Mommsen. 77 neuhochdeutsche Form Kemenate bereits anbot? Die mittelhochdeutsche Textstelle im „Gregorius“ kann höchstens als zusätzlicher Impuls gewertet werden, der zur Auswahl dieses Elements mit beitrug. In einem solchen Fall wird (sofern keine Lektürespur vorliegt) also grundsätzlich die sprachhistorisch jüngere Form als die wahrscheinlichere angenommen. Wenn es die Bestimmung der Sprach(stand)zugehörigkeit zulässt, kann die Identifikation des entsprechenden Elements optional noch um die grammatische Dimension (Wortart, Kasus, Numerus, Genus etc.) ergänzt werden. 4. Quelle Da sich die Vorstellung eines konstanten Eigenwortschatzes im Sinne eines inneren Lexikons kaum halten lässt, sei zwischen schriftlichen Quellen und der Thomas Mann eigenen Sprachkompetenz unterschieden, welche gegebenenfalls auch durch Verweise auf frühere Werke und deren Quelle spezifiziert werden kann. Die schriftlichen Quellen zum „Erwählten“ werden durch eine Sigle 487 des Werks und der dazugehörigen Stellenangabe wiedergegeben. Die lückenlose Quellenlage und das Wissen um das Sprachprofil Thomas Manns erlaubt es, bei fehlendem Nachweis innerhalb der schriftlichen Quellen ex silentio auf die Sprachkompetenz Thomas Manns zu schließen. Sollte der Fall auftreten, dass ein Element nicht in den Quellen nachgewiesen werden kann, gleichzeitig aber seine Qualität gegen den Rückgriff auf die eigene Sprachkompetenz spricht (gentilesce, collâcie), sei dies mit ‚Quelle: nicht ermittelbar!’ gekennzeichnet. 5. Lektürespur Liegt innerhalb der entsprechenden Quelle eine handschriftliche Markierung Thomas Manns vor, wird dies als eindeutiges Indiz der Elementauswahl gewertet, das darauf in die Wortliste übernommen wird. Markierungen sollen, gleich welcher Qualität (Tinte, Bleistift, Buntstift, ein- oder mehrfache Unterstreichung, Durchstreichung, Randmarkierung, Randkommentar), als ‚markiert’ wiedergegeben werden; ‚markiert’ meint also die Lektürespur im weitesten Sinne. Sofern ein Element in mehreren Quellen nachzuweisen ist, wird/werden nur das/die markierte/n als Quelle ausgewiesen. Diese Regel wird nur dann außer Kraft gesetzt, wenn es sich bei der Quelle um ein Schriftstück handelt, das nicht mehr im Original vorhanden ist und sich der genaue Sachverhalt somit der Überprüfung entzieht. 6. Poetische Initiative Um Thomas Manns Umgang mit dem Sprachmaterial allgemeinverständlich nachvollziehen zu können, wird entlang der o.g. Chronologie zwischen den Montageschritten ‚Auswahl’, ‚Übernahme in’/ ‚Umgehung der Notizen’, ‚Anpassung an die nhd. Orthografie’, ,Neubildung’, ‚Neuschöpfung’ und ‚Integration’ eines Sprachelements unterschieden. Der Begriff ‚Auswahl’ ist obligatorisch, da er sich nicht zwangsläufig auf eine schriftliche Quelle bezieht, die Thomas Mann schwarz auf weiß vorgelegen haben muss, sondern impliziert ebenso, dass der Dichter auf im weitesten Sinne nichtschriftliche Quellen, also seine eigene Sprachkompetenz, zurückgegriffen hat. Der kürzeste Weg des ausgewählten Elements besteht in der Umgehung der Notizen und der direkten Integration in den Romantext. Kommt es zwischen Auswahl und Integration zu einer Übernahme in die Notizen, so liegt der oben beschriebene Dreischritt Quelle – Notizen – Romantext vor. Veränderungen 487 Siehe Kap. 9.6: Siglenverzeichnis. 78 des Elements im Sinne der Wortbildung können bei der Übernahme aus der Quelle in die Notizen und bei der Integration (aus den Notizen) in den Romantext vorgenommen worden sein. Hier ist zu unterscheiden zwischen einer wie auch immer gearteten Umbildung durch den Dichter, die in der schlichten Anpassung des Elements an die neuhochdeutsche Orthografie oder einer regelrechten Neubildung eines bisher noch nirgends als existent nachweisbaren Elements bestehen kann. Im Falle einer Neubildung wird auf die im vorangegangenen Kapitel bereitgestellte Nomenklatur der Wortbildung zurückgegriffen, wobei Bedeutungsverschiebungen, obwohl eigentlich zur Wortbildung gehörig, entweder zu Beginn des Eintrags, wenn es sich um die Auswahl eines geläufigen Elements mit heute veraltetem Bedeutungshorizont handelt, oder am Schluss des Eintrags (wenn es sich um eine vom Dichter vorgenommene Bedeutungsverschiebung handelt) vermerkt werden sollen. 7. Notizen Die Notwendigkeit des wissenschaftlichen Zitierens aus den Notizen Thomas Manns zwingt zunächst zu folgender Vorüberlegung: Die 69 Blätter „leiden“, genau wie die Notizen 488 zum „Doktor Faustus“, an einer sog. doppelten Paginierung, die wie folgt zu erklären ist: Thomas Mann zog aus den Quellen seine Exzerpte, nummerierte die Seiten durch, unterließ es aber, seine nachträglichen Notizen und ersten Schreibversuche in das entstandene Konvolut nummerisch einzufügen. Das TMA in Zürich sah sich Jahre später gezwungen, über die unvollständige Mann’sche Systematik eine archiveigene zu legen, damit alle Seiten eine zitierfähige Signatur erhalten. Die Archivare mussten dabei allerdings in Kauf nehmen, dass sich die Systematiken nicht decken. Ich habe mich der wissenschaftlichen Vollständigkeit halber dazu entschlossen, in der folgenden Wortliste die Doppelpaginierung durchgehend abzubilden. Dabei steht die erste Ordnungszahl, der Chronologie folgend, für die Paginierung Thomas Manns, die zweite Zahl für die des Thomas-Mann-Archivs. ... Übernahme in die Notizen, Blatt 20/53 Wie in den schriftlichen Quellen soll auch hier mit dem Maximum der Dreifachnennung operiert werden. Die Unterstreichungen innerhalb der Notizen können hingegen mit gutem Grund vernachlässigt werden. Zwar ist bekannt, dass Thomas Mann in Notizen Unterstrichenes in aller Regel auch übernahm, jedoch scheint dies keine absolute Regel zu sein. Es wäre dieser Arbeit nicht förderlich, eine in den Notizen nachweisbare Form zu ignorieren, nur weil sie nicht markiert ist. 8. Übersetzung/Bedeutung Der letzte Schritt hat das ganz pragmatische Ziel, dem Leser des „Erwählten“ die semantische Seite des ihm so oft unverständlichen Elements zu erhellen. Handelt es sich um ein fremdsprachiges Wort, so wird eine ‚Übersetzung’ vorgenommen. Handelt es sich indes um ein deutsches Wort – ältere Sprachstufen, Dialektales und Fachsprachliches mit eingeschlossen – wird nach der ‚Bedeutung’ gefragt, wobei sich die Erfassung der Semantik aus pragmatischen Gründen grundsätzlich auf den Romankontext beschränken soll. 488 Thomas Manns Notizen zum „Doktor Faustus“, insgesamt 216 Blatt, sind bislang unveröffentlicht. Sie sind einsehbar im Thomas-Mann-Archiv/Zürich unter der Signatur TMA, Ms. 33. (im Folgenden unter der Sigle ‚Not. DrF’) 79 Es geht nicht um die allgemein vorherrschende Bedeutung des jeweiligen Elements, sondern in erster Linie um die kontextuelle, von Thomas Mann so bestimmte. (Bei größeren Abweichungen muss von einer ‚Bedeutungsverschiebung’ gesprochen werden.) Zu diesem Zweck sollen die von Thomas Mann benutzten Quellen, vor allem aber seine Notizen herangezogen werden. Ein Verweis auf das entsprechende Nachschlagewerk soll nur bei Zitaten oder in anderen außerordentlichen Fällen erfolgen, aber letztlich keinen festen Regeln folgen, sondern pragmatisch gehandhabt werden. 80 5. Kapitel: Stellenkommentar AAA Aalraupe, S. 160: Auswahl des Fachausdrucks aus der Fischersprache, Quelle: Heil, S. 155 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „ein dem aal ähnlicher fisch, der wahrscheinlich für eine jüngere gestalt und raupe des aals galt“489 , auch Aalquappe oder Quappe genannt. Abbot, S. 70, 74, 79, u.ö.: Auswahl des engl. Fremdworts abbot auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs. 490 ); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Abt. abbrauchen, S. 18: Auswahl des veralteten 491 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: abnützen, über Gebühr beanspruchen. ablernen, S. 86: Auswahl des veralteten 492 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „von einem andern lernen durch stilles zusehn und zuhören“ 493 . abominable, S. 122: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: abscheulich. Abraham, S. 240: Auswahl des Personennamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; biblische Gestalt, Erzvater des Alten Testaments. abreden, S. 22: Auswahl des veralteten 494 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: verabreden, vereinbaren. absolvo te, S. 232: Auswahl der lat. (sakramentalen) Absolutionsformel auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Ich löse dich (von deinen Sünden). Achmardi, S. 17, 136: Auswahl des Prototypen 495 , Quelle: Pannier Bd. 1, S. 47 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 8/41, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Achmardi, grüner Seidenstoff aus Arabien“ 496 . 489 DWB Bd. 1, Sp. 5. Gs. = Großschreibung. 491 DWB Bd. 1, Sp. 15, mit Verweis auf Herder. 492 FWB Bd. 1, Sp. 236, kennt es nur in Bedeutung ‚etw. verlernen’. 493 DWB Bd. 1, Sp. 73, mit Verweis auf Hagedorn. 494 DWB Bd. 1, Sp. 87, mit Verweis auf Schiller und Goethe. 490 81 Ädicula von Porphyrsäulen, S. 238: Auswahl des gr./lat. Lehnwortkomplexes 497 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 184 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Häuschen, Kapelle, versehen mit Säulen aus Ergussstein. ad petram, S. 220: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Bernhart, S. 7; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: zum Felsen. afeitié, bien parlant et anseignié, S. 24: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes afeitiee, si bien parlant et anseigniee, Quelle: Auerbach, S. 123; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7; Bezugnehmend auf Auerbach schrieb Thomas Mann in seinem Brief vom 27. April 1948 an Singer: „Ich habe gleich noch ein paar kindische Fragen [...]: Zu Anfang des »Yvain« heißt es von dem Ritter und dem schönen Mädchen: »Jo la trovai si afeitiee, si bien parlant et aseigniee etc.« – Ist das Doppel-e hier weibliche Form oder steht es nur für das aigu, sodaß auch ein junger Mann afeitiee und aseigniee sein könnte. Bei »bien parlant« ist das Weibliche nicht markiert.“ 498 In seinem Brief vom 20. Mai 1948 wiederholte Thomas Mann seine Anfrage mit ähnlichem Wortlaut 499 , nicht wissend, dass Singers Antwortschreiben vom 15. Mai schon auf dem Weg zu ihm war. Hierin stellt dieser klar: „ ″afeitiee″ ist korrektes femininum des participii perfecti, während ″parlant″ das ebenso allgemeingebräuchliche femininum des participium praesentis darstellt. ″Parlante″ ist die feminine Form erst im späteren Französisch.“ 500 Auch wenn Singer hiermit die Frage nicht hundertprozentig beantwortet hatte, so konnte Thomas Mann in Orientierung an dessen Schreiben doch sicher gehen, mit seiner bei Integration in den Romantext vorgenommenen Wechsel des Genus von feminin auf maskulin (afeitiee Æ afeitié, anseigniee Æ anseignié) zumindest keinen grammatischen Fehler zu machen; Übersetzung: „liebenswürdig, angenehm redend und fein gebildet“ 501 . Agonia Dei, S. 67, 71, 87 u.ö.: Auswahl des Klosternamens, Quelle: Philippson, S. 251 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, 20/53, und anschließende Integration in den Romantext; Ursprünglich aus einer alten Rheinsage 502 stammend wird der Name von Thomas Mann auf die fiktive Örtlichkeit des Inselklosters übertragen; Sprechender Name: „Not Gottes“ 503 . 495 Die Anpassung von mhd. achmardî an die nhd. Orthografie (Gs., î>i) hatte Pannier bereits vorgenommen. Die Form Achmardi ist in keinem nhd. Wb., sondern ausschließlich in älteren nhd. Parzival-Übertragungen nachweisbar! 496 Not. DE, Bl. 8/41. 497 J.Ch.A. Heyses Fremdwörterbuch. 12. Auflage. Durchaus neu bearbeitet und bis auf ca. 90.000 Worterklärungen erweitert von Professor Dr. Carl Böttger. Leipzig 1894, S. 20, kennt die Form Aedicula. (im Folgenden unter der Sigle ‚Heyse’) 498 DüD III, S. 354. 499 DüD III, S. 355. 500 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 501 Auerbach, S. 123. 502 Philippson, S. 251. 503 DE, S. 67. 82 Agraß, S. 17: Auswahl des fnhd. 504 Nomens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 267, Anm. 1 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 16/49, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Agraß (altfranz. aigrez) = Obstbrühe“ 505 . ahî, S. 15: Auswahl der (afrz.) Interjektion ahi, Quelle: Auerbach, S. 98; Übernahme in die Notizen, Bl. 3/35; Anpassung an mhd. Orthografie (i>î) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Ausruf freudiger Verwunderung. Alamannen, S. 14: Auswahl des Völkernamens (Nebenform 506 zu nhd. Alemannen), Quelle: Baum, S. 18 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 29/62, 30/63, 31/64, und anschließende Integration in den Romantext; deutscher Volksstamm, im engeren Sinne nur die Schweizer 507 . Vgl. Alamannenland, S. 10, 71, 200; Alamannien, S. 12. Albe, S. 237: Auswahl des lat. Lehnworts, Quelle: Bernhart, S. 350 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „das weisze chorhemd der geistlichen“ 508 . Alisaundre, S. 78, 115: Auswahl des Örtlichkeitsnamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; eigentlich „altfrz. für Alexander, steht für die Stadt Alexandrien“ 509 . Alisse, S. 27: Auswahl des Personennamens Aliße, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 99 (markiert); Umgehung der Notizen; Anpassung an die frz. Form (Aliße Æ Alisse) bei Integration in den Romantext; Nur der Name Aliße, nicht aber ihre literarische Identität 510 als Schwester des Gasconenkönigs Hardiß, wird von Thomas Mann übernommen und unter Neubildung eines Namenskomplexes auf die Figur der adeligen Dame von Poitou übertragen. Poitou, S. 27: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Hertz, S. 525; Übernahme in die Notizen, Bl. -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Poitou, nicht aber die literarische Identität als Herkunftsbezeichnung des Grafen „Schiolarß von Poitou“ 511 , wird von Thomas Mann unter Neubildung eines Namenskomplexes auf die Figur der adeligen Dame Alisse übertragen. Alkube, S. 87: Neubildung 512 eines Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Bettnische. 504 Baufeld, S. 5. Pannier Bd. 1, S. 267, Anm. 1 (markiert). 506 In nhd. Wbb. zwar nicht nachweisbar, aber in geschichtswissenschaftlicher Literatur recht verbreitete Form, so z.B. in Karl Ploetz’ „Auszug aus der Geschichte“. Würzburg 1968; vgl. weiter Lexikon der deutschen Geschichte: Ereignisse – Institutionen – Personen. Von der Zeitwende bis zum Ausgang des 2. Weltkrieges, hrsg. von Gerhard Taddey. Stuttgart 1998. 507 DE, S. 14: „die Helvetien bewohnenden Alamannen“. 508 DWB Bd. 1, Sp. 201. 509 Wilhelm, S. 120. 510 Die folgenden Angaben zur literarischen Identität der „Parzival“-Figuren und -Orte orientieren sich an Panniers Namenverzeichnis, Bd. 2, S. 415-436. 511 Not. DE, Bl. -/26. 512 Das Nhd. kennt lediglich die Form Alkoven, das Mhd. die Form ekub, das Afrz. die Form aucube; vgl. Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, hrsg. von Elmar Seebold. Berlin/New York 1995, S. 27. 505 83 all-alles, S. 253: Auswahl des nhd. Indefinitpronomens alles auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung einer Bindestrichkoppelung durch Reduplikation; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; gesteigerte Bedeutung. allez avant!, S. 30: Auswahl des afrz. 513 Fremdwortkomplexes, Quelle: Hertz, S. 560 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: „mache dich von dannen!“ 514 allwegs, S. 78: Auswahl des ungebräuchlichen nhd. 515 Adverbs allweg auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch formale Annäherung (-s) an die engl. Form always; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: immer. Almusenier, S. 104: Auswahl des Prototypen 516 , Quelle: Singer/Bauer, S. 20 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: mit Almosenpflege betrauter Geistlicher. alsus, S. 23, 59: Auswahl der mhd. Partikel, Quelle: Gregorius, V. 135; Übernahme in die Notizen, Bl. -/16,-/17,-/24, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „alsus = also daß“ 517 . Amacht, S. 59, 61, 175 u.ö.: Auswahl des fnhd. 518 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Bewusstlosigkeit, Ohnmacht. Amber, S. 35: Auswahl des fnhd. Nomens, Quelle: Pannier Bd. 2, S. 378 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „wachs- oder harzartiger Duftstoff, der aus den Ausscheidungen des Pottwales gewonnen wird“ 519 . Ambra, S. 18: Auswahl des fnhd. Nomens, Quelle: Pannier Bd. 2, S. 378 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 18/51, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: s. Amber. amice!, S. 212, 227: Auswahl des lat. Fremdworts im Vokativ auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Freund! Anaclet, S. 37, 42, 43 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Brief Singers vom 19.03.1948 520 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7; Übertragung auf die Figur des Dieners bei Integration in den Romantext. 513 Wilhelm, S. 90, bemerkt zurecht, dass allez avant „durchaus dem Neufrz. entnommen sein“ könnte. DE, S. 30. 515 Laut Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 10 Bde. Mannheim (u.a.) 1999, Bd. 1, S. 173, schwäbischer Herkunft. (im Folgenden unter der Sigle ‚Gr. Duden’) 516 Die orthogr. Annäherung (o>u) von nhd. Almosenier an die mhd. Form almuosenaere hatten Singer/Bauer bereits vorgenommen. 517 Not. DE, Bl. -/24. 518 DWB Bd. 1, Sp. 276, mit Verweis auf Luther; FWB Bd. 1, Sp. 906. 519 FWB Bd. 1, Sp. 916. 520 Vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 514 84 Angelländer, S. 121: Auswahl des Völkernamens Angeln, Quelle: Bernhart, S. 70 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 30/63; Neubildung durch Komposition mit dem nhd. Simplizium -länder (vgl. Alamannenlande) bei Integration in den Romantext; gleich bleibende Bedeutung. Vgl. angelländisch, S. 27. Angeln, S. 15, 72: Auswahl des Völkernamens, Quellen: Bernhart, S. 70 (markiert); Meyer Bd. 1, Sp. 975 (Stichwort „Germanen“); Übernahme in die Notizen, Bl. 30/63, und anschließende Integration in den Romantext; germanischer Volksstamm. Anicier, S. 198, 204, 206 u.ö.: Auswahl des Familiennamens, Quelle: Gregorovius, S. 57 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, und anschließende Integration in den Romantext; „frühchristliche Senatorenfamilie“521 . Anima mea laudabit te et judicia tua me adjuvabunt, S. 220: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes Vivit anima me[a], et laudabit te, et indicia tua adjuvabunt me, Quelle: Gregorovius, S. 349 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6; Abwandlung der grammat.-syntakt. Verhältnisse bei Integration in den Romantext. Wilhelm, die ihrer Untersuchung die erste Stockholmer Ausgabe des „Erwählten“ von 1951 zugrunde legt, nimmt an, dass Thomas Mann „eine nur für Kenner merkliche raffinierte Vertauschung von ‚iudicia’ zu ‚indicia’ vorgenommen hat“ 522 . Fakt ist, dass Thomas Mann die „raffinierte Vertauschung“ zunächst von Gregorovius abschrieb. Nachdem er mit Blick auf den Psalm 118,175 den Fehler bemerkt hatte, wurde dieser aus den folgenden Ausgaben getilgt, sodass die Übersetzung nun korrekt lautet: Meine Seele wird dich loben und deine Gerichte werden mir helfen! annere, S. 74: Auswahl des nd. Indefinitpronomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: andere. Anschouwe, S. 17, 31: Auswahl des Örtlichkeitsnamens Anschauwe, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 39; In Panniers Anmerkung 2 liest Thomas Mann: „Anschauwe ist das Königreich Anjou“; Übernahme in die Notizen, wo die dt. und die frz. Form weiterhin nebeneinander stehen: Bl. /36: „Anjou (Anschauwe)“, Bl. 7/40: „Anschauwe: Königreich Anjou“; Neubildung der orthogr. Mischform Anschouwe und anschließende Integration in den Romantext; bei Thomas Mann Herkunftsbezeichnung des Königs von Anschouwe. ansterben, S. 15, 33: Auswahl des veralteten 523 nhd. Verbs, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 108 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/ 26, 10/43, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: jdm. etw. vererben. Antiochia, S. 12: Auswahl des Örtlichkeitsnamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; altgriechische Stadt in Kleinasien. 521 Not. DE, Bl. -/2. Wilhelm, S. 107. 523 DWB Bd. 1, Sp. 484, mit Verweis auf Lessing. 522 85 Anvers, S. 29: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Meyer Bd. 1, Sp. 102 (Stichwort „Antwerpen (frz. Anvers)”); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Hauptstadt der belgischen Provinz Antwerpen. Äolsharfe, S. 9: Auswahl des ungebräuchlichen 524 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: harfenähnliches Musikinstrument, auch: Windharfe. Apostolen, S. 156: Auswahl des mhd. Nomens apostolen, Quelle: Waag, S. 127 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/20; Anpassung an die nhd. Orthogaphie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Apostel. Appel, S. 78: Auswahl des nd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Apfel. 525 à propos, S. 127: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: auf ein Wort! Apsis, S. 237: Auswahl des gr. Lehnworts 526 , Quelle: Gregorovius, Bd. 1, S. 54 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Altarnische. Aquitanier, S. 121: Auswahl des Völkernamens, Quelle: Singer/Bauer, S. 46; Übernahme in die Notizen, Bl. 31/64, und anschließende Integration in den Romantext; iberischer Volksstamm, sesshaft im heutigen Südwesten Frankreichs. Ara celi, S. 9: Auswahl des Objektnamens, Quelle: nicht ermittelbar! 527 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/3, 36/69, und anschließende Integration in den Romantext; „Kloster und Kirche Ara Celi“ 528 in Rom; sprechender Name: Altar des Himmels. Arbor vitae, S. 11: Auswahl des lat. Lehnwortkomplexes, Quelle: Baum, S. 120; Übernahme in die Notizen, Bl. 32/65, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Lebensbaum. Archidiakonus, S. 196, 236: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius, S. 106 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, -/15, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: geistliches Amt. Arelat-Burgund, S. 147: Auswahl der beiden Örtlichkeitsnamen Arelat und Burgund, Quelle: Meyer Bd. 1, Sp. 818 (Stichwort „Flandern“); Übernahme in die Notizen, -/23, 21/54; 524 Gr. Duden Bd. 1, S. 266. Die Übersetzung der nd. Idiome ist an Otto Mensings Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch angelehnt. 526 Kl. Duden, S. 38. 527 Bei Gregorovius Bd. 1, S. 1125ff., wird zwar über Kirche und Kloster Aracoeli berichtet, aber aufgrund der orthografischen Abweichung kann nicht mir Sicherheit gesagt werden, ob dies die Quelle von Thomas Manns Ara celi ist. 528 Not. DE, Bl. 36/69. 525 86 Neubildung einer Bindestrichkoppelung bei Integration in den Romantext; fiktives Herzogtum des Grafen Roger. Vgl. Arelat, S. 64. Arras, S. 31, 38, 153: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quellen 529 : Pannier Bd. 2, S. 187; Meyer Bd. 2, Sp. 959/960 (Stichwort „Niederlande”: Karte der Niederlande); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Stadt in Nordfrankreich. Artus, S. 16, 90: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier, Bd. 1, S. 22 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 15/48, und anschließende Integration in den Romantext; sagenhafter König der Briten. Askalon, S. 28: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 98; Übernahme in die Notizen, Bl. -/26; 9/42, 19/52, und anschließende Integration in den Romantext; „Askalon, womit Escavalon, Cavalon gemeint ist“ 530 , fiktive Örtlichkeit, Land des Königs Vergulacht. Assagauker Sammet, S. 18: Auswahl des nhd. Wortkomplexes Samt von Assagauk, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 262 (markiert); Neubildung des Kompositums Assagauk-Samt und Übernahme in die Notizen, Bl. 16/49; Umbildung von Assagauk-Samt Æ Assagauker Sammet bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „Sammetstoffe [=] Seide seltener Art“ 531 aus Assagauk, dem nicht näher bestimmbaren 532 Land des Mohrenkönigs Isenhart. Vgl. Assagauker Prachtgerät, S. 18. Asylum S. 179, 180, 243 u.ö.: Auswahl des lat./ engl. Fremdworts asylum auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Asyl. Atrium, S. 236, 238: Auswahl des lat. Lehnworts 533 , Quelle: Gregorovius, Bd. 1, S. 54 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: nach oben offener Hauptraum des altrömischen Hauses, Innenhof. atzen, S. 51, 77, 191 u.ö.: Auswahl des fnhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: jdm. zu essen geben, beköstigen. 534 Atzung, S. 194: Auswahl des fnhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Beköstigung 535 . 529 Die genannten Quellen sind zwar als potentiell möglich anzusehen, aber das Exzerpt in den Notizen, Bl. -/4: „Cathedral and Abbeye de St. Vaast (Arras)“, verweist auf eine weitere, nicht ermittelbare Vorlage, die eine Bildunterschrift in englischspr. Zeitung annehmen lässt. 530 Not. DE, Bl. 9/42. 531 Not. DE, Bl. 7/40. 532 Pannier Bd. 2, S. 416: „Landesname“. 533 Kl. Duden, S. 46. 534 DWB Bd. 1, Sp. 596; FWB Bd. 2, Sp. 290. 535 DWB Bd. 1, Sp. 596; FWB Bd. 2, Sp. 292 . 87 auferbauen, S. 22: Auswahl des veralteten 536 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 537 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: etw. errichten, erbauen, hier: (körperlich) wachsen. auferziehen, S. 56: Auswahl des veralteten 538 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 539 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: erziehen, aufziehen, großziehen. aurelianische Mauer, S. 238: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 29, 30; Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, und anschließende Integration in den Romantext; historisches Bauwerk in Rom. au reste, S. 127: Auswahl des frz. 540 Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: übrigens. Ausbündigkeit, S. 160: Auswahl des fnhd. 541 Adjektivs ausbündig auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -keit); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ausgelassenheit. auslugen, S. 245: Auswahl des fnhd. 542 Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: aufmerksam sehen, Ausschau halten. (aus)twaddeln, S. 83: Auswahl des engl. Fremdworts to twaddle auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an das nhd. Laut-Zeichen-System (le>el) und Neubildung durch Derivation (Präf. aus-, Suff. -n); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: ausschwatzen. Aventin, S. 9: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 15 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/4, und anschließende Übernahme in den Romantext; einer der sieben Hügel Roms. Aventuren, S. 90: Auswahl des Prototypen 543 Aventiure, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 36 (markiert); orthogr. Annäherung (iu>u) an die frz. Form aventure; Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Abenteuer. 536 DWB Bd. 1, Sp. 638, mit Verweis auf Goethe. Interferenz: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoph: Abenteuerlicher Simplicius Simplicissimus. Neu an den Tag geben und in unser Schriftdeutsch gesetzt von Engelbert Hegaur. München 1909, S. 399: Auferbauung. (TMA TM 31) 538 DWB Bd. 1, Sp. 641, mit Verweis auf Lessing. 539 Interferenz: Simplicissimus, S. 410: auferziehen; Vierhundert Schwänke des sechzehnten Jahrhunderts, hrsg. von F. Bobertag, Berlin/Stuttgart s.d. (Deutsche National-Litteratur, Bd. 24.). Berlin, Stuttgart 1887, S. 333: aufferzogen. (TMA TM 3010) 540 Die Übersetzung der nfrz. Fremdwörter wird im Folgenden an Langenscheidts Handwörterbuch Französisch, 2 Bde., hrsg. von Manfred Bleher. Berlin (u.a.) 2003, angelehnt. 541 DWB Bd. 1, Sp. 841, mit Verweis auf Luther. 542 FWB Bd. 2, Sp. 1175. 543 Die Anpassung von mhd. aventiure an die nhd. Orthograpie (Gs.) hatte Pannier bereits vorgenommen. 537 88 BBB Backenstreich, S. 183, 184: Auswahl des fnhd. 544 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Backpfeife, Ohrfeige 545 . Backschießen, S. 93: Neubildung eines Kompositums auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: eine Art (Kinder-)Spiel. Baduhenna, S. 15, 17, 19 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Brief Singers vom 19.03.1948 546 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/8; Übertragung auf die Figur der Mutter des Geschwisterpaars bei Integration in den Romantext. Bälde, S. 47: Auswahl des veraltenden 547 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: in Bälde = bald. bälder, S. 20, 220: Auswahl des ungebräuchlichen 548 Komparativs zu nhd. bald auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: eher. bamsen, S. 52: Auswahl des veralteten549 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: knuffen, ferner: „das fell klopfen, prügeln“ 550 . Bankert, S. 97, 103: Auswahl des veralteten 551 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 552 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Bastard, uneheliches Kind. Vgl. Bankhart. Bankhart, S. 244, 253: Auswahl des fnhd. 553 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 554 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „aus dem ehebett gefallenes, unter der bank, im winkel erzeugtes [also uneheliches] kind“ 555 . bappen, S. 79, 81: Auswahl des engl. Fremdworts to baptize auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch Konsonantgemination (p) im Silbengelenk und durch 544 FWB Bd. 2, Sp. 1658. Interferenz: Schwänke, S. 318: backenstreich. 546 Vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 547 Duden, S. 114: nur noch in Redewendung in Bälde. 548 Duden, S. 114, nennt den Komparativ eher. 549 Diese Form ist in fnhd. Wbb. nicht nachweisbar! 550 DWB Bd. 1, Sp. 1096. 551 Diese Form ist in fnhd. Wbb. nicht nachweisbar, aber im DWB Bd. 1, Sp. 1111, mit Verweis auf Grimmelshausen; jüngere Form von fnhd. Bankhart. 552 Interferenz: Simplicissimus, S. 410: Bankert. 553 DWB Bd. 1, Sp. 111, mit Verweis auf Logau, Zincgref und Sachs; FWB Bd. 2, Sp. 1885. 554 Interferenz: Simplicissimus, S. 528: Bankart. 555 DWB Bd. 1, Sp. 1111. 545 89 Derivation (Suff. -en); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: taufen. baß, S. 21, 218: Auswahl des mhd. Adverbs baz, Quelle: Gregorius, V. 124; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, -/24; Anpassung 556 an die nhd. Orthografie (z>ß); Integration in den Romantext; Bedeutung: besser. Base, S. 44, 56, 113 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens base, Quelle: Dieffenbacher, S. 98 (markiert); Anpassung 557 an die nhd. Orthografie (Gs.); Übernahme in die Notizen, Bl. -/15, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Base (Vaterschwester)“ 558 . Beati, quorum tecta sunt peccata, S. 9: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 559 ; Übernahme in die Notizen, Bl. 35/68, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: die Reichen, deren Dächer (Häuser) sündhaft sind. beau corps, S. 30: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes, Quelle: Pannier Bd. 1, 187, 217; Übernahme in die Notizen, Bl. -/ 25, 14/47, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: schöner Körper. beau Sire, S. 120: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 107 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 3/30, 10/43, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: werter Herr. Begütigung, S. 182: Auswahl des fnhd. 560 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Beschwichtigung. bejehen, S. 252: Auswahl des mhd. Verbs jehen, Quelle: Gregorius, V. 2424; Derivation561 (Präf. be-); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: erzählen, bezeugen. Bejehung, S. 253: Auswahl des mhd. Verbs jehen, Quelle: Gregorius, V. 2424; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Präf. be-, Suff. -ung); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Erzählung. Belrapeire, S. 16, 17, 19 u.ö.: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 210, Anm. 2 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 13/46, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der sprechende Name Belrapeire, „(bel repaire) = schöner Aufenthalt“ 562 , nicht aber die literarische Identität als Hauptstadt von Brobarß wird von Thomas Mann übernommen und auf das fürstliche Schloss übertragen. 556 Duden, S. 116, kennt diese Form. Duden, S. 116, kennt diese Form. 558 Not. DE, Bl. -/15. 559 Psalm 31,1. 560 DWB Bd. 1, Sp. 1316, mit Verweis auf Fischart; FWB Bd. 3, Sp. 683. 561 Gr. Lexer Bd. 1, Sp. 162. 562 Pannier Bd. 1, S. 210, Anm. 2 (markiert). 557 90 Benedictus qui venit in nomine Domini. S. 236: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quellen: Gregorovius Bd. 1, S. 489 (markiert), Bernhart, S. 79 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Der Gesegnete, der (da) kommt im Namen des Herrn. Berchfrit, S. 23: Auswahl des ungebräuchlichen 563 nhd. Nomens, Quellen: Dieffenbacher, S. 21 (markiert); Meyer Bd. 1, Sp. 427 (Stichwort „Burg“); Übernahme in die Notizen, Bl. 24/57, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Bergfried, Hauptturm. Berge, S. 118: Auswahl der veralteten nhd. Nomens Halsberge (s.u.), Quelle: Hertz, S. 114; Neubildung eines Nomens durch Tilgung des ersten Simpliziums; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Schutz. bescheiden, jdm. etw., S. 62, 155: Auswahl des fnhd. 564 Verbs, Quelle: nicht ermittelbar!; Übernahme in die Notizen, Bl. 10/43, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „des sollt ihr hier beschieden sein’: (das soll euch nun [...] erklärt, mitgeteilt sein)“ 565 . besteh(e)n, jdn., S. 129, 135, 138 u.ö.: Auswahl des fnhd. 566 Verbs, Quelle: Nibelungen, S. 227: „ich besteh ihn ganz allein“ (markiert); In den Notizen, Bl. -/29, findet sich lediglich die mhd. Entsprechung, Quelle: Dieffenbacher, S. 145: „waerestu der tiuvel, ich wolt dich auch bestân“; In den Romantext wird schließlich die fnhd. Form integriert; Bedeutung: „jn. im Kampf überwinden, besiegen“ 567 . bien soi venu, beau Sire, S. 17: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes Quelle: Pannier Bd. 1, S. 107 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 3/30, 10/43, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Herzlich willkommen, werter Herr! Bitterling, S. 209: Auswahl des Fachausdrucks aus der Fischersprache, Quelle: Meyer Bd. 3, Sp. 718 (Stichwort „Süßwasserfauna“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/5, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: karpfenartiger Fisch. blatten, S. 24: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägersprache, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 150; Übernahme in die Notizen, Bl. -/26, 12/45, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „auf einem Blatt das Wild durch eine Nachahmung des Schreies locken“ 568 . 563 Das Element ist in herkömmmlichen nhd. Wbb. nicht nachweisbar, aber in dem von Thomas Mann benutzten „Meyers kleinem Lexikon“. 564 DWB Bd. 1, Sp. 1554: jdn. „unterrichten, ihm bescheid geben“, mit Verweis auf Luther, Kirchhof und Werder. 565 Not. DE, Bl. 10/43. 566 DWB Bd. 1, Sp. 1670, mit Verweis aufs Nibelungenlied, Luther und Theuerdank. 567 FWB Bd. 3, Sp. 1950. 568 Not. DE, Bl. 12/45. 91 blessig, S. 136: Auswahl des nhd. Nomens Blesse 569 ; Neubildung eines Adjektivs durch Derivation (Suff. -ig); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: fleckig. bonne chance!, S. 142: Auswahl des nfrz. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: viel Glück! bosten, S. 96: Auswahl des engl. Fremdworts to boast auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (oa>o) und Hybridbildung durch Addition einer dt. Infinitivendung (-en); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: prahlen. Brabant, S. 35, 110: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Meyer Bd. 1, Sp. 382 (Stichwort „Brabant“); Übernahme in die Notizen, Bl. 20/53, und anschließende Übernahme in den Romantext; Stadt im historischen Lothringen, heute Belgien. Brautlauf, S. 30, 160: Auswahl des fnhd. 570 Nomens, Quellen: Dieffenbacher, S. 109 (markiert); Pannier Bd. 1, S. 84 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/29, 9/42, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Brautlauf = Vermählung (Alter Wettlauf um die Braut)“ 571 . Bredouille, S. 43: Auswahl des frz. Lehnworts 572 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Verlegenheit, Bedrängnis. Bresthaftigkeit, S. 235: Auswahl des fnhd. Adjektivs bresthaftig 573 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -keit); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gebresten, Krankheit, Kränklichkeit. Britanje, S. 35: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quellen: Thomas, S. 100; Hertz, S. 560; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; „Britanje gebraucht Gottfried [von Straßburg] ohne Unterschied bald für die Bretagne (Britannier minor), bald für Groß Britannien (Britannier major). Hier ist die Bretagne gemeint, die unmittelbar an Parmenien grenzt.“ 574 Britanneisen, S. 16: Auswahl des Völkernamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 300 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 17/50, und anschließende Integration in den Romantext; Briten. 569 Duden, S. 129. Baufeld, S. 40; Götze, S. 39. 571 Not. DE, Bl. 9/42. 572 Kl. Duden, S. 66. 573 Baufeld, S. 40. 574 Hertz, S. 560. 570 92 britunsch, S. 14: Auswahl des mhd. Adjektivs britunsch, Quelle: Thomas, S. 100; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: britisch, bretonisch. Brotranft, S. 184: Auswahl des veralteten 575 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 576 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Brotkruste. Bruges-la-vive: S. 29, 121: Auswahl des Namenskomplexes Bruges-la-Morte 577 , Quelle: Meyer Bd. 1, Sp. 408 (Stichwort „Brügge“); Substitution des dritten Simpliziums (MorteÆ vive); Übernahme in die Notizen, Bl. -/1, 3/30, und anschließende Integration in den Romantext; Hauptstadt des fiktiven Herzogtums Flandern-Artois; Sprechender Name: Bruges, die lebend(ig)e Stadt. Vgl. Bruges, S. 62, 63, 64 u.ö.; Buhlschaft, S. 232: Auswahl des fnhd. 578 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 579 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Liebesverhältnis. Bugspriet, S. 95: Auswahl des Fachausdrucks aus der Seemannssprache auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Übernahme in die Notizen, Bl. -/29, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: über den Schiffsbug hinausragende Segelstange. 580 Buhlsohn, S. 243: Neubildung in Analogie zu nhd. Buhlschwester 581 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: der (im sexuellen Sinne) geliebte Sohn. Buhurd, S. 25, 26, 27 u.ö.: Auswahl des Prototypen 582 Buhurd, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 255 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, -/7, 15/48, und anschließende Integration in den Romantext: Bedeutung: „Buhurd (von hurten = anrennen) ist ein Reiterspiel zur Belustigung und Übung, wobei Schar auf Schar stößt und wobei die Ritter keine Rüstung getragen zu haben scheinen.“ 583 575 In fnhd. Wbb. nicht nachweisbar! DWB Bd. 2, Sp. 405. Impuls gab möglicherweise die Form Ranft von Haferbrot, Quelle: Singer/Bauer, S. 42 (markiert). 577 Bruges-la-Morte ist ein Roman des belgischen Schriftstellers Georges Rodenbach (1855-1898), veröffentlicht 1892 beim Verlag Flammarion. 578 DWB Bd. 2, Sp. 507, mit ausschließlich fnhd. Kontext. 579 Interferenz: Volksbuch vom Doctor Faust. Zweite Auflage, hrsg. von Robert Petsch, Neudrucke deutscher Literaturwerke des 16. und 17. Jahrhunderts, No. 7-8b, Halle a.S. 1911, S. 27: Teuffelische Buhlschafft. Dieses Quellenwerk ist nicht im Nachlass Thomas Manns vorhanden, aber definitiv von ihm gebraucht worden! Vgl. hierzu Voss, Lieselotte: Die Entstehung von Thomas Manns Roman »Doktor Faustus«. Dargestellt anhand von unveröffentlichten Vorarbeiten. Tübingen 1975, S. 24f. 580 Duden, S. 135. 581 DWB Bd. 2, Sp. 508. 582 Die Anpassung von mhd. bûhurt an die nhd. Orthografie (Gs., û>u, Konstantschr. im Auslaut) hatte Pannier bereits vorgenommen. Diese Form ist weder in mhd. noch in nhd. Wbb. nachweisbar und taucht allenfalls vereinzelt in nhd. Übertragungen mhd. Epik oder in kulturhistorischen Abhandlungen auf. 583 Pannier Bd. 1, S. 255, Anm. 2 (markiert). 576 93 Bürzel, S. 28: Auswahl des fnhd. Nomens, Quelle: Heil, S. 113 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 7/40, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Schnupfen, Grippe, Influenza. 584 CCC Cabane, S. 173: Auswahl des veralteten frz. Lehnworts 585 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Synonmym für Privatgemach. 586 Caligula, S. 240: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 33; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; römischer Kaiser 37-41 n.Chr. 587 Cambrey, S. 19: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Meyer Bd. 2, Sp. 959/960 (Stichwort „Niederlande”: Karte der Niederlande); Übernahme in die Notizen, Bl. 25/58, und anschließende Integration in den Romantext; Stadt in Nordfrankreich, westlichster Bischofssitz des historischen Ostfrankenreiches. capitale, S. 84, 85: Auswahl des ital. 588 Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Vermögen, Schatz. Capperntunke, S. 215: Ein Nomen Capper ist im Deutschen nicht belegbar! Möglicherweise liegt dieser Neubildung das italienische cappero zugrunde, das an die nhd. Form Kapern angenähert (Gs., Tilg. -o) und mit dem nhd. Simplizium Tunke verbunden wurde. Bedeutung: Kapernsauce. Caput mortuum, S. 84: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: totes Kapital. Caroli, S. 15: Auswahl des Personennamens im lat. Genitiv, Quelle: Dieffenbacher, S. 29; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Karl der Große, fränkischer Kaiser. Castanen, S. 88: Auswahl des mhd. Nomens castânen 589 , Quelle: nicht ermittelbar!; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., â>a); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Kastanien. 584 Götze, S. 44. Heyse, S. 143. 586 DE, S. 173. 587 Lebensdaten der römischen Kaiser nach: Veh, Otto: Lexikon der römischen Kaiser: von Augustus bis Iustinianus I., 27 vor Chr. bis 565 nach Chr. Düsseldorf 1998; Kienast, Dietmar: Römische Kaisertabelle: Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie. Darmstadt 1996. 588 Die Übersetzung der ital. Fremdwörter wird im Folgenden an Langenscheidts Handwörterbuch Italienisch, 2 Bde., hrsg. von Anton Reiniger. Berlin (u.a.) 2003, angelehnt. 589 Der Kl. Lexer, S. 106, kennt die Form kastâne, lat. castanea, das Findebuch, S. 198, die Form castâne. 585 94 Caverne, S. 21: Auswahl des orthogr. veralteten frz. Lehnworts 590 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Höhle, Hohlraum. Celui je tiendrai ad espous qui nos redemst de son sanc precious, S. 63: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes Celui tien [...] , Quelle: Auerbach, S. 114; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7; Ersetzen des afrz. Imperativs Sg. tien durch das nfrz. je tiendrai (1. Pers. Sg., Futur, Indkt., Akt.) bei Integration in den Romantext; Übersetzung: „Den werde ich mir zum Gatten nehmen, der uns erlöste mit seinem kostbaren Blut.“ 591 Chastel, S. 16, 160: Auswahl des Prototypen 592 Chastel, Quelle: Auerbach, S. 224; Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Burg, Festung. Cherubin, S. 156: Auswahl des Personennamens Cherubîn, Quelle: Waag (markiert); Anpassung an die nhd. Orthografie (î>i); Übernahme in die Notizen, Bl. -/20, und anschließende Integration in den Romantext; das Paradies bewachender Engel bleibt. Christum, S. 17: Auswahl des Personennamens im lat. Akk. auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; gemeint: Jesus Christus. Chromatius, S. 238: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 1219 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bischof von Aquileia Ende des 4. Jahrhunderts. Chrysogonus, S. 84, 85: Auswahl des Personennamens, Quellen: Gregorovius Bd. 1, S. 157, 161; Eicken, S. 219; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Nur der Name Chrysogonus, nicht aber seine historische Identität als römischer Märtyrer, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur des „Säckelmeisters“ übertragen. Vgl. Chrysogone, S. 85; Chrysogon, S. 85. Cingulum, S. 13, 49: Auswahl des lat. Lehnworts Zingulum, Quelle: Meyer 1, Sp. 275 (Stichwort „Benediktiner“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/36; partielle Relatinisierung (Z>C) bei Integration in den Romantext; Übersetzung: „Gürtel der Priestergewänder“ 593 . Circus, S. 240: Auswahl des orthogr. veralteten lat. Lehnworts 594 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 19, 20, 24 u.ö.; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/4, und anschließende Integration in den Romantext. Cistercium, S. 67: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Meyer 3, Sp. 1155 (Stichwort „Zisterzienser“); Übernahme in die Notizen, Bl. 27, und anschließende Integration in den 590 Heyse, S. 166. Not. DE, Bl. -/7. 592 Die Anpassung von afrz. chastel an die nhd. Orthografie (Gs.) hatte Auerbach bereits vorgenommen. Ein veraltetes nhd. Lehnwort Chastel konnte in keinem Wörterbuch nachgewiesen werden. 593 Not. DE, Bl. -/36. 594 Heyse, S. 187. 591 95 Romantext; „Zisterzienser [...], reformierte Benediktiner, 1098 von Robert von Molesme in Citeaux (Cistercium) [...] gegründet“ 595 , Stadt in Burgund, Frankreich. Clamadex, S. 101: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 211, Anm. 3 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Nur der sprechende Name Clamadex, „d.h. rufe Gott“ 596 , nicht aber seine literarische Identität als König von Iserterre, wird von Thomas Mann übernommen und auf den die Natur versuchenden Mitbruder Gregorius’ übertragen. Claustrum, S. 70: Auswahl des lat. Fremdworts claustrum, Quelle: Meyer 2, Sp. 440 (Stichwort „Kloster“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, 24/57; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Übersetzung: „Kloster (claustrum)“ 597 . Clemens der Ire, S. 10, 13: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 52 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Seine historische Identität als irischer Missionar wird von Thomas Mann mit übernommen und auf die Figur Erzähler übertragen; Sprechender Name: (von lat. clemens) der Milde (Ire). Cleve, Gräfin von, S. 23, 28: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 146; Übernahme in die Notizen, Bl. -/24, 29/62, und anschließende Übertragung auf eine Romanfigur; Eine zu diesem Namen gehörige Identität wird weder in der Vorlage noch im Romantext explizit. Clonmacnois, S. 10, 11: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Baum, S. 118, 167 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 23/56, 32/65, und anschließende Integration in den Romantext; im Mittelalter eine berühmte irische Klosterstätte. Collacie, S. 120: Auswahl des mhd. Nomens collâcie 598 , Quelle: nicht ermittelbar!; Übernahme in die Notizen, Bl. -/4; partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und Übernahme in die Notizen, Bl. 3/30; weitere Anpassung an die nhd. Orthografie (â>a) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „Zwischenmahlzeit, kalt, Trunk[:] Wasser“ 599 . Colosseum, S. 238: Auswahl des Objektnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 157 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/5, und anschließende Integration in den Romantext; historische Arena in Rom. Columbanus, S. 10: Auswahl des Personennamens, Quellen: Baum, S. 23 (markiert); Scherer, S. 37 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 4/37, 31/64, und anschließende Integration in den Romantext; irischer Heiliger und „Apostel der Alemannen“ 600 , lebte von (ca.) 543-615 n.Chr. 595 Not. DE, Bl. 27. Pannier Bd. 1, S. 211, Anm. 3 (markiert). 597 Not. DE, Bl. 24/57. 598 Kl. Lexer, S. 112. 599 Not. DE, Bl. 3/30. 600 Not. DE, Bl. 4/37. 596 96 Cons du chatel, S. 23, 42, 62: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes cons du chastel, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 74, Anm. 2 (markiert); Anpassung sowohl an die nhd. (Gs.) als auch an die nfrz. Orthografie (Tilg. -s-); Übernahme in die Notizen, Bl. 3/30, 19/52, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: „Cons du chatel = Burggraf“ 601 . conseiller, S. 248: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Ratgeber, Berater. Conversation, S. 17, 152: Auswahl des orthogr. veralteten frz. Lehnworts 602 , Quelle: Scherer, S. 71 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. cornure de prise, S. 33: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes, Quelle: Hertz, S. 556 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Beutehorn. corteisieren, S. 30: Auswahl des afrz. Fremdworts corteisie, Quelle: Auerbach, S. 132; Neubildung eines Verbs durch Derivation (Suff. -ieren); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: sich höfisch/höflich benehmen. Corteisie und Fug, S. 17: Auswahl des afrz.-mhd./veralteten Wortkomplexes voll Courtoisie und Fug, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 77 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, 9/42; Parallel zur Form Courtoisie findet Thomas Mann bei Auerbach, S. 132, die Form corteisie, die er nach Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) ebenfalls in die Notizen, Bl. -/7, -/28, übernimmt. Bei Integration des Wortkomplexes in den Romantext wird die ursprüngliche Form Courtoisie durch Corteisie ersetzt; Bedeutung: „das persönliche der höfischen Tugenden“ 603 . Corvey, S. 11: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Baum, S. 122 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 33/66, und anschließende Integration in den Romantext; ostfränkische Benediktinerabtei. Coterie, S. 122, 123: Auswahl des orthogr. veralteten frz. Lehnwort 604 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Clique, Gruppe. coups de vent, S. 74: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: starke Windstöße. Covertiure, S. 18, 136, 141: Auswahl des Prototypen Kovertiure, Quelle: Pannier, Bd. 1, S. 46 (markiert); In Panniers dazugehörigen Anmerkung 5 (markiert) las Thomas Mann: „altfranz. coverture“. In seine Notizen, Bl. 8/41, übernahm er lediglich die Form Kovertiure, 601 Not. DE, Bl. 19/52. Basler/Schulz Bd. 1, S. 390. 603 Auerbach, S. 132. 604 Heyse, S. 221. 602 97 jedoch kommt es bei Integration in den Romantext zur Bildung der Mischform Covertiure; Bedeutung: „Schutz- und Schmuckdecke des Rosses“ 605 . Creatur S. 27, 224, 226, u.ö.: Auswahl des orthogr. veralteten lat. Lehnworts 606 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 607 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. credemi, S. 77, 85, 86 u.ö.: Auswahl des ital. Fremdwortkomplexes; Impuls gab gewiss der lat. Fremdwortkomplex crede mihi, Quelle: Singer/Bauer, S. 24 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: glaub’ mir! credite mihi, S. 81: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes crede mihi, Quelle: Singer/Bauer, S. 24 (markiert); Bildung des Imperativ Plural; Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: glaubt mir! Crucifix, S. 106: Auswahl des lat. Lehnworts 608 in veralteter orthogr. Form auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Cubicularius, S. 250: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 535 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; päpstlicher Hofbeamter. cuissin, S. 168: Auswahl des afrz. Fremdworts, Quelle: nicht ermittelbar!; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Kissen. Vgl. Hauptcuissin, S. 168. Curopalata, S. 250: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 535; Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; päpstlicher Hofbeamter. DDD Dachtel, S. 169: Auswahl des ugs. 609 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ohrfeige. dahier, S. 70, 156: Auswahl des veralteten 610 nhd. Adverbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: an diesem Orte, hier. 605 Pannier, Bd. 1, S. 46 Anm. 5 (markiert). Heyse, S. 224. 607 Interferenz: Simplicissimus, S. 24. 608 Heyse, S. 228. 609 Duden, S. 140. 610 Duden, S. 140. 606 98 Dalmatika, S. 207, 251: Auswahl des lat. Lehnworts 611 , Quelle: Bernhart, S. 350; Übernahme in die Notzen, Bl. -/6, -/13 612 , und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Kleid aus dalmatinischer Wolle. dämpfig, S. 78: Auswahl des veralteten 613 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: kurzatmig. darnach, S. 108: Auswahl der „älteren Form“ 614 des Adverbs danach auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. dat, S. 74, 78: Auswahl der nd. Konjunktion auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: dass. de, S. 74: Auswahl des nd. Artikels auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Bedeutung: der. dear me, S. 108: Auswahl des engl. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Ach herrje! Defensor, S. 250: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 533 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: päpstlicher Hofbeamter. Degen, S. 127, 129, 130 u.ö.: Auswahl des veralteten 615 nhd. Nomens, Quellen: Pannier Bd. 1, S. 216 (markiert); Nibelungen, S. 217 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Held. Dekretale, S. 12: Auswahl des lat. Lehnworts 616 , Quelle: Gregorovius, S. 1506 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: päpstlicher Entscheid. De laudibus sanctae crucis, S. 96: Auswahl des lat. Buchtitels, Quellen: Waag, S. XV, Baum, S. 116; Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: „Über die Lobpreisungen des Heiligen Kreuzes“ des Fuldaer Gelehrten Hrabanus Maurus, entstanden um 1830. de legibus, S. 88, 162: Auswahl des mhd./lat. Nomens lêgibus, Quelle: Gregorius, V. 1193; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Relatinisierung (ê>e) und Ergänzung der lat. Präp. de bei Integration in den Romantext; Übersetzung: von Gesetzen. 