magazin für kinder und familien Vielfalt Erleben und sichtbar machen! Powered by Juli 2013 Nummer 02/13 • Verlagspostamt Innsbruck P.b.b. • Erscheinungsort 6020 Innsbruck • ZLN: GZ 02Z031487 M 2 inhalt editorial Vielfalt begleitet uns in allen möglichen Lebensbereichen – sei es die kulturelle Vielfalt wenn wir im Urlaub in andere Kulturen eintauchen, die Geschmacksvielfalt der letzten Spaghetti mit eigenen Gartenkräutern oder die Vielfalt der ungedüngten Blumenwiese beim letzten Spaziergang. auch neu zu entdecken – denn Vielfalt ist was unser Leben bereichert, was uns demütig werden lässt und was uns Achtung vor allem Lebendigen lehrt. In diesem Sinne darf ich euch in diesem 4U mit auf die Reise in die Biodiversität nehmen – da heißt es sehen, bestimmen, riechen und schmecken. Was Erwachsene oft gar nicht mehr schmecken, riechen oder sehen können ist für die Kinder ein Leichtes. Diese Gabe gilt es zu erhalten und zu fördern, manchmal Viel Freude dabei! Inhalt 3-4 Das Bekenntnis Thimo Fiesel Gewinnspiel Seite 11 Die vorgestellten Produkte vom Kosmos-Verlag könnt Ihr auch gewinnen. Dazu einfach das Lösungswort vom Bilderrätsel auf Seite 11 an uns schicken. Antworten bitte per Mail an [email protected] oder per Post an Österreichische Alpenvereinsjugend, Olympiastr. 37, 6020 Innsbruck. zur Vielfalt ist im Kopf, oder es ist nirgendwo… 5-7 Wildkräuter erkennen 8-9 Biodiversität erleben und sichtbar machen 10 Rezensionen & Ausprobiert 11 Bilder-rätsel 12 Wildnisküche Impressum Medieninhaber: Oesterreichischer Alpenverein, Olympiastraße 37, in 6020 Innsbruck, Telefon +43 (0)512 59547-55, Fax +43 (0)512 575528, Mail: [email protected] ZVR-Zahl: 989190235 Redaktion: Thimo Fiesel (Ch.-Red.), Hanna Moser, Matthias Pramstaller, Jürgen Einwanger Abo- und Adressenverwaltung: Daniela Wimmer Lektorat: Magdalena Tropper Gestaltung: Werbeagentur Alexander Ingenhaeff-Beerenkamp A-6067 Absam, www.ingenhaeff-beerenkamp.com Produktion: Alpina Druck GmbH www.alpinadruck.com Blattlinie: 4U ist ein Fachmagazin für Kinder und Familien im Alpenverein. Es erscheint 4x jährlich im März, Juni, September und November. Fotos: Fotos ohne Bezeichnung stammen aus dem Archiv. Gendergerechte Formulierung: 4U überlässt es den AutorInnen, ob sie für LeserInnen, Leser- oder -innen oder Leser bzw. Leserinnen schreiben. Gemeint sind beide Geschlechter. Gefördert vom verstehen Bekenntnis zur Vielfalt ist im 3 Kopf, oder es ist nirgendwo ... Mag. Martin Krejcarek Als Vorschub drei Erfahrungen: Manchmal sind die verqueren Gedanken die produktivsten und die Enttäuschungen die reichhaltigsten Quellen des Nachdenkens. Und: Manchmal muss man einen Umweg gehen, um dem Ziel näher zu kommen. Der ketzerische Gedanke: Was um alles in der Welt hat sich Gott dabei gedacht, dieses verschwenderische Durcheinander an Arten in die Welt zu werfen. Ein unaufhörliches Kommen und Vergehen, eine Getriebenheit und Rücksichtslosigkeit sondergleichen. Von wegen: „Liebe deinen Nächsten“. Nichts als ein Haufen egozentrischer Nahrungsoptimierer, Lichtgierer und Fressfeinde, die einander am besten den Mensch an den Hals wünschen. Der Plan ist die Planlosigkeit. Die Stetigkeit ist der Wandel. Vielfalt ist Selbstzweck. Das einzig Sichere ist der Tod. Der Gott der Tiere und Pflanzen zeigt wenig menschliche Züge. Doch dann: Gott wirft den Menschen ins Geschehen. Es dauert einige hunderttausend Jahre, bis sich die neue Art aus Chaos und Gegenabhängigkeit der organismischen Welt s lle ybi o: S Fot a Kal herausstrudelt. Langsam aber sicher bestimmen neue - menschliche - Gedanken das Leben in großen Teilen der Erde. Planbarkeit, Ordnung, Stetigkeit, Sicherheit, Machbarkeit. Gut so. Oder wollen Sie sich etwa im Winter mit einem Rudel Wölfe um den mühsam erlegten