STRANDES DIEZ PORTUGIESLNZLIT VON DEUTSCH- UND ENGLISCI--OSTAFRIKA 4 ißt DIE PORTUGIESENZEIT VON DEUTSCH- UND ENGLISCH - OSTAFRIKA VON JUSTUS STRANDES BERLIN 1899 VERLAG VON DIETRICH REIMER (ERNST VOHSEN) Alle Rechte, insbesondere das der Uebersetzung vorbehalten. Druck von Trowitzsch & Sohn, BerlnSW. Vorwort. Die Lust zu diesen Untersuchungen ist während eines langjährigen Aufenthaltes in Ostafrika entstanden. Angesichts der mächtigen Trümmer alter Bauwerke und zufolge der weit verbreiteten Ansicht, dass jedes derartige Ueberbleibsel früherer Jahrhunderte auf die Portugiesenherrschaft deute, ist der Wunsch wach geworden, zu ergründen, welche Geschicke Ostafrika in jener Zeit durchmachte, und insbesondere durch welche wirtschaftliche Thätigkeit es damals belebt wurde. Alle früheren Bearbeitungen der Geschichte Ostafrikas geben hierüber keine genügende Aufklärung. Als die grundlegenden Werke sind I. Guillain, Documents sur 'Histoire, la Gdographie et le Commerce, de l'Afrique Orientale. Paris o. J. (1856), Richard F. Burton, Zanzibar. City Island and Coast. London 1872, J. L. Krapf, Reisen in Ostafrika. Kornthal und Stuttgart 1858 zu nennen, zu denen noch Otto Kersten, Tabellarische Uebersicht der Geschichte Ostafrikas (Separat-Abdruck aus: >v. d. Decken's Reisen«.) Leipzig und Heidelberg 1879 als eine handliche Zusammenstellung, hauptsächlich nach Guillain's Werke, hinzutritt. Allen diesen verdankt die vorliegende Arbeit wertvolle Fingerzeige, doch sie geben nur Bruchstücke und können schon darum heute nicht mehr befriedigen, weil seit ihrem Erscheinen eine Reihe Urkundensammlungen und Chroniken in Lissabon und Goa veröffentlicht worden sind, die neuen Aufschluss bieten. Der Verfasser hat sich bestrebt, überall den Quellen nachzugehen. Dass ihre Beschaffung in Deutschland mit empfindlichen Schwierigkeiten verbunden war, bedarf keiner Erläuterung. Fast erdrückend ist die Menge alter und neuer Geschichtswerke über die Glanzzeit der portugiesischen Kolonialherrschaft, dagegen geradezu verblüffend die Dürftigkeit der meisten Bearbeitungen über deren Niedergang. Die Geschichtsschreiber Portugals und aller anderen Völker haben im wesentlichen dort Halt gemacht, wo für das Weitere die grossen Chronisten Joäo de Barros, Diogo de Couto und Faria y Sousa versagen. Abgesehen von verdienstvollen Einzelstudien, sind als Ausnahmen hiervon eigentlich nur Dr. Alfred Zimmermann (Die europäischen Kolonien, Bd. I. Die Kolonialpolitik Portugals und Spaniens, Berlin 1896) und F. C. Danvers (Reports on thePortugueseRecords relating to the EastIndies, London 1892, undThePortuguese in India, London 1894) anzuführen. Naturgemäss behandeln aber diese Werke, bei der Grösse des in ihnen bearbeiteten Gebiets, Ostafrika kaum mehr als nebensächlich, und sie konnten daher für die vorliegende Arbeit nur als Leitfäden dienen. Wichtige Unterlagen boten die Urkundensammlungen und die Chroniken, die durch Drucklegung von der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Lissabon allgemein zugängrig gemacht sind. Weiter hat sich der Verfasser bemüht, auch die handschriftlichen Schätze der portugiesischen Archive und Bibliotheken zu benutzen. Nachdem ihm hierzu die Genehmigung durch das Auswärtige Amt in Berlin und die Kaiserliche Gesandtschaft in Lissabon erwirkt worden war, hat sich Herr Rudolf Stuhlmann in Lissabon der Mühe unterzogen, ihm eine grosse Menge von Abschriften von Urkunden des amtlichen Briefwechsels und dergl. zu verschaffen, welche für den wichtigeren Teil der nachstehenden