Sonntag, 4. September | 18 Uhr Stiftskirche St. Georgen am Längsee I J.S. Bach – Dialogkantaten Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet – BWV 57 Liebster Jesu, mein Verlangen – BWV 32 Ich geh und suche mit Verlangen – BWV 49 Nicht zu opernhaftig solle seine Musik herauskommen, vielmehr die Zuhörer zur Andacht ermuntern ... – so schrieben es ihm die Leipziger Ratsherren in seinem Dienstvertrag als Thomaskantor vor. Und es scheint fast so, als hätte J.S. Bach jenen Hinweis auf das Ermuntern zuweilen als Rechtfer60 | Trigonale 2016 – Vorschau tigung dafür genutzt, doch einiges an Weltlichkeit in seine geistlichen Kompositionen einfließen zu lassen, indem er sich sehr wohl gelegentlich der Klangsprache der Oper mit ihren erregten Rezitativen, Arien und Liebesduetten bediente. In besonderer Weise trifft dies auf die Dialogkantaten für Sopran und Bass zu, eine wenig bekannte, aber umso faszinierendere Werkgruppe aus seinem so reichhaltigen Œuvre. Die Ursprünge der darin vertonten und wie Liebesgespräche anmutenden hochemotionalen Dialoge zwischen der menschlichen Seele und Jesus, die in der Tradition der Brautmystik gegenseitig nacheinander verlangen, finden wir in einer der schönsten Dichtungen der Weltliteratur – dem Hohelied Salomons. Und selbst wenn sich hinter der Sehnsucht nach dem Geliebten, den Küssen und den Umarmungen ein höherer heilsgeschichtlicher Sinn verbergen mag, erfreut sich der Zuhörer damals wie heute wohl auch an der vordergründigen Schönheit der Worte und dem sich offenbarenden Eindruck von fließender Inspiration und jener persönlich empfundenen Freude, die alle Dialogkantaten Bachs zu Kleinodien der barocken Kirchenmusik werden ließ. Trigonale 2016 – Vorschau | 61 I Elisabeth Breuer – Sopran Jonathan de la Paz Zaens – Bass I Gäste bei den Schlusschorälen: Clare Wilkonson – Mezzosopran Nicholas Todd – Tenor Ensemble in Residence 2016 – Miszla Baroque Orchestra (MBO) Monika Toth, Danuta Zawada, Koppàny Hunyadi, Helga Schmidtmayer, Yun Kim, Attila Deés, Valeria Caponnetto – Violine Stefano Marcocchi, Matt Antal, Clelia Gozzo – Viola Alessandro Palmeri, Péter Jánosházi – Cello Barbara Fischer – Kontrabass Soma Dinyés – Orgel Michele Pasotti – Theorbe Elisabeth Baumer, Rei Ishizaka – Oboe Giulia Genini – Fagott Monika Toth & Soma Dinyés – Leitung Elisabeth Breuer, österreichische Sopranistin, wuchs im steirischen Ort Haus im Ennstal auf. Ihre Ausbildung erhielt sie bei Elisabeth Batrice an der Grazer Kunstuniversität. Seit der Spielzeit 2009/10 ist Elisabeth 62 | Trigonale 2016 – Vorschau am Linzer Landestheater engagiert, wo sie in der Saison 2014/15 als Waldvogel (Sieg fried), Stasi (Die Csárdásfürstin), Marie (Lynx, der Luchs), Prinzessin Amirah (Die arabische Prinzessin) und Bellezza in Händels Il trionfo del Tempo e del Disinganno zu erleben war. Seit Dezember 2015 singt sie im Linzer Musiktheater erstmals die Rolle der Gretel in Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel. Es spielt das Bruckner Orchester Linz unter der Leitung von Takeshi Moriuchi, Regie führt Rainer Mennicken. Zu ihren bisherigen Höhepunkten in Linz zählen Rollen wie Norina (Don Pasquale), Constance (Dialogues des Carmélites), Despina (Così fan tutte), Musetta (La Bohème), Adele (Die Fledermaus) und Gabrielle (Pariser Leben). Sie sang die Clara in Kaspar H. (UA) von Balduin Sulzer und wirkte in der Uraufführung von Spuren der Verirrten von Philip Glass anlässlich der Eröffnung des Neuen Linzer Musiktheaters mit. In Linz stand sie außerdem als Amour und Clarine (Platée), Frasquita (Carmen), Jungfüchsin Schlaukopf und Hahn (Das schlaue Füchslein), Papagena (Die Zauberflöte), Emmie (Albert Herring), Lisa (Gräfin Mariza), Schlafittchen (Das Traumfresserchen), Andi (Die Omama im Apfelbaum) und Minnie Fay (Hello, Dolly) auf der Bühne. Engagements führten die junge Sängerin an das Teatro Cervantes de Málaga, wo sie unter Michi Gaigg als Carmi und Cabri in Mozarts Kirchenoper La Betulia liberata zu hören war. In dieser Oper trat sie auch bei den Donaufestwochen im Strudengau auf, wo sie mit dem L'Orfeo Barockorchester zusammenarbeitete. Elisabeth gastierte am Wiener