01 u1 3-08:Layout 1 14.08.2008 10:31 Seite 1 Bevölkerungsschutz 3 2008 02 u2 3-08:Layout 1 14.08.2008 11:22 Seite 2 Liebe Leserinnen, liebe Leser, Arbeiter-Samariter-Bund BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 ein Themen-Schwerpunkt dieser Ausgabe von Bevölkerungsschutz ist der Klimawandel. Nicht etwa deshalb, weil es im Augenblick opportun ist, sich dieses Themas anzunehmen, sondern weil wir der Meinung sind, dass sich alle Kräfte, die sich dem Schutz der Bevölkerung verpflichtet fühlen, mit den möglichen Folgen eines Klimawandels auseinandersetzen müssen. Deshalb werden wir das Thema auch weiterhin in Bevölkerungsschutz aufgreifen. Das Klima auf unserer Erde verändert sich seit deren Bestehen zwar ständig, Verursacher des gegenwärtig stattfindenden Klimawandels ist jedoch überwiegend der Mensch. Hierüber und über die Anpassungsmöglichkeiten/-bestrebungen der Bundesländer oder über praktische Erfahrungen mit der Trinkwasserversorgung in Dürreperioden berichten Wissenschaftler in diesem Heft. Technikbegeisterte Leser werden sich bestimmt von einem Bericht über den Einsatz von Drohnen bei der Erkundung von Hochwasserlagen angesprochen fühlen. Wir stellen eine neue Katastrophenmanagement-Software vor und berichten über die Problematik des Burnout-Syndroms bei Feuerwehren. Die Beiträge der Katastrophenschutzund Hilfs-Organisationen sowie ein ausführlicher Nachrichtenteil und, nicht zuletzt, der Jahreskalender 2009 runden das Heft ab, so dass wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, mit dieser Ausgabe wieder eine interssante Lektüre wünschen können. Im Dezember 2008 wird sich die Gründung eines Bundesamtes für Zivilschutz bzw. Bevölkerungsschutz zum fünfzigsten Male jähren; aus diesem Anlass werden wir in der nächsten Ausgabe als Themenschwerpunkt diese 50 wechselvollen Jahre des Zivilund Bevölkerungsschutzes reflektieren. 05. 12. 2008 Am Jahrestag, dem 5. Dezember, wird in Bonn im Rahmen einer großen Festveranstaltung im Plenarsaal des ehemaligen Bundestages das Jubiläum würdig mit vielen Gästen begangen werden. In der Ausgabe 1-2009 berichten wir dann ausführlich über diese Veranstaltung. Ihr Redaktionsteam 03 Inhalt 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:09 Seite 1 INHALT NACHRICHTEN Rundblick FORUM 49 Arbeiter-Samariter-Bund 34 Bundesanstalt Technisches Hilfswerk 36 Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft 39 Deutscher Feuerwehrverband 42 Deutsches Rotes Kreuz 43 Johanniter-Unfall-Hilfe 44 Malteser Hilfsdienst 46 Verband der Arbeitsgemeinschaften der Helfer in den Regieeinheiten/-einrichtungen des Katastrophenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland e.V. 47 KLIMAWANDEL Der Klimawandel in Deutschland 2 Klimaänderungen durch den Menschen Neue Wetterextreme sind bei Klimaänderungen unvermeidbar Trinkwasserversorgung in Dürreperioden Ein aktuelles Beispiel aus Spanien 10 14 KRISENMANAGEMENT Strategische Neuorientierung Der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge - eine neue Option im Rahmen des Hochwasserrisikomanagements DISMA 4.0 Die Weiterentwicklung eines bewährten Systems 16 20 RUBRIKEN Wo brennt es in der Feuerwehr? Psychische Belastungen und ihre gesundheitlichen Folgen 25 ZMZ Ein zivil-militärisches Informationsportal Ziel: Informationsaustausch Termine 52 Impressum 52 SERIE 31 Kulturgutschutz in Deutschland 53 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 04 s02 niehoff_1:Layout 1 14.08.2008 14:11 Seite 2 KLIMAWANDEL Der Klimawandel in Deutschland von Daniela Niehoff, BBK Vom Medienstar zur ernst zu nehmenden Gefahr „Manchmal kann ich das Thema Klimawandel nicht mehr hören!“ So und so ähnlich konnte man es insbesondere im vergangenen Jahr häufiger vernehmen. Die ständige Berichterstattung in Presse, Rundfunk und Fernsehen ist in einen Medienhype ausgeartet, durchaus vielfach seriös, oft jedoch unpräzise verkürzt und manchmal entsetzlich überzogen. Neben vielen hervorragenden Dokumentationen tragen im doppelten Sinn katastrophale Fernsehfilme unter dem Deckmäntelchen des Klimawandels leider ihr Übriges zu dieser Stimmung bei. Welcher Normalbürger und Klimalaie ist schon in der Lage, sich bei der Flut von Mitteilungen einen Überblick zu verschaffen und Mögliches, Wahrscheinliches, Unwahrscheinliches von ziemlichem Unsinn zu unterscheiden? Sich mittels medialer Berichterstattung ein sachlich korrektes Bild vom Stand der Klimaforschung zu machen bleibt schwierig. Der Ruf nach verständlichen, für NichtKlimaforscher aufbereiteten Informationen wird immer lauter. Doch Hilfestellung ist in Sichtweite. Die Politik hat diesen Bedarf nach verständlichen Informationen erkannt, das Bundesministerium für Bildung und Forschung plant die Gründung eines Climate Service Centers. Dieses Klimainformations- und Beratungszentrum unter Mitwirkung des Deutschen Wetterdienstes soll Ergebnisse der Klimaforschung für Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft bedarfgerecht aufgearbeitet zur Verfügung stellen [1]. Damit ergänzt es die Vernetzungsplattform des in 2006 beim Umweltbundesamt eingerichteten Kompetenzzentrums Klimafolgen und Anpassung (KomPass), erreichbar unter www.anpassung.net. Hier sind unter anderem Erläuterungen zu Klimafolgen und verschiedene Anpassungsmöglichkeiten für die von Klimaänderungen betroffenen Sektoren zusammengestellt. Auch die Helmholtz-Gesellschaft Deutscher 2 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Forschungszentren hat damit begonnen, ein bundesweites Netz regionaler Klimabüros einzurichten. Hier werden regionale Klimainformationen für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Beteiligt sind Forschungseinrichtungen, Universitäten und auch Fachbehörden. Ein Norddeutsches und Süddeutsches Klimabüro sind bereits im Internet aktiv und ein Mitteldeutsches wird derzeit eingerichtet [2]. Mit einem Medienseminar im Juni 2008 mit namhaften Referenten aus Forschung, Fachbehörden und Versicherung leistet auch das BBK einen Beitrag hierzu. Die Präsenz des Themas Klimawandel ist natürlich sehr begrüßenswert und es war lange überfällig, dass insbesondere den möglichen Folgen klimatischer Änderungen die wohlverdiente Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat bereits 2005 im Auftrag des Umweltbundesamtes in einer Studie die klimabezogene Vulnerabilität verschiedener Sektoren untersucht und beispielsweise die Wasserwirtschaft und die Gesundheit als besonders verwundbar identifiziert. Abnehmende Wasserverfügbarkeit in nordöstlichen Gebieten Deutschlands durch Niederschlagsrückgang, die dortige Zunahme der Waldbrandgefahr, aber auch steigende Hochwassergefahren und die bundesweite Gefährdung insbesondere älterer Menschen durch zunehmende Hitzewellen sind nur einige der Ergebnisse [3]. Spätestens seit Erscheinen des 4. Sachstandsberichtes des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) Anfang des Jahres 2007 ist das Thema in der breiten Masse angekommen. Der umfassende Bericht stellt Erkenntnisse zu globalen Änderungen der Vergangenheit und verschiedene mögliche Klimaszenarien für die Zukunft vor, abhängig von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der Erde. Diese Projektionen beschreiben 04 s02 niehoff_1:Layout 1 14.08.2008 14:11 Seite 3 die globale Temperaturerhöhung, die Änderung von Niederschlagsmustern, die Änderung der Zugbahnen von Stürmen und ein Ansteigen des Meeresspiegels. Als kurzer Einschub ist es an dieser Stelle wichtig zu erwähnen, dass es sich bei den Berechnungen zukünftigen Klimas um Projektionen, nicht um Prognosen handelt. Vorhersagen lässt sich nur das Wetter, nicht jedoch das Klima, welches nach der World Meteorological Organisation (WMO) den durchschnittlichen Zustand des Wetters über einen bestimmten Zeitraum beschreibt, häufig werden 30 Jahre betrachtet. Die Zunahme extremer Wetterereignisse wie Hitzewellen und Starkregen wird im IPCC-Bericht mit über 90% Eintrittswahrscheinlichkeit angegeben [4a]. Hierin liegt für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz die zentrale Herausforderung. Der Bericht erläutert außerdem die Ursachen und den anthropogenen Beitrag zu diesen Entwicklungen. Je nach Szenario wird die mittlere globale Erwärmung der Erde bis zum Jahr 2100 zwischen 1,8°C (niedriges Szenario) und 4,0°C (hohes Szenario) liegen [4a]. Das klingt erst einmal nicht viel, weil man üblicherweise nicht in globalen Durchschnittstemperaturen sondern in Tagestemperaturen denkt. Um sich über die Dimension klar zu werden, hilft ein kurzer Exkurs in die Vergangenheit. Im Laufe der 4,6 Milliarden Jahre andauernden Erdgeschichte gab es zahlreiche Klimawechsel, von denen die jüngsten aufgrund von Klimaarchiven wie Eisbohrkerne und Tiefseesedimente am besten untersucht sind. Der Zeitraum von ca. 2,6 Millionen Jahre bis ca. 11.000 Jahren vor heute umfasst das jüngste Eiszeitalter (Pleistozän). Während dieser Zeit hat es mehrere große Kaltzeiten unterbrochen von Warmzeiten gegeben. Die Pole waren mit großen Eisschilden bedeckt und massive Gletschervorstöße kennzeichneten die Nordhalbkugel. Der Meeresspiegel war zeitweise bis zu 130 m tiefer als heute [5]. Im nördlichen Mitteleuropa sind drei bis vier große Eisvorstöße nachgewiesen, der weiteste Gletschervorstoß in Deutschland reichte über das Norddeutsche Tiefland bis Sachsen-Anhalt und Sachsen bis südlich von Leipzig und im Westen bis in das Ruhrgebiet und in die Niederrheinsche Bucht bis Düsseldorf. Im Mai dieses Jahres meldete ein internationales Forscherteam, dass nun das Klima der vergangenen 800.000 Jahre rekonstruiert werden kann. Diese Informationen konnten anhand einer 3.270 Meter tiefen Bohrung im antarktischen Eis gewonnen werden. Anhand der Zusammensetzung eingeschlossener Luftbläschen konnte die Kohlendioxid- und Methankonzentration entlang dieser Zeitspanne analysiert und somit auf die Atmosphäre und das Klima rückgeschlossen werden [6]. Während der jüngsten Kaltzeit (115.000 bis 11.000 Jahre vor heute) lagen die Temperaturen in Mitteleuropa im Mittel 7 bis 10°C unter den heutigen [5]. Für das Verständnis der seitens IPCC projizierten Erwärmung ist jedoch nicht die Betrachtung der Temperatur von Mitteleuropa, sondern die der Abb. 1: Das Klimasystem und seine Komponenten [9]. gesamten Erde entscheidend: Im globalen Mittel liegt der Temperaturunterschied zwischen einer Kaltzeit und einer Warmzeit in der Größenordnung von nur rund 5°C [7]! Um sich die Lebensbedingungen in Deutschland vorzustellen, wenn diese Differenz auf unser heutiges mittleres globales Klima oben aufsummiert würde, braucht es schon etwas Phantasie. Eine Erwärmung wird es (im Rahmen der IPCC-Szenarien) in den nächsten Jahrzehnten in jedem Fall geben, die Frage ist nur in welcher Größenordnung [4a]. Hinsichtlich der Niederschläge lässt sich zunächst einmal feststellen, dass die globale Erwärmung aufgrund höherer Verdunstung eine Zunahme des atmosphärischen Wasserdampfes zur Folge hat. Der vermehrte Wasserdampftransport von den Ozeanen zu den Kontinenten sorgt in höheren Breiten für mehr Niederschlag [8] [4a]. Für niedrige Breiten werden tendenziell Abnahmen erwartet. Einen Einblick in die Komplexität des Klimasystems gibt Abb. 1. 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 04 s02 niehoff_1:Layout 1 14.08.2008 14:11 Seite 4 KLIMAWANDEL Bei aller globalen Betrachtung stellt sich natürlich die Frage: Was erwartet uns denn nun in Deutschland? Wie sehen die zu erwartenden Klimaentwicklungen in unseren Breiten aus? Und wie verlässlich sind die Aussagen hierzu? Mehrere deutsche Forschungseinrichtungen berechnen mithilfe regionaler Klimamodelle und statistischer Methoden die Klimaänderungen für Europa und Deutschland. Regionalmodelle sind in globale Klimamodelle eingebettet, können die Erdoberfläche genauer darstellen und hochauflösende Ergebnisse produzieren [8]. Die verschiedenen regionalen Klimamodelle liefern in Teilen vergleichbare Simulationsresultate, gute Über- Abb. 2: Auswirkungen einer Zunahme des Temperatur-Mittelwertes auf die Verteilung heißer Tage (schematisch) [12]. einstimmungen gibt es hinsichtlich eines weiteren Temperaturanstiegs. Bei anderen meteorologischen Größen, wie beispielsweise beim Niederschlag, gibt es noch Unterschiede [10]. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat im letzten Jahr damit begonnen, die Ergebnisse von vier in Deutschland betriebenen regionalen Klimamodellen (REMO, WETTREG, CLM, STAR) miteinander zu vergleichen. Auf der Pressekonferenz des DWD am 15. April dieses Jahres sind erste Ergebnisse der Spannbreite der zu erwartenden Klimaänderungen für Deutschland bis zum Ende des Jahrhunderts vorgestellt worden. Demnach berechnen die vier Regionalmodelle für Deutschland eine Zunahme der Jahresmitteltemperatur bis zum Jahr 2050 zwischen 0,5 und 2,0°C, bis zum Jahr 2100 von 2°C bis 4°C. Seit 4 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 1901 bis zum Jahr 2007 ist die mittlere Temperatur in Deutschland bereits um 0,9°C angestiegen und liegt damit höher als der globale Anstieg, der etwa 0,7°C beträgt [11]. Die Auswirkung einer Zunahme des Temperaturmittelwertes auf die Anzahl heißer oder extrem heißer Tage wird in Abb. 2 deutlich. Dementsprechend wird für den Zeitraum bis 2050 eine starke Zunahme von heißen Tagen (≥ 30°C) für Südwestdeutschland, das Rheinland und auch für Teile Sachsen-Anhalts und Brandenburgs berechnet. Ein Zunahme von Sommertagen (≥ 25°C) wird auch für das übrige Deutschland einschließlich küstennaher Regionen und Mittelgebirgen erwartet. Bis zum Ende des Jahrhunderts verstärkt sich diese Situation weiter [13]. Die nach Angaben des DWD bisher zu beobachtende Niederschlagsentwicklung in unseren mittleren Breiten in Deutschland von 1901 bis 2007 zeigt in den westlichen Bundesländern eine Zunahme von rund 12 bis 14%. In den eher kontinental geprägten östlichen Ländern sind nur sehr geringe Zunahmen zu verzeichnen und in Sachsen sogar eine Abnahme um 5% [11]. Bei der Simulation zukünftiger Niederschlagsentwicklung zeigt das Modell WETTREG einen gegenläufigen Jahrestrend: im Sommer nehmen die Niederschläge deutlich ab, im Winter hingegen zu. In der Jahressumme zeigt sich im Nordosten Deutschlands eine sinkende, im Südwesten hingegen eine steigende Tendenz [14]. Eine Häufung von Starkregenereignissen wird erwartet, an einigen Klimastationen ist dieser Trend heute schon zu beobachten (mündliche Mitteilung DWD). Hinsichtlich der Sturmentwicklung gibt es für Deutschland noch keine belastbaren Aussagen. Global lassen sich folgende Beobachtungen festhalten: Energie und Zerstörungskraft von Stürmen korrelieren mit der Wassertemperatur der Ozeane und beide sind in den vergangenen 30 Jahren deutlich angestiegen [7]. Eine Zunahme der Intensität tropischer Wirbelstürme gilt als wahrscheinlich [4a], für die Stürme in unseren Breiten könnte also Ähnliches gelten. Anpassungsmaßnahmen der Länder Wie reagieren wir nun auf diese Änderungen? Die folgende Aussage entstammt dem Synthesebericht des IPCC-Reports von 2007: 04 s02 niehoff_1:Layout 1 14.08.2008 14:11 Seite 5 „Weder Anpassung noch Minderung allein können gravierende Auswirkungen des Klimawandels verhindern, sie können sich jedoch ergänzen und so die Risiken des Klimawandels signifikant verringern.“ [4b] Selbst wenn es gelingen sollte, das EU-Ziel einer Beschränkung der globalen Erwärmung auf 2°C zu erreichen, ist die Notwendigkeit von Anpassung an sich ändernde klimatische Bedingungen zwingend. Der Tag, an dem klar ist, welches der Klimaszenarien eintreffen wird, der Tag, an dem die Klimamodelle alle Prozesse berechnen können und regional exakte Ergebnisse liefern, wird der Tag sein, an dem es für eine Anpassung zu spät ist. Die 16 Länder in Deutschland setzen sich mit der Frage des Klimaschutzes, aber auch mit der Anpassung an die Klimaänderungen in Deutschland auseinander und haben vielfach bereits Strategien entwickelt. Im Folgenden sollen ein Überblick gegeben und weitere interessante, bevölkerungsschutzrelevante Aktivitäten vorgestellt werden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Allen Ländern gemein ist die Vereinbarung mit dem Deutschen Wetterdienst, Pflegedienste, Heime, Gesundheitsämter und Krankenhäuser per E-Mail über bestehende Hitzewarnungen zu informieren [15]. Auch beim Thema Hochwasserschutz sind bundesweit zahlreiche Aktivitäten zu verzeichnen. Neben technischen Baumaßnahmen sind in vielen Ländern die aktuellen Pegelstände der Flüsse sowie weiterführende Informationen über die Landeshochwasserzentralen im Internet abrufbar. Die vermutlich ersten Länder, die trotz vorhandener Unsicherheiten in der Wissenschaft eine Anpassungsmaßnahme politisch durchgesetzt haben, sind Baden-Württemberg und Bayern. Mit dem Projekt KLIWA (Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft) ist schon im Jahr 1998 ein Kooperationsvorhaben dieser Länder mit dem Deutschen Wetterdienst vereinbart worden. Anfang 2007 ist auch Rheinland-Pfalz dieser Kooperation beigetreten. Ziel von KLIWA ist es, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Flussgebiete in Süddeutschland herauszuarbeiten und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Als Ergebnis wurde für die Bemessung technischer Hochwasserschutzeinrichtungen ein so genannter Klimaänderungsfaktor eingeführt. Dieser ist für Baden-Württemberg je nach Flussgebiet mit 15 bzw. 25% und in Bayern pauschal mit 15% auf den 100jährlichen Hochwasserabfluss (HQ100), eingeführt worden (www.kliwa.de) [16]. In Baden-Württemberg ist 2005 von Seiten des Umweltministeriums das „Klimaschutzkonzept 2010“ herausgegeben worden, das den Hinweis auf die Notwendigkeit von Klimaanpassung enthält [17]. Hierfür ist neben KLIWA ein weiteres Projekt namens KLARA (Klimawandel — Auswirkungen, Risiken, Anpassung) gestartet worden. Untersucht wurde die regionale Auswirkung des Klimawandels in BadenWürttemberg und die speziellen klimabedingten Verwundbarkeiten einzelner Sektoren. Aufgegriffen wurden hier auch Vorschläge für Anpassungsmaßnahmen, die unter Federführung der Landesanstalt für Umweltschutz erarbeitet wurden [18]. Bereits 2004 ist seitens des Sozialministeriums ein Fünf- PunkteKatalog zur gesundheitlichen Vorsorge vorgestellt worden. Dieser Katalog enthält unter anderem Informationen für die Bevölkerung sowie spezielle Fachinformationen für Pflegekräfte, Heimleitungen und Eine Zunahme der Intensität von Stürmen und Unwettern gilt als wahrscheinlich. (© M. Köhler/PIXELIO) Hausärzte, abrufbar unter www.sozialministeriumbw.de [19]. In Bayern ist die Universität Bayreuth seitens des Landesumweltamtes mit einer umfangreichen Studie zur Ermittlung von sektoraler Betroffenheit, Anpassungsmöglichkeiten und Forschungsbedarf beauftragt worden. Im Dezember 2007 wurde die Kurzfassung „Klimaanpassung Bayern 2020, Der Klima- 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 5 04 s02 niehoff_1:Layout 1 14.08.2008 14:11 Seite 6 KLIMAWANDEL wandel und seine Auswirkungen — Kenntnisstand und Forschungsbedarf als Grundlage für Anpassungsmaßnahmen“ veröffentlicht. Der Bericht stellt u. a. Anpassungsoptionen für zahlreiche beeinflusste Bereiche vor. Beschrieben sind beispielsweise Strategien für die Raumplanung, die Wasserwirtschaft, die Energiewirtschaft und auch für die Infrastruktur Verkehr und die Gesundheit. Möglichkeiten zur Prävention bei Zunahme von Naturgefahren werden ebenfalls thema- tisiert und Frühwarnsysteme sowie Gefahrenkarten hervorgehoben. Für die Infrastruktur Verkehr werden Vulnerabilitätsanalysen und ein angepasstes Risikomanagement betont [20]. Im November 2007 hat das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz das „Klimaprogramm Bayern 2020“ vorgestellt. Hier werden im Kapitel Anpassung Maßnahmen vorgestellt, die 6 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 als Aktionspakete für die nächsten Jahre zu verstehen sind. Genannt sind beispielsweise die Anpassung des Hochwasserschutz-Aktionsprogramms, die Erhöhung der Wasserversorgungssicherheit oder das Waldumbauprogramm [21]. Im Mai 2008 ist seitens des Bayrischen Landesamtes für Umwelt die Studie „Bayerns Klima im Wandel — erkennen und handeln“ erschienen, wo sich ein Kapitel der privaten Vorsorge vor klimabedingten Gefahren widmet und Wege der Informationsbeschaffung aufgezeigt werden [22]. Wie oben erwähnt ist Rheinland-Pfalz seit Anfang 2007 an der süddeutschen KLIWAKooperation beteiligt. Im Dezember 2007 hat das Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz den „Klimabericht Rheinland-Pfalz 2007“ veröffentlicht. Neben den regionalen Klimaänderungen werden die Vulnerabilitäten einzelner Lebensbereiche in RheinlandPfalz aufgezeigt und Anpassungsoptionen vorgestellt. Auszugsweise seien hier für die Wasserwirtschaft die 200-jährliche Hochwassersicherheit für den Oberrhein und ein flächendeckendes Hochwasserfrühwarnsystem genannt, als Prävention für die steigende Zahl von Hochwässern. Hinsichtlich der Trinkwasserversorgung wird der weitere Ausbau der Versorgungsverbünde zum überregionalen Mengenausgleich angestrebt [23]. In 2008 hat das Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz RheinlandPfalz zusammen mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) das 3-jährige Projekt „KlimLandRP“ gestartet. Diese interdisziplinäre Studie baut auf dem Bericht 2007 auf und soll umfassend die Klimaentwicklung des Landes aufarbeiten, Folgen und Anpassungsoptionen untersuchen [24]. Im Mai dieses Jahres ist den Bürgern im Saarland seitens des Umweltministeriums das „Klimaschutzkonzept 2008-2030“ vorgestellt worden [25]. 04 s02 niehoff_1:Layout 1 14.08.2008 14:11 Seite 7 Hinsichtlich bevölkerungsschutzrelevanter Anpassungsstrategien für den Bereich Gesundheit betont der Bericht: „Die Versorgungssysteme müssen dem Eintreten von Extremwetterereignissen Stand halten. Der Katastrophenschutz muss auf das neue Problemfeld eingestellt werden.