Universum und Leben im Vergleich

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Universum und Leben im Vergleich
Beat Samuel Fey
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Material und Methoden
3. Ergebnisse
3.1. Das Universum
3.1.1. Kennzeichen des Universums
3.1.2. Strukturen des Universums
3.1.3. Merkmale von Galaxien
3.1.4. Grössenordnungen
3.1.5. Entstehung des Universums nach der Evolutionslehre
3.2. Das Leben
3.2.1. Kennzeichen des Lebens
3.2.2. Strukturen des Lebens
3.2.3. Merkmale ausgewählter Elemente 3.2.3.1. Bakterien
3.2.3.2. Europäische Lärche
3.2.3.3. Rotbuche
3.2.3.4. Bäume allgemein
3.2.3.5. Süssgräser
3.2.3.6. Mensch
3.2.3.7. Lebewesen allgemein
3.2.4. Grössenordnungen
3.2.5. Entstehung des Lebens nach der Evolutionslehre
4. Diskussion
4.1. Vergleich von Universum und Leben 4.2. Die Erde als „Mittelpunkt des Universums“? –
oder die Frage nach der Komplexität des Seins
4.3. Der Mensch als „Krone der Schöpfung“? –
oder die Suche nach der menschlichen Bestimmung
4.4. Entstehungstheorien
5. Zusammenfassung
6. Quellenverzeichnis
6.1. Literatur
6.2. Internet 7. Anhang
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1. Einleitung
Stossen wir auf aktuelle Erkenntnisse der
Astronomie, sind wir stets höchst ergriffen von den gewaltigen, ja unvorstellbaren Grössenordnungen im Universum.
Vorschnell betrachten wir in der Folge die
Erde und deren Lebewesen beinahe als ein
«Nichts». Aber ist dem wirklich so?
Da mich als Biologen die Natur allgemein
und das Leben speziell extrem fasziniert,
komme ich bei neuen diesbezüglichen Erkenntnissen stets wieder kaum aus dem
Staunen heraus. Dabei ist festzuhalten,
dass zwar irdische Massstäbe zunächst
massiv bescheidener erscheinen als jene
des Universums. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass lebende Strukturen wesentlich komplexerer Natur als unbelebte sind.
Mit umfangreichen Untersuchungen möch-
te ich aufzeigen, dass unsere Erde einer
2
adäquaten Gegenüberstellung mit dem
«unendlich» viel grösseren Universum
durchaus standhalten kann. Dazu vergleiche ich unter anderem die Anzahl der
Grundeinheiten des Universums (Sterne)
mit jener des Lebens (Zellen, Abb. 12). Zusätzlich bringe ich die Gesamtlänge aller
DNA (eigentliches «Lebensmolekül», Abb.
13) im entspiralisierten Zustand in Bezug
zur Ausdehnung des Universums. (Kap.
4.1.). Abschliessend sollen die vorliegenden Befunde auch dazu dienen, in kurzer
Form möglichen Antworten auf folgende
Fragen näherzukommen:
• Gibt es einen «Mittelpunkt des Universums»? (Kap. 4.2.).
• Was ist zu halten vom Menschen als
«Krone der Schöpfung»? (Kap. 4.3.).
• Wie könnten Universum und Leben entstanden sein? (Kap. 4.4.).
2. Material und Methoden
Um an das vielfältige Grundwissen und
Zahlenmaterial zu gelangen, sind diverse Studien entsprechender Quellen nötig.
Diese sind an den jeweiligen Stellen vermerkt und in Kap. 6 alphabetisch aufgelistet.
Fotografien werden mittels Digitalkamera
und PC realisiert.
Die Schätzung der Anzahl der Nadeln einer
Lärche meines Gartens in Lenzburg (Abb.
6) basiert auf Folgendem:
• Absägen eines mehrfach verzweigten
Astes (rund 1/25 der gesamten Äste) am
23.09.2010
• Entnadeln desselben am 23./24.09.2010
Abb. 2: Trocknen der Nadeln.
• Trocknen der Nadeln vom 24. bis zum
29.09.2010
• Auszählen von 2 x 1000 Nadeln am 29.09.2010
• Wägen dieser 2 x 1000 Nadeln mittels
Präzisionswaage (Mettler P 1200) an der Kantonsschule Seetal in Baldegg LU
am 29.09.2010
• Wägen des Ast-Nadeltotals mittels Präzisionswaage (Mettler PJ 4000) an
der Kantonsschule Seetal in Baldegg LU am 29.09.2010
• Aufrechnen des Ast-Nadeltotals und
Erweiterung auf die Gesamtzahl der
Nadeln am Baum (Kap. 3.2.3.2.)
Abb. 1: Entnadeln.
3
Um die ungefähre Anzahl der Zellen in
ausgewählten Pflanzenorganen zu bestimmen, dient zunächst gezieltes Auszählen
in Dauerpräparatquerschnitten von Laubblättern der Rotbuche (Dicke 10 μm, hergestellt durch Mikrotomtechnik und künstliche Anfärbung) sowie in möglichst dünnen
Frischpräparaten von Nadeln der Lärche
(geschnitten mit einer scharfen Klinge)
mithilfe eines Mikroskopes (Leitz, Wetzlar).
• Nadeln: Anzahl Zellen = mittlere Nadellänge x Querschnittzellenzahl
ø-Zellenlänge
(Kap. 3.2.3.2.)
• Laubblätter: mikroskopisches Auszählen
der Zellen in einem Querschnitt von 2
mm Länge (ohne Blattnerven); Resultat
mit Zellenzahl einer durchschnittlichen
Zellreihe von 2 mm Länge multiplizieren ➞ Anzahl Zellen innerhalb von 4
mm2 Blattfläche (Abb. 3); Aufrechnen
auf die Gesamtzahl der Zellen innerhalb
Bsp.: l = 5 Zellen; h = 3 Zellen
Total = 15 x 5 Zellen = 75 Zellen
Abb. 3: Ermittlung der Anzahl Zellen in
einem quadratischen Blattausschnitt.
4
von 1 cm2 Blattfläche; Messen der ungefähren ø-Blattfläche in cm2 (Abb. 7);
Feststellen der Gesamtzahl der Zellen
in einem Laubblatt (ohne Berücksichtigung zusätzlicher Zellen in Blattnerven)
(Kap. 3.2.3.3.)
In der Sportanlage Wilmatten Lenzburg
wird die ungefähre Anzahl der Grasblätter
auf den Fussballfeldern wie folgt ermittelt
(Kap. 3.2.3.5.):
• In einer repräsentativen Zone von 30x30 cm2 (= 900 cm2) werden am
14.10.2010 die Blätter abgeschnitten.
• Die Blätter dieser Zone werden möglichst exakt ausgezählt und auf 1 m2 bezogen.
• Aufgrund dieser Befunde wird die ungefähre Gesamtzahl der Grasblätter der
dortigen Fussballfelder aufgerechnet.
Mithilfe von Daten zahlreicher Quellen werden in ähnlicher Weise diverse
Grössenordnungen bei Bakterien (Kap.
3.2.3.1.), bei Bäumen und Lebewesen allgemein (Kap. 3.2.3.4. und 3.2.3.7.) sowie
beim Menschen (Kap. 3.2.3.6.) ermittelt.
3. Ergebnisse
3.1. Das Universum
3.1.1. Kennzeichen des Universums
Als Universum (lat. universus – «gesamt»)
wird allgemein die Gesamtheit aller Dinge
bezeichnet. Im Speziellen meint man damit
den Weltraum oder Kosmos (griech. kósmos – «Weltordnung», Gegenstück zum
Chaos). Ein solches Universum muss nicht
zwingend ein unendliches Volumen haben. (Int 11).
Wichtig ist der Unterschied zwischen Unendlichkeit und Unbegrenztheit. Auch
wenn das Universum ein endliches Volu-
men besitzen würde, so könnte es dennoch
keine Grenzen aufweisen. Leicht anschaulich lässt sich dieses Modell folgendermassen darstellen: eine Kugeloberfläche ist
endlich, besitzt aber keinen Mittelpunkt
und ist unbegrenzt. Man kann sich auf ihr
fortbewegen, ohne jemals einen Rand zu
erreichen. So wie eine zweidimensionale
Kugeloberfläche eine dreidimensionale
Kugel umhüllt, kann man, falls das Universum nicht flach, sondern gekrümmt ist, sich
den dreidimensionalen Raum als «Rand»
eines höherdimensionalen Raums vorstellen. (Int 11).