Hirsch raufen, plädieren Sie für die Freiheit des Pestbazillus oder – um aktueller zu sein – bereitet es Ihnen Vergnügen, Ihre Salatkultur der Spanischen Wegschnecke zu opfern? Macht euch die Erde untertan. Gut gemacht. Jetzt haben wir also die Macht. Über gut und schlecht, produktiv und unproduktiv, über wertvoll und wertlos, Vielfalt und Einfalt, über Leben und Tod. Und der Antagonist, die Gegenkraft, der Weichzeichner, die abwägende Haltung zur Allmacht des Menschen? Sprich: die Verantwortung. Damit haben wir dann schon weniger Erfahrung. Ein Verdacht: Mich plagt der Gedanke, dass der Artenschwund-Problematik Phänomene zugrunde liegen, die uns viel näher sind als die 70 Arten, die täglich vollkommen unbemerkt und unbeweint aus dem Artenpool verschwinden (WILSON 1995). Liegt der Kern der Problematik in unseren Köpfen? Der Artenschwund als Symptom von individuellen und gesellschaftlichen Grundhaltungen? Gut so. An diesen Fragen entwickelt sich Bildung. Hier wird um Erfahrungen, Wissen, Erkenntnis und um Haltungen gerungen. Welche Kompetenzen helfen uns, die Verantwortung gegenüber den Mitgeschöpfen wahrnehmen zu können? Das Bewusstsein für unsere eigene Natürlichkeit, für die Eingebundenheit in Kreisläufe, für die Zusammengehörigkeit mit allem, was da kreucht und fleucht. Die Frage nach dem Nutzen hat da keinen Platz. Das Einlassen und Seinlassen tritt an die Stelle des Machbarkeitswahns. Wie gut es doch TeilnehmerInnen an einer Wanderung tut, in einem Regenguss drecknass zu werden und nicht mit dem Handy das Taxi rufen zu können. Ganz nahe sind wir plötzlich am Wesen der Artenvielfalt. Es ist wie es ist, ruft uns die Natur zu. Take it or Foto: Sybille Kalas Das leave it. Fragen nach dem Nutzen von Gelsen, bengalischen Tigern oder dem Gingko-Baum sind vollkommen widernatürlich. Die komplexe systemische Abhängigkeit ermöglicht den Arten so zu leben, wie sie leben. Jede Art nach ihrer Fasson. Punktum. Und vor allem brauchen wir die menschlichsten aller Fähigkeiten: Wissen, unser abwägendes Denken, ein gebildetes Gewissen und eine Grundhaltung der Toleranz, Wertschätzung und Achtsamkeit, um Entscheidungen treffen zu können. Hier zeichnet sich schon eine zentrale Anforderung an die Bildungsverantwortlichen ab. Kinder, Jugendliche und Erwachsene in die Pflicht zu nehmen, nachzudenken und Bilder – Weltbilder – zu entwickeln, in denen das eigene Handeln schlüssig passieren kann. Denn daran fehlt es quer durch die Altersstufen, und auch die Naturschutzbewegung steht hier in einer großen Verantwortung. In all der Sorge um die Natur scheint uns vollkommen aus dem Blick geraten zu sein, dass auch wir Menschen Natur sind, mit allen Bedürfnissen und Ansprüchen. Natur ist zu etwas vollkommen außen Liegendem geworden. Aus dieser Natur haben wir uns in einer fast infantilen Weltdeutung gänzlich verabschiedet. Entweder betrachten wir Natur aus der technisch-rationalen Nutzerperspektive. Natur als Sauerstoffspender, Nahrungs- und Rohstofflieferant oder Sportgerät, der man sich möglichst uneingeschränkt bedienen kann. Oder wir verfallen in eine pseudoreligiöse Überhöhung der Natur zum „heiligen Ort“, an dem der Mensch als größter Feind der Natur nichts verloren hat. Das Dazwischen haben wir uns wegmoralisiert. Entfremdung in jedem Fall. Und so geht nur mehr wenig zusammen in unseren Köpfen. Da führt die Exkursion mit der Seniorengruppe zur wunderschönen Bergmähwiese mit den vielen bunten Blumen. Erläuterungen zur Bedeutung der Artenvielfalt – 60 Arten auf hundert Quadratmetern. Und natürlich bitte nicht vom Weg in die Wiese und nichts ausreißen und Begeisterung – ach wie toll. Und zuhause wird dann wieder allsamstäglich ausgerückt mit Rasenmäher und Gartenschere, um dem üblen Wildwuchs des