611 Gr. Duden Bd. 2, S. 742. Hier in orthogr. leicht abweichendem Gewand: „Dalmatica“. 613 DWB Bd. 2, Sp. 720. 614 Duden, S. 142. 615 Duden, S. 144. 616 Gr. Duden Bd. 2, S. 776. 612 99 derrière, S. 26: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Hintern. Deus ne volt, S. 22: In seinem Brief vom 13.04.1948 schrieb Thomas Mann an Singer: „Ich brauche ein paar Brocken eines älteren Französisch. [...] Wie hieß »Gott will es nicht«, »Dieu ne le veut pas«?“ 617 In seinem Brief vom 20.04.1948 antwortete Singer: „Gott will es nicht: Deus ne volt“ 618 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Wilhelms Vorschlag, den Fremdwortkomplex Deus ne volt dem Nfrz. zuzuordnen 619 , muss angesichts der eindeutigen Quellenlage zurückgewiesen werden. Deu vus sal, S. 21: Im Hertz´schen Tristan, S. 70, fand Thomas Mann die mhd./afrz. Form dêû sal, die möglicherweise Impulsgeber für folgende Frage war: In seinem Brief vom 13.04.1948 schrieb Thomas Mann an Singer: „Ich brauche ein paar Brocken eines älteren Französisch. [...] Wie lautete »Gott zum Gruß«“? In seinem Brief vom 20.04.1948 antwortete Singer: „Gott zum Gruß heißt: Deu vus sal!“ 620 ; Übernahme in die Notizen, Bl. 2/31, und anschließende Integration in den Romantext. Deus dedit, S. 76: Auswahl des Papstnamens Deusdedit 621 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 355; Übernahme in die Notizen, Bl. -/18; Trennung des lat. Kompositums in seine einstigen Bestandteile und Integration in den Romantext mit seinem einstigen sematischen Gehalt; Übersetzung: Gott gab es. dévotement, S. 28: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: ehrerbietig. Dewwel, S. 82: Auswahl des nd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Teufel. Dexterität, S. 125: Auswahl des engl. Fremdworts dexterity auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und hybride Neubildung durch Substitution (Suff. -ity > -ität); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gewandtheit. Dianasdrun, S. 90: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 244 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, 15/48, und anschließende Integration in den Romantext; literarisch-fiktive Örtlichkeit aus der Artussage, Artusresidenz. dieweil, S. 28: Auswahl der veralteten 622 nhd. Konjunktion auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: währenddessen. 617 DüD III, S. 354. Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 619 Wilhelm, S. 89. 620 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 621 Papst von 615-618. 622 Duden, S. 149. 618 100 discrete, S. 77: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutungsverschiebung: Das lat. Adverb mit der Bedeutung ‚getrennt’ 623 wird mit der Bedeutung ‚verschwiegen’ belegt, die eigentlich dem späteren Lehnwort diskret 624 zugehört. Disport, S. 91, 92, 94 u.ö.: Auswahl des engl. Fremdworts to disport auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Konversion und Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutungsverschiebung: sich tummeln Æ sportlicher Zweikampf. Diversion, S. 130, 133: Auswahl des lat. Lehnworts 625 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ablenkung, Angriff. Vgl. divertieren, S. 166. Divination, S. 206: Auswahl des engl./frz. Lehnworts 626 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Wahrsagerei. Divinitas, S. 88, 89: Auswahl des Prototypen 627 , Quelle: Singer/Bauer, S. 18 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: „diu kunst [...] von der gotheit“ 628 . divinitas, S. 110, 112, 114 u.ö.: Auswahl des mhd./lat. Nomens divînitas, Quelle: Gregorius, V. 1187; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Relatinisierung (î>i) bei Integration in den Romantext; Übersetzung: Vgl. Divinitas. divum Benedictum S. 47: Auswahl des lat. Namenskomplexes im Akk. auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; der Heilige Benedikt (von Nursia). Dochter, S. 78: Auswahl des nd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Tochter. Doctor mellifluus, S. 242, 259: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Bernhart, S. 137 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/12, und anschließende Übernahme in den Romantext; Ursprünglich war es Bernhard von Clairvaux, Abt und Kirchenlehrer des 12. Jahrhunderts, der „der Mitwelt und der Nachwelt [...] als Lehrer, der von Honig fließt (doctor 623 Georges, Karl Ernst: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, aus den Quellen zusammengetragen und mit besonderer Bezugnahme auf Synonymik und Antiquitäten unter Berücksichtigung der besten Hilfsmittel, 2 Bde. Darmstadt 1988, Bd. 1, Sp. 2201. 624 Basler/Schulz Bd. 1, S. 147. 625 Kl. Duden, S. 103. 626 Heyse, S. 271. 627 Die Anpassung von mhd./lat. divînitas an die nhd. Orthografie (Gs. î>i) hatten Singer/Bauer bereits vorgenommen. Ein Lehnwort Divinitas konnte nirgends nachgewiesen werden. Heyse, S. 271, kennt lediglich die Form Divinität. 628 Gregorius, V. 1189. 101 mellifluus)“ 629 galt, bevor Thomas Mann diesen sprechenden Beinamen auf seinen päpstlichen Protagonisten Gregorius übertrug. Donatisten, S. 239: Auswahl des Gruppennamens, Quelle: Bernhart, S. 53 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/16, und anschließende Integration in den Romantext; nordafrikanische christliche Gemeinschaft des 4. und 5. Jahrhunderts, deren Lehre besagte, dass die Gültigkeit der Sakramente von der Heiligkeit der Person abhänge, die sie vollziehe. Donjon, S. 16, 35, 42: Auswahl des frz. Lehnworts 630 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Übernahme in die Notizen, Bl. 23/56, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Wohnturm: Donjon“ 631 . dopen, S. 79: Auswahl des nd. Verbs 632 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: taufen. Dram, S. 75: Auswahl des engl. Fremdworts dram auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Schluck (im ländl.-nhd. Sinne von Schnaps). drawen, S. 74: Auswahl des engl. Fremdworts to draw auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Hybridbildung durch Addition einer dt. Infinitivendung (-en); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: (Wasser) schöpfen. Droh(e), S. 65, 122: Auswahl des mhd. Nomens drô, Quelle: Gregorius, V. 910; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, 3/30; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., ô>o) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Bedrohung. Dröhnscheibe, S. 203: Neubildung eines Kompositums auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gong. EEE Ecclesia, S. 11: Auswahl des orthogr. veralteten lat. Lehnworts 633 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 158 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: christliche Gemeinde. Echternach, S. 11: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Baum, S. 122 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 33/66, und anschließende Integration in den Romantext; Klosterstätte im historischen Lotharingen, heute Luxemburg. 629 Bernhart, S. 137 (markiert). Gr. Duden Bd. 2, S. 844. 631 Not. DE, Bl. 23/56. 632 Die flektierten Formen der nd. Verben wurden an Lindow, Wolfgang: Niederdeutsche Grammatik. Leer 1998, überprüft. 633 Heyse, S. 282. 630 102 Eckesachs, S. 15: Auswahl des Schwertnamens, Quelle: Scherer, S. 72 (markiert). Übernahme in die Notizen, Bl. -/36: „sein Schwert hieß Eckesachs oder Werimbald“; Thomas Mann entschied sich schließlich für ein „Schwert namens Eckesachs“ (Bl. 6/39) und integrierte es in den Romantext; Ursprünglich handelte es sich um das Schwert des Vaters von Rudlieb, aus dem gleichnamigen lateinischen Gedicht (um 1050). Thomas Mann überträgt den Namen auf das Schwert des Fürsten Grimald; Sprechender Name: „Kurzschwert […] sahs […] die Schneide heißt ecke“ 634 . E! Deus, si forz pechiez m’appresset!, S. 40: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes, Quelle: Auerbach, S. 114; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: „Oh Gott , wie sehr bedrängt mich die Sünde!“ 635 een, S. 74: Auswahl des nd. unbest. Artikels auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: ein, eine, eines. Eh(e)gemahl, das, S. 139, 176: Auswahl des veralteten 636 nhd. Nomens, Quelle: Hertz, S. 391 (markiert) 637 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ehemann. 638 Eheherr, S. 51, 54, 162 u.ö.: Auswahl des veralteten639 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ehemann. Ehewirt, S. 158: Auswahl des veralteten 640 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: s. Eheherr. Ehr, das, S. 64: Auswahl des nhd. Nomens mit veraltetem 641 Genus auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 642 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Vgl. das Mensch, der Rudel. Eidam, S. 235: Auswahl des veralteten 643 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Schwiegersohn. Einerleiheit, S. 254, 255, 256: Auswahl des veralteten nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „das gegentheil von nichtich, dessen charakter die mannigfaltigkeit ist“ 644 . 634 Dieffenbacher, S. 92, von Thomas Mann gewiss auch gelesen, aber nicht markiert. Die Elemente ecke und sahs sind, auch wenn hier nicht ausdrücklich vermerkt, Mittelhochdeutsch. 635 Not. DE, Bl. -/7. 636 In fnhd. Wbb. nicht nachweisbar! 637 Ehgemahl. 638 DWB Bd. 3, Sp. 42. 639 DWB Bd. 3, Sp. 44. 640 DWB Bd. 3, Sp. 51, mit Verweis auf Schiller: „mein lieber herr und ehewirt“. 641 DWB Bd. 3, Sp. 55. 642 Wimmer 1991, S. 292, nimmt an, Thomas Mann habe sich an Wagner angelehnt. 643 Duden, S. 160. 103 einstens, S. 112: Auswahl des veralteten 645 nhd. Adverbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: einst. Eisengrein, S. 23, 24, 42 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Brief Singers vom 19.03.1948 646 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, 3/30; Übertragung auf die Figur des höfischen Cons du chatel bei Integration in den Romantext; Sprechender Name: Eisengrein, der eisern bleibt, obwohl die Jungfrau greint. Vgl. Eisengreinin, S. 54. Ellender, S. 122: Auswahl des mhd. Nomens ellender, Quellen: Gregorius, V 1825; Waag, S. 131; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, 3/30, -/36; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „der ellende = der Fremde“ 647 . eloquentia, S. 81: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Redegewandtheit. empfahn, S. 157: Auswahl des veralteten 648 nhd. Verbs, Quellen: Pannier Bd. 1, S. 72 (markiert); Hertz, S. 115; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: empfangen. Engelland, S. 66: Auswahl des Örtlichkeitsnamens in veralteter 649 orthogr. Form, Quelle: Hertz, S. 125; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; England. ennuyant, S. 139: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: langweilig, uninteressant. entbästen, S. 33: Auswahl des fnhd. 650 Verbs, Quelle: Hertz, S. 556 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „entbesten, den Bast, die Haut abziehen, hieß das kunstgerechte Zerwirken des Hirsches“ 651 . entherzt, S. 49: Auswahl des mhd. Partizips entherzet, Quelle: Hertz, S. 294, der diese unverändert aus dem mhd. Tristan, V. 11888 übernommen hatte; Synkopierung 652 (-e-); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: entmutigt, 644 DWB Bd. 3, Sp. 167. Duden, S. 163. 646 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 647 Not. DE, Bl. -/17, 3/30. 648 DWB Bd. 3, Sp. 577: „die formen [...] schwanken allenthalben“; Aus dem Simplicissimus, S. 219, könnte Thomas Mann die auch die Form emphahen geläufig gewesen sein. 649 DWB Bd. 3, Sp. 474; Interferenz: Simplicissimus, S. 219; Martin Luthers Briefe, in einer Auswahl hg. von R. Buchwald, Bde. 1-2, 2. Aufl. Leipzig 1909, Bd. 1, S. 190. (TMA TM 2959: 1+2) 650 DWB Bd. 3, Sp. 492, nennt dieses Element ausschließlich in fnhd. Kontexten. 651 Hertz, S. 556. 652 DWB Bd. 3, Sp. 558. 645 104 niedergeschlagen; Maters Annahme von einer Neubildung in Analogie zu nhd. beherzt 653 muss angesichts der eindeutigen Quellenlage zurückgewiesen werden. Entourage, S. 123: Auswahl des veralteten frz. Lehnworts 654 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Umgebung. entschlagen, sich, S. 38, 46: Auswahl des veraltenden 655 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: einen Gedanken aufgeben. entsinken, S. 141: Auswahl des veralteten 656 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: entweichen, sinken. Ephesus, S. 12: Auswahl des Örtlichkeitsnamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; altgriechische Stadt in Kleinasien. Erbarmekeit, S. 183: Auswahl des mhd. Nomens erbarmekeit, Quelle: Gregorius, V. 111; Übernahme in die Notizen, Bl. -/16, -/24; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Barmherzigkeit. Wilhelms Annahme, „daß Mann die Form Erbarmekeit durch Zusammenziehung aus dem mhd. erbarme [...] und dem nhd. Suffix -keit gebildet hat“ 657 , muss angesichts der eindeutigen Quellenlage zurückgewiesen werden. Erbarmlichkeit, S. 164: Auswahl der Formen mhd. erbarmekeit, Quelle: Gregorius, V. 111, und nhd. Erbärmlichkeit auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch Kontamination und Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: s. Erbarmekeit. Erdmilch, S. 193: Auswahl der beiden nhd. Simplizia Erde und Milch, Quelle: Kerényi, S. 59, der sich mit der mythischen Hypothese auseinandersetzt, „die Erde habe ihre Kinder mit eigener Milch ernährt“ (markiert); Neubildung eines Kompositums; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „Trank[,..] zuckrig-leimig“ 658 , „zur Ernährung aus dem Stein“ 659 . Erdsäugling, S. 194, 242: Auswahl der beiden nhd. Elemente Erde, Quelle: Kerényi, S. 46, und Säugling auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Kompositums in Analogie zu Erdmilch; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; 653 Mater, S. 44. Heyse, S. 300. 655 Duden, S. 168. 656 DWB Bd. 3, Sp. 624, mit Verweis auf Goethes Götz von Berlichingen. 657 Wilhelm, S. 74. 658 DE, S. 191. 659 Not. DE, Bl. -/27. 654 105 Bedeutung: mythische „Urmenschen, niedrige, kaum lebende, unfertige Wesen“ 660 , von der „Erde [...] mit eigener Milch ernährt“ 661 . erlugen, S. 166: Auswahl des oberdt. 662 Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: erschauen, erspähen, es auf etw. abgesehen haben. Erlugung, S. 166: Auswahl des oberdt. 663 Verbs. erlugen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -ung); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: das Erschaute, Entdeckte. erschnappen S. 11: Auswahl der ungebräuchlichen 664 Nebenform zu nhd. schnappen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Escavalon, S. 28, Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 98, Anm. 1: „Askalon ist aus dem französischen Escavalon, Cavalon entstellt“; Übernahme in die Notizen, Bl. -/26: „Askalon (Escavalon)“, und anschließende Integration in den Romantext; literarischfiktive Örtlichkeit, Land des Königs Vergulacht. Ethelwulf, S. 69, 72, 73 u.ö.: Auswahl des „old English name“ 665 , Quelle: Baum, S. 118 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, 32/65, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Ethelwulf, nicht aber seine historische Identität als englischer König des 9. Jahrhunderts, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Romanfigur eines Fischers übertragen. Ethnise, S. 16: Auswahl des Örtlichkeitsnamens Ethnîse, Quelle: Pannier, Bd. 2, S. 81 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 17/50; Anpassung an die nhd. Orthografie (î>i) bei Integration in den Romantext; literarisch-fiktives „Land im fernen Osten“ 666 . Et tibi dabo claves regni coelorum, S. 229: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Bernhart, S. 7 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/16, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: „Ich will dir geben den Schlüssel des Reiches der Himmel“ 667 . Eulalius, S. 196, 197, 199: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 106 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; römischer Erzdiakon des 5. Jahrhunderts. 660 Kerényi, S. 63 (markiert). Kerényi, S. 59 (markiert). 662 Duden, S. 278. 663 Duden, S. 278. 664 Gr. Duden Bd. 3, S. 1095. 665 Weigand, S. 15. 666 Pannier, Bd. 2, S. 81, Anm. 1; vgl. Not. DE, Bl. 17/50: „Land Ethnîse, im fernen Osten“. 667 Not. DE -/13; vgl. Matthäus 16, 19. 661 106 Eulalianer, S. 197: Auswahl des Personennamens Eulalius (s.o.); Neubildung eines Gruppennamens in Analogie zu Pelagianer (s.u.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Anhänger des Erzdiakons Eulalius. Euprobus, S. 47: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 296 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, -/7, und anschließende Integration in den Romantext; Vater des Benedikts von Nursia. ex cathedra, S. 239: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Bernhart, S. 329; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: aus dem Bischofsstuhl. Exemplum, S. 210: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 668 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Exempel, Beispiel. FFF Facilitäten, S. 46: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 669 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Erleichterungen. Fahr, S. 45, 48, 117: Auswahl des mhd. Nomens vâr, Quelle: Dieffenbacher, S. 83; Anpassung 670 an die nhd. Orthografie (Gs., â>ah); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „gefahr ist ganz dasselbe wort“ 671 . Faktion, S. 196: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 672 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 106 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: politische Gruppierung. Falda, S. 237: Auswahl des Prototypen 673 , Quelle: Bernhart, S. 350 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Bekleidungsstück, weiße Schleppe. Falkenier, S. 172: Auswahl der ungebräuchlichen 674 Nebenform zu nhd. Falkner auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Fallzeit, S. 72: Auswahl des engl. Simpliziums fall, Übersetzung: Herbst, und des nhd. Simpliziums Zeit; Neubildung wahrscheinlich in Analogie zum nhd. Nomen Fällzeit; unter 668 Heyse, S. 320. Heyse, S. 327. 670 Interferenz: In Luthers Briefen Bd. 1, S. 184, ist diese Form belegt. 671 DWB Bd. 3, Sp. 1244. 672 Duden, S. 177. 673 Die Anpassung von ital. falda an die nhd. Orthografie (Gs.) hatte Bernhart bereits vorgenommen. Ein Lehnwort Falda ist in keinem nhd. Wörterbuch nachzuweisen. 674 DWB Bd. 3, Sp. 1271; Gr. Duden Bd. 3, S. 1164; zugleich der Jägersprache zuzuordnen. 669 107 Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „jahreszeit, in der das holz gefällt wird [...] november, december, januar“ 675 . Faltonia Proba, S. 197: Auswahl des Namenskomplexes: Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 57 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Gattin des römischen Patriziers Sextus Anicius Probus (s.u.). Vgl. Faltonien, S. 201; Faltonia, S. 202; Proba, S. 198. Fama, S. 124, 239: Auswahl des lat. Lehnworts 676 , Quelle: Scherer, S. 148; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gerücht. Fant, S. 145, 255: Auswahl des nd. Nomens 677 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: junger, unreifer Mensch. Fanz, S. 29, 33: Auswahl des bair. 678 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ausdruck für „junger bursche, kerl, der gleichwohl in einen verächtlichen [ton] übergeht“ 679 . faux pas, S. 127: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Fehltritt. Fehl, S. 219: Auswahl des veraltenden 680 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Fehler, Verfehlung. fein-fein, S. 21: Auswahl des nhd. Adjektivs fein auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 681 ; Neubildung einer Bindestrichkoppelung durch Reduplikation; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; gesteigerte Bedeutung. Feirefitz, S. 125, 126, 127 u.ö.: Auswahl des Personennamens (Feirefiß), Quelle: Pannier Bd. 1, S. 88 (markiert), Übernahme in die Notizen, Bl. -/8, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der sprechende Name Feirefitz, übersetzt: „der bunte Sohn“ 682 , nicht aber seine literarische Identität als Halbbruder Parzivals, wird von Thomas Mann unter Neubildung eines Namenskomplexes auf die Figur des höfischen Truchsess von Bealzenan übertragen. Bealzenan, 125, 126: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 289 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, -/8, 17/50, und anschließende Integration in 675 DWB Bd. 3, Sp. 1291. Duden, S. 178. 677 Duden, S. 179. 678 Wilhelm, S. 67. 679 DWB Bd. 3, Sp. 1320. 680 Duden, S. 179: nur noch in Redewendung ohne Fehl und Tadel. 681 Interferenz: DrF, S. 306: fein-fein. 682 Pannier Bd. 1, S. 88. 676 108 den Romantext; fiktive Örtlichkeit, übersetzt: „schöne Anhöhe“ 683 , Hauptstadt des Königreichs Anschouwe. feixen, S. 86: Auswahl des nd. 684 Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: grinsend lachen. Fiakrius, S. 80: Auswahl des Personennamens, Quelle: Eicken, S. 493; Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, und anschließende Integration in den Romantext; irischer „Heilige[r] Fiakrius, gestorben 670 n.Chr. Fianze, S. 139: Auswahl des mhd. Nomens fîanze, Quelle: Dieffenbacher, S. 131; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., î>i); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „Sicherheit (altfranz. fiance) leistet der Besiegte dem Sieger, indem er sich zu dessen Gefangenem erklärt“ 685 . Fickfackerei, S. 254: Auswahl des nl. Lehnworts 686 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: unnütze Geschäftigkeit. Fiddel-Faddel, S. 78: Auswahl der beiden engl. Slangausdrücke fiddle, Übersetzung: Gauner 687 , und faddle, Übersetzung: Spaß 688 , auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung einer Bindestrichkoppelung unter Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.,-le> -el); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Gaunerei, Betrug. Figurierer, S. 259: Auswahl des nhd. Verbs figurieren 689 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -er); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Maler, Künstler. fils du duc, S. 29: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Sohn des Herzogs. Vgl. fils du comte, S. 27. Fistiköff, S. 102: Auswahl des englischen Fremdworts fisticuffs, Quelle: Roget, S. 265; Übernahme in die Notizen, Bl. -/8; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.). Der Vokalwechsel (u>ö, statt -a-) geschah möglicherweise, um lautlich vom nhd. Kaff Abstand nehmen zu können; anschießende Integration in den Romantext; Übersetzung: Balgerei. Flandern-Artois, S. 65, 147, 160 u.ö.: Auswahl des beiden Örtlichkeitsnamen Flandern und Artois, Quelle: Meyer Bd. 1, Sp. 818 (Stichwort „Flandern“), Bd. 2, Sp. 959 (Stichwort 683 Vgl. Not. DE, Bl. -/4, -/8, 16/49, 17/50. Duden, S. 180. 685 Pannier Bd. 1, S. 69, Anm. 1 (markiert). 686 DWB Bd. 3, Sp. 1619, von nnl. fickfackerij. 687 Booth, Cheri/Gerritzen, Christian: Slang: Lexikon der englischen Umgangssprache (englisch-deutsch). Eltville am Rhein 1989, S. 107. 688 Booth/Gerritzen, S. 102. 689 Duden, S. 182: Bedeutung: abbilden, darstellen. 684 109 „Niederlande“; Übernahme in die Notizen, 21/54; Neubildung einer Bindestrichkoppelung bei Integration in den Romantext; fiktives „Herzogtum von Flandern-Artois, mit französischen Einschlägen“ 690 . Vgl. Artois, S. 152. Flann, S. 80, 83, 86 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Baum, S. 167 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 23/56, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Flann, nicht aber seine historische Identität als „König Flann“ 691 von Britannien, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur des Fischersohnes und Milchbruders des Gregorius übertragen. flätig, S. 185: Auswahl des veralteten 692 nhd. Adjektivs auf Grundlage des eigenen Wortschatzes; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/16, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: sauber, schön, rein. flimsig, S. 98: Auswahl des engl. Fremdworts flimsy auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; hybride Neubildung durch Substitution (Suff. -y>-ig); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: dünn, schwach. florie, S. 30: Auswahl des Prototypen 693 Florie, Quelle: Pannier Bd. 2, S. 384; Übernahme in die Notizen, Bl. -/24; nach Anpassung an die frz. Orthografie (Kleinschreibung) Integration in den Romantext; Übersetzung: Blume. Flutist, S. 15: Auswahl des frz. Fremdworts flutiste auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., Tilg. -e); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Flötenspieler. Forest, S. 181: Auswahl des mhd. Nomens fôrest, Quelle: Dieffenbacher, S. 9 (markiert); partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); Übernahme in die Notizen, Bl. -/16; weitere Anpassung an die nhd. Orthografie (ô>o) bei Integration in den Romantext; Übersetzung: Wäldchen. frägst, S. 40: Auswahl der mundartlichen Nebenform 694 zu nhd. fragst auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Francia, S. 67: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Baum, S. 124 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 34/67, und anschließende Integration in den Romantext; „Nach dem Stammland der Capetinger wird das ganze Reich als Francia bezeichnet“ 695 . Franze, der, S. 30: Auswahl des stereotypisierenden Völkernamens, Quelle: Eicken, S. 207; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; „Franzmann“, Franzose. 690 DüD III, S. 351. Not. DE , Bl. 23/56. 692 DWB Bd. 3, Sp. 1728. 693 Die Anpassung von mhd. flôrîe an die nhd. Orthografie (Tilg. Circonflexe) hatte Pannier bereits vorgenommen. Diese Form ist weder in mhd. noch im nhd. Wbb. nachweisbar! 694 DWB Bd. 4, Sp. 50. 695 Not. DE, Bl. 34/67. 691 110 Fraue, S. 66, 147, 156: Auswahl der veralteten 696 Nebenform zu nhd. Frau, Quelle: Nibelungen, S. 61; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Freche, S. 142: Auswahl des veralteten 697 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Verwegenheit, Dreistigkeit, Frechheit. freien, S. 131: Auswahl des nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; polysemantische Bedeutung 698 : befreien und freien (im Sinne von heiraten). Freise, S. 72, 74, 76 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens freise, Quelle: Gregorius, V. 3367; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Anpassung 699 an die nhd. Orthografie (Gs.); Integration in den Romantext; Bedeutung: Unwetter, im weitesten Sinne Gefahr. Freite, S. 31: Auswahl des veraltenden 700 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Brautwerbung. fresch, S. 75: Auswahl des engl. Fremdworts fresh auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an das nhd. Laut-Zeichen-System (sh>sch); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: frisch. Fridolin, S. 14: Auswahl des Personennamens, Quelle: Baum, S. 23; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Nur der Name Fridolin, nicht aber seine historische Identität als irischer Abt in Alemannien 701 , wird von Thomas Mann übernommen. Allerdings kommt es zu keiner Übertragung auf eine Romanfigur. 702 frug, S. 170, 175, 228 u.ö.: Auswahl der mundartlichen703 Nebenform zu nhd. fragte, Quelle 704 : Hertz, S. 221; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. fugamus, S. 227: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 705 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: fliehen wir! 696 DWB Bd. 4, Sp. 71. „wir pflegen heute frau einsilbig zu gebrauchen, zuweilen taucht noch fraue [...] auf“. Weigand, Fr.L.K.: Deutsches Wörterbuch, 2 Bde. Fünfte Auflage, hrsg. von Herman Hirt. Gießen 19091910, Bd. 1, Sp. 587. (im Folgenden unter der Sigle ‚Weigand/Hirt’) 698 Mater, S. 145. 699 DWB Bd. 4, Sp. 119, kennt diese Form. 700 Duden, S. 188: nur noch in Redewendung auf die Freite gehen. 701 Rümmele, S. 402. 702 DE, S. 14. 703 DWB Bd. 4, Sp. 50. 704 Hier wäre ebenso ein Rückgriff auf die eigene Sprachkompetenz denkbar. 705 Im Kontext von Teufelshohn und Hölle ist hier das faustische „Oh homo fuge!“, Quelle: Scheible, J.(ohann) (Hrsg.): Das Kloster. Weltlich und geistlich. Meist aus ältern deutschen Volks-, Wunder-, Curiositäten- und vorzugsweise komischen Literatur. Zur Kultur- und Sittengeschichten in Wort und Bild, 5. Band: Die Sage vom Faust, Stuttgart 1847, S. 136 (markiert), wiederzuerkennen. (TMA TM 3020) 697 111 Fulda, S. 10: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quellen: Bernhart, S. 96 (markiert); Meyer Bd. 2, Sp. 440 (Stichwort „Klosterschulen“); Übernahme in die Notizen, Bl. 4/37, 33/66, und anschließende Übernahme in den Romantext; „Das Kloster Fulda, Stiftung des Hl. Bonifatius.“ 706 Fund(e)vogel, S. 103, 104: Auswahl des Gattungsnamens des „im märchen [...] von einem förster auf einem hohen baume gefundenen kleinen kindes“ 707 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 708 ; Bedeutung: Findelkind. Fundkind, S. 54, 55, 77 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens funtkint, Quelle: Gregorius, V. 1323; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.; Konstantschr. im Ausl.); Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Findelkind. Fundvater, S. 158, 237: Neubildung eines Kompositums auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz in Analogie zu nhd. Fundkind, Fund(e)vogel (s.o.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: der sich des Fundkindes annimmt. GGG Gabylot, S. 24: Auswahl des Prototypen 709 , Quelle: Pannier Bd. 1, S. 157 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/25, 12/45, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „kleiner Wurfspieß“ 710 . Gaffelsegel, S. 127: Auswahl des Fachausdrucks aus der Seemannsprache 711 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Übernahme in die Notizen, Bl. -/29, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Gaffelsegel (Großsegel), die längs am Mast angeschlagen sind“ 712 . Galfried von Monmouth, S. 87: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 160; Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, und anschließende Integration in den Romantext; „Archidiaconus zu Monmouth in Wales“ 713 . Gallus, S. 10: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 38 (markiert). Übernahme in die Notizen, Bl. 4/37, 31/64, und anschließende Integration in den Romantext; Columbanus’ Schüler und Gründer des Klosters St. Gallen. 706 Not. DE, Bl. 4/37. DWB Bd. 4. Sp. 540, nennt die “Kinder- und Hausmärchen”, Nr. 51. 708 Grimms Märchen bekam der junge Thomas Manns „gewohnheitsmäßig zu hören“ (XIII, S. 56). 709 Die Anpassung von afrz. gabylot an die nhd. Orthografie (Gs.) hatte Pannier bereits vorgenommen. Ein veraltetes Lehnwort Gabylot ist in keinem nhd. Wb. nachweisbar! 710 Not. DE, Bl. 12/45. 711 Duden, S. 192. 712 Not. DE, Bl. -/29. 713 Not. DE, Bl. -/19. 707 112 Gallustinte, S. 57: Auswahl des ungebräuchlichen nhd. Nomens, Quelle: nicht ermittelbar!; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „blauschwarze bis schwarze Tinte, die aus einem Eisensalz und Gallussäure hergestellt wird“ 714 . Gandersheim, S. 10: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Baum, S. 123 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 6/39, und anschließende Integration in den Romantext; Klosterstätte im ostfränk. Herzogtum Sachsen. Ganser, S. 28: Auswahl des fnhd. Nomens, Quelle: Heil, S. 113 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 7/40, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „hustenseuche, genannt der ganser oder der bürzel“ 715 . Garschiloye, S. 27: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 283 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/18, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Garschiloye, nicht aber ihre literarische Identität als „Jungfrau, die mit der Gräfin Tenabrock kam“ 716 , wird von Thomas Mann unter Neubildung eines Namenskomplexes auf die Figur der adeligen Dame von der Beafontane übertragen. Beafontane, S. 27: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 155; Übernahme in die Notizen, Bl. -/18, und anschließende Integration in den Romantext; fiktive Örtlichkeit, Herkunftsbezeichnung; Übersetzung: schöne Quelle. Gebände, S. 38, 179, 245: Auswahl des mhd. Nomens gebende, Quelle: Dieffenbacher, S. 76 (markiert); Anpassung 717 an die nhd. Orthografie (Gs., e>ä); Übernahme in die Notizen, Bl. /23, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Kopfputz, das Gebände [...] Jungfrauen tragen das Haar offen“ 718 . Gebleu, S. 143: Auswahl des nhd. 719 Verbs bleuen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Präf. Ge-) und Tilgung der Infinitivendung; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: bleuen = schlagen, demnach soviel wie Schlägerei, Rauferei, im weitesten Sinne Zweikampf. gebrechen, S. 51: Auswahl des veralteten 720 Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: mangeln, fehlen. Gebürte, S. 28, 56, 114 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens gebürte, Quelle: Gregorius, V. 734; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Abkunft. gebürtlich, S. 137: Auswahl der veralteten 721 Nebenform zu nhd. gebürtig auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. 714 Gr. Duden Bd. 3, S. 1364. DWB Bd. 4, Sp. 1276, nennt dieses Element ausschließlich in fnhd. Kontexten. 716 Pannier Bd. 1, S. 283, Anm. 1. 717 DWB Bd. 4, Sp. 1634, kennt diese Form. 718 Not. DE, Bl. -/23. 719 Duden, S. 129. 720 Duden, S. 194. 715 113 Gedinge, S. 23: Auswahl des mhd. Nomens gedinge, Quelle: Gregorius, V. 118; Anpassung 722 an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Dinge. Gedüft, S. 131: Auswahl der veralteten 723 Nebenform zu nhd. Duft auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Gefälle, S. 24: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägersprache, Quelle: Hertz, S. 556 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „das Fällen, Abfangen, Abknicken eines Hirsches“ 724 . Vgl. fällen, S. 33. gefriedet, S. 80: Auswahl des Partizips zum veralteten 725 Verb frieden auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: befriedigt, friedlich. gehorsamen, S. 134, 138: Auswahl des veralteten 726 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gehorsam sein, gehorchen. Gejägtes, S. 24: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägesprache, Quelle: Hertz, S. 557 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gejagtes, Erlegtes, Wildbret. 727 gel, S. 32: Auswahl des veralteten 728 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gelb. geladet, S. 156: Auswahl der mhd. Partizipialform, Quelle: Gregorius, V. 678; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: geladen. gelf, S. 82: Auswahl des mhd. Adjektivs gelph, Quelle: Gregorius, V. 3391; Anpassung 729 an die nhd. Orthografie (ph>f); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: glänzend hell, leuchtend, fröhlich. Gelock, S. 207: Auswahl des veralteten 730 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: 721 DWB Bd. 4, Sp. 1907. DWB Bd. 4, Sp. 2025, kennt diese Form. 723 DWB Bd. 4, Sp. 2041. 724 Hertz, S. 556. 725 DWB Bd. 4, Sp. 188. 726 DWB Bd. 5, Sp. 2540, mit Verweis auf Schiller: „ich gehorsame, aber verzweifle“. 727 DWB Bd. 5, Sp. 2824. 728 DWB Bd. 5, Sp. 2878: „neben gelb geht nhd. gel ununterbrochen, in den mundarten bis heute“. 729 DWB Bd. 5, Sp. 3012, kennt diese Form. 730 DWB Bd. 5, Sp. 3045: „zu locke erst im 18. jh. gebildet“. 722 114 „anhaltendes, wiederholtes locken“ 731 , gleichzeitig kontextgebundene Anspielung auf den Reiz einer Lockenpracht. Gemahnung, S. 173: Auswahl des veralteten 732 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: verstärktes Mahnen, Vermahnung. Gemensch, S. 244: Auswahl des nhd. Simpliziums Mensch auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung 733 durch Derivation (Präf. ge-) in Analogie zu nhd. Getier; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Gent, S. 29: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Meyer Bd. 1, Sp. 407 (Stichwort „Brügge“), Sp. 818 (Stichwort „Flandern“); Übernahme in die Notizen, Bl. 21/54, und anschließende Integration in den Romantext; Stadt in Flandern. Gentlevolk, S. 90: Auswahl der beiden Simplizia engl. gentle und nhd. Volk auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines hybriden Kompositums in Analogie zu gentleman und Übernahme in die Notizen, Bl. -/28: „gentleman [...] gentlevolk“; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: vornehmes, gesittetes Volk. gent mignote de soris, S. 21: In seinem Brief vom 08.04.1948 schrieb Thomas Mann an Marga Bauer: „Wie würde man in einem solchen Idiom [gemeint: Afrz.] etwa ausdrücken: »hübsches (oder niedliches) Mäusegeschlecht«?“ 734 Der Antwortbrief Marga Bauers ist verloren. In einem Brief Samuel Singers vom 20.04.1948 erfahren wir lediglich: „Ueber das «Mäusegeschlecht» hat Ihnen schon Frl. Bauer berichtet“ 735 , wobei es sich um oben genannte Formulierung gehandelt haben wird, die Thomas Mann darauf in seine Notizen, Bl. -/21, übernahm und anschließend in den Romantext integrierte. Wilhelms Rückübersetzung Liebliches Geschlecht des Lächelns 736 mag generell nicht falsch sein, muss aber angesichts der eindeutigen Quellenlage zurückgewiesen werden. gescheckelt, S. 136: Auswahl der veralteten 737 Nebenform zu nhd. gescheckt auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. geseggt, S. 78: Auswahl des nd. Partizips auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gesagt. Gespons, S. 32: Auswahl des veralteten 738 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gatte, Ehepartner. 731 DWB Bd. 5, Sp. 3045. DWB Bd. 5, Sp. 3159. 733 Diese Form ist in keinem nhd. Wb. nachweisbar! 734 DüD III, S. 353. 735 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 736 Wilhelm, S. 81. 737 DWB Bd. 5, Sp. 3837. 738 Duden, S. 201. 732 115 gestäupt, S. 219: Auswahl des veralteten 739 nhd. Partizips (von stäupen) auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 740 ; Impuls gab möglicherweise Heil, S. 132 (markiert), wo er folgende Textstelle fand: „Gewöhnlich aber strafte man die leichteren Vergehen durch öffentliches Auspeitschen mit Ruten, wobei man den Übeltäter zuweilen an einer besonderen Säule, der Staupsäule, festband.“; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (mit Ruten) geschlagen, gezüchtigt. getrösten, S. 34, 42, 176 u.ö.: Auswahl des veralteten 741 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: sich trösten. gewaere, S. 33, 34, 183: Auswahl des mhd. Adjektivs, Quelle: Gregorius, V. 1020; Übernahme in die Notizen, Bl. -/16, und anschließende Integtation in den Romantext; Bedeutung: aufrichtig, zuverlässig, treu. Gewaffen, S. 37, 144: Auswahl des veralteten 742 nhd. Nomens, Quelle: Nibelungen, S. 241 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Waffen, Bewaffnung. gevitzt, S. 21: Auswahl des mhd. Partizips, Quelle: Lexer 743 , S. 290; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7: „vitzen, gewitzt“, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „mit künstlich eingewebten Mustern versehen“ 744 . Geziemlichkeit, S. 126: Auswahl des veralteten 745 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Manier, rechtes Verhalten. Gickelhahn, S. 110: Auswahl des veralteten 746 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Haushahn, in weiterem Sinne ein eitler Mensch. Girde, S. 134: Auswahl des veralteten747 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gier. gire, S. 127: Da speziell diese Form mit der Endung auf -e sehr selten ist 748 , muss die Auswahl des mhd. Adjektivs schazgîre, Quelle: Gregorius, V. 3294, angenommen werden; 739 DWB Bd. 17, Sp. 1204, mit Verweis auf Goethe: „gehangen wird er noch, zum wenigsten gestäupt“. Interferenz: Luthers Briefe Bd. 2, S. 19. 741 Duden, S. 202. 742 DWB Bd. 6, Sp. 4742: „neueres lehnwort aus dem mittelalterlichen deutschen Sprachschatze“, Sp. 4745: „erst den mittelalterlichen neigungen der neueren literatur verdankt das wort sein wiederaufleben.“ 743 Vgl. weiter Kap. 4.2. 744 Laut Kl. Lexer, S. 290, ein Partizip zum Verb vitzen. 745 DWB Bd. 7, Sp. 7098: „neue substantivbildung“. 746 DWB Bd. 7, Sp. 7315: „seit dem 17. jh. in dieser form bezeugt“. 747 DWB Bd. 7, Sp. 7367. 748 Nur Gr. Lexer Bd. 1, Sp. 1019. 740 116 Übernahme in die Notizen, Bl. -/2; Tilgung des ersten Simpliziums bei Integration in den Romantext; Bedeutung: begehrend, verlangend. Glockenschwall, S. 9, 234, 237: Neubildung eines Kompositums in Analogie zu nhd. Glockenschall (DE, S. 9) auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: starkes Glockengeläut. glosten, S. 167: Auswahl des schweizerdt. 749 Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: spähen, lugen. glupen, S. 167, 168: Auswahl des „vor allem in niederdeutschen mundarten weit verbreiteten“ Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „mit halboffenen augen einen heimlichen blick werfen“. 750 gnaden, S. 40: Auswahl des veraltenden 751 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gnädig sein. Gnadensache, S. 248: Auswahl des veralteten 752 nhd. Nomens, Quelle: Gregorovius, S. 534 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „etwas als gnade erbetenes oder gewährtes“ 753 . gnädiglich, S. 56: Auswahl des fnhd. 754 Adverbs gnädiglich, Quelle: Benz, S. [22] (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gnädig. Goldmark, S. 78, 83, 84 u.ö.: Auswahl des Namens einer historischen dt. Währungseinheit auf Grundlage des eigenen Wortschatzes; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Gozbert, S. 11, 14: Auswahl des Personennamens, Quellen: Dieffenbacher, S. 58 (markiert); Baum, S. 114 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, und anschließende Integration in den Romantext; „Abt v. St. Gallen“ 755 . Graecia, S. 236: Auswahl des Örtlichkeitsnamens (Gräcia), Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 44 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/12, und anschließende Integration in den Romantext; lat. für Griechenland. 749 DWB Bd. 8, Sp. 217. DWB Bd. 8 , Sp. 477. 751 Duden, S. 206: nur noch in Redewendung Gnade dir Gott. 752 DWB Bd. 8, Sp. 585, mit Verweis auf Goethe. 753 DWB Bd. 8, Sp. 585. 754 DWB Bd. 8, Sp. 609: „frühnhd. gnädiglich; […] seit dem 17. jh. ist nur noch gnädig [...] in gebrauch“. Zusätzlicher Impuls für diese Auswahl könnte von der mhd. Form genaedeclîch, Quelle: Gregorius, V. 3164, ausgegangen sein. 755 Not. DE, Bl. -/19. 750 117 Grammatica, S. 89: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 756 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Grammatik. grammatica, S. 110, 112, 228: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Grammatik. Grammaticus, S. 88: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 757 , Quelle: Singer/Bauer, S. 18 (markiert); die Anpassung der lat./mhd. Form gramâticus, Quelle: Gregorius, V. 1183, Notizen, Bl. -/17, an die nhd. Orthografie (Gs., â>a, m>mm) hatten Singer/Bauer bereits vorgenommen; anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Grammatiker. graß, 177, 178, 179, 186: Auswahl des veralteten 758 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: schrecklich, fürchterlich, entsetzlich. grausamlich, S. 40: Auswahl der fnhd. 759 Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: grausam. Gregorius, S. 79, 81, 89 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quellen: Gregorius (Titel der Rezeptionsvorlage); Scherer, S. 67 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 1/33, 2/34, 3/35, und anschließende Integration in den Romantext; Mit dem Namen Gregorius übernahm Thomas Mann auch die Grundzüge der Figur des guten Sünders, über die er sich in Scherers Literaturgeschichte weiter informierte. Gregor, S. 111, 159, 239 u.ö.: Auswahl des Papstnamens, Quelle: Meyer Bd. 2, Sp. 44 (Stichwort „Gregor(ius)“); Übernahme in die Notizen, Bl. 2/34: „Gregor der Große [...] Gregor der VII. [...]“; Thomas Mann hatte sich die Frage gestellt, wo sein Protagonist als Papst „historisch zu lokalisieren“ 760 sei, und war in Meyers Lexikon auf mehrere Päpste dieses Namens gestoßen. Thomas Mann überträgt letztlich nur den „nackten“ Papstnamen auf seinen Protagonisten Gregorius. Gregorjus, S. 76, 84, 87 u.ö.: Auswahl des Personennamens Grêgôrjus, Quelle: Gregorius, V. 1136; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Anpassung an die nhd. Orthografie (ê>e, ô>o); bei Integration in den Romantext; Diese Namensform wird auf zwei Figuren des Romans übertragen: Zum einen auf den Protagonisten Gregorius (oder auch Grigorß), zum zweiten auf den Abt und Ziehvater desselben, der an anderer Stelle 761 wiederum auch mit der Form Gregorius benannt wird. 756 Basler/Schulz Bd. 1, S. 252, wonach im 15. und 16. Jh. noch häufig die lat. Form gebraucht wurde. DWB Bd. 8, Sp. 1805: „bis über die mitte des 18. jhs. hinaus nur die lateinische form“; Heyse, S. 380. 758 DWB Bd. 8, Sp. 2014, mit Verweis auf Schiller und Goethe. 759 DWB Bd. 8, Sp. 2206: „seit dem 14. jh. bezeugte weiterbildung zu grausam“, später „nur noch dünn in einer qualitätsarmen bedeutung“. 760 Not. DE, Bl. 2/34. 761 DE, S. 67, 68: „Abt Gregorius“. 757 118 Grigorß, S. 81, 83, 86 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 238 (markiert), Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, -/18; -/34, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Grigorß, nicht aber seine literarische Identität als König von Ipotente, wird von Thomas Mann übernommen und auf den Protagonisten Gregorius übertragen, der „gewöhnlich und für den Alltag Grigorß genannt“ 762 wurde. Vgl. CredemiGrigorß, S. 86. Grimald, 15, 16, 17 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Dieffenbacher, S. 58 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/5, -/8, -/19, -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Grimald, nicht aber seine historische Identität als Abt des Klosters von St. Gallen, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur des Großvaters Gregorius übertragen. grimm, S. 143, 219, 239: Auswahl des veralteten 763 nhd. Adjektivs, Quelle: Nibelungen, S. 230, 231 (beide markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: grausig, furchtbar, schrecklich. Großkind, S. 243: Auswahl des veralteten 764 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Enkelkind. Gudula, S. 243, 244, 247 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Brief Singers vom 19.03.1948 765 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7; Übertragung auf die Figur der Gehilfin der büßenden Sibylla bei Integration in den Romantext. Gurvenal, S. 23, 24, 42 u.ö.: Auswahl des afrz. Nomens gurvenal, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 174, Anm. 2 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4: gurvenal; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) innerhalb der Notizen, Bl. -/25: Gurvenal, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: „gurvenal = Erzieher“ 766 . Gutheit, S. 93: Auswahl der ungebräuchlichen Nebenform zum nhd. „konkurrenzwort güte“ 767 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Guverjorß, S. 15: Auswahl des Pferdenamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 238 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 15/48, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Guverjorß, nicht aber die literarische Identität als Roß des Klamidê, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur von Grimalds „kastilianisch Leibroß“ übertragen. 762 DE, S. 81. DWB Bd. 9, Sp. 340: Spätestens „im 18. jh. ist es in gefahr, der concurrenz [seiner Ableitung grimmig] zu erliegen“. Siehe auch Baufeld, S. 115. 764 DWB Bd. 9, Sp. 551, mit Verweis auf Tieck. 765 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 766 Not. DE, Bl. 12/45. 767 DWB Bd. 9, Sp. 1431. 763 119 Gylstram, S. 16: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier, Bd. 1, S. 41 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 7/40, und anschließende Integration in den Romantext; „Gylstram: im fernsten Westen zu denkende Örtlichkeit“ 768 . HHH Habeo tibi aliqua secreta dicere. Robustissimus in corpore sum, saepe propterea in temptationibus Diaboli succumbo. S. 11: Auswahl der lat. Fremdwortkomplexe Habeo tibi aliqua secreta dicere [...] robustus in corpore sum, Quelle: Gesta Bd. 2, S. 303 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 25/58: Habeo tibi aliqua secreta dicere[.] Robustus in corpore; kontextbezogene grammat.-syntakt. Umbildung: robustus in Superlativ und Ergänzung des Rests; Übersetzung: Ich habe dir etwas Geheimes zu sagen. Mein Körper ist sehr stark, weswegen ich oft den Versuchungen des Teufels erliege. Haber, S. 142: Auswahl des bair./schweizerdt. 769 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 770 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Hafer. habetis Papam, S. 199, 206: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes habemus Papam! auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 771 ; kontextbezogene grammat. Umbildung von der ersten in die zweite Person plural; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Ihr habt einen (neuen) Papst! Hadrian, S. 196: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 58 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; römischer Kaiser 117-138 n.Chr. Halap, S. 16: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 48 (markiert); Übernahme in die Notizen , Bl. 8/41, und anschließende Integration in den Romantext; der „hiesige Name für die syr. Stadt Aleppo“ 772 . halig, S. 78: Neubildung eines Adjektivs durch Derivation (Suff. -ig) auf Grundlage des nd. Verbs halen; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: arbeitsam, erbötig. hälpig, S. 78: Neubildung eines Adjektivs durch Derivation (Suff. -ig) mit Umlaut (e>ä) auf Grundlage von nd. helpen; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: behilflich, fleißig. Halsberg(e), S. 90, 143: Auswahl des veralteten 773 nhd. Nomens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 88 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, 1/32, 9/42, 16/49, und anschließende 768 Pannier Bd. 1, S. 41, Anm. 3 (markiert); vgl. Not. DE, Bl. 7/40. DWB Bd. 10, Sp. 78. „süddeutsch ist die form mit inlautendem b“. 770 Impuls gab möglicherweise der mhd. ranft von haberbrôte, Quelle: Gregorius, V. 2892, der sich schließlich auch in den Notizen, Bl. -/16, -/17, wieder findet. 771 Wilhelm, S. 106: „feste Formel der Papstwahl-Verkündung“. 772 Pannier Bd. 1, S. 48, Anm. 1; Notizen, Bl. 8/41: „Halap (Aleppo)“. 773 DWB Bd. 9, Sp. 258: „seit dem 18. jahrh., wohl zuerst durch ritterromane, erneuert“. 769 120 Integration in den Romantext; Bedeutung: „Halsberge: Panzerhemd aus Stahlringen, urspr. bes. zum Schutz von Hals und Schultern“ 774 . Hamen, S. 209: Auswahl des Fachausdrucks aus der Fischersprache, „das seine rechte heimat in Nieder- und Mitteldeutschland hat“ 775 , Quelle: Meyer 1, Sp. 812 (Stichwort „Fischerei“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Fanggarn, Schleppnetz, nicht etwa Haken, wie Wilhelm 776 fälschlicherweise mutmaßt. Hanegiff, S. 27, 35, 36 u.ö.: Auswahl des Hundenamens, Quelle 777 : Gesta Romanorum Bd. 2, S. 294 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/24, 25/58, und anschließende Integration in den Romantext; Hanegiff stellt keine Anleihe bei einer bestimmten in der Literatur bekannten Hundefigur dar. Thomas Mann hat sich schlichtweg bei einer im Anhang der Gesta vorgefundenen Liste „Deutsche Hundenamen“ 778 bedient. Hanki-Panki, S. 103: Auswahl des engl. Slang-Ausdrucks 779 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: falsches Spiel, Betrug. Hantierung, S. 168, 211, 237: Auswahl des veralteten780 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 781 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „in freierem sinne jede beschäftigung, die um gewinnes oder lebensunterhaltes willen dauerhaft betrieben wird“ 782 . Häretiker, S. 241: Auswahl des gr. Lehnworts 783 , Quelle: Bernhart, S. 45, 54 (beide markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Ketzer. Häresie, S. 241: Auswahl des gr. Lehnworts 784 , Quelle: Bernhart, S. 45 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ketzerei. Harnasch, S. 140: Auswahl des mhd. Nomens harnasch, Quellen: Dieffenbacher, S. 85; Gregorius, V. 1725; Anpassung 785 an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Harnisch, Rüstung. 774 Not. DE, Bl. 9/42. DWB Bd. 10, Sp. 306. 776 Wilhelm, S. 73. 777 DüD III, S. 405: Thomas Mann irrt sich, wenn er sagt: „Den Namen Hanegiff habe ich, glaube ich, nicht aus den »Gesta Romanorum«.“ Er entnahm diesen zusammen mit anderen Hundenamen J.G.Th. Grässes Übersetzung der Gesta Romanorum, wie Wysling an den Notizen zum „Erwählten“, Blatt 25, nachweisen konnte (DüD III, S. 405, Anm. 219). 778 Not. DE, Bl. 25/58. 779 Booth/Gerritzen, S. 147. 780 DWB Bd. 10, Sp. 470. 781 Interferenz: Simplicissimus, S. 57: „Was ist dann deine Hantierung?“ 782 DWB Bd. 10, Sp. 470. 783 Kl. Duden, S. 159. 784 Kl. Duden, S. 159. 785 Götze, S. 116, und Baufeld, S. 121 kennen diese Form. 775 121 Haspengau, S. 31, 110: Auswahl des Örtlichkeitsnamens Haspengouwe, Quelle: Gregorius, V. 1576; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Anpassung des mhd. Simpliziums -gouwe Æ -gau an die nhd. Orthografie (s. Hennegau) bei Integration in den Romantext; Landstrich im historischen Lotharingen, heute Belgien. Haugen, S. 72: Auswahl des Völkernnamens, Quelle: Baum, S. 19; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; germanischer Volksstamm, der im 5. Jahrhundert von Britenfürst Vortigern gegen die Pikten geführt wurde. 