Klaus-Peter Dahm Evolution und Strukturbildung in der unbelebten Natur Der Versuch zur Errichtung eines einheitlichen Gedankengebäudes der88 Naturwissenschaften 2014 / 17x24cm / 278 Seiten / 29,80 € / ISBN 978-3-89574-869-1 Verlag Dr. Köster, Berlin / www.verlag-koester.de 6. Kapitel Neues Modell für die kosmische Strukturbildung 6.1 Gegensätzliche Modellvorstellungen Im letzten Kapitel wurde gezeigt, dass der deduktive Weg zu einem weitgehend ähnlichen Ergebnis wie der induktive Weg führt. Danach ist für die evolutionäre Strukturbildung in der unbelebten Natur ein Auswurfmechanismus charakteristisch. Aus diesem Auswurfmechanismus ergibt sich als allgemeine Schlussfolgerung, dass es in der Natur genetische Ketten von aufeinander folgenden Mutter-Tochter-Strukturen geben müsse. Für die kosmische Strukturbildung sollte folgende genetische Kette existieren: Sterne sind Tochterstrukturen der Galaxienkerne, d. h. die Sterne würden auf Materieauswürfe der Galaxienkerne zurückgehen. Planeten sind Tochterstrukturen der Sterne; unser Planetensystem würde also z. B. auf einen oder mehrere Materieauswürfe aus der frühen Sonne zurückzuführen sein. Monde sind Tochterstrukturen der Planeten; unser Erdmond wäre demnach durch einen Materieauswurf aus der frühen Erde entstanden. Diese Schlussfolgerungen stehen aber im Gegensatz zu den derzeit favorisierten Modellvorstellungen: Sterne bilden sich durch Kontraktion bzw. Kollaps und Akkretion aus Molekülwolken in interstellarer Materie (wobei die interstellare Materie im Allgemeinen als primäre Bildung nach dem Urknall angesehen wird). Planeten bilden sich zusammen mit dem Zentralstern „kalt“ durch unterschiedliche akkretionäre Wachstumsprozesse in einer zirkumstellaren Gas-Staub-Scheibe (AkkretionsModell) Der Erdmond ist aus der jungen Erde durch einen großen Fremdkörper herausgeschlagen worden. Die Monde der anderen Planeten sind ähnlich entstanden oder haben sich – wie die Planeten – durch Akkretion aus Planetesimal in der zirkumstellaren Scheibe gebildet. Während der Ort der Sternbildung unstrittig ist – Beobachtungen lassen keinen Zweifel mehr, dass die Sternbildung in kühlen Molekülwolken stattfindet−, wird aber der eigentliche Prozess der Sternbildung bis heute nicht verstanden. Eine konsistente Theorie der Galaxienbildung fehlt. Für das Verständnis der Bildung von Planeten haben die zahlreichen Entdeckungen extrasolarer Planeten bislang keinen Fortschritt gebracht. Im Gegenteil: Die alten Probleme sind weiter ungelöst und neue Probleme sind hinzugekommen. Die bislang favorisierte Kollisionstheorie zur Entstehung des Erdmondes ist mit neueren Erkenntnissen zur Zusammensetzung des Mondes kaum in Einklang zu bringen. Außerdem ist es sehr unbefriedigend, wenn bei den großen Monden, z. B. dem Erdmond, ein Herausschlagen aus dem Planeten diskutiert, bei den zahlreichen kleinen Monden aber ein direkter Zusammenhang zur „allmählichen“ Planetenbildung gesehen wird. Trotz dieser unübersehbaren Schwächen der aktuellen Bildungsmodelle, insbesondere der für Planeten und Monde, werden Auswurfmodelle – wie hier vorgestellt – kaum ernsthaft diskutiert. Der Grund: Es gibt scheinbar überzeugende Gegenargumente. Bei näherer Betrachtung erweisen sich diese Gegenargumente allerdings als nicht stichhaltig. Die Gegenargumente lauten: 1) Die Fliehkräfte von Sternen oder Planeten sind zu gering, um Materie so weit auswerfen zu können, dass sie in eine Umlaufbahn gelangt. Dies spräche z. B. gegen einen Auswurf des Mondes aus der Erde. 2) Wenn Sterne und Planeten oder Planeten und Monde in direkter Mutter-Tochter-Beziehung stehen würden, so sollten sie sich stofflich nicht unterscheiden. Dies ist aber bei der Sonne und ihren Planeten nicht der Fall. So hat z. B. die Sonne einen viel geringeren Lithium-Gehalt als die Erde. Auch Bor und Beryllium sind in der Sonne signifikant niedriger als in der Erde konzentriert. 