“ Aufbauend auf dem „Klimaschutzkonzept Hessen 2012“ vom März 2007 [26] ist im November 2007 seitens des hessischen Umweltministeriums der „Aktionsplan Klimaschutz“ [27] vorgestellt worden. Eine interministerielle Arbeitsgruppe hat Aktionsfelder auch zum Thema Anpassung an den Klimawandel identifiziert. Als Grundlage für eine nachhaltige Hochwasservorsorge und ein –management werden Veränderungen in den Scheitelabflüssen untersucht. Im Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie wird im Oktober 2008 ein „Fachzentrum Klimawandel“ in Hessen eingerichtet, welches dem erkannten Handlungsbedarf beim Thema Klimaschutz, Klimawandel und Anpassung Rechnung tragen soll [28]. Im September letzten Jahres ist vom Umweltministerium Nordrhein-Westfalens die Studie vorgestellt worden: „Klimawandel in Nordrhein-Westfalen — Wege zu einer Anpassungsstrategie“. Hier ist beispielsweise ein Internet-Informationsdienst über gesundheitliche Auswirkungen von Hitze erwähnt (www.hitze-nrw.de), der neben Beratung der Öffentlichkeit auch Fachinformationen für Pflegekräfte etc. enthält. Im Rückblick auf das Münsterland-Ereignis von 2005 wird auf die Notwendigkeit der Sicherstellung der Funktion von Strom- und Telekommunikationsnetzen hingewiesen. Eine kontinuierliche Optimierung der „Katastrophenversorgung“ unter Einbeziehung der Erfahrungen sind Voraussetzung für ein effizientes Krisenmanagement. Als ein mit 15 Mio. Kubikmeter Sturmholz durch Kyrill besonders forstwirtschaftlich belastetes Land hat NRW ein Fachkonzept zur Wiederbewaldung der Orkanflächen entwickelt [29]. Im Bereich Katastrophenschutz haben in Nordrhein-Westfalen die Landesforstverwaltung und die Feuerwehren eine Gefahrenabwehrkarte Wald mit Informationen über Wegenetz, Windwurfflächen, Gewässer etc. entwickelt. Diese Karten geben den Löschfahrzeugen, Einsatzleitstellen und Krisenstäben einen einheitlichen Überblick. Das Innenministerium versendet das Kartenmaterial auf DVD´s an die zuständigen Stellen und auch im Informationssystem Gefahrenabwehr des Landes NRW im Internet steht das Material zur Verfügung [30]. Die deutschen Küstengebiete sind aufgrund des bereits beobachteten und für die Zukunft projizierten Anstiegs des Meeresspiegels besonders bedroht [4a]. Hier stellen insbesondere die auf einem erhöhten Niveau der Nordsee „reitenden“ Sturmfluten eine Gefahr dar. In Niedersachsen und Bremen ist im März 2007 der neue „Generalplan Küstenschutz“ veröffentlicht worden, welcher konzeptionell die IPCC-Aussagen zum Meeresspiegelanstieg berücksichtigt. In Niedersachsen müssen rund 125 km Deiche erhöht und verstärkt werden, neue Deiche werden 25 cm höher geplant. In Bremen müssen 74% der Landesschutzdeiche erhöht und verstärkt werden [31]. Nach Ergebnissen des Forschungsprojektes „Klimawandel und präventives Risiko- und Küstenschutzmanagement an der deutschen Nordseeküste“ (KRIM) müssen die Deiche bis zur Mitte des Jahrhunderts um durchschnittlich 70 cm aufgestockt werden [32]. Im Juli 2007 war seitens des Umweltministeriums Niedersachsen beschlossen worden, die Deiche zum Küstenschutz um zusätzliche 25 cm zu erhöhen. Mit den ohnehin geplanten 25 cm beträgt der Schutz nun insgesamt einen halben Meter. Bis Herbst sollen die ersten Erhöhungen abgeschlossen sein [33]. Anfang 2008 wurde der Klimaschutz durch einen entsprechenden Namenszusatz im niedersächsischen Ministerium für Umwelt verankert. Im März 2008 ist hier die Einrichtung einer Stabsstelle „Klimaschutz, Klimafolgen und Nachhaltigkeit“ beschlossen worden, in der eine Klimaschutzstrategie der Landesregierung entwickelt werden soll [34]. In Hamburg informiert die Behörde für Inneres die Bevölkerung mehrsprachig mit Merkblättern über die Gefahr durch Sturmflutereignisse und klärt über richtiges Verhalten auf. Die Lage gefährdeter Gebiete wird ebenso veröffentlicht wie die Kontaktdaten der Sturmflutwarnstellen. Über das digitale Dokument ist zur Aufklärung der Sirenenton zur Warnung der Bevölkerung verkürzt abrufbar. Im Klimaschutzprogramm Hamburg 2007-2012 wird auf die permanente Überprüfung und Anpassung der Hochwasserschutzanlagen und Küstenschutzstrategien hingewiesen [35]. Der Klima-Campus, ein Zusammenschluss von Forschungseinrichtungen unter Führung der Universität Hamburg, soll bis Ende 2009 einen Zustandsbericht „Klimawandel Hamburg“ erstellen. Interessant ist das Ergebnis einer Forsa-Studie, die im Frühjahr dieses Jahres im Auftrag des GKSS-Forschungszentrums Geesthacht in Hamburg durchge- 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 7 04 s02 niehoff_1:Layout 1 14.08.2008 14:11 Seite 8 KLIMAWANDEL führt wurde: Von 500 befragten Hamburger Bürgern gaben 61% an, den Klimawandel als eine große bis sehr große Gefahr für die Stadt zu empfinden. 83% hiervon nennen vorrangig Sturmfluten und Überschwemmungen als relevante Naturkatastrophen [36]. Schleswig-Holstein gilt als Vorreiter in Sachen Küstenschutz. Der Generalplan Küstenschutz von 2001 greift bereits den dritten Bericht des UN-Klimabeirats (IPCC, 2001) aus dem gleichen Jahr auf und weist auf die Notwendigkeit der Betrachtung zukünftiger Meeresspiegelentwicklungen vor dem Hintergrund des Klimawandels hin. Es wurde ein Klimazuschlag von 50 cm für Nordsee und Elbe und 30 cm für die Ostsee bei der Bemessung der vordringlichen Deichverstärkungen festgelegt. Eine regelmäßige Überprüfung von Sicherheitsstatus und Risikomanagement wird eingeführt [37]. Das Ministerium weist auf seiner Internetseite darauf hin, dass derzeit keine Überarbeitung der heutigen Anpassungsstrategien erforderlich ist, mittelfristig jedoch erhöhte Anstrengungen finanzieller und technischer Natur notwendig sein werden, um den Sicherheitsstandard zu erhalten. Mecklenburg-Vorpommern hat im Frühjahr 2008 die Studie „Klimaschutz und Folgen des Klimawandels in Mecklenburg-Vorpommern“ vorgestellt. Experten des Landes haben in mehreren Facharbeitsgruppen die sektorbezogenen Folgen des Klimawandels erarbeitet und geben Handlungsempfehlungen. Für den Küstenbereich werden die Anpassung von Küstenschutzanlagen oder auch deren Rückverlegung empfohlen [38]. Im November 2007 hatte der Landtag beschlossen, dass die Landesregierung bis zum Frühjahr 2008 ein Kataster aller Deiche zum Küstenund Hochwasserschutz vorlegen soll [39]. Für Teile Mecklenburg-Vorpommerns wird der kontinentale Einfluss weiter hervortreten. Das Land gehört zu den am stärksten von zukünftiger sommerlicher Trockenheit beeinflussten Gebieten Deutschlands. Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung lassen sich noch nicht prognostizieren. Bedingt durch den demographischen Wandel mit der absoluten und relativen Zunahme der Anzahl älterer Menschen gilt MecklenburgVorpommern gegenüber gesundheitlichen Folgen des Klimawandels als besonders verletzlich [38]. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat bereits im Jahr 2003 — gefördert durch das Umweltministerium von Brandenburg — eine Studie zur klimatischen Entwicklung Brandenburgs sowie deren Auswirkungen vorgestellt. Das Land gehört mit sei- 8 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 nem gemäßigt-kontinentalen Klima zu den trockensten Regionen Deutschlands und ein weiterer Niederschlagsrückgang wird erwartet. Die ohnehin negative Wasserbilanz (Niederschlag – potenzielle Verdunstung) in Brandenburg verschlechtert sich weiter. Seit einigen Jahren werden sinkende Tendenzen der Grundwasserstände festgestellt. Abnehmende Wasserverfügbarkeit wird auf lange Sicht nicht ohne Folgen für die Trinkwasserversorgung bleiben. Die zunehmende sommerliche Trockenheit könnte bis 2050 auch eine Zunahme der Waldbrandgefahr um bis zu 30% bedeuten [40]. Bundesweit ist Brandenburg mit seiner Kiefernmonokultur und geringem Jahresniederschlag das Land mit der höchsten Waldbrandgefährdung. Hinsichtlich der Anzahl der Waldbrände wie auch der vom Waldbrand betroffenen Gesamtschadensfläche nimmt Brandenburg eine Spitzenstellung ein. Ein landesweit installiertes kameragestütztes Waldbrandüberwachungssystem ermöglicht seit 2006 eine flächendeckende Überwachung [41]. Mit einem landespolitischen Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels von 2007, aufbauend auf den Bericht „Integriertes Klimaschutzmanagement“ von 2006, sind Ziele definiert worden. Die Notwendigkeit eines Niedrigwasser- und Hochwassermanagements wird ebenso betont wie die Erarbeitung von Risikokarten für die Forstwirtschaft [42]. Der Berliner Senat hat dieses Jahr mit dem Deutschen Wetterdienst einen Vertrag über die Beratung bei der Stadtplanung hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels abgeschlossen. Städte fungieren aufgrund ihrer Bebauung als Wärmeinseln, die sich während heißer Perioden deutlich weniger abkühlen als das Umland. Die Berliner Senatsverwaltung informiert über die Gesundheitsrisiken von Sommerhitze. In 2007 hat die Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz einen Klimaschutzrat bestehend aus 16 Fachleuten aus Wissenschaft und Energiewirtschaft einberufen, welcher den Senat unter anderem beim Klimafolgenmanagement unterstützen soll [43]. In Sachsen-Anhalt wurde im April 2007 eine ressort- und fachübergreifende Arbeitsgruppe „Klimawandel“ eingerichtet, welche die sektorale Betroffenheit des Landes analysieren und bei der Entwicklung von Handlungsstrategien zur Anpassung an den Klimawandel unterstützen soll. Seit November 2007 liegt der erste Zwischenbericht vor. Im diesem Bericht 04 s02 niehoff_1:Layout 1 14.08.2008 14:11 Seite 9 werden die neu erstellte Klimadatenbank für Sachsen-Anhalt vorgestellt, die laufenden Projekte zu Klimawandel und Klimafolgenanpassung aufgelistet und erste Vorstellungen über den Handlungsbedarf erläutert. Betont wird auch hier die ungünstige klimatische Wasserbilanz und die Gefahr starker Hochwässer [44]. Der neue Landesentwicklungsplan, dessen erster Entwurf für diesen Sommer erwartet wird, wird als eines der Entwicklungsziele auch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel enthalten [45]. Im Jahr 2005 hat das sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft den Bericht „Klimawandel in Sachsen“ herausgegeben. Neben der Vorstellung regionalspezifischer Klimaänderungen und der sächsischen Klimadatenbank werden auch die vergangenen Extremsituationen näher beleuchtet, so auch die Extremniederschläge von 2002 (Abb. 3). Für die Zunkunft wird eine zunehmende sommerliche Anspannung der Wasserbilanz erwartet und die hiermit verbundenen Niedrigwasserperioden werden als die durchgreifendste Veränderung für Sachsen identifiziert. Im Hinblick auf ein sinkendes Wasserdargebot wird die Notwendigkeit von Überlegungen zu Handlungsstrategien in der Wasserwirtschaft betont, so beispielsweise bei der Talsperrenbewirtschaftung [46]. Für alle Anrainerstaaten der Elbe sind hinsichtlich der Auswirkungen des globalen Wandels auf die Wasserwirtschaft und auch auf die Gesellschaft die Ergebnisse des Projektes GLOWA-Elbe (Globaler Wandel Elbe) interessant (www.glowa-elbe.de). In Thüringen fand am 11. Juni 2008 das 4. Thüringer Klimaforum statt. Der Fokus der diesjährigen Veranstaltung lag auf „Klimaschutz und nationale/regionale Anpassungsstrategien“. Dieses Forum findet im 2-jährigen Rhythmus statt und bietet eine Plattform für interdisziplinäre Lösungsansätze. Derzeit wird an einem „Thüringer Klimaschutz- und Energieprogramm 2020“ gearbeitet, das Ende des Jahres 2008 vorliegen soll [47]. Die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie hat im Jahr 2004 einen Überblick über die Thematik Klimawandel, die Zusammenhänge, Methoden und Erkenntnisse für Thüringen gegeben [48]. Weitere Aktivitäten der Länder finden in Zusammenarbeit mit dem Bund im Rahmen der Entwicklung der Deutschen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel (DAS) statt. Unter Federführung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit finden Arbeitstreffen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe ebenso wie einer Ressortarbeitsgruppe des Bundes statt. Aus den hier identifizierten sektoralen Betroffenheiten und Handlungsfeldern wird derzeit ein Bericht entwickelt, der im November 2008 dem Bundeskabinett vorgelegt und dann beschlossen werden soll. Abb. 3: Wolkenspirale des Vb-Tiefs am 12.08.2002, 14:00 UTC (Quelle: DWD) [46] Fazit Es bleibt festzuhalten, dass in allen Ländern in Deutschland der Schwerpunkt der Anstrengungen beim Thema Klimawandel auf dem Klimaschutz liegt. Investitionen und Konzepte zur Anpassung an klimatische Änderungen nehmen jedoch kontinuierlich zu. Dass sich auch in Deutschland für die nächsten Jahre und Jahrzehnte die Lebensbedingungen ändern werden ist bereits sicher. Wir sollten daran arbeiten, für unsere Zukunft und auch für nachfolgende Generationen entsprechende Vorbereitungen zu treffen, um die Lebensqualität zu erhalten. Die Literaturangaben zu diesem Beitrag finden Sie im Internet: www.bbk.bund.de 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 9 05 s10 graßl:Layout 1 14.08.2008 14:13 Seite 10 KLIMAWANDEL Klimaänderungen durch den Menschen Neue Wetterextreme sind bei Klimaänderungen unvermeidbar Von Prof. Dr. Hartmut Graßl, Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg Alle Pflanzen und Tiere, aber auch der Mensch, werden immer von Wetterextremen betroffen sein. Sie haben sich im Laufe ihrer Entwicklung entsprechend daran angepasst, denn sonst wären sie ausgestorben. Sie haben dabei auch starke Klimaschwankungen bei Zeitskalen von Jahren bis Jahrhunderten und systematische Änderungen bei Zeitskalen von bis zu vielen Jahrtausenden überstanden; manche jedoch sind dabei wegen zu hoher Geschwindigkeit der Klimaänderungen auch ausgestorben. Seit 1995 sind sich die Klimaforscher darüber einig, dass wir Menschen inzwischen das globale Klima beeinflussen, denn sonst hätten wir im Dezember 1995 im zweiten bewertenden Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses über Klimaänderungen der Vereinten Nationen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) nicht geschrieben: „The balance of evidence suggests a discernible human influence on global climate“.1 Seitdem sind im dritten und vierten bewertenden Bericht von IPCC immer stärkere, den menschlichen Einfluss charakterisierende Äußerungen gefolgt, z.B. im vierten Bericht: „Das Verständnis der erwärmenden und abkühlenden anthropogenen Einflüsse auf das Klima hat sich seit dem dritten Sachstandsbericht verbessert und zu einem ‘sehr hohen Vertrauen’ geführt, dass der globale durchschnittliche Nettoeffekt der Aktivitäten des Menschen seit 1750 eine Erwärmung war, mit einem Strahlungsantrieb von +1,6 (+o,6 bis +2,4) Watt pro Quadratmeter (Wm-2)“. Die Frage lautet also keineswegs mehr „Ist der Klimawandel anthropogen?“, sondern „Was bedeutet er für Menschen, Pflanzen und Tiere an welchem 10 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Ort, aber auch insgesamt?“ Insbesondere ist wichtig, wie die Häufigkeitsverteilungen bestimmter Klimaparameter sich ändern, denn in den „Schwänzchen“ dieser oft als Grafik dargestellten Verteilungen, bei den seltenen, starken Abweichungen vom Mittelwert, befinden sich die Wetterextreme. Geschwindigkeit der Klimaänderungen durch den Menschen Sehr häufig wird vorgebracht, dass auch in der Vergangenheit massive Klimaänderungen aufgetreten sind, obwohl damals der Einfluss des Menschen sicherlich gering war. Sucht man nach der global raschesten Klimaänderung — außer dem Einschlag eines großen Himmelskörpers — , die wenigstens einige °C erreicht hat, so lautet die Antwort: Beendigung einer intensiven Vereisungsphase, wie z.B. vor ca. 20.000 Jahren, bei der die globale mittlere Temperatur für die Natur rasch um 4 bis 5 °C anstieg. Dazu benötigte das Klimasystem mindestens 5000, oft aber etwa 10.000 Jahre. Die an dem gegenwärtigen Klima und an der jüngeren Klimageschichte getesteten Klimamodelle projizieren dagegen fast gleich große mittlere globale Erwärmungen in das 21. Jahrhundert allein, der Beschleunigungsfaktor beträgt also bis zu einem Faktor 100, wenn keine drastische 1 freie Übersetzung der Redaktion: „Nach Abwägen der Beweise ist von einem erkennbaren menschlichen Einfluss auf das globale Klima auszugehen.“ 05 s10 graßl:Layout 1 14.08.2008 14:13 Seite 11 schen Aerosolpartikeln schwieriger zu modellieren Klimapolitik ergriffen wird. Eine zentrale Frage lautete deshalb schon zu Beginn der Internationalen Kli- ist als der Einfluss von Treibhausgasen, ist auch das mapolitik: Bis zu welcher Klimaänderungsrate gelingt Vertrauen in die Klimamodelle gewachsen. naturnahen Ökosystemen die Anpassung an Phänomen Änderung Region Zeitabschnitt Wahrscheinlichkeit einen raschen Klimawankalte Tage/Nächte Abnahme eher für mehr als 70% der 1951-2003, sehr wahrscheinlich und Frosttage Nächte als für Tage Landoberfläche 150 Jahre für del? Im zentralen Ziel Europa und China der Rahmenkonvention heiße Tage und Zunahme eher mehr als 70% der 1951-2003 sehr wahrscheinlich der Vereinten Nationen Nächte nachts als tags Landoberfläche über Klimaänderungen, Hitzewellen Zunahmen erglobal 1951-2003 wahrscheinlich schlossen aus Tain Rio de Janeiro 1992 gestemperaturen von 154 Nationen geStarkniederschläge Zunahme, über der viele Gebiete 1951-2003 wahrscheinlich zeichnet und inzwischen aus dem Mittel er- mittlerer Breiten warteten von fast allen Ländern Dürren Zunahme der be- viele Gebiete der seit den 1970er wahrscheinlich ratifiziert, heißt es destroffenen Flächen Erde Jahren halb: „Das Endziel dietropische Zyklonen längere Lebensdau- Tropen seit den 1970er wahrscheinlich ses Übereinkommens ... er und höhere InJahren tensität, keine höist es ... die Stabilisiehere Häufigkeit rung der Treibhausgasextreme Tiefdruck- Zunahme der Landgebiete seit 1950 wahrscheinlich konzentrationen in der gebiete mittlerer Häufigkeit und nördliche Breiten Intensität, Erdhälfte Atmosphäre auf einem polnähere Bahn Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche an- Tab. 1: Änderung von Extremwerten für Regionen und Zeitabschnitte zusammen mit dem Wahrscheinlichkeitsmaß. thropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Ein solches Niveau soll innerhalb eines ZeitVeränderte Wetterextreme raumes erreicht werden, der ausreicht, damit sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den KlimaänderunWenn sich Klima ändert, müssen sich auch die gen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung Häufigkeitsverteilungen von Klimaparametern ändern. nicht bedroht wird und die wirtschaftliche EntwickVieles davon kann jeder einzelne durch eigene Anlung auf nachhaltige Weise fortgeführt werden kann.“ schauung sich selbst ableiten. Beispiel: Wolkenbrüche Eine oft gewählte, aber nicht stark durch Befun- sind um so heftiger je höher die Oberflächentemperade gestützte Zahl für die maximal erlaubte globale tur ist. Verantwortlich dafür ist ein Naturgesetz, nämlich die Clausius-Clapeyron´sche Gleichung, das die Erwärmungsrate lautet: 0,2 °C pro Jahrzehnt. Sie ist in den beiden vergangenen Jahrzehnten erreicht wor- maximal mögliche Wasserdampfkonzentration als den. Eine politische Festlegung auf eine maximale Er- Funktion der Temperatur beschreibt. Steigt die Temwärmung im 21. Jahrhundert gibt es jedoch für die peratur von 0 °C auf 1 °C so erhöht sich die maximal mögliche Wasserdampfkonzentration in Luft um Europäische Union. Sie will mit ihrer Klimapolitik erreichen, dass +2 °C, gerechnet seit Beginn der In8%, bei 20 °C um 6%. Bei 20 °C sind daher etwa dustrialisierung, im globalen Mittel nicht überschritviermal so viele Wasserdampfmoleküle pro Volumenten werden. +0,8 °C davon liegen bereits hinter uns einheit Luft vorhanden. Strömt diese Luft gegen ein und eine globale Aktion ist dafür unumgänglich. Gebirge tritt bei gleicher AnströmungsgeschwindigDie angelaufenen anthropogenen Klimaändekeit mindestens die vierfache Regenrate auf. Das Wort rungsraten übertreffen schon jetzt die raschen globa- mindestens muss gewählt werden, weil durch die len natürlichen. Da die Klimamodelle die stärkste vierfache Kondensationswärme in den sich bildenden natürliche Klimaänderung des 20. Jahrhunderts, näm- Wolken höherer Auftrieb entsteht und somit die Wollich die Abkühlung durch den Ausbruch des Vulkans ke höher hinauf reicht und noch mehr des in der Pinatubo auf den Philippinen, recht genau nachvoll- Atmosphäre enthaltenen Wasserdampfes als Niederschlag ausfällt. In diesem Zusammenhang ist es auch zogen haben, obwohl der Einfluss von stratosphäri- 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 11 05 s10 graßl:Layout 1 14.08.2008 14:14 Seite 12 KLIMAWANDEL verständlich, dass die höchsten Schneefallraten bei Temperaturen an der Wolkenunterkante von knapp über 0 °C auftreten. Steigt wie beobachtet die Oberflächentemperatur an, so muss im statistischen Mittel pro Niederschlagsereignis die Niederschlagsmenge ansteigen, auch wenn der Gesamtniederschlag an einem Ort nicht zunimmt oder sogar leicht abnimmt. Dies wird auch beobachtet. Die globalen Beobachtete Änderungen extremer Wetterereignisse Die Beobachtung von Trends bei den extremen Wetterereignissen setzt lange Zeitreihen voraus, die nur in Teilen der Nördlichen Erdhälfte und vereinzelt in der Südlichen Erdhälfte existieren und auch auf nur wenige Klimaparameter beschränkt sind. Das bisher Erarbeitete ist in IPCC (2007) zusammengefasst worden, wovon in Tab. 1 Auszüge gezeigt werden. Hinter diesen nüchternen Zahlen verbergen sich massiv gestiegene Schäden durch Wetterextreme, wie es seit Jahren die Rückversicherungsgesellschaften mit ihren wetterbedingten Katastrophenstatistiken belegen, auch wenn die strenge Beweisführung für den Klimaänderungsanteil an den explodierenden Kosten noch nicht existiert. Das liegt auch daran, dass in vielen selbst hoch entwickelten Ländern Bauten in Überschwemmungszonen hochgezogen werden und die sicherheitsAbb. 1: Änderungen von Extremwerten aus Simulationen von 9 gekoppelten Atmosphäre/Ozean/Land-Modellen. relevante Infrastruktur a) Global gemittelte Änderung der Niederschlagsintensität, definiert als die Gesamtniederschlagsmenge wie Dämme, Deiche, dividiert durch die Zahl der Tage mit Niederschlag für die Szenarien B1, A1B und A2; Überlaufpolder und Abb) Geografische Verteilung der Änderung der Niederschlagsintensität zwischen den Perioden 1980-1999 und 2080-2099 für das Szenario A1B; wassersysteme vernachc) Änderung der Anzahl trockener Tage, definiert als das jährliche Maximum aufeinander folgender lässigt und keineswegs Tage ohne Niederschlag; den veränderten Bedind) Geografische Verteilung der Dürredauerunterschiede zwischen den beiden Perioden 1980-1999 und 2080-2099 für das Szenario A1B. gungen angepasst werDie durchgezogenen Kurven in a) und c) sind das 10jährige gleitende Ensemblemittel und die den. Beispiele sind das Einhüllende gibt die Standardabweichung des Ensembles. In b) und d) gibt der gepunktete Bereich an, ob mindestens 5 der 9 Modelle die Änderung als signifikant bezeichnen. Die Zeitreihe jedes Modells ist Elbehochwasser vom mit dem Mittelwert für die Periode 1980-1999 skaliert worden und ihre Standardabweichung ist für die Jahre 2002 und die gesamte Zeitreihe nach Entfernung des Trends von 1960-2099 berechnet worden. Danach ist ein Überschwemmung von Ensemblemittel für den Globus sowie jedes Modellgitterelement berechnet worden. Daher sind die Änderungen in Einheiten der Standardabweichung angegeben. New Orleans 2005 durch einen tropischen Wirbelsturm, der bei seinem Landgang nur die KaVerteilungen der geänderten Klimaparameter eintegorie 3 von 5 vom Wetterdienst der USA zugeordschließlich der Extremwerte sind zusammengestellt net bekommen hatte. Schon im Jahre 1985 hatten in IPCC (2007). 12 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 05 s10 graßl:Layout 1 14.08.2008 14:14 Seite 13 Wissenschaftler, die von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Genf und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi sowie dem Internationalen Rat Wissenschaftlicher Vereinigungen (ICSU) im österreichischen Villach zusammengerufen worden waren, auf folgende Weise gewarnt: „Many important economic and social decisions are being made today on long-term projects ... all based on the assumption that past climatic data, without modification, are a reliable guide for the future. This is no longer a good assumption since the increasing concentrations of greenhouse gases are expected to cause a significant warming of the global climate in the next century. It is a matter of urgency to refine estimates of future climate conditions to improve these decisions“2 (WMO,1985). Zukünftige extreme Wetterereignisse In den Projektionen der gekoppelten Atmosphäre/Ozean/Land-Modelle sind Extremwerte sehr schwer zu entnehmen sofern sie räumlich nur grob auflösen. Mit der steigenden Kapazität der Großrechner jedoch sind diese Zeiten für manche der Extreme vorbei. Wiederum hat IPCC (2007a) für Temperatur und Niederschlag zusammengestellt, was Ensembles von Klimamodellen bei verschiedenem Verhalten der Menschheit berechnen. Die Botschaft ist klar: • Die Niederschlagsintensität nimmt in den meisten Regionen zu, außer in solchen mit starker Abnahme des Gesamtniederschlags • Hitzewellen werden rasch häufiger und intensiver sowie länger • Die Andauer von Dürren nimmt mit Ausnahme der sehr hohen Breiten und kleinerer tropischer Gebiete zu. 2 freie Übersetzung der Redaktion: „Viele wichtige wirtschaftliche und soziale Entscheidungen werden heute im Bezug auf langfristige Projekte getroffen … alle basierend auf der Annahme, dass die Klimadaten der Vergangenheit ohne Modifikation ein zuverlässiger Richtwert für die Zukunft sind. Seit dem Konzentrationsanstieg der Treibhausgase wird eine signifikante globale Klimaerwärmung im nächsten Jahrhundert erwartet und die Annahme ist nicht länger gültig. Es besteht die dringende Notwendigkeit, die Schätzungen der zukünftigen klimatischen Bedingungen zu verfeinern, um diese Entscheidungen zu verbessern.