Grünzeugs im Garten Herr zu werden. Oder die Schülergruppe am Bauernhof. Kühe streicheln und melken inklusive. Und die kuscheligen Tiere werden doch nicht etwa geschlachtet, oder? Und schauen wir beim Nachhausefahren eh noch beim McDonalds vorbei? Arbeit am Wesen der Problematik, am Wesentlichen. Soziales Lernen an Haltungen stellt das Erfahrungsfundament dar. Erst darauf bauen Schritte auf, die zu Fragen rund um Biodiversität führen. Was bleibt ist weniger Wissen als vielmehr Erkenntnis: Jede/r von uns, ob Mensch, Pflanze oder Tier, ist einzigartig in der Art, wie Leben Gestalt annimmt und sich ausprägt. Das Zusammenleben in Vielfalt ist nicht ganz einfach, weil wir in der Befriedigung unserer Bedürfnisse in Wechselwirkung miteinander stehen. Spannungen und Konkurrenz gehören dazu und schaffen Differenzierung. Entscheidungen sind notwendig und bedürfen der Abwägung. Die Grundhaltung muss sein: Achtsamkeit und Wertschätzung. Worüber wir jetzt sprechen? Über Beziehungen zwischen Menschen, zwischen Staaten oder unseren Umgang mit der Natur? Egal: Das Bekenntnis zu Vielfalt ist im Kopf, oder es ist nirgendwo. Literatur Wilson, E. O. 1995: Der Wert der Vielfalt. Die Bedrohung des Artenreichtums und das Überleben des Menschen. Piper Verlag, München Mag. Martin Krejcarek Organisationsentwickler, Erwachsenenbildner, Biologe. „Was mich als Biologe die Arbeit mit Menschen immer wieder neu lehrt: vor allem Demut. Vor den immer wieder neuen, unendlich vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten. Und vor der Kraft des Lebens, sich zu organisieren und zu überleben. Vielleicht bin ich damit so etwas wie ein experimenteller Organisations- und Teamökologe“ www.wechselwirkung.at www.fokus7.at Foto: Sybille Kalas 4 verstehen Erleben Foto: wildfind.com Wildkräuter Spitzwegerich (Plantago lanceolata) Der Spitzwegerich ist ein Kraut, das du in fast jeder Wiese und an Wegrändern finden kannst. Er wächst auch gern auf Schuttplätzen o.ä. und kann bis 2000 m Seehöhe vorkommen. Seinen Namen hat er von den langen, schmalen, spitz zulaufenden Blättern (schmal lanzettlich), und dem althochdeutschen Wort Wegerich (wega, Weg und rih, König) was so viel bedeutet wie „Wegkönig“. Die Blätter wachsen nicht am Stängel, sondern kommen alle direkt aus der Erde (grundständige Blattrosette). Sehr gut kann man die Blätter an den deutlichen, parallelen Rillen erkennen, die das Blatt der Länge nach durchziehen. Das sind die Blattadern. Ist die Wiese schon hoch, dann sind diese Blätter schwer zu finden. Dann kann man den Spitzwegerich aber schon von weitem an seinen braunen, walzenförmigen „Blütenköpfchen“ erkennen, die ganz oben auf einem langen, dünnen, fünf-kantigen Stängel sitzen und sich im Wind wiegen (walzig-zylindrische, endständige Ähre). Zwischen Mai und September blüht der Spitzwegerich. Dann sind die braunen Blütenköpfchen von einem weißen Kranz aus Staubfäden (männl. Blütenorgane) umgeben. Wenn die Blütenköpfchen noch ganz jung sind kann man sie sammeln und in den Salat geben oder einfach so essen. Schon in der Steinzeit war der Spitzwegerich als wichtige Heilpflanze bekannt. Auch die alten Griechen, Römer und Germanen kannten seine Wirkung und sahen in ihm die Verkörperung des Totengeistes. Besonders wichtig war damals seine blutstillende und wundheilende Wirkung. Dazu wurden die Blätter des Spitzwegerich zerkaut und dieser Brei wurde dann auf die Wunden aufgelegt. Nach einem alten Volksglauben soll Spitzwegerich-Tee – an fünf Tagen getrunken - außerdem gegen jegliche Art von Liebeskummer wirken. Heute kennen wir den Spitzwegerich vor allem aus Hustensäften, denn er macht den Schleim locker, sodass wir ihn besser raushusten können. Du kannst dir übrigens ganz leicht selber einen Hustensaft machen. Dazu musst du nur eine Hand voll Spitzwegerichblätter klein schneiden und in ein Glas mit Honig (ca. 250ml) einlegen. Das Glas stellst du für etwa sechs Wochen in ein sonniges Fenster und drehst es ab und zu um. Dann schüttest du den Honig noch durch ein feines Sieb und fertig ist dein Hustensaft. Noch eins: Wenn die Mücken plagen dich Oder hast in die Brennnesseln du gegriffen; Tu drauf ein Blatt vom Wegerich, Und auf das Jucken ist gepfiffen! 5 erleben 6 Große Klette (Arctium lappa) Die Große Klette ist eine typische Pflanze der Wegränder, Schutthalden und Brachen (das sind Wiesen und v.a. Äcker, die nicht mehr von Bauern bearbeitet bzw. bewirtschaftet werden). Sie mag also Plätze, die sich im- oben hin werden sie immer kleiner. Alle Blätter haben aber ungefähr die Form von einem Herz, sind oben grün und auf der Unterseite von einem dichten, grauen Filz bedeckt (das sind ganz viele ganz feine Härchen). Zwischen Juni und August blüht die Große Klette. Dann kannst du auch graben. Die Wurzel ist ein sehr gutes Wildgemüse mit etwas süßlichem Geschmack. Man kann sie roh essen, kochen oder braten (ähnlich wie die Schwarzwurzel). Auch die jungen Blätter und Sprosse (Stängel) kann man gedünstet als Gemüse oder als Salat verzehren. Früher wusste man auch, dass die große Klette eine starke Zauberpflanze ist, die vor bösem Zauber und Verhexung schützt. Außerdem sind Essenzen und Sud aus Blättern und Wurzel und das Öl der Samen gut gegen verschiedene Hautkrankheiten. Juckt die Haut, ist rot und wund Vor Hautgeschwür und Akne kannst du dich retten So tut´s der alte Volksmund kund Mit der Kraft der Großen Kletten Taubenkropf Leimkraut Foto: Michel Max Kalas (Silene vulgaris) endlich erkennen, warum sie so heißt, wie sie heißt. Die Blütenköpfchen (eigentlich Blütenkörbchen, es ist nämlich ein Korbblütler) sind nämlich kugelige Kletten. Oben haben sie einen Schopf aus lauter kleinen, hell purpurnen Blütchen und darunter sitzt eine Kugel mit lauter kleinen Häkchen, die an jedem Fell oder Pulli hängen bleiben. Sind die Blüten verblüht und die Früchte reif, dann bleiben sie im Fell von vorüber streifenden Tieren hängen und werden so verbreitet. Was du jetzt noch nicht gesehen hast ist die lange, fleischige Wurzel der Großen Klette. Dazu musst du die Pflanze vorsichtig aus- Foto: Michel Max Kalas mer wieder verändern und auf denen es viele freie Stellen gibt. Die freien Stellen sind für sie wichtig, denn die Pflanze lebt nur zwei Jahre (zweijährige, bienne). Dann verteilt sie ihre Samen und diese Samen brauchen die freien Stellen um gut keimen und zu einer neuen Klette heranwachsen zu können. Einen halben bis zwei Meter groß kann diese Pflanze werden. Sie hat einen stark verzweigten Stängel. Wenn du den Stängel anfasst merkst du, dass er starke Furchen hat. Oft ist er auch ein bisschen rötlich (rot überlaufen). Die Grundblätter der Großen Klette, also die, die ganz am Boden wachsen, können sehr groß werden. Nach Das Taubenkropf Leimkraut findet man oft in trockenen Wiesen an sonnigen Böschungen, Weg- und Straßenrändern. In den Bergen bis 2000 Meter auch in Geröll und Felsen. Hauptsache es ist eher trocken und warm (das Leimkraut wird ja auch Lichtnelke genannt). Das Taubenkropf Leimkraut blüht zwischen Mai und September. Wenn du es siehst weißt du auch gleich, warum man es auch „Aufgeblasenes Leimkraut“ nennt. Unter der „Blüte“ mit erleben Stängel und Blätter sind auffällig blaugrün. Der Stängel ist wenig verzweigt, die Blätter eiförmig oder länglich spitz (lanzettlich). Immer stehen sich an einem Knoten zwei Blätter gegenüber. Hättest du gedacht, dass man diese Pflanze essen kann? Ich nicht! Aber auch sie ist ein alt bekanntes Wildgemüse. Sammelt man das Kraut (Stängel und Blätter) bevor die