89 3) Bei einem Auswurf durch Fliehkräfte sollte man erwarten, dass die Satellitensysteme, d. h. die Tochterstrukturen, genau in der Äquatorebene der Zentralsysteme, der Mutterstrukturen, liegen. Dies ist aber oft nicht der Fall. So bewegen sich der Mond schräg zur Äquatorebene der Erde oder die Planeten schräg zur Äquatorebene der Sonne. Zum ersten Gegenargument: Wenn die geringen Rotationsgeschwindigkeiten älterer kosmischer Systeme, etwa unserer heute ca. 5 Milliarden Jahre alten Sonne, betrachtet werden, so sind deren Fliehkräfte wirklich sehr gering. Man muss aber von den Fliehkräften junger Systeme ausgehen und diese rotieren bis zu hundertmal schneller als alte Systeme. Rechnungen am Beispiel der jungen Sonne zeigen, dass die entsprechenden Fliehkräfte und die daraus resultierenden Anpressdrücke des mobilen Innenbereichs auf die Mantelfläche zumindest zeitweise ausreichend sind, um ein Aufreißen des Mantels und damit einen Materieauswurf zu ermöglichen (siehe Abschn. 6.3). Auch die Erde hat sich bei ihrer Entstehung vor rund 4,6 Ga weit schneller als heute gedreht. Das zweite Gegenargument lässt sich noch einfacher entkräften: Die Planetenmaterie wird aus der jungen Sonne ausgeworfen bevor die Kernprozesse einsetzen oder evtl. durch den Flash beim Zünden von Kernprozessen. In jedem Fall besteht die Planetenmaterie aus ursprünglicher ProtosonnenMaterie, während sich die Sonne nach dem Auswurf der Planetenmaterie durch die anschließenden Kernfusionsreaktionen chemisch deutlich verändert hat. In der Proton-Proton-Reaktion II fusionieren 6 Li und 7Li mit 1H (Protonen) und werden so verbraucht. Das Lithiumbrennen kann auch selbständig bereits ab einer Temperatur von 2,5∙106 K ablaufen. (Voraussetzung ist, dass der Stern wenigstens 75 Jupitermassen aufweist, was für unsere Sonne gegeben ist). Bor und Beryllium nehmen ebenfalls am Fusionsprozess teil und verarmen deshalb ebenso wie Lithium. Die Verarmung von Li (sowie von B und Be) ist ein verbreitetes Phänomen bei älteren Sternen. Dieses sogenannte kosmologische Lithiumproblem lässt sich also relativ einfach durch die inzwischen gut verstandenen Fusionsprozesse in Sternen erklären. Braune Zwerge, in denen Fusionsprozesse nicht gezündet werden können, und junge Sterne weisen keine Lithiumverarmung auf. Das dritte Gegenargument – die Neigung der Bahnen der Satellitensysteme zur Äquatorebene des Zentralsystems – wird bei genauerer Betrachtung ebenfalls gegenstandslos, wie nachfolgend gezeigt wird. 6.2 Sachlogische Ableitung des Auswurfmechanismus im Kosmos Unter sachlogischer Ableitung wollen wir hier eine „Ableitung (Schlussfolgerung) mit dem gesunden Menschenverstand“ verstehen. Die Bahnen der Monde um die Gasplaneten, der Planeten um die Sonne sowie der Sterne um das Zentrum (bzw. die galaktische Ebene) der Milchstraße zeigen erstaunliche Übereinstimmungen: Satellitenstrukturen in weiterer Entfernung vom Zentralsystem laufen generell auf stark exzentrischen Bahnen – Bahnen mit ausgeprägter Ellipsenform –, wobei diese Bahnen auch eine stärkere Neigung zur Äquatorebene des Zentralsystems aufweisen. Derartige schräge und stark elliptische Bahnen zeigen die äußeren Monde der Gasplaneten des Sonnensystems sowie die im Halo laufenden Sterne der Milchstraße. Auch Pluto und die anderen Kleinplaneten am äußersten Rand des Sonnensystems, sind durch derartige Bahnen gekennzeichnet (vgl. Tab. 6.1). Demgegenüber weisen die Bahnen der Satellitensysteme, welche sich in der Nähe des Zentralsystems befinden, nur eine geringe Exzentrizität auf, z. T. sind sie kreisförmig oder nahezu kreisförmig. Sie liegen entweder