Merkmale
Ungefähre Daten
Alter in Jahren
14 × 10 9
«Sichtbare» Masse
10 53 kg
Masse der Sonne (Binggeli 2006, 393)
2 x 1030 kg
Mittlere Dichte
4,7 × 10 -30 g/cm3
Hauptbestandteil der Materie: Wasserstoff
80 %
Ausdehnung
78 × 10 9 Lj = 7,4 x 1026 m
Anzahl Galaxien
1011
Tab. 1: Einige Eigenschaften des Universums (Int 11).
5
Ein Lichtjahr (Lj) ist die Strecke, die eine
elektromagnetische Welle wie das Licht in
einem Jahr im Vakuum zurücklegt. Das sind
etwa 9,5 Billionen km (9,5 x 1015 m). Eine
Lichtstunde (Lh) beträgt daher rund 1,1 Billionen m (1,1 x 1012 m). (Int 11).
Als Vergleich sei hier vermerkt, dass der
Abstand zwischen Erde und Sonne ungefähr 8 Lichtminuten beträgt (Buser 2011).
3.1.2. Strukturen des Universums
Kleinere Strukturen mit enger Beziehung
untereinander werden jeweils zu grösseren Einheiten zusammengefasst und mit
Namen versehen. In folgender Tabelle sind
solche samt Beispielen und Grössenangaben erfasst.
Strukturen
Beispiele
Ungefähre Durchmesser
Filamente und Voids
Grosse Mauer
10 9 Lj = 9,5 x 1024 m
Superhaufen
Virgo-Superhaufen
2x10 8 Lj = 1,9 x 1024 m
Galaxienhaufen
Lokale Gruppe
107 Lj = 9,5 x 1022 m
Galaxien
Milchstrasse
10 5 Lj = 9,5 x 1020 m
Sternhaufen
Kugelsternhaufen
Offene Sternhaufen
102 – 103 Lj = ø 5 x 1018 m
Planetensysteme
Unser Sonnensystem
45x10 9 km = 4,5 x 1013 m
Sterne
Sonne
1 392 500 km = 1,4 x 109 m
Planeten
Erde
12 756,2 km = 1,3 x 107 m
Monde
Erdmond
3476 km = 3,5 x 10 6 m
Asteroiden, Kometen
Kosmische Materie, nicht in Planeten integriert (Int 23)
Wenige km bis mehrere
100 km = ø 10 5 m
Meteoroiden
Trümmer des Sonnensystems (Int 17)
Vom km- bis herab zum
mm-Bereich = ø 102 m
Staubpartikel
Staub um einen Stern (Int 18)
ø 10 µm = 10 -5 m
Moleküle
Wasser H2O (Int 7)
10 -9 bis 10 -10 m
Atome
Wasserstoff H (Int 1)
7,4 x 10 -11 m
Elementarteilchen
Protonen, Neutronen (Int 6)
1,6 fm = 1,6 x 10 -15 m
(fm = Femtometer)
Tab. 2: Rangfolge von den größten zu den kleinsten Strukturen des beobachtbaren
Universums (Int 11).
3.1.3. Merkmale von Galaxien
Galaxien sind besonders grosse Sternensysteme und variieren stark in Aussehen (Morphologie), Grösse und Zusammensetzung.
Die Milchstrasse gehört zu den grösseren
6
Galaxien und besitzt etwa 300 Milliarden
(3 x 1011) Sterne bei einem Durchmesser
von etwa 100 000 Lichtjahren (9,5 x 1020 m).
Neben den Sternen besteht eine Galaxie
auch aus Gas, Staub und Dunkler Materie.
Die Andromeda-Galaxie ist unsere nächste
grössere Nachbargalaxie. Die Entfernung
zwischen diesen beiden Galaxien beträgt
ungefähr 2,5 Millionen Lichtjahre (2,4 x
1022 m). Zusammen mit weiteren Galaxien
bilden beide Galaxien die Lokale Gruppe.
Aufgrund von Aufnahmen des HubbleTeleskops im März 2004 kann man grob
abschätzen, dass mit heutiger Technik von
der Erde aus über 50 Milliarden (5 x 1010)
Galaxien theoretisch beobachtet werden
könnten. Lange Zeit war die genaue Natur
der Galaxien unklar, da die einzelnen Sterne nicht aufgelöst werden konnten und
nur ein Nebel beobachtet wurde. Die Frage, ob ein beobachtetes Objekt überhaupt
zu unserer Galaxie gehört, kann erst seit
neuester Zeit mit vernünftiger Sicherheit
beantwortet werden. (Int 11).
3.1.4. Grössenordnungen
Insgesamt schätzt man die Anzahl von Galaxien im Universum heute auf etwa 100
Milliarden (1011); jede enthält rund 100
Milliarden Sterne (1011), was zu 1022 Sternen insgesamt führt. Der intergalaktische
Raum ist nahezu leer, pro Kubikmeter findet sich etwa ein Atom. Die Galaxien selbst
sind dagegen ein Ballungsgebiet an Materie. Hier konzentriert sich Masse, während
das Universum als Ganzes expandiert, sich
immer weiter ausdehnt. (Int 22).
Abb. 4: Galaxy UGC 10214 (Int 15).
7
Modernste Daten des Weltraumteleskops
«Kepler» weisen darauf hin, dass die Milchstrasse wohl tatsächlich aus rund 300 Milliarden (3 x 1011) Sternen besteht und 50 Milliarden (5 x 1010) Planeten enthalten könnte.
Von diesen liegen vermutlich mindestens 500
Millionen (5 x 108) in einer bezüglich Temperaturverhältnissen bewohnbaren Zone, in welcher Leben allenfalls möglich wäre. (Int 24a).
Astronomen der Universität Genf haben
um den sonnenähnlichen Zwergstern HD
10 180 (wahrscheinlich) sieben Planeten
entdeckt. Dieses System ist unserem Sonnensystem ähnlicher als alle bisher entdeckten. Nichts deutet allerdings auf Leben hin. (Int 35).
Diese Befunde wie auch die Tatsache von
acht Planeten in unserem Sonnensystem
lassen eine Annahme von durchschnittlich zehn Planeten pro Stern als möglich
erscheinen. Dies ergibt schliesslich 1023
«sichtbare» Himmelskörper (Sterne und
Planeten, ohne Monde).
Neben diesen Himmelskörpern gibt es aber
auch die unsichtbaren Schwarzen Löcher.
Sie sind astronomische Objekte, deren Gravitation so stark ist, dass innerhalb eines
bestimmten Raumbereichs nichts mehr von
innerhalb nach ausserhalb gelangen kann.
Die Grenze dieses Bereichs wird Ereignishorizont genannt. (Int 9).
Rechnet man die Ergebnisse eines Astronomenteams für das gesamte Weltall hoch,
ergibt sich eine stattliche Anzahl Schwarzer Löcher. Man geht von mehreren 100
Millionen aus. (Int 37).
Merkmale
Ungefähre Daten
«Sichtbare» Masse des Universums
10 53 kg
Masse der Sonne
2 x 1030 kg
Ausdehnung des Universums
7,4 x 1026 m
Durchmesser einer Galaxie
1021 m
Anzahl Schwarze Löcher
5 × 10 8
Gesamtzahl von Galaxien
1011
Anzahl Sterne pro Galaxie
1011
Total der Sterne
1022
Total der «sichtbaren» Himmelskörper
1023
Tab. 3: Zusammenfassung obiger Daten.
3.1.5. Entstehung des Universums
nach der Evolutionslehre
Die heute weithin anerkannte Theorie
geht davon aus, dass das Universum in
einem bestimmten Augenblick, dem Urknall, vor rund 14 Milliarden Jahren entstand und sich seitdem ausdehnt. Aus
einer Einheit entstanden Einzelteile. Al-
8
lerdings bleibt in diesem Modell offen,
was vor dem Urknall war und wodurch er
verursacht wurde. Zeit, Raum und Materie
sind jedoch gemäss dieser Theorie erst mit
dem Urknall entstanden. Dadurch wird der
Frage nach dem «Davor» die Grundlage
entzogen, denn einen Raum, in dem etwas hätte stattfinden können, gab es vor
dem Urknall gemäss Definition nicht. Hinzu
kommt, dass ein Zeitpunkt vor dem Urknall
rein physikalisch auch nicht definierbar ist.