786 hawt, S. 78: Auswahl des nd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (Ihr) habt. hebben, S. 74: Auswahl des nd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: haben. Hebemutter, S. 59: Auswahl des veralteten 787 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Hebamme. Heikligkeit, S. 33: Auswahl des veralteten nhd. Adjektivs heiklig auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -keit); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: heikle, d.h. nicht unproblematische Angelegenheit. heirätig, S. 31: Diese Form ist nirgends belegbar! Mater 788 nimmt eine Neubildung in Anlehnung an die Wortbildungsweise der Goethezeit an; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: im heiratsfähigen Alter, mannbar. hélas, S. 30: Auswahl des frz. Exklamation auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: ach!, oh weh! Helfenbein, S. 57, 112, 131 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens helfenbein, Quelle: Gregorius, V. 722; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Elfenbein. Hellebardier, S. 250: Auswahl des nhd. Nomens, Quelle: Heil, S. 133; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Die Hellebarde ist eine „Hieb- und Stoßwaffe des Mittelalters“, der Hellebardier also ein „mit der Hellebarde Bewaffneter“. 789 Heller, S. 111, 115: Auswahl des Namens einer historischen790 dt. Währungseinheit, Quelle 791 : Hertz, S. 133; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. 786 Baum, S. 19. DWB Bd. 10, Sp. 720. 788 Mater, S. 144. 789 Duden, S. 218. 790 Duden, S. 218: nur noch in Redewendung auf Heller und Pfennig. 791 Interferenz: Luthers Briefe Bd. 1, S. 203; Schwänke, S. 109; Simplicissimus, S. 153. 787 122 Helvetien, S. 14: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Baum, S. 17; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; veraltet für Schweiz 792 , von lat. Helvetia. Hengist, S. 65: Auswahl des Personennamens, Quellen: Pannier, Bd. 1, S. 25 (markiert); Hertz, S. 579 (markiert); Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 211 793 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Nur die Form Hengist, nicht aber seine historische Identität als „germanischer Seekönig“ 794 , wird von Thomas Mann übernommen. Dieser Form wird der Eigennamenstatus abgesprochen und als formale Alternative zum deutschen Nomen und Schimpfwort Hengst (für eitlen Mann) benutzt. Impuls zu diesem Brückenschlag könnte die mhd. Form hengest gegeben haben, die „noch heute in Baiern nicht vergessen ist“ 795 . Hennegau, S. 31, 110: Auswahl des Örtlichkeitsnamens Henegouwe, Quelle: Gregorius, V. 1575; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17: Hengouwe; orthogr. Anpassung (n>nn; -gouwe Æ -gau) des Elements an seine nhd. Form (s. Haspengau) bei Integration in den Romantext; Landstrich im historischen Lothringen, heute Belgien. Herbigkeit, S. 57: Auswahl der ungebräuchlichen 796 Nebenform zu nhd. Herbheit auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Herodes, S. 53: Auswahl des Personennamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; biblischer König von Idumäa 1444 n.Chr. Herrad, S. 162, 164, 165 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Dieffenbacher, S. 71 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/15, -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Herrad, nicht aber ihre historische Identität als „Abtissin von Landsperg“ 797 , wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur einer der beiden Töchter des Gregorius übertragen. Herre, S. 21, 29, 75, u.ö. Auswahl sowohl des mhd. Nomens herre, Quelle: Gregorius, V. 987, als auch der veralteten 798 nhd. Form Herre, Quelle: Hertz, S. 638 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/20, 5/38, lediglich der mhd. Form, während letztlich die nhd. Form Herre in den Romantext integriert wird; Bedeutung: Herr. Hersenier, S. 18, 90, 140 u.ö.: Auswahl des ungebräuchlichen 799 nhd. Nomens, Quelle: Dieffenbacher, S. 84 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; 792 Vgl. Stichwort „Helvetiereinöde“ im Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 20 Bde. Berlin, New York 1973-2002, Bd. 14, S. 351ff. 793 Mat. 7,39. 794 Hertz, S. 579; Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 14, S. 386ff: Hengist leitete zusammen mit seinem Bruder Horsa im Jahre 449 die germanische Invasion Englands ein. 795 DWB Bd. 10, Sp. 985. 796 DWB Bd. 10, Sp. 1064; Laut Gr. Duden Bd. 4, S. 1749, allmählich veraltend. 797 Dieffenbacher, S. 71. 798 DWB Bd. 10, Sp. 1125: „bis auf jetzt in alterthümlichem und volksmäszigem Ausdruck [lebende] form“. 799 Die Form Hersenier ist in keinem nhd. Wb. nachweisbar, sondern einzig in kulturhistorischem Kontext zu finden, so z.B. im Lexikon des Mittelalters, 9 Bde., hrsg. von Norbert Angermann (u.a.). München 1980-99, Bd. 4, Sp. 2182. 123 In den Notizen, Bl. -/28, 10/43, 16/49, taucht ausschließlich die Form Härsenier auf. Bedeutung: „Kappe aus Eisenringen“ 800 , „bildet mit dem Halsberg ein Stück“ 801 . hew, S. 86: Auswahl des nd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (ich) habe. hic et ubique, S. 10: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: hier und überall. Himele, S. 22: Auswahl des mhd. Nomens himele, Quelle: Dieffenbacher, S. 145 (markiert); Waag, S. 131 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 5/38; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Himmel. Hippodrom, S. 198: Auswahl des gr. Lehnworts 802 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 45; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: historisches Bauwerk Reitbahn. Hoax, S. 78: Auswahl des engl. Fremdworts hoax auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: übler Scherz. hochfärtig, S. 128: Auswahl des fnhd. 803 Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: hochmütig. Ho-he, Hoi-ho, S. 73: Auswahl der Interjektion auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 804 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Vgl. hoihe, S. 74. holden, S. 74: Auswahl des nd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: halten. Holmgang, S. 143: Auswahl des veralteten nhd. Nomens, Quelle: Hertz, S. 580; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: altnord. Zweikampf, der auf einem Holm, d.h. auf einer Flussinsel, ausgetragen wurde. 805 homines Petri, S. 238: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: die Männer des Petrus. 800 Not. DE, Bl. 10/43. Not. DE, Bl. 16/49. 802 Duden, S. 223. 803 DWB Bd. 10, Sp. 1614, mit Verweis auf Luther; Baufeld, S. 129; Götze, S. 123. 804 Wimmer 1991, S. 292, nimmt an, Thomas Mann habe sich an Wagner angelehnt. 805 Weigand/Hirt, Bd. 1, Sp. 885. 801 124 homo, S. 191: Auswahl des lat. Fremdworts, Quelle: Kerényi, S. 53 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Mensch. Hospitalität, S. 249: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 806 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gastfreundschaft. Houppelande, S. 117: Auswahl des frz. Lehnworts 807 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: weites, mantelartiges Übergewand das Mannes, das im 14. Jahrhundert in Burgund aufkam. hub (an), S. 119: Auswahl der veralteten 808 nhd. Präteritalform zu nhd. anheben, Quelle 809 : Pannier Bd. 1, S. 239 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. hucken, S. 170: Auswahl der veralteten 810 Nebenform zu nhd. hocken auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Hugebold, S. 28: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 72 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, und anschließende Integration in den Romantext; der sagenhafte „Riese Hugebold“ 811 ; sprechender Name: (von engl. huge = riesig) riesiger Kerl. humanus, S. 192: Auswahl des lat. Fremdworts, Quelle: Kerényi, S. 54 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: menschlich. Humilitas, S. 180, 244, 247 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Baum, S. 116 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/5, -/9,-/29, und anschließende Integration in den Romantext; Der Name Humilitas entstammt dem Gemäldetitel „Superbia bedroht Humilitas und Spes“ 812 und wird von Thomas Mann auf die Figur der jüngeren Gregorius-Tochter übertragen; spechender Name: die Demütige (von niederer Abkunft). humus, S. 192: Auswahl des lat. Fremdworts, Quelle: Kerényi, S. 53 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Erde, Erdreich. hürnen, S. 24: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägersprache, Quelle: Hertz, S. 556; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „das horn blasen“ 813 zum Zeitpunkt des Gefälles 814 . 806 Heyse, S. 413. Gr. Duden Bd. 4, S. 1874. 808 DWB Bd. 10, Sp. 721: „hub [wird] in den älteren neuhochdeutschen quellen uneingeschränkt [verwendet]. Die praeteritalform hob [...] ist von grammatikern und lexicographen des 17. jahrhunderts noch gar nicht aufgeführt“. 809 Diese Form ist relativ verbreitet in der älteren Literatur und ebenso bei Hertz, S. 300, oder Nibelungen, S. 226, zu finden. 810 DWB Bd. 10, Sp. 1646. 811 Not. DE, Bl. -/19. 812 Baum, S. 116, Abb. 1 (markiert). 813 DWB Bd. 10, Sp. 1823. 814 Hertz, S. 556. 807 125 Hurterei, S. 25: Auswahl des mhd. Nomens hurte, Quelle: Dieffenbacher, S. 132; Neubildung durch Derivation (Suff. -erei); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Anrennen, Aufprall; Wilhelm nimmt hingegen an, Thomas Mann habe „aus dem mhd. bûhurt in Analogie zu anderen nhd. Bildungen ein neues Wort [...] geprägt“ 815 . Hütten-Messingsch, S. 86: Auswahl der nhd. Simplizia Hütte und Messingsch, Bedeutung: Messingsch meint „das mundartliche Hochdeutsch, das nach dem Willen der Sprecher als Hochdeutsch gelten soll, aber durch niederdeutsche Bestandteile [...] die Herkunft des Sprechers verrät“ 816 . Hütten-Messingsch ist die Permutation von Messinghütte – ein häufiger Arbeitsplatz der nach Oberdeutschland gewanderten niederdeutschen Handwerksburschen. 817 Bei Thomas Mann hingegen ist nicht die Messing-, sondern die Fischerhütte gemeint. III id est, S. 10: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: dies bedeutet ... . in Carrière, S. 25: Auswahl des frz. Lehnwortkomplexes in Karriere, Quelle: Dieffenbacher, S. 134; Annäherung (K>C) an die französische Form en carrière auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: in vollem Lauf (Reitersprache). incidemment, S. 127: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: nebenbei. Indulgenz, S. 232: Auswahl des lat. Lehnworts 818 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Nachsicht, Straferlass. infulieren, S. 70: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: sich „mit dem inful, dem bischofshut, bekleiden“ 819 . Ingesinde, S. 50, 130: Auswahl des veralteten nhd. Nomens; Quellen: Nibelungen, S. 217, 241 (beide markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gesinde, „dienerschaft im hause eines herrn“ 820 . 815 Wilhelm, S. 39. Wilpert, Gero von: Sprachliche Polyphonie: Sprachebenen und Dialekte, in: Ken Moulden/Gero v. Wilpert (Hrsg.): Buddenbrooks-Handbuch. Stuttgart 1988, S. 152. 817 DWB Bd. 12, Sp. 2133. 818 Duden, S. 230. 819 DWB Bd. 10, Sp. 2113. 820 DWB Bd. 10, Sp. 2115. 816 126 In nomine Domini, S. 106: Auswahl des lat. Fremdwortskomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 821 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Einleitung zur Beichtzeremonie: „Im Namen des Herrn ... “. In nomine suo benedico vos, S. 214: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: In seinem Namen segne ich euch! insonders, S. 26, 79, 165: Auswahl der veralteten 822 nhd. Partikel auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 823 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: besonders, insbesondere. In te Domine speravi, S. 9: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 824 ; Übernahme in die Notizen, Bl. 35/68, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: An dich, Herr, habe ich geglaubt! Inzicht, S. 232: Auswahl des veralteten 825 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „dessen einer geziehen, angeschuldigt wird, beschuldigung“ 826 . irezen, S. 184: Auswahl des mhd. 827 Verbs, Quelle: Dieffenbacher, S. 144; Übernahme in die Notizen, Bl. 5/38, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Anrede mit ,Ihr’, irezen“ 828 . Maters 829 Annahme von einer Neubildung in Analogie zu nhd. siezen muss angesichts der eindeutigen Quellenlage zurückgewiesen werden. is, S. 74, 75, 78 u.ö.: Auswahl des nd./engl. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (er/sie/es) ist. Ite, missa est!, S. 131: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 830 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Entlassungsruf des Priesters am Ende der heiligen Messe: Geht, die Messe ist (vorbei)! 821 Interferenz: Luthers Briefe Bd. 2, S. 86; Der Hexenhammer (Malleus Maleficarum). Von Jak. Sprenger und Henricus Institoris. – Colonia 1494. – Übertr. J.W.R. Schmidt, Teil I-III, 1906, Bd. 1, S. XVII. (TMA TM 2858: 1-3) 822 DWB Bd. 10, Sp. 2144, mit Verweis auf Klopstock. 823 Interferenz: DrF, S. 657. 824 Psalm 30,2. 825 DWB Bd. 10, Sp. 152, mit Verweis auf Mommsen. 826 DWB Bd. 10, Sp. 152. 827 Lexer Bd. 1, Sp. 1449. 828 Not. DE, Bl. 5/38. 829 Mater, S. 144. 830 Interferenz: Quelle: Simplicissimus, S. 360. 127 Itewize, S. 183: Auswahl des mhd. Nomens itewîz, Quelle: Gregorius, V. 1369; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2831 ; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., î>i, z>tz) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Schmähung. JJJ jamais, S. 66, 122: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Übersetzung: niemals. jambelieren, S. 26, 91: Auswahl des mhd. Verbs schambelieren, Quelle 832 : Hertz, S. 550 (markiert). In den Hertz’schen Kommentaren fand Thomas Mann dazu folgende Information: „schambelieren (aus dem französischen jambeler von jambe)“ 833 . Die hier dargelegte etymologische Verbindung zu afrz. jambeler veranlasste ihn zu einer Neubildung durch „Reromanisierung“ (sch->j-) des mhd. Wortes; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „dem Roß die Schenkel geben“ 834 . Jeschute, S. 166, 167, 168 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 159; Übernahme in die Notizen, Bl. -/18, -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Jeschute, nicht aber ihre literarische Identität als Herzogin von Lalander, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur einer Magd übertragen. Jesum, S. 70: Auswahl des Personennamens im lat. Akkusativ, Quelle: Waag, S. 132 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Jesus Christus. jetzo, S. 59: Auswahl der veralteten 835 Nebenform zu nhd. jetzt, Quelle 836 : Gregorovius Bd. 1, S. 61; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. ji, S. 79: Auswahl des nd. Personalpronomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Bedeutung: ihr. Judices, S. 237: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 837 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 488 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Richter. Jungeling, S. 131: Auswahl des mhd. Nomens jungelinc, Quelle: Gregorius, V. 519; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., Konstantschr. im Auslaut c>g); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Jüngling. 831 Hier mit nachträglich angefügtem Circonflexe. Dieffenbacher, S. 128 (markiert): sambelieren. 833 Hertz, S. 550. 834 Hertz, S. 550. 835 DWB Bd. 10, Sp. 2315: „die form jetzo ist eine junge. nach einer bemerkung SCHOTTELS ist sie 1663 noch nicht vorhanden.“ 836 Interferenz: Simplicissimus, S. 98, 171; Scheible, S. 108. 837 Heyse, S. 473. 832 128 jung-jung, S. 22, 157: Auswahl des nhd. Adjektivs jung auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung einer Bindestrichkoppelung durch Reduplikation; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; gesteigerte Bedeutung. Juvenil, S. 130: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 838 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Jugend(licher), Jüngling. KKK Kalamität, S. 235: Auswahl des lat. Lehnworts 839 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Unglück. Kalzidon, S. 18: Auswahl des Prototypen 840 , Quelle: Pannier, Bd. 2, S. 378 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 18/51, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Wunderkräftige Edelsteine: [...] Kalzidon“ 841 . Kämpe, S. 124: Auswahl des nd. 842 Nomens, Quelle: Hertz, S. 130; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Kämpfer. 843 Kandelaber, S. 198: Auswahl des frz. Lehnworts 844 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 860 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Armleuchter. Kanvoleis, S. 17: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 91 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/26, 9/42, 10/43, und anschließende Integration in den Romantext; literarisch-fiktive Örtlichkeit, Hauptstadt des Königreichs Waleis. Karolingen, S. 66: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 118 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 11/44, und anschließende Integration in den Romantext; „Kärlingen, Karolingen: im Mittelalter die deutsche Bezeichnung für Frankreich“ 845 . kastigieren, S. 22: Auswahl des veraltenden 846 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 847 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Kasteiung, Züchtigung. Vgl. Kastigierung, S. 22, 63, 124. 838 Heyse, S. 477. Duden, S. 240. 840 Die Anpassung von mhd. kalzidôn an die nhd. Orthografie (Gs., ô>o) hatte Pannier bereits vorgenommen. 841 Not. DE, Bl. 18/51. 842 DWB Bd. 10, Sp. 136: „ein nd. wort, dessen hochd. form kämpfe schon lange verschollen ist; im dichterischen und rednerischen gebrauch ist dafür diese nd. form nhd. eigenthum geworden“. 843 Duden, S. 240. 844 Duden, S. 241. 845 Not. DE, Bl. 11/44. 846 Laut Gr. Duden Bd. 5, S. 2074, heute veraltet. 847 Interferenz: Simplicissimus, S. 358: castigiren. 839 129 Kauert, S. 97: Auswahl des nhd. Verbs kauern auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (-t, vgl. Bankert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Angsthase, Drückeberger. Vgl. Pfaffen-Kauert, S. 97. Kaufgeld, S. 210: Auswahl des veralteten 848 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „geldsumme, die bei einem kauf zu entrichten ist“. 849 Kecklichkeit, S. 143: Auswahl der veralteten nhd. Nomens 850 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Frechheit, kesse Tat. keen, S. 74, 86: Auswahl des nd. Indefinitpronomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: kein. keiserlich, S. 53, 187: Auswahl des mhd Adjektivs keiserlich, Quelle: Hertz, S. 547; Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, -/16, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: herrlich, stattlich, „in allgemein lobender Bedeutung“ 851 . Kemenate, S. 35, 43, 51 u.ö.: Auswahl des lat. Lehnworts 852 , Quellen: Hertz, S. 560; Meyer Bs. 1, Sp. 427 (Stichwort „Burg“); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „Kemenate, kemenâte [...]: jeder heizbare Wohnraum, besonders Schlafzimmer und Frauengemach“ 853 . Kepha, S. 222: Auswahl des Prototypen 854 , Quelle: Bernhart, S. 13 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/12, -/16, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: „Kepha, der Fels“ 855 . Kiddens, S. 78: Auswahl des engl. Fremdworts kid auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung einer hybriden Pluralform (-en, -s); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Kinder. Kilian, S. 10, 11: Auswahl des Personennamens, Quelle: Baum, S. 23 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 31/64, und anschließende Integration in den Romantext; „Bischof Kilian“ 856 , irischer Missionar im östlichen Frankenreich. 848 DWB Bd. 11, Sp. 332, mit Verweis auf Stieler. DWB Bd. 11, Sp. 332. 850 DWB Bd. 11, Sp. 380. 851 Not. DE, Bl -/4. 852 Duden, S. 246. 853 Hertz, S. 588. 854 Die Anpassung von gr. kepha an die nhd. Orthografie (Gs.) hatte Bernhart bereits vorgenommen. Ein Lehnwort Kepha ist in keinem nhd. Wörterbuch nachweisbar! 855 Not. DE, Bl. -/12. 856 Not. DE, Bl. 31/64. 849 130 Kimmerier, S. 202: Auswahl des Völkernamens, Quelle: nicht ermittelbar! Bei Baum, S. 17 findet sich lediglich die Form Kimbern, bei Herz, S. 596 die Form Kymren, die verkürzt („Kymr.“) in die Notizen, Bl. 29/62, übernommen wird; Neubildung einer orthogr. Mischform durch Kontamination bei Integration in den Romantext; mythisches Volk aus den Dichtungen Homers, bei Thomas Mann möglicherweise mit den Briten 857 gleichzusetzten. Klamidê, S. 27: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 211, Anm. 3 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/18, -/25, 14/47, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der sprechende Name Klamidê, „bei Chrestien Clamadex, d.h. rufe Gott“ 858 , nicht aber seine literarische Identität als König von Iserterre, wird von Thomas Mann unter Neubildung eines Namenskomplexes auf die Figur des fils du comte Ulterlec übertragen. fils du comte, S. 27: Auswahl des frz. Fremdwortkomlexes fils du comte, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 118; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Sohn des Grafen. Ulterlec, S. 27: Auswahl des Örtlichkeitsnamens Ulterlec, Quelle: Pannier Bd.1, S. 151 (markiert). Übernahme in die Notizen, Bl. -/18, und anschließende Integration in den Romantext; literarisch-fiktive Örtlichkeit, Ulterlec: „d.h. jenseits des Sees“ 859 . klar, S. 15: Auswahl des nhd. Adjektivs mit mhd. Bedeutungshorizent, Quelle: Pannier Bd. 2, S. 382 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/24, 19/52: „ein Junker klar“, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Bei den mhd. dichtern heiszen edle, ritter, [...] jungfrauen klâr“, d.h. „von schönheit strahlend, herrlich“. 860 Klaret, S. 17, 20, 21 u.ö.: Auswahl des fnhd. 861 Nomens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 272, Anm. 2 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 16/49, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „ein über Gewürz abgeklärter Rotwein, Klaret“ 862 . Klerisei, S. 148: Auswahl des veralteten 863 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Klerus, Geistlichkeit. Klias der Grieche, S. 32: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 360; Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, 17/50 864 , und anschließende Integration in den Romantext; Ritter der Tafelrunde. knäbisch, S. 131: Auswahl des veralteten 865 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: knabenhaft, bübisch. 857 Not. DE, Bl. 22/55: „Bretagne: Sprache gehört zum Britischen (Kymr.)“. Pannier Bd. 1, S. 211, Anm. 3 (markiert). 859 Pannier, Bd. 1, S. 151, Anm. 3. 860 DWB Bd. 11, Sp. 984. 861 DWB Bd. 11, Sp. 1002; Götze, S. 136. 862 Not. DE, Bl. 16/49. 863 Duden, S. 250. 864 Not. DE , Bl. 17/50: „der Grieche Klias“. 865 DWB Bd. 11, Sp. 1326: „seltnes, aber gutes adj. zu knabe“; in den fnhd. Wbb. nicht nachweisbar! 858 131 kneipend, S. 16: Auswahl des nd. 866 Partizips auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: kneifend. Koinobiten-Siedelung, S. 67: Auswahl der Komposita Koinobitentum und Mönchssiedlung, Quelle: Meyer 2, Sp. 851 (Stichwort „Mönchtum“), von denen das erste auch in die Notizen, Bl. 24/57, übernommen wird; Neubildung eines Bindestrichkompositums durch Kontamination bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Mönche, die in einer Siedlung „koinos: gemeinsam, bios: Leben“867 . Kommoditäten, S. 126: Auswahl des veralteten 868 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Bequemlichkeiten. Kondukt, S. 61: Auswahl des lat. Lehnworts869 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Geleit bei Leichenbegängnissen. könn, S. 74: Auswahl der ugs. reduzierten Form zu nhd. können auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Konstantin, S. 16: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 2, S. 383, Anm. 3 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 26/59, und anschließende Integration in den Romantext; römischer Kaiser 306-337 n.Chr. Kötnerskinder, S. 81: Auswahl der nhd. Simplizia Kötner 870 und Kinder auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Kompositums; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: in einer Kate wohnende Kinder. Konventuale, S. 67: Auswahl des lat. Lehnworts 871 , Quelle: Eicken, S. 291, Anm. 3; Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: einem Konvent, einer Klostergemeinschaft Zugehörige(r). Konversion, S. 241: Auswahl des lat. Lehnworts 872 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Religionswechsel. 866 Duden, S. 252. Not. DE, Bl. 24/57. 868 Nur bei Weigand/Hirt Bd. 1, Sp. 1102, und im Gr. Duden, Bd. 5, S. 2195, nachweisbar. Demnach ein überaus seltenes, veraltetes frz. Lehnwort. Erstgenanntes Wb. (TMA TM 3851: 1+2) verweist auf Grimmelshausen (Commoditäten), der Thomas Mann bekanntlich vorlag, aber auch eine Anpassung des frz. commodité an die nhd. Orthografie wäre denkbar. 869 Duden, S. 256. 870 Gr. Duden Bd. 5, S. 2253: Nebenform zu Kätner, der laut Grimm Bd. 5, Sp. 1888, den „inhaber einer kate“, d.h. eines kleinen, engen Häuschens bezeichnet. 871 Gr. Duden Bd. 5, S. 2230. 872 Kl. Duden, S. 227. 867 132 Kranichköpfe, S. 16: Auswahl des Völkernamens, Quelle: Scherer, S. 95 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 27/60, und anschließende Integration in den Romantext; fabelhaftes Volk 873 . krank, S. 82: Auswahl des mhd. Adjektivs krank, Quelle: Gregorius, V. 2899, 2904; Irritiert durch den ungewöhnlichen Bedeutungszusammenhang (kranke spîse) wird Thomas Mann in in seinem mhd. Wörterbuch nachgeschlagen haben und notierte sich: „kranc: [...] gering, schlecht“ (Bl. -/17). Schließlich fand aber nur die moderne orthogr. Form Eingang in den Romantext. Kränke, S. 245: Auswahl des fnhd. 874 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Schwäche, Mangelhaftigkeit, Krankheit. Kredenz, S. 18: Auswahl des ital. Lehnworts 875 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Anrichte. kriechisch, S. 96: Auswahl des mhd. Adjektivs, Quelle: Gregorius, V. 1630; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: griechisch. Krist, S. 56, 58, 63 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens Krist, Quelle: Gregorius, V. 785; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Christ, in engerem Sinne Jesus Christus. Vgl. kristen, S. 81; kristlich, S. 12, 32, 47 u.ö. Kristenheit, S. 18, 28, 31 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens kristenheit Quelle: Gregorius, V. 143; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, und anschließende Integration in den Romantext; Vgl. Komposita Kristenherz, S. 84; Kristenstand, S. 81; Kristentum, S. 42, 56, 67. Kristenung, S. 79, 81: Auswahl des mhd. Nomens Krist, Quelle: Gregorius, V. 785; Neubildung durch Derivation (Suff. -en, -ung) in Analogie zu engl. christening 876 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Taufe. Künder, S. 134: Auswahl des veralteten 877 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Verkünder. Kunkel, S. 217: Auswahl des schweizerdt. 878 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Spindel. 873 Not. DE, Bl. 27/60: „Kämpfe mit fabelhaften Völkern: Kranichköpfe“. Götze, S. 136. 875 Duden, S. 262. 876 Auch Wilhelm, S. 99, nimmt die englische Form als Vorbild an. 877 DWB Bd. 11, Sp. 2626: „nicht gebräuchlich“, mit Verweis auf Rückert. 878 Duden, S. 264: südwestdt; DWB Bd. 11, Sp. 2653: alemannisch: elsässisch, schwäbisch, schweizerdeutsch. 874 133 kurz, S. 63: Auswahl des nhd. Adjektivs mit veraltetem Bedeutungshorizont auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: knapp, unzureichend. 879 Kurzibold von Niederlahngau, S. 27: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Scherer, S. 62 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, und anschließende Integration in den Romantext; eigentlich Kuno 880 , Graf von Niederlahngau zur Zeit Ottos des Großen, „wegen Kleinheit ,Kurzibold’“ 881 . Kynewulf, S. 27; Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 43 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Kynewulf, nicht aber seine historische Identität als altenglischer Schriftsteller und Bibelübersetzer, wird von Thomas Mann unter Neubildung eines Namenskomplexes und auf die Figur des Kurzibold von Niederlahngau übertragen. LLL lackadesi, S. 102: Neuschöpfung; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: eine Art Wehruf, Klagelaut. Lad, S. 89: Auswahl des engl. Fremdworts lad, Übersetzung: Bursche; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); Gleichzeitig liegt hier Polysemie vor, da im unmittelbaren Textzusammenhang „ein Lad zum Gaffen“ ebensogut als „ein Lad(ung) zum Gaffen“ gelesen werden kann. lamenten, S. 102: Auswahl des engl. Fremdworts to lament auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Hybridbildung durch Addition einer dt. Infinitivendung (-en); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: klagen, jammern. Lände, S. 119: Auswahl der veralteten 882 nhd. Pluralform auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Lapperei, S. 248: Auswahl des veralteten 883 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Kleinigkeit, Lappalie. Lateranus, S. 197: Auswahl des lat. Fremdworts, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 52; unter Umgehung der Notizen anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Lateran, seit der Zeit Konstantins I. der offizielle Sitz der Päpste. 879 DWB Bd. 11, Sp. 2828. Scherer, S. 62. 881 Not. DE, Bl. -/19, wie Thomas Mann Scherer entnahm. 882 DWB Bd. 12, Sp. 92. 883 DWB Bd. 12, Sp. 199, mit Verweis auf Schiller. 880 134 Laudes, S. 236: Auswahl des lat. Lehnworts 884 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 488 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Lobgesänge. Lautertrank, S. 17: Auswahl des fnhd. 885 Nomens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 272 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 16/49, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Lautertrank: ein über Gewürz abgeklärter Rotwein“ 886 . leger, S. 42: Auswahl des frz. Lehnworts 887 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: leicht. légèrement, S. 24: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: leicht. leges, S. 110, 112, 228 u.ö.: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Gesetze. Legiste, S. 88: Auswahl des mhd./lat. Nomens lêgiste, Quelle: Gregorius, V. 1196; Anpassung 888 an die nhd. Orthografie (Gs., ê>e); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Rechtsgelehrter, Gesetzeskenner. leiben, S. 98: Auswahl des veraltenden 889 Verbs auf Grundlage des eigenen Wortschatzes; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext: leibhaftig, lebendig sein. Leichkar, S. 62: Auswahl des fnhd. 890 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Sarg, Bahre. Leilach, S. 61: Auswahl des mhd. Nomens lîlach, Quelle: Gregorius, V. 3460; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., î>ei), aber keine Neubildung 891 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Bettuch, Leintuch. leisieren, S. 91, 135: Auswahl des mhd. Verbs, Quellen: Hertz, S. 550 (markiert); Dieffenbacher, S. 128 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „mit verhängtem, gelockertem Zügel reiten“ 892 . l’espoirs des dames, S. 23: In seinem Brief vom 13.04.1948 schrieb Thomas Mann an Samuel Singer: „Ich brauche ein paar Brocken älteren Französisch. [...] Wie hätte man gesagt: »Die Hoffnung der Frauen« »l’espérance des dames«?“ 893 In seinem Brief vom 884 Duden, S. 269. DWB Bd. 12, Sp. 388, mit Verweis auf Fleming; Götze, S. 147. 886 Not. DE, Bl. 16/49. 887 Duden, S. 226. 888 Heyse, S. 511, kennt diese Form. 889 Duden, S. 271: nur noch in Redewendung wie er leibt und lebt. 890 Götze, S. 148. 891 DWB Bd. 12, Sp. 695; Interferenz: Simplicissimus, S. 604. 892 Not. DE, Bl. -/4 . 893 DüD III, S. 354. 885 135 20.04.1948 antwortete Singer: „Ob [...] die «Hoffnung der Frauen» überhaupt vorkommt, weiß ich nicht; das [...] würde ich mit l’espoirs des dames übersetzen“ 894 . Wilhems 895 Vorschlag, den Fremdwortkomplex l’espoirs des dames dem Nfrz. zuzuordnen, ist angesichts der eindeutigen Quellenlage diskussionwürdig. Zwar existiert auch im Nfrz. ein Nomen l’espoir, doch hätten Thomas Manns Französischkenntnisse 896 gewiss ausgereicht, den korrekten Plural les espoirs bilden zu können. So hätte Wilhelm l’espoirs als afrz. Singularform erkennen können. leutlieblich, S. 89: Neubildung eines Adjektivs durch Kompostion der nhd. Elemente Leute und lieblich auf Grundlage des eigenen Wortschatzes; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; polysematische Bedeutung: Es kann sowohl aktiv im Sinne von leutliebend 897 als auch passiv, d.h. von den Leuten geliebt, interpretiert werden. Liberius, S. 202, 203, 204 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 63; Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Liberius, nicht aber seine historische Identität als Papst 898 , wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur des zweiten Römers übertragen. Lîden, S. 66: Auswahl des mhd. Nomens lîden, Quelle: nicht ermittelbar! 899 ; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Leiden, Schmerz. lieb-liebste, S. 257: Auswahl des nhd. Adjektivs lieb auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung einer Bindestrichkoppelung durch Reduplikation; unter Umgehung der Notizen Ingration in den Romantext; gesteigerte Bedeutung. Lindigkeit, S. 242: Auswahl des veralteten 900 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Sanftmütigkeit. littel bit, S. 74: Auswahl des engl. Fremdwortkomplexes little bit auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an das dt. Laut-Zeichen-System (-le > -el); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: ein wenig, ein bisschen. Löli, S. 20: Auswahl des schweizerdt. 901 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Dummkopf, Narr. 894 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. Wilhelm, S. 89. 896 Vgl. weiter Kap. 3.1. 897 DWB Bd. 12, Sp. 849. 898 352-366 n.Chr. 899 Der Kl. Lexer, S. 126, ist hier zwar prinzipiell als Quelle möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. 900 DWB Bd. 12, Sp. 1038, mit Verweis auf Grimmelshausen und Stieler. 901 DWB Bd. 12, Sp. 1144. 895 136 Londinium, S. 85: Auswahl des Eigennamens, Quellen: Meyer Bd. 2, Sp. 691 (Stichwort „London“); Hertz, S. 567; Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, und anschließende Integration in den Romantext; „London, keltische Siedelung, römisch Londinium“ 902 . Lorsch, S. 11: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Baum, S. 122 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 33/66, und anschließende Integration in den Romantext; ostfränkische Klosterstätte. Löwen, S. 29, 32: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Meyer Bd. 1, Sp. 382 (Stichwort „Brabant“), Sp. 818 (Stichwort „Flandern“); Übernahme in die Notizen, Bl. 21/54, und anschließende Integration in den Romantext; Stadt im historischen Lothringen, heute Belgien. Lucke, S. 74: Auswahl des engl. Fremdworts luck auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und das nhd. Deklinationsmuster (Dat. -e), möglicherweise in Anlehnung an die mhd. Form gelücke, Quelle: Gregorius, V. 982; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Glück. Luder, S. 175: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägersprache auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „körper gefallener thiere [...], aas“ 903 . Lug, S. 78: Auswahl des veraltenden 904 nhd. Nomens, Quelle: Hertz, S. 358 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Lüge, Schwindel, Betrug. lugen, S. 58: Auswahl des oberdt. 905 Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: spähen. Lungerer, S. 182: Auswahl des veralteten nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „lauernder, aufpassender mensch“ 906 . lunzen, S. 118: Auswahl des nd. 907 Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 908 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „lunzen, schlummern außer der Zeit“ 909 . lurren, S. 184: Auswahl des nd. Nomens Lurre auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz. Doch ist sich Thomas Mann offenbar der Bedeutung des Wortes nicht ganz sicher und schlägt in seinem Exemplar 910 des DWB nach, dessen Eintrag (Bd. 6, Sp. 1313) sich im Wortlaut des 902 Not. DE, Bl. -/27. DWB Bd. 12, Sp. 1232. 904 Duden, S. 278: nur noch in Redewendung mit Lug und Trug. 905 Duden, S. 278. 906 DWB Bd. 12, Sp. 1306. 907 DWB Bd. 12, Sp. 1310. 908 Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Thomas Mann beim Nachschlagen in seinem Exemplar des DWB (vgl. Lurre, Lurrendreyer) auch auf das Wort lunzen stieß. 909 Not. DE, Bl. -/17. 910 Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, 13 Bände. Leipzig: Hirzel 1854-1963. (TMA TM 3850: 1-13) 903 137 Notiz-Exzerpts, Bl. -/17: „Lurre, Falsches vorgeben, Lüge“ 911 , deutlich widerspiegelt; Neubildung eines Verbs durch Konversion (Lurre Æ lurren) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: lügen. Lurrendreyer, S. 184: Auswahl des nd. Nomens, Quelle: DWB Bd. 6, Sp. 1313 912 : Direkt unter dem Eintrag Lurre (s.o.) fand Thomas Mann das Element „lurrendreier [...] lurrendrayer“, das er in der orthogr. Form Lurrendreyer auf sein Notiz-Bl. -/17 übernahm und schließlich in den Romantext integrierte. Bedeutung: Wenn „Lurre [...] Lüge“ 913 meint, dann handelt es sich, um Grimm zu folgen, um einen „fuchsschwänzer, hinterlistigen“ 914 , sprich einen Lügner. Lüstigkeit, S. 129: Auswahl des veralteten 915 Adjektivs lüstig auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -keit); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Lustigkeit. lützel, S. 33, 52, 56: Auswahl des mhd. Adjektivs, Quelle: Gregorius, V. 1996, 2128; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: kaum, wenig. Luxurei, S. 82: Auswahl des engl. Fremdworts luxury auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und hybride Neubildung durch Substitution (Suff. -ry > -rei) vermutlich in Anlehnung an Formen wie Völlerei und Prasserei 916 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Luxus, Komfort (mit leicht negativer Konnotation von Verschwendung). MMM ma charmante, S. 20: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: meine Bezaubernde. Mage, S. 31, 32, 45: Auswahl des fnhd. 917 Nomens Mage, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 81 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/26, 9/42, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Mage: Blutsvervandter“ 918 , im weiteren Sinne die Gefolgschaft. Magedein, S. 156: Auswahl des mhd. Nomens magedîn, Quelle: Dieffenbacher, S. 100 (markiert); Neubildung 919 durch Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., î>ei); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Jungfrau, Mädchen. 911 Not. DE, Bl. -/17. Dass dieses Element nur aus dem DWB entnommen wurde, ist nicht unwahrscheinlich. Dennoch sehe ich davon ab, das Exemplar Thomas Manns als reguläre Materialquelle nachträglich gesondert zu besprechen. 913 Not. DE, Bl. -/17. 914 DWB Bd. 12, Sp. 1314. (Diese Bandangabe bezieht sich nicht auf die dreizehnbändige Ausgabe Thomas Manns, sondern auf die vorliegender Arbeit zugrunde gelegte!) 915 DWB Bd. 12, Sp. 1339. 916 Wilhelm, S. 91. 917 DWB Bd. 12, Sp. 1436: stirbt im 17. Jahrhundert aus; Götze, S. 154; Baufeld, S. 164. 918 Pannier Bd. 1, S. 81, Anm. 2 (markiert); vgl. Not. DE, Bl. -/26. 912 138 Maget, S. 157: Auswahl des mhd. Nomens maget, Quellen: Dieffenbacher, S. 100 (markiert); Gregorius, V. 2446; Übernahme in die Notizen, Bl. -/20; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Jungfrau, Mädchen. magna parens, S. 191: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Kerényi, S. 54 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: die Urmutter. Magnetberg, S. 152: Auswahl des Namens einer sagenhaften Örtlichkeit, Quelle: Scherer, S. 95 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 27/60, und anschließende Integration in den Romantext; „aus magnet bestehener berg der fabel, der das eisenwerk der schiffe anzieht“ 920 und den gefürchteten „Schiffbruch am Magnetberg“ 921 nach sich zieht. Mahaute, S. 77, 78, 79 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 207 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, -/28, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Mahaute, die „franz. Form für Mathilde“ 922 , nicht aber ihre literarische Identität als Gemahlin von Gurßgrî, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Frau des Fischers Wiglaf übertragen. Maiden, S. 96: Auswahl des engl. Fremdworts maiden auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 923 ; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Jungfrau, Mädchen. Vgl. aber auch Maid, S. 26. Maire, S. 119, 120, 124 u.ö.: Auswahl des frz. Lehnworts 924 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Bürgermeister (in Frankreich). Mairie, S. 126, 151: Auswahl des frz. Lehnworts 925 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Bürgermeisterei, Rathaus (in Frankreich). maisnie, S. 15: Auswahl des afrz. Fremdworts, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 174, Anm. 1 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 12/45, 15/48, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: „maisnie: Dienerschaft, Hausgesinde, Hofstaat“ 926 . maistre de corteisie, S. 23, 42: Auswahl der beiden afrz. Fremdworte maistre, Quelle: Auerbach, S. 142, und corteisie, Quelle: Auerbach, S. 132; Komposition eines 919 In nhd. Wbb. nicht nachweisbar. Einzig Heinrich Heine kennt in seinem „Minnegruß“ ein wunnevolles Magedein. 920 DWB Bd. 12, Sp. 1447. 921 Not. DE, Bl. 27/60. 922 Not. DE -/4. 923 Impuls gab möglicherweise die mhd. Form meidîn, Quelle: Dieffenbacher, S. 100 (markiert). 924 Gr. Duden Bd. 6, S. 2492. 925 Gr. Duden Bd. 6, S. 2492. 926 Not. DE, Bl. 12/45. 139 Fremdwortkomplexes; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Meister der höfischen Tugenden. 927 maistresse, S. 28: Auswahl des afrz. Nomens; Quelle: Hertz, S. 548 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: „altfr. [für] Hofmeisterin, Erzieherin und Edeldame“ 928 . Mange, S. 119: Auswahl des Prototypen 929 , Quelle: Pannier Bd. 1, S. 234 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/29, 15/48, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Belagerungswerkzeug zum Schleudern von Steinen. 930 Manichäer, S. 238: Auswahl des Gruppennamens, Quellen: Bernhart, S. 58 (markiert); Gregorovius Bd. 1, S. 112; Übernahme in die Notizen, Bl. -/13, und anschließende Integration in den Romantext; religiöse Gemeinschaft im Rom des 5. Jahrhunderts. Manipel, S. 237: Auswahl des lat. Lehnworts 931 , Quelle: Bernhart, S. 351 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gesticktes Band am linken Ärmel des katholischen Meßgewands. mannbar, S. 28, 64, 164: Auswahl des ungebräuchlichen 932 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: heiratsfähig. Vgl. Mannbarkeit, S. 30. Mannen, S. 31, 143, 145: Auswahl der veralteten 933 Pluralform zu nhd. Mann, Quelle: Hertz, S. 113; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Marbels, S. 86: Auswahl des veralteten 934 nhd. Nomens Marbel auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Pluralbildung (-s) nach nd. Muster; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Murmeln. Marner, S. 76, 118: Auswahl des fnhd. 935 Nomens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 85 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 9/42, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Schiffsherr, Schiffsführer. marterlich, S. 33, 149: Auswahl des mhd. Adjektivs marterlîch, Quelle: Gregorius, V. 105; Anpassung an die nhd. Orthografie (î>i), aber keine Neubildung 936 ; Übernahme in die 927 Auerbach, S. 132: „das persönliche der höfischen Tugenden“. Hertz, S. 548. 929 Das DWB Bd. 12, Sp. 1540, führt aus, dass die Wortform durchaus noch in jüngerer Vergangenheit (17/18. Jh.) geläufig war, allerdings nur mit der Bedeutung „grosze Glättemaschine“ für Kleidung. Erst Pannier gab diesem ursprünglich mhd. Wort seine mittelalterliche Bedeutung „grosze schleudermaschine“ zurück. 930 Pannier Bd. 1, S. 234, Anm. 4. 931 Gr. Duden Bd. 6, S. 2505. 932 Gr. Duden Bd. 6, S. 2507. 933 DWB Bd. 12, Sp. 1554. 934 DWB Bd. 12, Sp. 1618. 935 DWB Bd. 12, Sp. 1669: aber schon nach dem 15. Jahrhundert abgestorben. 936 DWB Bd. 12, 1684. 928 140 Notizen, Bl. -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: qualvoll, „von groszer marter“ 937 . Massilia, S. 49, 61: Auswahl des Örtlichkeitsnamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Auf der Rückseite des am 20.04.1948 eingegangenen Briefes 938 von Samuel Singer notierte Thomas Mann „Massilia“; lat. für Marseille, Stadt im historischen Westfrankenreich, heute Frankreich. materas, S. 27: Auswahl des mhd. Nomens matraz, Quelle: Dieffenbacher, S. 46 (markiert); Neubildung durch Annäherung (z>s, Einfgg. -e-) an die it. Form materasse; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Matratze. Maul, S. 211, 222: Auswahl des nhd. Nomens in veralteter 939 Bedeutung auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Maulesel. Vgl. Maulpferd, S. 211; Maulschimmel, S. 213, 222, 231. Mausersperber, S. 18, 172: Auswahl des Prototypen 940 , Quelle: Pannier Bd. 1, S. 192 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/25, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Ein „Sperber, der die Mauser durchgemacht hat. Er sollte in der Burg das Zeichen geben, daß ein Gast gekommen sei.“ 941 Meerstreicher, S. 103: Neubildung in Analogie zu nhd. Landstreicher auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Vagabund des Meeres. Megedin, S. 156: Auswahl der mhd. Diminutivform megedîn, Quelle: Waag, S. 127, 132 (beide markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/20; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., î>i) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Magd, Jungfrau. Meintat, S. 35, 53, 182: Auswahl des mhd. Nomens meintât, Quelle: Gregorius, V. 3971; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/7, -/16; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., â>a) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „meintât: Missetat“ 942 . Menage, S. 82: Auswahl des frz. Lehnworts 943 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Haushalt(ung) 944 . Mensch, das, S. 183: Auswahl des nhd. Nomens mit veraltetem 945 Genus auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 946 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. 937 DWB Bd. 12, Sp. 1684. Mat. 7,4; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 939 DWB Bd. 12, Sp. 1796, mit Verweis auf Luther, Goethe, Wieland. 940 Im DWB Bd. 12, Sp. 1831, ist eine Form Mäusersperber nachweisbar, aber ausschließlich mit mhd. Referenz! 941 Pannier, S. 192, Anm. 2 (markiert). 942 Not. DE, Bl. -/2. 943 Heyse, S. 552. 944 Duden, S. 288. 945 DWB Bd. 12, Sp. 2033: bis ins 17. Jh. gebräuchlich. 938 141 Menschenwitz, S. 227: Auswahl des veralteten 947 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Wissen, Weisheit, Verstand. Messingsch, S. 87: Auswahl des veralteten nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „eine aus hochdeutsch und niederdeutsch gemischte[] sprache, [...] wie besonders die nach Oberdeutschland gewanderten niederdeutschen handwerksburschen zu [sprechen] pflegen“948 . Vgl. Hütten-Messingsch. michel, S. 33, 36: Auswahl des mhd. Adverbs, Quelle: Gregorius, V. 235; Übernahme in die Notizen, Bl. -/16, -/24, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „michel: groß“ 949 . Michel, S. 23: Auswahl des mhd. Adverbs michel, Quelle: Gregorius, V. 235, mit der Bedeutung: „gross, viel“ 950 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, -/24; Anpassung (Gs.) an den bereits bestehenden Eigennamen Michel (und damit Konversion) bei Integration in den Romantext; humoristische Personifizierung des morgendlich erigierten Geschlechtsteils des Protagonisten Gregorius. Millien, S. 197: Auswahl der veralteten 951 römischen Maßeinheit, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 488 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Streckenmaß, 2 Millien = ca. 3 km. milvische Brücke, S. 236: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius, S. 556 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, und anschließende Integration in den Romantext; historisches Bauwerk in Rom. min, S. 78: Auswahl des nd. Possesivpronomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: mein. Minne, S. 37, 157, 159 u.ö.: Auswahl des veralteten 952 nhd. Nomens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 106 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 11/44, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Liebe. Vgl. Minnekrieg, S. 121, 133, 139 u.ö. (Notizen, Bl. 1/32); Minnetraum, S. 167; minnesüß, S. 167. 946 Interferenz: DrF, 144; Quelle: Schwänke: S. 20: Hier findet sich „ein mensch, das mir ein weißbrot kaufft.“; Quelle: Simplicissimus, S. 199: „das gute Mensch“, S. 528: „ein [...] fleißiges Mensch“. 947 DWB Bd. 12, Sp. 2075, mit Verweis auf Goethe. 948 DWB Bd. 12, Sp. 2133. 949 Not. DE, Bl. -/ 24. 950 Not. DE, Bl. -/17. 951 In keinem der nhd. Wbb. nachweisbar, aber in den Werken Seumes, Gregorovius’ und den Übersetzungen Shakespeares. 952 Duden, S. 291. 142 minnen, S. 157, 171: Auswahl des mhd. Verbs, Quelle: Gregorius, V. 257; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „in der alten sprache dem subst. minne [...] angeschlossen“ 953 , demnach sinngemäß lieben. minnig, S. 167: Auswahl des veralteten 954 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: süß, lieblich. Miselsüchtige, S. 244: Auswahl des mhd. Nomens miselsouht, Quelle: Dieffenbacher, S. 69 (markiert); Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., ou>u) und Derivation (Miselsucht Æ Miselsüchtige), dadurch aber keine Neubildung 955 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: erkrankt sein an einer „Verdickung und Färbung der Haut, teils in Knoten, teils in Geschwüren“ 956 . Miserabilis, S. 180: Auswahl des lat. Fremdworts miserabilis mit der Bedeutung ‚beklagenswert’ auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Eigennamens durch Konversion; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Der Name Miserabilis wird auf keine der Figuren übertragen, sondern bleibt hinter den anderen Namensvorschlägen (Stultitia) des Vaters Gregorius, wie das noch ungeborene Kind zu nennen sei, ungenutzt. Mißkennung, S. 160: Auswahl des veralteten 957 nhd. Verbs mißkennen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -ung); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Verkennen, Nichterkennen. Mittags-hora, S. 78: Auswahl der beiden Simplizia nhd. Mittag und lat. hora auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines hybriden Bindestrichkompositums; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Mittagsstunde. Mockerei, S. 103: Auswahl des engl. Fremdworts mockery auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und hybride Neubildung durch Substitution (Suff. -ery > -erei); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Spott, Hohn. monophysitisch, S. 238: Auswahl des Gruppennamens Monophysiten, Quellen: Bernhart, S. 62, 63; Gregorovius Bd. 1, S. 112; Konversion und Übernahme in die Notizen, Bl. -/13, und anschließende Integration in den Romantext; der christlichen Glaubensgemeinschaft des 5. Jahrhunderts, die der Ansicht war, dass Christus nur eine Physis habe, zugehörig. moquant, S. 64: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: spöttisch. 953 DWB Bd. 12, Sp. 2244. DWB Bd. 12, Sp. 2245, mit Verweis auf Tieck. 955 Baufeld, S. 171: miselsüchtiger = aussätziger. 956 Dieffenbacher, S. 70. 957 DWB Bd. 12, Sp. 2300. 954 143 Morhold (von Irland) S. 13: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 79 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Morhold, nicht aber seine literarische Identität als Verbündeter des Königs von Schottland, wird von Thomas Mann übernommen und auf die mönchische Erzähler-Figur Clemens der Ire übertragen, der vor seiner Weihe so geheißen haben will; Sprechende Name: der aus dem (irischen) Moor Stammende; laut Erzähler 958 Ausdruck einer vergangenen wilden und heidnischen Existenz. Moses, S. 241: Auswahl des Personennamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Gesetzgeber des Alten Testaments. Muhl, S. 78: Auswahl des nd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Maul. Muntwalt, S. 248: Auswahl der ungebräuchlichen 959 nhd. Nomens, Quelle: Dieffenbacher, S. 107 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „Der Mann ist der Muntwalt der Frau; er hat sie in allen Rechtssachen zu vertreten.“ 960 musivisch, S. 237: Auswahl des gr. Lehnworts 961 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 24, 60, 184; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: mosaikartig. NNN Nägelein, S. 125: Auswahl des nhd. Nomens mit fnhd. 962 Bedeutung auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „die als knospe gebrochene und getrocknete blüte des würznelkenbaumes, die gewürznelke“ 963 . nebstbei, S. 40, 56: Auswahl der ungebräuchlichen 964 Nebenform zu nhd. nebenbei auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Necessitäten, S. 126: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 965 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Notwendigkeit. Nen frais pas. J’en duit. Fail le! Manjue, ne sez que est. Pernum ço bien que nus est prest. Est il tant bon ? Tu le saveras. Nel poez saver sin gusteras., S. 37: Auswahl des afrz. 958 DE, S. 13. Nur in kulturhistorischem Kontext zu finden. 