Abschnitte die hauptsächlichen Unterlagen geliefert haben. Allen Beteiligten sei auch an dieser Stelle der beste Dank ausgesprochenWas in Goa an Schriften über das portugiesisch-indische Kolonialreich vorhanden ist, ist von J. H. da Cunha Rivara. in der umfangreichen Urkundensammlung ,Archivo Portuguez Oriental« (Nova Goa 1857-1876, 9 Bde.) sowie in der Zeitschrift 0.,O Chronista de Tissuary« (Nova Goa 1866-1869) veröffentlicht und ist in dieser Arbeit benutzt. Die naheliegende Annahme, dass. auch das Archiv zu Mozambique Ausbeute für die Kenntnis der hier behandelten Gebiete und Zeiten bieten könne, ist irrig, denn Francisco da Costa. Mendes beglaubigt in der Vorrede seines »Catalogo dos Capitäes Generaes e Governadores da Provincia de Moýambique« (Mocambique 1892), dass dort~ ausser einem vereinzelten Schriftstücke aus dem Jahre 1682, nur Schriftstücke aus den Jahren 1752 bis zur Jetztzeit, also ausschliesslich aus einer Zeit vorhanden sind, in der Portugal schon den Einfluss über das nördlichere Ostafrika verloren hatte. Hervorzuheben ist, dass trotz der erwähnten Nutzbarmachung zahlreicher Urkunden eine erschöpfende Durchforschung der portugiesischen Archive für diese Arbeit nicht erfolgt ist, und dass dort noch manche schätzenswerte Einzelheiten zu finden sein mögen. Fast sicher ist indessen, dass eine Neuaufnahme solcher Untersuchungen nicht lohnen würde. Es wäre dadurch wohl eine Vervollständigung der politischen Geschichte, aber keine weitere Aufklärung über die weitaus wichtigere Entwicklung der wirtschaftlichen Ver hältnisse und der eingeborenen Völker zu erreichen, da diesen Dingen in früheren Jahrhunderten zu wenig Beachtung geschenkt ist. Zudem war und ist Ostafrika zu weltentlegen und zu unbedeutend, als dass die eingehendere Kenntnis seiner Entwicklung an und für sich oder als Ergänzung der allgemeinen Weltgeschichte grossen Wert haben könnte. Ueberhaupt ist schon eine ausgeprägte Vorliebe für die behandelten Ländergebiete nötig, um die Berechtigung der vorliegenden Arbeit anzuerkennen. Hamburg, November 1899. Verzeichnis der Abschnitte. Die ersten Ausblicke nach dem Osten ...... ................. Die Entdeckungsfahrt ......... ........................ Vertrags-Unterwerfung ........ ......................... Unterwerfung durch Waffengewalt und Festungsbau in Kilwa ........ Die Erstürmung und Plünderung Mombasa's .... .............. Muhamedanische Kultur ....... ........................ Die Räumung Kilwa's ......... ........................ Die zweite Zerstörung von Mombasa ...... ................. Friedensthätigkeit ......... .......................... Der erste Einfall der Türken ...... ...................... Der zweite Einfall der Türken ........ .................... Der Festungsbau in Mombasa ...... ........... . ........ Das Auftreten der Holländer und Engländer im Indischen Ozean .... Der Aufstand in Mombasa ........ ...................... Die Wiederbesetzung Mombasa's ....... ................... Das Auftreten Oman's als Seemacht ...... .................. Dreijährige Belagerung und Fall Mombasa's ..... .............. Wiedereinnahme und endgültiger Verlust Mombasa's .............. Schluss .......... ........................... Seite . . . 13 . . . 37 * . . 53 * . . 66 . . . 80 . . . 127 S. . 144 . . . 163 . * . 44 * . . 187 . . . 203 . . . 223 . . . 246 * * .273 . . .299 Anhang. I. Geld und Geldeswert ........ .......................... ..325 II. Verschiedene Urkunden .......... ........................ 