Schauspielhaus als Julia in Romeo+/-Julia, am Parktheater Augsburg verkörperte sie die Trigonale 2016 – Vorschau | 63 I I Franzi (Wiener Blut), beim Montafoner Sommer die Karoline (Das rote Käppchen). Sie war als Christel (Der Vogelhändler) im Musiktheater Schönbrunn zu erleben und sang bei Opera da Camera in Helfenberg (OÖ) die Yam Yam in der Operette Der Mikado. Ihre konzertanten Auftritte umfassen ein sehr vielseitiges Repertoire, wobei sie sich leidenschaftlich den Werken des Barocks und der Wiener Klassik widmet. Auch der Liedgesang liegt der jungen Künstlerin sehr am Herzen. Überdies tritt sie regelmäßig bei zahlreichen Festivals im In- und Ausland auf. Bei der styriarte, wo sie nun schon mehrmals zu hören war, sang sie unter anderem Mozart-Arien, begleitet vom Concentus Musicus Wien. 2013 wurde sie für ihre Darstellung der Constance (Dialogues des Carmélites) für den Österreichischen Musiktheaterpreis nominiert und 2014 erhielt sie den Jungensemblepreis der Freunde des Linzer Musiktheaters. 2015 war Elisabeth erstmals bei der trigonale zu Gast und verkörperte in der Kirchenoper Christophorus die Rolle der Dorothee, der Zigeunerin und einer Ertrinkenden. Der Bassbariton Jonathan de la Paz Zaens wurde auf den Philippinen gebo- ren. Er erwarb seinen Bachelorabschluss mit Auszeichnung an der University of the Philippines bei Prof. Andrea O. Veneracion und schloss sein Studium im Jahr 2000 an der Hochschule der Künste Berlin bei Prof. Dr. Herbert Brauer ab. Er ist Preisträger des 7. Sylvia Geszty Internationalen Koloratur-Gesangswettbewerbes, Finalist beim 13. 64 | Trigonale 2016 – Vorschau Internationalen Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb und beim Mendelssohn-Gesangswettbewerb. Am Ständetheater und an der Staatsoper Prag gastierte er in den Mozart-Rollen Leporello und Guglielmo. In Berlin führten ihn Verpflichtungen an die Neuköllner Oper, an die Neue Opernbühne sowie an die Kammeroper, wo er u.a. die Partie des Dulcamaras in Donizettis Der Liebestrank, die des Alidoros in Hasses La Sorella Amante und die des Abts in Brittens Curlew River gesungen hat. Als Konzertsänger gestaltet er wiederholt die Basspartien der großen Oratorien von Bach, Mozart, Händel, Haydn, Brahms, Mendelssohn-Bartholdy und Rossini. Liederabende gab er in Deutschland, Italien, Schweden, Tschechien, Costa Rica, in den Vereinigten Staaten und in seiner Heimat. Er widmet sich auch der zeitgenössischen Musik, so sang er beispielsweise bei den Salzburger Festspielen in der Uraufführung von Karl-Heinz Stockhausens Düfte-Zeichen. Bei der Uraufführung von Stockhausens letztem Opus Klang im Rahmen der Kölner Triennale übernahm er das Solostück für Bartion (Orvonton). Darüberhinaus führte er andere Werke Stockhausens sowie Sciarinnos, Zenders, Rihms, Eötvös und Piazzollas bei den Berliner Festspielen, den Schwetzinger Festspielen, der Biennale Venedig, dem Agora Festival in Paris, dem Warschauer Herbst sowie im Koblenzer Stadttheater und an der Zeitgenössischen Oper Berlin auf. Im vergangenen Jahr war Jonathan in der Hauptrolle der ersten trigonale-Kirchenoper Christophorus zu erleben. Trigonale 2016 – Vorschau | 65 I I Das Miszla Baroque Orchestra (MBO), Ensemble in Residence der trigonale 2016, wurde 2011 von der Barockviolinistin Monika Toth und dem Continuospieler und promovierten Musikwissenschaftler Soma Dinyés gegründet und entstand aus einer Gruppe der talentiertesten Studenten der Miszla Baroque Early Music Academy (Ungarn, Villa Nemeskéry). Zu Beginn musizierte die junge Streichergruppe nur im Rahmen der Meisterklassen, nach fünf Jahren intensiver Arbeit und künstlerischer Entwicklung gaben sie dann auf dem X. Europa Cantat Festival 2015 in Pécs ihr umjubeltes Debüt in J.S. Bachs h-Moll-Messe. MBO ist eine unabhängige internationale Formation, die sich aus Musikern aus ganz Europa zusammensetzt – zumeist Studenten oder ehemalige Absolventen der führenden, auf historische Aufführungspraxis spezialisierten Musikakademien. 66 | Trigonale 2016 – Vorschau Trigonale 2016 – Vorschau | 67 Die Biografie von Clare Wilkinson finden Sie auf Seite 86, jene von Nicholas Todd auf Seite 53. I