960 Dieffenbacher, S. 105 (markiert). 961 Gr. Duden Bd. 6, S. 2663. 962 DWB Bd. 13, Sp. 265, mit letztem Nachweis bei Stieler; Götze, S. 158. 963 DWB Bd. 13, Sp. 265. 964 DWB Bd. 13, Sp. 495; laut Gr. Duden Bd. 6, S. 2716, österreichisch. 965 Heyse, S. 580. 959 144 Fremdwortkomplexes, Quelle: Auerbach, S. 141; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, unter Tilgung des Namens Adam nach dem Imperativ manjue (V. 289); Bei Integration in den Romantext wurden die ersten beiden Verse gegeneinander vertauscht und somit dem Kontext angepasst. Dabei wurde Thomas Mann nicht etwa von Samuel Singer oder Marga Bauer unterstützt, sondern orientierte sich einzig an der Übersetzung des Dialogs bei Auerbach, S. 142. Die Übersetzung der Mann’schen Version des Dialogs lautet demnach wie folgt: Nein, das tu ich nicht! Ich fürchte mich davor! – Mach es! Iss, du weißt nicht, was das ist! Nehmen wir dies Gut, das für uns bereitet ist! – Ist es so gut? – Du wirst es bald erfahren! Du kannst es nicht erfahren ohne zu kosten! nemo contra deum nisi deus ipse, S. 66: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 966 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: niemand (vermag etwas) gegen Gott (zu tun) außer Gott selbst. Nepotismus, S. 259: Auswahl des lat. Lehnworts 967 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Vetternwirtschaft. n’est-ce voir, S. 22: In seinem Brief vom 13.04.1948 schrieb Thomas Mann an Singer: „Ich brauche ein paar Brocken älteren Französisch. [...] Wie [lautete] das moderne »n’est-ce pas«?“ 968 In seinem Brief vom 15.05.1948 antwortete Singer: „Um noch auf eine Frage Ihres letzten Briefes zurückzukommen, würde ich «n’est-ce pas» mit «n’ est-ce voir» übersetzen (d.h. «nicht wahr»).“ 969 Übernahme in die Notizen, Bl. 3/30, und anschließende Integration in den Romantext; Wilhelms 970 Vorschlag, den Fremdwortkomplex n’est-ce voir dem Nfrz. zuzuordnen, muss angesichts der eindeutigen Quellenlage zurückgewiesen werden. nich, S. 74, 78: Auswahl der nd. Negationspartikel auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: nicht. Nichtser, S. 103: Auswahl des veralteten 971 nhd. Verbs nichtsen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -er); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Bedeutung: Taugenichts. niemalen de la vie, S. 122, 123, 131: Auswahl der nfrz. Redewendung jamais de la vie auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Substitution des ersten Elements durch das veraltete 972 nhd. Adverbs niemalen 973 und damit Neubildung einer hybriden Adverbialbestimmung; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: nie im Leben! 966 Makoschey, S. 138, nimmt an, Thomas Mann habe sich an Goethe angelehnt. Duden, S. 304. 968 DüD III, S. 354. 969 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 970 Wilhelm, S. 89. 971 DWB Bd. 13, Sp. 728, mit Verweis auf Goethe; Bedeutung: „nichts oder nichtige dinge tun“. 972 DWB Bd. 13, Sp. 823. 973 Interferenz: Simplicissimus, S. 24, 400: niemalen. 967 145 Ninive: S. 27: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 132, 263 (beide markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 16/49, und anschließende Integration in den Romantext; literarische Örtlichkeit, Stadt der heidnischen Brüder Ipomidon und Pompeius. Nomenculator, S. 248, 249, 252: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 533 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; päpstlicher Hofbeamter. nomentanisches Tor, S. 230: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 558 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, und anschließende Integration in den Romantext; Bauwerk in Rom. nomentanische Straße, S. 236: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 159, 541; Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, und anschließende Integration in den Romantext; Straße nach Rom. Nomentum, S. 236: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 557 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, und anschließende Integration in den Romantext; historischer Vorort von Rom. nommé, S. 15: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: namens. Notgespinst, S. 86: Auswahl der beiden nhd. Nomen Notlüge und Hirngespinst auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Kompositums durch Kontamination 974 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Notlüge, konstruierte Begebenheit. Notker der Stammler, S. 10, 14: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Scherer, S. 54 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 5/38, und anschließende Integration in den Romantext; Sankt Gallens „Kloster-Bibliothekar Notker der Stammler“ 975 . Nudelkasten, S. 53: Neubildung 976 eines Kompositums; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Art Verschlag für die zu mästenden Gänse. numquam, S. 228: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übesetzung: niemals. Nusche, S. 131: Auswahl des veralteten 977 nhd. Nomens, Quelle: Dieffenbacher, S. 76; Übernahme in die Notizen, Bl. -/15, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Spange: nusche“ 978 . 974 Mater, S. 144. Not. DE, Bl. 5/38. 976 Diese Form ist generell in Wbb. nicht nachweisbar! 977 DWB Bd. 13, Sp. 1009: „ein veraltetes, nur in culturgeschichtlichen werken wieder gebrauchtes wort“. 978 Not. DE, Bl. -/15. 975 146 OOO ob, S. 236, 248: Auswahl der veralteten 979 nhd. Präposition, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 44 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/12, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: oberhalb, über. Obilot: S. 31: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 372, 395; Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, 17/50, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Obilot, nicht aber ihre literarische Identität als jüngere Tochter Lippauts von Bearosche, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur eines Jünglings („der junge süße Obilot“ 980 ) übertragen. oceanus, S. 66: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Ozean. ook, S. 74, 78: Auswahl der nd. Partikel auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: auch. Optimat, S. 205: Auswahl des lat. Lehnworts 981 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 1508 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Angehöriger der herrschenden Geschlechter im alten Rom. orbis terrarum christianus, S. 246: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 982 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: christlicher Erdkreis, christliche Welt. Vgl. orbis, S. 259. ordinis divi Benedicti, S. 10: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Gesta Bd. 2, S. 295 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 25/58, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: vom Orden des heiligen Benedikts. Orendel, S. 16: Auswahl des Personennamens, Quellen: Dogma, 866; Scherer, S. 93, 95 (beide markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 27/60, und anschließende Integration in den Romantext; sagenhafter „Genius der Seefahrt“ 983 . Origines, S. 201, 203: Auswahl des Personennamens, Quelle: Bernhart, S. 36, 46 (beide markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; christlicher Kirchenschriftsteller. Ouwê, mais tu me tues. S. 37: Auswahl der mhd. Interjektion ouwê, Quelle: Gregorius, V. 1779, 2900; Verbindung mit dem frz. Fremdwortkomplex mais tu me tues auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: O weh, aber du tötest mich! 979 Duden, S. 309. Not. DE, Bl. -/28, 17/50. 981 Gr. Duden Bd. 6, S. 2809. 982 Impuls gab gewiss der ähnliche lat. Fremdwortkomplex Orbis universus christianus, Quelle: Bernhart, S. 57 (markiert), Notizen, Bl. -/16. 983 Not. DE, Bl. 27/60. 980 147 PPP Palatin, S. 9: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 15 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Übernahme in den Romantext; einer der sieben Hügel Roms. Vgl. Palatinisch, S. 204, 250. Pallium, S. 236, 251: Auswahl des lat. Lehnworts 984 , Quelle: Bernhart, S. 84 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, -/13, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Bischofsmantel. Palmat, S. 22: Auswahl des Prototypen 985 , Quelle: Pannier Bd. 2, S. 378 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/ 24, 18/51, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Seide, Seidenstoff. 986 Paradisus, S. 236: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 54 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: lat. für Paradies. parentes, S. 79, 80: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 987 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Eltern. Parione, S. 237: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 1219 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Region um Rom. Parmenien, S. 35: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quellen: Hertz, S. 542, 563; Singer: Thomas, S. 96; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; „Offenbar ein Teil der Bretagne“ 988 . „Wenn man [...] nach einem thatsächlichen Halt suchen darf, so wäre etwa an den westlichen Theil der Normandie zu denken.“ 989 Patafrid, S. 24, 30: Auswahl des Personennamens, Quelle: Brief Singers vom 19.03.1948 990 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7; Übertragung auf die Figur des höfischen Meisterknappen bei Integration in den Romantext. Patrimonien, S. 238: Auswahl des lat. Lehnworts 991 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 534 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/13, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: (Erb-)Vermögen. 984 Kl. Duden, S. 300. Die Anpassung von mhd. palmât an die nhd. Orthografie (Gs., â>a) hatte Pannier bereits vorgenommen: Die Form Palmat ist weder in fnhd. noch in nhd. Wbb. nachweisbar! 986 Kl. Lexer, S. 157. 987 Impuls gab möglicherweise die Form magna parens (s.o.). 988 Hertz, S. 542. 989 Hertz, S. 625. 990 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 991 Kl. Duden, S. 309. 985 148 Paul ad Ephesios, S. 13: Auswahl des (teils lat.) Namenskomlexes, Quelle: nicht ermittelbar!; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Paulus an die Epheser (ein Buch des Neuen Testaments). peccavi, S. 105: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 992 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Ich habe gesündigt. peccavisti?, S. 105: Auswahl des lat. Fremdworts peccavi (s.o.); Übertragung des Verbs von der 1. in die 2. Pers. singular; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Du hast gesündigt? Pelagianer, S. 238: Auswahl des Gruppennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 112 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/5, -/13, und anschließende Übernahme in den Romantext; christliche Gemeinschaft im Rom des 5. Jahrhunderts. Penkhart, S. 244, 245, 248, u.ö.: Auswahl des veralteten nhd. Nomens Bankhart, Bankert (s.o) mit der Bedeutung: unehelicher Sohn, Bastard, auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; in Anlehnung an diese Formen Neubildung des Eigennamens Penkhart und Übernahme in die Notizen, Bl. -/8; Übertragung auf den unehelichen Sohn der Gudula bei Integration in den Romantext. Peter-und-Paul, S. 88, 96, 111: Auswahl des Namenskomplexes Peter und Paul, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 196 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 36/69; Bildung eines Bindestrichkoppelung bei Integration in den Romantext; Nur die Namen, nicht aber ihre biblische Identitäten als „Apostel Sankt Paul und Sankt Peter“ 993 , hat Thomas Mann übernommen und sie gebündelt auf die Einzelfigur eines Altsprachen lehrenden Mitbruders Gregorius’ übertragen, der „als Gelehrter und Dichter Galfried von Monmouth hieß“ 994 . Vgl. Petrus-et-Paulus, Petri-et-Pauli, beide S. 86. Petra, S. 222: Auswahl des lat. Fremdworts petra, Quelle: Bernhart, S. 15 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/12, -/16; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Übersetzung: Fels. Petrus, S. 12, 237, 241: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 9, 11; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/16, und anschließende Integration in den Romantext; Apostel. Vgl. Petri, S. 235, 241, 248. Pfaffheit, S. 110: Auswahl des mhd. Nomens. pfafheit, Quelle 995 : Gregorius, V. 1463; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Anpassung 996 an die nhd. Orthografie (Gs., f>ff); Integration in den Romantext; Bedeutung: Klerus, Geistlichkeit. 992 Lukas 15,21. Not. DE, Bl. 36/69. 994 DE, S. 87. 995 Zusätzlicher Impuls für die Auswahl könnte vom veralteten nhd. Nomen Pfaffheit, Quelle: Benz, S. [9] (markiert), ausgegangen sein. 996 DWB Bd. 13, Sp. 1595, kennt diese Form. 993 149 Pfellel: S. 27: Auswahl des fnhd. 997 Nomens, Quellen: Pannier Bd. 1, S. 263 (markiert); Dieffenbacher, S. 81 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/11, -/15, 18/51, 16/49, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: ein zu kirchlichen Prachtgewändern verwandter Seidenstoff. Pfellelseide, S. 16: Auswahl der Neubildung 998 , Quelle: Pannier Bd. 1, S. 70 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 8/41, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „feiner Seidenstoff, meist aus dem Orient stammend“ 999 . Pikten, S. 72: Auswahl des Völkernamens, Quelle: Baum, S. 19; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; britischer Volksstamm. Pilgrimsfalke, S. 187: Auswahl des Fachausdrucks der Jägersprache, Quelle: Hertz, S. 550; Übernahme in die Notizen, Bl. -/4 , Bl. -/16, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: auch „Wanderfalken: nisten an den höchsten und steilsten Felsschroffen“ 1000 . pionieren, S. 70: Auswahl des nhd. Nomens Pionier; Neubildung eines Verbs durch Konversion (+ Inf.end. -en); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Pionierarbeit leisten. Plattfüßler, S. 16: Auswahl des Völkernamens Plattfüße, Quelle: Scherer, S. 95: (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 27/60; Neubildung durch Derivarion (Suff. -ler) bei Integration in den Romantext; „fabelhaftes Volk“ 1001 . Plihopliheri, S. 31, 34: Auswahl des Personennamens Plihopliherî, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 164 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/18 1002 ; Anpassung an die nhd. Orthografie (î>i) bei Integration in den Romantext; Nur der Name Plihopliheri, nicht aber seine literarische Identität als „Ritter der Tafelrunde“ 1003 , wird von Thomas Mann unter Neubildung eines Namenskomplexes und auf die Figur des „Fürsten von Waleis“ 1004 übertragen. Waleis, S. 31: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 91 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/26, -/36, 9/42, und anschließende Integration in den Romantext; „Land Waleis = Valois“ 1005 in Frankreich. Plötze, S. 209: Auswahl des Fachausdrucks aus der Fischersprache, Quelle: Meyer Bd. 3, Sp. 718 (Stichwort „Süßwasserfauna“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/5, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: karpfenartiger Fisch. poigneis, S. 111: Auswahl des afrz. Fremdworts, Quelle: Singer/Bauer, S. 24 (markiert), als Teil einer Worterklärung zu mhd. puneiz, Gregorius, V. 1614; unter Umgehung der Notizen 997 DWB Bd. 13, Sp. 1665: im 15. und 16. Jahrhundert nur noch vereinzelt; Götze, S. 32. Lediglich das Simplizium pfellel ist in Wbb. nachweisbar! 999 Pannier Bd. 1, S. 70, Anm. 3 (markiert). 1000 Not. DE, Bl. -/4. 1001 Vgl. Not. DE, Bl. 27/60. 1002 Hier mit nachträglich angefügtem Circonflexe auf letztem -i-. 1003 Pannier Bd. 1, S. 164, Anm. 2. 1004 DE, S. 31. 1005 Not. DE, Bl. 9/42. 998 150 Integration in den Romantext; Übersetzung: „Beim Aufeinanderprall (puneiz, von lat. pungere) galt es, den Gegner aus dem Sattel zu heben“ 1006 . Poitewin, S. 120, 122, 126 u.ö.: Auswahl des Personennamens Poitewîn, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 103 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, -/29 1007 ; Anpassung an die nhd. Orthografie (î>i); Nur der Name Poitewin, von „franz. Baudouin = Balduin“ 1008 , nicht aber seine literarische Identität als Herr von Prienlaskors, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur des Bürgermeisters von Bruges übertragen. Pön, S. 23: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1009 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „angedrohte oder auferlegte strafe, busze (in kirchlichem und rechtlichem sinne)“ 1010 . Vgl. pönen, S. 101. Pönitenziar, S. 166: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1011 , Quelle: Bernhart, S. 383; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: eigentlich Bußprediger, hier: Büßer. populatio urbis, S. 234: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Übersetzung: Bevölkerung der Stadt. Port, S. 74: Auswahl des lat. Lehnworts 1012 , Quelle: Hertz, S. 259, 399; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Hafen, im weiteren Sinne Ruheziel, Zufluchtsort. porta Paradyses, S. 33: Auswahl des gr.-lat. Lehnwortkomplexes, Quelle: nicht ermittelbar!; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Pforte des Paradieses. Porte, S. 145: Auswahl des mhd. Nomens porte, Quelle: Dieffenbacher, S. 25 (markiert); Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Burgtor. pourtant, S. 30: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: dennoch, doch. pover, S. 125: Auswahl des mhd. Adjektivs pôver, Quelle: nicht ermittelbar!; Anpassung an die nhd. Orthografie (ô>o); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: arm. 1006 Dieffenbacher, S. 134. Hier mit nachträglich angefügtem Circonflexe auf letztem -i-. 1008 Pannier Bd. 1, S. 103, Anm. 5. 1009 DWB Bd. 13, Sp. 1998, mit Verweis auf Böhme. 1010 DWB Bd. 13, Sp. 1998. 1011 Basler/Schulz Bd. 2, S. 593. 1012 Duden, S. 328. 1007 151 prätendiert S. 27: Auswahl des frz. Lehnworts 1013 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Bedeutung: vorgeben, auf etwas Ansprüche zu haben, anmaßend. preislich, S. 110: Auswahl des veralteten 1014 nhd. Adverbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „was zu preisen in wert oder stellung ausgezeichnet ist, [sprich] preiswürdig, herrlich, löblich, rühmlich“ 1015 . Presbyter, S. 196, 204, 205 u.ö.: Auswahl des gr. Lehnworts 1016 , Quelle: Baum, S. 96; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gemeindeältester. Vgl. Kardinal-Presbyter, S. 203, 229. Pression, S. 19: Auswahl des frz. Lehnworts 1017 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Druck, Zwang. Primas, S. 241: Auswahl des lat. Lehnworts 1018 , Quelle: Bernhart, S. 45 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: der Erste, der Vornehmste. Primicerius, S. 250: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 532 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, -/10, und anschließende Integration in den Romantext; päpstlicher Hofbeamter. Priscillianer, S. 238: Auswahl des Gruppennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 112; Übernahme in die Notizen, Bl. -/5, -/13, und anschließende Übernahme in den Romantext; vgl. Manichäer. Protoscriniar, S. 250: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 533 (markiert). Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; päpstlicher Hofbeamter. Psalterien, S. 11: Auswahl des gr. Lehnworts 1019 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Psalter, Psalmensammlung. puhr Pipels Durft, S. 75: Auswahl des engl. Fremdwortkomplexes poor people’s durft auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1020 ; Anpassung an das nhd. Laut-Zeichen-System 1013 DWB Bd. 13, Sp. 2077. DWB Bd. 13, Sp. 2097, mit Verweis auf Rückert. 1015 DWB Bd. 13, Sp. 2097. 1016 Duden, S. 330. 1017 Kl. Duden, S. 336. 1018 Duden, S. 330. 1019 Kl. Duden, S. 342. 1020 Impuls für diese Auswahl gab gewiss der der mhd. Wortkomplex armer liute sache, Quelle: Gregorius, V. 1003. 1014 152 (Gs. oo>uh, eo>i, le>el); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: armer Leute Sachen. puhr Pipels Stoff, S. 76: Auswahl des engl. Fremdwortkomplexes poor people’s stuff auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1021 ; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs. oo>uh, eo>i, le>el). Das englische stuff wird durch das nhd. Nomen Stoff ersetzt; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: armer Leute Sachen. puneiz, S. 143: Auswahl des mhd. Nomens, Quellen: Gregorius, V. 1614; Singer/Bauer, S. 24 (markiert); Dieffenbacher, S. 134; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „Beim Aufeinanderprall (puneiz von lat. pungere) galt es, den Gegner aus dem Sattel zu heben“ 1022 . QQQ Quarrel, S. 102: Auswahl des engl. Fremdworts quarrel, Quelle: Roget, S. 265; Übernahme in die Notizen, Bl. -/8; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Übersetzung: Streit. que Deus dispose, S. 22: In seinem Brief vom 13.04.1948 schrieb Thomas Mann an Singer: „Ich brauche ein paar Brocken älteren Französisch. [Wie heißt] »Gottes Sache«, »Laß das Gottes Sache sein!«“? 1023 In seinem Brief vom 20.04.1948 antwortete Singer: „Laß das Gottes Sache sein würde ich wiedergeben mit Que Deus (oder Dieus)! dispose!“ 1024 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Wilhelms 1025 Vorschlag, den Fremdwortkomplex que Deus dispose dem Nfrz. zuzuordnen, muss angesichts der eindeutigen Quellenlage zurückgewiesen werden. quemune, S. 31, 119: Auswahl des afrz. Fremdworts, Quelle: Auerbach, S. 130; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, 1/32, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Gemeinde, Gemeinschaft, Bürgerschaft. que plus n’i quiers veoir, S. 28: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes que plus n’i queroie veoir, Quelle: Auerbach, S. 123; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, -/21; Bezug nehmend auf Auerbachs Übersetzung der Quelle schrieb Thomas Mann in seinem Brief vom 27.04.1948 an Singer: „Ich habe gleich noch ein paar kindische Fragen [...]: [...] »que plus n’i queroie veoir«,– »denn ich wollte gar niemand anderen sehen.« – wie würde dies im Praesens heißen [...]?“ 1026 In seinem Brief vom 15.05.1948 antwortete Singer: „«Denn ich will niemand anderen sehen» heißt altfranzösisch: «que plus n’i quiers veoir»“1027 ; Übernahme der korrigierten Form in die Notizen, Bl. 3/30, und anschließende Integration in den Romantext. 1021 Impuls für diese Auswahl gab gewiss der der mhd. Wortkomplex armer liute sache, Quelle: Gregorius, V. 1003. 1022 Dieffenbacher, S. 134. 1023 DüD III, S. 354. 1024 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 1025 Wilhelm, S. 89. 1026 DüD III, S. 354. 1027 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 153 RRR Radicofani, S. 238: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 1252; Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, -/13, und anschließende Integration in den Romantext; historischer Vorort von Rom, der um 1200 einverleibt wurde. Rallen, S. 172: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägersprache, Quelle: Meyer Bd. 3, Sp. 955 (Stichwort „Vögel“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/29, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Sumpfvogel. Ranft von Haberbrot, S. 184: Auswahl des mhd. Wortkomplexes ranft von haberbrôte, Quelle: Gregorius, V. 2892; Übernahme in die Notizen, Bl. -/16, -/17; partielle Anpassung (Gs., ô>o) an die oberdt. 1028 Form Ranft von Haferbrot, wie bei Singer/Bauer, S. 42 (markiert), zu finden, und Integration in den Romantext; Bedeutung: Rinde/Rand eines Haferbrotes. Vgl. Ranft, S. 185. ränkereich, S. 125: Auswahl des veralteten 1029 nhd. Adjektivs ränkevoll, Quelle: Hertz, S. 234, 405; Neubildung durch Substitution (Simpl. -voll Æ -reich); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gewandt, trickreich. Rankheit, S. 125: Auswahl des ungebräuchlichen 1030 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: das Schlanksein. Rankulat, S. 16: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier, Bd. 1, S. 41 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 7/40, und anschließende Integration in den Romantext; „Rankulat, Hrhomgla am Euphrat“ 1031 . Rassalig S. 28: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 72 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Rassalig, nicht aber seine literarische Identität als Fürst von Assagauk, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur eines Adeligen aus Lothringen übertragen. Lothringen, S. 28: Auswahl des Örtlichkeitsnamens auf Grundlage des eigenen Wortschatzes; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; histor. Landstrich zwischen dem Ost- und Westfrankenreich. Raufkunst, S. 123, 124, 141: Auswahl der beiden nhd. Nomen Raufen und Kunst auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch Kompostion; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: die Kunst des Raufens. raumer Wind, S. 73: Auswahl des Fachausdrucks aus der Seemannssprache, Quelle: Meyer Bd. 3, Sp. 518 (Stichwort „Segeln“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, und anschließende 1028 Duden, S. 338. DWB Bd. 14, Sp. 107. 1030 Gr. Duden Bd. 7, S. 3098. 1031 Pannier, Bd. 1, S. 41, Anm. 4; Not. DE, Bl. 7/40. 1029 154 Integration in den Romantext; Bedeutung: Wind, der schräg von vorn oder schräg von hinten weht. Recepisse, S. 85: Auswahl des veralteten frz. Lehnworts 1032 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Empfangsschein. Refektur, S. 11: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1033 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Impuls gab gewiss das lat. Lehnwort Refektorium, Quelle: Meyer Bd. 2, Sp. 440 (Stichwort „Kloster“), das auch Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, fand. Bei Integration in den Romantext findet in semantischer Anlehnung an das „Refektorium (Zönakel, Speisesaal)“ 1034 eine Bedeutungsverschiebung statt: Refektur beschränkt sich semantisch eigentlich auf eine rein bauliche Ausbesserung1035 , im Kontext des Romans ist mit Refektur aber die Speisung, die körperliche Stärkung gemeint. refus, S. 28: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ablehnung. Reichenau, S. 10: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quellen: Bernhart, S. 96 (markiert); Meyer Bd. 2, Sp. 440 (Stichwort „Klosterschulen“); Übernahme in die Notizen, Bl. 31/64, 33/66, und anschließende Integration in den Romantext; ostfränkische Klosterstätte auf der gleichnamigen Insel im Bodensee. Reine Inguse, S. 95, 96: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 329; Übernahme in die Notizen, Bl. -/18, -/28, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Reine Inguse, nicht aber ihre literarische Identität als Königin von Bachtarließ wird von Thomas Mann übernommen und auf das Boot der Fischer Wiglaf und Ethelwulf übertragen. Reisige, S. 49: Auswahl des veralteten 1036 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1037 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Bedeutung: Reisende, für die Reise Gerüstete. Rhenus, S. 72: Auswahl des Flussnamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; lat. für Rhein. ridikül, S. 33: Auswahl des allmählich veraltenden frz. Lehnworts 1038 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Übersetzung: lächerlich. 1032 Heyse, S. 700. Heyse, S. 705: Refectur. 1034 Not. DE, Bl. -/27. 1035 Heyse, S. 705. 1036 DWB Bd. 14, Sp. 745. 1037 Interferenz: Schwänke, S. 40: „mit zweien reisigen pferden“, S. 140: „mit einem reisigen hengst“. 1038 Gr. Duden Bd. 7, S. 3201. 1033 155 Rimelein, S. 15: Auswahl des mhd. Nomens rîm, Quelle: nicht ermittelbar!; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., î>i) und Neubildung einer Diminutivform durch Derivation (Suff. -lein) ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Reimchen. Roger, S. 64, 65, 121 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 94 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 27/60, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Roger, nicht aber seine historische Identität als normannischer Herrscher von Sizilien, wird von Thomas Mann übernommen und unter Erhebung zum „König von Arelat“ 1039 auf die Romanfigur des Sibylla-Bedrängers übertragen. Vgl. Kompositum RogerPhilippus, S. 64, 65. Rudel, der, S. 172: Auswahl des nhd. Nomens mit veraltetem 1040 Genus auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Vgl. das Mensch, das Ehr, die Wasser. Rousselaere, S. 23, 46, 152: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Meyer Bd. 2, Sp. 959/960 (Stichwort „Niederlande”: Karte der Niederlande); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Stadt im historischen Lothringen, heute Belgien. SSS Saeculum, S. 197: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1041 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Jahrhundert. Saint Esprit, S. 21: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Heiliger Geist. Salamanderfell, S. 22: Auswahl der Neubildung 1042 , Quelle: Pannier Bd. 2, S. 378; Übernahme in die Notizen, Bl. -/ 24, 18/51, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „salamender nannte der aberglaube des mittelalters menschenähnliche wesen, die im feuer hausten“1043 , sein ‚Fell’ muss demnach als „ein unverbrennlicher stoff“ 1044 gelten. Sammet, S. 25, 133: Auswahl des veralteten 1045 nhd. Nomens, Quelle: Dieffenbacher, S. 81 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/15, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Sammetstoffe [...] Seide seltener Art“ 1046 . Vgl. Sammetkappe; S. 251; Sammetkissen, S. 18; sammetrot, S. 142. 1039 DE, S. 64, 65. DWB Bd. 14, Sp. 1384: „ein weidmännischer ausdruck [...] in Oberdeutschland [...] auch mit männlichem geschlecht“. 1041 Heyse, S. 732: Saeculum. 1042 Lediglich das Simplizium salamander ist in Wbb. nachweisbar! 1043 DWB Bd. 14, Sp. 1679. 1044 Kl. Lexer, S. 175, Stichwort „salamander“. 1045 Duden, S. 354. 1046 Not. DE, Bl. 7/40. 1040 156 Sancta Anastasia sub Palatio, S. 203, 229: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 160 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Sancta Maria, gratia plena [...] benedictus fructus ventris tui, S. 156: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Waag, S. 134 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/20, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Heilige Maria, voll der Gnade, gesegnet sei die Frucht deines Leibes! Sancta Via, S. 238: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 1218 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; historische Straße in Rom. Sankt Aldhelm, S. 72, 78, 86 u.ö.: Auswahl des Personennamens Aldhelm, Quellen: Gregorovius Bd. 1, S. 516 (markiert), Scherer, S. 42 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, auf Bl. 32/65 dann mit Namenszusatz „St.“, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Sankt Aldhelm, nicht aber seine historische Identität als Kirchengelehrter und erster Abt „St. Aldhelm in Malmesbury“ 1047 , wird von Thomas Mann übernommen und auf die fiktive Örtlichkeit einer Insel übertragen. Sankt Dunstan, S. 67, 69, 81 u.ö.: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Baum, S. 169; Übernahme in die Notizen, Bl. -/8, -/27, 34/67, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Sankt Dunstan, nicht aber seine historische Identität als „der Heilige Dunstan“ 1048 , Erzbischof von Canterbury 1049 , wird von Thomas Mann übernommen und auf die fiktive Örtlichkeit einer Insel übertragen. Sankt Emmeran zu Regensburg, S. 11: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Baum, S. 122 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 31/64, 33/66, und anschließende Integration in den Romantext; ostfränkische Klosterstätte. Sankt Gallen, S. 10, 14, 200 u.ö.: Auswahl des Namenskomplexes, Quellen: Bernhart, S. 96 (markiert); Meyer Bd. 2, Sp. 440 (Stichwort „Klosterschulen“); Übernahme in die Notizen, Bl. 4/37, 5/38, 32/65, und anschließende Integration in den Romantext; ostfränkisches „Kloster St. Gallen, eine der bekanntesten Kulturstätten des Mittelalters“ 1050 . Vgl. Sankt Galli, S. 116. Sankt Georg in Velabro, S. 10: Auswahl des Namenskomplexes S. Giorgio in Velabro, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 31 1051 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/3: „S. Giorgio in Velabro“; „Eindeutschung“ (Giorgio Æ Georg) bei Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. 1047 Not. DE, Bl. 32/65; Er lebte von (ca.) 639-709. Not. DE, Bl. 34/67. 1049 Er lebte von (ca.) 909-988. 1050 Not. DE, Bl. 5/38. 1051 Bei Gregorovius, S. 388, findet sich auch die Form S. Georg in Velabro. 1048 157 Sankt Johannes im Lateran, S. 9: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 52 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, und anschließende Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Sankt Patrick, S. 11: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Meyer Bd. 2, Sp. 287 (Stichwort „Irland“); Übernahme in die Notizen, Bl. 22/55, und anschließende Integration in den Romantext; Missionar Irlands. Sankt Paulus, S. 9: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 52 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2: „S. Paul“, Umwandlung in die lat. Form und anschließende Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Sankt Peter, S. 9, 12, 196 u.ö.: des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius, Bd. 1, S. 52 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, und anschließende Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Sankt Vaast, S. 31: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: nicht ermittelbar!1052 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/4: „Cathedral and Abbeye de St. Vaast (Arras)“, und anschließende Integration in den Romantext; Kathedrale in Arras. Santa Maria in Cosmedin, S. 9: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 514, 633; Übernahme in die Notizen, Bl. -/3: „S. Maria in Cosmedin“, und anschließende Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Santa Maria in Domnica, S. 9: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 601 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 35/68, und anschließende Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Santa Maria in Trastevere, S. 9: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 63 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/3, 35/68, und anschließende Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Santa Maria Maggiore, S. 9: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 63 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/3, 1/33, und anschließende Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Santa Sabina, S. 10: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius, Bd. 1, S. 158, 161; Übernahme in die Notizen, Bl. -/3, und anschließende Integration in den Romantext; historische Basilika in Rom. Sanktität, S. 233: Auswahl des lat. Fremdworts sanctitas auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und hybride Neubildung 1053 durch Substitution (Suff. -itas > -ität); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Heiligkeit. 1052 1053 Das Exzerpt in den Notizen lässt eine Bildunterschrift in einer englischspr. Zeitung annehmen. Heyse, S. 737, kennt nur Sanctitas. 158 Sarazenen, S. 38: Übernahme des Völkernamens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bezeichnung der Mohammedaner im Mittelalter. 1054 Vgl. Sarazenensöhne, S. 16. Sardonyx, S. 18: Auswahl des fnhd. 1055 Nomens, Quelle: Pannier, Bd. 2, S. 378 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 18/51, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Wunderkräftige Edelsteine: [...] Sardonyx“ 1056 . Sarjande, S. 135: Auswahl des Prototypen 1057 , Quelle: Pannier Bd. 1, S. 213 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/23, 3/30, 14/47, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Sarjanden = Fußvolk“ 1058 . Satanas, S. 258: Auswahl des veralteten gr.-lat. Lehnworts 1059 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1060 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Satan, Widersacher, Teufel. Schachzabel, S. 150: Auswahl des mhd. 1061 Nomens schâchzabel, Quelle: Dieffenbacher, S. 120 (markiert); Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., â>a); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: alte Bezeichnung des Schachbretts. Schafillor, S. 31: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 110 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, -/26, 9/42, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Schafillor, nicht aber seine literarische Identität als König von Aragon, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur des Prinzen von Anschouwe übertragen. schatzgierig, S. 34: Auswahl des mhd. Adjektivs schazgîre, Quelle: Gregorius, V. 3294; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2 1062 ; Anpassung an die nhd. Orthografie (z>tz, î>ie) und Derivation (Suff. -ig), aber keine Neubildung 1063 ; Integration in den Romantext; Bedeutung: „gierig nach schätzen“ 1064 . Schellenvogel, S. 24: Auswahl der nhd. Simplizia Schelle und Vogel, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 192, Anm. 3: „Jagdvögel trugen zur Zier und, damit sie beim Verfliegen leichter aufgefunden würden, Schellen an den Beinen“; Neubildung eines Kompositums bei Integration in den Romantext; Bedeutung: dressierter Jagdvogel, Falke oder Sperber. 1054 Duden, S. 354. Baufeld, S. 200. 1056 Not. DE, Bl. 18/51. 1057 Die Anpassung von mhd. sarjant an die nhd. Orthografie (Gs.) hatte Pannier bereits vorgenommen. 1058 Not. DE, Bl. -/23. 1059 Laut Basler/Schulz Bd. 4, S. 50, in dieser Schreibform bis ins 19. Jh. 1060 Interferenz: Hexenhammer Bd. 2, S. 245; Volksbuch, S. 48. 1061 DWB Bd. 14, Sp. 1967: „seit dem 14. [/] 15. jahrh. aber der form nach nicht mehr verstanden“. 1062 Mit nachträglich angefügtem Circonflexe. 1063 DWB Bd. 14, Sp. 2286. 1064 DWB Bd. 14, Sp. 2286. 1055 159 Schevelier, S. 31: Auswahl des Prototypen 1065 Schevelier, Quelle: Hertz, S. 585 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ritter. Schildesamt, S. 90, 120: Auswahl des veralteten1066 nhd. Nomens, Quelle: Pannier, Bd. 1, S. II (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/28; -/29, 7/40, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Ritterwürde. Schimpfturneie, S. 136: Auswahl des mhd. Wortkomplexes turnei ze schimpfe, Quelle: Dieffenbacher, S. 131; partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); Übernahme in die Notizen, Bl. -/15; Neubildung durch Komposition der beiden Simplizia bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „Turnei ze schimpfe, Kurzweil, stumpfe Waffen“ 1067 im Gegensatz zum echten Kampf. Schiolarß, S. 31, 34: Auswahl des Personennamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 100; Übernahme in die Notizen, Bl. -/26, 10/43, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Schiolarß, nicht aber seine literarische Identität als Graf von Poitou 1068 , wird von Thomas Mann durch Neubildung eines Namenskomplexes auf die Figur des Grafen von Ipotente übertragen. Ipotente, S. 31: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 238; Übernahme in die Notizen, Bl. -/18, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Ipotente, nicht aber die literarische Identität als Herkunftsbezeichnung des Königs Grigorß 1069 wird von Thomas Mann unter Neubildung eines Namenskomplexes auf die Figur des Grafen Schiolarß übertragen. Schismatiker, S. 229: Auswahl des Gruppennamens, Quelle: Bernhart, S. 53, 54; Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Übernahme in den Romantext; allgemein: Abtrünniger der Kirche. schlappen, S. 190: Auswahl der ungebräuchlichen Nebenform 1070 zu nhd. schlabbern auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Schlimme, S. 165: Auswahl des veralteten 1071 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Schlimmheit (s.u.). Schlimmheit, S. 164: Auswahl des veralteten 1072 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „das schlimm sein“ 1073 . 1065 Die Anpassung von mhd. schevelier an die nhd. Orthografie (Gs.) hatte Hertz bereits vorgenommen. Eine Form Schevelier ist in den nhd. Wbb. nicht nachweisbar! 1066 DWB Bd. 15, Sp. 132. „in älterer sprache und in anlehnung an diese“. 1067 Not. DE, Bl. -/15. 1068 Vgl. Not. DE, Bl. -/26. 1069 Not. DE, Bl. -/18. 1070 DWB Bd. 15, Sp. 488; Gr. Duden Bd. 8, S. 3372. 1071 DWB Bd. 15, Sp. 720: letzter Nachweis von 1620, aber in fnhd. Wbb. nicht nachweisbar! 1072 DWB Bd. 15, Sp. 721: „heute ungebräuchlich“. 1073 DWB Bd. 15, Sp. 721. 160 Schlippermilch, S. 243: Auswahl des veralteten 1074 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: geronnene, saure, dicke Milch. Schluft, S. 216: Auswahl der ungebräuchlichen 1075 Nebenform zu nhd. Schlucht auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Schlumpe, S. 167: Auswahl der veraltenden 1076 Nebenform zu nhd. Schlampe auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1077 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Schmähling, S. 123: Auswahl des nhd. Verbs schmähen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Nomens durch Derivation (Suff. -ling); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Person, die zu schmähen, zu verabscheuen ist. schmarutzen, S. 182: Auswahl der veralteten Nebenform 1078 zu nhd. schmarotzen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Schmunzibutz, S. 54, 55: Auswahl der nhd. Elemente schmunzeln und Butzemann 1079 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Kosenamens durch Kontamination; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Schmunzelkobold, „Grinsemann“. Vgl. Schmunzibützlein, S. 55. Schnack, S. 96: Auswahl des nd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Plauderei. 1080 schnatzen, S. 168, 170: Auswahl des veralteten nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1081 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „das haar der frauenpersonen glatt kämmen, flechten und um die haarnadel wickeln“ 1082 . 1074 DWB Bd. 15, Sp. 750, mit Verweis auf Goethe. DWB Bd. 15, Sp. 813; Gr. Duden Bd. 8, S. 3387. 1076 Duden, S. 363: Hier lediglich als Nebenform gekennzeichnet, im aktuellen Gr. Duden nicht mehr nachgewiesen. 1077 Interferenz: DrF, S. 144. 1078 DWB Bd. 15, Sp. 937: „so noch in classischer zeit“. 1079 Laut Duden, S. 136, eine Art Kobold. 1080 Duden, S. 364. 1081 Stackmann 1964, S. 177, nimmt an, dieses Wort könnte Thomas Mann aus dem Grimm’schen Hausmärchen „Die Gänsemagd“ bekannt gewesen sein, welche Thomas Mann nach eigenen Angaben „gewohnheitsmäßig zu hören bekam“ (XIII, S. 56). 1082 DWB Bd. 15, Sp. 1199. 1075 161 Scholar, S. 89, 91: Auswahl des lat. Lehnworts 1083 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Schüler. Vgl. Kloster-Scholar, S. 135; Mitscholar, S. 88. Scholastica, S. 47: Auswahl des Personennamens (Scholastika), Quelle: Gregorovius. Bd. 1, S. 296 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/ 24, und anschließende Integration in den Romantext; Schwester Benedikts von Nursia. Schoydelakurt, S. 19, 20, 161: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 178, 207; Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der sprechende Name Schoydelakurt, nicht aber die literarische Identität als Zaubergarten bei Brandigan, wird von Thomas Mann übernommen und als Kosename auf das Geschwisterpaar übertragen; Übersetzung: Freude des Hofes. Schroffe, S. 186: Auswahl des veralteten 1084 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (schroffer) Felsen. Schulze, S. 120, 123, 130: Auswahl des veralteten 1085 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Gemeindevorsteher. Schwäher, S. 235: Auswahl des veralteten 1086 nhd. Nomens, Quelle: Antike Erzähler, S. 71; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Schwiegervater. Schwankheit, S. 141: Auswahl des veralteten 1087 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Schlankheit, im weiteren Sinne Biegsamkeit, Agilität. Schwertleite, S. 30, 31: Auswahl des veralteten 1088 nhd. Nomens, Quelle: Pannier, Bd. 1, S. 40, Anm. 2 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/26, 7/40, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Recht, das Schwert umzugürten im 15.-17 Jahr“ 1089 . schwind, S. 128: Auswahl des veralteten 1090 nhd. Adjektivs, Quelle: Nibelungen, S. 214 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: hart, stark, schnell. 1083 Duden, S. 366. DWB Bd. 15, Sp. 1763: „im 18. jh. stirbt das wort in der schriftsprache allmählich aus, während es die oberdt. mundarten beibehalten.“ 1085 Duden, S. 368. 1086 Duden, S. 369. 1087 DWB Bd. 15, Sp. 2255. 1088 DWB Bd. 15, Sp. 2589: „in neuerer auffrischung des wortes“. 1089 Not. DE, Bl. -/26. 1090 DWB Bd. 15, Sp. 2651. 1084 162 schwuren, S. 94: Auswahl der veraltenden 1091 Nebenform zur nhd. Präteritalform schworen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Scenter, S. 27: Neubildung des Gattungsnamens einer Hunderasse durch Auswahl des engl. Nomens scent; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und Derivation (Suff. -er); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Sprechender Name: (von engl. scent =) gute (Spür-)Nase. Scientien, S. 87: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1092 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Wissenschaften. Sedia gestoria, S. 228: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Bernhart, S. 349 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: goldener Tragesessel des Papstes. Sedisvakanz, S. 203: Auswahl des lat. Lehnworts 1093 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 477; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Zeitraum, in dem das Amt des Papstes unbesetzt ist. seggen, S. 74: Auswahl des nd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: sagen. Seignurs barons, S. 33: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes; Quelle: Auerbach, S. 98, 121; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Ihr Herrn Barone 1094 . seliglich, S. 77: Auswahl des mhd. Adverbs saeleclîch, Quelle: Gregorius, V. 1142; partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (e>i, i>î) und Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; weitere Anpassung an die nhd. Orthografie (ae>e, c>g), aber keine Neubildung 1095 ; Integration in den Romantext; Bedeutung: „heilsam, förderlich, günstig“. 1096 sella gestatoria, S. 12: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 56 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Vgl. Sedia gestatoria. Seneschalk, S. 62, 151, 152 u.ö.: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1097 Seneschall, Quelle: Gesta Bd. 1, S. 151 (markiert); In Meyers Lexikon, Bd. 3, Sp. 530, findet Thomas Mann unter diesem Stichwort auch die Form Seneschalk, die er darauf in die Notizen, Bl. 1091 Duden, S. 372: schwurest, jünger: schworest. Heyse, S. 747. 1093 Kl. Duden, S. 377. 1094 Auerbach, S. 98. 1095 DWB Bd. 16, Sp. 534 1096 DWB Bd. 16, Sp. 534. 1097 DWB Bd. 16, Sp. 580: „in neuerer sprache [ist] die mittellat. form seneschalk in gebrauch“. 1092 163 -/4 1098 , übernimmt und anschließend in den Romantext integriert; Bedeutung: „Aufseher über den Hofhalt u[.] das Finanzwesen“ 1099 . Seraphin, S. 156: Auswahl des Personennamens Seraphîn, Quelle: Waag, S. 127 (markiert); Anpassung an die nhd. Orthografie (î>i); Übernahme in die Notizen, Bl. -/20, und anschließende Integration in den Romantext; Lichtengel des Alten Testaments. Sergius und Bacchus, S. 249, 250, 259: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 588 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/6, und anschließende Übernahme in den Romantext; historisches Frauenkloster in Rom. Serjant, S. 63: Auswahl des frz. Lehnworts, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 213 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/23, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Fußvolk (Serjant)“ 1100 . seurement, S. 22: Auswahl des afrz. Fremdworts, Quelle: Auerbach, S. 141; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, 1/32, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: sicherlich. 1101 Sextus Anicius Probus, S. 197, 219: Auswahl des Namenskomplexes Sextus Anicius Petronius Probus, Quelle: Gregorovius, S. 57 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2; Tilgung des Beinamens Petronius bei Integration in den Romantext; Seine historische Identität als römischer Adliger, Konsul und Präfekt wird von Thomas Mann mit übernommen und auf die Figur eines den „Erwählten“ suchenden Römers übertragen; Sprechender Name: Sextus Anicius, (von lat. probus, -a, -um) der Rechtschaffene. Vgl. Sextus, S. 202, 206; Anicier, S. 198, 204, 206 u.ö.; Probus, S. 198, 199, 201 u.ö.; Probe!, S. 199, 200. Sibylla, S. 20, 21, 25 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Brief Singers vom 19.03.1948 1102 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, -/9; Übertragung auf die Figur der Gregorius-Mutter/Ehefrau bei Integration in den Romantext. Vgl. Sibyllen, S. 54, 65, 142. siech, S. 87: Auswahl des veraltenden nhd. Adjektivs, Quelle: Dieffenbacher, S. 69 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „ursprüngliche Bezeichnung für krank ist siech“ 1103 . Vgl. Siechbett, S. 79; Siechtum, S. 81; Wochensieche, S. 59; die Siechen, S. 180. Silvester, S. 16, 17: Auswahl des Personennamens (Sylvester), Quellen: Gregorovius Bd. 1, S. 48 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, und anschließende Integration in den Romantext; Papst 314-335 n.Chr. 1098 Auch erstgenannte Form ist noch zweimal in den Notizen, Bl. -/25, 14/47, nachweisbar. Not. DE, Bl. -/4; vgl. Meyer Bd. 3, Sp. 530. 1100 Not. DE, Bl. -/23. 1101 Auerbach, S. 142. 1102 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 1103 Dieffenbacher, S. 69 (markiert). 1099 164 sin, S. 74, 75, 87: Auswahl des nd. Possessivpronomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: sein. Sinnkraut, S. 209: Auswahl des veralteten nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „eine art ausländischer (tropischer) hülsenpflanzen, die grosze reizbarkeit zeigen und sich bei berührung zusammenziehen“ 1104 . Sinopel, S. 17: Auswahl des Prototypen 1105 , Quelle: Pannier Bd 1, S. 267 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 16/49, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: ursprünglich Bezeichnung für rote Farbe 1106 , später auch für „mit Sirup gemischten Wein“ 1107 . Skapulier, S. 13: Auswahl des lat. Lehnworts, Quelle: Meyer 1, Sp. 275 (Stichwort „Benediktiner“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Schulterbekleidung“ 1108 des mönchischen Gewandes. Skaramutzien, S. 124: Auswahl des ital. Fremdworts scaramuccia auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., cc>tz; Suff. en); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Scharmützel, kriegerische Auseinandersetzung. 1109 Skrambel, S. 102: Auswahl des engl. Fremdworts scramble, Quelle: Roget, S. 265; Übernahme in die Notizen, Bl. -/8; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., k>c, le>el) bei Integration in den Romantext; Übersetzung: Balgerei. Skythen, S. 236, 241: Auswahl des Völkernamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 44 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/12, und anschließende Integration in den Romantext; antikes Volk von Reiternomaden und Bogenschützen. slackicht, S. 98: Auswahl des nd. 1110 Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: beißend, scharf. slechtem, S. 78: Auswahl des nd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: schlecht. smoothlich, S. 70: Auswahl des engl. Fremdworts smooth auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines hybriden Adjektivs durch Derivation (Suff. -lich); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: sanft. 1104 DWB Bd. 16, Sp. 1184. Die Anpassung von mhd. sinopel an die nhd. Orthografie (Gs.) hatte Pannier bereits vorgenommen; Eine Form Sinopel ist nhd. Wbb. nicht nachweisbar! 1106 Gr. Lexer Bd. 2, Sp. 934. 1107 Not. DE, Bl. 16/49. 1108 Not. DE, Bl. -/36. 1109 Kluge, S. 712. 1110 DWB Bd. 15, Sp. 262: schlackicht. 1105 165 Sohngespons, S. 234: Auswahl des nhd. Simpliziums Sohn und des veralteten 1111 Gespons auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Kompositums bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Sohngemahl. Vgl. Buhlsohn. Soissons, S. 24: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 518 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, 17/50, und anschließende Integration in den Romantext; Stadt im historischen Westfrankenreich. sorglich, S. 20, 110: Auswahl des veralteten 1112 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: empfindend, tragend, fürsorglich. soßig, S. 97: Auswahl des engl. Fremdworts saucy auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an das nhd. Laut-Zeichen-System (au>o, c>ß, -y>-ig); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: frech, kess. spat, S. 56: Auswahl des mhd. Adverbs spât, Quelle: Gregorius, V. 239; Anpassung 1113 an die nhd. Orthografie (â>a); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: spät. Sparring, S. 100: Auswahl des englischen Fremdworts sparring, Quelle: Roget, S. 264; Übernahme in die Notizen, Bl. -/8; Anpassung 1114 an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Trainingskampf beim Boxen. Spezereien, S. 18: Auswahl des veralteten 1115 nhd. Nomens, Quelle: Pannier Bd. 2, S. 377; Übernahme in die Notizen, Bl. 18/51, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Gewürze. spreiten, S. 16, 209, 237: Auswahl des veralteten 1116 nhd. Verbs, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 215; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: ausbreiten, bedecken. Sprenkelholz, S. 17: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägersprache, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 301 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 17/50, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „ausschlieszlich zum vogelfang benutzte falle [...] aus einer schwanken gerte, welche umgebogen und durch eine doppelte schnur in biegung gehalten wird. Zwischen die beiden schnüre wird dann ein schnellhölzchen geklemmt, welches die lockspeise trägt. Der darauf stürzende vogel tritt das hölzchen heraus und fängt sich mit den füszen zwischen den beiden fäden“ 1117 . 