“ Abb. 1 zeigt die zeitliche Entwicklung sowie die geografische Verteilung der Starkniederschlagsund Dürreänderungen als ein Modellmittel mit der Angabe der Gebiete mit signifikanten Änderungen. Aus dieser Abbildung wird klar, dass auch für Szenarien mit starker Reaktion einer multilateral orientierten Menschheit, die rasch zu einer Wissensgesellschaft mit Ressourcen schonenderer Wirtschaft transformiert wird, nämlich B1, die Starkniederschläge gemessen an der durchschnittlichen Niederschlagsmenge kräftig zunehmen. Wie soll gehandelt werden? Weil in einer Welt mit raschen Klimaänderungen das bisherige Schema des sogenannten N-Jahresereignisses mindestens bei n>50 nicht mehr angepasst ist, muss für die Ertüchtigung der sicherheitsrelevanten Infrastruktur ein anderer Weg gefunden werden. Zunächst müssen lange Zeitreihen von Klimaparametern bezüglich Änderung ihrer Häufigkeitsverteilungen mit der Zeit untersucht werden. Stimmt bei eventuell gefundenem, signifikantem Trend dieser mit denen in Klimamodellen überein, dann ist die Extrapolation in die veränderten Häufigkeitsverteilungen in der Zukunft relativ gesichert. Bei nicht signifikanten bisherigen Trends ist dennoch den Modellen folgend ein Sicherheitszuschlag angebracht. Es bei bisherigen Abschätzungen zu lassen, wäre gegen das in der Europäischen Union geltende Vorsorgeprinzip gerichtet. Schluss Die angelaufenen globalen Klimaänderungen durch den Menschen sind eine der größten Herausforderungen für die Menschheit. Wegen der Trägheit des Klimasystems ist eine Versteifung auf Emissionsreduktionen allein keine zielführende Politik. Die kommenden Jahrzehnte sind, was die Klimaänderungen anbelangt, fast unabhängig von der jetzt und in naher Zukunft ergriffenen Klimapolitik. Die Devise muss lauten: Das Unbeherrschbare vermeiden und sich an das nicht mehr Vermeidbare anpassen. Die Literaturangaben zu diesem Beitrag finden Sie im Internet: www.bbk.bund.de 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 13 06 s14 Wasser:Layout 1 14.08.2008 14:16 Seite 14 KLIMAWANDEL Trinkwasserversorgung in Dürreperioden Ein aktuelles Beispiel aus Spanien Von Marion Langenbach, BBK Die Probenahme und Analytik bei Beladung Zwei Monate lang herrschte eine katastrophale Dürre in Katalonien, wie sie seit 60 Jahren nicht mehr vor- wurden durch das Zentrallabor in Tarragona vorgegekommen ist. In der Millionenmetropole Barcelona nommen. Während des Transportes übernahm eine private Firma die Güteüberwachung. Aufgrund der wurde Rasensprengen und Autowaschen unter Verbot gestellt und die Bevölkerung zum sparsamen hohen Temperaturen war während des Transportes Umgang mit Wasser aufgefordert. Eine Standbein der Notwasserversorgung war der Transport von Wasser mit Schiffen von Tarragona, Marseille und der Provence aus. Das Programm wurde am 3. Juni eingestellt, nachdem ergiebige Niederschläge der Dürreperiode ein Ende gesetzt hatten. An diesem Tag verließ das letzte Tankschiff befüllt mit Trinkwasser den Hafen von Tarragona. Von Tarragona aus versorgten täglich zwei Schiffe Barcelona mit Trinkwasser. Das Insbesondere das Füllen der Wassertanks erfordert einen hohen technischen Aufwand ... Wasser wurde in Barcelona direkt ins Leitungssystem eingespeist. Als Rohwasser wurde Grundwasvon ca. 8 Stunden eine mikrobielle Beeinträchtigung ser aus dem Gebiet von Tarragona sowie Wasser aus zu befürchten. Um ein bakteriologisch einwandfreies dem Ebro verwendet. Die Güteüberwachung des zu Wasser zu gewährleisten wurde bei Abgabe ins Leitransportierenden Trinkwassers erfolgte an mehreren tungssystem der Restchlorgehalt überprüft und bei Stellen und war vom Parameterumfang her gestaffelt. Unterschreitung eines kritischen Wertes nachgechlort. 14 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 06 s14 Wasser:Layout 1 14.08.2008 14:16 Seite 15 weils 40 Mio m³ Rohwasser, das in Barcelona aufbereitet wurde. Der Transport mittels aller Schiffe konnte eine Versorgung der Bevölkerung von 0,5 m³/s sicherstellen. Da der Bedarf von Barcelona jedoch 10 m³/s beträgt, ist der Effekt der Wassertransporte eher psychologisch zu werten, indem der Bevölkerung der Aufwand vor Augen geführt wird. Die Kosten wurden von der Reederei nicht näher beziffert, nur so viel wurde klar: sie liegen höher als die für Öltransporte. Für Spanien ist es nicht der erste Trinkwassertransport während einer Dürre. Mallorca wurde in den 90er Jahren ebenfalls mittels Schiffstransporten mit Trinkwasser versorgt. Hier gab es jedoch erhebliche Probleme, bedingt durch die Tankinnenlackierungen. Für Barcelona verwendete man daher Schiffe mit unlackierten Stahltanks. Auch wenn verschiedene Mittelmeerstaaten für die routinemäßige Wasserversorgung ihrer kleineren Inseln Schiffstransporte einsetzen, für ... und muss streng überwacht werden. Spanien und im Beson(Fotos: BBK/Langenbach deren für Barcelona stellt dies keine mögliche betrieb nur eine kleine Menge Wasser kontaminiert Dauerlösung da: Zukünftig soll mehr die Aufbereiwird und nicht der gesamte Behälter. Ein Behälter tung des Rohwassers mittels Umkehrosmoseanlage fasste knapp 1 m³. Die Schiffe waren mit jeweils 20 zur Meerwasserentsalzung erfolgen. Behältern für Flüssigtransporte ausgestattet. Als Transportschiffe wurden Schiffe gechartert, die normalerweise chemische Flüssigprodukte befördern. Zum Befüllen mit Trinkwasser musste daher zuvor eine ausgiebige Reinigung erfolgen. Auch sind nicht alle Flüssigprodukte als Vortransporte zugelassen. Im Falle der beiden Schiffe aus Tarragona wurde Phosphorsäure und Methylestersäure als Vortransport angegeben. Die Schiffe aus Tarragona lieferten jeweils 19 Mio m³, das aus Marseille 36 Mio m³ Trinkwasser. Die zwei Schiffe aus der Provence transportieren je- Die Analyse erfolgte nach der so genannten „1 Fuß-Beladung“. Das bedeutet, dass ein Tank bzw. der Vorlagebehälter 1 Fuß hoch beladen wurde und dann die Beprobung erfolgte. Wurde dann eine Überschreitung eines Parameterwertes festgestellt, wurde der Tank wieder entleert und nach der Ursache geforscht. In einem Fall war z.B. die Probenahmeleitung kontaminiert. Jedenfalls ist durch diese Beprobung nach 1 Fuß sichergestellt, dass bei einem Fehl- 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 15 07 s16 uav:Layout 1 14.08.2008 14:18 Seite 16 KRISENMANAGEMENT Strategische Neuorientierung Der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge — eine neue Option im Rahmen des Hochwasserrisikomanagements Von Martin Socher und Harald Geyer, SMUL1 Das Augusthochwasser 2002 — Auslöser einer umfassenden strategischen Neuorientierung Mit dem Hochwasser im August 2002 wurde eine für Sachsen und Deutschland bislang unbekannte Dimension eines Binnenhochwassers erreicht, die national und international im Rahmen der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE) zu einer paradigmatischen Neuorientierung der Hochwasserschutzstrategie führte2. Bemerkenswert war die Abfolge von Sturzfluten im und aus dem Erzgebirge und deren Abfluss in den Mulden, gefolgt von einem massiven Elbehochwasser mit einem stark ausgeprägten Abflussscheitel. Der folgende Lagefilm fasst die Ereignisse kurz zusammen. Auslöser: niederschlagsreiche sogenannte V bWetterlage in der Zeit vom 11. bis 13.08.2002 (durch Kaltlufteinbruch über Westeuropa bildete sich ein Tief über Oberitalien, das sich nordostwärts verlagerte und dabei feuchtwarme Meeresluft mitführte, die an der Kaltluft aufgleitet wurde und zu lang anhaltendem Starkregen führte). Phase 1: Sturzfluten Montag, 12.08.: ununterbrochene starke Regenfälle, im Erzgebirge im Mittel bis zu 200 l/m², in Zinnwald allein am 12. August 406 l/m², im Müglitztal Bruch des Prießnitz-Rückhaltebeckens der Stadt Glashütte; Glashütte, Schlottwitz, Weesenstein von der Außenwelt abgeschnitten, im Tal der Roten Weißeritz Verwüstung von Schmiedeberg, Zerstörung der Straßen und Bahnstrecken und schwere Überschwemmungen durch Wilde und Rote Weißeritz im Bereich Tharandt, Freital und in Dresden. Im Landkreis Sächsische Schweiz auch schwere Zerstörungen in Dohna. Altstadt Pirna überflutet. Im Mitt- 16 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 leren Erzgebirgskreis Zerstörungen durch Pockau und Schweinitz, Olbernhau schwer betroffen. Störungen/Zusammenbruch des Straßen- und Schienenverkehrs, der Telefon- und Stromversorgungsnetze. In allen betroffenen Bereichen Rettungsaktionen und Evakuierungen, teils aus der Luft. Dienstag, 13.08.: anhaltende Regenfälle, Zunahme der Betroffenheit im Mittleren Erzgebirgskreis (Marienberg, Olbernhau, Pockau, Pobershau) und Landkreis Aue-Schwarzenberg, umfangreiche Luftrettungsaktionen (770 Menschen), umfangreiche Evakuierungen in Dresden, Pirna und Freital und zahlreichen Muldestädten, Dresdener Altstadt unter Wasser, Störungen weiterer Versorgungsnetze (Fernwärme, Warmwasser), Schulen geschlossen, Katastrophentourismus behindert Rettung und Hilfe. Schwere Überflutungen und Zerstörungen in Dörfern und Städten entlang der Flöha und Zschopau, der Zwickauer Mulde (Aue, Zwickau, Penig, Colditz), der Freiberger Mulde (Döbeln, Leisnig) und an der Vereinigten Mulde (Grimma, Eilenburg, Bad Düben), so durch ca. 110 Deichbrüche entlang der Mulden. Mittwoch, 14.08.: Ende des Dauerregens, Anstieg des Elbepegels pro Stunde um 4 cm und Überflutungen durch aufsteigendes Grundwasser. Phase 2: Elbehochwasser seit 12.08.2002 extrem angespannte Hochwasserlage in Tschechien im Einzugsgebiet der Elbe insbesondere an der Moldau, 40.000 Einwohner verlassen die Prager Innenstadt, 1 Sächs. Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft 2 Socher, M., Dornack, S., Defèr, E. (2006): Hochwasserschutzkonzepte im Freistaat Sachsen – eine Einführung. In: Hydrologie und Wasserbewirtschaftung 6/2006, S. 303-308 07 s16 uav:Layout 1 14.08.2008 14:18 Seite 17 Donnerstag, 15.08.: Bad Schandau, Königstein, Rathen, Wehlen und Pirna vom Elbehochwasser betroffen, mittags Rekordpegel von 1845 (8,77 m) in Dresden überschritten und weiter steigender Elbpegel, umfassende Gefahrenabwehrmaßnahmen (Objektschutzmaßnahmen, Beräumungen, Sicherungen, Evakuierungen). bei der unmittelbaren Schadensbeseitigung zu einer enormen Beanspruchung der Bevölkerung, der Einsatzkräfte und der Katastrophenschutzstäbe. Insgesamt waren 21 Todesopfer in Sachsen zu verzeichnen sowie umfassende Schäden an privaten und öffentlichen Vermögenswerten. Schäden: • 25.000 beschädigte Häuser (davon 400 TotalSiedlung/ Ackerland Grünland Wald gesamt in % der verluste) Verkehr Landesfläche • 12.000 unmittelbar 7.562 20.511 6.259 3.274 37.606 2,04 betroffene UnternehTab. 1: Ausdehnung des Hochwassers August 2002 im Freistaat Sachsen. men • 740 km zerstörte oder schwer beschädigte Straßen Freitag, 16.08.: In Dresden Bruch des Dammes an der • 20 % zerstörtes/beschädigtes Schienennetz Kaditzer Flutrinne, Überflutung Einkaufszentrum Elbepark und Kläranlage Dresden-Kaditz, stark ein- • 466 zerstörte oder beschädigte Brücken geschränkte Strom- und Wasserversorgung in Dres- • 280 beschädigte soziale Einrichtungen den, provisorisches Krankenhaus im Flughafen, in • 11 % der Schulen und 233 Sportvereine geschädigt Pirna Zeltstadt der Bundeswehr für 1500 Men• 10 % aller Krankenhäuser evakuiert schen, immer noch in 11 Landkreisen Katastrophen- • Massive Schäden an Kultureinrichtungen, Kulturstätten, Baudenkmälern alarm (in 6 Landkreisen aufgehoben). Samstag, 17.08.: absoluter Höchststand der Elbe in Eingesetzte Helfer: Dresden bei 9,45 m, Trinkwasserversorgung flächendeckende gesichertt. Verschärfung der Lage in •40.000 Feuerwehrleute den Landkreisen Riesa-Großenhain und TorgauOschatz, in Torgau Sicherung des Flachglaswerkes •25.000 BW-Soldaten u. a. durch massiven Einsatz der BundesInformationsgewinnung Räumlicher Umgriff Nutzung wehr. Wasserwehr/Deichläufer konkrete örtliche Gefahrenabwehr Sonntag, 18.08.: weitere Gefahrensituation Deichbrüche entlang Luftgestützte Aufklärung regionale strategische Lage/Planung/ der Elbe, dadurch weiGefahrensituation Gefahrenabwehr tere Evakuierungen elbabwärts, EntspanSatelliten nationale (inter)nationale Gefahrensituation Lage/Planung nung der Lage in Dresden. Tab. 2: Differenzierte Aufklärung zur Lagebeschaffung und Einsatzplanung. Betroffene Nutzungsarten Hochwasserfolgen — Opfer, Schäden, Einsatzzahlen 16 Kreise und 4 kreisfreie Städte waren in Sachsen unmittelbar von der Flut betroffen. Bemerkenswert ist die Betroffenheit der verschiedenen Räume, die in Tab. 1 dargestellt ist. Der große Anteil besiedelter und infrastrukturell genutzter Flächen führte sowohl während des Katastropheneinsatzes als auch •11.000 THW-Helfer •über 10.000 Angehörige anderer Hilfsorganisationen •ungezählte freiwillige Helfer aus der Bevölkerung Während der Katastrophensituation kam eine Vielzahl von Luftfahrzeugen zum Einsatz, u. a.: • Hubschrauber der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes und der sächsischen Polizei zur Lageaufklärung sowie zur Rettung und Evakuierung, 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 17 07 s16 uav:Layout 1 14.08.2008 14:18 Seite 18 KRISENMANAGEMENT • Flugzeuge der Luftwaffe zum Transport von evakuierten Patienten, • Aufklärungsflugzeuge der Luftwaffe zur Lageermittlung, besonders entlang der Elbe, • Hubschrauber und Kleinflugzeuge zur Berichterstattung für die Medien. GG und der Grundsätze der zivil-militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) auch zukünftig den Bundesländern im Rahmen der Katastrophenabwehr mit ihren Fähigkeiten und Kräften zur Verfügung stehen. Für die vorausschauende Planung eventueller Einsätze sind zwei Faktoren besonders bedeutsam: •der demnächst abgeschlossene inhaltliche und räumliche Umstrukturierungsprozess der Bundeswehr, •Innovationen in der luftgestützten Lageaufklärung und Überwachung. LUNA X 2000. (Foto: EMT Penzberg) Aus dem oben geschilderten Ablauf der Ereignisse und den aufgeführten Schäden wird deutlich, dass der Freistaat Sachsen flächenhaft betroffen war und ein großer Teil der zivilen Infrastruktur zerstört oder nicht nutzbar war. Ohne die luftgestützten Aufklärungsmittel der Bundeswehr wären sowohl die strategische Lageeinschätzung als auch die konkrete Durchführung von Rettungs- und Evakuierungsmaßnahmen nur eingeschränkt möglich gewesen. Neue Ansätze zur luftgestützten Lageermittlung im Hochwasserkatastrophenfall Im Hochwasserfall — mit der Möglichkeit der Eskalation vom Hochwasser zur Katastrophe — stehen den Behörden und Einsatzkräften vielfältige Informationen zur Verfügung. Auf dem Gebiet der luftgestützten Aufklärung sind die Kapazitäten der Länder — d. h. der für den Katastrophenschutz zuständigen Gebietskörperschaften — begrenzt. Die Bundeswehr wird jedoch im Rahmen ihres Verfassungsauftrags nach Art. 35 Abs. 2 18 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Zur luftgestützten Aufklärung im Katastrophenfall für Zwecke der Einsatzplanung und ggf. der unmittelbaren Gefahrenabwehr durch die Bundeswehr haben sich die Mehrzweckkampfflugzeuge „Tornado“ bewährt. Die Jagdbombergeschwader in Nörvenich, Büchel, Lechfeld und Jagel sind die Träger dieser Fähigkeit, darin eingeschlossen sind auch die 34 Tornado ECR (Electronic-Combat-Reconnaissance) mit spezieller Antiradarausrüstung. Mit einem speziellen Rüstsatz kann der Tornado als reines Aufklärungsflugzeug eingesetzt werden; derart ausgerüstete Maschinen sind zur Aufklärung während des August-Hochwassers 2002 eingesetzt worden. Die Neustrukturierung der Bundeswehr in räumlicher, organisatorischer und personeller Hinsicht sowie bezüglich ihrer Einsatzzwecke hat zur Folge, dass Katastrophenschutzeinsätze im Inland auch unter Berücksichtigung innovativer Fähigkeiten zur luftgestützten Lageaufklärung geplant und vorbereitet werden sollten. Für den Einsatz speziell bei Hochwasserkatastrophen sind folgende Kriterien bedeutsam: • Verfügbar- und Aktivierbarkeit in für Hochwasserkatastrophen relevanten Zeiträumen (max. ein Tag), • Einsatz bei Tag und Nacht, d. h. auch mit Wärmebildkameras, • geringe Schallemissionen zur Vermeidung von Erschütterungen beim Überfliegen von Deichanlagen, • Datengewinnung und Übermittlung in Echtzeit, • Auslesbarkeit der Daten, Übertragbar- und Transferierbarkeit an Lagestäbe, • Kosten- und Materialeffizienz. In Frage kommt angesichts dieser Anforderungen der Einsatz unbemannter Aufklärungsflugzeuge (UAV=Unmanned Aereal Vehicles) anstelle von Hub- 07 s16 uav:Layout 1 14.08.2008 14:18 Seite 19 schraubern und strahlgetriebenen Flugzeugen. Solche UAV stehen seit einiger Zeit in der neu geschaffenen Truppengattung der Heeresaufklärer in mehreren Typen im Einsatz; neben „CL 289“, „KZO“ und „Aladin“ auch die „Luftgestützte unbemannte Nahaufklärungs-Ausstattung LUNA“. Von den genannten entspricht LUNA, die von der Bundeswehr in Afghanistan erfolgreich eingesetzt wird, den Anforderungen der Aufklärung bei Katastrophenschutzeinsätzen hinsichtlich Geschwindigkeit, Eindringtiefe, Flugzeit und -höhe am besten und zeichnet sich durch einen kostengünstigen Betrieb und geringe Anforderungen an die Ausstattung von Start- und Landeplätzen aus. Folgende Spezifikationen der LUNA sind für den Einsatz im Rahmen von Hochwasserkatastrophen bedeutsam: • Start von einem Katapult, Landung per Fallschirm • Fläche für Start ca. 150 x 400 m, Landefläche 400 x 400 m • Startgewicht: 35 kg • Antrieb durch geräusch- und vibrationsarmen Zweitaktmotor • Flugzeit bis zu 3 Stunden, mit Infrarotkamera bis zu 2 Stunden • Eindringtiefe bis zu 40 km • Aufklärungsgeschwindigkeit: ca. 70 km/h •Aufklärungshöhe: 150 bis 500 m über Grund • Temperaturbereich: -20 bis 50°C • Wind bei Start und Landung bis 10 m/s stetig, in Böen bis 15 m/s, im Flug in Böen bis 20 m/s • Bodenkontrollstation, Führungsfahrzeug, Antenne Die fachliche Bewertung der Fähigkeiten der Drohne LUNA ergibt, dass sie bereits jetzt und mit der vorhandenen Ausrüstung geeignet ist, die für die Katastrophenbekämpfung zuständigen Behörden in Echtzeit bei der Lageermittlung zu unterstützen. Die fachliche Eignung muss nunmehr durch die luftfahrtrechtliche Eignung ergänzt werden, um sicherstellen zu können, dass in einem konkreten Einsatzfall die für die Einsätze notwendigen „Restricted Operation Zones (ROZ)“ eingerichtet und LUNA mit den geringst möglichen Einschränkungen für die zivile Luftfahrt darin betrieben werden können. Dazu werden gegenwärtig entsprechende Abstimmungen der Beteiligten mit den zuständigen Luftverkehrsbehörden geführt; ein Konzept zur Einbindung des LUNA-Einsatzes in die Strukturen und Verfahren der zivilen Flugverkehrskontrolle befindet sich in Erarbeitung. Ziel ist ein unverzüglicher LUNA-Einsatz nach Anforderung durch die zuständige Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde über das Landeskommando der Bundeswehr in vordefinierten ROZ nach festgelegten Routinen. Zusammenfassung und Ausblick Bei katastrophalen Hochwasserereignissen sind Luftfahrzeuge unverzichtbar für die Katastrophenbekämpfung. Dabei stellt der Einsatz moderner luftgestützter Aufklärungsmittel zur Lageermittlung ein innovatives Element des Hochwasserrisikomanagements dar. Insbesondere die Fähigkeiten der Drohne LUNA zur Ermittlung und Übertragung von Bildern in hoher Auflösung bei Tag und Nacht in Echtzeit kann die Lageermittlung für die zuständigen Behörden verbessern und beschleunigen. Die Bundeswehr verfügt über die Fähigkeiten zum Einsatz von Drohnen und kommuniziert diese mit den zuständigen sächsischen Landesbehörden. Die grundsätzliche Einsetzbarkeit und die Einbindung in die Organisation des Katastrophenschutzes werden nunmehr durch die Festlegung der luftfahrtrechtlichen Randbedingungen ergänzt. Darauf aufbauend könnte mittelfristig im Katastrophenfall durch die zuständigen Länderbehörden die Fähigkeit der Bundeswehr zur luftgestützten Raumbeobachtung in Echtzeit angefordert werden. Die aktuellen Aktivitäten des Freistaates Sachsen haben dabei modellhaften Charakter. Die gleichzeitige technische Weiterentwicklung der Drohnen, etwa verbesserte Sensorik, Erhöhung der Eindringtiefe oder ihre Ertüchtigung für den Einsatz im kontrollierten Luftraum, wird ihre Einsatzmöglichkeiten noch erweitern und auch den Einsatz im Rahmen der ZMZ erleichtern. Die Autoren sind Mitarbeiter des Referates „Oberflächengewässer, Hochwasserschutz“ im Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Sie danken Herrn Oberstleutnant Hähnlein und Herrn Oberstleutnant Wilkens vom Ausbildungszentrum der Heeresaufklärungstruppe Munster für ihre Unterstützung. 3 2007 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 19 08 s20 disma:Layout 1 14.08.2008 14:22 Seite 20 KRISENMANAGEMENT DISMA 4.0 Die Weiterentwicklung eines bewährten Systems Von Torsten Jobst, Dr. Wolfgang Kaiser, Gerd Munschke, TÜV Rheinland, Berlin Das Programmsystem DISMA (DISASTER MANAGEMENT) ist seit vielen Jahren bei Katastrophenund Immissionsschutzbehörden im Einsatz. Im Rahmen des Forschungsvorhabens des BBK „Weiterentwicklung des Programmsystems DISMA als Entscheidungshilfe- und Planungssystem bei Industrieunfällen, Hochwasserlagen und Waldbränden“ wurde 2004 bis 2007 die Version DISMA 4.0 durch TÜV Rheinland entwickelt. Die neue Version wird gegenwärtig schrittweise bei den Lizenznehmern installiert. DISMA 4.0 bietet zahlreiche neue und weiterentwickelte Funktionalitäten, mit denen die Arbeit der Katastrophenschutzbehörden speziell auf der kommunalen Ebene wirkungsvoll unterstützt werden kann. Das betrifft insbesondere • die Lageführung des operativen Einsatzgeschehens auf der Bildschirmkarte mit der Darstellung von Einsatzabschnitten und Schadenskonten, • die rechnerunterstützte Erstellung von Katastrophenschutzplänen (praktisch bewährt hat sich das Planungsmodul bei der Erstellung von ca. 70 externen Notfallplänen zur Umsetzung der SEVESO II-Richtlinie), • eine leicht handhabbare Stammdatenverwaltung, in der alle für den Katastrophenschutz benötigten Daten erfasst und gepflegt werden können (die Ausgabe der Daten nach Excel ist aus nahezu allen Menüpunkten möglich), • die Erstellung von Schadensprognosen auf der Grundlage von Modellen für Stofffreisetzungen, Brände und Explosionen (dazu wurde ein neues Konzept für die Beurteilung humantoxischer Wirkungen erarbeitet, die physikalisch-chemische Werte für Kampfstoffe zusammengestellt und die Berechnung exzeptioneller Störfälle ermöglicht) und • das webbasierte Modul „Stabsarbeit-Kommunikation“, mit welchem eine dislozierte Arbeit der 20 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Stabsmitglieder über das Intranet oder Internet möglich ist und der traditionelle Vierfachvordruck abgelöst werden kann. Mit DISMA können • die umfangreichen Aufgaben zur Notfallplanung wirkungsvoll unterstützt werden, • außergewöhnliche Ereignisse simuliert und auf dieser Grundlage Übungen vorbereitet und begleitet werden und • kann im Ereignisfall mit den in der Planungs- und Übungsphase erprobten Werkzeugen flexibel zur Entscheidungsvorbereitung für das Notfallmanagement übergegangen werden. DISMA ist ein Entscheidungshilfe-System. Es soll und kann den Sachverstand eines Notfallmanagers nicht ersetzen, aber es bietet eine wirkungsvolle Unterstützung. Die konsequente rechentechnische Umsetzung algorithmierbarer Prozesse in der Notfallplanung und im Notfallmanagement macht DISMA zu einem effektiven vielfältig einsetzbaren System. Übersicht zu den Modulen von DISMA 4 Beim Start von DISMA 4 erscheint das Hauptmenü mit den Modulen (Abb. 1): • Stammdaten, • Recherche, • Ausgaben und Pläne, • Karte, • Helferverwaltung, • Gefahrenprognose, • Stabsarbeit, • Nutzer / Administration und • Kataloge. 