333 Verzeichnis der Abbildungen und Karten. Seite Die Festung ,Jesus von Mombasa". Nach einer Photographie ........... (Titel) Fra Mauro's Weltkarte vom Jahre 1459 in verkleinerter Nachbildung. Gezeichnet von H. Kiepert ...... ..... ........................... 5 Das Geschwader Vasco's da Gama. Nach alten Vorbildern .... ......... 13 Afrika nach einer Darstellung aus ungefähr dem Jahre 15o in verkleinerter Nachbildung. Nach Codex iconographicus No. 133 der Hof- und StaatsBibliothek zu München .................................... ...37 Ruinen der Festung ~Sam Jago" in Kilwa. Nach einer Photographie ....... 63 Ruinen der Königsburg in Kilwa. Nach einer Photographie ........... ...86 Ruinen einer Moschee in Kilwa. Nach einer Photographie ............. ...89 Ostafrika nach arabischen Navigatoren nach Mohit (n. Prof. Dr. Wilh. Tomaschek) 94 Nuno da Cunha. Nach Gaspar Correa, Lendas da India, Lisboa 1858- 1866 115 ,Ostafrika nach einer Darstellung aus dem Jahre 1596. Nach Johannis Hugonis Linscotani (Linschoten), Navigatio ac itinerarium in Orientalem sive Lusitanorum Indiam, Hagae Comitis 1599 ..... ................. 151 Plan der Festung ,Jesus von Mombasa" nach einer Zeichnung aus ungefähr dem Jahre 1636. Nach Codex iconographicus No. 162 der Hof- und StaatsBibliothek zu München ........ ........................ .163 Portugiesische Bürger und Soldaten im Osten. Trachtenbild aus dem Jahre 1596. Nach Linschoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Vornehme Portugiesen im Osten. Trachtenbild aus dem Jahre 1596. Nach Linschoten ............ ............................... 187 Die Insel Mombasa nach einer Darstellung aus dem Jahre 1635. Nach Manuscrit Portugais No. 5o der National-Bibliothek zu Paris .... ........... 2o9 Festungsthor in Mombasa samt Inschrift. Nach von der Decken .......... 218 Die Festung Jesus von Mombasa " von der Seeseite. Nach einer Photographie 254 Arabische Soldaten. Nach Guillain ...... ..................... ..271 Das Hauptthor der Festung in Mombasa. Nach einer Phot graphie ..... ...286 Portugiesische Ruinen und Inschriften. Nach einer Photographie ......... ..320 Die Ostküste von Afrika nach portugiesischen Angaben 1497-1729 ..... ..(Schluss) Zeitfolge der wichtigsten Begebenheiten. 1487 1488/1489 8. Juni 1497 2. März 1498 7. April 1498 25. April 1498 28. Januar 1499 Juli 1500 Juli 1502 1503 24. Juli 1505 15. August 1505 1507 1507 1509 1512 I528/1529 1585 1586-1589 1589 59' 1592 1592 1595 1622 Bartholemeu Dias umsegelt die Südspitze Afrikas. Pedro de Covilhäo, ein portugiesischer Kundschafter, bereist, über Aegypten und Vorderindien kommend, Ostafrika bis Sofala. Vasco da Gama verlässt Lissabon auf der Entdeckungsreise nach Indien. Vasco da Gama erreicht Mozambique. Vasco da Gama ankert vor Mombasa. Vasco da Gama ankert vor Melinde. Vasco da Gama ankert auf der Rückreise von Indien vor Zanzibar. Pedro Alvares Cabral erreicht Kilwa. Vasco da Gama macht Kilwa tributpflichtig. Ruy Lourenco Ravasco macht Zanzibar und Barawa tributpflichtig. Francisco d'Almeida besetzt Kilwa und beginnt Festungsbau. Francisco d'Almeida erstürmt Mombasa. Tristäo da Cunha erstürmt Barawa. Tristäo da Cunha besetzt Sokotra. Die Portugiesen errichten eine Hauptmannschaft und Faktorei in Melinde. Die Portugiesen ziehen die Besatzungen von Kilwa und Sokotra zurück. Nuno da Cunha überwintert in Mombasa. Ein türkischer Korsar brandschatzt die ostafrikanische Küste. Die Zimbas, ein Zulustamm aus dem Süden, verheeren Ostafrika. Zweiter Einfall der Türken. Erstes englisches Schiff in Zanzibar. