Periodikum der Spagyros AG Special 4/2012 Spagynews Stramonium Datura strammonium, weisser Stechapfel (Fam. Solanaceae) Charakteristik der Arznei1 Allgemeine Charakteristik (Genius) Seitenbeziehung; Dynamik/Entwicklung; Richtung/ Erstreckung; Auslöser PLÖTZLICH; ABWÄRTS; von li. nach re.; SCHRECK Modalitäten < ABENDS < ALLEIN < IM DUNKELN < SCHRECK < LICHT < Gehen < BERÜHRUNG > Licht, Verlangen nach Licht (k) > IN GESELLSCHAFT Beschwerden/Empfindungen/Befunde DELIRIEN, mit Halluzinationen, Betäubung, SCHWINDEL, Unruhe, GESCHWÄTZIGKEIT, HASTIG, SCHNELL , BEISST, VERSUCHT ZU FLÜCHTEN. ANGST, FURCHT, FURCHT VOR WASSER, ERSCHRECKEN, SCHRECKHAFT, AUFFAHREN, AUFSCHRECKEN, GREIFEN NACH EINGEBILDETEN GEGENSTÄNDEN, ANTWORTET NICHT AUF FRAGEN, Gefühl zu fallen, ERKENNT NIEMANDEN, MURMELN, schamlos, erhöhter Geschlechtstrieb, GEFÜHLLOS, UNEMPFINDLICH, KRÄMPFE, KONVULSIONEN, ZITTERN, ZUCKEN. TROCKENHEIT: Nase, Gesicht, MUND/ZUNGE, Hals, Brust, HAUT. ABWECHSELNDE EFFEKTE DURST 1 Gradeinteilung •Charakteristisches AMP-Symptom – Grundschrift •Häufige klinische Symptome (wenn charakteristisch oder Genius) – Grundschrift (k) •Häufige AMP-Symptome – kursiv •Verifiziertes Symptom – Kapitälchen •Oft verifizierte Symptome – Kapitälchen ZUSAMMENSCHNÜREN, -ZIEHEN KLOPFEN SCHIESSEN ABSONDERUNGEN UNTERDRÜCKT VERGRÖSSERUNGSGEFÜHL Spezielle Charakteristik Auffallende Symptome nach Leibesbereichen WIE WENN DER KOPF NACH HINTEN GEZOGEN WÜRDE. GLAUBT, IHR KIND SEI NICHT DAS IHRE. GLAUBT, EIN ANDERER LIEGE IM BETT; er liege doppelt im Bett; er liege quer im Bett. MACHT EINE VORNEHME MIENE. GEFÜHL, EIN TEIL SEI VOM KÖRPER ABGETRENNT, -GELÖST, -GESCHNITTEN. HEBT IM FIEBER DEN KOPF VOM KISSEN. SCHWINDEL, SCHWANKEN BEIM GEHEN IM DUNKELN. HUSTEN, < TRINKEN KALTES WASSER. GEGENSATZ KOPFHITZE ZU KÄLTE DES RESTES DES KÖRPERS, BESONDERS DER BEINE/FÜSSE. Auffallende lokalisierte Seitenbeziehung; Dynamik/ Entwicklung; Richtung/Erstreckung; Auslöser Kopf re., Ohren, Gesicht li. Auffallende Orte/Organe Gemüt, Sensorium Augen Mund, Hals Bauch Auffallende lokalisierte Modalitäten/ widersprüchliche Modalitäten KONVULSIONEN < LICHT. Auffallende lokalisierte Beschwerden/Empfindungen/ Befunde KANN NICHT SCHLUCKEN. KANN NICHT SPRECHEN. PUPILLEN ERWEITERT. STARRE, FUNKELNDE AUGEN. ZUNGE GESCHWOLLEN. BITTERER GESCHMACK. ZÄHNEKNIRSCHEN. SCHLUCKAUF. Auffallende lokalisierte Begleitbeschwerden/spezifische Zeichenkombination an verschiedenen Lokalisationen Durst – Furcht vor Wasser. Klinische Indikationen Inhaltsstoffe Psychische Beschwerden: Manie, Halluzinationen, Delirien, Krampfzustände Der Gemeine Stechapfel enthält die giftigen Tropanalkaloide (S)-Hyoscyamin und Scopolamin. Alle Pflanzenteile sind giftig, besonders jedoch die Wurzeln und Samen. Bereits Mengen ab 0,3 g können Giftwirkungen hervorrufen. Allgemeines Der Gemeine bzw. Weisse Stechapfel (Datura stramonium) ist in Mitteleuropa der häufigste Vertreter der Gattung der Stechäpfel; der deutsche Name bezieht sich auf die stachelige Frucht, welche im Volksmund auch als Dornapfel, Kratzkraut, Igelkolben, Tollkraut, Schlafkraut, Stachelnuss, Teufelsapfel, Asthmablätter und Zigeunerapfel bekannt ist. Datura stramonium ist ein Kosmopolit. In Europa ist die Pflanze wohl ein Neophyt; weit verbreitet ist die Ansicht, dass sie durch die Zigeuner aus Asien mitgebracht wurde. In Mitteleuropa findet man die Pflanze häufig als Ackerunkraut. Bevorzugt werden stickstoffreiche Böden wie Komposthaufen, Ödplätze, Schutt, Müll und Wegränder. Botanik Der Gemeine Stechapfel ist eine aufrecht- bis buschigwachsende einjährige Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanacea). Die Pflanzen erreichen eine Höhe von bis zu 1,2 m, selten auch bis zu 2 m. Der Stängel erhebt sich aus einer spindelförmigen, weissen Wurzel, er ist aufrecht, gabelästig und kahl. Die sattgrünen Blätter sind lang gestielt, eiförmig, unregelmässig spitz gelappt bis doppelt gezähnt oder buchtig, weich und etwa handgross, dunkelgrün an der Oberfläche und graugrün an der Unterseite; ihr Geruch erinnert an gekochte Kichererbsen. Von Juni bis zum Oktober bilden sich endständig und