Kohl-Gänsedistel Disteln gehören zu den Unkräutern, die den barfuß wandelnden Gärtner im Sommer am meisten ärgern. Dabei herrscht einige Unklarheit darüber, was eine Distel überhaupt ist. Bei einigen, wie den Kratzdisteln (Gattung „Cirsium“) müsste die Sache eigentlich klar sein. Man erkennt die hartstacheligen Blätter und die an Artischocken erinnernden pinkfarbenen Blütenköpfe als typische Distelkriterien. Etwas strittiger ist die Zugehörigkeit für die etwas weicheren Vertreter, deren Blätter zwar stachelig aussehen, sich bei Berührung aber doch recht weich anfühlen. Sind ihre Blüten zudem noch gelb und erinnern an die des Löwenzahns, so handelt es sich meist um so genannte „Gänsedisteln“ (Gattung Sonchus), die übrigens eben so wie die „echten“ Disteln alle ungiftig sind. Probieren Sie ruhig mal die noch nicht aufgeblühten Blütenköpfe der gemeinen Kratzdistel (die mit den gelben Nadeln an den Blättern) als Gemüse! Betrachtet man die gelben Blüten genau, so finden sich im Köpfchen nur so genannte „Zungenblüten“, also kleine Einzelblütchen mit langer Fahne oder „Zunge“. Es fehlen stets die „Röhrenblüten“ ohne Fahne, wie sie beispielsweise in der Mitte von Sonnen- oder auch Gänseblümchen vorkommen. Schneidet man die Pflanze an, so tritt ein weißer Milchsaft hervor, der früher zu allerlei Heilzwecken herangezogen wurde. Mit der Blütenbetrachtung allein kommt man aber hier nicht weiter, denn es gibt sehr viele gelbe Korbblütler. Was der Laie oft als ganzjährige Löwenzahnblüte ansieht, ist nämlich in Wirklichkeit die Blütenabfolge vieler unterschiedlicher Arten, wie Pippau, Wiesenbocksbart und halt auch der Gänsedisteln. Echter Löwenzahn blüht eigentlich nur im April. Darum ist noch ein Blick auf die Blätter nötig, und die müssen schon distelig-stachelige Ränder aufweisen. Die Blätter unserer „KohlGänsedistel“ (Sonchus oleraceus) haben eine matt blau-grüne Färbung und umfassen mit zugespitzten „Öhrchen“ den Stängel. Ihre unteren Blätter sind fiederteilig mit großen „Endlappen“. Bei allen Gänsedisteln ist der Stängel hohl und wie die Blütenköpfchen stets kahl. Probiert man ein Blatt ist es meist mild. Verwechseln könnte man die Pflanze vielleicht mit anderen Gänsedisteln, wie der „Dornigen Gänsedistel“ (Sonchus asper), deren eher ungeteilten Blätter aber glänzen und mit runden „Öhrchen“ den Stängel umfassen. Sie ist übrigens genauso verwendbar wie die „Kohl-Gänsedistel“. Etwas unangenehmer könnte die Verwechselung mit dem Giftlattich sein, der aber übel riecht und auf der Blattunterseite eine Stachelreihe direkt auf der Mittelrippe zeigt (s. Abb.). Auch ist hier der Stängel innen markig und die grüne Köpfchenhülle dicht behaart. Er kommt nur selten vor. Die Kohl-Gänsedistel ist hingegen ein echtes Wurzelunkraut mit einem tiefen und vitalen Wurzelsystem aus dem sich die Pflanze gut regenerieren kann. Wie Mark Twain schon sagte: “Ein Unkraut ist eine Pflanze, die auch nach dem Jäten noch wächst“. Beobachtet man die Gänsedistel im Jahreslauf, so ergeben sich Parallelen zum Kopfsalat. Im Frühjahr bildet sich eine Blattrosette, die im Sommer „schießt“. Auch der Standort ist ähnlich. Gänsedisteln zeigen sich als Stickstoffanzeiger gerne an freien, nährstoffreichen, sonnigen Stellen, sprich im Gemüsebeet. Sie kommen in Europa, Asien und Nordafrika häufig vor. Schon in der Antike nutzte man die Kohl-Gänsedistel in der Küche als Salatgemüse. Und zu diesem Zweck wurde hierzulande die Pflanze im Mittelalter bereits angebaut. Es handelt sich also um eine alte Gemüsepflanze, die aber auch der Heilkraft wegen gezogen wurde. Denn die Pflanzen enthalten Bitterstoffe, die man je nach Standort und Alter auch heraus schmecken kann. (Dann kann man vor Gebrauch die Blätter 40 min in Salzwasser einlegen). Aber gerade diese Bitterstoffe sind es, die das Kraut gesund machen. Sie regen Magen, Leber und Galle zur Verdauungssaftproduktion an und sorgen so für einen besseren Aufschluss der Nahrung im Darm, was den gesamten Körper entlastet. Entsprechend werden Gänsedisteln zur Magen- und Leberstärkung eingesetzt. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Verwendung des Milchsaftes bei Hautproblemen. Unverdünnt soll der Saft bei Warzen helfen (besser: Schöllkrautsaft), verdünnt bei Ausschlägen und als klärendes Gesichtswasser. Diese Wirkung lässt sich wohl auf die enthaltenen Vitamine (Pro-Vitamin A, C, B-Vitamine), Mineralien (v. a. Kalzium und Eisen) und die speziellen Öle zurückführen. Die von Culpepper gepriesene Anwendung bei „Atemnot“ (Asthma) scheint mir aber eher auf einer Verwechslung mit dem Giftlattich zu beruhen, deren getrockneter Milchsaft häufig als „Soft-Opium“ genutzt wurde. Ein Tee aus seinen Blättern wirkt auf Körper und Psyche stark entspannend und damit auch auf die Lunge. Wer bei der Bestimmung doch noch unsicher ist, kann die Pflanze übrigens auch zuerst seinen Tieren vorsetzen. Der (seltene) Giftlattich riecht und schmeckt unangenehm – daher auch der Name „Stink-Salat“ und wird nicht angetastet. Die echten Gänsedisteln sind hingegen hervorragende Futterpflanzen, die gern gefressen werden. Nun vielleicht kommen Sie ja auch auf den Geschmack… Steckbrief Name: (Kohl-)Gänsedistel Herkunft: Europa, Asien, Nordafrika Bodenhinweis: Stickstoffzeiger, eher schwerer Boden Gänsedistel-Salat 400g Gänsedistelblätter und Triebspitzen waschen und klein schneiden 20g Sesammus (oder Nussmus) mit 2 EL Wasser verrühren tropfenweise 75 ml Olivenöl darunter schlagen, ähnlich wie bei Mayonnaise 150g Joghurt unterrühren mit Zitronensaft und Salz abschmecken Die Gänseldisteln mit der Soße vermischen Salat mit einigen Blüten dekorieren