direkt in der Äquatorebne des Zentralsystems oder weichen nur wenig davon ab. Dies trifft auf alle inneren Monde der Gasplaneten, aber auch auf die Sterne der Population I, die sich bevorzugt in der Nähe des galaktischen Zentrums bzw. der zentralen Ebene der Milchstraße befinden, zu. Die Planeten des Sonnensystems verfolgen ebenfalls derartige Bahnen (Tab. 6.1). Die Korrelation von Exzentrizität und Neigung der Bahnen der Satellitensysteme zur Entfernung vom Zentralsystem kann zumindest bei den Sternen der Milchstraße auch auf die Metallhäufigkeit und damit das Alter erweitert werden: Je näher die Sternpopulation am Zentrum bzw. der zentralen Ebene liegt, um so metallreicher und jünger ist sie bzw. umgekehrt: Je größer die Entfernung vom Zentrum bzw. der galaktische Ebene ist, umso niedriger ist der Metallanteil und um so höher ist das Alter der Sternpopulation. Außen (Halo) - Population II- niedrig (jung) ≤ 5-10 Ga sehr schnell >100 km/s hoch hoch (alt) ≥ 10 Ga langsam < 20 km/s niedrig wenige 0-2 langsam viele 14 - 67 schnell < 0,1 klein ~6° < 0,1 klein ~6° Abnahme klein klein**) weiter außen -Gasplaneten- 3 (Pluto) langsam niedrig 0,25 groß ~24° sehr weit außen -Pluto u. a. Kleinplanetengroß Planeten und Kleinplaneten des Sonnensystems innen -terrestr. Planeten- Abnahme***) > 0,1 groß > 5°, meist 20° - 30° groß außen Monde der Gasplaneten < 0,1 klein bzw. nicht vorhanden < 1,5°; oft 0° klein innen Ga – Milliarden Jahre Auch innerhalb der Scheibe ist bei den Population-I-Sternen nochmals eine Differenzierung zu beobachten: Von innen (thin disk) nach außen (thick disk) nehmen das Alter zu − von 5-6 Ga auf ca. 10 Ga − und der Metallgehalt ab. Bahnneigung und Bahnexzentrizität nehmen von innen nach außen zu. ** ) Ausnahme Merkur mit der relativ hohen Exzentrizität von 0,2056 ***) bezogen auf die Galiläischen Monde des Jupiter *) Zahl der Monde (Stand 2013/2014) Rotationsgeschwindigkeit Alter Dichte Metallgehalt klein groß (schwach ellipsenförm.) (stark ellipsenförmig) < 0,1 > 0,1; meist > 0,5 Bahnneigung zur Äquatorebene klein bzw. nicht groß bzw. regellos des Muttersystems vorhanden verteilt Exzentrizität der Bahnen Innen (Scheibe)*) -Population I- Sterne der Milchstraße Tab. 6.1 Vergleich der Bahnparameter u. a. Merkmale von Sternen der Milchstraße, Planeten des Sonnensystems und Monden der Gasplaneten (nach Angaben von Zimmermann u. Weigert 1999, Unsöld u. Baschek 2002, Herrmann 2005 sowie Scholz 2014) 90 91 Wenn diese gesicherte Korrelation zwischen Alter und Bahnparametern (bzw. Entfernung) der Sterne der Milchstraße eine grundsätzliche Tendenz aller Systeme wiederspiegelt, wie die sonstigen Analogien wahrscheinlich machen, so sollte sich aus dem Rotationsverhalten des Zentralsystems der Auswurfmechanismus kosmischer Systeme rekonstruieren lassen. Das Rotationsverhalten von Planeten, Sternen und Galaxien ist relativ gut bekannt. Theoretisch ist zu erwarten, dass bei der Bildung der jungen Zentralsysteme (Protogalaxienkerne, Protosterne, Protoplaneten) durch Kontraktion und Kondensation die Rotation des Systems wegen der Erhaltung des Drehimpulses bis zu einem Maximum ansteigt und die weitere Entwicklung der neu entstandenen Struktur durch Abnahme der Rotation gekennzeichnet ist. Letzteres ist bei Sternen und Galaxien auch entsprechend nachweisbar. So haben junge O-B-Sterne durchschnittliche Rotationsgeschwindigkeiten von 100-200 km/s, z. T. auch bis 500 km/s. Alte G-K- oder M-Sterne weisen dagegen nur Rotationsgeschwindigkeiten von 20 km/s, meist < 10 km/s auf. Die Sonne rotiert nur noch mit 2 km/s. Auch die einzelnen Galaxientypen zeigen unterschiedliches Rotationsverhalten: Bei den frühen elliptischen Galaxien steigt die Geschwindigkeit in dem Maße von E0 (ca. 50 km/s) bis E7 (100150 