Pflanze aufblüht, so hat man eine süßliche, ein bisschen nach Erbsen schmeckende Zutat für Salate, Suppen und Gemüsepfannen. Später, zur Blütezeit, werden die Stängel holzig. Die recht dicke und fleischige Wurzel kann man frisch auch für Suppen und Gemüse verwenden. Außerdem enthält sie viele Seifenstoffe (Saponine). Kocht man sie auf, erhält man eine milde Waschlauge zum Wäschewaschen. I hob so gern die Kleschn Zum Waschen und zum Essen WiesenBocksbart (Tragopogon pratensis) In vielen nicht zu stark gedüngten Futterwiesen (Fettwiesen) kannst du zwischen Mai und Juli die großen, dottergelben Blütenköpfe des Wiesen-Bocksbart sehen. Allerdings nur wenn du am Vormittag unterwegs bist, denn bereits zu Mittag schließen sie sich wieder. Von weitem leuchten sie dir von ihren hohen, wenig verzweigten Stängeln entgegen. Sie erinnern ein wenig an den Löwenzahn – mit dem der Wiesen-Bocksbart auch verwandt ist (Korbblüter) – sind aber deutlich größer und flacher. Wenn sie verblühen verwandeln sie sich zu einer wunderschönen, großen, kugeligen Pusteblume. Bevor der Fruchtstand sich öffnet sieht er ein wenig aus wie der Bart von einem Ziegenbock. So kam die Pflanze zu ihrem Namen. Die Blätter vom Wiesen-Bocksbart sind sehr schmal, lang und spitz (schmal lanzettlich) und bläulich-grün. Da, wo das Blatt am Stängel angewachsen ist, umfasst es diesen bis zur Hälfte. In Stängel, Blättern und auch in der Wurzel hat die Pflanze einen weißen, milchigen Saft, der dir gleich auffällt, wenn du sie abpflückst. Dieser Saft hilft gegen Warzen. Vor allem dann, wenn man sie am dritten Tag nach Vollmond damit betupft. Dann schrumpft nämlich die Warze genauso wie der abnehmende Mond. Außerdem wirkt der Wiesen-Bocksbart blutreinigend, harntreibend und schweißtreibend. Früher, als die Kinder noch nicht so viele Naschsachen bekommen haben, haben sie gerne die Blütenköpfe gepflückt und den kleinen, grünen Knoten abgeknabbert, der unter dem Blütenkopf sitzt. Der schmeckt nämlich wunderbar süß. So kam der Wiesen-Bocksbart auch zu dem Namen „Miligutzen“ („Mili“ wie Milch und „gutzen“ wie Gutzi/Naschi). Aber Foto: Michel Max Kalas den fünf weißen, tief gespaltenen „Blütenblättern“ (Kronblätter) sitzt nämlich etwas, das sieht aus, wie ein kleiner Luftballon. Das ist der Blütenkelch. Er ist grünlich weiß bis rosa und von einem Netz von roten Adern überzogen. Wenn du es siehst erkennst du es sofort. Als Kinder haben wir diese kleinen „Luftballons“ abgezupft und mit Schwung auf dem Handrücken zerklatscht. Dabei ist der Ballon mit einem kleinen PUFF zerplatzt. Daher kommt wohl auch der Name „Schnalzerl“ oder „Kleschn“, den diese Pflanze mitunter trägt. 7 auch die anderen Teile der Pflanze kann man essen. Die jungen Sprosse und Blätter als Salat oder gekocht wie Spargel oder in Bierteig gebacken. Und auch die Wurzel ist ein sehr schmackhaftes Gemüse, roh genauso wie gekocht. Früher wurde der Wiesen-Bocksbart sogar extra angebaut, wurde dann aber von der Schwarzwurzel verdrängt. Soll´n die Warzen schnell verschwinden Musst du nur den Bocksbart finden l e f i a Bunte V lt leben lassen Sybille Kalas „…ich möchte wissen, warum mir die kleinen Blümchen so gefallen…“ überlegte sich mein 5-jähriger Sohn. Eine philosophische Kinder-Frage, die sich mit dem Lebendigen und seiner Vielfalt, dem eigenen Interesse dafür, mit Ästhetik und Verbundenheit beschäftigt. Kindliches Interesse Kinder haben ein natürliches Interesse an der Vielfalt des Lebendigen. Wenn es gelingt, es zu füttern und am Leben zu erhalten, werden sie als Erwachsene nicht alles Grüne als Gras bezeichnen. „Lernen“ über Zusammenhänge in der Natur ist in erster Linie lernen am Phänomen – nicht aus Büchern. Die Begegnung mit Pflanzen, besonders den auffälligen bunten „Blumen“ ist für Kinder von Anfang an selbstverständlich. Alle Kinder machen gerne Blumensträuße, Blumenkränze flechten gehört zu den klassischen Kinderspielen. Das erste Schneeglöckchen ist jedes Jahr eine neue Sensation. Naturvertraute Kinder schauen nach, ob die Veilchen schon blühen und freuen sich auf sommerliche Schleckereien, wenn sie die Blaubeeren- und Walderdbeeren-Blüten entdecken. Die Begegnung mit dem Phänomen, die Martin Wagenschein für jede gute Pädagogik fordert, ist hier ganz selbstverständlich der erste Schritt. Das Interesse für „warum“ und „wozu“ taucht auf. Und man muss nur Hinschauen und die Fragen beantworten sich von selbst: Man sieht jeder Löwenzahnblüte an „wozu sie da ist“, man muss nur nachschauen was aus ihr wird. Wie stell ich‘s an, dass kindliche Neugierde erhalten bleibt, Nahrung bekommt, auch Jugendliche begleitet und ins Erwachsenen-Alter übersiedelt? Am besten gründet man eine Forschungsgemeinschaft. Fragen und Antworten Die Forschungsrichtung wird meist von den Kindern vorgegeben. Manchmal muss man nur Fragen aufgreifen: „Ich möchte wissen, warum es so viele verschiedene Käfer gibt“… zwei Campkinder waren in dieses evolutionsbiologische, ökologische, philosophische Gespräch vertieft. Solche Fragen muss man hören, sich interessieren, in Dialog treten. Man soll sich auch trauen, zu sagen: Das weiß ich nicht, aber wir Fotos: Sybille Kalas 8 erleben können nachschauen, in Büchern, im Internet, oder wir fragen jemanden. Ein Projekt kann sich entwickeln. Wer mit offenem Blick unterwegs ist findet unendlich viele Gelegenheiten über Vielfalt, Anpassungen, Zusammenhänge und Lebens-Strategien in der Natur zu erzählen. Handwerkszeug Das Handwerkszeug ist einfach und mit den Kindern gemeinsam erlernbar. Man sollte ein Bestimmungsbuch verwenden können. Man sollte wissen wo und wie man kleine Tiere fängt und beobachtet ohne ihnen Schaden zuzufügen. Man sollte mit Tieren und Pflanzen des jeweiligen Lebensraumes vertraut sein und sie ihren Familien zuordnen können. Die wichtigste Qualifikation, die Neugierde, kann man von Kindern (wiederer-) lernen (falls man sie inzwischen vor lauter Erwachsen-werden vergessen haben sollte!). Der „Ökologische Blick“ entsteht durch das unbewusste „Einspeichern“ vieler Erfahrungen, Beobachtungen und Fakten während des zweckfreien Da-Seins in der Natur. Dazu muss man sich Zeit lassen, umherstreifen, schauen üben, Kindern zuschauen, Fragen stellen, Antworten suchen, Zusammenhänge herstellen. Der „ökologische Riecher“ führt uns zu erleben bisher verborgenen oder übersehenen Angeboten in der Natur. Der Enzian des Anstoßes… Manchmal geht‘ s ganz von allein: Wir finden eine abgeknickte Enzianblüte. Zunächst Bedauern darüber. Ist ja außerdem geschützt! Mag sie jemand mitnehmen und pressen? Daraus hat sich ganz von allein ein mehrjähriges Projekt einiger Campkinder entwickelt: Sie haben Pflanzen gesammelt und gepresst – nie ohne vorher zu fragen: Darf ich die nehmen? – haben liebevoll gestaltete Bücher angelegt, Texte dazu geschrieben, in Bestimmungsbüchern nachgeschlagen…am Ende des Camps kannten sie mindestens 30 Pflanzen und konnten ihren Eltern erzählen, warum welche Pflanze wo wächst und warum es auf der Schipiste so aussieht wie es aussieht und daneben halt anders! Biodiversitäts-Lernen am Phänomen selbst! Werte schätzen …und damit taucht ein anderer Aspekt solchen Lernens auf, der wichtigste überhaupt. Da findet man so geheimnisvolle Gebilde wie Pflanzengallen. Eine Feuersalamander-Frau gebiert ihre Larven im Bach-Spielplatz; eine Orchidee, ganz bleich und ohne grüne Blätter; Wollgras-Lebensraum ist ziemlich empfindlich; der Alpensalamander bekommt fix und fertige Junge und kann drei Jahre schwanger sein… So viele unterschiedliche