Diese Anschauung könnte die Vermutung
nahelegen, dass aus der Urknalltheorie eine
«Kugelform» des Universums folgt, was jedoch nur eine von mehreren Möglichkeiten
darstellt. So wurden neben einem flachen,
unendlichen Universum viele andere Formen
vorgeschlagen. (Int 11).
Nach Buser (2011) existierte vor dem Urknall eine «Leere», in welcher ein «Vermögen» steckte, Neues entstehen zu lassen.
Energie besitzt das «Vermögen», sich spontan in Strahlung sowie Masse und damit in
Raum und Zeit zu verwandeln. Die Entwicklung des Universums beinhaltet eine
Richtung und damit einen Sinn.
Gemäss einer Radiomitteilung von CERN
(Ende 2010) entstand das Universum aus einer Flüssigkeit, einer «Ursuppe». Hier stellt
sich allerdings die Frage, woher diese kommt.
Auch in Bezug auf die Entstehung der Erde
existieren diverse Annahmen. Die junge
Erde hatte sich vermutlich vor rund 4,6 Milliarden Jahren aus einer Verdichtung des
Sonnennebels gebildet. Der erste Ozean
auf Erden bestand wohl nicht aus Wasser,
sondern aus Magma, flüssigen Gesteinsmassen, die aus dem neugeborenen Planeten einen Glutball bildeten. Wasser, das
möglicherweise im Gestein eingeschlossen
war, verdampfte und hüllte ihn in einen
dichten Nebel. Erst allmählich kühlte die
Oberfläche der Erde ab, Regen setzte ein,
und siedend heisses Wasser ergoss sich über
den Planeten. In den ersten 500 Millionen
Jahren donnerten wahrscheinlich vermehrt
Himmelskörper auf ihn. Einige Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass ein Teil des
Wassers unserer Ozeane mit eishaltigen Kometen auf die Erde gelangte. (Int 34).
3.2. Das Leben
3.2.1. Kennzeichen des Lebens
Die Biologie liefert keine endgültige Antwort auf die Frage, was letztlich Leben
überhaupt ist. Hier sind auch andere Wissensgebiete wie Theologie, Philosophie
oder Psychologie bedeutsam. Was die
Biologie jedoch klar aufzeigen kann, sind
Kennzeichen des Lebens:
• Aufbau aus Zellen (Abb. 12)
• Stoffwechsel (Stoffaufnahme,
-verarbeitung, -abgabe)
• Reizbarkeit (Reizerfassung, Koordinationsprozess, Reaktion)
• Fortpflanzung
• Wachstum, Entwicklung, Tod
• Vielfalt (Biodiversität)
• Umweltabhängigkeit (ökologische Vernetzungen)
Dadurch wird deutlich, dass Leben sehr viel
differenzierter als tote Materie ist. Sicherlich sind prokaryotische Zellen (ohne echte
Zellkerne) wie Bakterien einfacher gebaut
als eukaryotische (mit Zellkernen) von
Pflanzen und Tieren. Aber selbst Erstere
sind wesentlich komplexer einzustufen als
beispielsweise Sterne.
3.2.2. Strukturen des Lebens
Kleinere Strukturen mit enger Beziehung
untereinander werden auch hier zu grösseren Einheiten zusammengefasst und mit
Namen versehen. In Tab. 4 sind solche samt
Beispielen und speziellen Merkmalen erfasst.
3.2.3. Merkmale ausgewählter Elemente
3.2.3.1. Bakterien
a) Bodengewicht (Int 29)
Nimmt man von einem Hektar Ackerland
die obersten 30 cm, entspricht dies einer
Menge von 3000 m3 Boden. Mit einem
9
Strukturen
Beispiele
Einige Merkmale
∑ Biozönosen
Alle Lebensgemeinschaften dieser Erde
Stoffkreisläufe ermöglichend
Biozönose
Eine bestimmte Lebensgemeinschaft wie sämtliche Arten in einem See
oder in einem Wald
In einem gesunden
Biotop in einem biologischen Gleichgewicht
lebend
Verband
Gruppe der gleichen Art
in einem Biotop wie ein
Wolfsrudel
Gegenseitige Unterstützung fördernd
Organismus
Rotbuche, Mensch
Aus zahlreichen Organen
bestehend
Organsystem
Blüte, Verdauungssystem
Mehrere eng verbundene Organe, einer übergeordneten Aufgabe
dienend
Organ
Laubblatt, Gehirn
Einheit aus verschiedenen Geweben, bestimmte Funktionen erfüllend
Gewebe
Palisaden-, Schwammgewebe bei Pflanzen
Verband, aus Zellen mit
gleichem Bau und gleicher Aufgabe bestehend
Zelle
Muskel-, Nerven-, Blutzellen bei Tieren
Kleinste, lebende Grundeinheit, einer bestimmten Aufgabe dienend
Organelle
Chloroplasten, Mitochondrien
Lebenswichtige Bestandteile einer Zelle, erwähnte Beispiele eigene DNA
besitzend
Tab. 4: Rangfolge von den grössten zu den kleinsten Strukturen des irdischen Lebens.
Raumgewicht von rund 1,3 kg/l (= 1,3 t/m3)
würden diese 3000 m3 Boden dann beinahe 4000 t wiegen.
b) Bodenbakterien (Int 16)
Im Boden leben unzählige Bakterien. Sie
gewährleisten Stoffkreisläufe, stabilisieren die Bodenstruktur, verbessern die
Wasserspeicherung und fördern das Pflanzenwachstum. Gemeinsam mit den Pilzen
leisten sie einen riesigen Beitrag zum Ab-
10
bau der organischen Substanz von toten
Lebewesen und stellen daraus lebensnotwendige Mineralstoffe bereit, die von den
Pflanzen wiederum aufgenommen werden. In einem Gramm Boden können bis zu
100 Millionen (=10 8) Bakterien aus 4000 bis
7000 verschiedenen Arten leben. In einer
Tonne Boden kommen also etwa 1014 Bakterien vor; die obersten 30 cm von einem
Hektar Ackerland beinhalten somit gegen
4 x 1017 Bakterien.
c) Biodiversität (Int 27)
Ein gesunder Boden ist intensiv belebt und
weist eine hohe Artenvielfalt auf. Die
oberste Bodenschicht von 0-30 cm enthält
pro Quadratmeter durchschnittlich etwa
60 0 00 0 00 0 00 0 00 (6 x 1013) Bakterien,
1 0 00 0 00 0 00 (10 9) Pilze und 200 (2 x 102)
Regenwürmer. Dies entspricht für jede einzelne dieser drei Gruppen einem Gewicht
von rund 100 g.
d) Beispiel Lenzburg (Int 5)
Gesamtfläche
1131 ha
Waldfläche
562 ha
Überbaute Fläche
320 ha
➞ «Gesunder Boden» 811 ha = 8 110 000 m2
Nach a)oberste 30 cm Bodenschicht
8 110 000 m2 x 0,3 m ➞ 2 433 000 m3
bei 1,3 t/m3 ➞ Gewicht 3 162 900 t
Nach b)1014 Bakterien pro t
Anzahl Bakterien ➞ rund 3 x 1020
Nach c)60 000 000 000 000 Bakterien pro m2
Anzahl Bakterien ➞ rund 5 x 1020
Die obersten 30 cm des Bodens in naturnahen Zonen von Lenzburg beinhalten demzufolge im Durchschnitt dieser Berechnungen etwa 4 x 1020 Bakterien.
e) Beispiel Erde
Die Masse der Bakterien und Archaeen (Urbakterien) beträgt weltweit 3,8 Billionen t,
jene der Menschheit bloss 0,34 Milliarden t
(Botzenhardt et al. 2010).
Abb. 5: Einige Formen von Bakterien
(Probst und Schuchardt 2005, 431).
1 Femtogramm entspricht
0,000 000 000 000 001 Gramm (= 10 -15 g); so
viel etwa wiegt ein Escherichia coli-Bakterium. 1 g solcher Bakterien beinhaltet somit rund 1015 Zellen. (Int 23).
11
Nehmen wir also einen mittleren Wert von
1015 Bakterien pro g an, so ergibt sich eine
Gesamtzahl an Bakterien und Archaeen
von etwa 4 x 1033. Diese Zahl dürfte allerdings um einiges höher sein, da E. coli zu
den grösseren Bakterien gehört.