km/s) an, wie die Abplattung zunimmt. Offenbar zeigen die elliptischen Galaxien der Typen EO bis E7 die Entwicklungsstufen eines galaktischen Muttersystems durch Kontraktion und Kondensation vor Beginn des Auswurfs von Sternmaterie an (?). Die frühen Spiralgalaxien vom Typ Sa bzw. Sab besitzen mit 200-250 km/s maximale Rotationsgeschwindigkeiten, während danach die Rotation über die Sb- zu den Sc-Typen stark nachlässt und die irregulären Galaxien nur noch mit maximal 50 km/s rotieren (Abb. 6.1). Abb. 6.1 Maximale Rotationsgeschwindigkeit verschiedener Galaxientypen (aus Herrmann 2005) SO - „linsenförmige“ (elliptische) Galaxien Sa, Sab, Sb, Sbc, Sc - normale Spiralen bzw. Balkenspiralgalaxien unterschiedlicher Typen Irr - irreguläre Galaxien Zusammenfassend lassen sich folgende Gemeinsamkeiten für die unterschiedlichen Zentralsysteme und Satellitensysteme feststellen. Vergleiche dazu auch Tabelle 6.1: 1. Nach der anfänglichen Kontraktionsphase nimmt die Rotation der Zentralsysteme mit wachsendem Alter ab. (Beobachtet an Einzelsternen und Galaxien). 2. Satellitensysteme laufen im Allgemeinen direkt in der Äquatorebene des Zentralsystems oder leicht schräg dazu. (Beobachtet an den Sternen der Milchstraße, bezogen auf das galaktische Zentrum bzw. die galaktische Scheibe; weiterhin auch an den Planeten des Sonnensystems und den Monden der Planeten beobachtet). 92 3. Ältere metallärmere Satellitensysteme befinden sich meist in weiterer Entfernung vom Zentralsystem – "außen" – als jüngere metallreichere Satellitensysteme, welche im Allgemeinen "innen" laufen. (Beobachtet an Sternen der Milchstraße). 4. Satellitensysteme in weiterer Entfernung vom Zentralsystem laufen auf stark exzentrischen Bahnen mit größerer Neigung zur Äquatorebene des Zentralsystems, während Satellitensysteme in der Nähe des Zentralsystems auf schwach elliptischen, d. h. annähernd kreisförmigen Bahnen in der Äquatorebene des Zentralsystems oder nur mit geringer Abweichung dazu laufen. (Beobachtet an Monden der Gasplaneten, Sternen der Milchstraße und z. T. auch Planeten des Sonnensystems). 5. Schnell rotierende Zentralsysteme haben mehr Satelliten als langsam rotierende Zentralsysteme. (Beobachtet an Planeten des Sonnensystems). Diese Beobachtungen und ihre Verallgemeinerungen im Sinne von generellen Beziehungen der Satellitensysteme (Tochtersysteme: Sterne, Planeten, Monde) zu ihren Zentralsystemen (Muttersysteme: Galaxienkern, Sonne, Gasplaneten) lassen sich widerspruchsfrei durch ein Auswurfmodell, angetrieben durch die Fliehkraft des Muttersystems, erklären (Abb. 6.2): Abb. 6.2 Auswurfmodell rotierender kosmischer Systeme: Galaxienkerne, Sterne, z. T. Planeten. Von 1-3 verstärken sich die Rotation und damit die Abplattung des jungen Systems auf Grund der zunehmenden Kontraktion. Bei 3 (maximale Rotation und damit maximale Fliehkraft) wird Materie sehr weit in den Raum geworfen, wobei eine stark exzentrische Bahn des Auswurfmaterials entsteht. Der Auswurf erfolgt schräg zur Äquatorebene, da der Mantel am Äquator eine Wulst aufweist und schräg zur Äquatorebene TangentialSpannungen im Mantel auftreten, die einen Auswurf erleichtern. Mit abnehmender Rotation und deshalb auch abnehmender Abplattung (Position 4 und 5) können die Auswürfe nunmehr nahe oder direkt in der Äquatorebene, wegen der geringeren Fliehkraft jedoch nicht mehr soweit erfolgen (Position 5). Die Bahnen des ausgeworfenen Materials sind nahezu kreisförmig. Für Galaxienkerne und massereiche Sterne gilt, dass der Metallgehalt auf Grund der voranschreitenden Kernfusionsprozesse im Innern zunimmt. Dies spiegelt sich in der ausgeworfenen Materie wider. Jüngere (spätere) Auswürfe sind also metallreicher als ältere (frühere) Auswürfe. Der durch die hohen fusionsbedingten Temperaturen im Innern entstehende Überdruck wird in Form von GasJets abgebaut. Diese entweichen periodisch in der Rotationsachse, da hier der Mantel am schwächsten ist (Positionen 2-5). Bei Planeten fehlen sowohl Gas-Jets als auch eine primäre Metallanreicherung, da keine Kernfusion auftritt. 