08 s20 disma:Layout 1 14.08.2008 14:22 Seite 21 In verschiedenen Kombinationen sind die Module auch als selbständige Programme lauffähig. Die Stammdatenverwaltung wurde völlig neu gestaltet. Erfasst werden können die für die Erledigung der Aufgaben des Katastrophenschutzes benötigten Angaben zu: • Personen, • Anschriften, • Objekten und • Einsatzkräften. Der Anwender kann zwischen verschiedenen Erfassungsmasken (z. B. für Betriebe, Einheiten oder Krankenhäuser) wählen, die entsprechenden Bezeichnungen frei konfigurieren und entscheiden, welche weiteren Tabellen (z. B. Anschriften, Personen, Fahrzeuge, Geräte/Material, Stichworte) für ein Objekt verwendet werden sollen. In Abb. 1 werden beispielhaft Angaben zu Freiwilligen Feuerwehren angezeigt. Durch den konsequenten Rückgriff auf Kataloge bei der Eingabe wird eine durchgehend einheitliche Schreibweise im System erreicht. Damit ist eine erfolgreiche Recherche gewährleistet. Das Anwenden von Filtern ermöglicht, gewünschte Informationen schnell zu selektieren und anzuzeigen. Bei der Eingabe kann die Autovervollständigung genutzt werden. Neu ist die Möglichkeit der Verwaltung von Einsatzkräften, die in der Stabsarbeit eingesetzt werden können. Mit den Recherchemöglichkeiten kann variabel auf die Stammdaten zurückgegriffen werden. Für Spalten mit numerischen Feldern stehen mathematische Operationen, wie Summenbildung, Anzahl, Maximum, Minimum zur Verfügung. Damit kann z. B. sofort die Anzahl der Evakuierungsplätze oder der Fahrzeuge angegeben werden. Über das Menü Ausgaben und Pläne lassen sich die Stammdaten nutzerdefiniert in sehr variabler Form im MS-Word-Format ausgegeben. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden beispielhafte Strukturen für allgemeine Katastrophenschutzpläne, externe Notfallpläne, Hochwasserabwehrpläne und Waldbrandbekämpfungspläne entwickelt. Vielfach bewährt hat sich bereits die Erstellung von externen Notfallplänen zur Umsetzung der SEVESO II-Richtlinie für Betriebsbereiche mit hohem chemischen Gefahrenpotential (Abb. 2). Die DISMA-Karte wurde auf der Grundlage von MapObjects speziell für die Aufgaben im Katastrophenschutz entwickelt und bietet neben der Anzeige von Raster- und Vektorgeodaten auch Werkzeuge zum Erfassen eigener Geometrien (als Shapefiles oder als sog. Zeichnungen). Die Darstellung zahlreicher Rasterformate, (z. B. JPEG, GIF, TIFF 6, SID, ECW) wird unterstützt. Die DISMA-Karte bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Ansichten nutzerbezogen zu verwalten. Das maßstabsabhängige Einblenden von Karten ist ebenso möglich wie das Einfärben von Vektordaten in Abhängigkeit von Feldwerten und die transparente Darstellung von Rasterdaten. Geodaten können mit den Stammdaten verknüpft werden. Abb. 1. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde das Modul Karte um wesentliche Funktionalitäten erweitert: • Lagekartenführung (Einsatzabschnitte, Bereitstellungsräume, Schadenskonten) unter Einbeziehung von Einsätzen und Übungen, die unter dem Menü Stabsarbeit geführt werden. • Anzeigen von mehreren Szenarien (z. B. Ausbreitungsrechnungen) gleichzeitig. • Mehrere Karten können parallel gehalten werden. • Das Anlegen und Verwalten von Zeichnungen wird erleichtert. 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 21 08 s20 disma:Layout 1 14.08.2008 14:22 Seite 22 KRISENMANAGEMENT Das Modul Helferverwaltung ist ein integraler Bestandteil von DISMA 4. Dadurch wird gewährleistet, dass bereits erfasste Personen, Einheiten und Anschriften aus den Stammdaten zugewiesen werden können. In der Helferverwaltung stehen die Menüpunkte Helfer, Teilnahme an Lehrgängen, Lehrgangskatalog und Helferstatistik zur Verfügung. Mit dem Modul Gefahrenprognose können die Gefahrenfelder bei Stofffreisetzungen, Explosionen und Bränden berechnet werden. Bei der Stofffreisetzung wird zunächst der Quellterm ermittelt. Eine Freisetzung als Schwergas mit anschließender dichteneutraler Ausbreitung Abb. 2. kann berücksichtigt werden. Die Berechnungen lehnen sich an die VDI 3783 Blatt 1 und 2 an. Für die Beurteilung möglicher humantoxischer Wirkungen wurde ein spezielles toxikologisches Modell entwickelt. Belastungskurven und Linien gleicher Konzentration (Isoplethen) werden für die Festlegung der Gefährdungsbereiche herangezogen und grafisch angezeigt (insbesondere auch in der DISMA-Karte, vgl. Abb. 2). Nützliche Informationen liefern der Konzentrationsverlauf in einem bestimmten Aufpunkt und die Schutzwirkung von Räumen. Bei Explosionen werden Schadensradien infolge der Druckwelle, des Feuerballradius sowie der Wärmestrahlung ermittelt. 22 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Die Wirkung von Bränden wird entsprechend der Wärmestrahlung und der humantoxischen Wirkungen angegeben. Theoretische Grundlage für die Modellrechnungen ist der UBA F+E-Bericht „Ermittlung und Berechnung von Störfallablaufszenarien“ (UBATexte 15/2000). Die Gefahrenprognose wurde um wesentliche Modellrechnungen erweitert, darunter Lachenbrand mit der Angabe der flächenspezifischen Strahlungsleistung in der horizontalen und vertikalen Ebene (desgleichen brennender Freistrahl bei großen Drücken, z. B. Erdgasfernleitungen). Im Hinblick auf terroristische Anschläge können jetzt auch exzeptionelle Störfälle (Störfälle mit weitreichenden Auswirkungen) berechnet werden. Ein neues Konzept für die Beurteilung humantoxischer Wirkungen auf der Grundlage der AEGL-Werte wurde erarbeitet und umgesetzt. Weiterhin wurden die physikalisch/chemischen Angaben zu chemischen Kampfstoffen neu gefasst. Mit DISMA 4.0 werden Vorlageprognosen (z. B. für EKW/TKW Unfälle mit chemischen Stoffen, Sprengstoffexplosionen, Gefahrenradien für Geflügelpest, Maul- und Klauenseuche) bereitgestellt. Vorlageprognosen können wie eine Vorlage in Word oder Excel aufgerufen und an eine akute Situation (Ausbreitungsbedingungen, Windstärke und –richtung) angepasst werden. Das Modul Stabsarbeit wurde neu entwickelt. Mit diesem Modul können erstellte Lagen automatisch in die Lagekarte übernommen und dort eingezeichnet werden. Die administrativen Aufgaben können in DISMA 4.0 über das Hauptmenü und Nutzer/Administration erledigt werden. Dieses Menü steht nur für Nutzer zur Verfügung, die über die entsprechende Berechtigung verfügen. Die Kataloge stehen nahezu in gewohnter Weise zur Verfügung (Geräte und Material wurden zusammengefasst, Qualifikationen für Personen ergänzt). Auch dieses Menü steht nur für Nutzer zur Verfügung, die über die entsprechende Berechtigung verfügen. Passfähig zu DISMA 4.0 wurde das webbasierte Stabsmodul Kommunikation entwickelt und erprobt. Dieses Modul ersetzt den Vierfachvordruck und kann auch autonom eingesetzt werden. Passfähig zu DISMA 4.0 heißt, dass Daten aus den Stamm- 08 s20 disma:Layout 1 14.08.2008 14:22 Seite 23 daten übernommen (z. B. Personen als Stabsmitglieder), Meldungen im Modul Stabsarbeit aufgerufen und die Nutzer in der Nutzerverwaltung angezeigt werden können. Einsatzbeispiele von DISMA 4 Schwerpunkte des Forschungsvorhabens waren die Erstellung von Katastrophenschutzplänen und die Unterstützung der Lageführung. Die diesbezüglichen Möglichkeiten in DISMA 4 werden an Beispielen dargelegt. Für die Erstellung eines externen Notfallplanes nach der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen vom 9. Dezember 1996 (SEVESO – RL) können die Module Gefahrenprognose, Karte und Ausgaben und Pläne genutzt werden. Bisher wurden mit DISMA bundesweit im Behördenauftrag über 70 externe Notfallpläne erstellt und öffentlich ausgelegt. Sie können bei einem Störfall und für die Vorbereitung und Durchführung von Übungen mit den aus der DISMA–Stammdatenbank zugewiesenen Daten genutzt werden. Grundlage für die externen Notfallpläne sind Störfallablaufszenarien. Dabei handelt es sich Störfälle, die vernünftigerweise ausgeschlossen werden können; also um Szenarien mit sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeiten. Die Ermittlung und Berechnung solcher Störfallablaufszenarien erwies sich als das Kernstück der externen Notfallplanung. Dabei war eine enge Zusammenarbeit zwischen Betreiber, Immissionsschutz- und Katastrophenschutzbehörde sowie den Sachverständigen der TÜV Industrie Service GmbH erforderlich. Mit dem Modul Gefahrenabschätzung und der integrierten Stoffdatenbank stehen umfangreiche Werkzeuge zur Berechnung von Szenarien zur Verfügung. Voraussetzung sind aber immer detaillierte Kenntnisse der Anlage. Zur Umsetzung der Vorgaben der EU wurde eine Planstruktur entwickelt und in DISMA abgebildet. Nach dieser Struktur gliedern sich die externen Notfallpläne in drei Hauptabschnitte: • Charakterisierung des Planungsbereiches • Plan der Handlungen und • Auskunftsdokumente. Die Lageführung wird durch die Module Stabsarbeit einschließlich des Moduls Kommunikation und Karte unterstützt. Bei Stofffreisetzungen, Bränden und Explosionen kann weiterhin das Modul Gefahrenprognose genutzt werden. Übungen bzw. Einsätze können von berechtigten Mitgliedern einer Stabsgruppe angelegt, beendet und gelöscht werden. Ist eine Übung beendet, können keine Änderungen an den Daten der Übung mehr durchgeführt werden. Eine Übung hat einen Namen. Dieser muss vom Anwender beim Anlegen angegeben werden. Alle weiteren Angaben sind optional. Wird keine Uhrzeit für den Beginn der Übung angegeben wird die aktuelle Systemzeit des Rechners verwendet, auf dem die Übung angelegt wurde. Abb. 3. Nach dem Anlegen der Übung stehen Funktionen zur Verfügung die das Erfassen bzw. Verwalten von Einsatzabschnitten, Bereitstellungsräumen, Meldungen, Schadenskonten und eingesetzten Kräften unterstützen (vgl. Abb. 3). In einem vom Anwender konfigurierbaren Intervall liest das System die jeweils aktuellen Daten aus der Datenbank und präsentiert diese in verschiedenen Registerseiten des Übungsfensters. Weiterhin können Angaben mit Raumbezug der Übung durch den Lagekartenführer in die Karte eingetragen wer- 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 23 08 s20 disma:Layout 1 14.08.2008 14:22 Seite 24 KRISENMANAGEMENT den. Auch hier aktualisiert das System die Daten in bestimmten Intervallen. Um die raumbezogenen Angaben zur Übung anzuzeigen, wird in der Karte über den Menüpunkt „Einsatz/Übung“ die betreffende Übung ausgewählt. Anschließend werden alle bereits erfassten Geometrien zu dieser Übung angezeigt. Die Anzeige aktualisiert sich in einem vom Anwender konfigurierbaren Intervall automatisch. Dem Lagekartenführer stehen in DISMA neben den allgemeinen Funktionen zum Erfassen von Dazu haben die PRO DV Software AG und die TÜV Rheinland Industrie Service GmbH die Kooperation für eine technische und vertriebliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Vermarktung von IT-Gesamtlösungen für den Bevölkerungsund Katastrophenschutz vereinbart. Hard- und Softwarevoraussetzung für die Installation von DISMA 4 DISMA 4.0 weist eine Dreischichten-Architektur auf: • Datenschicht: MSSQLServer2000 oder höher. Wenn ein MSSQLServer2000 vorhanden ist, dann ist ein Windows-Server-Betriebssystem erforderlich • Anwendungsschicht: .NET Framework Version 1.1 muss installiert sein, Zugriff auf den Datenbankserver muss möglich sein, mindestens 1 GB Hauptspeicher, keine sonstigen speziellen Anforderungen. • Präsentationsschicht • .NET Framework Version 1.1 muss installiert sein. Zugriff auf die Anwendungsschicht muss möglich sein. 19“ Monitor, Bildschirmauflösung mindestens 1024x786 besser 1280x1024, 1 GB Hauptspeicher, MS Word, -Excel, -PowerPoint Schlussbemerkungen Abb. 4. Geometrien (Zeichnungen) spezielle Funktionen zum Einzeichnen von Einsatzabschnitten, Bereitstellungsräumen, eingesetzten Kräften und Schadenskonten zur Verfügung. In speziellen Fenstern können diese Angaben verwaltet (Erfassen, Ein-/Ausblenden, Positionieren) werden (vgl. Abb.4). Kompatibilität zwischen DISMA 4.0 und deNIS IIplus DISMA 4.0 gewährleistet die Kompatibilität zum Deutschen Notfallvorsorge-Iinformationssystem deNIS IIplus hinsichtlich der Übergabe von Gefahrenprognosen, Meldungen zur Lage und von Notfallressourcen. 24 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Für die Karten in diesem Beitrag wurden topographische Daten des Landesvermessungsamtes und des Landesamtes für zentrale Aufgaben und Technik der Polizei, Brand- und Katastrophenschutz Mecklenburg-Vorpommern verwendet. TÜV Rheinland dankt den genannten Ämtern für die freundliche Genehmigung. Die Stammdaten, Schadenslagen und Szenarien in den Bildern sind erfunden und haben keinerlei Bezug zu vorhandenen Anlagen. Das DISMA-Entwicklungsteam von TÜV Rheinland dankt den Mitgliedern der projektbegleitenden Arbeitsgruppe sehr herzlich für die aktive Mitwirkung bei der Realisierung des Forschungsvorhabens. 09 s25 burnout:Layout 1 14.08.2008 14:24 Seite 25 Wo brennt es in der Feuerwehr? Psychische Belastungen und ihre gesundheitlichen Folgen Von Thomas Hering, Dörthe Schulze, Dana Sonnenberg & Irmtraud Beerlage, Hochschule Magdeburg-Stendal In den letzten 10-15 Jahren, insbesondere nach dem ICE-Unglück in Eschede 1998, stieg in der Bundesrepublik Deutschland das wissenschaftliche Interesse an psychischen Belastungen und Belastungsfolgen im Einsatzwesen (Schallhorn, 1988, Müller, 1991, Reuß, 1992, Waterstraat, 1993, Hagebölling, 1997, Wagner, 1997, Gorißen, 2003, Beerlage, Hering, Springer, Arndt & Nörenberg, 2006). In Deutschland und international wurde die Forschung von zwei Themen dominiert: • Auswirkungen körperlicher Belastungen: Hitzebelastung, Einwirkung physikalischer und chemischer Faktoren (z. B. toxische Gase), körperliche Anstrengungen, • Auswirkungen extrem belastender Einsätze auf die psychische Gesundheit von Einsatzkräften der Feuerwehr (hauptsächlich Posttraumatische Belastungsstörung, PTBS). An der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) wurde im Rahmen des Forschungsprojektes „Netzwerk Psychosoziale Notfallversorgung“1 in den Jahren 2004/2005 eine erste Untersuchung bei freiwilligen und Berufsfeuerwehren der Länder Sachsen-Anhalt und Berlin durchgeführt2. Diese Untersuchung richtete ihren Fokus auf extreme und alltägliche Belastungen der Arbeit in der Feuerwehr sowie ihren Einfluss auf subjektive Merkmale der Gesundheit (Burnout, körperliches Wohlbefinden). In diesem Beitrag werden Ergebnisse zu arbeits- und organisationsbezogenen und tätigkeitsspezifischen Anforderungen/Belastungen der Feuerwehrtätigkeit und ihren gesundheitlichen Folgen berichtet. Die Magdeburger Untersuchung verfolgt die Beantwortung von drei Kernfragestellungen: • Wie häufig erleben Einsatzkräfte bestimmte Anforderungen und Belastungen während der Arbeit? • In welchem Ausmaß sind gesundheitliche Beeinträchtigungen in der Feuerwehr zu beobachten? Dabei interessieren insbesondere Burnout sowie Beeinträchtigungen des überdauernden Wohlbefindens. • Welche Merkmale der Arbeit erhöhen das Burnoutrisiko bzw. beeinträchtigen das Wohlbefinden? Was belastet in der Feuerwehr? Einsatzkräfte der freiwilligen und Berufsfeuerwehr sind in ihrer täglichen Arbeit mit einem bestimmten Anforderungs- und Belastungsspektrum konfrontiert. Es resultiert aus Aufgaben, die sich während der Arbeit ergeben, sowie aus Bedingungen, unter denen Arbeitsaufgaben erfüllt werden (z. B. Arbeitsorganisation, Arbeitsplatz- und Dienstplangestaltung). Zu Anforderungen in der alltäglichen Arbeit im Feuerwehrdienst gehören u. a. tätigkeitsspezifische 1 Im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für Zivilschutz, (Projektnummer B1.11 1011/02/BVA), Leitung: Prof. Dr. Irmtraud Beerlage Die hier dargestellten Ergebnisse wurden im Rahmen der Diplomarbeiten von Schulze (2004) und Sonnenberg (2005) erhoben. 2 Gegenwärtig werden im Auftrag des Bundesministeriums des Innern weiterführende Untersuchungen im Rahmen des Forschungsprojektes „Organisationsprofile, Gesundheit und Engagement im Einsatzwesen“ (Projektnummer BBK F.2-440-00-279) durchgeführt. Leitung: Prof. Dr. Irmtraud Beerlage. 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 25 09 s25 burnout:Layout 1 14.08.2008 14:24 Seite 26 KRISENMANAGEMENT Anforderungen am Einsatzort (z. B. Umgebungseinflüsse, Behinderungen im Straßenverkehr, Tragen von Schutzausrüstung), Verantwortungs- und Entscheidungsdruck (hohe Verantwortung für das Leben anderer), Rollenkonflikte am Arbeitsplatz sowie ungünstige Rahmenbedingungen der Arbeit (z. B. Nachtund Schichtdienst, Zeitdruck etc.) (Hagebölling, 1997, Waterstraat, 2003). Als besonders belastend und damit als nicht alltägliche Einsatzsituationen scheinen Einsatzkräfte in der freiwilligen und Berufsfeuerwehr Einsätze unter eigener Lebensgefahr, mit Verletzung und/oder Tod eines Kollegen bzw. von Kindern, erfolglose Rettungseinsätze, aber auch „extreme“, langandauernde oder komplexe Einsatzsituationen wie Großschadensereignisse oder Katastrophenlagen zu bewerten (Teegen, 1999, Bengel & Heinrichs, 2004). Ob Anforderungen tatsächlich als Belastung wahrgenommen werden, hängt maßgeblich von der Bewertung und Verfügbarkeit von Ressourcen3 ab. Übersteigen Anforderungen die subjektiven Bewältigungsfähigkeiten oder werden Bedingungen wirksam, die eine den (beruflichen) Standards entsprechende Aufgabenerfüllung behindern (wie z. B. unangemessene Arbeitsplatzgestaltung, ungünstige Arbeitsorganisation), können sie als „belastend“ erlebt werden. Belastungen können eine mögliche Ursache von mittel- und langfristigen Beeinträchtigungen wie z. B. Erschöpfung, Müdigkeit, Gleichgültigkeit oder Burnout sein. Gesundheitliche Folgen von Anforderungen und Belastungen in der Feuerwehr Neben der häufig auf extreme Einsatzsituationen fokussierten und eher krankheitsorientierten 3 Als Ressourcen werden Merkmale der Person oder der Umwelt bezeichnet, die zu einer Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber schädlichen Einflüssen oder sogar zum inneren Wachstum beitragen. 4 DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders): Klassifikationssystem für psychische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten. 5 ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems): Klassifikationssystem für Krankheiten, äußere Ursachen von Krankheiten und Todesfällen sowie Umstände, die den Gesundheitszustand beeinflussen oder zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen. 26 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Sicht auf (Folgen von) Belastungen in der Feuerwehr, kann auch angenommen werden, dass einsatz- und organisationsbezogene Belastungen der täglichen Arbeit gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben, die keine Krankheiten im Sinne der ICD 104 (oder des DSM IV)5 sind, sondern unterhalb der Schwelle einer Diagnose das Wohlbefinden beeinträchtigen (z. B. Burnout oder eingeschränktes Wohlbefinden). Wohlbefinden als positive Folge der Arbeit in der Feuerwehr Mit Wohlbefinden wird ein kurz- oder langfristig positiver persönlicher Zustand beschreiben. Wissenschaftliche Systematisierungen unterscheiden: • aktuelles (kurzfristiges) und habituelles (überdauerndes) Wohlbefinden und •körperliches und psychisches Wohlbefinden. In dieser Untersuchung wird das überdauernde subjektive körperliche Wohlbefinden untersucht (Vitalität, Belastbarkeit, Innere Ruhe) (Becker, 1994, Kolip & Schmidt, 1999). Burnout als negative Folge der Arbeit in der Feuerwehr Andauernde Arbeitsbelastungen können je nach Konstitution zu Beeinträchtigungen der psychischen und/oder körperlichen Gesundheit führen. Burnout ist dabei eine (negative) Folge der Arbeit. Typische Burnout-Merkmale sind Müdigkeit, körperliche und psychische Erschöpfung, vermindertes Arbeitsengagement, im Extremfall ein völliger Rückzug aus der Arbeit bzw. vom ehrenamtlichen Engagement. In dem am meisten zitierten und untersuchten Burnout-Modell von Maslach und Jackson (1984, s. auch Maslach, 2000) wird Burnout mit Emotionaler Erschöpfung (Resignation, Hilflosigkeit, Müdigkeit), Depersonalisierung (distanzierter, zynischer Umgang des „Helfers“ mit dem Patienten oder seinen Aufgaben) und reduziertem Wirksamkeitserleben (Bewertung des „Helfers“, zentralen beruflichen Standards nicht mehr zu genügen) beschrieben (Maslach & Jackson, 1984). Alle Dimensionen können gleichzeitig auftreten. Häufig wurden bestimmte Reihenfol- 09 s25 burnout:Layout 1 14.08.2008 14:24 Seite 27 gen des zeitlichen Auftretens dieser Dimensionen als reiche personale und soziale Ressourcen, ist ferner „Entwicklung von Burnout“ diskutiert. Am ehesten anzunehmen, dass der Einfluss ungünstiger Arbeitsbescheint Burnout mit emotionaler Erschöpfung zu lastungen auf Burnout verstärkt wird. Belastungen beginnen (Leiter & Maslach, 1988). der Arbeit sind abschließend nicht direkt mit BeeinAllgemein wird Burnout als Folge von Arbeitsbelastungen diskutiert, jedoch nicht als Krankheit nach ICD 10 oder DSM IV. Studienergebnissen zufolge kann Burnout aber als „Vorstadium“ für unterschiedliche (psychische) Erkrankungen gesehen werden (z. B. die PTBS, s. dazu Reinhard & Maercker, 2004). So finden sich Belege dafür, dass Burnout die Belastbarkeit von Einsatzkräften herabsetzt und das Risiko für langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen erhöhen Abb. 1: Rahmenmodell über Zusammenhänge von Belastungen, Burnout, Belastungsfolgen und Ressourcen kann (s. Leiter & Mas(modifiziert nach Maslach, 1998). lach, 2001, Cunradi, Greiner, Ragland & Fisträchtigungen der subjektiven Gesundheit assoziiert, her, 2003, Iacovides, Fountoulakis, Kaprinis & Kasondern sie wirken sich erst dann ungünstig auf das prinis, 2003, Korkeila, Toyry, Kumpulainen, Toivala, Wohlbefinden aus, wenn Einsatzkräfte bereits von Räsänen & Kalimo, 2003). Burnout betroffen sind. Burnout wurde im Berufsfeld Feuerwehr bisher kaum thematisiert und wissenschaftlich untersucht (Ausnahme: Gorißen, 2003). Dabei ist davon Stichprobe der Feuerwehruntersuchung auszugehen, dass Burnout auch ungünstige Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit im Bevölkerungsschutz hat. Insgesamt beteiligten sich 364 Einsatzkräfte aus freiwilligen (153; 41,9%) und Berufsfeuerwehren (200; 54,8%) an der Untersuchung; davon waren 95,3 % Theoretischer Rahmen der Studie männlich. Der Anteil der weiblichen Untersuchungsteilnehmer lag in der freiwilligen Feuerwehr bei 12 % Abb. 1 stellt die theoretischen Annahmen die- und bei nur 0,5 % in der Berufsfeuerwehr. Das ser Untersuchung über Zusammenhänge zwischen Durchschnittsalter der Befragten betrug 37,5 Jahre. Arbeitsanforderungen/Belastungen, Burnout und Wohlbefinden dar (Maslach, 2000). Ein häufiges ErDie wichtigsten Ergebnisse leben von Arbeitsbelastungen hängt danach mit höheren Burnoutmaßen zusammen. Ausgebrannte und erschöpfte Einsatzkräfte können langfristig gesundAusmaß und Bedeutung von Belastungen, Burheitliche Beeinträchtigungen entwickeln. Fehlen hilf- nout und Wohlbefinden im Vergleich zwischen 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 27 09 s25 burnout:Layout 1 14.08.2008 14:24 Seite 28 KRISENMANAGEMENT freiwilliger und beruflicher Feuerwehr, Anforderungen und Belastungen Die alltäglichen aber auch