1111 Duden, S. 201. DWB Bd. 16, Sp. 1800, mit Verweis auf Kramers dt.-it. Wörterbuch (1702). 1113 Im DWB Bd. 16, Sp. 1975, ist diese Form mit Verweis auf Goethe belegt. 1114 Duden, S. 384, kennt diese Form. 1115 Duden, S. 386. 1116 DWB Bd. 17, Sp. 14. 1117 DWB Bd. 17, Sp. 47. 1112 166 Staken: S. 74: Auswahl des nd. 1118 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Stange. Stegreif, S. 46: Auswahl des veraltenden 1119 nhd. Nomens; Quelle: Pannier Bd. 1, S. 151; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: etwas aus dem Stegreif (=unvorbereitet) tun. Stielbüschel, S. 244: Neubildung 1120 eines Kompositums auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (Maler-)Pinsel. stella maris, S. 156: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Waag, S. 131, 132 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/20, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Stern des Meeres. Stirnäugler, S. 16: Auswahl der nhd. Simplizia Stirn und Auge auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Kompositums unter Derivation des zweiten Simpliziums (Uml. au>äu, Suff. -ler). Bei Scherer, S. 95 (markiert), hatte Thomas Mann zwischen Kranichköpfen und Magnetbergen die Cyclopen gefunden, die schließlich auch Eingang in die Notizen, Bl. 27/60, fanden; Möglicherweise war ihm dieser Ausdruck zu geläufig, sodass er alternativ eine deutsche Entsprechung für Cyklop neubildete. Stola, S. 237: Auswahl des lat. Lehnworts, Quelle: Bernhart, S. 350 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „priesterliches gewandstück in der altgläubigen kirche, [ein] langes talarförmiges kleid“ 1121 . strack, S. 57, 166, 245: Auswahl des veralteten 1122 nhd. Adverbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gerade(aus). streitlich, S. 139, 140, 141: Auswahl des mhd. Adjektivs strîtlich, Quelle: Dieffenbacher, S. 82 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/15; Anpassung an die nhd. Orthografie (î>ei), aber keine Neubildung 1123 ; Integration in den Romantext; Bedeutung: kriegerisch, gerüstet. Stultitia, S. 180, 244, 247 u.ö.: Auswahl des lat. Fremdworts stultitia mit der Bedeutung: Torheit, Dummheit, Einfalt, auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Eigennamens (Gs.) und Übernahme in die Notizen, Bl. -/5, -/9; Übertragung auf die erste Tochter 1124 des Protagonisten Gregorius bei Integration in den Romantext. 1118 Duden, S. 389. Duden, S. 390: nur noch in Redewendung etw. aus dem Stegreif tun. 1120 Der Gr. Duden Bd. 8, S. 3742, kennt lediglich den Stielbesen und die Stielbürste. 1121 DWB Bd. 19, Sp. 194. 1122 DWB Bd. 19, Sp. 592, mit Verweis auf Goethe. 1123 DWB Bd. 19, Sp. 1389: „vorwiegend mhd. und im älteren frühnhd. bezeugt“. 1124 DE, S. 244: „Herrad […], die nun Stultitia hieß, da ihr Taufname zu stolz und sie überhaupt nur irrtümlich getauft war”. 1119 167 Sturmi, S. 136, 139, 141 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 45 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, -/29, 4/37, und anschließende Integration in den Romantext. Nur der Name Sturmi, nicht aber seine historische Identität als „des Hl. Bonifatius [...] Schüler“ 1125 , Sachsenbekehrer und erster Abt des Klosters Fulda 1126 , wird von Thomas Mann übernommen und auf die Romanfigur des Pferdes des Gregorius übertragen; Sprechender Name: der Stürmische, Ungezügelte. Sublacus, S. 47: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 296 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Stadt in Italien, heute Subiaco. Subsidia, S. 111: Auswahl des lat. Lehnworts 1127 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Hilfsgelder. Subsistenz, S. 125: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1128 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Lebensunterhalt. Substantia, S. 81: Auswahl des lat. Fremdworts substantia auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und anschießende Integration in den Romantext; Übersetzung: Masse, Stoff, Bestandteil. Substitut, S. 125: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1129 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ersatz, Vertreter. Suckling, S. 79, 81: Auswahl des engl. Fremdworts to suck auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines hybriden Nomens in Analogie zu nhd. Säugling durch Derivation (Suff. -ling); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Summa Astesana, S. 80: Auswahl des lat. Buchtitels, Quelle: Eicken, S. 505; Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, und anschließende Integration in den Romantext; “a fourteenth-century work of casusitical edification” 1130 . sundern, S. 78: Auswahl der veralteten Nebenform 1131 zu nhd. sondern auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. supra urbem, S. 9, 234: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: über der Stadt. 1125 Not. DE, Bl. 4/37. Abt des Klosters Fulda von 744 -779 n.Chr. 1127 Duden, S. 398. 1128 DWB Bd. 20, Sp. 818. 1129 DWB Bd. 20, Sp. 822. 1130 Weigand, S. 85. 1131 DWB Bd. 20, Sp. 1166. 1126 168 Suprematie, S. 12: Auswahl des lat. Lehnworts 1132 , Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 1506 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: päpstliche Obergewalt. sursangle, S. 111: Auswahl des afrz. Fremdworts, Quelle: Singer/Bauer, S. 24 (markiert), als Teil einer Worterklärung zu mhd. surzengel, Quelle: Gregorius, V. 1604; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Sattelgurt. swaggern, S. 96: Auswahl des engl. Fremdworts to swagger auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Hybridbildung durch Addition einer dt. Infinitivendung (-n); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: angeben, aufschneiden, dick auftragen. Symbolum, S. 117, 127: Auswahl des veralteten lat. Lehnworts 1133 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Symbol, Erkennungszeichen. Symmachus, S. 196, 197, 199: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 149 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; römischer Präfekt des 5. Jahrhunderts. systema, S. 100: Auswahl des lat. Fremdworts 1134 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: System, Ordnung. TTT Tambour, S. 15: Auswahl des veralteten frz. Lehnworts 1135 , Quelle: Pannier Bd. 1, S. 51 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 8/41, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Trommelschläger. Tannewetzel, S. 15, 32, 33 u.ö.: Auswahl des veralteten 1136 Nomens, Quelle: Heil, S. 113, 114 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 7/40, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Die Leute litten an dem Haupt und an der Brust und von Husten“ 1137 . tau veel, S. 74: Auswahl des nd. Wortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: zu viel. 1132 Duden, S. 399. Heyse, S. 801; DWB Bd. 20, Sp. 1378: „bis mitte des 17. jahrh. [...] in der lat. form gebraucht“. 1134 DWB Bd. 20, Sp. 1433: „bis mitte des 18. jahrh. in der gr.-lat. form gebraucht“. 1135 Duden, S. 402. 1136 Im DWB und in den fnhd. Wbb. nicht nachweisbar! Siehe Wilhelm, S. 68, Anm. 3. 1137 Heil, S. 113. 1133 169 tellen, S. 78: Auswahl des des engl. Fremdworts to tell auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch Derivation (Suff. -en); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: erzählen. tenue, S. 128, 135: Auswahl des frz. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Haltung. Tertullian, S. 239: Auswahl des Personennamens, Quelle: Bernhart, S. 43 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; christlicher Kirchenschriftsteller, lebte von 160- (ca.) 220 n.Chr. Theorbe, S. 87: Auswahl des veralteten frz. Lehnworts 1138 , Quelle: nicht ermittelbar!; Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, -/13:, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Theorben, tiefgestimmte Lauten (Tiorba, téorbe)“ 1139 . Theriak, S. 18: Auswahl des veralteten 1140 nhd. Nomens, Quelle: Pannier Bd. 2, S. 86, Anm. 1 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 18/51, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Theriak [...] (gegen den Biß wilder Tiere)“ 1141 . thiudisc, S. 14: Auswahl des as. 1142 Adjektivs, Quelle: Baum, S. 19; Übernahme in die Notizen, Bl. 30/63: „theo[verbessert: -u-]disc (deutsch)“, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: deutsch. Thorhout, S. 23, 46, 152: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Meyer Bd. 2, Sp. 959/960 (Stichwort „Niederlande”: Karte der Niederlande); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Stadt im historischen Lothringen, heute Belgien. Thraker, S. 236, 241: Auswahl des Völkernamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 44 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/12, und anschließende Integration in den Romantext; antikes Volk auf dem östlichen Balkan. Vgl. Thrakerland, S. 242. Thule, S. 71: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Scherer, S. 31; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; sagenhafte Insel im hohen Norden. Tiara, S. 228, 236: Auswahl des lat. Lehnworts 1143 , Quelle: Bernhart, S. 349 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Krone der Päpste. 1138 DWB Bd. 21, Sp. 366. Not. DE, Bl. -/13. Diese Notiz korrepondiert mit dem entsprechenden Eintrag in Fr.L.K. Weigands zweibändigem Deutschem Wörterbuch. Gießen: Töpelmann 1909-1910. (TMA TM 3851: 1+2), in dem Thomas Mann offenbar nachgeschlagen, das aber in diesem Zusammenhang nicht als Quelle gewertet werden kann. 1140 DWB Bd. 21, Sp. 367, mit Verweis auf Goethe. 1141 Not. DE, Bl. 18/51. 1142 Kluge, S. 175. 1143 Duden, S. 407. 1139 170 Timon, S. 74, 85, 115: Auswahl des Personennamens, Quelle: nicht ermittelbar! Rümmele nimmt an, dass Thomas Mann den Namen aus dem Werke Shakespeares kannte. 1144 Dies scheint unwahrscheinlich: „Da musst immer een Mann die Seen drawen aus dem Boot un de annere mit all sin Macht den Timon holden ...“ (DE, S. 74). In diesem Kontext hat Timon nichts mit einem antiken Philosophen zu tun, sondern steht ziemlich eindeutig in der Bedeutung eines Mastes. In Thomas Manns „Simplicissimus“-Exemplar (S. 39) erfährt man nun, „daß der heidnische Philosophus Timon von Athen viel Galgen aufrichtete“. Einen in Seenot geratenen und um sein Leben kämpfenden Fischer seinen eigenen Galgen halten zu lassen, sieht Thomas Mann nicht unähnlich. An anderer Stelle wird der Name Timon auf die Figur eines Geld verleihenden Juden übertragen. tippeln, S. 75: Auswahl des nd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutungsverschiebung: eigentlich wandern, herumstreunen. Der Kontext Dram zum Tippeln lässt diese Bedeutung allerdings nicht zu. Das engl. dram bedeutet ‚Schluck’. Der herumstreunende (und gewiss nicht immer nüchterne) Tippelbruder liefert hier also die sematische Brücke, um tippeln mit der Bedeutung ‚(Alkohol) trinken’ zu belegen. Tjost(e), S. 24, 49: Auswahl des veralteten frz. Lehnworts 1145 , Quelle: Pannier, Bd. 1, S. 67 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 8/41, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Tjost: ritterl. Speerkampf“ 1146 . tjostieren, S. 20: Auswahl des mhd. Verbs tjostiren, Quelle: Dieffenbacher, S. 134; Anpassung 1147 an die nhd. Orthografie (i>ie); Übernahme in die Notizen, Bl. 10/43, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: eine Tjoste (s.o.) kämpfen, die dem eigentlichen Turnier vorausging. 1148 Toled im Spanierland, S. 18: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 78 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 8/41, und anschließende Integration in den Romantext; Toledo in Spanien. Tournure, S. 68, 125: Auswahl des frz. Fremdworts tournure auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Aussehen, Wesensart. tout de même, S. 28: Auswahl des frz. Fremdwortkomplexes auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: trotzdem. 1144 Rümmele, S. 400. Heyse, S. 825. 1146 Not. DE, Bl. 8/41. 1147 tjostieren ist ein bekanntes mhd. Verb und in allen Wbb. nachweisbar. 1148 Vgl. weiter Dieffenbacher, S. 133f. 1145 171 Tracht, S. 80: Auswahl des nhd. Nomens in veralteter 1149 Bedeutung auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (menschliche) Schwangerschaft. Trajan, S. 239: Auswahl des Personennamens, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 172 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; römischer Kaiser 98-117 n.Chr. Trappen, S. 172: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägersprache, Quelle: Meyer Bd. 3, Sp. 955 (Stichwort „Vögel“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/29, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: ein hühnerähnlicher Laufvogel. traun, S. 30, 153, 169: Auswahl der veralteten 1150 Interjektion, Quelle: Hertz, S. 28; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: fürwahr. Tricker, S. 102: Auswahl des engl. Lehnworts Trick auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch Derivation (Suff. -er) als Alternative zur nhd. Lehnbildung Trickser; anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Trickser, Betrüger. Vgl. Tücker. Trickerei, S. 147: Auswahl des engl. Lehnworts Trick auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch Derivation (Suff. -erei) in Analogie zu engl. trickery; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Betrügerei. Tristan, S. 164: Auswahl des Personennamens, Quelle: Hertz, S. 549 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Tristan, nicht aber seine literarische Identität als Protagonist in Gottfrieds von Straßburgs mhd. Epos, wird von Thomas Mann übernommen und (aufgrund seiner etymolog. Nähe zum frz. trist/e) dem trauernden Gregorius als Beinamen gegeben. Tristan le preux lequel fut ne en tristesse, S. 137: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes, Quelle: Hertz, S. 549 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: Tristan der Tapfere, der nichts als in Trauer gewesen ist. Tristanz […] qui onques ne rist, S. 91: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes, Quelle: Hertz, S. 549 (markiert), Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Übersetzung: der Trauerer, der niemals lacht. Triumphbögen der Kaiser Theodosius, Valentinian, Gratian, Titus und Vespasian, S. 237: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregogovius Bd. 1, S. 1218 (teils markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; historische Bauwerke in Rom. 1149 DWB Bd. 21, Sp. 978: Wenngleich nicht gerade häufig, ist dieses Element mit dieser Bedeutung vom 13. bis 17. Jh. belegbar. Danach nur noch im bair. Dialektgebiet. 1150 Duden, S. 441. 172 Truchseß, S. 62, 125, 126 u.ö.: Auswahl des veralteten 1151 nhd. Nomens, Quelle: Hertz, S. 585 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Herr über Küche und Tafel, „der die Speisen [...] aufsetzt“ 1152 . Trügener, S. 164, 182, 219: Auswahl des mhd. Nomens trügenaere, Quelle: Gregorius, V. 2787; Übernahme in die Notizen, Bl. -/16; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., ae>e) bei Integration in den Romantext, aber keine Neubildung 1153 ; Bedeutung: Betrüger. trügliche Mären, S. 16: Auswahl des mhd. Wortkomplexes trügelîche maeren, Quelle: Gregorius, S. III (Einleitung); partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (î>i) und Übernahme in die Notizen, Bl. -/36; weitere Anpassung 1154 an die nhd. Orthografie (Tilg. -e-, Gs., ae>ä); Integration in den Romantext; Bedeutung: Lügengeschichten, Ammenmärchen. Trügerei, S. 189: Auswahl des veralteten 1155 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Betrügerei. Trutgespiel, S. 23: Auswahl des mhd. Nomens trûtgespil, Quelle: Dieffenbacher, S. 144 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 5/38; partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., i>ie) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „Mädchen und Jünglinge untereinander: trûtgespil, trûtgeselle“ 1156 , „trût: Liebling“ 1157 . tu es mult de pute foi, S. 55: Auswahl des afrz. Fremdwortkomplexes mult de pute foi, Quelle: Auerbach, S. 141; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, 1/32; syntaktische Erweiterung des Fremdwortkomplexes um das nfrz. tu es bei Integration in den Romantext; Übersetzung: Du bist von sehr schlechter Treue. Tüchten, in T. sein, S. 50: Auswahl des veralteten1158 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: in anderen Umständen/schwanger sein. Tücker, S. 102: Auswahl des nhd. Nomens Tücke auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung durch Derivation (Suff. -r); Bedeutung: Betrüger, hinterlistiger, tückischer Mensch. Vgl. Tricker. Tunika, S. 13: Auswahl des lat. Lehnworts 1159 , Quellen: Gregorovius Bd. 1, S. 349 (markiert); Bernhart, S. 350 (markiert); Meyer Bd. 1, Sp. 275 (Stichwort: „Benediktiner“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: altrömisches Gewand. 1151 Duden, S. 413. Hertz, S. 585. 1153 DWB Bd. 22, Sp. 1307. 1154 Im DWB Bd. 22, Sp. 1298f., ist die Form trüglich nachweisbar. 1155 DWB Bd. 22, Sp. 1280: „nhd. trügerei hat seine blüte im 16. und 17. jh.“. 1156 Not. DE, Bl. 5/38. 1157 Not. DE, Bl. -/2. 1158 DWB Bd. 22, Sp. 1491: „Tucht [...] als Bezeichnung einer Krankheit“, mit Verweis auf Höpfler, „dort zu tüchen, mhd. tiuhen, diuhen ‚drücken, schieben, pressen gestellt“. 1159 Duden, S. 415. 1152 173 Turnei zu Ernste, S. 140: Auswahl des mhd. Nomens turnei ze ernste, Quelle: Dieffenbacher, S. 131; Übernahme in die Notizen, Bl. -/15; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.), aber keine Neubildung 1160 ; Integration in den Romantext; Bedeutung: Turnier. Turteltürtel, S. 22: Neubildung eines Kopulativkompositums durch Reduplikation unter Umlautung des zweiten Simpliziums (u>ü); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Taube, im weiteren Sinne Gespiel(in). twelf, S. 78: Auswahl des engl./nd. Zahlworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: zwölf. UUU überkröpft, S. 175: Auswahl des Fachausdruck aus der Jägersprache, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 221 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/25, 14/47, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „überkröpft (den Kropf überfüllt)“ 1161 . Ukerland, S. 121, 127, 128: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 234; Übernahme in die Notizen, Bl. 3/30, 14/47, und anschließende Integration in den Romantext; „Ukerland und Ukersee sind wahrscheinlich aus utre (ultra) lande und utre mer entstanden“ 1162 und damit literarisch-fiktive Örtlichkeiten. Ukersee, S. 120, 121, 131: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 239; Übernahme in die Notizen, Bl. 3/30, und anschließende Integration in den Romantext; „Ukerland und Ukersee sind wahrscheinlich aus utre (ultra) lande und utre mer entstanden“ 1163 und eine literarisch-fiktive Örtlichkeiten. un, S. 74: Auswahl der nd. Partikel auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: und. Ünden, die, S. 55, 58, 60 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens ünde, Quelle: Gregorius, V. 3097; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Wellen, Wogen. Vgl. Ündenfahrt, S. 55. Ündenschlag, S. 66, 80, 118: Auswahl des mhd. Wortkomplexes (von der) ünden slage, Quelle: Gregorius, V. 940; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Neubildung durch Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs., slage > -schlage, Tilg. -e) und Bildung eines Kompositums bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Wellenschlag (des Meeres). 1160 DWB Bd. 22, Sp. 1874: „erst im neueren schriftgebrauch, mit dem aufleben der ritterromantik, wiederaufgenommen“. 1161 Not. DE, Bl. 14/47. 1162 Pannier Bd. 1, S. 239. 1163 Ebd. 174 ungebär, S. 38: Auswahl des mhd. Adjektivs ungebaere, Quelle: nicht ermittelbar!; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, -/17; Anpassung an die nhd. Orthografie (ae>ä; Tilg. -e), aber keine Neubildung 1164 ; Integration in den Romantext; Bedeutung: „ungebaere = ungeziemend“ 1165 . Ungehabe, S. 33: Auswahl des mhd. Nomens ungehabe, Quelle: Gregorius, V. 2527; Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, -/17; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „Leidwesen“ 1166 . ungetrost, S. 54: Auswahl des fnhd. 1167 Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: ungetröstet. ungrisch, S. 72: Auswahl der veralteten Nebenform 1168 zu nhd. ungarisch auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. un om de gentilesce, S. 24: Auswahl des afrz. 1169 Fremdwortskomplexes, Quelle: nicht ermittelbar!; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Edelmann. Unrede, S. 12, 104, 183 u.ö.: Auswahl des mhd. Nomens unrede, Quelle: nicht ermittelbar!; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/7; Neubildung 1170 durch Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „unrede: böse Rede“ 1171 . Unsal, S. 177: Auswahl des veralteten 1172 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Unglück, Unheil. unterfahn, 133: Auswahl des veralteten 1173 nhd. Verbs, Quelle: Nibelungen, S. 199 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: etw. annehmen, aufnehmen, beginnen. Unterpfand, S. 55: Auswahl des veralteten 1174 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Pfand. 1164 DWB Bd. 24, Sp. 619. Not. DE, Bl. -/17. 1166 Not. DE, Bl. -/17. 1167 Laut DWB Bd. 24, Sp. 903, bis ins 17. Jh. gebräuchlich, mit Verweis auf Luther. 1168 DWB Bd. 24, Sp. 611. 1169 Zur Übersetzung der afrz. Elemente wurde Toblers/Lommatzsch’ Altfranzösisches Wörterbuch herangezogen. 1170 Eine Form Unrede ist in nhd. Wbb. nicht nachweisbar! 1171 Not. DE, Bl. -/2. 1172 DWB Bd. 24, Sp. 1302: „ ein schriftsprachlich nie wirklich lebendiges wort“, mit Verweis auf Arndt. 1173 DWB Bd. 24, Sp. 1543: „seit dem 16. jahrh. immermehr durch das heute schriftsprachlich gültige unterfangen ersetzt“; in fnhd. Wbb. nicht nachweisbar! 1174 DWB Bd. 24, Sp. 1711. 1165 175 unterwinden, S. 77, 78, 81: Auswahl des veralteten 1175 Verbs, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 308 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: sich einer Sache annehmen, sie übernehmen. upbringen, S. 78: Auswahl des nd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: aufbringen, aufziehen. Urfehde, S. 147: Auswahl des nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „früher: eidliches Versprechen sich nicht zu rächen“ 1176 . Urlag, S. 33: Auswahl des fnhd. 1177 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „eins der alten wörter für ‚krieg’ “ 1178 . Urliuge, S. 122: Auswahl des mhd. Nomens urliuge, Quelle: Gregorius, V. 910, 1898; partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, 3/30, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Urliuge = Krieg, Kampf, mit drô“. 1179 Ursach haben, S. 33, 166: Auswahl des veralteten 1180 nhd. Verbgefüges, Quelle: Hertz, S. 375; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: einen Grund haben. Ursassen, S. 71: Auswahl der beiden nhd. Simplizia Ureinwohner und Hintersassen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Kompositums durch Kontamination; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: angestammte, einheimische Bevölkerung. urscheln, S. 166: Auswahl des Personennamens Urschel, einer der „zahlreichen mundartlichen formen“ zu Ursula, auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Urschel ist zugleich Bezeichnung „für eine dumme, wunderliche, liederliche, schmutzige weibsperson“ 1181 . Unter Umgehung der Notizen erfolgt die Neubildung eines Verbs durch Addition einer Infitivendung (-n) in formaler und semantischer Analogie zu nhd. mauscheln, tuscheln, munkeln, nuscheln. Attribution der geschwätzigen Magd Jeschute bei Integration in den Romantext. uteri, S. 192: Auswahl des lat. Fremdworts, Quelle: Kerényi, S. 46 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Gebärmuttern. 1175 Duden, S. 425. Duden, S. 426. 1177 DWB Bd. 24, Sp. 2482: Es „beginnt im 15. jh. abzusterben [...], erlischt im 16. jh.“; Baufeld, S. 239. 1178 DWB Bd. 24, Sp. 2482. 1179 Wysling 1967, S. 264, 273, macht darauf aufmerksam, dass Urliuge, notiert in lat. Schrift ohne u-Bogen, nicht wiedererkannt wurde und so in den ersten Ausgaben des „Erwählten“ als Urlinge auftauchte. 1180 DWB Bd. 24, Sp. 2517. 1181 DWB Bd. 24, Sp. 2527. 1176 176 VVV vagieren, S. 243: Auswahl des veraltenden lat. Lehnworts 1182 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1183 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: umherschweifen. Valand, S. 35, 135: Auswahl der mhd. Formen vâlandinne u. vâlandes (Gen.), Quelle: Dieffenbacher, S. 145 (markiert); Übernahme in die Notizen sowohl der weiblichen (Bl. 2/31, 5/38) als auch der männlichen Form (Bl. -/29), wobei letztere nach Anpassung 1184 an die nhd. Orthografie (Gs., â>a) in den Romantext integriert wird; Bedeutung: Teufel, Ungeheuer. Valet, S. 145, 158: Auswahl des veraltenden lat. Lehnworts 1185 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1186 ; Übernahme in die Notizen, Bl. -/8, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Lebewohl, Abschiedsgruß. Vgl. valete, S. 260. Vassellage, S. 90: Auswahl des afrz. Fremdworts vassellage, Quelle: Auerbach, S. 98; Übernahme in die Notizen, Bl. -/28; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Tapferkeit 1187 . Verbringung, S. 61: Auswahl des ungebräuchlichen 1188 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in de Romantext, Bedeutung: das Bringen (im Sinne eines Transports). Verdrückung, S. 168: Auswahl des ungebräuchlichen 1189 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: zerknautschter Zustand, im weiteren Sinne das Niedergedrücktsein allgemein. vere, S. 33: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: wahrlich. Vergunst, S. 215: Auswahl des veraltenden 1190 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: mit Vergunst = mit Verlaub. verjehen, S. 33: Auswahl des mhd. Verbs, Quelle: Gregorius, V. 1409; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „des verjehen: sagen, bekennen, eingestehen“ 1191 . 1182 DWB Bd. 25, Sp. 5; Gr. Duden Bd. 9, Sp. 4166: veraltend. Interferenz: Simplicissimus, S. 424. 1184 DWB Bd. 25, Sp. 7. 1185 Duden, S. 427. 1186 Interferenz: Simplicissimus, S. 56, 232: das Valete. 1187 Auerbach, S. 99. 1188 Gr. Duden Bd. 9, S. 4190. 1189 Gr. Duden Bd. 9, S. 4197. 1190 Duden, S. 431: nur noch in Redewendung mit Vergunst und Verlaub. 1191 Not. DE, Bl. -/17. 1183 177 verliegen, sich, S. 112: Auswahl des veralteten 1192 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Bedeutung: faulenzen. verlügen, S. 176: Auswahl des veralteten 1193 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: lügen, etwas falsch, unwahr darstellen. vermachen, S. 76: Auswahl des nhd. Verbs mit veraltetem Bedeutungshorizont auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: verschließen, zumachen, versperren. 1194 verwalkte Schwarte, S. 182: Auswahl der mhd. Simplizia verwalken und swarte, Quelle: Gregorius, V. 3425; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, wo Anpassung 1195 an die nhd. Orthografie vorgenommen wird: „verwalken: verfilzen; swarte: Kopfhaut; verwalkte Schwarte“. Am Ende steht die Integration in den Romantext; Bedeutung: verfilzte (Haare auf der) Kopfhaut. verschließlich, S. 186: Auswahl des veralteten 1196 Nebenform zu nhd. verschließbar auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. verwesen, S. 45: Auswahl des veraltenden 1197 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: verwalten. verzwergt, S. 230: Auswahl des veralteten 1198 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext, Bedeutung: „zwerghaft klein bleiben oder werden, verkümmern“ 1199 . Vestiarius, S. 250: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 535 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; päpstlicher Hofbeamter. Via Lata, S. 197: Auswahl des Namenskomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 15 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/2, -/4, und anschließende Übernahme in den Romantext; historische Straße in Rom. 1192 DWB Bd. 25, Sp. 792: „stark im abnehmen begriffen“ und macht „einen gesucht altertümelnden eindruck“. DWB Bd. 25, Sp. 826: „hauptblütezeit [...] bis in den anfang des 17. jahrh.“. 1194 DWB Bd. 25, Sp. 832. 1195 Schwarte und verwalken sind geläufige nhd. Formen und in allen Wbb. nachweisbar. 1196 DWB Bd. 25, Sp. 1106, mit Verweis auf Stieler. 1197 Gr. Duden Bd. 9, S. 4310. 1198 DWB Bd. 25, Sp. 2709, mit Verweis auf Fontane. 1199 DWB Bd. 25, Sp. 2709. 1193 178 Vice-Äbtissin, S. 259: Auswahl des Bindestrich-Kompositums in orthogr. veralteter 1200 Form auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. Vicedominus, S. 250: Auswahl des vatikan. Titels, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 535 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/10, und anschließende Integration in den Romantext; päpstlicher Hofbeamter. viel hart, S. 156: Auswahl des mhd. Wortkomplexes vil harte, Quelle: Gregorius, V. 358; Anpassung an die nhd. Orthografie (i>ie; Tilg. -e); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: sehr, stark, hart. visitieren, S. 29, 64: Auswahl des frz. Lehnworts 1201 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1202 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: besuchen. Vivat, S. 30: Auswahl des lat. Lehnworts 1203 auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Lebehoch, Hochruf. Volte reiten, S. 91, 111: Auswahl des frz./dt. Lehnwortkomplexes, Quelle: Hertz, S. 550 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „in der reitkunst [...] eine engere oder weitere bewegung um einen mittelpunct“ 1204 . Vgl. VolteReiten, S. 135. Vorsteven, S. 95: Auswahl des Fachausdrucks aus der Seemannsprache auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1205 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Krummholz am Vorderende eines Schiffes. Vortigern, S. 72: Auswahl des Personennamens, Quelle: Baum, S. 19 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, 30/63, und anschließende Integration in den Romantext; „Britenfürst Vortigern“ 1206 . Vriedel traut, S. 39: Auswahl der beiden mhd. Kosenamen vriedel und trût, Quelle: Dieffenbacher, S. 144 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. 2/31, 5/38; Anpassung beider Simplizia vriedel (Gs.) und trût (û>au) an die nhd. Orthografie bei Integration in den Romantext; Bedeutung: „Ehegatten nennen sich, wenn sie voneinander sprechen, trût, vriedel = Liebling“ 1207 . 1200 DWB Bd. 26, Sp. 385: „in zahllosen zusammensetzungen“ ist „ vice [...] in der älteren sprache die herrschende schreibung“. 1201 Kl. Duden, S. 439. 1202 Interferenz: Volksbuch, S. 47; Scheible, S. 975. 1203 Duden, S. 441. 1204 DWB Bd. 26, Sp. 736. 1205 Element ist zwar bei Meyer Bd. 3, Sp. 428 (Stichwort „Schiff“) nachweisbar, ist aber als Quelle unsicher. 1206 Not. DE, Bl. 30/63. 1207 Dieffenbacher, S. 144 (markiert); vgl. Not. DE, Bl. 5/38. 179 vulgus, S. 71: Auswahl des lat. Fremdworts auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Volk, Massen. WWW Wachgesicht, S. 205: Auswahl der beiden nhd. Komposita Wachtraum und Traumgesicht auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung eines Kompostitums durch Kontamination 1208 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Tagtraum, Vision. waffenlich, S. 140: Auswahl des mhd. Adjektivs wâfenlich, Quelle: Dieffenbacher, S. 82 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/15; Neubildung 1209 durch Anpassung an die nhd. Orthografie (Konsonantengem. -f-) und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: gerüstet. Wâge, S. 186: Auswahl des mhd. Nomens wâge, Quelle: Gregorius, V. 934; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Wasser, Flut. Wagesatz, S. 91: Auswahl des veralteten 1210 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: gewagter Satz, Hypothese. wälisch, S. 21, 162, 244: Auswahl des mhd. Adjektivs wälhisch, Quelle: Gregorius, V. 177; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; Anpassung 1211 an die nhd. Orthografie (Tilg. -h-); anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: welsch, französisch, im weitesten Sinne romanisch. wallen, S. 74, 155, 237 u.ö.: Auswahl des mhd. Verbs, Quelle: Gregorius, V. 91; Übernahme in die Notizen, Bl. -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: pilgern, wallfahren. Vgl. hinwallend, S. 236. Wallnister, S. 172: Auswahl des Fachausdrucks aus der Jägersprache, Quelle: Meyer Bd. 3, Sp. 955 (Stichwort „Vögel“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/29, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: Scharrvogelart, die den Großfußhühnern zugerechnet wird. wälsch, S. 39: Auswahl der veralteten 1212 Nebenform zu nhd. welsch auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz. Vgl. wälisch. 1208 Mater, S. 144. DWB Bd. 27, Sp. 310, nennt ausschließlich mhd. Verweise. 1210 DWB Bd. 27, Sp. 498, mit Verweis auf Campe. 1211 DWB Bd. 27, Sp. 1327, als bair. Nebenform zu welsch, wälsch nachweisbar. 1212 DWB Bd. 27, Sp. 1327. 1209 180 Wandlungsglöcklein, S. 9: Auswahl des veralteten 1213 nhd. Nomens (aus dem klerikalen Bereich) auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: „glocke, die bei der wandlung geschlagen wird“ 1214 . Wangengebände, S. 131: Auswahl der beiden Elemente mhd. gebende und nhd. Wange, Quelle: Dieffenbacher, S. 76 (markiert): „Das gebende bestand aus zwei Teilen, der Stirnbinde (wimpel) und der Wangenbinde“, wobei ersteres der nhd. Orthografie (e>ä) angepasst wird; Neubildung eines Kompositums bei Integration in den Romantext; Bedeutung: alter Bestandteil der Frauentracht, Kinn und Haaransatz verdeckend. 1215 Wank, S. 149: Auswahl des veralteten 1216 nhd. Nomens, Quelle: Nibelungen, S. 35; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Nachgiebigkeit, Zweifel. Wappenrock, S. 25, 42, 43 u.ö.: Auswahl des veralteten 1217 nhd. Nomens, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 47, 102 (beide markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/28, 8/41, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „ein langes, ärmelloses Gewand, mit dem Wappen des Ritters“ 1218 . ward, S. 18, 19, 32 u.ö.: Auswahl der veralteten1219 Präteritalform zu nhd. werden, Quellen: Hertz, S. 388 (markiert); Singer/Bauer, S. 27 (markiert) 1220 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. wärmlich, S. 191: Auswahl des veralteten 1221 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: warm. was, S. 74: Auswahl des nd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (er, sie, es) war. Wasser, die, S. 181: Auswahl der veraltenden 1222 Pluralform auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. wat, S. 75, 86: Auswahl des nd. Interrogativpronomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: was. 1213 Der Gr. Duden kennt es nicht mehr. DWB Bd. 27, Sp. 1733. 1215 Wilhelm, S. 21. 1216 DWB Bd. 27, Sp. 1788: „nur wenig eingang in die nhd. schriftsprache gefunden“. 1217 DWB Bd. 27, Sp. 1965, mit Verweis auf Schiller. 1218 Not. DE, Bl. 8/41. 1219 Duden, S. 374, kennt diese Form nicht mehr! 1220 Die Form ward ist im älteren deutschen Schrifttum eine sehr verbreitete und dürfte somit für Thomas Mann keine ungewöhnliche Erscheinung dargestellt haben. Der Dichter hat genannte Form wahrscheinlich nicht gezielt, sondern sozusagen „am Rande“ mitmarkiert. 1221 DWB Bd. 27, Sp. 2074: „schriftsprachlich selten“, mit Verweis auf Campe und Lichtenberg. 1222 Gr. Duden Bd. 10, S. 4435ff.: Nur noch in Redewendungen wie stille Wasser sind tief oder mit allen Wassern gewaschen. 1214 181 Water, S. 75: Auswahl des engl. (oder nnd.) Fremdworts water auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: Wasser. wätlich S. 27, 53, 183: Auswahl des mhd. Adjektivs waetlîch, Quelle: Gregorius, V. 2910; Neubildung 1223 durch Anpassung an die nhd. Orthografie (ae>ä; î>i); Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, -/17, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: körperlich schön. Wätlichkeit S. 27: Auswahl des mhd. Adjektivs waetlîch, Quelle: Gregorius, V. 2910; Neubildung 1224 durch Anpassung an die nhd. Orthografie (ae>ä; î>i); Übernahme in die Notizen, Bl. -/7, -/17; Neubildung eines Nomens durch Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.) und durch Derivation (Suff. -keit) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: Schönheit, Anmut, Eleganz. Wehmutter, S. 55: Auswahl des fnhd. 1225 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Hebamme. Wegetreter, S. 183: Neubildung 1226 des Kompositums auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Wegelagerer. Weibheit, S. 121, 156, 157: Auswahl des mhd. Nomens wîpheit, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 8; Anpassung 1227 an die nhd. Orthografie (Gs., î>i, p>b); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Weiblichkeit, weibliche Wesensart. weihlich, S. 10: Auswahl des veralteten 1228 nhd. Adjektivs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: weihevoll. weiß Krist, S. 63, 89, 104: Auswahl des mhd. Wortkomplexes wizze Krist, Quelle: Gregorius, V. 1348; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17; partielle Anpassung an die nhd. Orthografie (wizze>weiß) bei Integration in den Romantext; Bedeutung: weiß Gott! wenig, S. 28, 77: Auswahl des mhd. Adjektivs, Quelle: Gregorius, V. 961; Übernahme in die Notizen, Bl. -/17: „daz wenige vaz“, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: klein. 1223 DWB Bd. 27, Sp. 2584, nennt ausschließlich mhd. Verweisstellen. DWB Bd. 27, Sp. 2584, nennt ausschließlich mhd. Verweisstellen. 1225 DWB Bd. 28, Sp. 145: „rückgehen auf LUTHER“. Das Wort benutzten „nur ihm nahe stehende protestanten Mitteldeutschlands [...]; der lebendigen sprache bleibt es fern.“ 1226 Laut DWB Bd. 27, Sp. 3143, ist bis ins 16. Jh. eine Knöterichart namens Wegetrete, später Wegetritt, nachweisbar. 1227 DWB Bd. 28, Sp. 420, kennt diese Form. 1228 DWB Bd. 28, Sp. 706: nur bei Wagner „statt weihemäszig, weihevoll, die nicht in den vers paszten“. 1224 182 weren, S. 74: Auswahl des nd. Verbs wesen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (sie) waren. Werimbald, S. 179, 243, 245: Auswahl des Personennamens, Quelle: Dieffenbacher, S. 13 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/15, -/19, -/29, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Werimbald, nicht aber seine historische Identität als Bischof „Werimbald von Cambray“ 1229 , wird von Thomas Mann übernommen und auf die Romanfigur des „entfernten Vetters“ 1230 der Sibylla übertragen. wern, S. 74: Auswahl des nd. Verbs wesen auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: (wir) wären. Wert, S. 200, 210: Auswahl des mhd. Nomens wert, Quelle: Gregorius, V. 3238; Übernahme in die Notizen, Bl. -/2; Anpassung an die nhd. Orthografie (Gs.), keine Neubildung 1231 ; Integration in den Romantext; Bedeutung: Insel. wi, S. 74: Auswahl des nd. Personalpronomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: wir. widerbellen, S. 78: Auswahl des veralteten 1232 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Übernahme in die Notizen, Bl. -/4, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „sich laut widersetzen“ 1233 . Wiglaf, S. 69, 72, 73 u.ö.: Auswahl des „old English name“ 1234 , Quelle: Baum, S. 118 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, 32/65, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Wiglaf, nicht aber seine historische Identität als englischer König 1235 des 9. Jahrhunderts von Britannien, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Romanfigur eines Fischers übertragen. Wiligis, S. 20, 21, 23 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Brief Singers vom 19.03.1948 1236 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/36 (allerdings mit Doppel-l), wo Thomas Mann einen kleinen Pool von Alternativformen („Willigis[,] Williram oder Willo“) angelegt hat; Obgleich die Unterstreichung Gegenteiliges suggeriert, werden letztlich nur die Formen Wiligis (wie im Brief Singers mit einem -l-) und die Form Willo (als Spitz- und Kosename) auf die Figur des Vater des Gregorius übertragen. Willo, S. 20, 21, 25 u.ö.: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 89 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, -/36, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Willo, nicht aber seine historische Identität als komponierender Bamberger 1229 Dieffenbacher, S. 13 (markiert); vgl. Not. DE, Bl. -/19. DE, S. 179. 1231 DWB Bd. 29, Sp. 470. 1232 DWB Bd. 29, Sp. 916. 1233 Not. DE, Bl. -/4. 1234 Weigand, S. 15. 1235 Vgl. Not. DE, Bl. 32/65: „König Wiglaf“. 1236 Zit. nach Wysling 1967, S. 262; vgl. weiter Kap. 4.2: Korrespondenz Mann – Singer/Bauer. 1230 183 Priester des 11. Jahrhunderts, werden von Thomas Mann übernommen und auf die Figur des Vater des Gregorius übertragen. Willo wird so zum Spitznamen Wiligis’. Windblattern, S. 21: Auswahl des veralteten 1237 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1238 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Windpocken. wisse!, S. 204, 211, 212: Auswahl des nhd. Modalverbs wissen in „allgemein unüblicher“ 1239 Imperativform. Wittich, S. 38, 179: Auswahl des Personennamens, Quelle: Scherer, S. 26 (markiert); Übernahme in die Notizen, Bl. -/19, und anschließende Integration in den Romantext; Nur der Name Wittich, nicht aber seine literarische Identität als Sagengestalt des 5. Jahrhunderts, wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur des Ritters „mit der schiefen Schulter“ 1240 , Ohm der Sibylla, übertragen. Wittumsgut, S. 179, 243: Auswahl des fnhd. 1241 Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1242 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Mitgift, die in der mittelalterlichen Ehe als Witwenvorsorge diente. wohlwill, S. 37: Auswahl des veralteten 1243 nhd. Verbs auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: jdm. wohlgesonnen sein, mit Wohlwollen begegnen. wolle!/wollt!, S. 140, 211, 213 u.ö.: Auswahl des nhd. Modalverbs wollen in „allgemein unüblicher“ 1244 Imperativform. wonniglich, S. 53: Auswahl des veralteten 1245 Adjektivs, Quelle: Pannier Bd. 1, S. 148 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: wonnig. Wutwitz, S. 104: Neubildung in Analogie zu nhd. Wahnwitz auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: steht Wahnwitz auch sematisch sehr nahe. Vgl. Wut- und Wahnwitz, S. 104. XYZ Ypern, S. 19, 29, 32 u.ö.: Auswahl des Örtlichkeitsnamens, Quelle: Meyer Bd. 1, Sp. 818 (Stichwort „Flandern“), Bd. 2, Sp. 959/960 (Stichwort „Niederlande”: Karte der Niederlande); 1237 DWB Bd. 30, Sp. 271, mit Verweis auf Goethe. Impuls gab gewiss die Form Blattern, Quelle: Heil, S. 113 (markiert). 1239 Duden Bd. 4: Die Grammatik, S. 169. 1240 DE, S. 38. 1241 DWB Bd. 30, Sp. 837, mit Verweis auf das Schrifttum des 15. Jahrhunderts. 1242 Impuls gab gewiss die Form Wittum, Quelle: Dieffenbacher, S. 105. 1243 DWB Bd. 30, Sp. 1201. 1244 Duden Bd. 4: Die Grammatik, S. 169. 1245 Duden, S. 459. 1238 184 Übernahme in die Notizen, Bl. 21/54, und anschließende Integration in den Romantext; Stadt im historischen Lotharingen, heute Belgien. Zagnis, S. 73: Auswahl des veralteten 1246 nhd. Nomens auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: das Verzagtsein. Zänkischkeit, S. 81: Auswahl des nhd. Adjektivs zänkisch auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; Neubildung 1247 eines Nomens durch Großschreibung und Derivation (Suff. -keit); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Streitsucht. Zeitung, S. 160: Auswahl des nhd. Nomens in veralteter 1248 Bedeutung auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz 1249 ; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: mündliche Kunde, Botschaft. zetas estivalis, S. 204: Auswahl des lat. Fremdwortkomplexes, Quelle: Gregorovius Bd. 1, S. 859 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Übersetzung: „one of the twelve divisions of a typical South Italian palace in the later Middle Ages“ 1250 . Zeter [und] Mordio, S. 44: Auswahl der veralteten 1251 nhd. Redewendung auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Ruf um Hilfe, Wehgeschrei. Zinkenbläser, S. 160: Auswahl des veralteten 1252 nhd. Nomens, Quelle: Heil, S. 155 (markiert); unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: Musikant, der den Zinken, sprich das Horn bläst. Zönakel, S. 69, 80: Auswahl des lat. Lehnworts 1253 , Quelle: Meyer Bd. 2, Sp. 440 (Stichwort „Kloster“); Übernahme in die Notizen, Bl. -/27, und anschließende Integration in den Romantext; Bedeutung: „Refektorium (Zönakel, Speisesaal)“ 1254 . zween, S. 15: Auswahl der veralteten 1255 Nebenform zum nhd. Zahlwort zwei auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext. zuckrasch, S. 99: Neubildung eines Kompositums auf Grundlage der eigenen Sprachkompetenz; unter Umgehung der Notizen Integration in den Romantext; Bedeutung: urplötzlich, blitzschnell. 1246 DWB Bd. 31, Sp. 32, mit Verweis auf Heine. Die Form Zänkischkeit ist in keinem der herangezogenen Wbb. nachweisbar! 1248 DWB Bd. 31, Sp. 592. 1249 Interferenz: DrF, S. 186, 613. 1250 Weigand, S. 15. 1251 Duden, S. 464. 1252 DWB Bd. 32, Sp. 1420. 1253 Gr. Duden Bd. 10, S. 4647. 1254 Not. DE, Bl. -/27. 1255 DWB Bd. 32, Sp. 972: „im 19. jh. wird zween bewuszt verwandt, um der sprache altertümlichen klang zu geben“. 1247 185 6. Kapitel: Auswertung: Was ist das sprachliche Mittelalter Thomas Manns? 6.1 Sprach(stufen)zugehörigkeit Thomas Manns sprachliches Mittelalter muss vor dem Hintergrund der Dichotomien ‚alt – neu’ und ‚fremd – deutsch’ gesehen werden, die in Kombination vier Teilbereiche markieren: 1. alt/fremd, 2. neu/fremd 3. alt/deutsch, 4. neu/deutsch. Integraler Bestandteil der sprachlichen Mediävisierung sind die Eigennamen, die aufgrund ihrer Sonderstellung keinem der vier Bereiche eindeutig zugeordnet werden können: 1. Das ältere fremdsprachliche Element verteilt sich im Wesentlichen aufs Lateinische und Altfranzösische. Im Gegensatz zu diesen Idiomen sind vereinzelt auftauchende griechische Lehnwörter (Presbyter) gewiss nicht gezielt aufgrund ihrer alten, fremden Sprachzugehörigkeit gewählt worden, sondern müssen als Teil der römisch-lateinischen Kirchensphäre verstanden werden, die auch realiter griechische Wurzeln besitzt. 2. Das neuere fremdsprachliche Element verweist vor allem auf den neusprachlich orientierten Schulkanon Englisch und Französisch – beides Sprachen, die Thomas Mann im Zuge längerer Auslandsaufenthalte sprechen und so weiter perfektionieren konnte. Die italienische Sprache, die, erlernt während seines Italienaufenthalts von 1896 bis 1898, immer wieder im Werk Thomas Manns anklingt („Zauberberg“, „Faustus“, „Krull“), ist – und hier 186 muss Erwin Koppen 1256 widersprochen werden – in Ansätzen auch im „Erwählten“ vorhanden. So können Neubildungen wie Skaramutzien, Cappern- oder Falda nur auf die italienischen Elemente scaramuccia, cappero und falda zurückgeführt werden. Das Element capitale und auch die zu Eigennamen gehörigen Attribute (Santa, Maggiore) verweisen eindeutig aufs Italienische. 3. Abgesehen von einem einmalig auftauchenden altsächsischen thiudisc, verteilt sich das ältere Deutsch auf die Sprachstufen Mittelhochdeutsch, Frühneuhochdeutsch, veraltetes und veraltendes Deutsch. Entgegen der Mann’schen Versicherung, das mittelhochdeutsche Element stamme „natürlich von Hartman direkt“ 1257 , ergibt der Abgleich mit voranstehendem Stellenkommentar ein anderes Ergebnis: Nur knapp die Hälfte der etwa neunzig Einträge stammt aus dem mittelhochdeutschen „Gregorius“-Text, die übrigen verteilen sich auf andere Quellen 1258 Thomas Manns. Im Wiederaufgreifen der anderen drei Termini spiegelt sich ansatzweise das, was Weiss (bei aller Ertragfähigkeit des linguistischen Ansatzes) als „Tendenz zur statischen Geschlossenheit“ 1259 kritisiert, was im konkreten Fall bedeutet, dass man nur das findet, was man zuvor definitorisch festgelegt hat. Dennoch war dies die einzige Möglichkeit, das allumfassende „Altdeutsche“ 1260 Thomas Manns, das übrigens nicht selten auffällige Interferenzen zu den Vorarbeiten („Faustus“) aufweist, differenzierter betrachten zu können. Und dennoch gab es deutsche Wörter, die zwar im Duden verzeichnet sind, aber dann mit dem vorab definierten Instrumentarium nicht weiter zu beschreiben waren (was wiederum gegen eine „Tendenz zur statischen Geschlossenheit“ spricht). Es handelt sich hierbei um Elemente wie Gallustinte oder Verbringung, die zwar außerhalb des als gebräuchlich anzusehenden Wortschatzes stehen, aber weder einer älteren Stufe des Deutschen noch einer Fachsprache zugeordnet werden konnten. Es sind zwar (im sprachgeschichtlichen Sinn) neuere, aber gänzlich ‚ungebräuchliche’ Wörter. 4. Das neuere deutsche Element speist sich vornehmlich aus Dialektalem wie Fachsprachlichem. In den drei nachweisbaren Dialekten Niederdeutsch (dat, keen), Bairisch (Haber) und Alemannisch/Schweizerdeutsch (Löli) finden sich die drei deutschen Dialektgebiete vertreten, in denen Thomas Mann Abschnitte seines Lebens verbracht hat (Lübeck, München, Zürich), wobei im Romantext das Niederdeutsche in Quantität und Virtuosität – siehe das „englische Plattdeutsch der Fischer“ 1261 – dominiert. Das Fachsprachliche verweist auf die Lebensbereiche Seefahrt (Vorsteven), Fischerei (Hamen) und Jagd (Sprenkelholz). Diese gehörten allesamt nicht zum Erfahrungsschatz des Dichters, sondern mussten mit „Meyers Kleinem Lexikon“ systematisch erarbeitet werden. Vornehmlich auf Grundlage des Neuhochdeutschen hat Thomas Mann eine Vielzahl von Neubildungen (fein-fein, Ursassen, Notgespinst) vorgenommen, die im nächsten Abschnitt näher behandelt werden sollen. 1256 Koppen, S. 205, spricht vom „Erwählten [...], in dem übrigens das Italienische nicht verwendet wird“. DüD III, S. 403. 1258 Siehe weiter Kap. 4.2: Waag, Thomas, Singer/Bauer, Pannier, Hertz, Dieffenbacher. 1259 Weiss 1977, S. 496. 1260 AN, S. 690. 1261 DüD III, S. 403. 1257 187 6.2 Grundprinzipien der Wort(neu)bildung Das Repertoire der formalen Wortbildung Thomas Manns umfasst auf erster Ebene (nach Duden) alle gängigen Wortbildungsprinzipien: Quantitativ kommen auf zweiter Ebene vornehmlich die Wortbildungsprinzipien Komposition und Derivation zum Tragen, wobei (auf dritter Ebene) die Reduplikation und die Kontamination als qualitative Besonderheiten hervorstechen (siehe Schaubild). 188 1. Das Neuhochdeutsche bildet die häufigste Grundlage für Wortum- und Neubildungen Thomas Manns, wenngleich auch alle anderen in Kapitel 6.1 genannten Sprach(stuf)en herangezogen wurden, wobei der quantitative Schwerpunkt eindeutig auf den Spielarten der Addition (Komposition, Derivation) liegt. Generell ist festzustellen, dass längst nicht jede vorgenommene Wortbildung als sprachliche Archaisierung/Verfremdung gewertet werden muss, sondern ebenso gut als Teil des dichtereigenen Stils gesehen werden kann, so z.B.: - Redupliktion: Substitution: Kontamination: fein-fein, ränkereich Æ ränkevoll Notlüge + Hirngespinst = Notgespinst. 2. Neben der Wortbildung im herkömmlichen Sinn (Derivation, Komposition etc.) experimentiert Thomas Mann im Bereich des Mittelhochdeutschen mit Zeichen- und Lautverschiebungen, die beinahe ausschließlich im Rahmen der realen sprachhistorischen Entwicklung vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen liegen: Großschreibung: unrede Æ Unrede Monophtongierung mhd. Diphtongs: miselsuocht Æ Miselsucht Diphthongierung mhd. Monophtons: strîtlich Æ streitlich Vokalschreibung: gebende Æ Gebände Konsonantenentwicklung: swarte Æ Schwarte Dies hat zur Folge, dass längst nicht immer von einer Neubildung gesprochen werden kann, da Thomas Mann (vermutlich unbewusst) aus mittelhochdeutschen frühneuhochdeutsche bzw. veraltete deutsche Wörter (strîtlich Æ streitlich; vâr Æ Fahr) bildete. Dies erklärt auch, warum das Frühneuhochdeutsche unter den archaisierenden Elementen quantitativ (noch vor dem Mittelhochdeutschen und dem Lateinischen) an erster Stelle steht. 3. Auch im Bereich der Fremdwörter wird wortbildnerisch eine sprachhistorische Entwicklung nachvollzogen, die in den Dimensionen Lautung und Orthografie erfasst werden kann und die den Prozess der Einbürgerung des Fremdworts in die deutsche Sprache nachzuzeichnen scheint: 1262 Großschreibung: quarrel Æ Quarrel aussprachegemäße Schreibung 1262 : poor people Æ puhr Pipel Substitution fremdspr. Suffixe: sanct-itas Æ Sanct-ität Derivation fremdspr. Wörter: Suck-ling Komposition fremdspr. Wörter: Gentle-volk Dies meint die Wiedergabe durch das deutsche Laut-Zeichen-System. 