Die Länge der ringförmig geschlossenen
DNA von E. coli beträgt etwa 1,3 mm (Int
13). Geht man für alle Bakterien und Archaeen dieser Erde zusammen von durchschnittlich je 1 mm DNA-Länge aus, so
ergibt sich aneinandergereiht die unvorstellbare Gesamtstrecke von 4 x 1030 m.
Nach diesen ausführlichen Betrachtungen
über Bakterien als prokaryotische Zellen
werden anschliessend Pflanzen, Tiere und
der Mensch mit ihren eukaryotischen Zellen betrachtet.
3.2.3.2. Europäische Lärche
(Larix decidua MILLER)
Eine Lärche wird in der Regel 20 bis 40, allenfalls bis 50 m hoch und kann 600 bis 700 Jahre
alt werden (Amann 1984, 110–111). Ausgewachsene Nadeln sind nach Godet (1999,38)
15 bis 30 mm lang, was zu einer mittleren Nadellänge von ungefähr 23 mm führt.
Abb. 6: Das untersuchte Exemplar
der drei Lärchen aus
meinem Naturgarten
in Lenzburg befindet
sich ganz links, ist
rund 13 m hoch und
besitzt unten einen
Stammdurchmesser
von etwa 40 cm.
Sein Alter beträgt
etwa 23 Jahre.
12
Die mikroskopisch untersuchten Nadeln zeigen, dass die Zellen im Innern länglich sind.
Grob berechnet beträgt ihre Breite 10 µm (=
0,01 mm), während die durchschnittliche Länge um 100 µm (= 0,1 mm) misst. Im Nadelquerschnitt sind rund 550 Zellen auszumachen.
Die Untersuchungen gemäss Kap. 2 ergeben folgende Daten:
• Gewicht von 1000 Nadeln I ➞ 1,48 g
• Gewicht von 1000 Nadeln II ➞ 1,38 g
• ø-Gewicht von 1000 Nadeln ➞ 1,43 g
• Totalgewicht aller Nadeln des Astes
➞ 245,5 g
• Aufrechnung Nadelzahl des Astes:
(245,5 g : 1,43 g) x 1000 ➞ 172 000 Nadeln
• Aufrechnung Nadelzahl des
Baumes (x 25) ➞ 4 300 000 Nadeln
• Nadeln: Abb. 7: Laubblattunterseite, 1:1,4 ➞
Grösse wohl im oberen Durchschnitt,
ungefähre Blattfläche 22 cm2 .
Anzahl Zellen = mittlere Nadellänge x Querschnittzellenzahl
ø-Zellenlänge
= 23 mm x 550
0,1 mm = rund 130 000
• Grobe Anzahl Zellen in 4 300 000 Nadeln
des untersuchten Baumes ➞ 6 x 1011
3.2.3.3. Rotbuche (Fagus sylvatica L.)
Eine Rotbuche wird in der Regel 30 bis 45
m hoch und kann ein Alter von rund 250
Jahren erreichen. Die Zahl der Blätter beträgt im ausgewachsenen Zustand des
Baumes etwa 200 000, ihre Fläche gegen
1200 m2. (Int 26).
Abb. 8: Schematischer Querschnitt durch ein
Laubblatt ➞ A Palisadengewebe, B Obere
Epidermis, C Schwammgewebe, D Untere
Epidermis, E Spaltöffnung, F Atemhöhle, G
Cuticula, links angeschnitten ein kleines Leitbündel (Int 25).
Das Palisadengewebe hat seinen Namen
von den chloroplastenreichen, senkrecht
zur Blattfläche stehenden Zellen erhalten
(z. B. im Rhizinusblatt 400 000 pro cm2
Blattfläche). Eine Spaltöffnung ist meist
nur etwa 0,04 mm lang und 0,01 mm breit,
aber ihre Anzahl ist ausserordentlich gross,
sie schwankt zwischen 20 und über 800
pro mm2 Blattfläche (z. B. Apfel 250, Berg-
13
ahorn 860). (Int 20).
Ungefähre Anzahl Zellen in einem Blattquerschnitt von 2 mm Länge bei Fagus sylvatica l. asplenifolia:
Obere Epidermis
➞ 130
Palisadengewebe
➞ 250
Schwammgewebe (4 bis 5 Reihen) ➞
450
Schwammgewebe (pro Reihe) ➞ 100
Untere Epidermis
➞ 160
Total
➞ 990
Zellenzahl einer durchschnittlichen
Zellreihe von 2 mm Länge
➞ 130
Anzahl Zellen innerhalb von
4 mm2 Blattfläche (990 x 130)
Anzahl Zellen innerhalb von
1 cm2 Blattfläche
Ungefähre ø-Blattfläche in
cm2 (Abb. 7), abgerundet ➞ 128 700
➞ 3 200 000
Anzahl Zellen innerhalb der ganzen Blattfläche (ohne Blattstiel und ohne Berücksichtigung zusätzlicher Zellen in Blattnerven)
➞ 64 000 000
Anzahl Zellen bei 200 000 Blättern (Int 26)
➞ 1,3 x 1013
➞ 3,8 x 1013
ø-Wert Anzahl Blattzellen
pro ausgewachsene Rotbuche➞ 2,5 x 1013
3.2.3.4. Bäume allgemein
a) Beispiel Lenzburg
Am 24.09.2010 werden an verschiedenen
Stellen des Lütisbuech-Waldes je auf 20 x
14
Wählt man exemplarisch als Parameter für
diese Menge an Bäumen die relativ junge
untersuchte Lärche und eine ausgewachsene Rotbuche, so ergeben sich folgende
Zahlenwerte für die Zellen in Nadeln und
Blattspreiten:
Lärche und Rotbuche
➞ 6 x 1011 und 2,5 x 1013
➞ 20
Anzahl Zellen = ø-Blattfläche in cm2 x Anzahl Zellen innerhalb von 1 cm2 Blattfläche
Anzahl Zellen bei 1‘200 m2
Blattfläche (Int 26)
20 m2 die ungefähre Anzahl der Bäume
ausgezählt. Dabei ergeben sich je nach
Grösse und Alter 15–35 Bäume. Neben
Laub- sind auch zahlreiche Nadelhölzer
auszumachen. Nicht berücksichtigt werden
Strauch-, Kraut- und Moosschicht. Diese
400 m2 ergäben Raum für rund vier ausgewachsene Rotbuchen.
Gehen wir nun von einem Durchschnitt
von 25 grösseren Bäumen pro 400 m2 (=
625 Bäume pro ha) aus, so ergibt sich für
den Lenzburger Wald (562 ha) die stattliche Zahl von mindestens 350 000 Bäumen.
ø für einen grösseren Baum
➞ rund 1,3 x 1013
für 350 000 grössere Bäume
➞ 4,5 x 1018
b) Beispiel Schweiz
Waldfläche der Schweiz (Int 19): 1 255 141 ha
(2009) ➞ rund 780 000 000 grössere Bäume
Anzahl an entsprechenden Nadel/Blattzellen:
für 7,8 x 10 8 Bäume
➞ rund 1022
c) Beispiel Erde
Waldfläche der Erde (Int 36):
3 900 000 000 ha ➞ rund 2,4 x 1012
grössere Bäume
Anzahl an entsprechenden
Nadel/Blattzellen:
für 2,4 x 1012 Bäume
➞ rund 3 x 1025
3.2.3.5. Süssgräser (Fam. Poaceae)
In der Sportanlage Wilmatten Lenzburg
weisen das Fussball-Hauptfeld (100x66 m2)
und dessen Nebenplätze insgesamt rund
15 300 m2 Rasenfläche auf (Int 28).