extremen Anforderungen in der Arbeit wurden mit einem selbst entwickelten Fragebogen erhoben. Die Studienteilnehmer Abb. 2: Mittelwerte der erhobenen Belastungsbereiche in der Feuerwehr (N=364). (ERA: Einsätze mit erhöhtem Regulationsaufwand; BR: Einsätze mit behindernden Rahmenbedingungen; EXE: Einsätze mit Extremanforderungen; BO: Einsätze mit bekannten Opfern; RH: Regulationshindernisse) lienangehörige, Freunde oder Bekannte direkt betroffen sind, • Arbeitsorganisatorische Regulationshindernisse umfassen allgemeine Aspekte der Arbeitsbedingungen und -organisation, die sich auch auf den Einsatzalltag auswirken können und die eine standardgerechte Durchführung von Einsatz- und Wachaufgaben behindern können. Genannt wurden hier eine geringe Beteiligung an betrieblichen Entscheidungsprozessen sowie ungenügende Berücksichtigung eigener Vorschläge usw.. Am häufigsten werden Einsätze mit behindernden Rahmenbedingungen erlebt. Extremanforderungen im Einsatz werden etwas seltener erlebt. Ungünstige Arbeitsbedingungen, insbesondere Arbeitsorganisatorische Regulationshindernisse und Einsätze mit erhöhtem Regulationsaufwand werden häufiger von Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr erlebt. Von eher geringer Bedeutung — und fast ausschließlich von Einsatzkräften der freiwilligen Feuerwehr angegeben — sind Einsätze, bei denen Opfer persön- bewerteten vorgegebene Anforderungen im Feuerwehrdienst, die sich sowohl auf bestimmte Einsatzsituationen, als auch auf arbeitsorganisatorische Rahmenbedingungen beziehen, danach, wie häufig sie diese erleben. Im Verlauf der Untersuchung konnten diese Einzelaspekte zu fünf Kategorien bzw. „Belastungsbereichen“ zusammengefasst werden. Belastungen können sich in den folgenden Bereichen zeigen: • Einsätze mit erhöhtem Regulationsaufwand: Sie erfordern höhere Anstrengungen bei der Einsatz-Abwicklung, weil z. B. organisatorische Schwierigkeiten deutlich werden, Abstimmungsprobleme zwischen Vorgesetzten bestehen oder unklare, missverständliche Anweisungen gegeben werden, • Einsätze mit behindernden Rahmenbedingungen: Hier wird die Bedeutung von Behinderungen auf dem Weg zum Einsatz sowie an der Einsatzstelle hervorgehoben wie z. B. schwer erreichbare Einsatzorte, Gefährdung durch unaufmerksame Verkehrsteilnehmer usw., • Einsätze mit Extremanforderungen: Dies umfasst Einsätze, die außerhalb der „normalen“ Einsatzerfahrungen stehen: entstellte Opfer, große Anzahl verletzter Personen, erfolglose Rettungsversuche, • Einsätze mit bekannten Opfern: Hier wurden Einsätze zusammengefasst, in denen Verwandte, Fami- 28 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Abb. 3: Mittelwerte der Burnoutkomponenten im Vergleich zwischen freiwilliger und Berufsfeuerwehr (N=364). lich bekannt waren (Abb. 2). Dies lässt sich in erster Linie auf das im Unterschied zu Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr wohnortnahe Einsatzgebiet freiwilliger Feuerwehren bei vergleichsweise geringen Einwohnerzahlen zurückführen. Burnout in der Feuerwehr Die Ergebnisse zeigen, dass Einsatzkräfte der Feuerwehr zwar insgesamt kaum erschöpft und wenig zynisch distanziert zu Opfern und zu ihrer Arbeit sind; sie erleben sich allerdings nur eingeschränkt leis- 09 s25 burnout:Layout 1 14.08.2008 14:24 Seite 29 tungsfähig (hohe Werte beim reduzierten Wirksamkeitserleben, Abb. 3). Vergleicht man Einsatzkräfte der freiwilligen und der Berufsfeuerwehren fällt auf, dass die Komponenten Erschöpfung und Depersonalisierung in der Berufsfeuerwehr eine erwartungsgemäß größere Bedeutung haben. Im Gegensatz dazu geben Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehr ein deutlich geringeres Wirksamkeitserleben als ihre hauptberuflichen Kameraden an. Etwa zwei Drittel (66,8%) aller untersuchten Feuerwehr-Einsatzkräfte fühlen sich sehr gering wirksam. Im Vergleich mit Einsatzkräften im Rettungsdienst (Hering & Beerlage, 2004) ist das Wirksamkeitserleben in beiden Gruppen — freiwillige und Berufsfeuerwehr — deutlich geringer. Besonders gering ist das Wirksamkeitserleben von Einsatzkräften in der Feuerwehr in dieser Untersuchung ausgeprägt. Durch die untersuchten Einflussfaktoren (Einsatz- und Organisationsmerkmale) kann das nicht ausreichend erklärt werden. Schwache Zusammenhänge zeigen sich lediglich zwischen der Burnoutkomponente Erschöpfung und dem Wirksamkeitserleben. An dieser Stelle lassen sich demnach nur Annahmen über die Einflussfaktoren des sehr geringen Wirksamkeitserlebens in der Feuerwehr formulieren. Bedeutsam können insbesondere die theoretische und praktische Vorbereitung auf die Arbeit sowie individuelle Erwartungen bezogen auf die Tätigkeit Wohlbefinden in der Feuerwehr Das körperliche Wohlbefinden ist in der Feuerwehr mittelhoch ausgeprägt, die Unterschiede zwischen freiwilligen und Berufsfeuerwehren sind nur sehr gering und statistisch unbedeutend (Abb. 4). Welche Merkmale der Arbeit haben Einfluss auf Burnout? Ungünstige Rahmenbedingungen im Einsatz und im Wachalltag stehen mit höheren Burnoutwerten in Verbindung. Einsätze mit erhöhtem Regulationsaufwand (Abstimmungsprobleme, unklare Anweisungen etc.) und Regulationshindernissen (Aspekte der Arbeitsorganisation, die eine standardgerechte Abwicklung von Einsatz- und Wachaufgaben behindern) sind assoziiert mit mehr emotionaler Erschöpfung. Je häufiger Einsatzkräfte unter diesen Bedingungen arbeiten müssen, desto eher sind sie gefährdet auszubrennen. Eine mehr oder weniger distanzierte Haltung von Einsatzkräften der Feuerwehr zu Opfern sowie zur eigenen Arbeit (Depersonalisierung) wird maßgeblich von der Häufigkeit beeinflusst, mit der extreme Einsatzmerkmale erlebt werden. Werden diese Einsätze häufig erlebt, ist auch das Ausmaß der Burnoutdimension Depersonalisierung höher. Depersonalisierung gilt hinsichtlich der Aufgabenstellung in der Feuerwehr als „kritische“ Dimension von Burnout, da sie die „Opfer-Retter-Interaktion“ in Form einer eher zynischen Interaktion beeinträchtigen kann. Abb. 4: Mittelwerte der Parameter körperlichen Wohlbefindens im Vergleich zwischen freiwilliger und Berufsfeuerwehr (N=364). sein. Bezieht man diese Überlegungen ein, dann zeigt sich in der freiwilligen Feuerwehr, aber auch in der Berufsfeuerwehr ein Bedarf an Aus- und Weiterbildung. Möglicherweise wären neben den notwendigen und auszubauenden feuerwehrtechnischen und einsatztaktischen Inhalten auch psychische Aspekte bei der Menschenrettung zu vermitteln, also z. B. Kommunikation mit Menschen in Extremsituationen und Methoden der psychischen ersten Hilfe. Welche Merkmale der Arbeit beeinträchtigen oder fördern das Wohlbefinden? Die häufig vertretene Annahme, Arbeitsbelastungen führen zu Beeinträchtigungen im überdauernden Wohlbefinden lässt sich in dieser Studie nicht bestätigen. Weder arbeitsorganisatorische noch tätigkeitsspezifische Merkmale der Arbeit beeinträchtigen das überdauernde körperliche Wohlbefinden in die- 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 29 09 s25 burnout:Layout 1 14.08.2008 14:24 Seite 30 KRISENMANAGEMENT ser Untersuchung signifikant. Deutlich wird aber, dass Einsatzkräfte, die in hohem Maße erschöpft sind und sich in sehr geringem Ausmaß wirksam in der Arbeit erleben, weniger vital, belastbar und gelassen sind. Arbeitbelastungen haben offenbar keinen direkten Einfluss auf das überdauernde Wohlbefinden, sondern scheinen indirekt, vermittelt über Burnout zu wirken. Erst wenn Einsatzkräfte aufgrund ungünstiger Arbeitsbedingungen, häufig erlebten organisatorischen Barrieren im Einsatz, einer geringen Beteiligung an Entscheidungsprozessen usw. ausge- überdauernde Wohlbefinden wird von den untersuchten Arbeitsbedingungen nicht beeinflusst. Allerdings fühlen sich ausgebrannte und hier insbesondere hoch erschöpfte Einsatzkräfte deutlich weniger wohl, als ihre nicht ausgebrannten, engagierten Kameraden. Diese Zusammenhänge machen deutlich, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen lange vor und zudem unabhängig von der häufig im Einsatzwesen thematisierten PTBS auftreten können und auch nicht ausschließlich auf psychisch belastende Ein- Abb. 5: Zusammenhänge zwischen Belastungen, Burnout und Wohlbefinden in der Feuerwehr (Pfeile mit positivem Vorzeichen umschreiben einen „verstärkenden“ Einfluss, Pfeile mit negativem einen „schwächenden“ Einfluss). brannt sind, zeigen sich Beeinträchtigungen im überdauernden Wohlbefinden. Die Belastbarkeit, die körperliche und geistige Wachheit und die Vitalität der Einsatzkräfte sinkt, sie sind dabei unruhiger und weniger ausgeglichen. Davon ausgehend ist auch eine geringere Widerstandsfähigkeit gegenüber weiteren Gesundheitsproblemen und Krankheiten zu erwarten. Abb. 5 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die Zusammenhänge zwischen Belastungen und Belastungsfolgen in der Feuerwehr. Fazit Zusammenfassend wurde deutlich, dass bestimmte Merkmale der Arbeit in der Feuerwehr Einfluss auf die Gesundheit und Einsatzfähigkeit von Einsatzkräften haben können. Ungünstige arbeitsorganisatorische Rahmenbedingungen sind dabei offenbar bedeutsame Einflussfaktoren für Burnout. Das 30 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 satzsituationen (Extremeinsätze) zurückzuführen sind. Stressprävention in der Feuerwehr sollte somit bereits vor den relativ seltenen Extremeinsätzen beginnen und umfassend angelegt sein (s. Krüsmann, Karl & Butollo, 2006). Daneben werden Interventionsebenen erkennbar, die auf eine stärkere Beteiligung an Entscheidungsprozessen im Wachalltag, eine angemessene Rückmeldung durch Vorgesetzte, Wertschätzung für die geleistete Arbeit und auf mehr Möglichkeiten zur Reflexion des Ausbildungsstandes abzielen. Besondere Verantwortung kommt dabei den Trägern und Arbeitgebern in der Feuerwehr zu. Des weiteren könnten Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen innerhalb der Feuerwehren deutlicher als bisher um psychosoziale Aspekte ergänzt werden. Eine Literaturliste ist bei den Verfassern erhältlich: [email protected] [email protected] 10 s31 cfc:Layout 1 14.08.2008 14:29 Seite 31 ZIVIL-MILITÄRISCHE ZUSAMMENARBEIT Ein zivil-militärisches Informationsportal Ziel: Informationsaustausch Von Bernd Rehr Die enge Kooperation zwischen militärischen und zivilen Akteuren ist heute als Schlüssel zum Erfolg bei der Bewältigung komplexer internationaler Krisen weithin anerkannt. Dabei wird dem Austausch von Informationen eine entscheidende Bedeutung zugemessen. Trotz einiger Erfolge bietet die praktische Umsetzung dieser Idee noch viel Entwicklungspotenzial. Im folgenden Artikel wird ein zukunftsweisender Ansatz vorgestellt, der sich zur Zeit beim NATO ACT (Allied Command Transformation) in der Erprobung befindet: das „Civil-Military Fusion Center“ (CFC) und als sein wesentliches Produkt das Informationsportal „Civil-Military Overview“ (CMO). Gleich zu Anfang soll jedoch erwähnt werden, dass in der längerfristigen Planung das CFC/CMO nicht der NATO „gehören“ soll, sondern einem Konsortium, das noch näherer Definition bedarf. Damit soll eine abschreckende Wirkung gegenüber zivilen Einrichtungen/Organisationen vermieden werden. teure und bereitet das Wissen gleichzeitig so auf, dass die Entscheidungträger sich auf ihren Hauptauftrag konzentrieren können, nämlich die Krise und nicht Informationen zu bewältigen. Was ist das CFC/ CMO? Wer ganzheitlich an die Lagebeurteilung auf einem Krisenschauplatz wie etwa Afghanistan herangeht, sieht sich mit zwei Problemen konfrontiert: aktuelle Informationen aus den verschiedenen Feldern des PMESII (Politics, Military, Economy, Social, Information, Infrastructure) - Spektrums zu gewinnen und darüber hinaus die eingehende Informationsflut zu bewältigen. Das CFC/CMO ist in der Lage, beide Probleme zu lösen. Es bietet eine gemeinsame, webbasierte Informationsplattform für zivile wie militärische Ak- Abb. 1: Das Projekt basiert auf einer breitgestreuten Interessenlage. Um diesen Anspruch erfüllen zu können, braucht das CFC/CMO breite Beteiligung. Zu seiner Zielgruppe zählen grundsätzlich alle zivilen und militärischen Akteure, die auf einem Krisenschauplatz aktiv sind. IOs (Internationale Organisation), NGOs (Non-Governmental Organization, Nichtregierungsorganisation) und militärische Stäbe sind damit allesamt „Kunden“ aber auch Mitarbeiter am CMO. Dieses entsteht noch unter Führung der NATO, soll 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 31 10 s31 cfc:Layout 1 14.08.2008 14:29 Seite 32 ZIVIL-MILITÄRISCHE ZUSAMMENARBEIT aber in einem „Konsortium“-Ansatz von Experten verschiedenster Institutionen weitergeführt werden. Wie funktioniert das CFC/ CMO? Das CMO ist ein Informationsportal und steht für alle relevanten Krisenmanagementakteure im Internet bereit. Der Zugang ist kennwortgeschützt, Registrierungen sollen aber einem möglichst breiten Nutzerkreis ermöglicht werden. Erstellt und gepflegt wird das Portal durch das CFC. Dieses ist ein permanentes Organisationselement, welches aus Experten („Knowledge Manager“) für die Sektoren politische Lage, Wirtschaft, Soziales, Sicherheitslage, Justiz, Infrastruktur und humanitäre Lage besteht und damit Wie aus ihrer Aufgabenbeschreibung hervorgeht, kommt den Wissensmanagern eine Schlüsselrolle bei der Erstellung des CMO zu. Sie müssen zum einen über ausgezeichnete Expertise im zugeordneten PMESII-Themenfeld und zusätzlich über die Fertigkeit verfügen, Informationen aus komplexen Zusammenhängen aufzubereiten. Idealtypisch entstammen die Wissensmanager verschiedenen an der Krisenbewältigung beteiligten Organisationen/Institutionen und können neben dem eigenen Erfahrungshintergrund auch auf ein umfangreiches fachliches Netzwerk und damit auf Informationen zahlreicher weiterer Experten, zurückgreifen. Natürlich stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage der Informationssicherheit. In das Portal gehen ausschließlich nicht eingestufte Informationen ein. Im Kontext eines gemeinsamen Lagebilds und nach den Grundsätzen des Wissensmanagements professionell aufbereitet, erwächst daraus jedoch am Ende ein Mehrwert für alle Beteiligten. Was bietet das CFC/CMO? Die CMO besteht aus einer Startseite für den jeweiligen Krisenschauplatz und Unterseiten für jeden der PMESII-Sektoren. Die Hauptseite enthält Basisinformationen, etwa den Abb. 2: Die aktuelle Organisationsstruktur. geschichtlichen Hintergrund der Krise, UN-Redas PMESII-Spektrum voll abdeckt. Leiter des Teams solutionen, interaktives Kartenmaterial, andere wichtige Dokumente und Verweise sowie für den schnelist ein „Chief Knowledge Manager“. len Überblick die neuesten Meldungen aus den einLageinformationen werden von den Wissensmanagern in allen Sektoren aufbereitet, d.h. gesichtet, zelnen Sektoren. Die Unterseiten für jeden Sektor sind nach bewertet, strukturiert, aggregiert, komprimiert, visuadem selben Muster aufgebaut. Hier sind neueste lisiert und vernetzt. Das jetzige CFC arbeitet in einem verlängerten Tagesrhythmus, könnte bei Bedarf Nachrichten, daneben auch vertiefende Informatiojedoch rund um die Uhr besetzt werden und gewähr- nen, Karten und Verweise zum jeweiligen Themenfeld zu finden. leistet damit die Tagesaktualität der Informationen. 32 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 10 s31 cfc:Layout 1 14.08.2008 14:29 Seite 33 Darüber hinaus kann jeder Nutzer per E-Mail- CMO auf großes Interesse sowohl bei den Entscheidungsträgern als auch auf der „Arbeitsebene“ stoßen. Funktion Anfragen an die Wissensmanager stellen und aufgrund des permanent betriebenen CFC auch Das Potenzial des CFC/CMO wird durchweg anermit einer umgehenden kompetenten Beantwortung durch einen Experten rechnen. Neben den beschriebenen Funktionen nach dem „Pull“-Prinzip, werden den Nutzern aufbereitete Informationen auch regelmäßig in Form von Wochenberichten („Newsletter“) zugestellt. Überhaupt ist die Interaktion mit den Nutzern ein wichtiger Bestandteil der CMOPhilosophie. So kann sich auch jeder Nutzer an das CFC wenden, Abb. 3: Eine virtuelle Informationsplattform für ausgewählte Teilnehmer. um aus seinem Tätigkeitsfeld heraus mit ergänzenden Informationen zur Vervollkommnung kannt. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass Nutzung des gemeinsamen Lagebilds beizutragen. und Erstellung des CMO auf eine weitaus breitere Basis gestellt werden müssen. Hierzu gilt es, das Portal noch bekannter zu machen und insbesondere für Bewertung und Ausblick die Einbindung möglichst vieler ziviler Akteure zu werben, um zukünftig den Betrieb durch ein „KonMit dem CMO steht erstmals eine gemeinsasortium“, in dem die NATO/das Militär nur als ein me Informationsplattform für militärische und zivile gleichberechtigtes Mitglied unter anderen agiert, zu gewährleisten. Akteure in der Krisenbewältigung bereit. Seine weAn zusätzlichen Funktionen des CMO wird sentlichen Vorteile bestehen neben der ganzheitlibereits gearbeitet. So befindet sich ein Bewertungschen Herangehensweise in der professionellen Aufbereitung von Informationen und in der unkompliwerkzeug in Vorbereitung, das auf der Grundlage von zierten Interaktion mit Experten aus allen PMESIIExpertenurteilen und ebenfalls aus ganzheitlicher Feldern. Perspektive den schnellen Überblick über EntwickDas CFC befindet sich seit Januar 2008 im lungstrends auf den einzelnen PMESII-Feldern erProbebetrieb beim NATO ACT in Norfolk, Virginia möglichen wird. Das CMO ist offen für weitere Ent(jedoch bewusst nicht auf militärischem Gelände). wicklungsschritte, um die Attraktivität für die NutDabei wird vor allem die Krise in Afghanistan gezer und damit die breite Akzeptanz des Werkzeugs nutzt, um Erkenntnisse über die Anforderungen an zu sichern. Denn nur so kann das CMO seinen das CMO, aber auch über die Herausforderungen, Hauptzweck erfüllen — einen Beitrag zu leisten zu die an das CFC gestellt werden, zu gewinnen. Erste einer neuen Qualität in der Kooperation ziviler und Erfahrungen mit dem Instrument, z.B. im Rahmen militärischer Akteure im Rahmen der Krisenbewältider NATO-Krisenmanagement-Übung CMX08 im gung. April dieses Jahres, haben gezeigt, dass CFC und 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 33 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 34 FORUM Arbeiter-Samariter-Bund Ein globales Problem und eine globale Aufgabe kaum vorstellbare Dimension. Doch welche Auswirkungen dies auf ganze Gesellschaftsstrukturen haben kann, wird am Beispiel Afrikas erschreckend klar. So wurden hier zum Beispiel in den letzten fünf Jahren etwa elf Millionen Kinder unter 15 Jahren zu Waisen, weil ihre Eltern durch die Immunschwäche gestorben sind. Praktische Hilfe ist gefragt Etwa 33 Millionen Menschen sind weltweit mit dem HI-Virus infiziert — so der letzte Bericht der Vereinten Nationen. Auch in Deutschland ist die Zahl der Neuinfektionen wieder leicht gestiegen: Etwa 2.600 Menschen stecken sich hier jedes Jahr neu an, denn die Wachsamkeit lässt nach. Weltweit leben mehr als zwei Drittel der infizierten Erwachsenen und fast 90 Prozent der Kinder in Afrika südlich der Sahara. Auch in Asien und Mittel- bzw. Südamerika steigt die Zahl der Infektionen, ebenso in Osteuropa. HIV/Aids ist ein globales Problem und verändert das Leben vieler Menschen auf mannigfaltige Weise. Regelmäßig werden die Kinder von HIV-infizierten Müttern in der ASB-Klinik untersucht. Jährlich infizieren sich 2,5 Millionen Menschen neu mit dem HI-Virus, zudem sterben über zwei Millionen an den Folgen von Aids — eine 34 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 In Lesotho, einem der kleinsten Staaten im südlichen Afrika, mit einer der höchsten HIV-/AidsRaten der Welt, liegt das Dorf Gethsemane. Auf den Feldern, die rund um die Missionsstation liegen, sieht man zahlreiche, noch sehr junge Menschen, die damit beschäftigt sind, Mais und Gemüse auszusäen. Ab und zu taucht ein Mann in schwarzem Habit auf, der mit den Leuten spricht und ihnen augenscheinlich etwas erklärt. Das ist der Priester Jacob Khamanyane. Er hatte die Idee, Kindern, die ihre Eltern durch Aids verloren haben, auf sehr praktische Weise zu helfen. Diese Hilfe ist dringend nötig, denn in Lesotho ist jeder fünfte Erwachsene mit HIV infiziert. Die wenigsten von ihnen haben die Möglichkeit, die antiretroviralen Medikamente zu erhalten, die das Immunsystem stärken und damit die Lebenszeit deutlich verlängern. Zudem trifft das Virus auf ein meist schon durch Mangelernährung geschwächtes Immunsystem, sodass man davon ausgehen kann, dass die meisten der HIV-infizierten Erwachsenen in Lesotho an Aids erkranken und in den nächsten Jahren sterben werden. Sie lassen Kinder zurück wie Zodwa. Sie ist 14 Jahre alt und hat noch drei jüngere Geschwister. Ihre Eltern sind beide im letzten Jahr an den Folgen von Aids gestorben. Seit kurzem arbeitet sie mit Jacob Khamanyane zusammen. Er hat mit der Unterstützung des ASB für alle 50 Waisenfamilien des Dorfes Gethsemane auf einer Fläche von 190 Quadratmetern Parzellen abgeteilt. Auf diesen Parzellen lernen die jungen Waisen nun, wie sie sich durch die Bestellung der Felder aus eigener Kraft versorgen können. Saatgut und Geräte wurden zur Verfügung gestellt. Zodwa hat bei der Arbeit fast immer ihre einjährige Schwester dabei. „Ich kann sie ja schlecht allein lassen“, sagt sie, „selbst beim Lernen war sie dabei“. Gelernt hat Zodwa viel in dem Workshop, 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 35 der vom ASB für etwa 80 Vollwaisen organisiert wurde. Vier Tage lang ging es darum, wie Getreide gesät, geerntet und gelagert wird und wie schließlich auch die Überschüsse, die zur eigenen Ernährung nicht gebraucht werden, verkauft werden können. Natürlich war im Workshop auch HIV/Aids ein Thema. Aufklärung über die Krankheitsursachen von HIV und Aids sowie über den richtigen Schutz vor Ansteckung war wesentlicher Bestandteil des Programms. Weitergabe des Virus muss verhindert werden Man schätzt, dass in Gambia etwa 45.000 Menschen HIV-infiziert sind. Nur rund 600 von ihnen erhalten die lebensverlängernden antiretroviralen Medikamente. Viele wissen gar nicht, dass sie infiziert sind. So wie Ann, deren Mann sich von ihr trennte, als er erfuhr, dass sie HIV-positiv ist. Sie war zu dem Zeitpunkt schwanger und nach der Trennung von ihrem Mann gezwungen, als Bettlerin auf der Straße zu leben. Doch Ann kam regelmäßig in das ASBGesundheitszentrum, wurde dort betreut und erhielt auch Nahrungsmittel, damit sie genug Kraft für die schwierige Schwangerschaft sammeln konnte. In der ASB-Klinik brachte sie schließlich auch ihren kleinen Sohn zur Welt. Während der Geburt erhielt Ann antiretrovirale Medikamente, um so die Ansteckungsgefahr für das Kind zu mindern. Auch ihr Sohn bekam kurz nach der Geburt eine kleine Dosis. Heute ist er ein gesunder kleiner Junge, dem durch die Behandlung die Infektion mit dem HIVirus über die Mutter erspart werden konnte. „Schwangere sind eine wichtige Zielgruppe, die betreut werden muss, um zu verhindern, dass Aids sich immer weiter ausbreitet“, so Bakary Kinteh, der HIV-/AidsBerater vom ASB Gambia. „Deshalb bieten wir hier allen schwangeren Frauen kostenlose Beratungen und Tests an.