189 4. Die Großschreibung der Substantive ist nach Auswertung der Wortanalyse (Kap. 6) quantitativ die dominierende wortbildnerische Maßnahme Thomas Manns, wenngleich hier mit Blick auf das zugrunde gelegte Wortbildungssystem der Duden-Grammatik kaum von einer Wortneubildung im eigentlichen Sinne gesprochen werden kann. Zwar ist die Großschreibung der Substative eine typisch deutsche Konvention, die seit der Berliner orthografischen Konferenz 1263 des Jahres 1901 als festgeschriebene Norm gelten muss, sodass durch poetisch motivierte Großschreibung von Fremdwörtern zuweilen orthografisch neuartige Wörter entstehen mussten. Jedoch liegt die Großschreibung per definitionem außerhalb einschlägiger Wortbildungssysteme, deren Grundprinzipien (Addition, Substitution, Konversion etc.) sich auf Wortbausteine 1264 wie Simplizia und Affixe beziehen. Dennoch bleibt zu konstatieren, dass mit der Großschreibung beispielsweise des englischen Quarrel ein Wort entstanden ist, das in dieser Form in keinem Wörterbuch der Welt nachweisbar ist. Stellenweise jedoch hat Thomas Mann durch die Großschreibung von Fremdwörtern (sparring) im deutschen Sprachschatz schon vorhandene Lehnwörter (Sparring) gebildet, die somit nicht als Fremdwörter, geschweige denn als Neubildungen, gekennzeichnet werden konnten. 5. Die ‚Auswahl eines Prototypen’ stellt im Rückblick eine Art Sonderfall dar, in dem sich die ausschließliche Zweckorientierung des Dichters beim sprachlichen Archaisieren1265 manifestiert. Sprachliches Archaisieren definiert Eberhard Knobloch als Verwendung von Spachformen, „die zum Zeitpunkt der Entstehung des Werkes im allgemeinen Sprachgebrauch zumeist nicht mehr üblich sind und [...] als altertümlich empfunden werden. Da sie also nicht mehr dem gegenwärtigen Sprachgebrauch angehören, muß der Dichter derartige Formen aus ihm vorliegenden Quellen entnehmen, bzw. selbst auf Grund seines Sprachempfindens nachahmen.“ 1266 Genau so verfährt auch Thomas Mann, nur dass es sich bei den Quellen, die er heranzieht, nicht ausschließlich um „echt“ alte Quellen, sondern teilweise um ebenfalls sprachlich archaisierende Autoren/Übersetzer wie Hertz, Pannier oder Simrock handelt, deren neuhochdeutsche Versübertragungen selbst zu einer „archaisierenden, historischen Prototypik“ 1267 neigen. Beispielsweise hat Pannier das Wort pfellel seiner mittelhochdeutschen „Parzival“-Vorlage nicht etwa mit Seide übersetzt, sondern in Verknüpfung mit der neuhochdeutschen Entsprechung das Kompositum Pfellelseide neugebildet, das sich für den Leser gewissermaßen aus sich selbst erklärt. Diese Prototypik erstreckt sich weiter auf die semantische Dimension: Die bei Pannier zu findende Mange ist laut Grimm durchaus noch in jüngerer Vergangenheit (17./18. Jh.) gängig gewesen, allerdings nur in der Bedeutung „grosze Glättemaschine“ für Kleidung. Erst Pannier 1263 Vgl. weiter Veith, Heinrich Werner: Bestrebungen der Orthografiereform im 18., 19. und 20. Jahrhundert, in: Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung, hrsg. von Werner Besch (u.a.), Bd. 2 (=Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Bd. 2.2). Berlin, New York 2000, S. 1787. 1264 Polenz, S. 145, spricht von Pleremen. 1265 Die Frage, inwiefern es sich beim „Erwählten“ um einen archaisierenden Roman handelt, wird in Kap. 6.4 abschließend behandelt. 1266 Knobloch, Eberhard: Die Wortwahl in der archaisierenden chronikalischen Erzählung: Meinhold, Raabe, Storm, Wille Kolbenheyer (=Göppinger Arbeiten zur Germanistik, Bd. 45). Göppingen 1971 S. 13. 1267 Leitner, Ingrid: Sprachliche Archaisierung. Historisch-typologische Untersuchung zur deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts (=Europäische Hochschulschriften Reihe 1, Bd. 246). Frankfurt a.M. (u.a.) 1978, S. 8, 133f. 190 gab diesem ursprünglich mittelhochdeutschen Wort seine ursprünglich mittelalterliche Bedeutung „grosze schleudermaschine“ zurück. 1268 Während in diesen konkreten Fällen von lexikalisch exzeptionellen Ergebnissen gesprochen werden kann, gibt es in vorliegenden literarischen Gebrauchszusammenhängen offenbar auch höher frequentierte Elemente. So spricht Grimm im Falle der Gewaffen von einem „neueren lehnwort aus dem mittelalterlichen deutschen sprachschatze“, das „erst den mittelalterlichen neigungen der neueren literatur [...] sein wiederaufleben“ 1269 verdankt. Die Halsberge, ursprünglich mittelhochdeutsch, sei erst „seit dem 18. jahrh.“ wieder in Gebrauch, „wohl zuerst durch ritterromane erneuert“ 1270 , die Nusche sei ein mittelhochdeutsches, erst „in culturgeschichtlichen werken wieder gebrauchtes wort“ 1271 . Aufgrund des fehlenden Singulär-Charakters kann in diesen Fällen nicht von einer Neubildung, sondern muss von (überaus seltenen) veralteten Wörtern gesprochen werden. 6.3 Eigennamen Das wohl auffälligste Ergebnis der Namensanalyse ist, dass Thomas Mann im „Erwählten“ von seiner im Rahmen anderer Erzählungen gewohnten Praxis der fiktiven Namensbildung (Sesemi Weichbrodt) deutlich abweicht. Selbst Namen wie Kurzibold oder Ipotente sind nicht „hausgemacht“, sondern von außerhalb genommen und neu fiktionalisiert. Die poetische Leistung liegt also zumeist nicht in der Neubildung, sondern in der Auswahl. ‚Von außerhalb’ – das heißt im konkreten Fall aus den schriftlichen Quellen, denen mehr als neunzig Prozent der Eigennamen entstammen. Hinzu kommen die biblischen Namen, die Thomas Mann durch seine langjährigen „Joseph“-Arbeiten verinnerlicht hatte und sozusagen in seine Sprachkompetenz übergegangen waren. Der kritische Notiz- und Quellenabgleich weist lediglich die Namen Penkhart, Stultitia oder Miserabilis als neu gebildet (im Sinne eines Wortartwechsels) aus. Hinzu treten vereinzelt Kompositionen (Klamidê + fils du comte + Ulterlec) und orthografische Veränderungen (Seraphîn Æ Seraphin). Dass Thomas Mann vornehmlich bereits bestehende Namen fiktionalisierte, anstatt neue zu bilden, ist dadurch zu erklären, dass er generell im Umgang mit älterem Sprachmaterial nicht sonderlich sicher war, wie aus der Korrespondenz mit Samuel Singer deutlich hervorgeht. Und im Gegensatz zu einem Richard Wagner verfügte er über kein „frühdeutsches Bauprinzip“ 1272 , was ihm ermöglicht hätte, Namen wie Wog-linde, Well-gunde oder Floß-hilde eigenständig zu kreieren. Die Fiktionalisierung bereits bestehender Namen bringt es naturgemäß mit sich, dass diese häufig von ihren alten Identitäten gelöst und in Orientierung an den poetischen Zweckmäßigkeiten des Romans „mit neuen charakteristisch-eigenwilligen Inhalten gefüllt“ 1273 werden, wie an einer Notiz zum Namen Gregorius deutlich wird: „Mit welchem Papst hat man die Sage in Verbindung zu bringen, mit Gregor dem Großen (6. bis 7 Jahrhundert) Bekehrer der Angelsachsen, oder mit Gregor VII. (1073-1085)? Oder ist der Name (im Parzival «Grigorß») allgemein [...] als großer Papstname eingesetzt“? 1274 1268 DWB Bd. 12, Sp. 1540. DWB Bd. 6, Sp. 4745. 1270 DWB Bd. 9, Sp. 258. 1271 DWB Bd. 13, Sp. 1009. 1272 Debus, S. 17. 1273 Ebd., S. 15. 1274 Not. DE, Bl. 2/34; Wysling 1967, S. 260. 1269 191 Hierin ist der Kern der Mann’schen Namensarbeit begründet, eine Art semantisches Bildungsprinzip also, das die Bedeutsamkeit der Namenlandschaft des „Erwählten“ konstituiert. Die romanhaften Eigennamen lassen sich den drei Kategorien ‚Gestalten’, ‚Orte’ und ‚Sonstiges’ zuordnen. Die Anlage einer Kategorie namens ‚Sonstiges’ lässt sich generell nur mit der Heterogenität der übrigen Eigennamen begründen. Im Falle des Mann’schen Mittelalterromans wird dieser Begriff von Völkernamen, Buchtiteln, veralteten Geldwährungen etc. gefüllt. Mit Blick auf die Mann’sche Fiktionalisierung der zumeist aus Quellen entnommenen Eigennamen können die drei genannten Kategorien auf zweiter Ebene durch die Unterkategorien ‚realhistorisch’, ‚biblisch-sagenhaft’ und ‚literarisch-fiktiv’ weiter ausdifferenziert werden. Die Hälfte der realhistorischen Gestalten kann bei Integration in den Romantext ihre Identität erhalten. Sie werden zu Randfiguren des „Erwählten“, oder besser: zu einmalig genannten Statisten. Die andere Hälfte wird, zumeist unter Verlust ihrer ursprünglichen Identität, zu handelnden Figuren des Romans. Im Einzelfall treten auch Zwischenformen auf, die als literarische Identitätserweiterungen gewertet werden können: Nie haben die beiden frühmittelalterlichen Patrizier Liberius und Sextus Anicius Probus in ihrem außerliterarischen Leben im Norden des Frankenreiches nach potentiellen Päpsten auf einsamen Steinen gesucht, und auch der mittelalterliche Schriftsteller Galfried von Monmouth führte kein Doppelleben in einem Kloster Agonia Dei auf einer bretonischen Insel Sankt Dunstan. Während sich bei den realhistorischen Personen Identitätsübernahme und Identitätsverschiebung die Waage halten, kommt es bei den literarischen Figuren fast immer zu einem kompletten Identitätsaustausch (Mahaute, Obilot, St. Dunstan). Die biblischen Gestalten (Cherubin) können hingegen – mit Ausnahme Peter-und-Pauls – bei Integration in den Romantext durchweg ihre Identität erhalten, was daran liegen mag, dass auch von ihnen keine in den Status einer handelnden Romanfigur versetzt wird. Auch sie dienen als Statisten. Zuletzt sei noch eine Sondergruppe von Gestaltennamen fokussiert, die sich dadurch auszeichnen, dass sie vor ihrer Fiktionalisierung durch Thomas Mann gar keine spezifische Identität – weder eine realhistorische noch eine literarische oder biblische besaßen. Samuel Singer hatte Thomas Mann eine kleine Auswahl mittelalterlicher Personennamen zusammengestellt und brieflich 1275 zukommen lassen. Und im Anhang des zweiten Bandes der „Gesta Romanorum“ traf Thomas Mann auf eine Liste altdeutscher Hundenamen, aus der er den Namen Hanegiff übernahm. Die realhistorischen Örtlichkeiten verlangen zunächst nach einer weiteren Binnendifferenzierung: An erster Stelle stehen heute noch existente Örtlichkeiten, Länder, Städte und Flüsse, deren Namen beinahe jedermann kennt, und bei denen es Thomas Mann offenbar darum ging, eine archaisch-befremdende Alternative zu finden. So wurde aus Britannien das „vermittelhochdeutschte“ Britanje, aus Marseille das lateinische Massilia und aus dem Rhein der ebenfalls lateinische Rhenus, wobei eine Tendenz zur Relatinisierung der Elemente festzustellen ist. An zweiter Stelle stehen die orthografisch gewöhnlichen, zumindest dem Historiker wohlbekannten Klosternamen wie Corvey, Lorsch oder Sankt Gallen, die „bekanntesten Kulturstätten des Mittelalters“ 1276 , wie Thomas Mann in seinen Notizen bemerkt. An dritter Stelle stehen die realen römischen Details (Sancta Anastasia sub Palatio). Für den im 29. Kapitel zelebrierten Einzug des „sehr großen Papstes“ in Rom brauchte 1275 Mat. 7,3: Brief Samuel Singers an Thomas Mann vom 19.03.1948: „Auch passen mir die Namen nicht recht. Ich schlage Ihnen folgende Namen vor [...]: Wiligis, Patafrid, Romuald, ...“. 1276 Not. DE, Bl. 5/38. 192 Thomas Mann eine Vielzahl von römischen Details – Vororte, Straßen, Gebäude der Stadt Rom, um für den Leser die größtmögliche, wenngleich fiktionalisierte, Unmittelbarkeit des Roman-Geschehens herzustellen. Bei der vierten und letzten Gruppe realhistorischer Örtlichkeiten handelt es sich um die Namen mehr oder minder bekannte Städte (Rousselaere, Thorhout) im früheren Lotharingen – „diese europäische Ecke, wo das Flämische ins Französische übergeht“ und die wohl aus diesem Grund „viel Anziehendes“ 1277 für Thomas Mann hatte. Er „imaginiere ein Herzogtum von Flandern-Artois“ – ein „sehr unhistorisches“ 1278 , wie er an anderer Stelle bemerkt – das er ausschließlich mit realhistorischen Bausteinen erschafft und ausstaffiert. Die Kategorie ‚literarisch-fiktive Örtlichkeiten’ verweist zunächst auf die literarischen Quellen Thomas Manns. Hier dominiert, wie an so vielen anderen Stellen auch, Panniers „Parzival“-Übertragung. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Magnetberg, der zusammen mit Thule aus Scherers Literaturgeschichte stammt. Der Klostername Agonia Dei ist als einziges Element dem Aufsatz Philippsons, die Elemente Parmenien und Poitou dem Hertz’schen „Tristan“ entnommen. Größtenteils handelt es sich bei diesen der Literatur entnommenen Elementen um Namen gänzlich ohne realhistorischen Hintergrund (Ethnise, „ein Land im fernen Osten“ 1279 ). Den Gegenpol bilden die Namen real existenter Örtlichkeiten wie Poitou, die interessanterweise aber nicht mit ihrer vollen Identität in den Romantext eingehen, sondern häufig kombiniert werden mit einem Figurennamen, sodass sie als bloße Herkunftsbezeichnung dienen (Alisse von Poitou). Im Mittelfeld zwischen den beiden Polen ‚real’ und ‚literarisch-fiktiv’ bewegen sich Örtlichkeiten, deren Hintergrund entweder sehr vage (Parmenien) oder über die Jahrhunderte verschüttet (Halap, Askalon) ist, sodass ihre vornehmliche Identität die fiktive (geworden) ist. Hier reihen sich auch die wenigen biblischen Örtlichkeiten (Ninive) ein, die auf heutigen Landkarten in aller Regel nicht mehr zu finden und deren ursprünglich realhistorische Identität zudem häufig literarisch verklärt worden ist. Der größte Anteil sonstiger Namen entfällt auf die Völkernamen, bei denen grob zwischen literarisch-sagenhaften (Kranichköpfe) und realhistorischen (Skythen) Völkern unterschieden werden kann. Bei letzteren ist abermals das Bemühen Thomas Manns, in der äußeren Form eine archaisch-befremdende Alternative zu finden, zu beobachten: Aus Angeln werden Angelländer, aus Briten werden Britanneisen und aus Alemannen werden Alamannen. Des Weiteren finden sich zwei Titel bekannter mittelalterlicher Werke, die Summa Astesana vom Franziskaner Astesanus und De laudibus sanctae crucis des Fuldaer Abtes Hrabanus Maurus. Auch die Namen veralteter, nicht mehr zahlungskräftiger Währungseinheiten (Heller, Goldmark) sind vereinzelt zu verzeichnen. Die realhistorischen und biblischen Bausteine blieben nach Integration in den Romantext in ihrer Identität meist unangetastet. Hier ging es dem Dichter offenbar nicht um die Exzeptionalität des Namens an sich, sondern um den mittelalterlichen Nimbus der dahinter stehenden Identität, der der Romanfiktion einen realhistorischen Deckmantel umlegt und sie zumindest punktuell als „echt“ ausweist. Namen literarisch-fiktiven Ursprungs konnten ihre Identität meist nicht bewahren, da sie zu handelnden Figuren des Romans gemacht werden. Die generelle Bevorzugung literarischer Namen lässt sich dadurch erklären, dass diese im Auge des Durchschnittslesers weit weniger identifikatorisch vorgeprägt sind als biblische 1277 DüD III, S. 348. DüD III, S. 357. 1279 Pannier Bd. 2, S. 81, Anm. 1; Not. DE, Bl. 17/50: „Land Ethnîse, im fernen Osten“. 1278 193 (Abraham) oder realhistorische (Origines). Thomas Mann brauchte lediglich „recht dekorative“ 1280 Hüllen mit kleinem, leicht entfern- oder veränderbarem Inhalt. Zudem handelt es sich bei den aus der Literatur übernommenen Namen häufig um sprechende Namen, die mit Blick auf die entstehende Fiktion von besonderem Wert sein mussten. Eigennamen, so Debus, sprechen fast immer, nur ist ihr semantischer Ursprung häufig verschüttet durch die Zeit. 1281 Die Entlehnungen aus Panniers „Parzival“ zeigen deutlich eine Mann’sche Präferenz für diejenigen Namen, deren Semantik im Fußnotenapparat detailliert hergeleitet wird. 1282 Nach akribischer Übernahme in die Notizen und den anschließenden „Namensbestimmungen und dergl.“ 1283 findet sich im Roman ein zu klein geratener Ritter namens Kurzibold, der nicht aus Ober-, sondern zu allem Überfluss aus Niederlahngau stammt, ein alter Degen namens Eisengrein, der eisern bleibt, obwohl die Herzogin greint, und ein Junge namens Flann, der flennt, weil ihm das Nasenbein gebrochen wurde. 1284 Rümmele sieht im Namen nicht nur die einzelne Figur, sondern auch größere Sinnzusammenhänge charakterisiert, wenn sie sagt: „Es fällt auf, daß die Bewerber um Sibylla in ihren Namen schon mit Defekten behaftet oder anderswie lächerlich gemacht sind“. 1285 Zudem treten vereinzelt auch rhythmische und lautliche Assoziationen (Mahaute – shout – laut) auf, die allerdings aufgrund der mangelnden Objektivierbarkeit nicht weiter vertieft worden sind. 6.4 Sprachliches Mittelalter? – Ein Definitionsversuch Das sprachhistorische Prädikat „echt Mittelalter“ kann ausschließlich an das altsächsische thiudisc und generell an das Altfranzösische, das Lateinische und an das Mittelhochdeutsche vergeben werden. Nachdem eingangs eine gesamtsprachliche Authentizität ausgeschlossen werden konnte, da offensichtlich keine „geschlossene historische Sprachdecke“ 1286 vorliegt, wird nach weiterer Analyse der fremden Einsprengsel deutlich, dass auch diese in ihrer Gesamtheit alles andere als authentisch ‚mittelalterlich’ sind. Um eine schrittweise definitorische Annäherung an die Beschaffenheit des sprachlichen Mittelalters Thomas Manns gewährleisten zu können, sei das Blickfeld an dieser Stelle um den Terminus des ‚Archaismus’ erweitert. Knobloch, der am Beispiel von fünf chronikalischen Erzählungen – eine Gattung, der auch „Der Erwählte“ zugeordnet werden kann 1287 – die zentralen Gestaltungsprinzipien der sprachlichen Archaisierung herausgearbeitet hat, definiert ‚sprachliche Archaisierung’ als 1280 DüD III, S. 405: Hier ist die Rede von „recht dekorativen“ Hundenamen, aus denen sich Thomas Mann Hanegiff auswählte. 1281 Debus, S. 12. 1282 Vgl. Stellenkommentar: Feirefitz, Ulterlec, Ukerland, Ukersee, Klamidê, Clamadex, Belrapeire, Bealzenan, Beafontane, Schoydelakurt etc. 1283 TB vom 18.01.1948. 1284 Vgl. Stellenkommentar: Eckesachs, Hengist, Humilitas, Miserabilis, Ipotente, Wiligis, Hugebold, Guverjorß, Hanegiff, Baduhenna, Stultitia, Penkhart, Michel, Agonia Dei, Faltonia etc. 1285 Rümmele, S. 208. 1286 Leitner, S. 15. 1287 Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1989, S. 151: Bei einer chronikalischen Erzählung handelt es sich nach Wilpert um einen Roman oder eine Novelle, worin ein fingierter Chronist (Clemens) auf Grundlage einer mündlichen oder schriftlichen Überlieferung (DE, S. 191: „ich habe die Alten gelesen; S. 198: „das mir Überlieferte“; S. 196: „wie ich las“) über vergangene Geschehnisse berichtet. „Die Illusion wird häufig durch Archaismen in Stil und Sprache erhöht.“; Sowohl Knobloch, S. 207ff., als auch Leitner, S. 231, verweisen in ihren Schlussworten auf Thomas Mann. 194 Verwendung von Sprachformen, „die zum Zeitpunkt der Entstehung des Werkes im allgemeinen Sprachgebrauch zumeist nicht mehr üblich“ 1288 sind. Leitner ergänzt, dass sprachliche „Archaisierung also ein Fiktionsproblem“ sei, sodass „meist von Dichtersprache die Rede sein“ müsse. 1289 Das impliziert, „daß [...] die philologisch-historische Korrektheit nicht als absolute Forderung verstanden werden kann“ 1290 . Nach dieser Definition kann Thomas Manns „Jahrhundert-Durcheinander“ 1291 , angefangen beim authentisch Mittelalterlichen über die Vielzahl sprachhistorisch jüngerer deutscher Wörter (fnhd., veraltet, veraltend, ungebräuchlich), soweit unter dem Begriff der sprachlichen Archaisierung gefasst werden. Auch der überwiegende Teil der Eigennamen, die auf Grundlage mittelalterlicher Literatur oder historischer Abhandlungen ausgewählt worden sind, können hier mit eingereiht werden. Knobloch und Leitner gehen soweit, dass sie selbst Mundartwörtern 1292 und Diminutiva 1293 eine archaisierende Wirkung zuschreiben. Knobloch nimmt auch die „bewußte Nachahmung altertümlichen Sprachguts“ in seine Definition mit hinein. Konkret unterscheidet er „zwischen archaistischen und archaischen Formen. Als archaistisch können Formen bezeichnet werden, die der Dichter auf Grund seiner Kenntnis älteren Sprachgutes künstlich nachahmt, archaisch dagegen sind die Wörter, die tatsächlich untergegangen sind“. 1294 Damit ist auch ein nicht geringer Teil der Mann’schen Neubildungen mit abgedeckt. „Der ‚Erwählte’ ist also ein archaischer Roman“ 1295 , so Soetemann generalisierend, der hiermit auf eine Äußerung Thomas Manns 1296 rekurriert. Ihm ist soweit zuzustimmen, als dass dem überwiegenden Teil der untersuchten Sprachelemente in der Tat eine archaisierende Wirkung zugesprochen werden kann. Dennoch bleiben mit Blick auf das einleitende Schaubild die Bereiche ,neu/fremd’ und ‚neu/deutsch’ zurück, die nicht unter dem Begriff der sprachlichen Archaisierung gefasst werden können, sodass abschließend formuliert werden muss: Der Archaismus ist ein Kunstmittel des Dichters, „eine bestimmte [...] intendierte Illusionswirkung zu erreichen“ 1297 . Thomas Manns angestrebte Illusion ist das Mittelalter, seine sprachliche Umsetzung ist indes weit mehr, als mit dem Terminus der ‚sprachlichen Archaisierung’ umfasst werden könnte. Der Dichter geht mit der Integration neuerer Fremdsprachen weit darüber hinaus, sodass mit Koppen 1298 auf elementarster Ebene von einer überaus facettenreichen sprachlichen Verfremdung gesprochen werden muss. 1288 Knobloch, S. 13. Leitner, S. 13. 1290 Knobloch, 203. 1291 DüD III, S. 422. 1292 Knobloch, S. 49. 1293 Leitner, S. 25. 1294 Knobloch, S. 13. 1295 Soetemann, C.: Thomas Mann und die deutsche Sprache, in: Linguistische Probleme der Textanalyse, hrsg. vom Institut für deutsche Sprache (=Sprache der Gegenwart, Bd. 35). Düsseldorf 1975, S. 206. 1296 Entst., S. 243; DüD III, S. 391: „der kleine archaische Roman, »Der Erwählte«“. 1297 Knobloch, S. 13. 1298 Koppen, S. 204. 1289 195 7. Kapitel: Intention – Funktion – Wirkung Nachdem die Fragen nach Herkunft und Qualität des sprachlichen Mittelalters beantwortet sind, bleiben die nach der Funktion und Wirkung der Sprache. Die in Kapitel 6.1 destillierten Qualitäten und Muster Mann’scher Spracharbeit sollen nun von außen nach innen im poetischen Gesamt des Romans verortet werden. Unter Heranziehung der Selbstzeugnisse, die im Rahmen der Romanarbeiten entstanden sind, und der erzähltheoretischen Reflexionen, die den „Erwählten“ vor allem im ersten Kapitel bestimmen, soll zunächst ganz allgemein gefragt werden, warum Thomas Mann seinen „Erwählten“ überhaupt geschrieben hat und (mit Blick auf die Sprache) warum so und nicht anders. Dabei empfiehlt es sich, das große Vorgängerwerk, den „Doktor Faustus“, an gegebener Stelle in die Betrachtung mit einzubeziehen, als dessen „Ableger“ 1299 der Mittelalterroman in vielerlei Hinsicht gelten muss. Dies schafft den nötigen Verständniskontext, um dann im zweiten Schritt den funktionellen Stellenwert der Sprache innerhalb des Romankunstwerkes en gros wie en détail ermessen zu können, um darauf aufbauend die schwierige Frage nach der Wirkung der Sprache zu erörtern. 7.1 Intention »Warum haben Sie den ›Erwählten‹ geschrieben?« wiederholt Thomas Mann abwägend die an ihn gerichtete Frage. „Und wenn ich nun antwortete: »Ich wollte einfach eine schöne Geschichte erzählen«, – würde das frivol klingen?“ 1300 Scheinbar schon, denn immer wieder haben Zeitgenossen und Kritiker 1301 versucht, Thomas Manns Roman über die „schöne Geschichte“ hinaus eine politische Intention anzutragen, wodurch zwangsläufig ein Widerspruch entsteht. Dem Romantext nach zu urteilen, aber auch im Spiegel seiner Selbstzeugnisse, ist der Dichter völlig frei von irgendeiner Art politischen Sendungsbewusstseins: „Ob das Resultat der Gesellschaft nützlich ist“, das wisse er nicht. 1302 „Ich gestehe, daß ich diesmal weder an Deutsche noch an Juden habe denken wollen“ 1303 , so der Dichter. Generell seien seine „Bücher [...] ohne politische und sozialkritische Absichten geschrieben. [...] Nur im ›Faustus‹, unter höchstem politischen Druck, wird [...] alles wohl ein bißchen bewußter und artikulierter.“ 1304 An diese Hintertür klopfend ließe sich aber mit einiger Berechtigung fragen, ob nicht zumindest ein Abglanz politischer Artikuliertheit auch auf den kleinen NachfolgeRoman gefallen ist. Die Argumentation für ein Politikum „Der Erwählte“ könnte dabei wie folgt skizziert werden: Deutschland kurz nach Kriegsende – alle Anstrengungen gelten dem Wiederaufbau durch den Marshall-Plan und der Ankurbelung der Wirtschaft. Zu dieser Zeit ist man versucht, nach 1299 Wimmer 1991, S. 295. DüD III, S. 408. 1301 So etwa Hilscher, Eberhard: Die Geschichte vom guten Sünder, in: Georg Wenzel (Hrsg.): Vollendung und Grösse Thomas Manns. Beiträge zu Werk und Persönlichkeit des Dichters. Halle/Saale 1962, S. 224ff.; Baumgart, S. 174; Lund u.a., S. 173; Wilhelm, S. 6 ; Loewenson (DüD III, S. 427f). 1302 DüD III, S. 415. 1303 DüD III, S. 400. 1304 Thomas Mann: Selbstkommentare: ›Doktor Faustus‹ und die ›Entstehung des Doktor Faustus‹. Informationen und Materialien zur Literatur, hrsg. von Hans Wysling unter Mitwirkung von Marianne EichFischer. Frankfurt a.M. 1989, S. 334. (im Folgenden unter der Sigle ‚Selbstk.’) 1300 196 vorn zu sehen, und nicht zurück auf eine Vergangenheit voll Schrecken, Leid und einer drückenden Schuld, die noch nicht bewältigt ist. Ein politisch bewegter und bewegender Schriftsteller namens Thomas Mann greift in seinem neuen Roman „Der Erwählte“ zu einem mittelalterlichen Mythos, der das schuldbeladene Individuum „durch die Bindung [...] ans Zeitlos-Mythische relativiert“ 1305 , sodass der Mensch die Möglichkeit erhält, „sein Leben nach mythischen Mustern zu erneuern“ 1306 . So ist es Thomas Mann möglich, mit der „Verarbeitung eines mittelalterlichen Stoffes [...] regenerierend und versöhnend auf die deutsche Gegenwart einzuwirken.“ 1307 Unter Funktionalisierung der Sprache schafft er eine heilsam-entfernte Projektionsfläche, um sagen zu können, was schon Hartmann sagte: ez enist dehein sünde mê, man enwerde ir mit der riuwe ledic unde niuwe, schoene unde reine (V. 162-166) oder mit dem Munde Gregorius’ gesprochen: Gott nimmt „wahre Reue als Buße an[] für alle Sünden“ 1308 . Wimmer nimmt auch den „Doktor Faustus“ in diese Argumentation mit hinein: „Es mag paradox klingen“, aber „vom Doktor Faustus an setzte Thomas Mann das altdeutsche Material ein, um für die Integration des spezifisch Deutschen, und damit auch des schuldig gewordenen Deutschlands ins International-Humane zu plädieren.“ 1309 Und dies gelte, obwohl „zahlreiche pessimistische und bagatellisierende Privatäußerungen seines Alters“ jenem hohen Anspruch widersprechen, die expressis verbis einen ausgesprochen unpolitischen Standpunkt des Autors spiegeln. 1310 Auch Marcel Reich-Ranicki bezeichnet es als „unzweifelhaftes Recht des Interpreten, die Äußerungen eines Romanciers in Briefen oder in essayistischen Arbeiten kurzerhand zu ignorieren“ 1311 . Und Adolf Muschg könnte ergänzen, dass „alles, was ein Verfasser über sein Buch sagen kann, nicht Wahrheit, sondern nur Weiterdichtung ist“, die nur in eingeschränktem Maße zum Erzählwerk die dazugehörigen „Schlüssel [...] bieten“ kann. 1312 Demnach liegt es nahe, sich zunächst von den Selbstzeugnissen zu lösen und das Wimmer’sche Paradoxon auf biografischer Ebene anzugehen. Zu Beginn der „fascistischen Völker-Intoxikation“ 1313 Deutschlands schwieg Thomas Mann weitgehend. Obwohl schon im Schweizer Exil lebend, war er noch nicht ausgebürgert, durfte noch publizieren und die weit verbreitete Hoffnung, sich mit den neuen Machthabern, die vielleicht nur ein kurzes Gastspiel geben würden, irgendwie arrangieren zu können, ließ ihn gegenüber Reichsinnenminister Frick im Jahre 1934 versprechen, „in vollkommener Zurückgezogenheit [s]einen persönlichen Aufgaben zu leben“ 1314 . Hiermit stellte er sich 1305 Stackmann 1959, S. 71. Lund u.a., S. 176. 1307 Ebd., S. 179. 1308 DE, S. 179. 1309 Wimmer 1991, S. 298. 1310 Ebd., S. 299. 1311 Reich-Ranicki, S. 102. 1312 Muschg, Adolf: Herr, was fehlt Euch? Zusprüche und Nachreden aus dem Sprechzimmer des heiligen Grals. Frankfurt a.M. 1994, S. 12. 1313 DüD III, S. 253. 1314 XIII, S. 104. 1306 197 zunächst auf den Boden der politischen Tatsachen und interpretierte die Geschichte bewusst als Schicksal, nicht als Auftrag zu einer aktiven Gestaltung: „Als Deutschland dann wirklich in diese Hände gefallen war, gedachte ich zu schweigen; ich meinte, mir durch die Opfer, die ich gebracht, das Recht auf ein Schweigen verdient zu haben, das es mir ermöglichen würde, etwas mir herzlich Wichtiges, den Kontakt mit meinem innerdeutschen Publikum aufrechtzuerhalten.“ 1315 Doch war diese Position nicht lange für ihn zu halten. Zum einen stand er unter dem Druck seiner Kinder Klaus und Erika, die von Anfang an eine klare Position gegen HitlerDeutschland bezogen hatten. Zum anderen war es eine Zeit der Polarisierung, eine Zeit, die klare Stellungnahmen verlangte und somit Mittelwege verbot. Als schließlich der Feuilletonredakteur der NZZ, Eduard Korrodi, in seinem Artikel vom 3. Februar 1936 den Namen Thomas Manns gegen die Exilliteratur und damit auf die Seite Nazideutschlands stellte, musste dieser sein Schweigen brechen und bezog klar Stellung auf der Seite des Exils. Seine Ausbürgerung erfolgte Ende 1936 und als ihm kurz darauf die Bonner Universität die philosophische Ehrendoktorwürde, die ihm 1919 verliehen worden war, wieder aberkannte, hatte Thomas Mann nicht mehr viel zu verlieren und machte in seinem „Briefwechsel mit Bonn“ (1937) klar, dass ein Stillschweigen aus politisch-moralischen Gründen „undurchführbar“ sei. Es folgte eine Zeit des großen politischen Engagements, hauptsächlich in Form von Reden 1316 , in denen er sich als Schriftsteller nicht auf seine Verantwortung gegenüber der Sprache, Literatur und Kunst beschränkte, sondern als Humanist „die Verantwortung für das eigene Volk [und die] Reinhaltung seines Bildes vorm Angesichte der Menschheit“1317 wahrnahm. „Man hat zu tun mit dem deutschen Schicksal und deutscher Schuld, wenn man als Deutscher geboren ist“ 1318 , das wusste Thomas Mann und er spürte, dass die Öffentlichkeit das offene Wort von ihm verlangte: „Ich mußte auch wieder anfangen, [...] Ansprachen nach Deutschland zu richten. Aber was soll man diesen unglückseligen, verdummten und verbiesterten Menschen sagen?“ 1319 Von der Wirksamkeit seines politischen Engagements war er augenscheinlich längst nicht immer überzeugt und so blieb die „antifaschistische Publizistik [...] das Werk eines Vernunftrepublikaners, der im Herzen gern ein Unpolitischer geblieben wäre, wenn die Zeit es erlaubt hätte“ 1320 . Dem öffentlichen „Vernunftrepublikaner“ stellte er einen öffentlichen Fürsprecher und Verteidiger des Judentums an die Seite, wenngleich er privat einige Vorurteile gegenüber dieser Volksgruppe hegte.1321 Doch schienen diese für den Humanisten Thomas Mann in zunehmendem Maße unartikulierbar, gerade angesichts dessen, was das 1315 XII, S. 787. „Dieser Friede“ (1938), „Das Problem der Freiheit“ (1939), „Dieser Krieg“ (1940), „War and Democracy“ (1940), „Order of the Day“ (1942), „Deutsche Hörer!“ (1940-45), „Deutschland und die Deutschen“ (1945). 1317 XII, S. 788. 1318 DüD III, S. 38. 1319 DüD III, S. 35. 1320 Kurzke, Hermann: Betrachtungen eines Unpolitischen, in: Handbuch, S. 703. 1321 Stern, Guy: Thomas Mann und die jüdische Welt, in: Handbuch, S. 55: „Nach seiner Absage an das nationalsozialistische Deutschland und seinem Bekenntnis zum Exil besiegt bei allen öffentlichen Statements der Humanist Thomas Mann alle seine Vorbehalte und Vorurteile gegenüber den Juden.“ 1316 198 „fehlgegangene“ Deutschland dem europäischen Judentum angetan hatte. So war das erste, was nach Kriegsende von Thomas Mann in Deutschland veröffentlicht wurde – und hierin zeigt sich, was der Dichter unter deutscher Schuld verstand – der Artikel „Die Lager“ vom 8. Mai 1945, der in der „Bayrischen Landeszeitung“ zehn Tage darauf unter dem Titel „Thomas Mann über die deutsche Schuld“ veröffentlicht wurde. Seine These, dass „alles, was deutsch spricht, deutsch schreibt und auf deutsch gelebt hat“, womit er sich selbst mit einschließt, „von dieser entehrenden Bloßstellung [gemeint: die Lager] mitbetroffen“ 1322 sei, konnte bei aller Richtigkeit und Aufrichtigkeit der Worte zu diesem frühen Zeitpunkt im deutschen Raum nur auf Ablehnung stoßen. Zwei Jahre später erschien Thomas Manns Roman „Doktor Faustus“, in dem (im Gegensatz zu dem ansonsten eher unpolitischen Romanwerk des Dichters) „alles wohl ein bißchen bewußter und artikulierter“ 1323 wurde, wenngleich Thomas Mann den Finger längst nicht so direkt in die deutsche Wunde 1324 legte, wie mit „Die Lager“ geschehen. Er wollte mit seinem Roman das deutsche Schicksal „darstellen“, „umfassen“, „berichten“, „repräsentieren“ und „kennzeichnen“. 1325 Die teilweise ziemlich harsche Kritik („deutschlandfeindlich!“) zeigt aber, dass der „Doktor Faustus“ von Teilen des deutschen Publikums sehr wohl als Politikum gewertet wurde. Thomas Mann hielt speziell diesem Kritikpunkt entgegen, dass „seit den ›Meistersingern‹ [...] so etwas an dick aufgetragenem Deutschtum nicht mehr dagewesen“ sei, dessen er sich „ja beinah genieren“ müsse. 1326 Dabei hatte er ursprünglich gehofft, seine deutschen Kritiker mit dem „ungeheuer deutschen Roman“ 1327 davon überzeugen zu können, dass er „kein Deserteur vom Deutschtum“ 1328 sei. Gleichzeitig wurde ihm von jüdischer Seite vorgehalten, dass „dieses Buch, das sich außerordentlich tief in das Deutschtum einwühlt [...] Gefahr läuft, als eine Verklärung des Deutschtums empfunden zu werden“ 1329 , ein Vorwurf, der im Brief einer gewissen Susi Oppenheimer seinen Höhepunkt fand: „Why must both the representatives of the Jewish group – Dr. Chaim Breisacher und Mr. Saul Fitelberg – be of the ›ferment‹ type […]? […] I should think that a people that has lost 6 millions in the most dreadful persecution of all times, […] would deserve a more sympathetic treatment by the author of the ›Joseph stories‹.” 1330 Thomas Mann räumte schließlich ein, dass er in seinem „Faustus“ „dem jüdischen Menschentum und seiner oft so hohen und ernsten Geistigkeit keineswegs gerecht geworden“ und dass „die Gefahr antisemitischer Wirkung, wenigstens bei einfacheren Lesern, nicht ganz gering“ sei. 1331 Aber „seine Juden“ seien „einfach Kinder ihrer Epoche“, der Roman „im ganzen ein wunderliches Aquarium von Geschöpfen der Endzeit“. 1332 1322 XII, S. 951. Selbstk., S. 334. 1324 Thomas Mann (Selbstk., S. 159) selbst sprach diesbezüglich von „wunder Wirklichkeit“. 1325 DüD III, S. 139: „darstellen“; S. 149: „ umfassen“; S. 156 „berichten“; S. 261: „ repräsentieren“; S. 274: „kennzeichnen“. 1326 DüD III, S. 250. 1327 DüD III, S. 97. 1328 DüD III, S. 100. 1329 DüD III, S. 124. 1330 DüD III, S. 208, Anm. 814. 1331 DüD III, S. 227. 1332 Entst., S. 281. 1323 199 Die bemerkenswert weiten Ausschläge der „Faustus“-Kritik, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung, zeigen zwar, wie sehr Thomas Mann den Nerv des Zeitgeistes getroffen hatte, aber auch, wie wenig sich dieser Roman in eine bestimmte politische Ecke stellen ließ. Diese Ambivalenz der Rezeption spiegelt das Fehlen einer für den Leser greifbaren politischen Ausrichtung des Romans, was dem „Plädieren“ im Wimmer’schen Sinne zunächst entgegen sprechen muss. Beim „Doktor Faustus“ darf zwar von einem politischen Roman gesprochen werden, doch ist dieser entsprechend seiner stofflichen Konzeption und der damit verbundenen Auswahl des archaischen Sprachmaterials so „unheimlich und deutsch und unheimlich-deutsch“ 1333 , dass sich zwangsläufig die Frage aufdrängt, wie das altdeutsche Material eine Hebung ins Europäische leisten soll. Wimmer führt aus, die Sprache des „Faustus“, „die eine resümierende Synthese des Deutschen sein wollte“, sei gewissermaßen als eine Art „Parallelveranstaltung zur Musik Adrians“ 1334 zu verstehen, der sich allen vergangenen und gegenwärtigen musikalischen Erscheinungsformen bedient, um in konstruktiver Weise den Durchbruch zu etwas Neuem zu schaffen. Es gelte weiter „festzuhalten, daß im Bereich der Kunst das »Archaische« sich nicht auf das »Altdeutsche« beschränkt, sondern europäische Dimension gewinnt.“ 1335 Für die Kunst scheint noch nicht alles verloren, so Wimmer, und „angesichts der politischen Katastrophe, die sich am Ende eines Weges der Schuld und geistigen Verstrickung ankündigt, fällt es ihr als Aufgabe zu, das Vergangene [...] in neuer Kreativität resümierend zu durchdringen, zur Welt hin aufzuschließen und für die Zukunft zu befreien.“ 1336 Nur durch diesen Brückenschlag zur Musik, die Thomas Mann bekanntlich als Paradigma der Kunst verstanden wissen wollte, kann so auch die altdeutsche Sprache für eine „Einbettung und Auflösung des Deutschen ins Europäische“ 1337 rekrutiert werden. Thomas Mann bestätigt zwar in seinen Selbstzeugnissen „den Parallelismus von Wort und Intervall“ 1338 , doch bleibt kritisch zu fragen, ob sich besagter Parallelismus lediglich auf das Moment des konstruktiven Umgangs bezieht, oder ob „Wort und Intervall“ tatsächlich als Zweiergespann vor den Wagen einer europäischen Integration gespannt werden dürfen. Dennoch kann die Absicht einer generellen Europäisierung des Romans nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Nach einer frühen Lesung entnahm Thomas Mann dem Lob eines Kollegen die „Mahnung [...], die allerdings sehr deutsch gefärbte Thematik des Buches, eine Krisen-Thematik, so vollkommen wie möglich ins allgemein Epochale und Europäische aufzulösen“ 1339 . In diesem Kontext ist der Vorschlag des Juden Fitelberg zu sehen, Adrian, „ein Deutscher, ein Feind von gestern“ möge seine Lieder „nach französischen und englischen Dichtern“ am Flügel begleiten und so einen „cosmopolitisme généreux et versitale“ an den Tag legen. 1340 In seinen weiteren Ausführungen zieht Fitelberg Parallelen zwischen Adrians gewollter Abgeschlossenheit und dem unerreichbaren deutschen Nationalstolz. So wie er, der Jude Fitelberg, versucht habe, Adrian in die Welt zu führen, so sollten sich die Deutschen in ihrem nationalistischen Hochmut von den in der Mehrheit pro-deutsch gestimmten und gleichzeitig mondänen Juden in die Welt einführen lassen, d.h. sie sollten „den Juden […] 1333 DüD III, S. 19. Wimmer 1991, S. 287. 1335 Ebd., S. 276. 1336 Ebd., S. 284. 1337 Ebd., S. 294. 1338 DüD III, S. 48. 1339 Entst., S. 181. 1340 DrF, S. 534. 1334 200 erlauben, den médiateur zu machen“ 1341 . Stattdessen aber hätten die „Juden alles zu fürchten vom deutschen Geiste, qui est essentiellement anti-sémitique“ 1342 . Auch in seinen Korrespondenzen mit Zeitgenossen und Kritikern versuchte Thomas Mann gelegentlich das so unübersehbar Deutsche „ins allgemein Problematische“ 1343 zu relativieren, was ihm aber, zieht man ein Resümee, allem Anschein nach nicht gelang, denn das deutsche Publikum interpretierte den Roman keineswegs als „allgemeinproblematisch“ sondern bezog ihn direkt auf sich, sodass Thomas Mann resigniert feststellen musste: „In Deutschland, das ist deutlich, hat das Buch schon wieder ausgespielt. Die nationale Restauration steht ihm entgegen, die ja in vollem Gange ist, und für sie ist es »deutschfeindlich«. Deutschfeindlich!“ 1344 „Auf Schuld und Gnade pfeift es. Es verbittet sich, [...] daß man »seine Geschichte dämonisiert«.“ 1345 Angesichts dieser bitteren Erkenntnis, dass Deutschland „auf Schuld und Gnade pfeift“, zog der Vernunftrepublikaner Thomas Mann nach einem langjährigen (und stets ungeliebten) politischen Engagement die Konsequenz aus der Verweigerungshaltung seines deutschen Publikums und zog sich mit dem Nachfolgeroman „Der Erwählte“ auf seinen alten, literarisch-unpolitischen Standpunkt zurück. Der Welt „etwas höhere Heiterkeit zu bringen ist immer noch das Beste, oder doch das, womit man sich am wenigsten verhaßt macht“ 1346 , so Thomas Mann. Ihr sei zwar „mit diesen Scherzen nicht geholfen“ 1347 , jedenfalls nicht unmittelbar, doch ließen diese „höheren Späße [...] am besten Gram und Grauen der Zeit vergessen“ 1348 und wirkten so „erlabend, entlastend, ein wahrer Segen“ 1349 halt. Auf direktes Nachfragen Eberhard Hilschers, worin denn dann die „moralische Existenzberichtigung eines Buches wie »Der Erwählte«“ liege, angesichts der „Zeit und d[en] Forderungen, die sie an den Schriftsteller“ herantrage, verwies Thomas Mann auf die unanfechtbare „Autonomie der Kunst“ und eröffnet: „Auch wenn sie [die Kunst] sich nicht als gesellschaftliche Fackelträgerin gebärdet, eine läuternde, befreiende, befriedende Wirkung“ gehe dennoch von ihr aus. 1350 Er hatte sich „im Faustus recht heftig zusammengerissen und resümierend verausgabt“ 1351 , dass er sich nun, im Schatten seines eigenen Lebenswerks 1352 stehend, ein leichtsinniges Sprach-Experiment erlauben konnte und wollte. „Der Autor genehmigt sich, worauf er einst aus diesen oder jenen Gründen glaubte verzichten zu müssen“, so Reich-Ranicki. „Er schreibt nicht mehr, was er schreiben sollte, sondern was er schreiben möchte, wozu er gerade Lust hat.“ 1353 Und Thomas Mann verlangte nach Komik, wie er Kuno Fiedler gestand, und 1341 DrF, 542. DrF, 540. 1343 DüD III, S. 223: „Mit dem Sündenfall ist auch – gewissermaßen – auf der politischen Ebene des Buches auf die faschistische Intoxikation der Völker angespielt: Ich sage der Völker im allgemeinen, weil ich ungern und nur halb zugestandenermaßen Leverkühn als eine Allegorie für Deutschland im besonderen aufgefaßt sehe.“ 1344 DüD III, S. 250. 1345 DüD III, S. 248. 1346 DüD III, S. 374. 1347 DüD III, S. 374. 1348 DüD III, S. 382. 1349 DüD III, S. 371. 1350 DüD III, S. 407. 1351 DüD III, S. 362. 1352 DüD III, S. 363: „Das kommt nicht wieder“; S. 373: „Die Zeit der Zauberberge und Faustusse ist vorbei“; S. 379: „ ... daß seit dem »Faustus« alles nur Nachspiel sein kann“. 1353 Reich-Ranicki, S. 100. 1342 201 verfasste den Roman „tatsächlich mehr zu [s]einer eigenen Zerstreuung, als dass [er] an die Ernsthaftigkeit [s]eines Tuns wirklich glaubte“ 1354 . Letztlich ist es die fehlende Ernsthaftigkeit bei der Arbeit an seinem „Romänchen“, die eine politisch-aufrüttelnde Intention Thomas Manns mit ziemlicher Sicherheit ausschließen lässt. So lässt sich auch ohne die Wimmer’sche These von der Sprache als Integrationsmotor eine schlüssige Antwort auf die Frage finden, warum „Der Erwählte“ eben diese sprachliche Gestalt annahm: Dichter schreiben Bücher. Das tun sie, weil es ihr(e) Beruf(ung) ist, und wenn sie nicht das eine Buch schreiben, dann schreiben sie eben ein anderes. „Was einen Dichter auf einen Stoff verfallen läßt, wird immer von außen schwer zu erkennen sein. Gewöhnlich liegt der Kern zum Neuen im Vorigen.“ 1355 Im Vorigen, also im Rahmen eines gerade abgeschlossenen Romans namens „Doktor Faustus“, ist ein Dichter namens Thomas Mann zufällig auf eine mittelalterliche Legende gestoßen, an der er „so viel Gefallen“ findet, dass er vornimmt, diese, obwohl schon im „Doktor Faustus“ verarbeitet, „ihm eines Tages wegzunehmen und selbst etwas daraus zu machen“ 1356 . Es handelt sich dabei um die abendländische Legende vom guten Sünder, die er in seiner Version mit Versatzstücken weiterer Mythen anreichern wird. 1357 Thomas Mann liebt Mythen- und Legendenstoffe. Auch der „Faust“-Stoff war ein solcher. „Man könnte von einer Altersneigung sprechen, das Leben als Kulturprodukt und in Gestalt mythischer Klischees zu sehen, die man der »selbständigen« Erfindung in verkalkter Würde vorzieht.“ 1358 Nach Vorstellung Thomas Manns kommt die literarische Erneuerung des Mythos generell einem „In-Spuren-Gehen“ 1359 gleich. „An und für sich ist’s immer neu und jung“, lässt Thomas Mann seinen Erzähler Clemens philosophieren, aber die Muster seien alt und „abgebraucht“ wie auch seine Sprache, und so bleibe „dem Erzähler auch nichts übrig [...], als ihm [dem Mythos] die alten Worte zu geben.“ 1360 Und mit abermaligem Blick auf des „Vorige“ gibt Thomas Mann weiter zu bedenken: „Dichtungen sind Sprachwerke, und als Sprachwerk knüpft der »Erwählte« dort an, wo im »Dr. Faustus« die barocke und lutherische Sprach-Perspektive [...] durch das Schweizerisch des Kindes Echo ins Mittelhochdeutsche vertieft wird“ 1361 Vom poetischen Standpunkt ist es also mehr als verständlich, dass er der zeitlich und örtlich ungebundenen Legende eine schwebende Sprache und eine schwebende Erzähltechnik an die Seite stellt, als sich nach einer historisch geschlossenen Authentik zu strecken, die wie ein Fremdkörper wirken musste. Ein historisch-authentischer Roman hätte für Thomas Mann eine Orientierung an gewissen Grenzen bedeutet, und gerade das war es, was dem Dichter überhaupt nicht lag. Er hatte in seinem schriftstellerischen Leben schon so manche literarische Grenze überschritten, was nicht selten sogar außerliterarische Konfrontationen (Holitscher, Bilse, Schönberg) zur Folge gehabt hatte. Grenzen waren seine Sache nicht! „Ich konnte mir das internationale Mittelalter, das ich da improvisierte, einfach nicht anders als sprachlich 1354 DüD III, S. 371. DüD III, S. 408. 1356 DüD III, S. 366. 1357 Vgl. Makoschey. 1358 DüD III, S. 61. 1359 Voss, S. 234. 1360 DE, S. 18. 1361 DüD III, S. 408. 1355 202 buntscheckig vorstellen“ 1362 , so Thomas Mann rückblickend, und griff dabei nach „allen Mitteln, die der [...] Erzählkunst in sieben Jahrhunderten zugewachsen sind“ 1363 . 7.2 Funktion Dieser hier konzentriert referierte poetische Standpunkt Thomas Manns gibt nicht nur die Begründung, warum der Roman seine sprachliche Gestalt annahm, sondern weist der Sprache gleichzeitig eine klare Rolle innerhalb der Fiktion zu. Das Ziel dieser Fiktion ist ein schwebendes Mittelalter, das getragen wird von einem europäisch-zeitlosen Legendenstoff, durchtriebenen Prosa-Mitteln aus sieben Jahrhunderten 1364 und einer „Sprache in übernationaler Schwebe“ 1365 : Sprache ortlos, zeitlos Erzählstoff schwebendes Mittelalter ortlos, zeitlos ortlos, zeitlos Erzähltechnik Die Sprache ist also ein Pfeiler einer funktionalen Trias, deren gemeinsamer Nenner die Ortund Zeitlosigkeit ist. „Diese Abstrahierung von einer historischen Verortung hat Konsequenzen für den Akt des Erzählens und die erzählte Geschichte: sie lösen sich tendenziell von der ‚realen’ Geschichte ab, sie werden als erzählte Geschichte autonom“ 1366 , so Jeßling. Die weiterführende Frage ist nun, ob die erzählte Autonomie durch die drei Pfeiler lediglich an ihren Eckpunkten markiert und nach außen behauptet wird, oder ob Thomas Mann es geschafft hat, einen „kleinen Kosmos zu machen, in dem alles sich aufeinander bezieht, der bei aller Diversität ein geschlossenes [...] Ganzes bildet“ 1367 . „Die Geschichte lasse ich von einem irischen Mönch, der in St. Gallen zu Besuch ist, zur Unterhaltung aufschreiben“, erklärt Thomas Mann. „Er ist etwas abstrakt von Person, eigentlich »der Geist der Erzählung«, und es ist weder ganz sicher, wann er dort sitzt, noch in welcher Sprache er eigentlich schreibt. Er sagt, es sei die Sprache selbst“ 1368 , da „über den 1362 DüD III, S. 395. AN, S. 689. 1364 Ähnlich DüD III, S. 352: „mit unseren durchtriebenen Mitteln lebendig zu machen“. 1365 DüD III, S. 357. 1366 Jeßling, S. 579. 1367 DüD III, S. 419. 1368 DüD III, S. 351. 1363 203 Sprachen [...] die Sprache“ 1369 an sich stehe. Fragte man ihn direkt, ob zumindest er selber wisse, wann er schreibe, so bekäme man zur Antwort: „Da gibt es überhaupt nichts zu wissen“ 1370 ! Die fehlende zeitliche Dimension und die schwebende Sprache – das seien die „zwei Merkmale“, so der Erzähler, deren er sich „als Personifizierung des Geists der Erzählung erfreue“ 1371 . Doch schon Seiten bevor er sich über ein Spiel mit den ersten drei Personalpronomina singularis zu „seiner mönchischen Person, genannt Clemens der Ire“ 1372 zusammenzieht, genau genommen schon im ersten Satz des Romans, wird angekündigt, was programmatisch für die gesamte Erzählung gelten soll: „da ist nicht Zeitmaß noch Einklang“ 1373 . Doch nicht alles wird von Clemens in der Schwebe gehalten. So ist er durchaus bereit, seinen „derzeitigen Ort, nämlich [die] Bibliothek des Klosters Sankt Gallen im Alamannenlande“ 1374 bekannt zu geben, aber ... „wo hat man sich den Ort, die Orte der Handlung zu denken? In welcher mittelalterlichen Landschaft? Die Burg, wo das Kind, ungetauft, ins Faß gelegt u[.] den Wellen überantwortet wird, liegt offenbar am Meer. Nordsee? Kanal? Wo [liegt] das Mönchskloster, wohin das Faß [...] getrieben wird?“ 1375 Aquitanien, das Hartmann’sche Herzogtum, gefalle ihm nicht, so Thomas Mann, da es schließlich „Guyenne“, also rein französisch, sei. 1376 Aber diese „europäische Ecke, wo das Flämische ins Französische übergeht“, die hatte „viel Anziehendes“ 1377 für ihn. Daraufhin ließ er die Erzählung in einem „sehr unhistorischen Flandern-Artois“ 1378 spielen. „Und wo ist das Kloster zu denken, wohin die Wellen das ausgesetzte Kind tragen?“ Das wolle er wiederum „an die englische Küste verlegen“, denn ihn interessiere „ein internationales, deutsch-französisch-englisches Mittelalter“ 1379 , so der Dichter weiter. „Was aber die eigentliche Gregorius-Insel, den »Stein« betrifft, – sollte es sich bei der überhaupt um eine Meeresinsel handeln?“ 1380 Thomas Mann entscheidet sich für einen „See im Hinterlande [...], an dem der üble Fischer sein Gewerbe treibt“ 1381 . Weder der See noch die Fischerleute samt Gehöft – nichts erhält einen Namen, alles verbleibt in Hartmann’scher Anonymität, sodass den fremden Römern bei ihrer Ankunft nur die vage, unbestimmte Frage bleibt: »Ist dies eine Einöde? « »Zu dienen, ja, eine Einöde«. »Eine vollkommene Einöde?« »Man mag es nicht leugnen, Herr«. 1382 [entgegnet der Fischer] [...] 1369 DE, S. 15. DE, S. 14. 1371 DE, S. 14. 1372 DE, S. 13. 1373 DE, S. 9. 1374 DE, S. 10. 1375 Not. DE, Bl. 2/34. 1376 DüD III, S. 350. 1377 DüD III, S. 348. 1378 DüD III, S. 357. 1379 DüD III, S. 350. 1380 DüD III, S. 350. 1381 DüD III, S. 352. 1382 DE, S. 211. 1370 204 Selbst wenn diese Einöde von Thomas Mann einen Namen bekommen hätte, könnte nicht dafür garantiert werden, dass sie damit auch identifizierbar und lokalisierbar wäre, denn Name und Identität stehen wohlweislich in keinem absoluten Verhältnis, im „Erwählten“ schon gar nicht! „Ich unterhalte mich vortrefflich mit meinem etwas vagen Mittelalter, wo die Leute Wiligis, Sibylla, Anaclet und Eisengrein heißen“ 1383 , schrieb Thomas Mann im Mai 1948 an Agnes E. Meyer. Zu der gewissen Ungreifbarkeit 1384 der Namen, die in der Exzeptionalität ihrer Auswahl begründet liegt, kommt die Freiheit der Namensvergabe, die in ihrer linguistischen Funktion des Identifizierens begründet liegt. Thomas Mann ist sich dieser Art von Freiheit, oder besser: Willkür, die dem Dichter bei der Namenvergabe obliegt, durchaus bewusst, wenn er notiert: „sein Schwert hieß Eckesachs oder Werimbald“ 1385 . Doch im Gegensatz zu anderen literarischen Fiktionen lässt er seinen Leser augenzwinkernd an dieser Einsicht teilhaben, indem er seinen Erzähler Clemens sagen lässt: „Der Name Gozbert unseres Abtes hier ist kein solcher. Er wiederholt sich allzu oft in der Zeit und verwandelt sich, wenn man nach ihm greift, auch gar leicht in Fridolin oder Hartmut“ 1386 . Weit weniger „wichtige“ Figuren der Fiktion werden vom Erzähler als „gleichgültiges Beiwerk“ 1387 oder auch „Nebenpersonen“ 1388 gewertet, die laut Clemens keiner weiteren Aufmerksamkeit bedürften, eines Namens schon gar nicht. Durch diese Negativ-Akzentuierung persifliert er gleichzeitig die heilsgeschicht-liche Austauschbarkeit der Figuren der Rezeptionsvorlage, die, wie gesagt, beinahe ohne Ausnahme namenlos geblieben sind. Einige Kapitel darauf gibt er dem Abt Gregorjus das Wort. Dieser berichtet von seinem „Kloster [...], das ohne Frage ›Not Gottes‹ genannt und auch auf den nächsten [...] Inseln unter diesem Namen bekannt ist“ 1389 . Trotz, oder besser: wegen der Legitimation durch dritte kommen Zweifel auf: Wie kann sich ein Abt unsicher sein, wie sein eigenes Kloster heiße? Im Falle Sankt Dunstans bedarf es zudem der „Versicherung seiner bejahrtesten Einwohner“ 1390 , um sicherzustellen, dass dies auch der tatsächliche Name der Insel sei. Und bei der „Insel gen Osten, Sankt Aldhelm geheißen, wie die meisten glauben“ 1391 , gibt ein unwirscher Clemens in einem Nebensatz („oder wie ihre Insel heißt“) 1392 beinahe unverhohlen die Willkür der Namengebung preis. Zudem ist vereinzelt eine gewisse Varianz der Figurennamen zu beobachten, die den Protagonisten mal Gregorius, mal Gregor, mal Gregorjus, mal Grigorß heißen lässt. Die Formen Gregorius und Gregorjus identifizieren beide sogar zwei verschiedene Figuren des Romans – zum einen den Protagonisten Gregorius, zum zweiten den Abt und Ziehvater desselben. Die formale und identifikatorische Varianz auf der Erzählebene wird verbunden mit einer dahinter stehenden historischen Ambivalenz des Namens Gregorius: „Der Gregorius in unserem Text wird geschichtlich auf keine Epoche festgelegt, sondern widerspiegelt [...] 1383 DüD III, S. 355. Rümmele, S. 210, sieht eine „evokative Kraft der altertümlichen, fremd und kostbar klingenden Namen“; Stackmann 1959, S. 63, bezeichnet Namen als „prunkvoll-fremdklingende Wortgebilde“; Boesch, S. 341, spricht von „fremd und kostbar klingende[n] Namen“. 1385 Not. DE, Bl. -/36. 1386 DE, S. 14. 1387 DE, S. 117. 1388 DE, S. 119, 146. 1389 DE, S. 69. 1390 DE, S. 69; ähnlich, S. 67: „In ihrer Mehrzahl waren sie [...] in einer Ortschaft ansässig, die, soviel sie wußten, wie die ganze Insel, Sankt Dunstan hieß“. 1391 DE, S. 72. 1392 DE, S. 78. 1384 205 die Geschichte der Frühkirche“ 1393 . Und Thomas Mann bestätigt, dass er dem Papst Gregorius „alle möglichen Verdienste historischer Päpste auf sein Haupt gehäuft“ 1394 habe. Mit Rümmele 1395 , die versucht hat, durch (literar-)historische Verortung der Namen, die erzählte Zeit des „Erwählten“ einzugrenzen, lässt sich feststellen, dass schon allein die Personen, die zu handelnden Figuren des Romans geworden sind, einen erzählerischen Zeitrahmen von neunhundert Jahren markieren: Wie der Zeitpunkt des Erzähltwerdens bleibt also auch die erzählte Zeit unbekannt. Der Autor könnte allenfalls noch beisteuern, dass die Geschichte erzählt werde „durch den Mund eines, der vor Hartmann gelebt hat“ 1396 , und dass in diesem „ziemlich unbestimmte[n] Mittelalter [...] immerhin der Kreuzzugskontakt mit dem Orient schon da ist“ 1397 . Doch „Anachronismen spielen keine Rolle“, so Thomas Mann generalisierend, „da man ohnedies die Geschichte nicht zu genau historisch lokalisieren darf.