in den Astgabeln weisse bis violette Blüten aus, die sich erst zur Nacht öffnen, da sie hauptsächlich von Nachtfaltern besucht werden. Stechapfelblüten duften (in der Nacht) stark süsslich, parfümartig; der von vielen als unangenehm empfundene Geruch der Pflanze dagegen stammt von Stängeln und Blättern. Die trompetenförmige Blütenkrone ist fünfzipfelig und erreicht eine Länge von 6 bis 8,5 cm. Die Blüte dauert nur eine Nacht, am Morgen faltet sie sich wieder zusammen, verwelkt schnell und fällt mitsamt dem Kelch ab. Aus den Blüten entstehen viergeteilte, stachelige oder unbestachelte Kapseln, die in den Stängelachseln gerade nach oben stehen. Sie sind eiförmig und 2,5 bis 4 cm lang und 2 bis 3 cm breit. Die Stacheln auf den Früchten sind nahezu gleichmässig verteilt. Mit Einsetzen der Reife öffnet sich die Kapsel von oben her und gibt 300 bis 500 schwarze, nierenförmige, abgeflachte Samen frei, teilweise auch noch bis ins nächste Jahr hinein, wenn die Kapsel selbst schon längst vertrocknet ist. Die Ausbreitung der Samen erfolgt durch Tierstreuung; die Samen keimen sehr langsam und oft erst nach einigen Jahren. Toxikologie Es sind viele Vergiftungen bekannt, hauptsächlich bei Kindern, die die Samen in den Mund gesteckt und geschluckt haben. Bereits 5 bis 10 Samen können bei Jugendlichen zum Tode führen. Zu den charakteristischen Effekten der Vergiftung gehören Mundtrockenheit, Schluckstörungen, Pupillenerweiterung. Das toxische Bild der Vergiftung entfesselt die Willenskräfte und führt zu sinnlosen Handlungen. Zu Beginn zeigt sich eine starke Unruhe, allgemeine Erregung mit Rede- und Bewegungsdrang, ferner Weinkrämpfe, hysterische Anfälle, Schüttelkrämpfe, Halluzinationen, Atembeschleunigung, Herzklopfen, schneller Puls, Blutdrucksteigerung, starre Pupillen, Schielen, Seh- und Sprachstörungen, Zuckungen, trockene, heisse Haut und erhöhte Körpertemperatur. Die Wirkung setzt gewöhnlich etwa nach einer halben Stunde ein und kann tagelang anhalten. Stramonium in der Homöopathie Hinweise auf das Similegesetz in vorhomöopathischer Zeit und für die homöopathische Heilkraft des Stechapfels machte 1762 der Wiener Hofarzt Anton von Stoerck (1731-1803), welcher von Hahnemann wie folgt zitiert wird: „Wenn der Stechapfel den Geist zerrüttet und bei Gesunden Wahnsinn hervorbringt, sollte man dann nicht versuchen dürfen, ob er bei Wahnsinnigen durch Umänderung der Ideen gesunden Verstand wiederbringen könne?“ Erstprüfung Hahnemann wurde durch diese Empfehlungen Stoercks auf Stramonium aufmerksam. Er prüfte das Mittel an sich selbst sowie seinem Sohn Ferdinand und registrierte dabei 96 Symptome. Mit weiteren 473 Symptomen anderer Prüfer und Literaturquellen nahm er die Arznei in seine „Reine Arzneimittellehre. Bd. III. 2. Aufl. Dresden 1825, S. 287“ auf. Verwendete Ausgangsstoffe Das frische Kraut von Datura Stramonium. Arzneiherstellung Bei Spagyros wird Stramonium bis zur C6 trituriert, schliesslich flüssig weiter potenziert. Verfügbare Arzneien: C5-C200, Q1-42, D12-D200, CF30100‘000 (CM) Spagyros – Materia Medica Diese Zusammenstellung ist eine Kurzfassung der Arzneibearbeitung einer engagierte Gruppe von Homöopathen, die in der Schweiz regelmässig Arzneien bearbeitet. Unser Konzept beinhaltet die Bearbeitung der Arzneisymptome in den Monographien der „Materia Medica Revisa Homoeopathiae“ im Selbststudium, anschliessend die Erarbeitung der Charakteristik in Gruppenarbeit und wird begleitet von Präsentationen der Ausgangssubstanz (Geschichte, Botanik, etc.) und einer Übersicht über den klinischen Gebrauch (Kasuistiken). Diese Zusammenfassung erhebt keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt in keiner Weise den Prozess und die Erkenntnisse, welche während der Bearbeitung und der Diskussion in der Gruppe gemacht werden. (Neue Teilnehmer sind willkommen – Auskunft: www.spagyros.ch – Tel. 031 959 55 88). Impressum Redaktion: Dr. Peter Minder • Spagyros AG, Tannackerstrasse 7, CH-3073 Gümligen, Tel. +41 31 959 55 88 • www.spagyros.ch • Spagyros GmbH, Königstr. 10, D-78628 Rottweil, Tel. +49 (0)741 17 48 94 10 • www.spagyros.de • November 2012