Gemäss folgender Berechnung kann die
ungefähre Anzahl der dort vorkommenden Grasblätter festgelegt werden:
Ausgewählte Untersuchungsfläche von
900 cm2
➞ 3 600 Blätter
Menge pro cm2
➞ 4 Blätter
Bezug auf 1 m2
➞ 40 000 Blätter
Aufrechnung auf 15 300 m2
➞ 612 000 000 Blätter
(= rund 6 x 10 8)
3.2.3.6. Mensch (Homo sapiens L.)
Ein Erwachsener besteht aus 100 Billionen
oder 100 000 000 000 000 einzelnen Zellen
(Int 33):
➞ 1014
Weltweit geht man gegenwärtig von rund
7 x 10 9 Menschen aus, was insgesamt folgende Anzahl Zellen ergibt (Annahme: alle
erwachsen):
➞ 7 x 1023
Legt man die durchschnittlich nur 40
Tausendstel Millimeter kleinen Zellen eines Menschen aneinander, reichen sie
4 000 000 km (rund 100-mal um die Erde)
weit (Int 33):
➞ 4 x 10 9 m
Ausgehend von rund 7 x 10 9 Menschen, ergibt sich insgesamt folgende Strecke:
➞ 2,8 x 1019 m
Im Gehirn befinden sich wohl etwa 20 bis
100 Milliarden Nervenzellen (Int 2, Int 33):
➞ 2 x 1010 bis 1 x 1011
Ausgehend von rund 7 x 10 9 Menschen,
ergibt sich insgesamt folgende Anzahl Gehirnzellen:
➞ 1,4 bis 7 x 1020
Abb. 9: Unterschiedliche Bereiche des Gehirns (Int 32).
15
Das Gehirn ist ein sehr aktives Organ mit
einem besonders hohen Sauerstoff- und
Energiebedarf. Es macht nur etwa 2 % der
Körpermasse aus, verbraucht aber etwa 20
% des Sauerstoffs und mehr als 25 % der
Glukose. (Int 2).
schätzungsweise 30 000 Genen kommt der
Mensch aus. (Int 38).
Nucleinsäuren sind die Träger der Erbinformationen aller Organismen (Probst und
Schuchardt 2005, 66). Neben der RNA ist
vor allem die DNA von grösster Bedeutung.
Dieser extrem komplexe Stoff kann somit
als das eigentliche «Lebensmolekül» gelten.
3.2.3.7. Lebewesen allgemein
Bezüglich Anzahl der weltweit existierenden
Pflanzen- und Tierarten gehen die Schätzungen sehr weit auseinander, sie liegen zwischen 5 und 100 Millionen. Eine im Auftrag
des UN-Umweltprogramms UNEP erstellte
Studie hält eine Anzahl von 13 bis 14 Millionen unterschiedlichen Arten für am wahrscheinlichsten. Bis zum Jahr 2004 konnten
erst 1,54 Millionen Arten wissenschaftlich erfasst und damit beschrieben werden. (Int 21).
Der menschliche Körper besteht also aus
etwa 100 Billionen Zellen. Abzüglich der 25
Billionen Erythrocyten, die keine Zellkerne
aufweisen, würde die gesamte DNA eines
Menschen – im entspiralisierten Zustand
wohl gegen 2 m pro Zellkern (Abb. 13) –
die unvorstellbare Länge von 150 Milliarden km oder 1,5 x 1014 m erreichen. Und um
den Durchmesser unserer Milchstrasse zu
überbrücken (1021 m), bräuchte man lediglich die DNA einer Grossstadt wie London
mit rund 7 Millionen Einwohnern. (Int 38).
Trotz seiner Länge finden sich nur verhältnismässig wenig Gene auf der DNA. Mit
Ausgehend von rund 7 x 10 9 Menschen, ergibt sich insgesamt folgende DNA-Länge: ➞ 1021 km = 1024 m
Interessant für diese Arbeit ist die Frage,
wie viele Zellen weltweit überhaupt vorliegen. Diese ist jedoch ohne Zweifel nur in
grober Annäherung zu beantworten. Bei
Bäumen beinhalten Nadeln und Blattspreiten wohl höchstens 1/100 aller Zellen. In
Bezug auf die zahlreichen toten Zellen im
Pflanzenkörper wie Festigungs-, Kork- oder
Holzzellen ist zu bedenken, dass jene zu Beginn ihrer Entwicklung noch lebend waren.
Arten
Einzelnes Individuum
Sämtliche Individuen weltweit
Merkmale
Anzahl Zellen
in Nadeln und
Blattspreiten
Gesamtzahl
an Zellen
Gesamtzahl
DNA in Metern
(entspiralisiert)
Europäische
Lärche (jung)
6 x 1011
1014
?
?
Rotbuche (alt)
2,5 x 1013
1016
?
?
Mensch
(erwachsen)
–
1014
7 x 10 9
1024
«grosse» Arten
–
> 1014
< 7 x 10 9
?
«kleine» Arten
–
< 1014
> 7 x 10 9
?
Tab. 5: Grob geschätzte Zahlenwerte in ausgewählten Organismen.
16
Geht man nun von 10 Millionen Pflanzenund Tierarten aus, wobei im Durchschnitt
jede aus 10 Milliarden Individuen zu je 1014
Zellen besteht, führt dies weltweit zu insgesamt 1031 Zellen (ohne Einzeller und Pilze). Nimmt man an, dass durchschnittlich 1
m DNA pro Zellkern vorliegt, so ergibt sich
die unvorstellbare Gesamtlänge all ihrer
DNA von 1031 m.
Gemäss Endosymbiontentheorie (Kap.
3.2.5., Int 30) gehen Organellen wie Chloroplasten oder Mitochondrien – selber
höchst komplexe Strukturen mit unermess-
lichem Stoffwechselvermögen und eigener DNA – auf extrem kleine urtümliche
Einzeller zurück. Chloroplasten in grünen
pflanzlichen Zellen dienen der Fotosynthese zum Aufbau von Kohlenhydraten; Mitochondrien in allen eukaryotischen Zellen
ermöglichen die Zellatmung zur Energiegewinnung.
Gewöhnlich finden wir 100–1000 Mitochondrien pro Zelle (Int 12). Berücksichtigt man
auch solche Angaben, finden sich in sämtlichen Pflanzen und Tieren dieser Erde insgesamt wohl 1033 bis 1034 Mitochondrien.
3.2.4. Grössenordnungen
Objekte
Merkmale
Runde Werte
Oberste 30 cm von einem
Hektar Ackerland
Anzahl Bakterien darin
4 x 1017
Oberste 30 cm des Bodens in den naturnahen
Zonen von Lenzburg
Anzahl Bakterien darin
4 x 1020
1 Gramm Bakterien
Anzahl Zellen
1015
Bakterien und Archaeen
Gesamtzahl weltweit
4 x 1033
Bakterien und Archaeen
Gesamtlänge all ihrer DNA in m
4 x 1030
Europäische Lärche,
23-jährig
Gesamtzahl an Nadeln
4,3 x 10 6
Europäische Lärche,
23-jährig
Anzahl Zellen in sämtlichen Nadeln
6 x 1011
Rotbuche, ausgewachsen
Gesamtzahl an Laubblättern
2 x 10 5
Rotbuche, ausgewachsen
Anzahl Zellen in sämtlichen
Blattspreiten
2,5 x 1013
Wälder von Lenzburg
Anzahl Zellen in Nadeln und
Blattspreiten von rund 350 000
grösseren Bäumen
4,5 x 1018
Wälder der Schweiz
Anzahl Zellen in Nadeln und
Blattspreiten von rund 780 000 000
grösseren Bäumen
1022
17
Wälder der Erde
Anzahl Zellen in Nadeln und
Blattspreiten von rund 2,4 x 1012
grösseren Bäumen
3 x 1025
Sportanlage Wilmatten
Lenzburg
Anzahl Grasblätter auf 15 300 m2
Rasenfläche
6 x 10 8
Mensch
Anzahl Zellen
1014
7 x 10 9 Menschen
weltweit
Gesamtzahl an menschlichen Zellen
7 x 1023
Menschliches Gehirn
Anzahl Nervenzellen
2 x 1010 bis 1 x 1011
7 x 10 9 Menschen
weltweit
Gesamtzahl an Nervenzellen aller
Gehirne
1,4 bis 7 x 1020
DNA eines erwachsenen
Menschen
Totallänge in m
1,5 x 1014
7 x 10 9 Menschen
weltweit
Gesamtlänge aller menschlichen
DNA in m
1024
Pflanzen und Tiere
Artenzahl weltweit
1,3 bis 1,4 x 107
Pflanzen und Tiere
Gesamtzahl an Zellen
1031
Pflanzen und Tiere
Gesamtlänge all ihrer DNA in m
1031
Pflanzen und Tiere
Gesamtzahl an Mitochondrien
1033 bis 1034
Tab. 6: Zusammenfassung obiger Daten.