“ Beratung und Aufklärung sind zwingend notwendig Armut, mangelhafte Gesundheitsversorgung, Benachteiligung von Frauen, Kriege, Katastrophen und wenig Zugang zu aufklärenden Informationen begünstigen die Ausbreitung von Aids weltweit. Hinzu kommen eine oft völlig unzureichende medizini- sche Infrastruktur und eine mangelhafte Ausbildung des medizinischen Personals. Deshalb arbeitet das ASB-Gesundheitszentrum in Gambia auch auf mehreren Ebenen im Umgang mit HIV/Aids. Alle HIVpositiven Menschen werden kostenlos behandelt. Wer so arm ist, dass er sich nur unzureichend ernähren kann, bekommt monatliche Lebensmittelpakete, denn eine gesunde Ernährung ist für diese Patienten besonders wichtig. Wesentlicher Teil der Arbeit ist außerdem Beratung und Aufklärung, denn das Wissen der Menschen um eine mögliche Ansteckungsgefahr und die entsprechende Vorsichtsmaßnahmen sind der entscheidende Faktor, um die Infizierungsrate zu verringern. AnnSangaNyabu.jpg: Ann und Nyabu sind froh: Sanga ist gesund, dank der Betreuung in der ASB-Klinik in Gambia Fotonachweis: Foto: ASB/D. Stehlik Zu den sozialen Folgen von Aids gehört für viele Menschen, dass sie sich zusätzlich zu ihrer schweren Krankheit auch noch Vorurteilen und Diskriminierung ausgesetzt sehen. Das liegt zum einen an der mangelnden Kenntnis der Ursachen der Seuche, zum anderen aber auch an der weit verbreiteten Ansicht, die Ansteckungsgefahr gelte nur für bestimmte Milieus. In Léon, der zweitgrößten Stadt Nicaraguas, lebt die fünfjährige Cecilia. Sie ist HIV-positiv, denn sie wurde schon im Mutterleib infiziert. Ihre Mutter 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 35 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 36 FORUM ist bereits gestorben, jetzt kümmert sich die Großmutter um die Enkeltochter. Cecilia ging jeden Tag in den Kindergarten in der Nachbarschaft. Doch eines Tages kam sie weinend nach Hause. Man hatte sie davongejagt, weil bekannt geworden war, dass sie HIVpositiv ist. In Unkenntnis der Infektionswege fürchten die Eltern der anderen Kinder um die Gesundheit ihrer Kinder und seitdem ist für Cecilia der Weg in den Kindergarten versperrt. Ihre Großmutter war darüber so zornig, dass sie sich aktiv für Aufklärung und gegen das Verschweigen einsetzen wollte. So gelangte sie in eine Selbsthilfegruppe für Aids-Kranke und deren Angehörige, die regelmäßig im 2007 gegründeten ASB-Zentrum für von HIV/Aids betroffene Menschen zusammenkommen. Es ist Anlaufstelle für alle, die Beratung brauchen und Ausgangspunkt für Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für die breite Öffentlichkeit. Mit dieser Arbeit will der ASB in der Universitätsstadt Léon, die die vierthöchste HIV-/Aids-Rate in Nicaragua hat, Gerüchten und falschen Vorstellungen entgegenwirken. „Wenn die Leute wissen, dass man sich durch einen Händedruck oder gemeinsames Spielen nicht anstecken kann, werden sie auch nicht mehr soviel Angst haben“, hofft Cecilias Großmutter. „Vielleicht kann dann auch Cecilia irgendwann mal wieder in den Kindergarten oder in die Schule gehen.“ D. Mennicken/E. Wallmeier Bundesanstalt Technisches Hilfswerk Mobile Überwachung von Wasserständen bei Hochwasser Seit Tagen hört der Regen nicht auf. Die Wiesen und Felder in der Oberpfalz können die starken Nieder- 36 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 schläge kaum noch aufnehmen. Das Wasser läuft ohne zu versickern über den Boden hinweg. Viele der kleinen Bäche in der Region sind stark angeschwollen, die weitere Entwicklung der Pegelstände ist nur schwer vorherzusagen. Auch der Fluss Naab führt viel mehr Wasser als sonst, an einigen Stellen drohen Deiche instabil zu werden. Die örtlichen Behörden stehen vor dem Problem, dass sie über keine geeigneten Daten verfügen, um verlässliche Prognosen über die Veränderungen der Wasserstände in den kommenden Tagen aufzustellen. Auf Vorschlag des Fachberaters des Technischen Hilfswerks (THW) alarmiert die Örtliche Einsatzleitung (ÖEL) die Hochwasser-Spezialisten aus dem Ortsverband Donauwörth. Innerhalb von drei Stunden trifft der Trupp mit drei Einsatzkräften und dem „Mobilen Hochwasserpegel“ in der überschwemmungsgefährdeten Region ein. Schon einige Minuten nachdem sie an fünf neuralgischen Punkten an der Naab und ihren Nebenflüssen die sensiblen Messgeräte aufgestellt haben, liefert das System die ersten Daten. Zentimetergenau können die Mitglieder der ÖEL auf einer Internetseite die Entwicklung der Wasserstände an den mobilen Messpunkten beobachten. Durch die Software „Mobile Flood Monitor“ werden die Messergebnisse in übersichtlichen Diagrammen aufbereitet. Evakuierungen und der Einsatz des Personals lassen sich aufgrund dieser verlässlichen Datenlage nun detailliert planen. Ähnlich wie in diesem fiktiven Szenario könnte sich zukünftig ein Hochwassereinsatz in Regionen entwickeln, in denen keine stationären Pegel die Veränderungen an Flüssen oder Seen überwachen. „Mit dem ‚Mobilen Hochwasserpegel’ können wir überall vollautomatisch, präzise und in Echtzeit den Wasserstand messen. Bei Bedarf auch über mehrere Tage,“ erzählt Christoph Schedl aus dem THW-Ortsverband Donauwörth. Gemeinsam mit weiteren THW-Einsatzkräften hat der ehrenamtliche Hochwasser-Experte ein Messgerät konstruiert, das den besonderen Anforderungen bei Hochwassereinsätzen im Katastrophenschutz gewachsen ist. „Bei mehreren Fluteinsätzen in den vergangenen Jahren, unter anderem an Elbe, Donau oder der französischen Rhône und ihren Nebenflüssen, haben wir festgestellt, dass es im Bereich der mobilen Wasserstandsmessung große Defizite gibt,“ erklärt Schedl den Ausgangspunkt der damaligen Überle- 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 37 Die ermittelten Daten werden über ein Kabel an einen tragbaren Kleincomputer übertragen. Bei dem so genannten PDA handelt es sich um ein besonders robustes und für den Einsatz unter extremen Bedingungen — wie sie bei Hochwasser häufig auftreten — geeignetes Gerät. Der „Roda BOB DA05-M“ ist für die Datenübertragung mit integrierten Antennen für Wireless LAN, Bluetooth und GPRS ausgestattet. In der Regel werden die aus dem Messsensor stammenden Daten per GPRS an einen zentralen Server übermittelt. Dort werden die Messergebnisse ausgewertet und mit der Software „Mobile Flood Monitor“ auf die Verwender abgestimmt aufbereitet. Gegebenenfalls erfolgt eine Ergänzung um weitere Daten, wie zum Beispiel Pumpoder Förderleistungen. Ein gelber Messkoffer sorgt dafür, dass Messsonde und PDA autark eingesetzt werden können. Denn der 15 Kilogramm schwere und 34 Zentimeter hohe Koffer ist wasserdicht verDas Regenrückhaltebecken bei einer Kläranlage wurde nach einem starken Unwetter schließbar und schwimmim Sommer 2007 mit dem „Mobilen Hochwasserpegel“ überwacht. fähig. Den Großteil des Inhaltes füllt ein Akku Die Technik des „Mobilen Hochwasserpegels“ aus. Dieser Akku stellt die Stromversorgung des PDA für mindestens fünf Tage sicher. Den wichtigsten Bestandteil des „Mobilen Hochwasserpegels“ stellt die Sonde zur präzisen Messung von Veränderungen des Wasserstandes dar. Da- Informationen in Echtzeit Auf drei Wegen können die Informationen zu hat das Schweizer Unternehmen STS Sensor Technik Sirnach eine auf die Bedürfnisse des THW zuge- zum Wasserstand, die durch den „Mobile Flood Moschnittene Messsonde hergestellt. Der 16 Zentimeter nitor“ aufbereitet wurden, abgerufen werden: Auf lange Edelstahl-Sensor berechnet aufgrund des Wasder Internetseite www.thw-pegel.de steht Anforderern serdrucks zentimetergenau den Wasserstand. Gleichdes „Mobilen Hochwasserpegels“ ein geschützter Bezeitig werden Daten über die Wassertemperatur erreich zur Verfügung. Mit persönlichen Zugangsdahoben. Je nach Art des Untergrundes wird die Mess- ten kann dort jeder Nutzer die Daten für seine Einsonde am Ufer oder am Grund des Gewässers an satzstellen individuell verwalten und bearbeiten. Die einem speziellen Anker befestigt. gemessenen Pegelstände werden grafisch und tabella- gungen. „Die Veränderung der Wasserstände wird meistens geschätzt. Dieses Verfahren liefert häufig schlechte Werte.“ Bei ihrer technischen Eigenentwicklung haben die Tüftler aus dem Ortsverband Donauwörth in den vergangenen fünf Jahren verschiedene bereits auf dem Markt erhältliche Komponenten optimiert und zu einem robusten Messsystem kombiniert. Durch die THW-eigene Software „Mobile Flood Monitor“ werden die Messergebnisse verarbeitet und ausgewertet. 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 37 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 38 FORUM risch angezeigt und können statistisch verwertbar als Datei abgespeichert werden. Die zweite Zugangsmöglichkeit zu den Daten erfolgt über mobiles Internet. Unter der WAP-Adresse http://mobile.thw-pegel.de stehen die Pegelwerte für den mobilen Zugriff weiterverarbeitet bereit. Die Information über den aktuellen Wasserstand per Kurzmitteilung auf ein Handy stellt die dritte Zugriffsmöglichkeit dar. Dazu können auf der Internetseite Pegelstände festgelegt werden, ab denen automatisch eine SMS in Echtzeit über das Erreichen eines vordefinierten Wertes informiert. Zu bestimmten Wasserständen können Kurztexte, bei- Mit dem Akku im Messkoffer können PDA und Messsensor über mehr als fünf Tage mit Strom versorgt werden. spielsweise „Sperrung der Uferstraße veranlassen“, voreingestellt werden. Sollte der Sensor wegen eines Defekts oder aus einem anderen Grund keine Messwerte mehr liefern, erfolgt ebenfalls unverzüglich eine Meldung per Kurzmitteilung. Überwachung von Gewässern Die Einsatzoptionen für die neue Technologie sind sehr vielfältig. In erster Linie lässt sich das Messgerät nutzen, wenn keine stationären Messpegel existieren. Mit dem „Mobilen Hochwasserpegel“ können sowohl fließende sowie stehende Gewässer als 38 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 auch überflutungsgefährdete Gebiete automatisch überwacht werden. Bei der großflächigen Hochwasserbekämpfung mit Hochleistungspumpen wird das Messgerät eingesetzt, um das Pump- bzw. Fördervolumen präzise zu beobachten. Dadurch wird zum Beispiel verhindert, dass Wasser unbeabsichtigt im Kreis gepumpt wird. In den vergangenen beiden Jahren wurde auf den Prototyp des Hochwasserpegels, der im THWOrtsverband Donauwörth stationiert ist, bei mehr als 25 Einsätzen und technischen Hilfeleistungen zurückgegriffen. Nach heftigen Regenfällen im fränkischen Baiersdorf im Sommer 2007 setzten die THWExperten zum Beispiel zwei mobile Pegel an einer Kläranlage ein. Dort drohte durch Starkregen ein Regenrückhaltebecken überzulaufen. „Da sich an der Wasseroberfläche Öl gesammelt hatte, durfte das Regenwasser im Becken nur kontrolliert in die Regnitz abgepumpt werden,“ schildert Christoph Schedl die Situation in Baiersdorf. Durch die acht Tage dauernde Überwachung mit zwei Messstationen wurde das Fördervolumen der THW-Hochleistungspumpen gesteuert und dadurch ein Absaugen des Öl-Wasser-Gemischs verhindert. „So konnte das Öl von der Feuerwehr fachgerecht mit Bandskimmern aufgesaugt werden.“ Nur wenige Wochen zuvor wurde der „Mobile Hochwasserpegel“ in der Nähe von Schrobenhausen eingesetzt. Durch anhaltenden Dauerregen war der Pegel des Flusses Paar sehr stark angestiegen. An einer beschädigten Stelle im Deich trat die Paar über das Ufer und bedrohte eine nahe gelegene Siedlung. Unkontrolliert floss Wasser in eine Wiese. Die Messsensoren wurden so auf dem noch trockenen Teil der Wiese gesetzt, dass Anwohner vor steigendem Wasser gewarnt und eine schnelle Evakuierung eingeleitet werden konnten. Ausblick Anfang 2008 war die Entwicklungs- und Erprobungszeit des „Mobilen Hochwasserpegels“ abgeschlossen. Seitdem stattet das THW bundesweit Einheiten mit dem mobilen Messgerät aus. In jedem Landes- und Länderverband wird eine Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen mit dieser Technologie ausgerüstet. Jeder dieser acht Fachgruppen wird ein Gerätesatz zur Verfügung gestellt, der aus fünf Messkof- 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 39 fern, einer optischen Nivellierausstattung, einem GPS-Handgerät, einem Laptop und diversem Zubehör besteht. Dadurch sind die regional einsetzbaren Trupps in der Lage, unabhängig an fünf verschiedenen Stellen den Wasserstand zu beobachten und die Lage der Messpunkte exakt einzumessen. Der bayerische Ortsverband Donauwörth verfügt auch weiterhin über den „Mobilen Hochwasserpegel“. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Erprobungsphase bleibt der spezialisierte Trupp als neunte Einheit bestehen. Denn durch die Entwicklung der neuen Technologie verfügen die THW-Einsatzkräfte um Christoph Schedl über umfassendes Fachwissen in der mobilen Wasserstandsmessung. Aus diesem Grunde soll der Trupp das Gerät bei großen Hochwasserlagen auch überregional in Deutschland zum Einsatz bringen. Dazu stehen der Fachgruppe sechs Messkoffer, Zusatzausstattung und eine umfangreichere Vermessungsausstattung zur Verfügung. Die Arbeit mit dem „Mobilen Hochwasserpegel“ ist auch bei Auslandseinsätzen möglich. Sollte die automatische Übermittelung der Daten in Echtzeit an den zentralen Server aus technischen Gründen nicht möglich sein, so wird in diesem Fall ein dezentraler Server genutzt. Von dort werden die Messergebnisse dann manuell und zeitversetzt an den Hauptserver übertragen. Nach diesem Zwischenschritt stehen die Pegeldaten weltweit zur Verfügung. Wenn erforderlich, kann diese Art der Datenübermittlung über einen dezentralen Server auch im Inland angewendet werden. Ein weiterer Weg, die Messdaten an den zentralen Server zu übermitteln, ergibt sich mit der Einführung des Digitalfunks in Deutschland. Sobald das Digitalfunknetz seinen Betrieb aufgenommen hat, werden die PDA in den Messkoffern so umgerüstet, dass eine Übertragung der Daten über das neue Kommunikationsnetz möglich ist. Bewertung Jahrzehntelang mussten die Einsatzleitungen bei Hochwassergefahren aus ihrem beschränkten Personalstamm Einsatzkräfte als Melder abstellen, die den Wasserstand an kritischen Stellen beobachteten. Dabei führte das personalintensive Verfahren lediglich zu Schätzwerten über die grobe Entwicklung des Wasserpegels. Die neue Technologie des THW zur mobilen Wasserstandsmessung dagegen liefert vollautomatisch, präzise und in Echtzeit Messwerte über die Entwicklung des Wasserstands. Die Überwachung von Gewässern und das Warnen vor kritischen Veränderungen des Pegels hat sich durch den „Mobile Hochwasserpegel“ bedeutend vereinfacht. Michael Kretz Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft Kooperation und Austausch über die Grenzen hinweg Wasserrettung im Dreiländereck Schweiz, Frankreich und Deutschland Im Rahmen der Fußballeuropameisterschaft „Euro 08“ in der Schweiz wurden in der Planung der Veranstaltung die bestehenden Kontakte weiter intensiviert und ausgebaut. Ein großes Public Viewing Areal direkt am Rhein, die „Riviera“ mit Platz für etwa 20.000 Zuschauer galt es neben mehreren Kilometern Uferpromenade abzusichern. Hierzu wurden über die gesamte Laufzeit der Euro 08 deutsche Partner fest in die Rheinrettung integriert. Die Besetzung der Einsatzboote erfolgte „gemischt“, so dass alle Boote grundsätzlich mit dem Personal aus mindestens 2 verschiedenen Fachorganisationen besetzt waren. Dies hat sich später in Alltagsgeschäft sehr bewährt, da jeder Fachdienst hier je nach Aufgabe und Situation sehr gezielt seine Stärken und Kompetenzen einbringen konnte und nicht zuletzt zu einem sehr offenen und herzlichen Miteinander quer durch alle Fachdienste geführt. 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 39 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 40 FORUM Die Einheiten der Schweizer Polizei, insbesondere die hierfür vorgesehenen Mitglieder der Spezialeinheiten „ORCA“ (Polizeitaucher Nordwestschweiz) und „TAIFUN“ (Bootskomponente der Terror-/Gefahrenabwehr), die dort im Rahmen der Gefahrenabwehr mit einer Taucheinheit und täglich mindestens 2 Booten eingebunden wurden, sind im Vorfeld der Euro 08 durch einen Ausbilder der DLRG praktisch und theoretisch mit den Techniken, aber auch der Taktik der Rheinrettung und dem verwendeten Einsatzmaterial geschult und vertraut gemacht worden. Auch das auf den Booten vorgehaltene Rettungsmaterial wurde weitgehend standardisiert und vereinheitlicht, so dass prinzipiell jede Fachkraft auf jedem Boot eingesetzt werden konnte. Ähnliche Gemischte Mannschaften aus DLRG, Feuerwehr und Polizei bei der Sicherung der EURO 08 in Basel. Schulungen fanden auch für die Kräfte der Berufsfeuerwehr Basel und die Grenzwacht statt. Die Veranstaltungen der EM gingen geordnet und außer kleineren Zwischenfällen für die Rheinrettung friedlich über die Bühne. Dies ist im Hinblick auf die nicht unerhebliche Gefährlichkeit des Flusses bei beispielsweise ca. 200 Brückenspringern und 800 Schwimmern am Tage des Viertelfinalspiel Niederlande - Russland nicht selbstverständlich und spricht für die Effektivität der Sicherungsmaßnahmen. Die Zusammenarbeit der Helfer, unabhängig ob haupt- oder ehrenamtlich, ob aus Deutschland oder der Schweiz und unabhängig ob von Polizei, Feuerwehr oder DLRG erfolgte partnerschaftlich und auf Augenhöhe. So, wie es eigentlich immer sein sollte. 40 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Wie kam es aber zu dieser nicht selbstverständlichen Zusammenarbeit unterschiedlicher Partner über Ländergrenzen hinweg? Das Dreiländereck Schweiz - Deutschland Frankreich ist, politisch, zwar kein einheitlicher Raum, sollte aber, auf Grund der geografischen und strukturellen Gegebenheiten, als eine Region betrachtet werden. Dem trägt auch der sogenannte „Trinationale Eurodistrikt Basel“ Rechnung, in dem die Gemeinden und Städte der drei Anrainerstaaten zusammengeschlossen sind. Der Eurodistrikt ist Heimat von rd. 850.000 Menschen und Standort wesentlicher pharmazeutischer und chemischer Industrien sowie petrochemischer Lagerstätten in unmittelbarer Rheinnähe. Der Rhein selbst ist ein wesentlicher und bestimmender Faktor in dieser Region und — auf deutscher Seite — Namensgeber für die Region Hochrhein. Für die Schweiz ist er wichtiger Transportweg, auf dem durch die Binnenschifffahrt jährlich rd. 9 Millionen Tonnen an Wirtschaftsgütern in und um Basel umgeschlagen werden. Dies entspricht etwa 15% des gesamtschweizerischen Außenhandels. Zusätzlich zu den beiden deutschen Rheinhäfen Weil am Rhein und Rheinfelden sind im Dreiländereck auf Schweizer Seite vier Hafenareale angesiedelt. Daneben spielt der Rhein als Erholungs- und Freizeitgebiet eine sehr wichtige Rolle. Traditionell wird hier intensiv im Rhein geschwommen. Es existieren mehrere Rheinbäder mit meist offen im Fluss endenden Becken. Insbesondere an den Wochenenden herrscht reger Verkehr mit Klein- und Sportbooten, sowie Surfern und anderen Wassersportlern. Entsprechend hoch sind die jährlichen Einsatzzahlen in der Wasserrettung. In der Vergangenheit wurde, wie in vielen anderen Regionen auch, mehr neben- als miteinander gerettet. Jede Organisation führte ihre Mittel und Einheiten nach bestem Wissen und Können selbst. Eine gezielte Nachalarmierung und Anforderung anderer Fachdienste und Mittel über die Ländergrenzen hinweg war zwar möglich und üblich, eine Rückmeldung oder gar Kommunikation und Abstimmung über die getroffenen Maßnahmen eher schwierig und nicht explizit geregelt. Einzelne lokale Insellösungen existierten zwar, aber es gab kein gemeinsames Rettungskonzept, das diesen Namen wirklich verdient hätte. Um das Jahr 1998 wurden, hier primär von der DLRG Rheinfelden und der Berufsfeuerwehr Basel, erste Kontakte geknüpft die darauf abzielten, 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 41 vorhandene Einsatzunterlagen auszutauschen und Erfahrungen in der Rheinrettung zu bündeln. Dieser Prozess erwies sich als fruchtbar und es stießen nach und nach andere Fachdienste hinzu. 2002 wurde in der Schweiz mit der „Einsatzplanung Rheinrettung“ die Alarmierung neu geregelt und ein umfangreiches Karten- und Nachschlagewerk geschaffen, das die vorhandenen Unterlagen bündelte und deutlich ergänzte und für beide Seiten des Rheins die Basis der Einsatzplanung darstellt. Etwa zeitgleich wurde auf Initiative mehrerer Organisationen die „Interessengemeinschaft der Notfallorganisationen der Rheinrettung im Dreiländereck“ gegründet. Hier fand und findet sich eine organisationsübergreifende Plattform für alle Blaulichtorganisationen und Fachdienste, die in dieses Thema integriert sind. Mitglieder sind nicht nur die „klassischen“ Partner, wie Feuerwehr, DLRG oder THW, sondern insbesondere auch Hafenpolizei, Kantonspolizei Basel-Stadt und Kantonspolizei Basel-Landschaft, Schweizerische Rheinhäfen Grenzwache (Bundesgrenzschutz), Leitstellen, Rettungsdienste und einige andere, die mit ihren Booten und ihrer Fachkompetenz im Notfall Hilfe leisten und in Einsätze der Rheinrettung integriert werden. Alle drei Monate trifft man sich bei einem der Partner, tauscht sich über die größeren und kleineren Probleme des Alltags aus, bespricht anstehende Sicherungsveranstaltungen oder Ereignisse und lernt vor allem die Einsatzmittel und die -kräfte, die sie beherrschen, näher und persönlich kennen. Dass dies der richtige Weg ist zeigte nicht zuletzt die große Katastrophenschutzübung „Regiocat 2006“, bei der eine Kollision eines Benzintankschiffs mit einem Fahrgastschiff simuliert wurde und an der rund 2000 Einsatzkräfte aus den drei Anrainerstaaten teilgenommen haben. Es wurde dort jedoch auch klar, dass gerade bei größeren Schadensereignissen insbesondere die Führungsstrukturen noch weiter vernetzt werden sollten, um möglichst effektiv zu sein. Im Oktober 2007 fand unter Federführung von Daniel Kofmel, stellv. Kommandant der Berufsfeuerwehr Basel, Kommandant Michel Wälchli, Feuerwehr Birsfelden (CH), Kommandant Claus Werner, FF Grenzach (D) und Felix Ihringer, Organisatorischer Leiter Wasserrettungsdienst DLRG Rheinfelden, eine erste organisations- und grenzüberschreitende Weiterbildung für Einsatzleiter statt. Nach längerer Vorbereitung und Genehmigung der Maßnahme durch die jeweiligen übergeordneten Behörden und Dienststellen der teilnehmenden Organisationen in beiden Ländern konnte ein bunt gemischter Teilnehmerkreis aus 16 erfahrenen Einsatzleitern aller Fachdienste in einem mehrtägigen Kurs geschult und fachlich und taktisch auf einen gemeinsamen Wissensstand gebracht werden. Leider fehlten hierbei die französischen Kameraden. Zwar funktioniert die Zusammenarbeit „im Kleinen vor Ort“ recht reibungslos, aber eine weitere Planung oder Koordination auf „höherer Ebene“ ist derzeit noch schwierig. Umfangreiches Wissen zur Großschifffahrt, logistischen und technischen Besonderheiten und Möglichkeiten der vorhandenen Einsatzmittel, Strömung und Hydrodynamik des Rheins, spezieller Revier- Teilnehmer der ersten Grenz- und Organisationsüberschreitenden Weiterbildung für Einsatzleiter Wasserrettung. kunde, aber auch eine gemeinsame Einsatztaktik wurde vermittelt und in Theorie sowie praktischen Planspielen geschult. Auch Einblicke in die Ermittlungsarbeit bei Unfällen auf dem Rhein, den Einsatz von DLRG- und Polizei-Tauchern, die unterschiedlichen Kommunikationssysteme beider Staaten sowie die physiologischen Besonderheiten unterkühlter Patienten im Wasser fehlten nicht. Ziel war es zu erreichen, dass es zukünftig unerheblich ist, wer oder welche Organisation den Einsatz führt, da alle auf dem gleichen, gemeinsamen 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 41 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 42 FORUM Wissensstand sind. So kommt es durchaus vor, dass je nach Einsatzort und -art auch einmal Mittel der Berufsfeuerwehr von einem Einsatzleiter der DLRG geführt werden können — und natürlich umgekehrt; auch könnten Taucher der DLRG Weil auf einem Boot der Freiwilligen Feuerwehr Grenzach Wyhlen einem Gruppenführer der BF Basel unterstellt werden. Im September 08 wird eine zweite Einsatzleiterschulung stattfinden. Erfreulicherweise liegen auch dieses Mal die Kostenzusagen durch die Rettung Basel, den Kanton Baselstadt/Land und das Regierungspräsidium