93 Die anfänglich sehr schnelle Rotation des jungen Muttersystems nach Abschluss der Kontraktionsphase führt auf Grund der starken Zentrifugalkräfte zu sehr weiten Auswürfen von Materie in den Raum (Position 3 der Abbildung 6.2). Die entstehenden älteren Tochterstrukturen weisen deshalb Bahnen von hoher Exzentrizität in weiterer Entfernung vom Muttersystem auf. Durch die Auswürfe wird Drehimpuls abgegeben und die Rotation des Muttersystems geht zurück. Die nachfolgenden Auswürfe verlieren deshalb an Kraft, und sie erfolgen nicht mehr soweit (Position 5 der Abb. 6.2). Junge Tochterstrukturen umkreisen deshalb das Muttersystem relativ nahe auf Bahnen von geringerer Exzentrizität. Für die Erklärung der unterschiedlichen Neigung der Bahnen der Tochtersysteme muss eine zusätzliche, aber logische und sehr einfache Überlegung angestellt werden: Junge, schnell rotierende Muttersysteme sind stärker abgeplattet und weisen deshalb eine starke Äquatorwulst ihres Mantels auf (Position 2 und 3 Abb. 6.2). Deshalb kann der Auswurf bei jungen Muttersystemen noch nicht direkt in der Äquatorebene, sondern erst schräg dazu erfolgen, weil dort ein Durchbruch des Mantels am leichtesten möglich ist, zumal hier zusätzlich Tangentialspannungen auftreten (Position 3). Zum Problem der Tangentialspannungen siehe den folgenden Abschnitt 6.3. Später geht mit Verringerung der Rotation des Muttersystems auch die Abplattung und damit die Äquatorwulst zurück (Position 4 und 5). Die Auswürfe der Tochtersysteme erfolgen dann in oder nahe der Äquatorebene (Position 5 Abb. 6.2). Aus den meist bipolaren Auswürfen von heißer Materie in der Äquatorebene oder schräg dazu werden sich vorerst Spiralarme, Scheiben (Gas-Staub-Scheiben) oder Ringe bilden, aus denen sich dann später Sterne, Planeten oder Monde formieren. Diese sachlogischen Überlegungen zum Auswurfmodell, ausgehend von signifikanten Phänomenen, sollen durch nachfolgende physikalische Betrachtungen und überschlägige Berechnungen untersetzt werden. 6.3 Berechnungen zum Auswurfmechanismus*) Spannungszustände im Muttersystem bei Innendruck Das kosmische Zentralsystem bzw. Muttersystem (Galaxienkern, Protostern, Planet) kann modellhaft als dickwandige Hohlkugel unter Innendruck betrachtet werden. Dabei besteht der Mantel aus SilikatKondensat, das plastisch verformbar ist (vgl. Kap. 5). Aus dem Maschinenbau, speziell der Behältertechnik, sind die Spannungszustände an sogen. biegeschlaffen, d. h. plastisch verformbaren Hohlkugeln hinreichend bekannt. (Siehe z. B. Dubbel – Taschenbuch für den Maschinenbau, Grote und Feldhusen 2007). Gewölbte Hohlkörper weisen bei Innendruck einen dreiachsigen Spannungszustand im Mantel auf. Ist das Materialverhalten eher plastisch, tritt bei örtlicher Belastung Fließen bis zur Außenwand auf. Die Spannungen lassen sich je nach Materialverhalten für dick- und dünnwandige Kugeln darstellen und näherungsweise berechnen. Bei Erreichen der Fließgrenze von plastischen Materialien kommt es zum Aufreißen des Mantels (Abb. 6.3). ---------------------------*) Die im Abschnitt 6.3. zusammengefassten Ergebnisse beruhen im Wesentlichen auf Berechnungen von Dipl.-Ing. Hans-Peter Dahm, 2003. Klaus-Peter Dahm Evolution und Strukturbildung in der unbelebten Natur Der Versuch zur Errichtung eines einheitlichen Gedankengebäudes der Naturwissenschaften 2014 / 17x24cm / 278 Seiten / 29,80 € / ISBN 978-3-89574-869-1 Verlag Dr. Köster, Berlin / www.verlag-koester.de