3.2.5. Entstehung des Lebens nach der
Evolutionslehre
Vor gut 50 Jahren konnte Stanley Miller von
einem aussergewöhnlichen Experiment
berichten. Er hatte eine Glasapparatur mit
einem «Urozean» aus Wasser und einer primitiven Atmosphäre aus Methan, Ammoniak, Wasserstoff und Wasserdampf gefüllt.
Mit elektrischen Entladungen hatte er anschliessend eine Woche lang die heftigen
Gewitter der frühen Erde simuliert. In der
trüben Brühe fand Miller schliesslich Bausteine des Lebens, unter anderem Aminosäuren. Seine Theorie von der «Ursuppe»
des Lebens machte weltweit Furore. Sie ist
inzwischen Geschichte. Das junge Leben
hätte in den flachen Regionen der Ozeane,
in denen Miller seine «Ursuppe» gedank-
18
lich köcheln liess, schon allein die ultraviolette Strahlung der Sonne nicht überstanden. Eine schützende Ozonschicht gab es
nicht. (Int 34).
Vor einigen Jahren fanden Geologen in
Australien Spuren von festem Land aus der
Frühzeit der Erde vor 4,4 Milliarden Jahren.
War unser Planet kurz nach seiner Entstehung etwa doch keine Magmakugel mehr?
Gab es damals bereits flüssiges Wasser auf
der Erde? Könnte darin schon Leben gewesen sein? Und wie ist dieses überhaupt erst
entstanden? (Int 34).
Die Entstehung des Lebens (Biogenese)
spielte sich wohl eher auf dem Grund der
Meere ab, dort, wo aus Spalten in der Erd-
kruste mehrere 100 Grad Celsius heisses
Wasser schiesst, abgesacktes Meerwasser, das im Erdinneren eine Verwandlung
durchmacht, seine chemische Neutralität
verliert, als Säure emporsteigt und aus
dem Gestein Mineralien herausfrisst: ein
brodelnder Kosmos mit einem ungeheuren Potenzial an chemischer Reaktivität,
zu Urzeiten wohl noch viel aggressiver als
heute. Dass an derartigen hydrothermalen
Quellen Leben existieren kann, steht fest.
Archaeen etwa, die Extremisten in der belebten Natur, wachsen auch heute noch in
unwirtlichen Lebensräumen, in kochenden
Geysiren, heissen Schwefelquellen oder
Säurepfützen. Diese Urbakterien werden
im Stammbaum des Lebens an unterster
Stelle dargestellt. (Int 34).
aus den angesammelten Biomolekülen
möglicherweise eine erste eigenständige
biologische Zelle. (Int 34).
Einen völlig anderen Ort der Entstehung
des Lebens postuliert der Hamburger Physik-Professor Hauke Trinks. Inspiriert durch
eine Kajakfahrt in Spitzbergen, startete
er ein Forschungsprogramm, das sich mit
Kälte liebenden Organismen beschäftigt.
Untersuchungen des hoch komplexen Mediums Meereis lassen ihn annehmen, dass
hier die Bedingungen für die Entwicklung
erster organischer Moleküle nahezu ideal
waren. (Int 31).
Die ältesten Fossilien, die man bislang gefunden hat, führen in die Urmeere des Archaikums und sind 3,5 Milliarden Jahre alt:
fadenförmige Zellen aus Kieselgesteinen
in Westaustralien, wahrscheinlich Blaualgen (Cyanobakterien), welche bereits Fotosynthese betrieben. Stellt man die Zeituhr
der Erde auf einen einzigen Tag, so hätten
diese morgens Viertel vor sechs Uhr gelebt.
Zum Vergleich: Fische bevölkerten die Urmeere erst gegen halb zehn Uhr abends,
der Mensch trat eine Sekunde vor Mitternacht auf. (Int 34).
Bisher galt die Devise: erst die Biomoleküle,
dann die Zelle. Inzwischen gibt es auch das
umgekehrte Denkmodell. Das Leben könnte sich in mineralischen «Brutzellen» aus
Eisen und Schwefel, die wohl zu Milliarden
an den hydrothermalen Quellen der Urzeit
vorkamen, entwickelt haben. Die Wände
solcher winzigen Kammern sind chemisch
dermassen aktiv, dass sie Reaktionen katalytisch vorantreiben. Diese «Zellen» vermögen Reaktionsprodukte am Ort ihrer
Entstehung zurückzuhalten, was allenfalls
zu Konzentrationen von Grundbausteinen
des Lebens führt. Irgendwann bildete sich
Die Endosymbiontentheorie geht davon
aus, dass Mitochondrien und Plastiden
wie Chloroplasten sich aus eigenständigen
prokaryotischen Lebewesen entwickelt
haben. Im Zuge des Evolutionsprozesses
sind diese Einzeller eine Endosymbiose mit
einer eukaryotischen Zelle eingegangen,
das heisst, sie lebten in ihrer Wirtszelle
zum gegenseitigen Vorteil. Diese Abhängigkeit ging schliesslich so weit, dass diese
Organellen Teile ihres nicht mehr benötigten genetischen Materials verloren oder
die entsprechenden Gene teilweise in das
Kern-Genom integriert wurden. (Int 30).
Die Entwicklung ist mit dem Menschen
jedoch nicht abgeschlossen, sie geht stets
weiter (Buser 2011).
Gemäss Synthetischer Evolutionstheorie
basiert die stammbaumartig zusammenhängende Höherentwicklung unter anderem auf Evolutionsfaktoren wie Mutation,
Rekombination, Isolation und Selektion
(Paul 2004, 409).
19
4. Diskussion
4.1. Vergleich von
Universum und Leben
Zunächst muss festgehalten werden, dass
die ermittelten Zahlengrössen im Prinzip
unvorstellbar sind. Dies soll hier am Beispiel des Zählens veranschaulicht werden.
Nimmt man an, für jede Zahl 1 sec zu brauchen, sind folgende Zeitspannen nötig:
Zählen auf 1 Million (10 6)
➞ 278 h
➞ 35 Tage zu 8 h
Zählen auf 1 Milliarde (10 9)
➞ 278 000 h ➞ 11 583 Tage zu 24 h
➞ 31,7 Jahre (24 h pro Tag)
➞ 95 Jahre (8 h pro Tag)
Wenn die gesamte Menschheit 95 Jahre
lang während 8 h pro Tag zählen würde
und könnte, käme sie zusammen auf eine
Zahl von 7 x 1018 .
20
Wenn nur schon die 612 000 000 Grasblätter der rund 15 300 m2 Rasenfläche in der
Sportanlage Wilmatten Lenzburg gezählt
würden, bräuchte dazu ein Mensch etwa
59 Jahre, wobei er jeden Tag 8 h lang arbeiten müsste.
Sowohl im Universum wie auch in der belebten Welt sind riesige, unvorstellbare
Zahlenwerte auszumachen.
Es mag zwar zutreffen, dass die Werte einzelner Angaben allenfalls etwas zu hoch
oder zu niedrig eingeschätzt worden sind.
Bezüglich der vorliegenden, immensen
Grössenordnungen ist dies jedoch kaum
von Belang.
Merkmale
Ungefähre Daten
«Sichtbare» Masse des Universums in kg
10 53
Ausdehnung des Universums in m
7,4 x 1026
Total der Sterne
1022
Durchmesser der Milchstrasse in m
9,5 x 1020
Anzahl Bakterien und Archaeen weltweit
4 x 1033
Gesamtlänge aller DNA von Bakterien und Archaeen in m
4 x 1030
Anzahl Zellen von Pflanzen und Tieren weltweit
1031
Gesamtlänge aller DNA von Pflanzen und Tieren in m
1031
Tab. 7: Einige «unendliche» Daten.
Interessant wäre ausserdem ein weiterer
Vergleich, auf den aber wegen der Unsicherheit der verfügbaren Daten bloss hingewiesen wird. Ein Planetensystem könnte
gut einer Zelle (Abb. 12) gegenübergestellt
werden. Der Zellkern entspräche dann dem
Stern und Planeten, Monde sowie kleinere
Strukturen den Organellen.
Zentren
Menge
Grosszügige Schätzung der Anzahl
zugehöriger Elemente
Total an
Elementen
Sterne
1022
103 Planeten, Monde und kleinere
Strukturen pro Planetensystem
1025
Zellkerne bei Pflanzen und Tieren
1031
10 4 Organellen pro Zelle
1035
Tab. 8: Vergleich zwischen Planetensystem und Zelle.