Lebensräume, unendlich viele Lebensformen. Verschiedenste Strategien, um mit den Lebensbedingungen erfolgreich zurecht zu kommen – interessant, schön zum Anschauen, unserer Achtsamkeit wert. Vielfalt leben lassen und in einer vielfältigen Welt leben wollen kann man draußen lernen. Am Ende geht es darum, mit wie viel Wertschätzung und Achtsamkeit wir dem Lebendigen begegnen. Dazu gehören der Löwenzahn, der Feuersalamander und in letzter Konsequenz auch unsere eigene Art. Haltungen und Standpunkte brauchen ein Werte-System. Den Wert der lebendigen Vielfalt abseits der Schipiste haben diese Kinder erkannt. Ein abgeknickter Enzian war der Auslöser. 9 10 Gelesen / Probiert KOSMOS – Experimentierkasten Mikroskop Zuerst hab’ ich mich mit dem Beschreibungsheft auseinander gesetzt. Es ist viel zu lesen, aber leicht verständlich. Besonders gut gefallen haben mir die Tipps in den Kästchen. Dann hab’ ich das Mikroskop ausprobiert und gemerkt, dass die Einstellung für die Schärfe gar nicht einfach ist. Erst durch mehrmaliges Probieren gelang es mir schließlich die mitgelieferte Fixprobe zu erkennen. Auch nicht jedes Licht, bzw. nicht jede Lichtgröße, fand ich gut. Am besten kam ich mit dem orangen Licht zurecht. Anschließend nahm ich andere Proben, um sie im Mikroskop zu betrachten. Gut erkennbar und leicht herzustellen war das Honigwasser. Ich fand es sehr faszinierend wie man wirklich verschiedene Pollenarten erkannte. Danach war ich gar nicht mehr zu stoppen und zerschnitt so ziemlich alles, was mir in die Finger kam: Zwiebeln und deren Schale, Blumenblätter, Grashalme und deren Blüten und Erdbeeren. Aber auch der Hamster meiner Schwester musste für ein biologisches Experiment Haare lassen. Nicht alles war leicht und gut erkennbar. Schwer war es die richtige Dicke der Proben zu schneiden. Da hat mir meine Mutter geholfen. Leider konnte ich bei der Vogelfeder nichts erkennen. Ich versuchte sogar mit dem Wattestäbchen Zellen zu erkennen. Aber auch das ist mir bis jetzt noch nicht ganz gelungen. Spannend war es mit Pinzette und Pipette zu arbeiten. Allerdings hatte ich fast zu wenig Objektträger um alle meine Proben auch den anderen Familienmitgliedern zeigen zu können.Alles in allem bin ich begeistert von diesem Mikroskop, da es sehr spannend ist den Aufbau verschiedenster Gegenstände zu betrachten. Auch die Bedienung ist nicht allzu schwer und für mich machbar gewesen. Jasmin Lamp, 11 Jahre ab 8 Jahren • Format: 427 x 295 x 84 mm (LxBxH) Preis: € 29,99 • www.kosmos.de VAUDE Kinderschuh – kids splasher Dieser Schuh ist für kleine Füße genau das Richtige. Er sieht nicht nur toll aus, er bietet auch einen optimalen Halt und ist sehr bequem zu tragen. Weiters ist er schnell trocknend und mehrere Öffnungen sorgen für ein angenehmes Fußklima. Ob beim Radfahren, Wandern oder auch bei nassen Abenteuern – dieser Outdoorschuh ist der optimale Begleiter. Unsere Tochter trägt ihn mit Begeisterung und durch die Schnürung ist das An- und Ausziehen kinderleicht. Tamara und Elina Haller (31 und 4 Jahre) Farben: apple green • Innenfutter: Neoprene Preis € 55,00 • www.vaude.com KOSMOS - Was lebt in heimischen Seen? Vielfalt in unseren heimischen Seen wahrnehmen und bestimmen – mit diesem Buch ein Leichtes. Die Unterteilung in Fische, Amphibien und Wirbellose gibt dem Buch die Grobstruktur. Großformatige Fotoaufnahmen sind nicht nur für unsere Bilderfans ein Hingucker – vielmehr sind sie für die korrekte Bestimmung unerlässlich. Jedes Tier ist umfangreich beschrieben! Somit bleiben für unsere Taucher, Schnorchler und Seeuferaspiranten keine Wünsche offen. Thimo Fiesel Matthias Bergbauer Franckh-Kosmos Verlag, 1. Auflage 2011 • 224 Seiten ISBN 978-3-440-12312-6 • Preis € 22,95 KOSMOS Mein erster Tier- und Pflanzenführer