“ 1398 Zusammenfassend lässt sich formulieren: Die schwebende Sprache mit ihrer (nicht-)zeitlichen und (nicht-)örtlichen Dimension korreliert mit dem Gesamt eines schwebenden Mittelalters. 1393 Lund u.a., S. 178. DüD III, S. 371. 1395 Rümmele, S. 211. 1396 DüD III, S. 350. 1397 DüD III, S. 353. 1398 DüD III, S. 353. 1394 206 Sprache, Erzähltechnik und Erzählstoff greifen tief ineinander und bedingen einander wechselseitig: Die Sprache ist neben der Zeitlosigkeit eines der beiden zentralen Charakteristika, die die Erzählinstanz konsolidiert und diese zugleich einer außertextlichen Verortung entzieht. Zwar provoziert die doch recht konkrete lokale Verortbarkeit der Erzählinstanz (Kloster Sankt Gallen) beinahe einen Widerspruch, doch drängt sich bei Betrachtung der anderen Örtlichkeiten der Romanhandlung (Flandern-Artois, Sankt Dunstan) der Verdacht auf, dass die mittelalterliche Klosterkulisse gewählt wurde, um auch hier eine Sprachenvielfalt möglich scheinen zu lassen. In besonderer Weise nutzt Thomas Mann die Schlüsselstellung des Namens unter Sprachelementen: Namenlosigkeit, so wird deutlich, bedeutet gleichsam Zeit- und Ortlosigkeit. Und ohne Ort – am Beispiel der namenlosen Einöde wird es deutlich – kann es wiederum kein spezifisches Idiom geben. Die Integration einer Vielzahl von Eigennamen bedeutet zwar ein „Genaumachen“ der fiktionalen Erzähloberfläche, diese wird aber an einigen Stellen durch erzähltheoretische Reflexionen über die Namenvergabe wieder nachhaltig gebrochen. Das Greifen nach realhistorischen Identitäten, die hinter den Figurennamen zu liegen scheinen, führt den interessierten Leser zunächst zur Hürde der Identitätsverschiebung, wohinter sich schließlich ein weiter Zeitraum auftut, der die erzählte Zeit im Gesamt des Mittelalters aufgehen lässt. Die biblischen Namen fungieren dabei als „Echolote in früheste Menschheitsgeschichte“ 1399 . Thomas Manns Mittelalter wird somit entzeitlicht, entörtlicht, entwirklicht und „nichts hat letztlich mehr seinen Platz im Angestammten“ 1400 . Sein Mittelalter behauptet sich als autonom nach außen gegen die reale Geschichte, während die „sprachliche[n] Eskapaden [...] in dem Schwebezustand des Ganzen eine Art von Rechtfertigung“ finden. 1401 7.3 Wirkung (auf den Leser) Eine Frage, die im Zusammenhang mit den „sprachlichen Eskapaden“ unumgänglich gestellt werden muss, ist die nach der Verständlichkeit, womit diese Betrachtung auf das unsichere Terrain der ‚Wirkung’ geführt wird. Ganz allgemein ist die Sprache in der Romankunst nicht nur Spielraum künstlerischer Gestaltung, sondern, im Gegensatz zu Stoff und Erzähltechnik, zugleich das Medium der Vermittlung zwischen Autor und Leser. Wenn nun ein Schriftsteller rückblickend vermeldet, „Ich [...] erfand mir ein unbestimmtes übernational-abendländisches Mittelalter mit einem Sprachraum, worin das Archaische und das Moderne, Altdeutsche, Altfranzösische, gelegentlich englische Elemente sich humoristisch mischen“ 1402 , so mag dies auf den potentiellen Leser möglicherweise abschreckend wirken, weil Verständlichkeitsprobleme zu erwarten sind. Thomas Mann unterschied diesbezüglich zwischen zwei Arten von Lesern: dem „Fachmann“ 1403 und dem „Durchschnittsleser“ 1404 . 1399 Rümmele, S. 206. Boesch, 349. 1401 DüD III, S. 418. 1402 AN, S. 690. 1403 DüD III, S. 63. 1404 DüD III, S. 404. 1400 207 Während er in der Fachwelt um Rat suchte, um vor der Fachwelt „alles unangreifbar“ 1405 zu machen, ging es ihm beim Gros des Publikums lediglich darum, mit ein „paar charakterisierenden [...] Exaktheiten [...] dem Leser ein plausibles, ja überzeugendes Bild [zu] geben.“ 1406 – „überzeugend“ nicht unbedingt im Sinne von realistisch, sondern im Sinne einer stimmig scheinenden, ja „überzeugenden“ Fiktion. Die Suche nach „neuen und aufregenden Creationen“ 1407 – man denke an die Musik im „Faustus“ oder die Sprache im „Erwählten“ – warf zum einen die Frage der Machbarkeit 1408 auf, zum anderen musste er sich mit Blick auf den Leser fragen, „wie man die [...] Exaktheiten [...] readable macht“ 1409 – eine Frage, die im Spiegel mancher Romankritik durchaus ihre Berechtigung findet: So vertrat der Musiker Fritz Weil die Auffassung, „daß der Leser, wenn er nicht musikalisch-technisch vorgebildet sei, die musikalischen Partien des Romans [Doktor Faustus] überspringen müsse“ 1410 . Thomas Mann wollte diese Auffassung nicht teilen, und antwortete in seinem Brief vom Februar 1949: „Nach meiner Meinung, die auch manche Erfahrung für sich hat, kann auch ein wenig Musikalischer, ja Unmusikalischer diese Teile des Buches sehr wohl aufnehmen, ja muß es tun, wenn er überhaupt recht folgen will, da sie eine zu wichtige geistige Rolle darin spielen.“ 1411 Die Autorisierung seiner Meinung durch nur „manche Erfahrung“, die Gleichsetzung „wenig Musikalischer“ mit gänzlich „Unmusikalischen“ und zuletzt die argumentative Flucht nach vorn, nämlich die Abgabe des Verstehens-Problems an den Leser: „ja [er] muß es tun, wenn er überhaupt recht folgen will“, klingt nur wenig selbstüberzeugt und wenig überzeugend. Indem somit musikalisches und musiktheoretisches Wissen de facto doch zu einer notwendigen Voraussetzung zur Erschließung des Romans wird, muss der „Faustus“-Roman für bestimmte Leserschichten zwangsläufig zu einer Art „Schlüsselbuch“ 1412 werden. Auch der Sprache im „Erwählten“ könnte gewissermaßen eine Art Schlüsselrolle im Sinne einer Verständnishürde zukommen, denn die über hundert Seiten an Wörtern, die größtenteils nicht innerhalb des Dudenwortschatzes liegen, lassen nur diese Vermutung zu. Umfangreiche Sprachkenntnisse sind von Thomas Mann zwar nie direkt als notwendiger Schlüssel zum „Erwählten“ erklärt worden, doch spiegelt allein seine Beschäftigung mit der Verständlichkeitsfrage in gewisser Hinsicht auch ihre Berechtigung: Er könne sich nicht vorstellen, „daß diese alten Worte für den Leser ein ernstes Hindernis bilden“ 1413 , so Thomas Mann. Wenig später schränkte er ein: „Daß ein Spätwerk wie »Der Erwählte« nichts für den »Mann auf der Straße«“ sei, das wisse er selbst „gut genug“ 1414 , und 1405 DüD III, S. 202. DüD III, S. 63. 1407 DüD III, S. 58. 1408 DüD III, S. 68: „Wie halte ich mich im Machbaren?“ 1409 DüD III, S. 18. 1410 DüD III, S. 224. 1411 DüD III, S. 224. 1412 Der Ausdruck „Schlüsselbuch“ stammt ursprünglich aus einem anderen Sinnzusammenhang: Wie sich einst bestimmte Bürger Lübecks in den Buddenbrooks-Figuren wieder erkannt haben wollten, so wurden auch nach Veröffentlichung des „Doktor Faustus“ Parallelen zwischen seinem „Personal“, wie Thomas Mann es nannte, und realen Personen, meist seinem geistigen Umfeld zugehörig, gezogen. In seinem Brief vom 29.05.1953 (DüD III, S. 276) an Emil Preetorius, der als Mitbetroffener galt, stellte Thomas Mann klar: „Dieser Faustus möge leben wie er kann, aber, bitte abseits von allem Persönlich-Wirklichen. Ein Klatsch- und Schlüsselbuch ist er mitnichten [...] und man sollte sich schämen [...], sein Personal schwatzhaft zu verwechseln mit der Realität.“ 1413 DüD III, S. 393. 1414 DüD III, S. 401. 1406 208 musste am Ende sogar eingestehen, dass „die Sprachpossen [...] wohl ein bißchen arg“ 1415 seien. 7.3.1 Synonyme Das Problem der Verständlichkeit konnte Thomas Mann so fremd nicht sein, hatte er doch selbst so mancher Hilfestellung von außen (Singer, Bauer) bedurft, um der fremden und alten Idiome Herr zu werden. In diesem Kontext ist auch das Bemühen des Dichters zu sehen, den entstehenden „Erwählten“-Text für seine Leser möglichst „readable“ zu halten. Die Bedeutung der fremden Wörter „ergibt sich doch eigentlich immer aus dem Zusammenhang – sogar bei den altfranzösischen Brocken – die man ja übrigens in einem gewissen Fall ausdrücklich »garnicht verstehen soll«“ 1416 . Der einfachste Weg, seinen Lesern die Bedeutung eines fremden Elements anzutragen, stellt für den Schreibenden generell die direkte Erklärung dar. Weil aber ein Thomas Mann seinen Roman nicht als „Mosaik entliehener Steinchen“ hinstellen, sondern als „künstlerischen Organismus“ 1417 empfunden wissen wollte, kam für ihn ein worterklärender Anhang (wie z.B. in seiner „Siplicissimus“-Ausgabe zu finden) bestimmt nicht in Frage. Das zu Erklärende war ja in den allermeisten Fällen ein „Raub an der Wirklichkeit“1418 , ein Zitat, das in die Komposition versenkt werden musste. 1419 So hätte sich auch die klassische Fußnote, wie sie Pannier in seiner „Parzival“-Übertragung häufig zum Verweis und zur Erklärung nutzt, eher kontraproduktiv auf das anzustrebende „Verwischen“ und „Versenken“ ausgewirkt. Wie aber brachte Thomas Mann es dann fertig, so ungelenke Definitionen wie Divinitas [...]. Das ist die Lehre von der Gottheit 1420 möglichst fiktionskonform in den Text zu integrieren? Thomas Manns Erzähler Clemens ist zwar, was den Verlauf der Erzählung anbetrifft, allwissend, muss aber dennoch an gewissen Punkten eingestehen, dass er nur mit einer „Scheingeläufigkeit“ von Dingen rede, die ihm und seiner klerikalen Welt in Wirklichkeit „nicht angehören“ und die er „nur aufgeschnappt“ habe. 1421 „Schwertleite [...] in der Sprache der Welt bedeutet’s für den Junker das Recht, das Schwert umzugürten.“ 1422 Auf diesem Wege nimmt er den Leser in seine mönchisch geprägte Oberflächenkenntnis1423 der weltlichen Dinge und Verhältnismäßigkeiten mit hinein, die Worterklärungen werden so zum natürlichen Teil der Kommunikation zwischen dem Erzähler und seinem imaginären Publikum und wirken so ganz selbstverständlich im Rahmen der Fiktion. 1415 DüD III, S. 392. DüD III, S. 393. 1417 DüD III, S. 403. 1418 Entst., S. 167. 1419 DüD III, S. 61. 1420 DE, S. 88. 1421 DE, S. 24f. 1422 DE, S. 30; so auch: Agraß (womit ich Obstsauce meine), DE, 17; de legibus, eine Wissenschaft, die vom Gesetze handelt, DE, 88; Schoydelakurt, das ist: die Freude des Hofes, DE, 19; blatten „auf einem Blatte blasend das Waldgetier betrügen [...], daß alles Wild den Schrei der eigenen Art zu hören meinte, DE, 24; Buhurd, das lustige Reiterspiel, S. 25; gevitzte Kleidchen (oder wie man für künstliche mit Goldfäden eingewebte Muster sagt), DE, 21 1423 DE, S. 143: „Mein mönchisch Herz hat gar nicht Anteil an solchem Männerunfug und ritterlichem Gebleu“; S. 159: Die „Schilderung von Liebesauftritten [ist] meinem Stande und Kleide nicht schicklich“. 1416 209 An anderer Stelle versetzt Thomas Mann seinen Leser auf ganz subtile Art und Weise in die Lage, das Schleiergewand der fremden Sprache zu heben. Zu diesem Zwecke hat er sich die in der Didaktik weit verbreitete Methode der innertextlichen Verwendung eines fremden Wortes unter Beigabe eines verständlichen Synonyms nutzbar gemacht: „Sibylla kämmte und schnatzte ihr Haar“ 1424 . „Es muß etwas wie »putzen«, »schmücken« oder auch »frisieren« bedeuten“ 1425 , mutmaßt Stackmann stellvertretend für alle Erstleser des Romans. Zwei Romanseiten später schnatzte die Herzogin ihr Haar weiter, und diesmal sogar ganz ohne Synonym, was nur den einen Schluss zulässt, dass Thomas Mann mit Blick auf den Fortgang des Textes auf einen Lernprozess beim Leser setzt. 1426 In anderen Fällen (maisnie und Knappenschaft, eine Narbe und flache Caverne, Allez avant und mache dich von dannen!, wie ein Mann und soßiger Kerl) 1427 erstreckt sich der Funktionswert des Synonyms ausschließlich auf die einzelne Textstelle. Der Dichter hat diese Methode der Synonymisierung noch dergestalt weiterentwickelt, dass die Synonyme nicht kontextuell platziert, sondern mit dem fremden Element direkt gekoppelt werden: Pfellelseide 1428 . Es hat für den Leser den Anschein, als ob hier eine besondere Form der Seide vorliege. Er glaubt, ein Kompositum vorliegen zu haben, einen Determinativzusammenhang also, beim dem Seide das vermeintliche Grundwort stellt, Pfellel als Bestimmungswort fungiert. Tatsächlich aber liegt hier formal eine Koppelung, semantisch gar eine Reduplikation vor. Der „Durchschnittsleser“ bemerkt es kaum. Er ist zufrieden, dass ihm zumindest über das vermeintliche Grundwort (Pfellelseide, Wittumsgut, Sammetstoff) eine grobe Bedeutungserschließung gelingt. 7.3.2 Etymologische Brückenschläge Die Integration mehrgliedriger Fremdelemente ist recht unterschiedlich gestaltet. Im Falle der „altfranzösischen Brocken“ z.B. steht das Nicht-bestimmen-können der Romansprache als Gesamt in enger konzeptioneller Bindung mit einem Nicht-verstehen-müssen der einzelnen Textstelle. Die Rede ist von der geschwisterlichen Inzestszene, ein intimes Tête-à-Tête also, bei dem der Leser keinen Anspruch auf Beiwohnerschaft erheben kann. Insofern war in der „heiklen Situation“, wie Thomas Mann es ausdrückt, ein „halb oder ganz unverständliches Gestammel sehr am Platze“ 1429 . Dennoch lässt der Kontext durchaus genug von dem erahnen, was sich hinter dem altfranzösischen Paravent zwischen Bruder und Schwester abspielt. Dass es sich um nichts anderes als ein erotisch aufgeladenes „Bettgeflüster“ handeln kann, ist durch die neuhochdeutsche Einfassung der Szene und einen augenzwinkernden Kommentar des Erzählers gesichert. Kürzere lateinische Sätze und Redewendungen (Ite, missa est!; In nomine Domini; In te Domine speravi; Et tibi dabo claves regni coelorum) sind überwiegend der katholischen Liturgiesprache entnommen. Selbst wenn sein Leser nicht wie er, Thomas Mann, in der Schulzeit Lateinunterricht genossen haben sollte, so konnte der Autor doch davon ausgehen, dass die ungefähre Bedeutung der lateinischen Textelemente im Rahmen der religiösen Sozialisation zumindest einem Teil seiner Leser übermittelt worden war. 1424 DE, S. 168. Stackmann 1964, S. 176. 1426 Vgl. DE, S. 84: „capitale und Waisengeld“ – S. 85: „capitale“ . 1427 DE, S. 15, 21, 30, 97. 1428 Mhd. pfellel: kostbares Seidenzeug (Lexer). 1429 DüD III, S. 404. 1425 210 Thomas Mann hat nicht nur längere Sequenzen fremder, bereits bestehender Idiome in seinen neuhochdeutschen Text integriert, er hat, und hierin entschwebt sein Mittelalter in gänzlich ungreifbare Sphären, auch ein Idiom „selbstgebastelt“ 1430 . Er nannte es ein „WaterkantenPlatt mit englischen Einschlägen“ 1431 , das er „die Fischer auf der halb-englischen KanalInsel“ 1432 Sankt Dunstan sprechen lässt. „Fische? Nee, dat’s nu’n littel bit tau veel verlangt. Wi könn von Lucke seggen, dat uns de Fisch nich hebben, denn dat was Euch `ne Freise, Herr, un weren Euch coups de vent, da macht Ihr Euch, Herr, gar keen Einbildung von. Da musst immer een Mann die Seen drawen aus dem Boot un de annere mit all sin Macht den Timon holden, un sonst was an keen Ding ein Denken an.“ (DE, 74) Eine Analyse sämtlicher Sequenzen 1433 dieses Idioms zeigt, wie Thomas Mann auch hier eine für den Leser ausreichende Verständlichkeit sichert: Die „Hauptzutat“ der Fischersprache ist, anteilig noch vor Englisch 1434 und Niederdeutsch 1435 liegend, wider Erwarten das Neuhochdeutsche 1436 . Die ebenfalls neuhochdeutsche Konvention der Großkleinschreibung erstreckt sich auf den gesamten Text, also auch auf die nd. und engl. Elemente, wodurch eine Segmentierung und syntaktische Orientierung erheblich erleichtert wird. Das Bemühen um Verständlichkeit kann die sprachliche Gestaltung des „Waterkantenplatts“ aber nur zum Teil erklären. Gleichzeitig scheint hier auf engstem Raume das umgesetzt, was der Mönch Clemens eingangs als Ineinanderrinnen und Einswerden der Sprachen bezeichnet hat. 1437 Die Verbindung zwischen dem Hoch- und dem Niederdeutschen gelingt Thomas Mann durch Integration umgangssprachlich verschleppter Formen (un’, könn’, nich’), die ebenso gut als Teil des niederdeutschen Wortschatzes gelten können. Thomas Manns Verbindung von Niederdeutsch und Englisch fußt auf der gezielten Nutzung sprachgeschichtlich bedingter Nachbarschaften. „»Dat’s« ist ja schon das englische »That’s«“ 1438 , stellte er erfreut fest. Nach diesem Muster wählte er bevorzugt jene Elemente aus, die lautlich wie orthografisch in der Schnittmenge (is, was, twelf, Water, wi, Dochter, Appel, upbringen, tellen) der beiden Sprachen liegen. Die Verbindung der sprachgeschichtlich weiter voneinander entfernten Idiome Neuhochdeutsch und Englisch gelingt Thomas Mann durch ... 1. Übertragung der neuhochdeutschen Konvention der Großkleinschreibung auf englische Elemtente (Appel, Hoax), 1430 Reich-Ranicki, S. 99. DüD III, S. 395. 1432 DüD III, S. 393. 1433 DE, S. 74-79, 86, 96, 97. 1434 littel bit, Lucke, Fisch, was, is, weren, musst, drawen, puhr Pipels Stoff, kehrt vor, schell, Durft, fresch Water, Dram, Fiddel-Faddel, hälpig, Appel, twelf, Kiddens, upbringen, Hoax, allwegs, tellen, Suckling, wi, holden. 1435 dat, tau veel, wi, seggen, de, hebben, was, keen, must, een, Mann, annere, sin, holden, was, dat, ook, wat schell, in sin, Water, min Dochter is, nich, un’, sundern, Appel, twelf, upbringen, hawt, geseggt, wi schellen, tellen, slechtem Muhl, ji schellt, dopen. 1436 Fische, nee, verlangt, könn’ von, uns, nich’, denn, Euch, `ne, Herr, un’, da macht Ihr Euch, gar, Einbildung von, da musst’ immer, Mann die Seen, aus dem Boot un’, mit all, Macht den, sonst, an, Ding ein Denken; wie, denn, Stoff, kehrt, vor, Teer, zum Tippeln; Lug und, dämpfig, rundum, wie’n, könnt’, wenn sie bloß welche hätt, die Wahrheit, den. 1437 DE, S. 14. 1438 DüD III, S. 393. 1431 211 2. Nachbildung des englischen Lautbildes unter Rückgriff auf die neuhochdeutsche LautZeichenzuordnung (littel bit, puhr Pipel, fresch Water), 3. Derivation des englischen Stammes mit deutscher Flexionsendung (Luck-e, Kid-d-ens, draw-en) oder deutschem Suffix (Suck-ling), 4. Neubildung hybrider Komposita (Gentle-volk), 5. Einformung deutscher Sprache in typisch englische Phraseologie (Ihr wettet, von englisch: you bet) 1439 . Und wenn das deutsche allweg mit dem englischen always zur Neubildung allwegs verschmilzt und das schweizerdeutsche vorkehren in geschickter syntaktischer Anordnung (da kehrt ein Herr gar nich vor) in die Nähe des englischen to care for rückt, wird überdeutlich, dass es dem Dichter bei diesem Teil seiner Spracharbeit nicht primär um Verständlichkeit, sondern vielmehr um formale Geschlossenheit ging. Es handelt sich also bei Thomas Manns „englischen Einschlägen“ beinahe ausschließlich um Neubildungen, sodass kaum ein originär englisches Wort (bit), zu finden ist. Gewissermaßen findet sich in dieser Textpassage konzentriert, was für den gesamten Romantext gelten kann: Bei aller qualitativen Vielgestalt der Sprachelemente dominiert quantitativ das Neuhochdeutsche, in das all die anderen Idiome eingebettet werden und deren Bedeutung weitgehend über Synonymisierung, im weiteren Sinne durch Kontextualisierung gesichert wird. Gleichzeitig ist Thomas Mann bestrebt, eine stimmige Sprachfiktion zu schaffen, indem er die verschiedenen Sprach(stuf)en durch gezielte Auswahl der Elemente und geschickte syntaktische Positionierung so dicht wie möglich aneinanderrückt. Wo dennoch Lücken zwischen den Idiomen bleiben, nimmt er Neubildungen vor, wobei die Laut/Zeichen-Zuordnung des Neuhochdeutschen als Zielsprache anzusehen ist. „All diese Neologismen unterscheiden sich paradoxerweise kaum von Archaismen“, 1440 konstatiert Frizen in diesem Zusammenhang. Das tun sie – aber nicht „paradoxerweise“, sondern weil Thomas Mann alle sprachlichen Möglichkeiten nutzt, „daß man die Mischung kaum merkt“ 1441 ; „man“, damit ist vor allem der Leser gemeint, dem der „dreist erfundene Dialekt“ 1442 als „vollkommen natürlich“ 1443 , (d.h. im Sinne der Fiktion als) potentiell möglich erscheinen soll. 7.3.3 Stil Am 23. März 1948 schrieb Thomas Mann an Ida Herz, er wolle eine mittelalterliche Legende nochmal erzählen, sei aber „noch nicht sicher, ob [er] den Ton dafür finde“ 1444 . Im Vergleich mit anderen Mittelalterfiktionen, wird ex negativo deutlich, wie effektiv der richtige „Ton“ für eine archaisierende Sprachfiktion ist, wie an folgendem Textbeispiel aus Donna W. Cross’ Roman „Die Päpstin“ kurz demonstriert werden soll: 1439 DE, S. 89. Frizen 2001, S. 865. 1441 DüD III, S. 393. 1442 DüD III, S. 363. 1443 DüD III, S. 395. 1444 DüD III, S. 352. 1440 212 „ »Forsachistu diabolae?« fragte er Gudrun auf Sächsisch, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern [...] »Ec forsacho allum diaboles«, schluchzte Gudrun, doch in ihren Augen funkelte Trotz.“ 1445 Altsächsisch und Neuhochdeutsch stehen hier unvermittelt nebeneinander – ein Nebeneinander, das allenfalls im Wechsel von wörtlicher Rede und Erzähler-Kommentar eine gewisse Rechtfertigung finden kann. Damit hebt sich der bislang fixe Blick vom einzelnen Fremdelement auf den Stil, der als Gesamtheit der sprachlichen Ausdrucks- und Gestaltungsmittel definiert ist.1446 Hier liegen weitere, bislang unbehandelte poetische Spielräume Thomas Manns, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen. In einer systematischen Analyse der ersten hundert Seiten des „Erwählten“ stellt sich die heute nicht mehr erforderliche 1447 Flexion der Nomen im Dativ Singular (im Fluge, am Strome, zum Stolze) als häufigstes sprachstilistisches Mittel heraus. 1448 Vereinzelt wird auch der Genitiv Singular (seit seiner Frauen Scheiden) 1449 oder gar der Vokativ (Fraue!, Amice!) 1450 markiert. Daneben macht Lesser 1451 auf die „altertümlich klingende“ Flexion der Eigennamen (Caroli, Faltonien, Christum) 1452 aufmerksam, die nicht nur im „Erwählten“, sondern in allen Jahrhunderten des Mann’schen Spätwerks stilistisches Programm zu sein scheint und die bis zum Vokativ (Probe!) ihre Anwendung findet. Friedrich Kammradt konnte in vielen Werken Thomas Manns, gerade „bei Erzählungen aus der Vergangenheit“ 1453 , einen häufigen Gebrauch unflektierter Adjektivformen feststellen, die nach Eberhard Knobloch zu den stilistischen Mitteln der Archaisierung gezählt werden müssen. 1454 Formen wie dein weiblich’ Flennen treten auch im „Erwählten“ verstärkt 1455 auf – ein Mittel, das sich u.a. auch auf Indefinit- (auf ander’ Blut) und Possessivpronomen (die Schwester dein’ ) 1456 erstreckt. Neben dem Gebrauch unflektierter steht der häufige Gebrauch nicht synkopierter Verbformen (nutzet, vergissest) 1457 , die Leitner als weiteres Mittel sprachlicher 1445 Cross, Donna W.: Die Päpstin. Historischer Roman. Berlin 2000, S. 23, die hier das as. Taufsymbolum in ihren Text integriert. 1446 Wilpert 1989, S. 888. 1447 Duden, Bd. 4: Die Grammatik, S. 223. 1448 in meinem Lande, S. 42; am Tage, S. 41; am Leibe, S. 48; einem andern Manne, S. 48; im Saale, S. 54; zu seinem Weibe, S. 54; mit meinem Rate, S. 56; von Gebürte, S. 56; meiner Frauen, S. 59; seinem Weibe, S. 60; dem Fleische, S. 63; dem Tode, S. 65; seinem Kleide, S. 77; mit dem Kinde, S. 77; deinem Weibe, S. 77; im Fluge, S. 76; mit einem Manne, S. 72; am Strome, S. 72; zum Stolze, S. 69; zum Strande, S. 68; mit süßem Munde, S. 77; vom Ündenschlage, S. 80; vom Meere, S. 80; dem Abte, S. 80, 83; am Stalle, S. 82; dem Gelde, S. 83; dem Kinde, S. 83; beim Spiele, S. 94; zum Grase, S. 93; am Spiele, S. 92, 93; am Strande, S. 90; einem reichen Lande, S. 89; vom Gesetze, S. 88; dem Abte, S. 86; einem Manne, S. 89; am Buge, S. 95; im Ohre, S. 99; dem Fuße, S. 100. 1449 DE, S. 32; vgl. auch S. 127, 154. 1450 DE, S. 66, 212. 1451 Lesser, S. 514 1452 Sybillens, S. 136; Jeschuten, S. 168; Sybillen, S. 258; Anacleten (Dat.), S. 61; Christus, -i, -um, S. 10, 11, 17, 149, 196; Probe!; Chrysogone, S. 85; Faltonien, S. 201; Sankt Galli, S. 116; Jesu, -um, S. 70. 1453 Kammradt S. 4; so auch Hilscher 155, S. 59 und Hilscher 1983, S. 243. 1454 Knobloch, S. 24. 1455 ungrisch Leder, S. 72; Jung Wiligis, S. 60; Jung Credemi, S. 88; ein britisch Reich, S. 72; weiblich Flennen, S. 41; wunderlich Gelüst, S. 50; selig Seufzen, S. 50; hitzig Werken, S. 53; arm Sünderlein, S. 54; leidig Einverständnis, S. 56; sündig Weib, S. 63; ewig Trauer, S. 63; ein offen Boot, S. 66; ungeistlich Benehmen, S. 73; schwitzig Zeug, S. 75. 1456 weiteres Unflektiertes: die Schwester dein, S. 33; auf ander Blut, S. 57; kein Träne, S. 61; ohn Achtung, S. 157; ohn jedes Aufsehen, S. 46. 1457 nutzest, S. 107; vergissest, S. 114; gedenket, S. 33; wollet, S. 79; sehet, S. 77. 213 Archaisierung anführt. 1458 Die „Reaktivierung des Genitivs“ 1459 , die Frizen im Kontext der Goethe-Parodie nennt, ist im „Erwählten“ zunächst bei den Verben nachweisbar: Zum einen werden verstärkt Verben mit ausschließlicher Genitiv-Rektion (sich unterwinden + Gen.) 1460 ausgewählt, zum anderen wird bei Verben mit variabler Rektion der Genitiv bevorzugt (tragen + Gen. statt Akk.) 1461 . Ähnlich wie die dichterische Freiheit der Namengebung wird auch diese Wahlmöglichkeit dem Leser offen gelegt, wenn nämlich Flann zu Grigorß sagt: „Du schämtest dich für mich, du schämtest dich meiner!“ 1462 Rektion und Gebrauch dieser teils antiquierten Verbformen waren selbst Thomas Mann nicht immer klar, sodass er nachschlagen und sich vergewissern musste. Er notierte: „des verjehen: sagen, bekennen, eingestehen“ 1463 . Im nominalen Bereich greift Thomas Mann sehr häufig auf den vorangestellten Genitivus possessivus (des Abtes Taufkind) 1464 zurück. Der Genitivus qualitatis wird sowohl nominal (eine Nonnenfürstin erstorbenen Herzens) 1465 als auch in adverbialer Funktion (schlechten Mundes sprechen) 1466 gebraucht. Am Rande ist auch der Genitivus partitivus (eine Menge Rats) 1467 im „Erwählten“ zu verzeichnen. Wirklich nur bei Thomas Mann anzutreffen sein dürfte die von Frizen so bezeichnete „koppelnde Wiederholung ein und desselben Attributs“ 1468 („fein-feines Haar“) 1469 , die von Lesser unter Anführung weiterer Beispiele als altertümlich klingend eingestuft wird. 1470 Ein Stilmittel, das von keiner der herangezogenen Arbeiten erwähnt wird, ist der imperativische Gebrauch von Modalverben (Wisse!, wolle!, wollt!), wie er bei Goethe zu finden ist, heute aber als „allgemein unüblich“ 1471 gilt. Die Morpho-Syntax des „Erwählten“ wird stilistisch dominiert durch die Bildung des Perfekts bzw. Plusquamperfekts ohne die Formen der Auxiliarverben ‚sein’ und ‚haben’ (was mir vorgekommen) 1472 , das nach Knobloch ebenfalls in archaisierender Funktion steht. 1473 „Der Sprachklitterung im Großen entspricht die Wortmontage im Kleinen“ 1474 , so Wysling. Die dazwischen liegenden poetischen Freiräume der Morphologie und der Syntax nutzt Thomas Mann, indem er sein „Jahrhundert-Durcheinander“ mit der Lasur eines gleichmäßig 1458 Leitner, S. 25. Frizen 2001, S. 860. 1460 So auch bei: genesen, S. 45; verweisen, S. 65; getrösten, S. 34; entschlagen, S. 46; gedenken, S. 50, 65, 59; ermangeln, S. 49; walten, S. 48, 64; unterwinden, S. 77, 81; ledig sein, S. 82. 1461 So auch bei: warten, S. 43; tragen, S. 51; vergessen, S. 53; versprechen, pflegen, S. 55; entbehren, S. 65. 1462 DE, S. 97. 1463 Not. DE, Bl. -/17. 1464 So auch bei: des Abtes Taufkind, S. 89; der Sache Meister, S. 88; des Fischesr Kinder, S. 86; des Menschen Herz, S. 73; dieses Kindes Bedürftigkeit, S. 78; der Kinder Augen, S. 21; des Herzogs [...] Rede, S. 48; deines Bruders Statt, S. 55; des Landes Herren, S. 53; des Gatten Wiederkehr, S. 59. 1465 DE, S. 63. 1466 schlechten Mundes sprechen, S. 82; sich des Todes wundern, S. 82; gespitzten Mundes nachsprechen, S. 79; klopfenden Herzens horchen, S. 89. 1467 eine Menge Rats, S. 46; ein Stückchen Weges, S. 87; so viel Leides, S. 49; zwei Mark Goldes, S. 77. 1468 Frizen 2001, S. 857. 1469 DE, S. 21. 1470 Lesser, S. 514. 1471 Duden, Bd. 4: Die Grammatik, S. 169. 1472 So auch bei: seit sie sich zuerst in mir geregt, S. 55; dem Abt Gregorius [...] entgegengesehen, S. 95; die der Bruder gedichtet, S. 87; nachdem er nochmal [...] gestoßen, S. 70; was mir vorgekommen, S. 76; daß ich mich ihrer Zukunft angenommen, S. 33; indem ich [...] viel Unmut [...] geschaffen, S. 33f.; was schon sein eigener Vater zu ihm gesagt, S. 34; die ich geboren, S. 55; wie es mit seinem Herrn geschehen, S. 61; die ihn so schnöd; betrachtet, S. 65. 1473 Knobloch, S. 31. 1474 Wysling 1967, S. 293. 1459 214 archaisierten Stils überzieht, in dem Goethisches 1475 und Faustisches mit dem „altmodischen Deutsch“ 1476 der von ihm benutzten Versübertragungen Hertz’, Panniers oder Simrocks verbunden sind. Dies war ein Ton, der sich „viel leichter parodieren ließ als der des mittelhochdeutschen Originals“ 1477 , wie Wysling sehr richtig anmerkt. Auf diese Weise gelingt es ihm, die durch das „Aufkleben“ 1478 der Fremdelemente entstandenen Ränder nachhaltig zu verwischen und die Stimmigkeit der Sprachfiktion abzurunden: „Milde Maria, [...] benedictus fructus ventris tui! Stella maris bist du genannt nach dem Stern, der an das Land das müde Schiff geleitet, [...] Gern, Fraue, [...] küßt ich ihn auf das Haar. [...] Doch Sancta Maria sag: Ist mir’s denn beschieden, noch einmal [...] selig zu sein [...]? Des ist mein Herz von Zweifeln voll ...“ 1479 7.3.4 Dingreichtum Eine integrative Verbindung von Sprache und Stoff ist im sog. „Dingreichtum“ des Romans zu sehen, der ebenfalls mehr sein will als ein bloßes Kolorit. Als die Arbeiten zum „Erwählten“ bereits begonnen hatten, schrieb Thomas Mann rückblickend über den „Faustus“: „Ich war mir von vornherein klar darüber, daß man heute keinen »KünstlerRoman« mehr schreiben kann, in dem das Genie des Helden nur behauptet wird. Ich hatte es zu beweisen, zu realisieren, hatte eine Exaktheit von mir zu verlangen – um jeden Preis“ 1480 . In diesem Kontext sind auch die langen Listen von Namen und Gegenständen zu verstehen, die der Dichter in seinen Notizen 1481 anlegte und später in seinen Romantext einfließen ließ. Allerdings war es „kein kleines“, so stöhnt Clemens, soviel Detail „gehörig anzuordnen und grammatisch im Zaum zu halten“ 1482 : „ ... dazu Geschmeide und wundertätiges Gestein [...]: Karfunkel, Onyx, Kalzidon, Koralle und wie sie alle heißen, Achat, Sardonyx, Perlen, Malachit und Diamanten, daß die Magazine und Rüstkammern strotzten von edlen Waffen, Ringpanzer-hemden, Hersenieren und Schilden von Toled im Spanierland ...“ 1483 In direkter Kontrastierung zu einer Textstelle aus Adolf Muschgs „Rotem Ritter“, wo schlichte „Stoffe, Tücher, Teppiche, Fahnen, Girlanden, Pferde, Tische, ein spiegelnder Brunnen in der Mitte und die Zierbäume im Kübel [...] ihn [Parzivâl] umstanden“ 1484 , 1475 Vgl. Betz 1972, Frizen 2001, Kammradt. DüD III, S. 418. 1477 Wysling 1967, S. 291. 1478 DüD III, S. 61. 1479 DE, S. 156f. 1480 DüD III, S. 202. 1481 Namensliste: Not. DE, Bl. -/19; Liste jagdbarer Vögel: Not. DE, Bl. -/29; Liste zur „Mahlzeit”: Not. DE, Bl. 16/49; Liste „wunderkräftige Edelsteine”: Not. DE, Bl. 18/51f. 1482 DE, S. 18. 1483 Ebd. 1484 Muschg, Adolf: Der Rote Ritter. Eine Geschichte von Parzivâl (=suhrkamp taschenbuch 258). Frankfurt a.M. 1996, S. 368. 1476 215 wird die Effektivität dieses poetischen Mittels noch deutlicher. Die „Macht unbekannter Fakten“, wie Thomas Mann sie nutzt, bedeutet zwar einerseits eine Befremdung des Lesers, erzwingt aber in zweiter Instanz den Eindruck des Dabeigewesenseins des Erzählers, sodass erstgenannter in seiner Unwissenheit gar nicht anders kann, als die bisher „gar nicht vorhanden geglaubte Realität“ anzunehmen. 1485 Es mag paradox klingen (um mit Wimmer zu sprechen), aber an dieser Stelle steht die Entfremdung nicht in Funktion des Ablösens der Erzählung vom historisch Greifbaren, sondern hier bedeutet Entfremdung Versicherung – und zwar Versicherung des Lesers, dass es so gewesen sei(n könnte). Der Dichter versucht, „den Charakter der Authentizität durch Dingreichtum [zu] erzwingen“ 1486 , so Wysling. 7.3.5 Orientierung an Sprachlichklischees Wahrscheinlichkeit, im Sinne von Realität, könne diese erzählte Welt objektiv gesehen nicht für sich beanspruchen, so Helmut Koopmann, „da auch der stupideste Leser merkt, daß Plattdeutsch und Englisch, Mittelhochdeutsch und Altfranzösisch sich in dieser sonderbaren Mischung realiter wohl nie präsentiert haben.“ 1487 (Dem ‚Nie’ könnte noch ein ‚Nirgends’ an die Seite gestellt werden.) Dennoch darf nicht der Eindruck entstehen, die fremden Einsprengsel seien bloß eine Art blindes Kolorit ohne tiefere funktionelle Verknüpfung, das von Thomas Mann oberflächlich und gleichmäßig auf die Erzählung aufgetragen worden ist. Sie waren auch Kolorit 1488 , keine Frage; Die Beobachtung aber, dass der Dichter den gemeinen Mann eine Art „WaterkantenPlatt mit englischen Einschlägen“ 1489 , die feinen Herrschaften bei Hofe wiederum eine stark französisch gefärbte Sprache sprechen lässt, bei den namenlosen Fischern im Nirgendwo hingegen gar keine idiomatische Einfärbung vornimmt, spricht für eine gezielte Funktionalisierung des „Jahrhundert-Durcheinanders“ in Orientierung an den fiktiven Örtlichkeiten, womit die Betrachtung zur poetischen Verbindung von Sprache und Erzählstoff geführt wird. Die sprachliche Einfärbung der höfischen Kapitel (2-8, 15-22) des „Erwählten“ ist vergleichsweise komplex. Das herzogliche Familienleben markiert Thomas Mann durch alt- und neufranzösische Einsprengsel, wobei das Altfranzösische in den Dialogen dominiert und sich stellenweise kaum merkbar mit dem Neufranzösischen vermischt. Das Familiäre ist umgeben und ausstaffiert mit einer Vielzahl höfischer Requisiten (Klaret, Pfellel, Sammet), die vornehmlich mittelhochdeutscher Herkunft sind. Das höfische Leben ist flankiert von ritterlichem Treiben, von Kampf, Jagd und Reiterei. In der Jagd sind deutsche Einsprengsel vorherrschend – ursprünglich Mittelhochdeutsches, das größtenteils den Sprung in die Fachsprache der Neuzeit geschafft hat (entbästen, Gefälle, hürnen). In Kampf und Reiterei dominiert wieder das Französische (Fianze, sursangle, jamblieren). Sieht man von der neuhochdeutschen Erzählsprache ab, findet sich in der höfischen Sprache gewissermaßen die mittelhochdeutsche Epik parodiert, denn „mittelhochdeutsche Dichtung nahm ja gern französische Brocken auf“ 1490 , so Thomas Mann. Nach Wilhelm markiert das 1485 Wilhelm, S. 125. Wysling, Hans/Schmidlin, Yvonne (Hrsg.): Text und Bild bei Thomas Mann. Bern und München 1975, S. 11; ähnlich Koopmann, Helmut: Der Erwählte, in: Handbuch, S. 511. 1487 Ebd., S. 512. 1488 DüD III, S. 403. 1489 DüD III, S. 395. 1490 Ebd. 1486 216 Französische allgemein die besonders feine Erziehung und Lebensart. Diese wird gespeist aus dem Wissen um Französisch als Bildungssprache des 19. Jahrhunderts. 1491 Der historisch versierte Fachmann unter den Lesern kennt das Französische zudem als Sprache des Hofes vor allem in der Zeit der Aufklärung. „Mit unserem Abte Kilian bin ich [Clemens] der wohlgeprüften Ansicht, daß die Religion Jesu und die Pflege antiker Studien Hand in Hand gehen müssen in der Bekämpfung der Roheit [...]. Tatsächlich ist die Bildungshöhe unserer Brüderschaft sehr beträchtlich und meiner Erfahrung nach derjenigen des römische Klerus überlegen, [...] unter dessen Mitgliedern bisweilen ein wahrhaft beklagenswertes Latein geschrieben wird“. 1492 Damit macht Clemens das Lateinische zur klerikalen Bildungssprache, die seine mönchische Erzählinstanz (Kap. 1), die klösterliche Sphäre Sankt Dunstans (Kap. 9-14) und auch die – wie Thomas Mann sie nannte – „römischen Dinge“ 1493 im Roman (Kap. 1, 25-31) sprachlich markiert. Die poetische Umsetzung ist in den Fällen recht unterschiedlich gestaltet. Während Clemens schon vor seiner grammatischen Inthronisation, d.h. in den ersten Sätzen des Romans, lateinische Psalmen (Beati quorum tecta sunt peccata) zitiert, „latinisieren“ die „römischen Herren“ durch imperative, vokative sowie exklamatorische Einschübe (credite!, amice!, numquam!). 1494 Das lateinische Element ist in der Sprache des Abtes von Agonia Dei (Deus dedit, Credemi!) eher spärlich vertreten, erweist sich aber im Kontrast zum Hüttenmessingsch der Fischer ausreichend effektiv, den gehobenen Bildungsstand des Abtes anzudeuten: „›Wie sie reden‹, dachte der Abt. ›Höchst ordinär‹“ 1495 , und entschloss sich, die Bitte um die Taufe Grigorß’ von Fischer Wiglaf mehrmals „gespitzten Mundes“ 1496 wiederholen zu lassen, damit dieser von den Mönchen nicht verspottet würde. Nach seiner Taufe wuchs Grigorß im gemeinen Milieu der Fischerhütte heran. „Er trug die gemeine Kleidung seiner Brüder, und als er drei war, fing er zu reden an wie sie und ihre Eltern, sagte auch: »Wat schell da in sin?«. 1497 Nach seinem Übergang ins Kloster aber wurde „seine Rede [...] rein wie seine Füße und Hände, und er konnte bald das Messingsch der Hütte nicht mehr“. Wenn er es dennoch sprach, aus Höflichkeit z.B. beim Besuch seiner vermeintlichen Eltern, so standen ihm die Worte „unnatürlich“ und „falsch“ und den Hüttenbewohnern war, „als wollte er sie verhöhnen“. 1498 „Der Zweikampf“ zwischen den Milchbrüdern Flann und Grigorß ist damit als Resultat dieser mit der Zeit entstandenen sozialer Ungleichheit zu werten, die Flann vor allem in der Sprache manifestiert sieht: 1491 Wilhelm, S. 126. DE, S. 11. 1493 DüD III, S. 406. 1494 DüD III, S. 418: „Mein römischen Herren latinisieren ja auch hie und da in ihrer Ausdruckweise.“ 1495 DE, S. 74. 1496 DE, S. 79. 1497 DE, S. 86. 1498 DE, S. 87. 1492 217 »Tu nich bosten und swaggern vor mir [...] mit deinem gelehrten Schnack [...]! Absichtlich willst du mich demütigen mit deinem Gebabbel [...], um mich fühlen zu lassen, wieviel klüger und feiner du bist als ich. « 1499 Grigorß’ geistige Überlegenheit war also unüberhörbar, wer aber der physisch Stärkere sei, war bislang strittig geblieben, sodass Flann in der Hoffnung, zumindest hier der Erste zu sein, verlangte, „daß es ausgetragen sein muß zwischen uns“ 1500 . So wie im 20. Jahrhundert ein allgemeiner Rückgang der niederdeutschen Sprache auf die ältere Generation und auf den ländlichen Bereich zu verzeichnen war, ist auch das „Waterkantenplatt“ 1501 , das sich im Roman größtenteils auf die wörtliche Rede der Fischer Wiglaf und Ethelwulf beschränkt, als Ausdruck eines sprachlichen Relikts zu werten. So kann über die Sprache en gros die Abgeschiedenheit der Insel, en détail die einsame Zweisamkeit der gemeinsamen Tätigkeit auf offenem Meer realisiert werden. Des Weiteren dient das „Waterkantenplatt“ Thomas Mann zur Konstruktion „stark asymmetrischer sozialer Kommunikationssituationen“ 1502 , d.h. es kommt dort zur Anwendung, wo ein starkes soziales Gefälle zwischen den Gesprächspartnern angedeutet werden soll. Vereinfacht gesagt wird hier das Klischee des ungebildeten (Dialekt sprechenden) Bauern bedient, in dem niedriger Bildungsstand und ländliche Abgeschiedenheit einander bedingen. Damit kann Koopmanns These von einer insgesamt unauthentischen Sprachgestaltung des Romans nach wie vor zugestimmt werden, wenngleich festgestellt werden muss, dass die Erzählung über weite Strecken offenbar einer idiomatischen Logik folgt, die sich an den klischeehaften Sprachvorstellungen potentieller Leser orientiert und durch diesen Brückenschlag im Einzelfall schon auf sozialhistorische Muster rekurriert. Aber so wie die Erzählinstanz oder die Namengebung eine ironische Brechung erfahren haben, bricht der Dichter auch die idiomatische Logik der Fiktion an einer Stelle nachhaltig: Wiglaf, Ethelwulf, Flann und seine Brüder, sie alle sprechen das gemeine Idiom der Hütte, nur Mahaute nicht – warum? Flann hat den Kampf gegen seinen Milchbruder verloren und eilt kampfeswund zu seiner Mutter. Gregorius folgt ihm schuldbewusst. Die aufgebrachte Mahaute kann nicht mehr an sich halten, als sie ihren blutenden Sohn sieht: »Ich soll nicht lamenten?! Die rote Baumwoll, die Wasserkompreß! Das sicher, das hier, das gleich! Doch nicht lamenten? Deine leibliche Mutter soll nicht lamenten und fragen nicht, wer dich schimpfiert hat, verunstalt fürs Leben? O Tag! Solch ein Tag, solch ein Tag. Zu wahr! Wer hat es getan? Wer ist der Mörder?« 1503 Als Flann seinen vermeintlichen Bruder Gregorius als Verursacher seines erbarmungswürdigen Zustandes preisgibt, fallen bei Mahaute alle Schranken und sie verhilft dem Stiefsohn so ungewollt zur „Entdeckung“ seiner wahren Herkunft: »Ha, ha, ha, ha!! Mein Sohn, dein Bruder? [...] der ist dein Bruder so wenig wie das Schwein im Koben, [...] hergelaufener, hergeschwommener Landstreicher, Meerstreicher, verfluchter Knochenbrecher, Henker und Schänder! Ist das der Dank?« 1504 1499 DE, S. 96f. DE, S. 97. 1501 DüD III, S. 395. 1502 Polenz, Peter von: Gelehrter Schnack. Sprachpragmatische Interpretation eines Dialogs in Thomas Manns „Der Erwählte“, in: John Askedal (Hrsg.): Festschrift für Laurits Saltveit, Oslo 1983, S. 166. 1503 DE, S. 102. 1504 DE, S. 103. 1500 218 An dieser Stelle muss mit Wilhelm festgestellt werden, dass das Messingsch der Hütte „den Fischern schwerfällig und ungelenk von der Zunge“ geht. 1505 Diesem Gedanken folgend wäre in der vorliegenden Situation allenfalls ein schwerfälliges und sprachlich ungelenkes „De Jung schell mi nach Hus henkomen, dat ik hem wat mit min Riemen overtrekken kann!“ zu erwarten gewesen, mehr nicht. Dieser darin zum Ausdruck kommende „schwerfällige“ Erregungszustand hätte allerdings kaum ausgereicht, um Flanns Mutter das über Jahre gehütete Geheimnis von Grigorß’ Findlingschaft hervorspeien zu lassen. Aus diesem Grunde wird hier der gemeinen Sprache der Fischer ein stilistisch hochtrabenderes, hysterischkopfloses Gezeter vorgezogen, worin deutlich wird, dass sich Thomas Mann in der Sprachgestaltung des Romans nicht nur an den klischeehaften Sprachvorstellungen seiner Leser, sondern im Einzelfall auch an der Pragmatik der fiktiven Kommunikationssituation orientiert. 7.4 Fazit Die Sprache als europäisierendes Politikum gegen eine deutsche Schuld? – Dazu lässt sich abschließend sagen, dass der „Doktor Faustus“ in der Erkenntnis einer deutschen Weltbedürftigkeit 1506 zwar das politische Potenzial besaß, eine Auflösung des schuldig gewordenen Deutschlands ins Europäische zu leisten. Die sprachpoetische Umsetzung dieser Erkenntnis aber gelingt Thomas Mann angesichts der zu deutschen Thematik des Buches nur in Maßen, sodass die dominierende altdeutsche Sprache nur indirekt, nämlich allenfalls im Verbund mit der (internationalen) Musik, daran teilhaben kann. Die Sprache des „Erwählten“ hingegen hat zwar in ihrer Vielfalt das Potenzial zur Europäisierung, doch kann sie angesichts der deutlichen Zäsur 1507 in der politischen Motivation des Autors nur schwer als gezieltes Politikum gedeutet werden. Lediglich über das Motiv der Gnade, um die Thomas Manns Denken1508 in der Tat schon längere Zeit kreiste und um die es ihm im „Erwählten“ bei allen Späßen so ernst 1509 ist, kann eine schmale Brücke zur Wimmer’schen Eingangsthese geschlagen werden: Gnade ist, „was wir alle brauchen [...] in dieser gefährlichen Zeit“ – nicht nur Deutschland, sondern Europa und die ganze Welt. 1510 Dabei könnte der Gedanke an Deutschland zumindest „unbewusst“ und „unterschwellig“, wie Thomas Mann sagt, mit „im Spiele“ 1511 gewesen sein. Nach Ablösung des Romans vom politischen Hintergrund muss die Wimmer’sche Intention der „Europäisierung“ in eine unpolitische ‚Entörtlichung’ umdeklariert werden, die zusammen mit der Entzeitlichung das Mann’sche Mittelalter in poetisch-unhistorischer Schwebe hält. Auf funktioneller Ebene des Romans lässt sich die Sprache als Eckpfeiler der 1505 Wilhelm, S. 130. DüD III, S. 39; vgl. DrF, Kap. 37. 1507 Kurzke, S. 704: „Befriedigt vom Siege der Alliierten, aber enttäuscht vom weiteren Verlauf der Geschichte [...] zieht sich Thomas Mann nach Kriegsende fast völlig aus der Politik zurück.“ 1508 DüD III, S. 426. 1509 DüD III, S. 386: „ ... aber mit der Idee der Gnade ist es mir recht christlich ernst.“ 1510 DüD III, S. 426. 1511 DüD III, S. 427f. 1506 219 funktionalen Trias ‚Sprache – Stoff – Erzähltechnik’ interpretieren, deren gemeinsamer Nenner eben diese Ort- und Zeitlosigkeit ist. In multipler Verschränkung wird nach außen hin die fiktionale Autonomie des Romans behauptet, nach innen hin geschlossen. Dabei ist der Dichter bestrebt, seiner Fiktion zumindest den „Charakter der Authentizität“ zu verleihen und seinem Leser bei aller Diversität des Erzählten die „wohlige Illusion atmosphärischer Echtheit“ 1512 soweit wie möglich zu sichern, indem er, bei allem, was er fingiert, immer die „Schein-Möglichkeit“ 1513 sucht. Dies gilt für die stoffliche Umsetzung („Erdmilch“, „Christus als Lamm“) und mehr noch für die Sprache, die durch etymologische Brückenschläge innerlich geschlossen und deren idiomatische wie wortbildnerische Vielfalt in einen gleichmäßig archaisierten Stil gebettet wird. Die Sprache nimmt mit den Namen und einer Vielzahl historischer Realien „«wahre» Wirklichkeit“ an, „um sich [...] nicht in bloßem Schein zu verflüchtigen“ 1514 . Durch die generell „kompetente Bewegung im Medium der Sprache ist eine Kunstgestalt verwirklicht, die den Leser als Ganzes in Bann schlagen kann“ 1515 . Für jenen wird das vagemittelalterliche „Ganze“ von zwei antagonistischen Funktionen in der Schwebe gehalten: der Entwirklichung, die die Fiktion von aller historischen Greifbarkeit löst, und den verbalen (Clemens) wie nonverbalen Versicherungen (Sprachklischees, Dingreichtum etc.), dass es zumindest so gewesen sein könnte. Diese „eigentümliche Mischung aus Leichtsinn (Jahrhundert-Durcheinander) und Sorgsamkeit [...] gehörte [...] zur Konzeption dieses speziellen opusculums“ 1516 . Damit ist Thomas Mann „im Konstruktiven zur Einfachheit“1517 , oder besser: zur Einheit gelangt. Er hat die Legende nach außen aufgehoben, nach innen bewahrt. 1518 1512 Meyer, S. 233. AN, S. 690. 1514 Wysling/Schmidlin, S. 11. 1515 Jeßling, S. 584. 1516 DüD III, S. 422. 1517 DüD III, S. 388. 1518 DüD III, S. 387. 1513 220 8. Kapitel: „Doktor Faustus“ als „Vorspiel“ 1519 Sprachliche Archaisierung durch Zitat und Wortbildung wie im „Erwählten“ ist keine singuläre Erscheinung im dichterischen Schaffen Thomas Manns. „Das DeutschAltertümliche spielt in meinem ›Zbg‹ ja kaum eine Rolle, höchstens als »gestärkte Halskrause«; eine desto größere im ›Faustus‹, zu dem ich bewußt alles Deutsche in mir heraufgeholt habe“ 1520 , so der Dichter. Zwischen diesen beiden Werken liegen „Joseph und seine Brüder“ (1926-42), die sich im „Schweben der Sprache“ 1521 mit dem „Doktor Faustus“ und dem „Erwählten“ verbinden, und, eingeschoben, die „Lotte in Weimar“ (1936-39). Hier war der Dichter bemüht, die Atmosphäre der Goethezeit durch Zitat aus dessen Werken, eingebettet in eine facettenreiche Stil-Parodie, sprachlich auferstehen zu lassen. Nach Herman Meyer beginnt die Skala der von Thomas Manns gebrauchten Mittel „mit der leichten Archaisierung im Orthografischen, Morphologischen und Idiomatischen“ und steigert sich bis hin zum goethischen „Vollzitat“. Durch diese Bandbreite stilistischer Mittel sei gewährleistet, dass das eigentliche Zitat harmonisch im gesamten Sprachmilieu des Romans funktioniere und sich „eine wohlige Illusion atmosphärischer Echtheit“ 1522 einstelle, sodass laut Sigrid Becker-Frank selbst der Kenner Mühe habe, zwischen Zitat und Pseudozitat zu unterscheiden. 1523 Dieser sprachliche Gipfel Mann’scher Goethe-imitatio ist chronologisch umspült von der „Joseph“-Tetralogie, die in mythischer Wiederholung der Schöpfungsgeschichte „die unermesslichen Zeitentiefen im Brunnen der Vergangenheit auslotet“ 1524 und gleichzeitig historisch greifbare Bezüge aufhebt. Gerade mit Blick auf das letzte, erst nach „Lotte“ entstandene Werk „Joseph der Ernährer“ stellt Thomas Mann fest: „Sprachlich wie mythologisch gehen [...] das Aegyptische, Jüdische, Griechische, ja Mittelalterliche bunt durch einander. Mehr und mehr sehe ich in dem Ganzen ein Sprachwerk, zu welchem alle möglichen Sphären herhalten und Material liefern müssen.“ 1525 Das Prinzip der sprachlichen Archaisierung durch Zitat und Wortbildung erfährt in dem kurz darauf entstandenen Roman „Doktor Faustus“ (1943-47) noch eine bemerkenswerte Steigerung. Die unbestreitbare Größe dieses Romanwerks liegt in seiner Vielschichtigkeit 1526 begründet. In der Unzahl der Deutungsmöglichkeiten, die die literaturwissenschaftliche Forschung hervorgebracht hat, lassen sich drei Schwerpunkte isolieren: die Rezeption des „Faust“-Stoffes, die wiederholt-verspätete 1527 Thematisierung der Kunst- und Künstlerproblematik, dargestellt am Paradigma der Musik, und letztlich die Interpretation des „Doktor Faustus“ als historischer Roman 1528 . Kennzeichnend für den Aufbau des Romans ist, dass 1519 DüD III, S. 379: „seit dem »Faustus« alles nur Nachspiel“. DüD III, S. 198. 1521 DüD III, S. 356. 1522 Meyer, S. 233f. 1523 Becker-Frank, Sigrid W.: Das Spätwerk Thomas Manns: Eine Untersuchung zur Integration des Zitats, besonders im Doktor Faustus. Quickborn b. Hamburg 1963, S. 122. 1524 Heftrich, Eckhard: Joseph und seine Brüder, in: Handbuch, S. 463. 1525 DüD II, S. 191. 1526 Entst., S. 162: „Ein starkes Konvolut von Notizen, die Komplexität des Vorhabens bezeugend, hatte sich angesammelt: [...] ein buntes Zubehör aus vielen Gebieten, dem sprachlichen, geographischen, politischgesellschaftlichen, theologischen, medizinischen, biologischen, historischen, musikalischen“. 1527 Entst., S. 157: „ ... aber ich erachtete [...] das Künstler-Bürger-Problem [...] für verjährt und überholt“. 1528 Vaget, Hans Rudolf: Kaisersaschern als geistige Lebensform. Zur Konzeption der deutschen Geschichte in Thomas Manns „Doktor Faustus“, in: Wolfgang Paulsen (Hrsg.): Der deutsche Roman und seine historischen und politischen Bedingungen. Bern, München 1977, S. 200-235; Wiegand, Helmut: Thomas Manns Roman 1520 221 verschiedene zeitliche Ebenen 1529 miteinander verwoben sind: Die Zeit, in der Thomas Mann den Roman schreibt, die Zeit, in der sein Erzähler, Zeitblom, die Biographie seines Freundes Adrian Leverkühn niederschreibt 1530 , die Zeit, in der sich das Leben Adrians und somit auch das des Erzählers abspielt. 1531 In der Interpretation des Leverkühn’schen Lebensweges tritt noch eine weitere, nicht ganz so leicht greifbare Zeitebene hinzu: „So wenig es möglich war, das Absinken seiner Gesundheit mit dem vaterländischen Unglück in Verbindung zu bringen – meine Neigung, das eine mit dem andern in objektivem Zusammenhang, symbolischer Parallele zu sehen, diese Neigung, die eben nur durch die Tatsache der Gleichzeitigkeit mir eingegeben sein mochte, war unbesieglich ...“ 1532 Diese immanente Poetik aus dem Munde des Erzählers Zeitblom korrespondiert mit einer Äußerung Thomas Manns, dies sei der „Roman [s]einer Epoche, verkleidet in die Geschichte eines hoch prekären und sündigen Künstlerlebens“ 1533 , womit Leverkühns Schicksal „weitgehend zum Schicksal Deutschlands“ 1534 wird. In dessen Biographie findet sich also gewissermaßen die deutsche Geistes- und Seelengeschichte seit der Lutherzeit summiert. Was nicht von Adrian selbst formuliert oder dargestellt wird, das modellieren die ihn umgebenden Figuren des Romans: Ein Vater Leverkühn, der wie in der Renaissance-Zeit die elementa spekuliert, Hochschuldozenten wie Schleppfuß und Kumpf, die wie in der Luther-Zeit mit dem Teufel „auf sehr vertrautem, wenn natürlich gespanntem Fuße“ 1535 stehen, ein Schwager Schneidewein „mit stehengeblieben-altdeutschen Ausdrücken“ 1536 in einem Kaisersaschern, das sich „atmosphärisch wie [...] im äußeren Bilde etwas stark Mittelalterliches bewahrt“1537 hat. „Mit einem Fuß“, so Thomas Mann, stehe seine Erzählung im 16. Jahrhundert und sei somit auch „streckenweise sprachlich danach zu färben“. 1538 Auch wenn die archaisierte Sprache in der Konzeption des „Faustus“ nicht die gleiche gewichtige Rolle wie im „Erwählten“ spielt, „Der Erwählte“ andersherum nicht als historischer Roman bezeichnet werden kann, so besteht dennoch eine direkte sprachliche Verbindung zwischen den Romanen: „Zum Mittelhochdeutschen“, so der Dichter, sei er „eigentlich durch Nepomuk Schneidewein im «Faustus» gekommen, der die sprachliche Perspektive des Buches durch sein Schweizerisch hinter das Barock- und Luther-Deutsch zurück ins Mittelalter vertieft.“ 1539 Gewissermaßen dichte er mit seinem Mittelalterroman „auf der altdeutschen Linie weiter zurückgehend“ nur am „Faustus“ fort.1540 Hiernach war der „Doktor Faustus“ der erste Schritt „Doktor Faustus“ als zeitgeschichtlicher Roman. Eine Studie über die historischen Dimensionen in Thomas Manns Spätwerk. Frankfurt a.M. 1982; Bergsten, Gunilla: Thomas Manns Doktor Faustus. Untersuchung zu den Quellen und zur Struktur des Romans. Tübingen 1974, widmet ihr 4. Kapitel (S. 173-210) der Interpretation des „Doktor Faustus als historischer Roman“. 1529 Bergsten, S. 173f. 1530 Entst., S. 165. 1531 DrF, S. 335, 446. 1532 DrF, S. 454. 1533 XI, S. 169; ähnlich: Entst., S. 163: „ Parallelisierung verderblicher, in den Collaps mündender Euphorie mit dem fascistischen Völkerrausch“. 1534 DüD III, S. 253. 1535 DrF, S. 130. 1536 DrF, S. 247. 1537 DrF, S. 51. 1538 Entst., S. 186. 1539 DüD III, S. 393; vgl. weiter S. 395, 408, 410. 1540 DüD III, S. 355. 222 in eine fernere sprachliche Vergangenheit, der „Erwählte“ war der zweite. Dies verleiht dem „Erwählten“ einen Nachspielcharakter zum „Doktor Faustus“ und zugleich, sprachhistorisch gesehen, den Charakter einer archaischen Steigerung. Um es mit den Worten Ruprecht Wimmers auszudrücken: „Die Auseinandersetzung mit dem Archaischen und Altdeutschen im Faustus hatte zum Ableger des Erwählten geführt“ 1541 . Eben diese Auseinandersetzung sei im Folgenden nachvollzogen, um den poetischen Stellenwert sprachlicher Archaisierung durch Zitat und Wortbildung im Koordinatensystem des Mann’schen Spätwerks verorten zu können. 