Wie in der Bilanz deutlich festgestellt werden kann, steht unsere Erde bezüglich Zahlenwerten dem Universum in keiner Weise
nach, obwohl sie «unendlich» viel kleiner ist.
4.2. Die Erde als «Mittelpunkt des
Universums»? – oder die Frage
nach der Komplexität des Seins
Das
heliozentrische
(kopernikanische)
Weltbild basiert auf der Annahme, dass
sich die Planeten um die Sonne bewegen.
Es steht im Gegensatz zum älteren geozentrischen (ptolemäischen) Weltbild, in dem
die Erde als Zentrum des Universums betrachtet wird. Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts wurde der Status der Sonne als ein
Stern unter vielen in zunehmendem Masse
offensichtlich, im 20. Jahrhundert, noch vor
der Entdeckung, dass es zahlreiche Galaxien
gibt, war dies bereits einhellige Meinung.
Die heutige Diskussion beschränkt sich oft
auf das Solarsystem und zeigt auf, dass die
Sonne nicht in der geometrischen Mitte der
Planetenbahnen steht. (Int 3).
21
Selbstverständlich stellt die Erde nicht
den geometrischen Mittelpunkt des Universums dar. Zu bedenken ist jedoch, dass
lebende Strukturen extrem differenzierter als unbelebte sind. Berücksichtigt man
die Befunde in Tab. 7, darf – solange kein
ausserirdisches, hoch entwickeltes Leben
gefunden wird – die Erde in jedem Fall als
«Komplexitätszentrum» des Universums
gelten.
4.3. Der Mensch als «Krone der
Schöpfung»? – oder die Suche
nach der menschlichen Bestimmung
«Krone der Schöpfung» ist eine heute häufig nur ironisch verwendete Bezeichnung
für den Menschen. Ihr Entstehen kann jedoch bis ins antike Griechenland zurückverfolgt werden. Eine der Formulierung
«Krone der Schöpfung» ähnliche Bezeichnung des Menschen enthält auch das Alte
Testament in Psalm 8,6, der als Lob des
Menschen in Form einer Ansprache Davids
an Jahwe überliefert ist: «Du machtest ihn
wenig geringer als Engel, mit Ehre und Hoheit kröntest du ihn.» (Int 4).
Heute wird das menschliche Gehirn als
komplexeste Struktur des Universums angesehen. Henry Markram (Int 14) betont,
dass es vielleicht noch Komplexeres wie
etwa die menschliche Gesellschaft als Ganzes gibt, aber nichts so komplex in sich ist
wie sein Gehirn als einheitliche Struktur.
Betrachtet man Daten wie in Kap. 3.2.3.6.
dargelegt, könnte der Mensch durchaus als
«Höhepunkt des sichtbaren Seins» beurteilt werden.
Die Aussagen von Buser (2011) zielen in
eine ähnliche Richtung: Wenn der Mensch
bewusst in den Himmel blickt, erkennt er,
22
dass er ein Teil von einem grossen Ganzen
ist. Der Blick in diese Weite ermöglicht ihm
erst, zu sich selber zu finden. Sein Denkvermögen bezüglich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist «Bewegung in der
Zeit», die gegenwärtig höchste «Stufe der
Freiheit».
Dieses Denkvermögen, das wohlgemerkt
nur einen sehr kleinen Teil seiner Gehirnkapazität beansprucht, sollte ihn dazu
führen, bei der Betrachtung der Natur in
Staunen und Ehrfurcht zu versinken. Leider
verhält sich der Mensch oft in einer Weise,
die kaum seiner Bestimmung entspricht,
was auf Selbstherrlichkeit und Egoismus
zurückzuführen ist. Genesis 3 stellt dies
bildlich im «Sündenfall» dar.
Die menschliche Bestimmung kann aufgrund der enormen Dimensionen seines
Grosshirns wohl am besten mit «Wahrnehmung von Verantwortung» umschrieben
werden. So ist heute Verantwortung notwendiger denn je:
• gegenüber sich selbst (gesundheitliche
Aspekte)
• gegenüber den Mitmenschen (soziales
Bewusstsein)
• gegenüber der natürlichen Umwelt (ökologisches Gewissen, Fey (1983))
Je intensiver der Mensch sich als integralen Bestandteil der gesamten Schöpfung
begreift und damit zu seinen «Wurzeln»
(Schöpfer / Natur und Umwelt) zurückfindet, desto mehr dürfte er sich seiner Bestimmung nähern (Fey 1983).
4.4. Entstehungstheorien
Vereinfacht können in unserem Kulturkreis
drei Theorieansätze festgestellt werden:
a)Synthetische Evolutionstheorie und Systemtheorie der Evolution
b)Theistische Evolutionstheorie
c)Moderner Kreationismus und Intelligent
Design
Abb. 10: Beispiel einer Stammbaumrekonstruktion: Paarhuferfamilien (Junker und
Scherer 2006, 296). Man beachte die gestrichelten, unbekannten, basalen Verbindungen. Die verschiedenen Gruppen treten nebeneinander unvermittelt in Erscheinung.
Zu a) Die in sich schlüssige Gesamttheorie
beruht weitgehend auf dem Zufallsprinzip
und beinhaltet durchaus zahllose interessante und eindrückliche Erkenntnisse. In
Fachliteratur und Lehrmitteln geniesst sie
mehr oder weniger Alleinanspruch.
Beschäftigt man sich jedoch intensiver mit
der Entstehung des Universums und des
Lebens auf dieser Denkbasis (Kap. 3.1.5.
und 3.2.5.), kann unschwer festgestellt
werden, dass zahlreiche Fragen selbst in
Fachkreisen unbeantwortet bleiben und
viele Aussagen bloss auf theoretische
Möglichkeiten hinweisen. Zu bedenken ist
ferner, dass sich Ähnlichkeiten zwischen
Lebensformen sowohl evolutionistisch als
auch kreationistisch erklären lassen.
Zu b) Dieser Begriff bezeichnet eine Bandbreite von Sichtweisen über das Verhältnis
zwischen religiösem Glauben und wissenschaftlichen Theorien zum Ursprung und
zur Evolution des Seins. Viele Theisten sind
der Überzeugung, dass ein Gott in irgendeiner Form die Entwicklung des Lebens
plant oder steuert. Manche gehen dabei
nur vom Einfluss eines Gottes auf psychische Phänomene aus, andere aber sprechen von einem direkten schöpferischen
Eingreifen eines Gottes in diverse Naturvorgänge. (Int 10).
Durch die Evolutionslehre nicht oder kaum
lösbare Problemstellungen wie «Was hat
den Urknall ausgelöst?», «Wie spielte sich
die Biogenese wirklich ab?» oder «Wo
23
befinden sich die zahllosen Missing Links
(fehlende Bindeglieder in den Stammbäumen)?» werden durch integrierte Schöpfungsakte erklärt.
Binggeli (2006) versucht, in seinem ausführlichen Werk Genesis und moderne Kosmologie zu verbinden (224). Östliche Religionen glauben an eine alldurchdringende
Gottheit; gemäss jüdisch-christlicher Tradition gibt es einen göttlichen Urgrund, aus
dem die Welt erschaffen wurde und in den
sie eingebettet ist (231). Mathematik und
Physik gehen heute von höherdimensionalen Räumen aus, was Bilder einer transzendenten Ganzheit ermöglicht (232). Im
modernen Quantenuniversum scheint alles
mit allem unauflösbar zusammenzuhängen. Ob man allerdings je mit einer physikalischen Beschreibung an die letzten
Dinge herankommt, ist ungewiss (245). Es
darf aber durchaus ein höherdimensionaler Superraum postuliert werden, welcher
azeitlich ist und alles umfasst, das dreidimensional und zeitlich ist (247).
Zu c) Intelligent Design vertritt die Auffassung, dass sich bestimmte Eigenschaften
des Universums und des Lebens auf der
Erde am besten durch eine intelligente Ursache erklären lassen und nicht durch zufällige Vorgänge ohne Zielrichtung (Int 10).
Ein sehr fundiertes, aber kritisches Lehrbuch zu Evolutionsfragen entwickelte Junker und Scherer (2006). Es vertritt den Modernen Kreationismus, welcher zwischen
Mikro- und Makroevolution unterscheidet.