Freiburg bereits vor und durch Voranmeldungen ist der Kurs bereits sehr gut belegt. Bei einem Notfall auf dem Rhein werden, je nach betroffenem Einsatzabschnitt, eine festgelegte Anzahl an Mitteln primär alarmiert. Dies betrifft sowohl Mittel der „klassischen“ Wasserrettungsorganisationen von Feuerwehr und DLRG, Kantonspolizei Basel-Stadt und Basel-Landschaft als auch Boote beispielsweise der Grenzwacht oder der Hafenpolizei, die sich somit frühzeitig in die jeweiligen vordefinierten Suchraster einordnen. Die Führung aller Mittel erfolgt in der Regel durch die erste eintreffende Führungskraft einer der Beteiligten Organisationen auf einem gemeinsamen Leitkanal — pro Land. Leider war es trotz intensiver Bemühungen bis heute nicht möglich, hier eine unbürokratische Lösung über die Ländergrenzen hinweg zu schaffen. Allerdings: Mit Einführung des digitalen Polycom-Funks in der Stadt Basel im Vorfeld der EM wurde allen deutschen Partnern der Rheinrettung großzügig und unbürokratisch ein entsprechendes Funkgerät zur Verfügung gestellt. Die Betriebskosten für diese Geräte trägt die Berufsfeuerwehr Basel! Somit gibt es hier wenigstens im Bereich des Stadtkantons Basel eine gemeinsame Kommunikationsplattform für alle Beteiligten, egal aus welchem Land und ob zu Wasser, zu Lande oder in der Luft. Die Qualität der Wasserrettung für den Menschen in Not hat sich durch diese Zusammenarbeit über die Euro 08 hinaus wesentlich verbessert. Felix Ihringer, Leiter Einsatz DLRG Bezirke Hochrhein und Markgräflerland Andreas Klingberg, Referent Einsatzdienste, DLRG Bundesgeschäftsstelle 42 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Deutscher Feuerwehrverband Feuerwehr auch im BBK gut vertreten Ab Mitte kommenden Jahres kann mit der Auslieferung der ersten neuen Brandschutzfahrzeuge des Bundes gerechnet werden. Diese Information hat das Präsidium des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) von einer Tagung beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn mitgenommen. Bei der Sitzung nutzte die DFV-Führung die Chance, insbesondere die neue Fahrzeugkonzeption und die geplante Änderung des Zivilschutzgesetzes mit BBK-Präsident Christoph Unger zu erörtern. „Der Doppelnutzen der Zivilschutzfahrzeuge, nämlich kontinuierliche Ausbildung und Einsatzerfahrung auch in Friedenszeiten zu sammeln, ist ein zentrales, fachliches Argument, dem sich der Gesetzgeber nicht verschließen kann. Wir begrüßen, dass dies ausweislich des vorliegenden Gesetzentwurfes auch im Bundesministerium des Innern so gesehen wird“, sagt DFVPräsident Hans-Peter Kröger. Er dankte BBK-Präsident Christoph Unger für die breit angelegte Unterstützung auch der Feuerwehren durch das BBK, sei es zum Beispiel die Beschaffung von Bundesausstattung, die Vermittlung von Engpassressourcen oder die Grundlagenarbeit in der Psychosozialen Unterstützung. Besonders begrüßt der DFV, dass im Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern (GMLZ) beim BBK mit Hans-Helmut Dierks jetzt auch ein offizieller Vertreter der Feuerwehren tätig ist. Der Branddirektor aus Münster war zuletzt im Lagezentrum MIC der Europäischen Union in Brüssel eingesetzt und wurde auf Vorschlag des Ausschusses Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophen- 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 43 schutz und zivile Verteidigung der Innenministerkonferenz (AFKzV) nach Bonn abgeordnet. Weitere Themen, für die das DFV-Präsidium sich bei Unger verwendete, waren die Stärkung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung im Brandschutz sowie die Warnung der Bevölkerung bei großflächigen Schadenslagen. DFV-Vizepräsident Bernd Pawelke verwies auf die neue Generation von Rauchwarnmeldern, die für einen Weckeffekt geeignet sind. In der Selbsthilfe hat eine Arbeitsgruppe des Gemeinsamen Ausschusses Brandschutzaufklärung und -erziehung von DFV und vfdb ein Rahmenkonzept für vier Unterrichtsstunden erarbeitet, berichtete Vizepräsident Ralf Acker- Deutsches Rotes Kreuz Einsatz des DRK im Erdbebengebiet in Sichuan/China Am 12. Mai 2008 um 14:28 Uhr Ortszeit erschütterte ein schweres Erdbeben (Stärke 8 auf der Richter Skala) die Region Wenchuan, 1550 km südwestlich von Peking in der Provinz Sichuan. Die Provinz Sichuan hat etwa so viele Einwohner wie die Bundesrepublik. Die Berge dort sind bis 7500 Meter hoch. Die betroffene Region hat die Ausdehnung von Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Das Beben war das heftigste seit 60 Jahren in China. Es ereignete sich an der Überschiebungszone der indischen und eurasivon links: Vizepräsidenten Hartmut Ziebs und Ulrich Behrendt, BBK-Präsident Christoph Unger, DFV-Präsident Hans-Peter Kröger, Vizepräsidenten Ludwig Geiger, schen Kontinental-Platten. Bernd Pawelke und Ralf Ackermann bei der Tagung im BBK. Nach offiziellen (Foto: S. Jacobs) Angaben wurden bei dem mann. Es soll in Zusammenarbeit mit dem BBK Erdbeben mehr als 70.000 Menschen getötet und weiter ausgearbeitet werden. sö 360.000 verletzt. Mehr als zwei Millionen Häuser wurden zerstört und 5,2 Millionen Häuser sind unbewohnbar. 15 Millionen Menschen wurden obdachlos. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) unterstützte mit Hilfe des Auswärtigen Amtes die Hilfsoperationen in China mit einem mobilen Rotkreuz-Hospital in Dujiangyan, das die Kapazitäten eines Kreiskrankenhauses besitzt. Am 22. Mai wurde das mobile Rotkreuz-Hospital in Berlin-Schönefeld verladen und nach China 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 43 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 44 FORUM geflogen, anschließend in die am stärksten vom Erdbeben betroffene Stadt Dujiangyan transportiert und auf einer abgesperrten Autobahn mit Namen „Straße des Paradieses“ aufgebaut. Das „Krankenhaus aus der Kiste“ mit einem Gesamtgewicht von 50 Tonnen konnte mit Hilfe zahlreicher chinesischer Freiwilliger innerhalb von 52 Stunden errichtet werden. Das elfköpfige deutsche Team stellte dafür die technischen Experten und medizinisches Personal (Ärzte und Schwestern) zur Verfügung, die die chinesischen Kollegen in den ersten Tagen anleiteten und in Technik und Ausstattung einwiesen. Seit dem 26. Mai ist das Rotkreuz-Krankenhaus in Betrieb. So kann trotz zerstörter Infrastruktur die medizinische Grundversorgung von 250.000 Menschen sichergestellt werden. Bereits in den ersten 14 Tagen wurden in dem aus Zelten errichteten Hospital Tausende Überlebende des Erdbebens behandelt — von alltäglichen Notfällen, Kopfwunden, Fußverletzungen, Durchfallerkrankungen bis zu Entbindungen. Täglich werden bis zu 800 Patienten ambulant versorgt. Auch Einsatzfahrzeuge, hier bei der Entladung, gehören zu dem mobilen Rotkreuz-Hospital. (Foto: DRK-Archiv) Die Behandlung erfolgt durch rund 100 Ärzte und Schwestern aus Dujiangyan und Shanghai, wobei viele der Kollegen aus der Region selbst obdachlos sind und nach ihrem Schichtdienst im Krankenhaus in Zelten auf dem Gelände leben. 44 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Am 15. Juni überreichte Außenminister Frank-Walter Steinmeier den 100 chinesischen Ärzten und Schwestern zwei EKGs als Geschenk. Im Anschluss an den hohen Besuch übergab das deutsche Rotkreuz-Team das Hospital an Haijing Wang, den Generalsekretär des Chinesischen Roten Kreuzes. Svenja Koch Johanniter-Unfall-Hilfe Katastropheneinsatz in Birma Mit einer Geschwindigkeit von mehr als 250 Stundenkilometern hinterließ Wirbelsturm Nargis am 2. Mai an Birmas Küste eine Schneise der Verwüstung: mehr als 130.000 Menschen starben oder wurden vermisst, unzählige Häuser stürzten ein, Hunderttausende verloren ihr Hab und Gut. Hilfsorganisationen aus aller Welt boten umgehend ihre Unterstützung an. Doch die Regierung des Landes wollte keine internationalen Helfer ins Land lassen und die gespendeten Hilfsgüter ohne Kontrolle durch die Geber verteilen. Nach ausführlicher Lageeinschätzung beschloss der Bundesvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe am 6. Mai dennoch den Einsatzfall für Birma auszurufen. Im Lagezentrum der Bundesgeschäftsstelle in Berlin wurde ein Stab installiert. Ein erstes vierköpfiges Johanniter-Assessment-Team mit Helfern aus verschiedenen Landesverbänden wurde in Bereitschaft versetzt mit der Aufgabe, vor Ort den konkreten Hilfebedarf zu ermitteln, Hilfsmaßnahmen einzuleiten und Kontakte zur Organisationen vor Ort aufnehmen. Tatsächlich stellte die birmesische Botschaft in Berlin Visa aus, so dass sich das Team am 9. Mai auf den Weg machen konnte. Damit gehörten die Johanniter zu den wenigen Organisationen, die ins 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 45 Land gelassen wurden. Es gelang ihnen, gleich nach Ankunft Rangun zu verlassen und — bepackt mit Reis und Moskitonetzen — immerhin nach Kungyangon — 50km südlich von Rangun — vorzudringen. Weiter ins Irrawady-Delta hinein zu fahren erwies sich aufgrund der Militärkontrollen auch für sie als schwierig. Umso wichtiger wurde der Kontakt zu lokalen Partnern im Delta. So kauften die Helfer in Apotheken in Rangun Medikamente gegen Durchfallerkrankungen, Antibiotika, Schmerzmittel und Verbandmaterial. Die Partnerorganisation ADRA zum Beispiel, mit der die Johanniter in Aktion Deutschland Hilft kooperieren und die schon vor der Katastrophe in Birma arbeitete, übernahm dann die Verteilung im Delta. Von Frankfurt/Hahn aus konnten die Johanniter mit einem Flug des Technischen Hilfswerkes ein WHO-Kit sowie ein medizinisches Spezial-Kit nach Birma bringen. Mit einem WHO-Kit kann die medizinische Versorgung von 30.000 Menschen einen Monat lang sichergestellt werden. Das Spezial-Kit enthielt Medikamente für 10.000 Patienten, die an Malaria, Knochenbrüchen und Durchfallerkrankungen litten. Ein vierköpfiges lokales Ärzteteam, mit dem die Mitarbeiter vor Ort ständig in Kontakt standen, hatte berichtet, dass Haut-, Augen- und Durchfallerkrankungen sowie Atemwegsinfektionen die häufigsten Krankheiten waren, mit denen die Katastrophenopfer zu kämpfen hatten. Später flog auch ein Airbus des Auswärtigen Amtes medizinische Hilfsgüter der Johanniter nach Rangun. Das Einsatzteam nahm sie am Flughafen in Empfang, verteilt wurden sie wieder mit Hilfe ortsansässiger Organisationen. Die Ankündigung des UN-Generalsekretärs am 23. Mai, dass Birma ohne Einschränkungen ausländische Helfer und Hilfsgüter ins Land lassen wolle, nahmen die Johanniter mit großer Freude, aber auch mit Zurückhaltung auf. Sie wollten zunächst selber vor Ort prüfen, ob sie wirklich uneingeschränkt Hilfe für die Katastrophenopfer im Irrawaddy-Delta leisten können. Tatsächlich konnten sie ins Landesinnere fahren. An allen Militärkontrollen wurden sie problemlos durchgewunken. Wenige Tage später machte ein neues Johanniter-Einsatzteam eine andere Erfahrung: Es wurde nicht ins Delta durchgelassen. Da nicht sicher war, ob dem neuen Johanniter-Team tatsächlich eine Reisegenehmigung für das Delta ausgestellt werden würde und wenn ja, für wie lange, wurde es nach Berlin zurückbeordert. Am 7. Juni, fünf Wochen nach dem verheerenden Wirbelsturm, beendeten die Johanniter ihren Nothilfeeinsatz in Birma. Der Einsatzstab in der Bundesgeschäftsstelle wurde aufgelöst, die weitere Planung und Umsetzung von Projektaktivitäten in Birma dem Fachbereich Asien der Hilfsorganisation übergeben. Insgesamt haben die Johanniter — trotz schwieriger Bedingungen vor Ort — in der Soforthilfephase rund 170.000 Patienten mit Medikamenten versorgen können. Eine Mitarbeiterin der Bundesgeschäftstelle der Johanniter-Unfall-Hilfe soll ab August die Aufbauarbeit der Johanniter im medizinischen Bereich in Birma koordinieren und dabei — wie es ohnehin Warten auf Hilfe ... Strategie der Johanniter-Auslandshilfe ist — wieder eng mit lokalen Organisationen zusammenarbeiten. Die Aufbauarbeit wird aus Spendenmitteln finanziert. Regina Villavicencio 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 45 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 46 FORUM Leitfaden für Radiologische Gefahren erschienen Die Bundesgeschäftsstelle der Johanniter-Unfall-Hilfe hat in Zusammenarbeit mit der Johanniter-Akademie sowie externen Fachkräften einen Leitfaden mit Handlungsempfehlungen bei Schadenslagen mit ra- Malteser Hilfsdienst Mit Blaulicht und Sirene im Volksfesttrubel Sanitätsdienst auf dem Bremer Freimarkt Rettungshelfer Stefan John blickt zu seiner Kollegin, Sanitätshelferin Kathrin Siemer. Sie hält das Funkgerät dicht ans Ohr. Er ahnt schon, was jetzt kommt: „Wir haben einen Einsatz!“ Gemeinsam mit Sanitätshelfer David Jumpertz sind sie in der Menschenmenge des Bremer Freimarkts unterwegs, doch nicht um Nervenkitzel in einem der zahlreichen Fahrgeschäfte zu erleben. Sie sind hier, weil sie helfen wollen. Ehrenamtlich. Sie sind das Team 1, Malta 83/16-1 des Malteser Sanitätsdienstes auf dem Bremer Freimarkt, einem der größten Volksfeste in Norddeutschland. Jetzt heißt es schnell sein. Ein Mann soll in einem Bierzelt liegen. „Hier entlang!“ Ein junger Mann spricht die Malteser an. Sein Freund hat sich in einem Fahrgeschäft den Brustkorb gestoßen. Stefan John mustert den Patienten. Er liegt auf einer Holzbank und erklärt, dass er wegen Schmerzen in der Rippe nicht aufstehen könne. Ehrenamtlich helfen dioaktiven Stoffen beziehungsweise ionisierender Strahlung herausgegeben. Nach Broschüren zu chemischen und biologischen Gefahrenlagen ist dies die dritte Arbeitshilfe für Rettungsfachpersonal, die praktische Verhaltenstipps gibt. Sie wurde von den Fachexperten Prof. Dr. Bernd Domres und Dr. rer. nat. Horst Miska unter enger Anlehnung an die FW-DV 500 erarbeitet und berücksichtigt damit neueste Erkenntnisse und Empfehlungen der Fachebene. Zusätzlich wurde eine Unterrichtsreihe für Fach- und Lehrpersonal sowie eine Hintergrundinformation für Lehr- und Führungskräfte erstellt. Die Broschüre und die Lehrmaterialien können bei [email protected] angefordert werden. Leander Strate 46 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Die Gefahr, dass sich bei ihm eine Rippe in die Lunge gedrückt hat, ist zu groß — der Rettungswagen (RTW) muss her. Stefan John ruft per Funk den Rettungsassistenten Maik Hilbert mit dem RTW an der Basis des Sanitätsdienstes. Als der Mann abtransportiert wird, kann er schon wieder lächeln. Seine Begleiter verabschieden ihn mit Applaus. Das freut auch Stefan John. „Vielleicht war der ganze Aufwand etwas viel, aber das Risiko war zu groß. Der Patient hatte starke Schmerzen.“ Erste Untersuchungen werden im RTW unternommen, den die Malteser vom Gelände dirigieren. Im Laufschritt, mit Blaulicht und Sirene, geht es an den Menschenmassen vorbei zur Basis. Von dort 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 47 fährt der RTW zum Krankenhaus St. Joseph Stift. Stefan John atmet auf. Der erste Einsatz liegt hinter ihm. Verband der Arbeitsgemeinschaften der Helfer in den Regieeinheiten/einrichtungen des Katastrophenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland e.V. Ein Schlüsselerlebnis Er weiß, warum er hier ehrenamtlich arbeitet, während die anderen feiern. Bevor er vor etwa sieben Jahren zu den Maltesern kam, gab es ein Schlüsselerlebnis. Stefan John kam mit seiner kleinen Tochter aus einem Laden — da lag ein Mann vor ihm auf dem Boden, der keine Luft bekam. Stefan John konnte nicht mehr helfen und sah mit an, wie der Mann starb. „Ich muss was tun“, dachte er sich. So kam er nach dem Vorfall zu den Maltesern. Heute ist er Sanitätshelferin Kathrin Siemer, Sanitätshelfer David Jumpertz und Rettungshelfer Stefan John (v. l.) dirigieren den RTW vom Bremer Freimarktgelände. (Foto: MHD) beim Malteser Sanitätsdienst und beim Katastrophenschutz tätig. „Sechzehn-drei macht euch mal fertig“ — eine deutliche Ansage schallt aus der Einsatzleitung. Die Anweisung ging an eine der vier Malteser Fußstreifen, die heute über das Freimarktgelände gehen. Auch Stefan Johns Gruppe will sich nun wieder „auf eine Runde“ machen. Einmal im Uhrzeigersinn über den Freimarkt. „Mal gucken, ob wir die Runde diesmal schaffen.“ Alle drei lachen. Auch diesmal werden sie es nicht schaffen, denn bald schon heißt es wieder: “Wir haben einen Einsatz!“ Paradigmenwechsel im Bevölkerungsschutz und der Katastrophenvorsorge Klimawandel, neue Ausbreitungswege von Infektionskrankheiten und Tierseuchen sowie die wachsende Furcht vor Terroranschlägen haben in Deutschland die Diskussion um einen angemessenen Bevölkerungsschutz neu entfacht. Noch im Herbst dieses Jahres will die Bundesregierung den Entwurf eines neuen Bevölkerungsschutzgesetzes in den Bundestag einbringen. Die bisher strenge Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern soll darin aufgegeben werden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hält die bisherige klassische Trennung der Verantwortung des Bundes für den Zivilschutz im Verteidigungsfall und der Länder für den Katastrophenschutz für nicht mehr zeitgemäß; eine Erkenntnis, die die ARKAT seit ihrer Gründung vertreten hat. Es ist deshalb zu begrüßen, wenn der Bund künftig zentrale Koordinierungsaufgaben im Fall von großflächigen und länderübergreifenden Gefahrenlagen wieder wahrnehmen will. Zu beklagen ist jedoch, dass Trägerorganisationen im Vorfeld des angekündigten Gesetzgebungsverfahrens kaum beteiligt wurden. Mit Sorge verfolgen diese auch Entwicklungen, zwischen den jeweiligen Hilfeleistungsträgern künftig differenzieren zu wollen. Ein Beispiel dafür gibt der jüngste Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über das Deutsche Rote Kreuz, in dem zwischen dem Deutschen Roten Kreuz als der freiwilligen Hilfsgesellschaft der deutschen Behörden im humanitären Bereich und anderen Hilfsgesellschaften (Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. und Malteser Hilfsdienst e. V.) unterschieden und in einem DRK-Gesetz deren Rechtsstellung und Aufgaben ge- 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 47 11 s34 Forum 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:31 Seite 48 FORUM regelt werden sollen. Deshalb wird die ARKAT als Verband der Helferinnen und Helfer in den Regieeinheiten und –einrichtungen im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens für das neue Bevölkerungsschutzgesetz sorgfältig darauf achten, dass Rechtsstellung und Mitwirkungsmöglichkeiten von Regieeinheiten und –einrichtungen nicht eingeschränkt werden. Sowohl die demografische Entwicklung als auch die beabsichtigten strukturellen Veränderungen, z. B. im CBRN-Bereich, werden ohnehin die Präsenz von Regiepersonal eher wieder stärken. So ist manchen administrativen Verantwortungsträgern offensichtlich nicht bewusst, dass Regiepersonal bzw. –helfer in vielen Bereichen personelle Lücken im Bevölkerungsschutz schließen, wenn Aufgaben von Hilfsorganisationen, Feuerwehren oder Technischem Hilfswerk nicht übernommen werden. So verteilen sich beispielsweise die Anteile der Helferinnen und Helfer des Katastrophenschutzes des Landes Hessen auf folgende Aufgabenträger1: • Feuerwehr (65,5 %), • DRK (17,8 %), • Regie-Einheiten der KatS-Behörden (5, 8 %), • DRLG (3,6 %), • ASB (2,6 %), • MHD (2.6 %) und • JUH (2,1 %). Anders als bei den Beratungen zum Zivilschutzgesetz (ZSG) vom 25. März 1997 verfügen die Hilfeleistungsträger mit der Ständigen Konferenz für Katastrophenvorsorge und Bevölkerungsschutz (SKK) heute über ein kompetentes und integratives Forum, um gemeinsam vertretene Grundforderungen im öffentlichen und politischen Raum einbringen zu können. Der Trägerkreis der SKK, dem auch die ARKAT angehört, bereitet gegenwärtig unter Federführung des Vorsitzenden der SKK, Dr. Karsten Ocker, ein Thesenpapier zur künftigen Katastrophenvorsorge in Deutschland vor. An diesen Prüfsteinen werden sich Entwicklungen in diesem wichtigen Bereich staatlicher Daseinsvorsorge messen lassen müssen. Zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz erfährt diese anspruchsvolle Staatsaufgabe gegenwärtig auch durch Wissenschaft und Forschung. Katastrophen- und Sicherheitsforschung wird erstmalig im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm (2007-2014) als ei- 48 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 gener prioritärer Themenschwerpunkt angesprochen und mit 1,3 Mrd. Euro gefördert. Auch das Förderprogramm der Bundesregierung zur Sicherheitsforschung stellt die Forschung für zivile Sicherheit erstmals in einen interdisziplinären Gesamtzusammenhang. Das Sicherheitsforschung ist hierin kein reines Technologieprogramm, sondern beinhaltet auch innovative Organisations- und Handlungsstrategien mit Beteiligung von Geistes- und Sozialwissenschaften sowie den Wissens- und Technologietransfer. Es umfasst die „Szenarienorientierte Sicherheitsforschung“ mit Kernelementen wie Schutz und Rettung von Menschen, Schutz von Infrastrukturen, Schutz vor Ausfall von Versorgungsstrukturen und Sicherung der Warenketten. Es zielt zum anderen auf die Erforschung von Querschnittstechnologien wie z. B. Integrierte Schutzsysteme für Rettungs- und Sicherheitskräfte und Multi-Sensorsysteme für chemische, biologische, radiologische, nukleare oder explosive Gefahrstoffe (CBRNE-Gefahren) Allein über 100 Bundeseinrichtungen und Institute der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, der Max-Planck-Gesellschaft, der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz sowie der Fraunhofer-Gesellschaft sind derzeit an Aktivitäten auf dem Gebiet der Sicherheitsforschung beteiligt. Hinzu kommt das Potenzial von deutschen Hochschulen und Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Wirtschaft, um die die „Landkarte der zivilen Sicherheitsforschung“ noch zu vervollständigen wäre. Alles in allem vollziehen sich ermutigende Schritte für ein Umdenken in der Wahrnehmung von Schutzverpflichtungen. Neuen Rechtsgrundlagen und Empfehlungen aus der Forschung müssen jedoch langfristig verbindliche Finanzierungskonzepte zu deren praktischer Umsetzung folgen. Andernfalls würde man den neuen Herausforderungen für die Erfüllung der staatlichen Kernaufgabe Bevölkerungsschutz wohl kaum gerecht werden können. Klaus-Dieter Kühn 1 Nicht in allen Bundesländern wird die aktuelle Stärke von Regieeinheiten und –einrichtungen auf der Grundlage von Meldungen der Landkreise und kreisfreien Städte erfasst. ARKAT bittet deshalb dieKatastrophenschutzbehörden, den Aufstellungsstand von Regieeinheiten und –einrichtungen mit Standort und Stärke mitzuteilen an: ARKAT, Postfach 4737, 38037 Braunschweig. 12 s49 Nachrichten:Layout 1 14.08.2008 14:34 Seite 49 NACHRICHTEN CTIF-Ehrenpräsident Robert Dollinger verstorben DFV-Führung würdigt Verdienste um das Ehrenamt und die Facharbeit Der frühere Präsident des Internationalen Feuerwehrverbandes CTIF, Colonel Robert Dollinger, ist im Alter von 80 Jahren bei Straßburg (Frankreich) verstorben. Die deutschen Feuerwehren haben vor allem von Dollingers Einsatz für das Ehrenamt und die Facharbeit auf internationaler Ebene profitiert. „Sein Wirken ist bis heute in guter Erinnerung vieler Feuerwehr-Führungskräfte in Deutschland. Das zeigt die große Anteilnahme an Tode Colonel Dollingers, die wir in Gesprächen und Nachrichten der vergangenen Tage erfahren haben“, sagt Hans-Peter Kröger, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV). Dollinger war Leiter der Feuerwehr Straßburg und Präsident des französischen Feuerwehrverbandes. Von 1978 bis 1981 amtierte er als Generalsekretär und von 1981 bis 1989 als Präsident des Weltfeuerwehrverbandes, dann wurde er Ehrenpräsident. „Er hat das CTIF in der Facharbeit vorangebracht, und er hat den Ländern einen bessere Position im Verband verschafft, in denen der Brandschutz überwiegend von Freiwilligen Feuerwehren getragen wurde“, erinnert sich DFV-Ehrenpräsident Hinrich Struve. „Colonel Dollinger war ein besonderer Mensch: Von ausgleichendem Wesen und vornehmender Bescheidenheit, hilfsbereit und durchsetzungsstark. Er hat seine Spuren hinterlassen.