8.1 Sprachliche Archaisierung im „Doktor Faustus“ Der Leser des Romans stellt sehr bald fest, dass Thomas Mann seinen Text nicht in toto, sondern nur, wie er sagt, „streckenweise“ 1542 archaisch eingefärbt hat. Vorab kann mit Paul Altenberg festgehalten werden, dass immer „da, wo Adrian Faust ganz nahe ist, [...] das Thema selbst aus ihm, in der ur- und Heimatsprache“ 1543 spricht, mutmaßlich realisiert durch Zitate aus der Rezeptionsvorlage. Genau genommen handelt es sich um zwei Vorlagen, die eng miteinander verbunden sind: Johann Scheibles literaturhistorisch geprägtes Werk „Die Sage vom Faust“ und das „Volksbuch vom Doctor Faust“, über das Scheible u.a. handelt. Letztgenanntes ist zwar nicht im Nachlass Thomas Manns vorhanden und es könnte eingewendet werden, Thomas Mann habe es auch nie besessen und stattdessen die unverkennbaren Volksbuch-Zitate (o homo, fuge!) aus seinem Scheible-Exemplar abgeschrieben, doch hat der Dichter in seiner „Entstehung“ expressis verbis die „leihweise Überlassung des Volksbuches von Faust“ 1544 bezeugt, was Lieselotte Voss 1545 nach Untersuchung und Ermittlung der konkreten Ausgabe belegen konnte. Altenbergs These kann mit Blick auf die Kapitel 15, 16, 25 und 47 des Romans, wo sprachliche Archaisierung und stoffliche „Faustus“-Nähe Hand in Hand gehen, zunächst bestätigt werden. Doch muss diese Vorannahme angesichts weiterer archaischer Quellen 1546 und weiterer sprachlich archaisierter Kapitel 1547 , die offenbar nicht direkt auf das Volksbuch zurückzuführen sind, zurückgestellt, die entsprechenden Kapitel des „Doktor Faustus“ einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Graham Orton 1548 verweist über die genannten Kapitel hinaus auf das dem Hallenser Theologie-Professor Ehrenfried Kumpf gewidmete 12. Kapitel, mit dem Thomas Manns „die sprachlich-altdeutsche Sphäre des Romans [...] eröffnet“ 1549 . An einem Schauplatz deutscher 1541 Wimmer 1991, S. 295. Entst., S. 186. 1543 Altenberg, Paul: Die Romane Thomas Manns. Versuch einer Deutung. Bad Homburg 1961, S. 268. 1544 Entst., S. 155. 1545 Voss, S. 24f. 1546 In der „Entstehung” werden als weitere Sprachquellen z.B. „Luthers Briefe“ (S. 27f.), der „Hexenhammer“ (S. 28), „Grimmelshausens Simplicissimus“ (S. 71) genannt. Vgl. weiter Wimmer, Ruprecht: Der Herr Facis et (non) Dicis. Thomas Manns Übernahmen aus Grimmelshausen, in: Thomas-Mann-Jahrbuch 3 (1990), S. 14-49. 1547 DrF, Kap. 12, 13, 44. 1548 Orton, Graham: The archaic Language in Thomas Mann’s ‚Doktor Faustus’, in: The Modern Language Review 45 (1950), S. 70: “In chapters XII, XV, XVI, XXV and XLVII of Doktor Faustus Thomas Mann writes sporadically in an archaic German which he refers to as a ‘pittoresk-altertümlicher Sprachstil’ (p. 151) and as ‘Reformationsdeutsch’ (p. 225).” 1549 Entst., S. 191. 1542 223 Altertümlichkeit (gotisch geprägtes Stadtbild von „großer Alterswürde“, Dürers „Melencolia“ 1550 an der Wand) 1551 erschafft Thomas Mann eine Luther-Parodie in Sprache und Handlung. Auf »gut altdeutsch, ohn’ alle Bemäntelung und Gleisnerei«, fragt ein Kumpf seine Studenten, „warum man die Hölle symbolischer nehmen sollte als den Himmel“. 1552 Er steht, so scheint es, „mit dem Teufel auf sehr vertrautem, wenn natürlich gespanntem Fuße“ 1553 . Spätestens wenn Kumpf unter einem donnernden Apage! eine Semmel statt eines Tintenfasses 1554 nach dem vermeintlich in der Ecke stehenden Widersacher wirft, ist die Luther-Parodie perfekt. Und gleichzeitig hat der Teufel Einzug in die Romanwelt gehalten. 1555 Im 13. Kapitel erhält Professor Kumpf einen theologischen Gegenspieler: Eberhard Schleppfuß, seines Zeichens Privatdozent und eine Art „Religionspsychologe“, wie der Erzähler mutmaßt. Wenn voran Beschriebener mit dem Teufel (nur) „auf vertrautem aber gespanntem Fuße“ steht, so ist Schleppfuß „der personifizierte Abfall von Gott“, der „das Verruchte“ als ein „notwendiges Korrelat des Heiligen“ propagiert 1556 und die Inquisition als eine von Humanität beseelte Einrichtung darstellt. Während Kumpf „unverkennbar Luthers Tischreden nachahmt[]“ 1557 , lässt Schleppfuß in seinen Ausführungen zur Dämonologie deutlich einige Töne aus seinem „Flagellum Haereticorum fascinariorum“ 1558 , dem „Hexenhammer“, anklingen. Der abschließende Kommentar Zeitbloms kann für beide Kapitel gelten: Teufel, Dämonen, Verhexung, Magie, das alles werde unter dem atmosphärischen Vorzeichen der Sprache „dem Bereich des sogenannten Aberglaubens entrissen“ 1559 und zur „psychologischen Wirklichkeit“ 1560 des Romans. Gleichzeitig aber hat das Zitat hier auch unübersehbar charakterisierende Funktion. Auch Adrians Brief (15. Kapitel) an seinen ehemaligen musikalischen Mentor Wendell Kretzschmar ist von „leicht altertümlich gestalteter, etwas schnörkelhafter Handschrift“ 1561 , gespickt mit „barocken Redewendungen“ und „obgleich er den Adressaten in der Regel mit Sie anredete, verfiel er zuweilen in die altertümliche Ihr-Form“. 1562 In diesem Brief ist der Keim gelegt für die weitere Entwicklung Adrians, der sich in zweifelnden Gedanken ergeht, das Studium der Theologie zu beenden und sich der Musik, seiner großen Leidenschaft von jeher, zuzuwenden. Die Theologie habe er bislang nur studiert, um seine innere Kälte direkter klerikaler Observanz zu unterstellen, und ein „geheimer Schrecken“ habe ihn bislang davon abgehalten, sie entgegen allen Neigungen aufzugeben. 1563 Die Dimension der anstehenden Entscheidung gewinnt noch zusätzlich an Raum, als Adrian den möglichen Abbruch des 1550 Zur Deutung vgl. Jung, Jürgen: Altes und Neues zu Thomas Manns Roman Doktor Faustus. Quellen und Modelle: Mythos, Psychologie, Musik, Theo-Dämonologie, Faschismus (=Europäische Hochschulschriften, Reihe I: Deutsche Sprache und Literatur, Bd. 821). Frankfurt a.M. 1985, S. 270ff. 1551 DrF, S. 125. 1552 DrF, S. 131. 1553 DrF, S. 130. 1554 Zur Deutung vgl. Jung, S. 175ff. 1555 DrF, S. 132. 1556 DrF, S. 134. Das Böse als Gegensatz des Guten trägt somit zur Vollkommenheit der Welt bei. Schöpfungsontologisch musste „der Böse selbst [als] ein notwendiger Ausfluß und unvermeidliches Zubehör der heiligen Existenz Gottes“ (S. 135) gesehen werden, so seine Argumentation. 1557 DrF, S. 132. 1558 DrF, S. 138. 1559 DrF, S. 148. 1560 DrF, S. 134. 1561 DrF, S. 172. 1562 DrF, S. 174. 1563 DrF, S. 175. 224 Studiengangs Theologie gleichsam als einen persönlichen Abfall von Gott interpretiert.1564 Oh homo fuge! 1565 , so warnt ihn seine innere Stimme und rückt ihn so unverkennbar in die Faust-Nachfolge, wie zuvor das Kumpf’sche Apage an den großen Reformator gemahnte. Laut Becker-Frank 1566 sollen die altdeutschen Anklänge generell auf die Zeit der Glaubenskämpfe rückverweisen. Speziell für dieses Kapitel ist zudem festzuhalten, dass Adrians Sprache sowohl faustisch als auch unverkennbar lutherisch 1567 akzentuiert ist, sodass in ihr gleichsam der innere Glaubenskampf Adrians seinen Ausdruck findet. Da Thomas Mann den Werdegang des Volksbuch-Faust mehr oder minder vollständig nachzugestalten intendierte, hat er die vor dem Pakt stattgefundenen Berührungen mit dem Bösen in zwei „altertümlich gestalteten“ 1568 Briefen Adrians umgesetzt – in dem an seinen Lehrer Wendell Kretzschmar und in einem zweiten an den Erzähler Zeitblom (16. Kapitel). 1569 Dieser interpretiert die „altertümliche Ausdruckweise“ des an ihn gerichteten Briefes zunächst als „Anspielung auf skurrile Hallenser Erfahrungen, das sprachliche Gebahren Ehrenfried Kumpfs“, zugleich auch als „Persönlichkeitsausdruck und Selbststilisierung, Kundgebung eigener innerer Form und Neigung“. 1570 Der Brief erzählt eine Facetie und Büffelposse 1571 , die sich kurz nach Ankunft Adrians in Leipzig zugetragen hat: Ein Fremdenführer, „teuflisch redend“ und „entfernt unserem Schleppfuß ähnlich“ 1572 führt ihn, nachdem er nach einem Speiselokal verlangt hat, in ein Bordell und verschwindet. Adrian, leicht irritiert, geht zum Klavier, schlägt im Stehen zwei, drei Akkorde an und verlässt eiligst die „Lusthölle“ wieder. Nichts ist passiert und dennoch spürt Adrian Bedrohtheit seiner Seele, die er in Lutherzitaten (Amen hiemit und betet für mich!) 1573 zum Ausdruck bringt. In diesem Kapitel wird lediglich vorausgedeutet, dass etwas „zwischen [ihm] und dem Satan vorgeht“ 1574 , bevor es im 19. Kapitel über die willentliche Ansteckung mit Syphilis bei einer der Huren zur physischen Unterzeichnung des Teufelpaktes kommt. Dem Brief folgt eine Analyse Zeitbloms (17. Kapitel), dem Thomas Mann geschickt seine Intention der sprachlichen Archaisierung in den Mund legt: „Sehr merkwürdig war“, so Zeitblom, „daß die Stilgebung, die Travestie oder persönliche Adaption des Kumpf’schen Altdeutsch nur vorhält, bis jenes Abenteuer erzählt ist, danach achtlos fallengelassen wird, so daß die Schlußseiten ganz davon entfärbt sind und eine rein moderne sprachliche Haltung zeigen. Ist es nicht, als hätte der archaisierende Ton seinen Zweck erfüllt, sobald die Geschichte der Fehlführung auf dem Papier steht, und danach aufgegeben wird, [...], nur eingeführt war, um die Geschichte darin erzählen zu können, die dadurch die ihr angemessene Atmosphäre erhält? [...] Es ist die religiöse Atmosphäre. Dies war mir klar: wegen seiner 1564 DrF, S. 176. DrF, S. 177, Quelle: Scheible Bd. 5, S. 136 (markiert), aber auch im Volksbuch, S. 20, nachweisbar; übernommen in Not. DrF, Bl. 15/21. Im Volksbuch erscheinen diese Worte als blutige Inschrift auf Fausts Arm, als der Blutbund mit dem Teufel unterschieben werden soll. 1566 Becker-Frank, S. 49. 1567 DrF, S. 176 „mein Luthertum“. 1568 DrF, S. 172. 1569 Jung, S. 53. 1570 DrF, S. 185f. 1571 DrF, S. 186; Facetie, Quelle: Schwänke, S. I (markiert), ist aber auch bei Waetzoldt, S. 104, nachweisbar, übernommen in Not. DrF, Bl. 140/146; Büffelposse, Quelle: Simplicissimus, S. 161, übernommen in Not. DrF, Bl. 138/146. 1572 DrF, S. 189. 1573 DrF, S. 189, ähnlich S. 191: „Hiemit dem lieben Gotte befohlen“. Diese Formel geht zurück auf hie mit gott befohlen, Quelle: Luthers Briefe Bd. 2, S. 166 (markiert). 1574 DrF, S. 189 . 1565 225 historischen Affinität zum Religiösen war das Reformationsdeutsch für einen Brief gewählt worden, der mir diese Geschichte bringen sollte.“ 1575 Hier findet sich aus der Feder Zeitbloms das angedeutet, was für die sprachliche Archaisierung im Konzept des Romanganzen gelten kann: Eine Geschichte will erzählt werden, oder genauer: Thomas Mann will eine Geschichte erzählen. Es ist die Geschichte eines Künstlers des 20. Jahrhunderts, der seinem verzweifelten Streben nach exzeptionellen Einfällen nachgibt und einen Pakt mit dem Teufel(!) schließt. Dem modernen Leser dieser weitgehend realistischen Fiktion einen – aus der Sicht des 20. Jahrhunderts – exorbitant unmodernen Stoff als annehmbar und glaubhaft anzutragen, war eine gewaltige integrative Aufgabe, nämlich die der „Säkularisierung des Teufels“ 1576 . „Wie hätte ohne das Spiel mit ihm [dem Reformationsdeutsch] das Wort hingeschrieben werden können, das hingeschrieben sein wollte: »Betet für mich!«?“ 1577 Durch die archaische Sprache wird eine Brücke geschlagen, ein Raum eröffnet, der, „im halb spaßhaften Geruch des Hexentums stehend“ 1578 , die leibhaftige Teufelsverschreibung in sich aufnimmt und so die Fiktion stimmig hält. Gleichzeitig tritt mit dem „Reformationsdeutsch“, wie Zeitblom es nennt, die geschichtsphilosophische Ansicht Thomas Manns an die Romanoberfläche, dass Luthers Reformation den für Deutschlands Entwicklung so „schicksalhaften Krankheitskeim“ in sich barg. 1579 Demnach ist die Geschichte der Fehlführung, die erzählt werden will, die der leiblichen Intoxikation Adrians und zugleich die der „fascistischen Intoxikation“ 1580 Deutschlands. Dem Bruder Clemens im „Erwählten“ ähnlich, der um die Unglaubwürdigkeit der Existenz seiner zu erzählenden Erdmilchquelle weiß, steht auch Zeitblom vor der Aufgabe, etwas zu berichten, was er selbst kaum glauben kann. Es handelt sich um geheime Aufzeichnungen seines Freundes Adrian, in „altertümlich schnörkelhaften, tiefschwarzen Rundschriftfederzügen“ 1581 gehalten, die vom leibhaftigen Besuch des Teufels berichten. Die drei Gespräche des Volksbuch-Faust mit dem Teufel und die elf Disputationen nach Abschluss des Paktes sind bei Thomas Mann in einem großen Dialog verschachtelt, der sich laut Thomas Mann 1582 an Iwan Karamasovs Teufelsvision orientiert. Weistu was so schweig. – Adrian eröffnet seinen Geheimbericht mit einem Volksbuch-Zitat, unter dessen Vorzeichen das gesamte Kapitel steht. Adrian sitzt in seinem Studierzimmer, liest ein Buch, blickt nach kaltem Luftzug auf und nimmt ein geschmacklos gekleidetes Gegenüber wahr, das ihn darauf frech in der Duzform anspricht. Adrian ist empört über dessen unbefugtes Eindringen und verlangt, derjenige möge sich sofort zu erkennen geben, was denn auch geschieht: Er sei der Teufel, erst durch die Blume gesprochen, dann ganz unverhohlen. Lange Zeit versucht der Empörte die Existenz seines Gegenübers mit Verweis auf seine eigene, möglicherweise fieberbedingte Wahrnehmungsstörung zu widerlegen, zumal der Teufel ausschließlich Dinge zum Besten gibt, die nur er, Adrian, wissen kann. Adrian ist über die erste Hälfte des Gesprächs stark abgeneigt, was sich erst ändert, als der Teufel seine äußere Gestalt zu der eines Gelehrten wandelt und sich das Gespräch dem Musiktheoretischen zuwendet. Erst jetzt ist Adrian zu einem wirklichen Gedankenaustausch bereit: 1575 DrF, S. 194. Entst., S. 250. 1577 DrF, S. 194. 1578 DüD III, S. 40. 1579 Bergsten, 186; vgl. weiter Thomas Manns Rede „Deutschland und die Deutschen“ (DüD III, S. 38-46). 1580 DüD III, S. 223. 1581 DrF, S. 295. 1582 Entst., S. 195. 1576 226 Er kann dem Teufel nicht widersprechen, der die Möglichkeiten musikalischer Neuschöpfungen nicht mehr gegeben sieht. Der Teufel schlägt Adrian ein Geschäft vor: 24 Jahre höchster musikalischer Inspiration, Ruhm, dass noch Generationen von Adrians Werken zehren könnten und als Gegenleistung Adrians Seele und dass er nicht lieben dürfe. Es kommt im Rahmen dieses Gesprächs zu keinem handfesten Vertragsabschluss, muss es aber auch nicht. Seit Adrian sich wissentlich mit Syphilis infiziert hat, habe er sich mit seinem Blut dem Teufel verschrieben. Sein jetziger Besuch habe lediglich der Konfirmation gedient, so der Teufel und entschwindet. Das 25. Kapitel ist eine Art Brennpunkt, in dem frühere Zitate wie Strahlenbündel aufgefangen werden, und ist zugleich ein Ausgangspunkt, der auf das Kommende verweist. Adrians Sprache lehnt sich unübersehbar stark ans Volksbuch, ebenso an Luthers Reformationsdeutsch an. Aber nicht nur Adrian, sondern auch der Teufel „äfft den Kumpf nach“ 1583 , beide „reden auf gut Kumpfisch, in altdeutschen Brocken“ 1584 . Ein Nachlassen der sprachlichen Archaisierung ( beßre 1585 Æ bessere 1586 ; Speluncke 1587 Æ Spelunke 1588 ) ist erst in denjenigen Sequenzen festzustellen, wo sich das Gespräch der Qualität eines Fachgesprächs (Musik, Medizin, Krise der Kunst) zuneigt. Hier bestätigt sich im Kleinen die These der punktuell-atmosphärischen Einfärbung zur „Säkularisierung des Teufels“. „Sprich nur deutsch!“, fordert der Teufel. „Nur fein altdeutsch mit der Sprache heraus, ohn Bemäntelung und Gleisnerei. Ich versteh es. Ist gerad recht meine Lieblingssprache. Manchmal versteh ich überhaupt nur deutsch.“ 1589 „Der Teufelspakt ist eine tief-altdeutsche Versuchung“ 1590 , so Thomas Mann, wie die sprachliche Gestaltung dieses Kapitels bezeugt. Die letzte Figur, die nach Kumpf, Schleppfuß, Leverkühn und dem Teufel „gravitätische alte Worte“ 1591 spricht, ist Adrians fünfjähriger Neffe Nepomuk Schneidewein 1592 (Kap. 44), der aus der Kurzform „›Nepo‹ [...] in wunderlicher Verfehlung der Mitlaute“ 1593 seinen Namen Echo gebildet hat. Mit Blick auf die Rezeptionsvorlage ist seine Figur die moderne Entsprechung von Fausts Sohn, gleichzeitig mythische Wiederholung Adrians, der sich in die streckenweise mittelhochdeutsch gefärbten Gebete 1594 seines „Sohnes“ – „Merkt, swer für den andern bitt’, Sich selber löset er damit. Echo bitt’ für die ganze Welt Daß Got auch ihn in Armen hält. Amen.“ – mit einbezogen fühlt und in ihnen ein Echo auf seine einsame Weheklag findet. 1595 Der Elfenhafte, vom Himmel Gefallene 1596 , der „für uns alle“ bittet, wie Adrian hoffnungsvoll 1583 DrF, S. 300. DrF, S. 301. 1585 DrF, S. 315. 1586 DrF, S. 326. 1587 Spelunck, DrF, S. 129, 302, 310, Quelle: Volksbuch, S. 28, übernommen in Not. DrF, Bl. 57/63, -/171. 1588 DrF, S. 326. 1589 DrF, S. 298. 1590 DüD III, S. 54. 1591 DrF, S. 620. 1592 Entst., S. 161: „Bewegt, wie immer, von Fridos (des älteren) schönen Augen. Ging vor Tische mit ihm spazieren. [...] Wenn etwas vorüber ist, sagt er ’habt’. Dies für Nepomuk Schneidewein“. 1593 DrF, S. 611. 1594 DrF, S. 626. 1595 Becker-Frank, S. 81. 1584 227 betont, und dem so unweigerlich die Rolle eines Erlösers 1597 zufällt, bedient sich zudem des schweizerdeutschen 1598 Elements, worin sein Unschuldscharakter auch auf territorialpolitischer 1599 Ebene noch eine symbolische Verstärkung erfährt. Thomas Manns Sprachgestaltung dieser Figur ist aber weitaus komplexer, als dass sie sich in einem Nebeneinander von Schweizer- und Mittelhochdeutsch erschöpfte, sodass ein wenig weiter ausgeholt muss: Die Kunst der poetischen Integration eines Zitats besteht nach Meyer generell darin, aus heterogenem Material eine neue Einheit namens ‚Roman’ zu schaffen. Nun sei das Zitat ein „gemünztes Sprachstück“, so Meyer weiter, das seinen spezifischen Charakter, aufgrund dessen es vom Autor ausgewählt wurde, verliert, wenn es „bis zur Unkenntlichkeit dem neuen Sprachganzen eingeschmolzen wird“. 1600 Dies sieht Thomas Mann allerdings kaum als Problem an, wenn er sagt, dass alles, „worauf es [...] ankommt“, die „Funktionsfähigkeit im geistigen Getriebe des Werkes“ 1601 sei. Und eben darauf, auf eine gewisse „Unkenntlichkeit“, kommt es Thomas Mann bei seiner Umdichtung der ursprünglich rein mittelhochdeutschen Verse aus „Freidanks Bescheidenheit“ an. Das Mittelhochdeutsche wird, wie sich über die Quelle und die Notizen verfolgen lässt, durch „Wortbildung“ 1602 an das Neuhochdeutsche angenähert, Quelle 1603 Not. DrF, Bl. -/197 DrF, S. 525/26 mensche gebote befelhen wirt thů rhů grôz sî iemens missetât dannoch mêr genâden Mensche Gebote Mensche Gebote befehlen wird tu Ruh groß si jemands Missetat dennoch mehr Genaden grôz sî iemens missetât dannoch mêr genâden 1596 DrF, S. 611: „Elfenprinzchen“; S. 615: „vom Himmel gefallen“; S. 615: „bei Nepomuk niederzuknien“; S. 619: „Gefühl von Herabgestiegensein“. 1597 Jung, S. 327. 1598 DrF, S. 612: „viel Dialekthaftes“, wie z.B.: Hüsli, öppis Feins, es blitzli. 1599 Enst. S. 78: „Die Schweiz ist das Land, wo auf deutsch das wohltuend Undeutsche gesagte wird. Darum liebe ich sie.“; DüD III, S. 39: „Die Schweiz, neutral, mehrsprachig, französisch beeinflußt, von westlicher Luft durchweht“. 1600 Meyer, Herman: Das Zitat in der Erzählkunst. Zur Geschichte und Poetik des europäischen Romans. Frankfurt a.M. 1988, S. 12. 1601 Entst., S. 175. 1602 DüD III, S. 419; unscharf definierter Begriff Thomas Manns, der jede Form orthografischer, morphologischer sowie semantischer Veränderung eines Wortes umfassen konnte und auch hier so verstanden werden muss; vgl. weiter Kap. 4.3.4. 1603 In der seiner „Entstehung“, S. 186ff., nennt Thomas Mann Samuel Singers „Sprichwörter der Mittelalters“ als die Sprachphantasie nährende Quelle für den „Faustus“. Aus dem zweiten Band nutzte er vor allem die „Sprüche aus Freidanks Bescheidenheit (13. Jahrhundert), die [er] meist durch Umdichtung [...] als Gebete adaptierte“. Für die Verse drei und vier der ersten Strophe zog er zudem Valentin Schumanns „Nachbüchlein“ heran, das er in Bobertags „Schwänken des 16. Jahrhunderts“ fand; vgl. weiter Voss, S. 122-127. 228 hât sünde nieman lâzen sol ern tuo eteswenne niemens guottât wirt verlorn wan zer helle wirt geborn sunne schînt tiuvel bite selben loeset dâ mite hât Sünde nieman lâzen sol ern tuo eteswenne niemens guottât wirt verlorn wan zer Helle wirt geborn sunne schînt tîuvel bite selben loeset dâmite hat Sünde niemand lassen soll er tu etwelches niemandes Guttat wird verloren er sei zur Höllen denn geboren Sonne schint Tüfel bitt selber löset damit sodass gemischt mit mittelhochdeutsch belassenen Elementen (swelch, Got etc.) eine „altertümelnde, ans Alemannische erinnernde Mundart“ 1604 entsteht, die sich, vielleicht vergleichbar mit dem halbenglischen Platt der Fischer von St. Dunstan, in dieser sonderbaren Mischung realiter wohl nie und nirgends präsentiert haben dürfte. Auch Adrian wundert sich über das sprachliche Gebaren seines Neffen und nimmt den fragenden Leser mit hinein, wenn er seinem Freund Zeitblom anvertraut: „Denke dir, er spricht von erkickendem Rein! [...] Ist das nicht seltsam?“1605 Zeitblom kann seinen Freund zwar darüber aufklären, „daß in unserem Mitteldeutsch »Rein« oder »Reigen« Jahrhunderte lang, bis ins fünfzehnte, das Wort für »Regen« gewesen sei, und daß übrigens »erkicken« oder »erkücken« im Mittelhochdeutschen neben »erquicken« gestanden habe“, doch bleibt auch durch derartige etymologische Exkurse die Grundfrage, woher er dies habe 1606 , unberührt, was dem Kleinen unweigerlich zu einem „leicht schwebenden Dasein“ 1607 verhilft. Mit Becker-Frank 1608 sind darüber hinaus luthersprachliche (Schneidewein) 1609 und barocke 1604 Milch, Werner: Thomas Manns „Doktor Faustus“, in: Die Sammlung 3 (1948), 6, S. 358. DrF, S. 622. 1606 DrF, S. 626. 1607 DrF, S. 619 . 1608 Becker-Frank, S. 79. 1609 Quelle: Luthers Briefe Bd. 2, S. 159, übernommen in Not. DrF, Bl. 61/67; Nur der Name Ursula Schneidewein, nicht aber ihre historische Identität als die bei Martin Luther um Rat suchende Bürgerin „Ursula Schneidewein in Stolberg“ wird von Thomas Mann übernommen und auf die Figur der Mutter von Adrian Leverkühns Neffen Nepomuk übertragen. 1605 229 (wohl-lustbarlich) 1610 Elemente in Echos Redeanteilen festzustellen. Die Diskussion jedoch, „warum gerade der als göttlich und unschuldig geschilderte Echo mitunter Worte des Mannes im Munde führt, den der Dichter in seiner Faschismusanalyse zu jenen zählt, die für die teuflisch-deutsche Barbarei“ 1611 zumindest als ferne Verursacher zu sehen sind, führt eindeutig zu weit: Natürlich sind Zitate wie Oh homo fuge! oder Apage als identifizierende Reminiszenzen an ihre Quelle zu lesen. Dass Thomas Mann jedoch bewusst alle Luther-Zitate ausschließlich zur Erschaffung der lutherischen Sphäre, alle Faust-Zitate ausschließlich zur Erschaffung der Faust-Sphäre genutzt hätte, kann durch Blick in seine Notizen widerlegt werden, wo das Inhaltsverzeichnis 1612 in Orientierung an den Hauptquellen diese Trennung zwar suggeriert, aber letztlich – mit Blick auf die Überschriften wie „Altdeutsch“ (33/171), „Kumpf“ (33/171), „mit deutschen Worten“ (138/144) – nicht durchgehalten worden ist. „Was sein Reden anbelangt“, sei Nepomuk jedem wirklichen Kind unähnlich, so BeckerFrank, und die Sprachmischung ein Ausdruck seiner Überzeitlichkeit. 1613 Wie ein reales Echo beherrscht Echo viele Sprachen, verklingt aber sehr schnell. Echo stirbt an einer Hirnhautentzündung (Kap. 45), die Adrian als Reaktion des Teufels auf seine Liebe zu dem Kinde interpretiert 1614 . Und wie es dem realen Echo an Eigensubstanz fehlt, so ist auch die Romanfigur Echo als eine „Summation von Nicht-Ich-Komponenten“ 1615 anzusehen, soll heißen: Echo ist keine selbstständige Figur, sondern lediglich „a reflection in miniature of his uncle’s character“ 1616 . Alles, was von ihm bleibt, ist dieses Gefühl von „Ja, der ist weither“ 1617 , was vor allem durch die historische Nichtidentifizierbarkeit der Sprache evoziert wird. Im 47. Kapitel werden die Leitmotive des Romans abschließend zusammengefasst und die Themen erhalten ihre endgültige Ausprägung: Weistu was so schweig – und genau das tat Adrian bislang: Er weiß um die Existenz und den Pakt mit dem Teufel und er schweigt darüber – bis zum Schluss. Wie zuvor Faustus steht nun Adrian sein Stundglas vor Augen und wird sich gewahr, dass die 24 Jahre des Vertrages vergangen sind und sein geistlich Dahinscheiden unmittelbar bevorsteht. Er bittet seine Freunde wachet mit mir! bevor er in sein [des Teufels] Hände und Gewaltsam fällt und plant mit seinem letzten Stück, der Dr. Fausti Weheklag, sich von ihnen zu verabschieden. „Als moderner Teufelsbündner“ konnte Adrian Leverkühn nur nicht „mit einem derartigen Klamauk zur Hölle fahren“ wie sein Vorgänger, sondern „stirbt nach langer Zeit geistiger Umnachtung an der luetischen Infektion“ 1618 . In der vorangehenden Oratio, so Becker-Frank, „spricht er [Adrian] durchweg in starker Anlehnung ans Volksbuch in altdeutscher Sprache.“ In der gesteigerten sprachlichen Archaisierung vergleichbar mit dem 7. Kapitel der „Lotte in Weimar“1619 bedient er sich „einer Art von älterem Deutsch [...] grammatisch wie nach der Rechtschreibung leidlich 1610 Geht zurück auf die Form wohl lustbarlich, Quelle: Grimmelshausen, S. 399, übernommen in Not. DrF, Bl. 140/146. 1611 Jung, S. 310. 1612 Not. DrF, Bl. -/1. 1613 Becker-Frank, S. 78. 1614 DrF, S. 664. 1615 Jung, S. 307. 1616 Zit. nach Jung, S. 307. 1617 DrF, S. 622. 1618 Jung, S. 73. 1619 Meyer, S. 237: „Hier, im innersten Kreis des Planetariums häufen sich die Zitatworte in unvergleichbarer Weise.“ 230 geordnet“ 1620 , so Zeitblom. Das Zitatgewebe hat hier seine größte Dichte und stellt sich mit Blick auf Vorlage und Notizen als nahezu homogen faustisch dar. Als eindeutige Anklänge an die Vorlage stehen die Elemente Prästigiar, Stundglas, Famulus, Weheklag, Johannstrunk, 1621 als die Regel betätigende Ausnahmen sind das lutherische nie geruget noch geschlafen 1622 oder Grimmelshausens Schindvasen 1623 zu nennen. Er, Adrian, „ist im Teufelskreis gefangen“, so Becker-Frank abschließend, und mit Rückblick auf den Werktitel ist zu konstatieren: „Leverkühn ist quasi identisch mit Dr. Faustus.“ 1624 8.2 Zum poetischen Stellenwert des Zitats bei Thomas Mann Die Funktion der einmontierten Zitate kann nicht allein im Kontext des entsprechenden Kapitels oder des Einzelwerks bestimmt werden: Die dahinter stehende Theorie, über die Thomas Mann in seiner „Entstehung des Doktor Faustus“ sowie in seinen Briefwechseln „kommentierend Rede zu stehen verlangt“ 1625 , ist eingebettet in die persönliche Roman- und Kunsttheorie Thomas Manns, der die Frage nach dem eigentlich kreativen Moment innerhalb des künstlerischen Schaffensprozesses frühzeitig fokussiert und die im Laufe seines künstlerischen Denkens und Schaffens grundlegende Bedeutung erlangt. Thomas Mann fasste sein Künstlertum bekanntermaßen nicht als Lebenseinstellung, sondern als Beruf im Sinne eines Handwerks auf. Er gehörte nicht zum Typus des naiven, spontan schaffenden Künstlers, der wie ein Detlev Spinell „in wirklichkeitsenthobener Muße auf den Besuch der Musen wartet“ 1626 . Wie „Der alte Fontane“ (1910) dürfe er vielleicht einmal im Jahr auf eine „göttliche Eingebung“ hoffen, so Thomas Manns, all die anderen Tage des Jahres müsse er seinen Stoff konsequent erarbeiten, wozu er „eines bestimmten Quantums von Sachlichem“ 1627 bedürfe. Über die Jahre entwickelte er „einen Bienenfleiß, wenn es galt, [...] positive Erkenntnisse zu sammeln“ 1628 . Der Griff ins Sachliche, sprich ins Wirklich-Gegebene durchzieht Thomas Manns gesamtes Werk: Schon die Typhus-Erkrankung des kleinen Hanno Buddenbrook hatte Thomas Mann „ungeniert“ aus einem Konversationslexikon „ausgeschrieben“ 1629 , wie er später eingestand. Dabei hegte er die zweckoptimistische Hoffnung, dass das Ergriffene und Abgelernte, während es „innerhalb der Komposition eine selbständige Funktion“ und Eigenleben gewinne, gleichzeitig „an seinem ursprünglichen kritischen Ort unberührt bestehen 1620 DrF, S. 657. Prästigiar: DrF, S. 658, Quelle: Scheible Bd. 5, S. 156 (markiert), übernommen in Not. DrF, Bl. -/196, /203; Stundglas, DrF, S. 303, 306, 312 u.ö., Quelle: Volksbuch, S. 111, übernommen in Not. DrF, Bl. 53/59; Famulus, DrF, S. 657, Quelle: Scheible Bd. 5, S. 108 (markiert), übernommen in Not. DrF, Bl. -/196, -/200, /203; Weheklag, DrF, S. 608, Quelle: Scheible Bd. 5, S. 90 (markiert), Volksbuch, S. 112, übernommen in Not. DrF, Bl. -/196; Johannstrunk, DrF, S. 646, Quelle: Volksbuch, S. 119, übernommen in Not. DrF, Bl. 53/59. 1622 DrF, S. 664, Quelle: Briefe Luthers Bd. 2, S. 146 (markiert), übernommen in Not. DrF, Bl. 141/147, -/203. 1623 DrF, S. 661, 662, Quelle: Simplicissimus, S. 335, übernommen in Not. DrF, Bl. -/203, Bedeutung: ungeheiligte Erde (im Gs. zum Friedhof). 1624 Becker-Frank, S. 101. 1625 Selbstk., S. 79. 1626 König, René: Das Selbstbewußtsein des Künstlers zwischen Tradition und Innovation, in: Künstler und Gesellschaft, hrsg. von Alphons Silbermann und René König. Opladen 1974, S. 347. 1627 IX, S. 20. 1628 DüD III, S. 399. 1629 DüD III, S. 61. 1621 231 bleibe“. 1630 Diese Hoffnung war gepaart mit dem unverrückbaren Vorsatz: Eine „Fußbemerkung: »Dies stammt von Adorno-Wiesengrund«? Das geht nicht.“ 1631 Schließlich wollte er sein Werk nicht als „Mosaik entliehener Steinchen“ hinstellen, sondern als „künstlerischen Organismus“ 1632 empfunden wissen (womit er sich an der Organisiertheit1633 des bürgerlichen Romans orientiert). Ein Adorno stellte ihm bereitwillig unveröffentlichtes Material zur Verfügung und traf sich persönlich zur Nachbesprechung 1634 mit dem Dichter. Auch viele andere „Fachleute“, wie Thomas Mann sie nannte, hatten ebenfalls kein Problem mit der Aussicht, unzitiert, d.h. gedanklich beraubt, in die literarischen Welten Thomas Manns einzugehen. Doch es gab auch Ausnahmen, so in Person des Komponisten Arnold Schönberg, der den „Faustus“ des Raubes an seiner Zwölftonmusik bezichtigte. Zähneknirschend 1635 versah Thomas Mann seinen Romantext mit einer Nachbemerkung, dass die dargestellte Kompositionsart „in Wahrheit das geistige Eigentum“ 1636 Schönbergs sei. Die Nachbemerkung im „Erwählten“, dass sich die Erzählung in ihren Hauptzügen auf Hartmanns mittelhochdeutschen „Gregorius“ gründe, könnte in diesem Zusammenhang als eine Art Pävention gedeutet werden. In dem Zitieren 1637 aus schriftlichen Quellen, der Arbeit nach Bildern, dem Nachzeichnen von realen Personen und Begebenheiten oder im mythischen In-Spuren-Gehen spiegelt sich die Werk bestimmende Grundeinstellung Thomas Manns, die er schon in seiner frühen Verteidigungsschrift „Bilse und ich“ (1906) klar umreißt: Ein Schriftsteller könne niemals aus dem Nichts schaffen. Nicht „Erfindung“ sei die erste Aufgabe des Dichters, sondern die „Beseelung“. Woher der Stoff stamme, sei letztlich gleichgültig. 1638 Diese Haltung Thomas Manns muss im geistigen Kontext seiner Zeit gesehen werden. Der Roman als Kunstform stand über weite Strecken des 20. Jahrhunderts in einer Krise, in die Erkenntnis der Reproduzierbarkeit 1639 am Selbstbewusstsein er Künstler nagte. Das freie Fabulieren, das spontane Erdichten von Intrigen und Gestalten wurde von dem lähmenden Gefühl gehemmt, dass alles, was der herkömmliche Roman auszudrücken vermag, schon gesagt worden ist und dieser somit „bedenklich anachronistisch“ 1640 erscheinen müsse. Nicht umsonst wird die Teufelsverschwörung Leverkühns, der hierin den Ausweg aus der Kunstkrise sucht, in diese Jahre zurückverlegt. Es ginge zwar zu weit, die Zeit zwischen den „Buddenbrooks“ und dem „Zauberberg“ als persönliche Betroffenheit und Lähmung Thomas 1630 Entst., S. 245. DüD III, S. 62. 1632 DüD III, S. 403. 1633 Vgl. weiter Klotz, Volker: Zitat und Montage in neuerer Literatur und Kunst, in: Sprache im technischen Zeitalter (1976), H. 57-60, S. 259ff. 1634 Entst., S. 245: Treffen mit Adorno, „um ihm volle ideelle Einsicht zu bieten“. 1635 DüD III, S. 150: „Der bittere Schönberg verlangt, daß ich eine Notiz anfüge des Inhalts, die 12 Ton-Technik sei in Wirklichkeit sein geitiges Eigentum [...]. Es wird sich dumm ausnehmen, muß aber sein.“ 1636 DrF, (Nachwort). 1637 Zit. nach Neumann, Peter Horst: Das Eigene und das Fremde. Über die Wünschbarkeit einer Theorie des Zitierens, in: Akzente. Zeitschrift für Literatur 27 (1980), S. 299: „Der Begriff des Zitates umfaßt jede bezugnehmende Wiedergabe eines gedanklichen, kunstschöpferischen oder gestalterischen Gegenstandes (des Zitatobjekts) in einer geistigen Produktion (dem Medium des Zitates) durch den Urheber dieser Produktion (das Subjekt des Zitates).“ 1638 X, S. 15ff. 1639 Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit: Drei Studien zur Kunstsoziologie (=Edition Suhrkamp, Bd. 28). Frankfurt a.M. 2005. 1640 Klotz, S. 264. 1631 232 Manns durch die allgemeine Kunstkrise zu interpretieren, dennoch, so der Dichter habe er „einige Erfahrung“ 1641 mit der Krise der Kunst: „Ich schreibe nun wieder fort an dem Zauberberg-Roman [...]. Aber die künstlerische Beschäftigung ist heutzutage sehr problematisch“ 1642 Die Frage, „ob der Roman alten Stils heute noch möglich ist“ 1643 , hat ihn über weite Stecken seines künstlerischen Schaffens nicht mehr losgelassen. Dabei räumt er ein, „dass die Krise, in der die Kunst liegt“, zwar auch in seinen Werk „Ausdruck findet“, aber nicht etwa in einem Produktionsrückgang, sondern „als Form oder selbst als Idee“. 1644 Mit dem „Zauberberg“ trat der Roman bei Thomas Manns in eine Phase der Reflexion und der Intellektualisierung ein, die er in seinem 1939 gehaltenen Vortrag über „Die Kunst des Romans“ als „die Stufe der Kritik“ 1645 bezeichnete. Typisches Merkmal dieses Romans ist, dass die kulturphilosophische und ästhetische Diskussion oftmals an die Stelle der eigentlichen Romanhandlung tritt.1646 Diese Reflexivität (hier: einen Bildungsprozess zu beschreiben und ihn gleichzeitig zu verkörpern) 1647 tritt ebenso im „Doktor Faustus“ zutage, indem dieser zu dem wird, wovon er handelt, „nämlich konstruktive Musik“ 1648 . Thomas Mann hat sich vom Allgemein-Krisenhaften nicht lähmen lassen und hat stattdessen in seinem Schaffen stets nach „Möglichkeiten neuer Formgeburten“ 1649 gesucht. Die Leverkühn’sche Ansicht von der Verbrauchtheit 1650 aller Mittel und Konvenienzen pariert er mit einem radikalen Hang zum realistischen Detail, realisiert durch Zitat und Montage 1651 , sodass sich der Dichter bald fragen musste: „Ein Roman? Vielleicht ist es im höchsten Grade ein solcher, vielleicht auch keiner mehr. Aber ist nicht auf dem Felde des Romans eigentlich nur noch interessant, was keiner mehr ist?“ 1652 Der Begriff der Montage stammt ursprünglich aus der Filmkunst und bezeichnet eine Aneinanderreihung verschiedenartiger Realtitätsfragmente (räumlich, zeitlich und gedanklich nicht verbundene Sequenzen). Diese Darstellungstechnik fand Eingang in die Literatur, wodurch in der Regel eine Verfremdung, Provokation und Psychologisierung erzielt werden soll. Als viel zitierte Paradebeispiele gelten Döblins „Berlin Alexanderplatz“ und Manns „Doktor Faustus“. Allerdings wird dabei häufig übersehen, dass Montage bei Döblin etwas 1641 DüD III, S. 130: „Hier handelt es sich um verzweifelte Kunst. Es ist eine Verzweiflung, von der ich Erfahrung habe, ohne ihr gerade verfallen zu sein.“ 1642 Mann, Thomas: Briefe 1889 – 1936, hrsg. von Erika Mann. Frankfurt a.M.1961, S. 164. 1643 XI, S. 97. 1644 Briefe, S. 256. 1645 X, S. 360. 1646 Bergsten, S. 127. 1647 Reed, Terence J.: Thomas Mann und die literarische Tradition, in: Handbuch, S. 117: „Festzuhalten aber ist, daß die angedeuteten Wandlungen den Zauberberg zum Bildungsroman in dem Sinn machen, daß er den Bildungsprozeß nicht bloß beschreibt, sondern verkörpert.“ 1648 Entst., S. 187. 1649 X, S. 173: „Die Künste liegen in voller Krise, die zuweilen zum Tode zu führen droht, zuweilen die Möglichkeit neuer Formgeburten ahnen lässt.“ 1650 DrF, S. 180, 181, 318, 322. 1651 Entst., S. 165: Das konstruktive Moment, die Montage-Technik, „gehört geradezu zur Konzeption, zur «Idee» des Buches“. 1652 DüD III, S. 151. 233 vollkommen anderes meint, als Montage bei Thomas Mann, was sich an den Aspekten ‚Arbeitstechnik’ und ‚intendierte Wirkung’ verdeutlichen lässt: Während Döblin mit der Montage (im oben skizzierten Sinne) durch das Aneinanderreihen von Erzählfragmenten unterschiedlicher Qualität eine Verfremdung intendiert, die dem Leser die psychologisch problematische Befindlichkeit Franz Biberkopfs eröffnen soll, legt Thomas Mann gesteigerten Wert auf eine organische Erzähloberfläche im traditionellen Stil. Damit bezieht sich sein Montagebegriff auf die Unzahl von Realien, die er nicht „aufklebt“, sondern in die Fiktion versenkt, damit die Ränder verschwimmen, sodass mit Blick auf seine Arbeitstechnik eher der Begriff der Collage 1653 angemessen wäre. Die von Thomas Mann anvisierte, indes einer Collage wenig entsprechende, organische Erzähloberfläche lässt ihn seiner Meinung neben den Avangardisten des modernen Romans (Joyce, Döblin) wie einen „flauen“ Traditionalisten 1654 dastehen. Dabei ist er sich der Spätheit seiner Kunst überaus bewusst und rückt sie in die Nähe der Parodie, die vor dem Fall der alten Kunstform komme. 1655 Im festen Rahmen der traditionellen Romanform aber bedient er sich mit dem Mittel von Zitat und Montage eines der zentralen „konstitutiven Prinzipien künstlerischer Avantgarde“ 1656 , und zwar in einem Maße, das den „Doktor Faustus“ aber auch den „Erwählten“ strukturell in eine außerordentliche Zwischenstellung zwischen Altem und Neuem rückt. 1657 Während sich also der Autor Thomas Mann im Rückgriff auf bereits Dagewesenes in Bescheidenheit übt, indem er nämlich das kreative Moment auf eine fulminante Neuordnung und Integration des erarbeiteten Zitatmaterials verlegt, hält sein Protagonist Adrian Leverkühn an der alten Kunstvorstellung von einer selbstständigen Erfindung weiter fest und verschreibt sich in seiner Verzweiflung dem Teufel. Dies ist von Thomas Manns Kritikern offenbar nicht immer so klar gesehen worden, sodass er diese aufklären musste: „Wenn ich mit dem »Faustus« gemeint hätte: »Es ist aus mit der Kunst«, so hätte ich ja nachher dumpf und verzweifelt verstummen müssen.“ Und um zu beweisen, dass seine Kunst auch ohne Teufelspakt nicht in der „Sackgasse“ 1658 stecke, fügt er in Anspielung auf den „Erwählten“ hinzu: „Ich habe schon wieder etwas gemacht, [...] ein in Gott vergnügtes kleines Buch, das freilich auch in seiner Art (besonders durch seine Sprachscherze) unwiederholbar ist.“ 1659 Diese Äußerung wiederum bahnte Interpretationen den Weg, die im „Erwählten“ nun Thomas Manns Lösung der Kunstkrise sahen. Dem entgegnete der Dichter: „Der Gedanke lag mir fern, daß der »Erwählte« die Erfüllung darstellen könnte von Adrian Leverkühns Träumen von einer aus der Isolierung befreiten Zukunftskunst.“ 1660 Nicht im stofflichen Erlösungs1653 Wilpert, S. 155: Experimentelle Technik aus der kubistischen Kunst, die den Text mit Zitaten u.a. versetzt, um dem Thema weitere Horizonte abzugewinnen. (Th. Mann wird nicht genannt!) 1654 Entst., S. 205: „Mein Vorurteil war, daß neben Joyces exzentrischem Avantgardismus mein Werk wie flauer Traditionalismus wirken müsse.“ 1655 AN, S. 690: „›Der Erwählte‹ ist ein Spätwerk in jedem Sinn [...] Spätkultur, die vor der Barbarei kommt ...“; DüD III, S. 408. 1656 Klotz, S. 259; ähnlich Neumann, S. 297: „Sagen läßt sich indes, daß das Zitat im 20. Jahrhundert zu einem bestimmenden Stilmittel prinzipiell aller ästhetischen Gattungen wurde. Möglicherweise ist es sogar das einzige Element in der modernen Kunst, das [...] überhaupt noch eine Art Originalität ermöglicht.“; Durzak, Manfred: Zitat und Montage im deutschen Roman der Gegenwart, in: Ders. (Hrsg.): Die deutsche Literatur der Gegenwart. Aspekte und Tendenzen. Stuttgart 1971, S. 212, spricht von der „Montage als Aufbauprinzip des Romans“. 1657 Vgl. weiter Steen, Inken: Parodie und parodistische Schreibweise in Thomas Manns »Doktor Faustus«. Tübingen 2001, S. 132ff. 1658 DüD III, S. 390, 391, 394. Anspielung auf Friedrich Sieburgs Artikel „In der Sackgasse“, in: Die Gegenwart, 6 (1951), 127, S. 19-20. 1659 DüD III, S. 263. 1660 DüD III, S. 418. 234 charakter des „Erwählten“ liegt Thomas Manns Antwort auf eine Kunstkrise, die er selbst nie als so dramatisch wahrgenommen 1661 hat wie Adrian Leverkühn. Die Antwort liegt im konstruktiven Moment beider Romane – im Zitat. 8.3 Fazit Die Verbindung zwischen Thomas Manns „Doktor Faustus“ und dem kurz danach entstandenen „Erwählten“ liegt, wie im Verlauf der letzten beiden Kapitel deutlich geworden ist, keineswegs allein im Sprachlichen und es scheint keineswegs vermessen zu sagen, dass im „Faustus“ all das vorbereitet wurde und zusammenkam, was für die Entstehung des „Erwählten“ konstituierend war: Die Verbindung liegt zuallererst im Stofflichen, in der mittelalterlichen „Gregorius“-Legende, die zuerst im „Faustus“ anklingt, bevor Thomas Mann mit dem „Erwählten“ etwas „eigenes“ daraus macht. Eine weitere Verbindung liegt im Narrativen, in der Einführung eines Erzählers, der mit Zeitblom und Clemens so scharf konturiert nur im „Faustus“ und im „Erwählten“ auftritt. Zitat und Montage waren zwar schon immer Teil Mann’scher Arbeitstechnik, avancieren aber erstmals im „Faustus“ zur Conditio sine qua non. Überliterarische Kontakte zu geistigen Zitat-Eigentümern (Adorno, Schönberg) zwingen Thomas Mann dazu, sein Schaffen in diesem Punkt theoretisch zu reflektieren und es sich expressis verbis bewusst zu machen. Während dieses Mittel im „Faustus“ vornehmlich die realistische Darstellung des Musik-Themas trägt, ist die Sprachmontage über weite Strecken allenfalls als kolorierendes Beiwerk zu werten, das die „Säkularisierung des Teufels“ 1662 in einer „von Gegenwart nur überlagerten Vergangenheit“ 1663 punktuell unterstützt. Der Blick auf die zitierten Sprachquellen („Volksbuch vom Faust“, Luthers Briefe und Grimmelshausens „Simplicissimus“) bestätigt, dass an keiner Stelle von einer realistischen Geschlossenheit des kolorierenden Sprachstandes gesprochen werden kann. Im Echo-Kapitel schließlich geht Thomas Mann noch einen Schritt weiter: Die Sprache wird unter Zuhilfenahme von „Freidanks Bescheidenheit“ aus einer Singer-Schrift (die später auch zum „Erwählten“ herangezogen wird) „bis hinter das Mittelhochdeutsche zurückgeführt“ und zugleich wortbildend noch weiter vom Sprachhistorisch-Realen entfernt. Das durch die „altertümelnde, ans Alemannische erinnernde Mundart“ 1664 erzeugte „leicht schwebende Dasein“ 1665 des kleinen Echo kann insofern als Keimzelle des „sprachlich im Internationalen schwebend[en]“ Mittelalters des „Erwählten“ gedeutet werden – ein Schweben, von dem allenfalls der „Joseph“ erste Spuren aufweist. 1661 DüD III, S. 264: Der »Faustus« ist ein Roman des Endes und arbeitet Idee und Gefühl des Endes mit allen Mitteln heraus. Aber gibt es denn ein Ende? Es gibt doch nur Übergang, und außerhalb des Romans glaube ich so wenig an die Sackgasse der Welt wie an meine eigene. Das Leben geht weiter, und die Kunst tut es auch.“ 1662 Entst., S. 250. 1663 DrF, S. 52. 1664 Milch, S. 358. 1665 DrF, S. 619. 235 9. Verzeichnis der Quellen, Literatur und Siglen 9.1 Quellen und Hilfsmittel Thomas Manns Es wurde darauf verzichtet, die von Thomas Mann benutzten Quellen und Hilfsmittel in das Siglenverzeichnis aufzunehmen. Die Siglen dieser Werke sind nachfolgend durch Fettdruck gekennzeichnet. Die Werke, die nicht mit einer Signatur des TMA/Zürich versehen sind, sind dort zwar nicht im Original vorhanden, aber in aller Regel als rückergänztes Exemplar einsehbar. Auerbach, Erich: Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. Bern: Francke 1946. (TMA TM 3499) Baum, Julius: Die Malerei und Plastik des Mittelalters, Bd. 2: Deutschland, Frankreich, und Britannien (=Handbuch der Kunstwissenschaft, Bd. II., hrsg. von Fritz Burger). WildparkPotsdam: Akademische Verlagsgesellschaft 1930. (TMA TM 4949 H 26) Benz, Richard: Gregorius auf dem Stein: eine alte deutsche Legende. Jena : Diederichs, 1920. (TMA TM 2852) Bernhart, Joseph: Der Vatikan als Thron der Welt. Leipzig: List 1930. (TMA TM 4859) Der Hexenhammer (Malleus Maleficarum). Von Jak. Sprenger und Henricus Institoris. – Colonia 1494. – Übertr. J.W.R. Schmidt, Teil I-III, 1906. (TMA TM 2858: 1-3) Der Nibelungen Not. In der Simrockschen Übersetzung nach dem Versbestande der Hundshagenschen Handschrift, bearbeitet und mit ihren Bildern hrsg. von Hermann Degering. Berlin: Wegweiser 1924. (TMA TM 2857) Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, 13 Bände. Leipzig: Hirzel 1854-1963. (TMA TM 3850: 1-13) Dieffenbacher, Julius: Deutsches Leben im 12. und 13. Jahrhundert, Bd. 2: Privatleben (=Sammlung Göschen, Bd. 328), Leipzig: Göschen 1907. (TMA TM 2803) Eicken, Heinrich von: Geschichte und System der mittelalterlichen Weltanschauung. Stuttgart, Berlin: Cotta [o.J.]. (---) Gesta Romanorum, das älteste Mährchen- und Legendenbuch des christlichen Mittelalters, übers. u. hrsg. v. Johann Theodor Gräße (2 Hälften); 3. Ausg. (Unveränd. Neudruck d. Original-Ausg. V. 1842). Leipzig: Löffler 1905. (TMA TM 70: 1+2) Gottfried von Straßburg: Tristan und Isolde. Neu bearbeitet und nach dem altfranz. Tristanfragmenten des Trouvere Thomas ergänzt von Wilhelm Hertz. Stuttgart: Kröner 1877. (TMA TM 2871) 236 Gregorovius, Ferdinand: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, 2 Bde. Dresden: Jess 1926. (TMA TM 2800:1+2) Grimmelshausen, Hans Jakob Christoph: Abenteuerlicher Simplicius Simplicissimus. Neu an den Tag geben und in unser Schriftdeutsch gesetzt von Engelbert Hegaur. München 1909 (TMA TM 31) Hartmann von Aue: Gregorius. Hrsg. von Hermann Paul (= Altdeutsche Textbibliothek, Nr. 2), 2. Auflage. Halle a.S.: Niemeyer 1900. (---) Hartmann von Aue: Gregorius. Unveröffentlichte Prosa-Übersetzung von Marga Bauer und Samuel Singer, die der Ausgabe von Hermann Paul/Altdeutsche Textbibliothek [Nr. 2], 6 Aufl. Halle 1929, folgt. (TMA, Mat. 7,1) Heil, Bernhard: Die deutschen Städte und Bürger im Mittelalter. Leipzig: Teubner 1906. (TMA TM 2804) Kerényi, Karl: Urmensch und Mysterium, Sonderdruck aus: Das Eranus-Jahrbuch 15 (1947), S. 41-74. (TMA TM 4812) Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Stuttgart: Hirzel [...]. (---) Martin Luthers Briefe, in einer Auswahl hrsg. von R. Buchwald, Bde. 1-2, 2. Aufl. Leipzig 1909. (TMA TM 2959: 1+2) Meyers kleines Lexikon. Achte gänzlich neu bearbeitete Auflage in drei Bänden. Leipzig: Bibliographisches Institut 1931-1932. (---) Philippson, Ernst Alfred: Über das Verhältnis von Sage und Literatur, Sonderdruck aus: Publications of the Modern Language Association of America 62 (1947), 1, S. 239-261. (TMA TM 3484) Roget, Peter Mark: Thesaurus of English Words an Phrases. London: Longmans, Green & Co. 1946. (TMA TM 3853) Scheible, J.(ohann) (Hrsg.), Das Kloster. Weltlich und geistlich. Meist aus ältern deutschen Volks-, Wunder-, Curiositäten- und vorzugsweise komischen Literatur. Zur Kultur- und Sittengeschichten in Wort und Bild, 5. Band: Die Sage vom Faust. Stuttgart 1847. (TMA TM 3020) Scherer, Wilhelm: Geschichte der deutschen Literatur. Berlin: Weidmann 1894. (TMA TM 3323) Singer, Samuel: Thomas von Britannien und Gottfried von Strassburg, in: Festschrift für Edouard Tièche. Bern: Lang 1947, S. 87-101. (---) 237 Singer, Samuel: Dogma und Dichtung des Mittelalters, Sonderdruck aus PMLA 62 (1947), S. 861-872. (TMA TM 2853) Stoessl, Franz (Hrsg.): Antike Erzähler. Von Herodot bis Longos. Zürich: Manesse 1947. (---) Vierhundert Schwänke des sechzehnten Jahrhunderts, hrsg. von F. Bobertag, Berlin/Stuttgart s.d. (Deutsche National-Litteratur, Bd. 24.). Berlin, Stuttgart 1887. (TMA TM 3010) Volksbuch vom Doctor Faust. Zweite Auflage, hrsg. von Robert Petsch, Neudrucke deutscher Literaturwerke des 16. und 17. Jahrhunderts, No. 7-8b, Halle a.S. 1911. (---) Waag, Albert (Hrsg.): Kleinere deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahrhunderts (=Altdeutsche Textbibliothek, Bd. 10). Halle a.S.: Niemeyer 1916. (TMA TM 33) Waetzoldt, Wilhelm: Dürer und seine Zeit. 3. Aufl. Wien 1935. (TMA TM 4949) Weigand, Fr.L.K.: Deutsches Wörterbuch, 2 Bde. Fünfte Auflage, hrsg. von Herman Hirt. Gießen: Töpelmann 1909-1910. (TMA TM 3851: 1+2) Wolfram von Eschenbach: Parzival. Aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt von Karl Pannier, 2 Bde., 3. Auflage. Leipzig: Reclam [1897]. (TMA TM 2860-61) 9.2 Schriften 1666 Thomas Manns Dieser Arbeit wurde die Ausgabe von Thomas Manns Gesammelten Werken in 13 Bänden. Frankfurt a.M. 1990, zugrunde gelegt, wobei die römische Ziffer den jeweiligen Band bezeichnet. Nachfolgend werden zum einen die nicht in die Gesammelten Werke eingegangenen Schriften Thomas Manns aufgeführt, zum zweiten solche, die im Rahmen dieser Arbeit besonders intensiv bearbeitet, entsprechend häufig genannt und aus diesem Grunde mit einer eigenen Sigle versehen worden sind. Bemerkungen zu dem Roman ›Der Erwählte‹, in: Ders.: Altes und Neues. Kleine Prosa aus fünf Jahrzehnten (=Gesammelte Werke in 13 Bänden, Bd. XI). Frankfurt a.M. 1990, S. 687691. Briefe 1889-1936, hrsg. von Erika Mann. Frankfurt a.M. 1961. Briefe an Otto Grautoff 1894-1901 und Ida Boy-Ed 1903-1928, hrsg. von Peter de Mendelssohn. Frankfurt a.M. 1975. Der Erwählte (=Gesammelte Werke in 13 Bänden, Bd. VII). Frankfurt a.M. 1990. 1666 Incl. Interviews. 238 Dichter über ihre Dichtungen, Bd. 14, Teilbde. I-III, hrsg. von Hans Wysling und Marianne Fischer. München 1975-1981. Die Entstehung des Doktor Faustus. Roman eines Romans (=Gesammelte Werke, Bd. XI). Frankfurt a.M. 1990, S. 145-301. Doktor Faustus (=Gesammelte Werke in 13 Bänden, Bd. VI). Frankfurt a.M. 1990. Frage und Antwort. Interviews mit Thomas Mann 1909-1955, hrsg. von Volkmar Hansen und Gert Heine. Hamburg 1983. Lettere a Italiani, hrsg. von Lavinia Mazzucchetti (=Biblioteca delle silerchie, Bd. 89). Milano 1962. Materialien zum „Erwählten“, unveröffenlicht. (TMA, Mat. 7) Materialien zur „Lotte in Weimar“ , unveröffentlicht (TMA, Mat. 5,33) Notizen zum „Doktor Faustus“, unveröffentlicht. (TMA, Ms. 33) Notizen zum „Erwählten“, unveröffenlicht. (TMA, Mp. XI 9a) Selbstkommentare: ›Doktor Faustus‹ und die ›Entstehung des Doktor Faustus‹. Informationen und Materialien zur Literatur, hrsg. von Hans Wysling unter Mitwirkung von Marianne EichFischer. Frankfurt a.M. 1989. Tagebücher, 10 Bde., hrsg. von Peter de Mendelssohn und Inge Jens. Frankfurt a.M. 19771995. Thomas Mann – Agnes E. Meyer: Briefwechsel 1937-1955, hrsg. von Hans R. Vaget. 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Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Mit einem Nachtrag von Ulrich Prenzel. Stuttgart 1992. Mat. = Mann, Thomas: Materialien zum „Erwählten“, unveröffenlicht. (TMA, Mat. 7) MHDWB = Mittelhochdeutsche Wörterbücher auf CD-Rom und im Internet. Ein elektronischer Verbund der wichtigsten lexikographischen Hilfsmittel zum Studium älterer deutscher Texte, hrsg. von Thomas Burch, Johannes Fournier und Kurt Gärtner. Stuttgart 2001. Not. DE = Mann, Thomas: Notizen zum „Erwählten“, unveröffentlicht. (TMA, Mp. XI 9a) Not. DrF = Mann, Thomas: Notizen zum „Doktor Faustus“, unveröffentlicht. (TMA, Ms 33) Selbstk. = Thomas Mann: Selbstkommentare: ›Doktor Faustus‹ und die ›Entstehung des Doktor Faustus‹. Informationen und Materialien zur Literatur, hrsg. von Hans Wysling unter Mitwirkung von Marianne Eich-Fischer. Frankfurt a.M. 1989. 249 TB = Thomas Mann: Tagebücher, 10 Bde., hrsg. von Peter de Mendelssohn und Inge Jens. Frankfurt a.M. 1977-95. TMA = Thomas-Mann-Archiv der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Weigand/Hirt = Weigand, Fr.L.K.: Deutsches Wörterbuch, 2 Bde., hrsg. von Herman Hirt. Gießen 1909-1910. 250 BILDUNGSGANG Studienassessor Dr. phil. Carsten Bronsema, geb. 10.09.1974 1994 Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife am Windthorst-Gymnasium / Meppen 1994 - 1995 Zivildienst bei der Bürgerhilfe e.V. in Meppen 1996 - 1997 Studium der Sozialwissenschaften an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg 1997 - 2003 Studium der Fächer Geschichte und Deutsch für das Lehramt an Gymnasien an der Universität Osnabrück mit Abschluss des Ersten Staatsexamens 2000 - 2003 stud./wiss. Hilfstätigkeit im Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit / Osnabrück unter der Leitung Prof. Dr. Dr. hc. Klaus Garbers 2003/04 Doktorand am FB Sprach- u. Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück, Erstgutachter: Prof. Dr. W. Günther Rohr, Zweitgutachter: Prof. Dr. Rolf Thieroff 2004 Studien im Thomas-Mann-Archiv / Zürich, unterstützt durch ein Stipendium des DAAD Aufnahme in das Doktorandenkolloquium der TU Braunschweig unter der Leitung Prof. Dr. Helmut Hennes 2005 Antritt des Vorbereitungsdiensts als Referendar für das Lehramt an Gymnasien am Studienseminar Osnabrück, Ausbildungsschule: Gymnasium Oesede Annahme des Promotionsgesuchs durch die Universität Osnabrück und Einleitung des Promotionsverfahrens 2007 Abschluss des Vorbereitungsdienstes mit Erwerb des Zweiten Staatsexamens Verteidigung der Dissertationsschrift Antritt des Schuldiensts an der Kooperativen Gesamtschule Schinkel/Osnabrück 251 DANKSAGUNG Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern, Willem und Irene Bronsema, die diese Arbeit durch ihre großzügige Unterstützung überhaupt erst ermöglicht haben. Daneben danke ich meiner Partnerin, Tina Mareike Bothmer, die mich in jeglicher Hinsicht moralisch unterstützt und die Launen des Promotionsalltags nachsichtig und geduldig ertragen hat. Ein weiterer besonderer Dank geht an meinen „Doktorvater“ Prof. Dr. W. Günther Rohr, der mich zu dieser Arbeit akademisch motiviert, und jederzeit weit über das zu erwartende Maß hinaus unterstützt hat. Auch zu danken habe ich zum einen dem DAAD für die freundliche Unterstützung meiner Studien am Thomas Mann-Archiv / Zürich, zum anderen natürlich den Mitarbeitern des TMA selbst, die niemals müde wurden, meine zahlreichen Anfragen mit archivarischem Sachverstand und wissenschaftlichem Einfühlungsvermögen zu bearbeiten. Ferner danke ich Prof. Dr. Dr. hc. Klaus Garber (Osnabrück), Prof. Dr. Helmut Henne (Braunschweig), Prof. Dr. Rolf Thieroff (Osnabrück), Dr. Dr. Michael Tewes (Hannover), Dr. Kai Bremer (Gießen) und Dr. Sebastian Weitkamp (Osnabrück), die mir zu den verschiedensten Zeiten mit ihrem fachwissenschaftlichen Rat zur Seite standen. 252