Prof. Dr. Hans-Joachim Schmidt Frühjahrsemester 2013 Vorlesung: Europa im 12. Jahrhundert IV) Politische Entwicklungen 12) Königreich England und der Konflikt mit den französischen Königen neben England Königreich Schottland, Wales gerät am Ende des 12. Jahrhundert zunehmend unter englische Herrschaft; Giraldus Cambrensis, Bischof von St. David's verteidigt walisische Unabhängigkeit im 13. Jahrhundert Beginn der englischen Expansion in Irland ist England Sonderfall? durch insulare Lage? durch Ausgreifen nach frankreich? durch starke Stellung des Königs? - aber was ist europäischer Normalfall? Ursprung des Konfliktes zwischen Königen von Frankreich und von England: englische Könige waren zugleich Vasallen der französischen Könige, weil sie zugleich Herzöge der Normandie waren Resultat der Eroberung 1066 durch Herzog Wilhelm der Normandie König Heinrich II. zugleich auch noch Herzog von Aquitanien (Ergebnis seiner Heirat mit Eleanore von Aquitanien 1152); hinzu kommne Grafschaften Anjou, Maine und Touraine (Besitz des Vaters von Heinrich II.) starke französische Prägung in England nach 1066 werden die wichtigsten geistlichen Stellen im Königreich mit Franzosen besetzt: u.a. Lanfranc le Bec, Anselm von Canterbury Dynastie der Plantagenet = Dynastie Anjou Intensive Königsherrschaft Etablierung in einer Hauptstadt: London - Westminster "Domesday-Book" durch König Wilhelm I. angelegt 1086: Verzeichnis allen Besitzes mit genauem Inventar, dient zur Besteuerung aller Untertanen alle Adligen als Lehensmannen dem König verbunden Herrschaft durch Rechtsprechung; Hofgericht und Gerichte des Sheriffs frühe Schriftlichkeit am Hof: Patent roles (seit Ende des 12. Jhs., registrieren Urkunden, Close roles, Pipe roles (seit 1129, kontinuierlich seit Ende Ende des 12. Jahrhunderts (verzeichnen Abgaben aus Grafschaften, eingetrieben durch Sheriffs) an Krone) Abgaben zugunsten des Königs, zentral verwaltet im Schatzamt: Exchequer (seit 1138 nachgewiesen) wichtigste Residenz in Westminster bei London, dort die Hofämter König oberster Lehnsherr, alle Adeliigen sind zugleich Lehnsleute des Königs, Sheriffs werden vom König eingesetzt und können auch wieder abberufen werden die mächtigsten Adligen erhalten Lehen in verschiedenen Grafschaften : Folge: es entstehen keine Landesherrschaften intensive Kontrolle der Krone über Kirche von England Konstitutionen von Clarendon 1164: Kleriker können auch vor weltliche Gerichte gezogen werden; eingeschränkte Appellationen von Geistlichen an den Papst deswegen Konflikt zwischen König Heinrich II. und dem Erzbischof von Canterbury, Thomas Beckett, der 1170 vermutlich auf Betreiben des Königs ermordet wird zur Sühne verspricht Heinrich II. Kreuzzug; er wird vorbereitet, Gelder werden gehortet, aber erst der Sohn Heinrichs, König Richard I. Löwenherz (1180-1199) zieht ins Heilige Land 1066 Schlacht bei Hastings: Sieg Wilhelm I. gegen Harald, Wilhelm erachtet sich als Erbe des verstorbenen Königs Eduards (+1066) bis 1071 ist Wilhelm Herr über ganz England 2 Sein Sohn Wilhelm II. (1087-1100) konsolidiert Königsherrschaft, älterer Bruder Robert Kurzhose erhält Herzogtum Normandie Heinrich I. 1100-1135 erbt England; und vertreibt 1106 Robert aus dem Herzogtum Normandie hat nach Tod seines Sohnes keinen männlichen Erben, seine Tochter Mathilde mit Kaiser Heinrich V. verheiratet, seit 1125 Witwe, wird sie mit Gottfried von Plantagenet verheiratet, Graf von Maine, Anjou und Touraine Mathilde soll Nachfolgerin als Königin werden, Grosse des Reiches huldigen ihr 1127 aber nach Tod des Vaters setzt sich Stephan von Blois als neuer König durch 1135-1154 Krieg mit Mathilde und ihren Anhängern, Stephan kann sich zwar behaupten, aber es gelingt ihm nicht Herrschaft auf seine Erben zu übertragen, nach seinem Tod wird Heinrich II., Sohn von Mathilde und Gottfried König 1154-1189 erster Höhepunkt der englischen Königsherrschaft, bedeutende Machterweiterung in Frankreich auch durch seine Ehefrau Eleonore von Aquitanien 1173 erstmals Feldzug in Irland, Eroberung von Gebieten gelingt aber zunächst nicht 1173-174 Aufstand der Söhne Richard und Johann gegen Heinrich II. wird niedergeschlagen, zeitweise Entfernung von Eleonore vom Hof, welche mit Söhnen sympatisiert Konflikte mit französischen König werden brechen mehrmals auf, werden auf Betreiben päpstlicher Legaten durch kurzfristige Waffenstillstände beigelegt. Richard I. Löwenherz 1189-1199 verwirklicht den von seinem Vater versprochen Kreuzzug, kann dabei über die von diesem gehorteten Gelder verfügen Im Heiligen Land Konkurrenz mit französischen König Philipp II, Richard wird nach dessen Rückkehr unumstrittener Führer der Kreuzfahrer, aber keine Erfolge, keine Wiedereroberung von Jerusalem auf Rückreise wird Richard von Herzog Leopold von Österreich gefangengenommen, später dem Kaiser Heinrich VI. überstellt: Gefangenschaft auf Burg Trifels, Freilassung gegen Zahlung eines enormen Lösegeldes auch während der Abwesenheit des Königs funktioniert königliche Herrschaft 1199-1216 König Johann I. Ohneland, der Bruder Richards Krieg mit dem französischen König Philipp II. endet mit Niederlage in Bouvines 1214 Ergebnis: fast vollständiger Verlust der Besitzungen des englischen Könis in Frankreich, es bleibt nur Gascogne um Unterstützung des Papstes zu gewinnen, hatte Johann das Königreich vom Papst zu Lehen genommen (Zahlung des Peterspfennigs) Opposition der Barone und der grossen Städte erzwingt Magna Charta 1215 Beginn des englischen Parlamentarismus? - aber kein Parlament in Urkunde erwähnt Ziel der Magna Charta: reformatio status regni ; Zurückdrängung der königliche Macht: Einschränkung königlicher Gerichtsbarkeit, Verkleinerung der königlichen Forsten, Entlassung von Kriegsknechten, Ausweisung landesfremder Berater Kontrollorgan von 25 Männern, von den Baronen gewählt, die Einhaltung der Magna Charta überwachen sollen und König zur Einhaltung zwingen können unter Androhung des Gehorsamsentzugs aber: sofort danach erreicht König Johann I. von Papst Innozenz III., dass er von dem Eid auf die Magna Charta entbunden wird, da die Urkunde die Rechte der Päpste als Oberlehensherren des Königreiches verletzt Folge: Krieg zwischen Johann und den Baronen Barone rufen französischen Königssohn (den späteren König Ludwig VIII.) ins Land, der als englischer König eingesetzt werden soll, aber keine Erfolge 1216 Tod Johanns