“ Struve und sein Vorgänger Albert Bürger pflegten enge Kontakte zu Colonel Dollinger, der Bürger für seine Dokumentation „Die Feuerwehren – Vorkämpfer Europas“ besonders auszeichnete. Darüber hinaus hatte Dollinger als Elsässer enge Verbindungen nach Baden-Württemberg. Sinnbild dafür mag seine Amtsübernahme bei der Feuerwehr-Olympiade 1981 in Böblingen sein, wo in dieser Woche die Deutschen Meisterschaften der Feuerwehr-Wettbewerbe stattfinden. DFV-Präsident Kröger würdigte deshalb die Verdienste Dollingers auch bei der Eröffnung der diesjährigen Feuerwehr-Meisterschaften. Kröger: „Es ist sein dauerhaftes Verdienst, dass das Ehrenamt in den Feuerwehren im internationalen Netzwerk unserer Organisation und damit in Po- litik und Gesellschaft gestärkt wurde. Die Intensivierung der Facharbeit kam auch den deutschen Feuerwehren zugute, die unser Verband in den CTIFKommissionen vertritt.“ Gemeinsam mit DFV- und CTIF-Vizepräsident Ralf Ackermann und Bundesjugendleiter HansPeter Schäfer (Deutsche Jugendfeuerwehr) kondolierte Kröger der Familie Dollinger. DFV-Vizepräsident Ulrich Behrendt vertrat den Deutschen Feuerwehrverband bei der Trauerfeier in Illkirch-Graffenstaden. DFV Auszeichnung für LÜKEX-Koordinator Wolfgang Grambs erhielt am 16. Juni 2008 für seine Leistungen als Koordinator der länderübergreifenden Krisenmanagementübungsserie LÜKEX von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble in Berlin das Bundesverdienstkreuz. Dr. Wolfgang Schäuble und Wolfgang Grambs. (Foto: BMI/Grünewald) Nach Grambs Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bei der Bundeswehr, stellte er seine Erfahrungen in der zivilmilitärischen Zusammenarbeit der BBK eigenen Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz zur Verfügung. 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 49 12 s49 Nachrichten:Layout 1 14.08.2008 14:34 Seite 50 NACHRICHTEN Als Gesamtkoordinator der 2004 neu eingerichteten Projektgruppe LÜKEX im BBK hat Grambs die Konzeptentwicklung für eine neue zivile Krisenmanagementübung vorangetrieben. Sein großes persönliches Engagement, die gesamtstaatliche Übung als Element der Krisenvorsorge zu etablieren, trägt wesentlich dazu bei, dass die Übungen LÜKEX in dieser interdisziplinären und akteurübergreifenden Art und Weise durchgeführt werden können. Damit ist die Bundesrepublik im Falle einer Krise oder Katastrophe noch besser gerüstet. Mit der Übungsserie LÜKEX wurde unter Beachtung der föderalen und der Ressortzuständigkeiten erstmals eine Möglichkeit geschaffen, das gesamtstaatliche Handeln in einer Krise zu beüben und die Wirtschaft aktiv einzubinden. Bei Bund und Ländern ist die Übung zwischenzeitlich etabliert sowie von der Wirtschaft als gemeinsame Übungsplattform angenommen worden. Darüber hinaus findet sie international große Beachtung. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, in einem zweijährigen Rhythmus die Serie fortzuführen. Margit Lehmann Ausgemusterter Zivilschutz-Hubschrauber dient gutem Zweck Über 30 Jahre flog die BO 105 als orangener Zivilschutz-Hubschrauber Einsätze bei der Luftrettung in Deutschland. Seit dem 11. Juni 2008 ehrt eine neue Wohlfahrtsmarke aus der Reihe „Luftfahrzeuge“ die Einsätze der alten Maschine. Eigens zur Vorstellung der Marke flog Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit dem ZivilschutzHubschrauber am Schloss Bellevue ein. Da die alten BO 105 ausgemustert sind, war der Flug über das Schloß Bellevue für den Zivilschutz-Hubschrauber dieses Typs wohl der letzte. Interesse fand der Zivilschutz-Hubschrauber auch bei Bundespräsident Horst Köhler. Christoph Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, erläuterte ihm den Unterschied zwischen Rettungshubschraubern und den bundeseigenen Zivilschutz-Hubschraubern und wies auf die Bedeutung der Luftrettung in Deutschland hin. 50 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 Der auf der Marke abgebildete orangefarbene Luftretter mit dem Funkrufnamen „Christoph 2“ war bis Februar 2008 im Luftrettungszentrum Frankfurt am Main stationiert. Das Bild von Christoph 2 hat Fotograf Marc Dickler von der Berufsfeuerwehr Frankfurt auf dem Landeplatz der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Frankfurt am Main aufgenommen. Aufgrund neuer europäischer Luftfahrtvorschriften fand in der bundeseigenen Luftrettung ein Generationswechsel der Einsatzmaschinen statt. Im Auftrage des Bundesministeriums des Innern hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe alle zwölf Luftrettungszentren mit den neuen Zivilschutz-Hubschraubern vom Typ EC 135 T2i ausgerüstet. Die Wohlfahrtsmarke (Quelle: © Marc Dickler; Zeichnung: © Deutsches Museum München) wird an die Zeit der BO 105 in der Luftrettung des Bundes erinnern. Christine Zachmann Mit Hightech in die Lüfte Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung In Begleitung eines großen Medienaufgebots eröffnete Bundeskanzlerin Angela Merkel am 27. Mai die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin. Die Ausstellung war auch in diesem Jahr Publikumsmagnet. Rund 241.000 Besucher zeigten sich von den verschiedenen Schwerpunkten wie der Raumfahrt, den Flugkünsten und den Hubschraubern begeistert. Ebenfalls interessiert zeigte sich Peter Altmaier, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesmi- 12 s49 Nachrichten:Layout 1 14.08.2008 14:34 Seite 51 nister des Innern, der mit Gunter Carloff, dem Leiter der Bundespolizei-Fliegergruppe, die Ausstellung von Bundespolizei und Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) besuchte. Schwerpunkt der Ausstellung war die Luftrettung des Bundes mit den neuen Zivilschutz-Hubschraubern vom Typ EC 135 T2i. Sie sei eine wichtige Stütze des Hilfeleistungssystems in Deutschland, sagte Altmaier. Weiter äußerte er sich positiv über das Konzept der Luftrettung, das mit 51 Luftrettungszentren eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gewährleistet. Besonders lobte Altmaier das ehrenamtliche Engagement der an der Luftrettung Beteiligten. Besatzungsmitglieder von Christoph 7, Christoph 12 und Christoph 17 betreuten den Ausstellungsstand, erläuterten den Besuchern die Zusammenhänge in der bundeseigenen Luftrettung und boten Interessierten die Gelegenheit zu einem Rundflug im Flugsimulator. Mehr als 300 Fluggeräte konnten die Besucher der ILA bewundern. Während der täglichen Flugvorführungen bewiesen die Piloten ihr Können und demonstrierten die Eigenschaften ihrer Flugzeuge und Hubschrauber. Besondere Aufmerksamkeit erhielt das derzeit größte Passagierflugzeug, der Airbus A 380. Mit dem Transportflugzeug C-17 Globmaster III von Boeing präsentiert sich die US Air Force. Anlässlich des 50. Jahrestages der Berliner Luftbrücke taufte es der damalige US-Präsident Bill Clinton im Jahre 1998 auf den Namen „Spirit of Berlin“. Das diesjährige Partnerland Indien zeigt den leichten und wendigen Militärhubschrauber Mi-24 V Hind. Nur am zweiten Tage gab es einen kleinen Zwischenfall als eine Messerschmitt Bf 109G-10 die Landesbahn verfehlte und mit gebrochenem Fahrwerk neben dem Rollfeld auf der Wiese landete. Die Flugschau musste für mehr als eine Stunde unterbrochen werden. Dem Piloten war jedoch nichts passiert. Christine Zachmann Rheinland-Pfalz-Tages 2008 Anlässlich des Rheinland-Pfalz-Tages 2008 hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit einer Sonderschau seine Akade- mie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) vielen Besuchern des Landesfestes vorgestellt. Seit nunmehr 55 Jahren befindet sich die Ausbildungsstätte der Bundesrepublik für Führungskräfte und Helfer im Zivil- und Bevölkerungsschutz in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Karl Peter Bruch, Kurt Beck, Christoph Unger und Peter Grüßner(v.l.). (Foto: BBK) Prominenteste Besucher des BBK-Standes waren Ministerpräsident Kurt Beck und sein Staatsminister des Innern und für Sport, Karl Peter Bruch. BBK-Präsident Christoph Unger erläuterte den Gästen die Bedeutung der AKNZ als zentrale Bildungs- und Forschungseinrichtung für den Zivil- und Katastrophenschutz. Die Akademie nimmt daher eine Schlüsselaufgabe im integrierten und effizienten Gefahrenabwehrsystem der Bundesrepublik Deutschland wahr. Ministerpräsident Beck zeigte sich beeindruckt von der Kapazität und den Leistungen der AKNZ und vom Wirtschaftspotenzial das für die Stadt und den Landkreis Bad Neuenahr-Ahrweiler nicht unbeachtlich ist. Im Anschluss an den Besuch des Ministerpräsidenten konnte Präsident Christoph Unger noch Feuerwehrführungskräfte aus Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Luxemburg im Informationszelt des BBK begrüßen. 250 000 Besucher an den drei Veranstaltungstagen waren nicht nur für Rheinland-Pfalz ein Erfolg, in Teilen auch für das BBK. rs 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 51 13 s52 Termine 3-08:Layout 1 14.08.2008 14:35 Seite 56 TERMINE Termine 2008 23. bis 24.August 2008: Tag der offenen Tür der Bundesregierung Ort: verschiedene Info: www.bundesregierung.de * 29. bis 30. August 2008: akut - Deutsches Forum für Notfallmedizin und Rettung Ort: Messe und Congress Centrum Bremen Info:www.akut-bremen.de * 15. bis 17. September 2008: 17. Forum ZMZ im Gesundheitswesen 2008 Ort: Bad Neuenahr-Ahrweiler * 18. bis 20. September 2008: FLORIAN. Fachmesse für Feuerwehr, Brandund Katastrophenschutz Ort: Sinsheim Info: www.messe-florian.de/florian2008 * 18. bis 20. September 2008: aescutec. Kongressmesse für Notfallmedizin, Ret- 52 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2008 tungsdienst und Katastrophenmanagement Ort: Sinsheim Info: www.aescutec.de * 8. bis 9. Oktober 2008: 4. Europäischer Katastrophenschutzkongress Ort: Bonn-Bad Godesberg Info: www.disastermanagement.eu * 7. bis 10. Oktober 2008: security Messe für Sicherheit und Brandschutz Ort: Essen Info: www.securitymesse.de * 9. bis 11. Oktober 2008: Anforderungen an den Sanitätsdienst von morgen. 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin & Wehrpharmazie e.V. (VdSO) Ort: Hamburg Info: www.vdso.org * 14. bis 15. November 2008: Forum Brandschutzerziehung und -aufklärung Ort: Hanau Info: DFV und vfdb 20. bis 23. November 2008 Kurs zum Erwerb der Qualifikation „Leitender Notarzt“ Ort: Staatliche Feuerwehrschule RegensburgLappersdorf Info: www.blaek.de * Termine 2009 3. bis 8. März 2009: CeBIT 2008 Ort: Hannover Info: www.messe.de * 13. bis 15. Mai 2009: RETTmobil. Europäische Leitmesse für Rettung und Mobilität Ort: Fulda Info: www.rettmobil.com * Termine 2010 7. bis 12. Juni 2010: INTERSCHUTZ. Internationale Leitmesse für Rettung, Brand-/Katastrophenschutz und Sicherheit. Ort: Leipzig Info: www.interschutz.de IMPRESSUM Anschrift der Redaktion: Postf 1867, 53008 Bonn Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums des Innern vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Provinzialstraße 93, 53127 Bonn Verlag: BBK, Internet: http://www.bbk.bund.de E-Mail: [email protected] Erscheint im Februar, Mai, August und November. Redaktionsschluss ist jeweils der 1. Werktag des Vormonats. Chefredaktion: Ursula Fuchs Tel.: 022899-550-3600 Redaktion: Nikolaus Stein Tel.: 022899-550-3609 Rainer Schramm Tel.: 022899-550-3605 Margit Lehmann Tel.: 022899-550-3611 Christine Zachmann Tel.: 022899-550-3614 Fax 022899-550-3620 Layout: Nikolaus Stein Druck, Herstellung und Vertrieb: Moeker Merkur Druck GmbH Radeberger Straße 216-224 50968 Köln Postf. 510808, 50944 Köln Tel.: 0221-74908-0 Fax: 0221-74908-18 Manuskripte und Bilder nur an die Redaktion. Für unverlangt eingesandte Beiträge keine Gewähr. Nachdruck einzelner Beiträge, auch im Auszug, nur mit Quellenangabe und mit Genehmigung der Redaktion gestattet. Mit Namen gezeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers wieder und müssen nicht unbedingt mit der Auffassung der Redaktion übereinstimmen. Einzelpreis ¤ 1,90 Abonnement jährlich ¤ 7,50 zzgl. Porto und Versandkosten. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift im Falle höherer Gewalt oder bei Störung des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Haftung. 14 u3-KuGuSchu 3-08:Layout 1 14.08.2008 13:25 Seite 1 KULTURGUTSCHUTZ IN DEUTSCHLAND Heute: Kaiserpfalz Gelnhausen, Hessen Unterhalb der Stadt Gelnhausen, die 1170 von Kaiser Friedrich Barbarossa gegründet wurde, liegt die Kaiserpfalz auf einer kleinen Insel des Flüsschens Kinzig. Die schriftlichen Quellen geben nur vage Auskünfte über die Entstehungszeit der Pfalz. Dennoch können wir heute davon ausgehen, dass sie gegen 1180 fertiggestellt wurde. Darauf weisen die Datierung von Pfählen unter den Fundamenten und Schmuckformen hin. Die Kaiserpfalz Gelnhausen unterstreicht die Bedeutung dieses Ortes für die Politik der Staufer. Friedrich Barbarossa wollte hier die Gegenwart des staufischenen Kaisertums demonstrieren, indem er die Anlage in die Reihe der Pfalzen aufnahm, in denen die mittelalterlichen Herrscher wechselnd residierten und die Regierungsgeschäfte erledigten. Die als Wasserburg gebaute Pfalz bestand aus einer ummauerten Kernburg und der Vorburg. Obwohl die Pfalz die Anlagenform einer Burg besaß, wurde sie nicht zum Zwecke der Verteidigung errichtet. In der Vorburg lagen die Wirtschaftsgebäude und die Höfe der Burgbesatzung, so genannter Burgmannen. Später entwickelte sich daraus eine kleine Siedlung. Diese Vorburg ist weitläufig und umfasst die Kernburg an der Nord- und Westseite. Zunächst besaß die Vorburg Graben, Erdwall und Palisaden zur Absicherung. Im 15. Jahrhundert entstanden Mauern, Zwinger und drei Tortürme. Die Kernburg war dem kaiserlichen Hofstaat vorbehalten. Die wesentlichen Bestandteile der Burg wie Ringmauer, Palas und Kapelle sind noch vorhanden oder in Resten erhalten. Das romanische Rundbogentor der Kernburg ist nahezu unverändert erhalten. Ein runder Bergfried mit 16 Metern Durchmesser sollte auf der östlichen Hofseite errichtet werden; fertiggestellt wurde jedoch nur der Sockel. Der quadratische Turm auf der Westseite diente als Torturm und Bergfried zugleich. Durch das ein- Die drei Hauptbauten der Kernburg Tortum, Torhalle und Palas, v.l.n.r. Die Torhalle ist der einzige vollständig erhaltende Raum der Kaiserpfalz. (Mit freundlicher Genehmigung der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen) zige Tor im Westen tritt man in die Torhalle, die sich in zwei Korbbögen zum Hof öffnet. cz 3 2008 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 15 u4 3-08:Layout 1 14.08.2008 13:43 Seite 1 Bevölkerungsschutz Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Postfach 1867, 53008 Bonn PVSt, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, G 2766 Nicht erst seit dem alarmierenden 4. Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung der Vereinten Nationen Anfang des Jahres 2007 ist der Klimawandel weltweit ins Blickfeld geraten; zu offensichtlich sind auch für Laien die Symptome geworden (das Titelbild zeigt den Aletschgletscher, der sich, wie die anderen Alpengletscher auch, nicht mehr nur messbar auf dem Rückzug befindet). Ursachen, mögliche Auswirkungen und mögliche Vorbereitungen werden in dieser Ausgabe (S. 2-15) erläutert. Mehr als 30 Jahre lang war die BO 105 als ZivilschutzHubschrauber des Bundes im Einsatz; mittlerweile wurde sie vollständig durch den Typ EC 135 T2i ersetzt. An die lange Tradition erinnert nun eine Wohlfahrtsmarke, die im Beisein von Bundespräsident Horst Köhler der Öffentlichkeit vorgestellt wurde (o.v.l.: Wolfgang Lohman, BPOL, Bundesfianminister Peer Steinbrück, Edgar Henseler, BPOL, BBKPräsident Christoph Unger, Bundespräsident Horst Köhler, Peter Neher, Caritas, Gunter Carloff, BPOL). (Titelfoto: ©thopix/PIXELIO; Foto oben: Stefanie Plick, BAGFW) Literaturangaben zu „Der Klimawandel in Deutschland“ Bevölkerungsschutz 3-2008, S. 2 ff. [1] BMBF-Homepage: Die Hightech-Strategie zum Klimaschutz (www.bmbf.de). [2] Pressemitteilung der Helmholtz-Gemeinschaft vom 30.01.2008 (www.helmholtz.de). [3] Umweltbundesamt (UBA): Klimawandel in Deutschland, Vulnerabilität und Anpassungsstrategien klimasensitiver Systeme; Climate Change 08/05. [4a] IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) (2007): Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Summary for Policymakers; pp18. [4b] IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) (2007): Climate Change 2007, hier: Kernaussagen des Syntheseberichtes zum 4. Sachstandsbericht (AR4) des IPCC über Klimaänderungen (2007), BMU und BMBF. [5] O. Bubenzer und U. Radtke, Natürliche Klimaänderungen im Laufe der Erdgeschichte; in: W. Endlicher und F.-W. Gerstengarbe (Hrsg.): Der Klimawandel – Einblicke, Rückblicke und Ausblicke – Potsdam, 2007. [6] D. Lüthi et. al.: High-resolution carbon dioxide concentration record 650,000 – 800,000 years before present; in: Nature Vol 453, p 379-382 und L. Loulergue et. Al.: Orbital and millennial-scale features of atmospheric CH4 over the past 800,000 years; in: Nature, Vol 453, p 383-386. [7] S. Rahmstorf und H. J. Schellnhuber: Der Klimawandel, Verlag C.H. Beck, 4. Auflage 2007. [8] E. Roeckner: Wie wird das Klima in Europa in der Mitte des 21. Jahrhunderts aussehen?; MaxPlanck-Institut für Meteorologie, Hamburg, 2007, (www.mpimet.mpg.de). [9] Cubasch, U. und D. Kasang, 2000: Anthropogener Klimawandel; Klett-Perthes-Verlag, Stuttgart, ISBN 3-623-00856-7, 128 S. [10] P.C. Werner, F.-W. Gerstengarbe: Welche Klimaänderungen sind in Deutschland zu erwarten?; in: W. Endlicher und F.-W. Gerstengarbe (Hrsg.): Der Klimawandel – Einblicke, Rückblicke und Ausblicke – Potsdam, 2007. [11] Zahlen und Fakten zur DWD-Pressekonferenz am 15. April 2008 in Berlin: Klimawandel im Detail – Zahlen und Fakten zum Klima in Deutschland (www.dwd.de). [12] Ch.-D. Schönwiese und R. Janoschitz: Klima-Trend Atlas Europa 1901 – 2000; Universität Frankfurt/Main, 2008 (nach IPCC, 2001, hier nach Hupfer und Börngen, 2004). [13] P. Becker: DWD vergleicht unterschiedliche Regionalklimamodelle zur Verbesserung der Klimaberatung; Pressekonferenz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am 15. April 2008 in Berlin (www.dwd.de). [14] Umweltbundesamt (UBA): Neuentwicklung von regional hoch aufgelösten Wetterlagen für Deutschland und Bereitstellung regionaler Klimaszenarios auf der Basis von globalen 1 Klimasimulationen mit dem Regionalisierungsmodell WETTREG auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit ECHAM5/MPI-OM T63L31 2010 bis 2100 für die SRES-Szenarios B1, A1B und A2; 2007. [15] Mitteilung von Dr .Paul Becker, Leiter der Abteilungen Klima- und Umweltberatung und Medizin-Meteorologie, Deutscher Wetterdienst. [16] KLIWA (Klimaveränderung und Wasserwirtschaft): Unser Klima verändert sich, Folgen – Ausmaß – Strategien; LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz, Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU), i. A. von Umweltministerium Baden-Württemberg, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz und Deutscher Wetterdienst, 2006. [17] Umweltministerium Baden-Württemberg (Hrsg.): Klimaschutz 2010 Konzept für BadenWürttemberg, 2005. [18] PIK Report No. 99, KLARA Klimawandel – Auswirkungen, Risiken, Anpassung; M. Stock (Hrsg.): Potsdam Institute for Climate Impact Research, 2005. [19] Pressemitteilung Nr. 173/2004 des Sozialministeriums Baden-Württemberg vom 05. Juli 2004. [20]: Klimaanpassung Bayern 2020, Der Klimawandel und seine Auswirkungen – Kenntnisstand und Forschungsbedarf als Grundlage für Anpassungsmaßnahmen; Bayrisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.), Dezember 2007. [21] Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (Hrsg.): Klimaprogramm Bayern 2020, Minderung von Treibhausgasemissionen, Anpassung an des Klimawandel, Forschung und Entwicklung; November 2007. [22] Bayrisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.): Bayerns Klima im Wandel – erkennen und handeln, Mai 2008. [23] Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Klimabericht Rheinland-Pfalz, 2007. [24] Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz: Pressemitteilung vom 05.04.2008. [25] Ministerium für Umwelt Saarland (Hrsg.): Saarländisches Klimaschutzkonzept 2008 – 2013, 2008. [26] Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Hessen (Hrsg.): Klimaschutzkonzept Hessen 2012, März 2007. [27] Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Hessen (Hrsg.): Aktionsplan Klimaschutz, November 2007. [28] Land Hessen: Pressemitteilung vom 13.06.2008. [29] Klimawandel in Nordrhein-Westfalen – Wege zu einer Anpassungsstrategie; Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, September 2007. [30] Gefahrenabwehrkarte Wald für NRW; Behördenspiegel, Newsletter Nr. 151 vom 31.03.2008. 2 [31] Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (Hrsg.): Generalplan Küstenschutz Niedersachsen/Bremen – Festland -; März 2007. [32] Der Klimawandel in Bremen; www.stadt-land-flut.de. [33] Niedersachsens Deiche bekommen Klimawandel-Zuschlag; Welt online (www.welt.de) vom 26.04.2008. [34] Niedersächsische Staatskanzlei, Pressemitteilung vom 11.03.2008. [35] Klimaschutz Hamburg 2007 – 2012, Klimaentwicklung verstehen, Klimawandel mindern, Klimafolgen bewältigen, Anlage 1 zur Mitteilung des Senats an die Bürgschaft, 21.08.2007. [36] GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH, Pressemitteilung vom 13.05.2008. [37] Ministerium für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.): Generalplan Küstenschutz, Integriertes Küstenzonenmanagement in Schleswig-Holstein 2001; Dezember 2001. [38] Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Studie aufgrund des Landtagsbeschlusses vom 29.03.2007 („Klimaschutz und Folgen des Klimawandels in Mecklenburg-Vorpommern“, Drs. 5/352). [39] Euwid Wasser und Abwasser, Nr. 49 vom 03.12.2007. [40] Dr. F.-W. Gerstengarbe, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (Hrsg.): PIK Report No. 83: Studie zur klimatischen Entwicklung im Land Brandenburg bis 2055 und deren Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, die Forst- und Landwirtschaft sowie die Ableitung erster Perspektiven; Juni 2003. [41] Konzept der Landesregierung zur Weiterentwicklung des integrierten Brand- und Katastrophenschutzes im Land Brandenburg, Landtag Brandenburg, ausgegeben am 15.02.2007. [42] Landespolitischer Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels, vorgelegt vom Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz; Pressemitteilung vom 20.05.2008. [43] Pressemeldung des Landes Berlin vom 10.09.2007. [44] Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Sachsen-Anhalt (Vorsitz), AG „Klimawandel“ Sachsen-Anhalt: 1. Zwischenbericht der ressort- und fachübergreifenden Arbeitsgruppe „Klimawandel in Sachsen-Anhalt; 21.11.2007. [45] Pressemitteilung der Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt vom 18.03.2008. [46] Geschäftsbereich des sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (Hrsg.): Klimawandel in Sachsen, Sachstand und Ausblick 2005; März2005. [47] online-Pressemeldung des MDR (www.mdr.de) vom 12. Juni 2008: Thüringen debattiert über den Klimawandel. [48] Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Klimawandel in Thüringen – eine Herausforderung in unserer Zeit; Mai 2004. 3 „Wenn der Mensch nicht über das nachdenkt, was in ferner Zukunft liegt, wird er das schon in naher Zukunft bereuen.“ (KONFUZIUS, CHINESISCHER PHILOSOPH, 551–479 V. CHR.) 4