Wichtig für alle Eltern, Omas, Opas und größere Geschwister: Schafft keinen Besitzanspruch auf dieses Buch – wie es der Titel suggeriert. Es soll für alle zur schnellen Verwendung bereitliegen und im Rucksack mit dabei sein! Mit diesem Handgepäck werden Unternehmungen draußen eine spannende Sache, zu entdeckende Pflanzen oder zu beobachtende Tiere erhalten einen Namen. Zusätzlich gibt’s ganz viel Wissenswertes, verpackt in tollen Zeichnungen, Bildern und kurzen Texten. Heribert Grünschnabel Franckh-Kosmos Verlag, 1. Auflage 2011 256 Seiten • ISBN 978-3-440-13119-0 • Preis € 9,95 KOSMOS – Was blüht denn da? Wer mit dem „Was blüht denn da?“ Naturführer groß geworden ist und jetzt bei den Fragen der eigenen Kinder zu den Pflanzen und ihren Namen immer öfter passen muss – das Gedächtnis lässt mit dem Alter schließlich nach – wird von der Neubearbeitung begeistert sein: Margot Spohn, eine engagierte Biologin, setzt das klassische Werk von Dietmar Aichele fort und erweitert es auf über 550 Arten und 1000 Abbildungen. Insgesamt ist der neue Band ein bisschen dicker und schwerer im Rucksack, dafür aber noch übersichtlicher durch eine „Gebrauchsanweisung“, die bewährte Farbeinteilung, Spielanleitung Aufbau, Merkmale, Vorkommen und Wissenswertes über die jeweilige Pflanze und eine Auflistung von Kulturpflanzen und essbaren Wildkräutern und Beeren inklusive Sammelzeiten. Der „neue Klassiker“ ist ein rundes, gelungenes Standardwerk und allen ans Herz zu legen, die ihre Touren draußen in der Natur gern mit Pflanzen bestimmen, Pflanzen raten oder sammeln (natürlich nur die ungeschützten bitte) bereichern! Magdalena Tropper Margot Spohn, Dietmar Aichele Franckh-Kosmos Verlag, 1. Auflage 2010 448 Seiten ISBN 978-3-440-11490-2 Preis € 14,95 Bilderrätsel Von ihm hat deine Oma sicher ein Blütensackerl, gegen Motten, im Kleiderkasten! 1 4 2 von Julia Kelemen-finan Achtung sauer! Heißen auch Johannisbeeren 3 Klein aber fein 1 Hier schlüpft sie gerade, bald fliegt sie davon 2 3 Lösungswort: (Gewinnspiel auf Seite 2) 4 5 6 7 8 8 5 Mit Augen, stolz wie ein Pfau… 6 Bald wird aus ihm eine Pusteblume! 7 Er kommt nachts und frisst die Nacktschnecken Eine flinke Wasserschlange, jagt am liebsten Frösche! 11 Wiesenchips margit kirnbauer Du brauchst: Einen schönen Wiesenspaziergang zum Kräuter sammeln. Lass’ dir Zeit und schau genau. Welche Kräuter eignen sich? • Schafgarbe • Gundelrebe (Gundermann) • Spitzwegerich • Löwenzahnblätter (nur kleine zarte) • Brennnesselblätter (für die Tapferen) • Rotkleeblüten (die Köpfe) • Minze- und Melisseblätter und Staubzucker. Wasche die Blätter kurz in einem Sieb. Gieb dann dein Sammelgut in einen Topf und bedecke es knapp mit Wasser. Kurz aufkochen lassen, von der Platte nehmen und 3-5 Minuten ziehen lassen (jetzt hast du bereits ein herrliches Dufterlebnis). Die Kräuter in ein Sieb gießen (wenn du das Wasser auffängst hast du gleich auch noch einen köstlichen Kräutertee) und auskühlen lassen. Danach vorsichtig ausdrücken, damit die Kräuter nicht zu nass sind. Dann geht das Trocknen im Ofen schneller! Jetzt verteilst du die Kräuter auf einem Backblech (und zwar so, dass nicht zu viele Blätter aneinanderkleben). Dann kommt der süße Teil: Mit einem Sieb die Kräuter je nach Belieben mit Staubzucker bestreuen und ab damit in den Ofen (oberste Schiene, Ober-Unterhitze 2530min bei ca. 1500 C). Immer wieder mal darüber greifen ob die Kräuter schon trocken werden. Vielleicht zwischendurch mal wenden. Fertig sind deine Wiesenchips! Viel Spaß bei der Verkostung. Vielleicht kannst du die Kräuter am Geschmack wiedererkennen. Mach mit deinen Freunden ein Quiz. Wiesenchips eignen sich auch super als essbare Deko bei der nächsten Gartenparty! Fotos: Margit Kirnbauer 12 Wildnisküche