Die Erste ist die Evolution in die Breite (Veränderung innerhalb bereits vorhandener
Strukturen), die Zweite ist jene in die Höhe
(Entstehung neuer Strukturen). Während
die Erste empirisch beweisbar ist, bleibt die
Zweite aus diversen Gründen theoretischer
Natur. So genannte Grundtypen – wohl
24
Abb. 11: Grundtypen, die sich aus genetisch polyvalenten Stammformen in zahlreiche Arten ausdifferenziert haben. Die
Fragezeichen deuten an, dass mögliche
Schöpfungsakte wohl nicht naturwissenschaftlich beschrieben werden können.
(Junker und Scherer 2006, 296).
meist auf der systematischen Ebene von
Gattungen/Familien/Ordnungen – stellen
danach «Schöpfungseinheiten» dar, welche Genesis 1 in verschiedenen Versen
«Arten» nennt. Stammbäume, basierend
auf Mikroevolution, lassen sich nur innerhalb solcher Grundtypen widerspruchsfrei
rekonstruieren.
Meine eigenen Untersuchungen zur Systematik der Familie der Buchengewächse
(Fey 1981) zeitigten Ergebnisse, welche mit
diesem Theorieansatz gut verträglich sind.
Grundtypen sind hier auf der Ebene von
Gattungen, bei artenreichen Gattungen
vermutlich auf jener von Untergattungen,
anzusiedeln. Die ungewisse Basis im Familienstammbaum – unbekannte Urformen
und fehlende Verbindungen – könnte als
transzendente, zeitlose «geistige Makroevolution» gedeutet werden. (Fey 1984).
Da Raum und Zeit relative Grössen darstellen, sind solche Überlegungen durchaus
möglich (Int 9).
Zu b) und c) Einem System mit der Masse
m lässt sich auch im unbewegten Zustand
eine Energie E zuordnen, und zwar nach
der Formel E = m x c2, wobei c die kons-
tante Lichtgeschwindigkeit darstellt. Diese
Formel ist eine der berühmtesten in der
Physik und geht auf Albert Einstein zurück. Sie zeigt die Äquivalenz von Masse
und Energie auf. (Int 8). Genesis 1 beinhaltet an diversen Stellen folgende Aussage:
«Gott sprach und es geschah so.» Auch
das Neue Testament weist in eine ähnliche
Richtung: «Im Anfang war das Wort, und
das Wort war bei Gott, und Gott war das
Wort. Dieses war im Anfang bei Gott. Alle
Dinge sind durch das Wort geworden, und
ohne dasselbe ward nichts von allem, das
geworden ist.» (Johannes 1, 1–3). Im übertragenen Sinne könnte dies etwa bedeuten: Ein «göttlicher Urgrund» im «höherdimensionalen Superraum» setzte Energie
frei, welche gezielt in definierte Masse umgeformt wurde.
Beide Theorieansätze ersetzen das umfassende Zufallsprinzip durch transzendente
Zielrichtung. Begriffe wie Ereignishorizont,
Höherdimensionalität oder Zeitlosigkeit (=
«Ewigkeit») bekommen eine spezielle Bedeutung. Komplexität und Schönheit der
Natur wie auch die in vorliegender Publikation dargelegten Befunde – auf «Unendlichkeit» und «Unfassbarkeit» hinweisend
– werden als «Wunder der Schöpfung» deklariert.
25
5. Zusammenfassung
Die klassische und heute weithin anerkannte Urknalltheorie geht davon aus,
dass das Universum in einem bestimmten
Augenblick, dem Urknall, vor rund 14 Milliarden Jahren entstand und sich seitdem
ausdehnt. Allerdings bleibt in diesem Modell offen, was vor dem Urknall war und
wodurch er verursacht wurde. Zeit, Raum
und Materie sind gemäss dieser Theorie
erst mit dem Urknall entstanden. Die Anzahl von Galaxien im Universum schätzt
man heute auf etwa 100 Milliarden, was zu
insgesamt 1022 Sternen führt. Daneben existieren wohl mehrere 100 Millionen Schwarzer Löcher. Die heutige Ausdehnung des Universums beträgt 7,4 x 1026 m, während der
Durchmesser einer Galaxie 1021 m ausmacht.
Geht man von 10 Millionen Pflanzen- und
Tierarten aus, wobei im Durchschnitt jede
aus 10 Milliarden Individuen zu je 1014 Zellen besteht, führt dies weltweit zu insgesamt 1031 Zellen (ohne Einzeller und Pilze).
Nimmt man an, dass durchschnittlich 1 m
DNA pro Zellkern vorliegt, so ergibt sich
eine Gesamtlänge all ihrer DNA von 1031 m.
Weltweit finden sich wohl über 1033 Bakterien und Archaeen.
26
Wie damit festgestellt werden kann, steht
die Erde bezüglich Zahlenwerten dem Universum in keiner Weise nach, obwohl sie
«unendlich» viel kleiner ist. Selbstverständlich stellt sie nicht den geometrischen Mittelpunkt des Universums dar. Jedoch sind
lebende Strukturen extrem differenzierter
als unbelebte. Aufgrund der dargelegten
Daten darf die Erde zu Recht als «Komplexitätszentrum» des Universums gelten.
Heute wird das menschliche Gehirn als
komplexeste Struktur des Universums angesehen. Der Mensch kann somit als «Höhepunkt des sichtbaren Seins» beurteilt
werden, obwohl er seiner Bestimmung,
der vielschichtigen Wahrnehmung von
Verantwortung, kaum gerecht wird.
Abschliessend werden drei Stossrichtungen bezüglich Entstehungstheorien dargelegt: 1) Synthetische Evolutionstheorie und
Systemtheorie der Evolution, 2) Theistische
Evolutionstheorie sowie 3) Moderner Kreationismus und Intelligent Design. Erstere
beinhaltet Urknall, Ursuppe, stammbaumartig zusammenhängende Höherentwicklung und weitgehendes Zufallsprinzip. Die
Zweite erklärt kaum lösbare Problemstel-
lungen durch integrierte Schöpfungsakte.
Die Dritte schliesslich postuliert eine «intelligente Ursache» des gesamten Seins.
So genannte Grundtypen stellen «Schöpfungseinheiten» dar. Stammbäume lassen
sich nur innerhalb solcher Grundtypen
widerspruchsfrei rekonstruieren. Die Theorieansätze zwei und drei beinhalten eine
transzendente Zielrichtung, was durch die
in vorliegender Arbeit aufgezeigten Ergebnisse gestützt wird.
Abb. 12: Schemen eukaryotischer Zellen auf der Basis von elektronenmikroskopischen Aufnahmen, in Realität prall gefüllt mit Organellen; links Pflanzenzelle, rechts Tierzelle; Vergrösserung etwa 1000 x (Bayrhuber und Kull 1998, 21).
27
28
Abb. 13: Entspiralisierter DNA-Faden aus einem von insgesamt 46 Chromosomen eines
menschlichen Zellkerns, elektronenmikroskopische Aufnahme; Vergrösserung etwa 16 000 x
(Zink et al. 1991,63).
6. Quellenverzeichnis
6.1. Literatur
Amann, Gottfried: Bäume und Sträucher des
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31
7. Anhang
Autor
Verdankungen
Dr. phil. Beat Samuel Fey
Neumattstrasse 27, 5600 Lenzburg AG,
[email protected]
Dr. phil. Erich Huber, Physiker, Dr. sc. nat.
Thomas Bundi, Gewässerbiologe, Dr. iur.
Konrad Bünzli, Rechtsanwalt, und Pfrn.
Susanne Ziegler, Theologin, danke ich
herzlich für das kritische Durcharbeiten
des Entwurfes und für wertvolle Anregungen bezüglich der Endfassung, Jacqueline
Schneeberger Fey, meiner Ehefrau, für ihre
Mithilfe bei einigen PC-Anwendungen und
für ihre stets geduldige Unterstützung in
stressigen Phasen der Arbeit.
geboren am 13. Januar 1951, verheiratet
und Vater zweier erwachsener Kinder
Studium der Biologie an der Universität
Zürich, 1981 Promotion in Systematischer
Botanik, 1980 bis 2010 Gymnasial- und Seminarlehrer an Mittelschulen des Kantons
Luzern, seit August 2010 im Ruhestand,
überzeugt von zielgerichteter Schöpfung
Verlag / Auflage
© 2011 Eigenverlag Fey,
Lenzburg / 1000 Exemplare
Layout / Druck
Kneuss Druck AG, Lenzburg
32
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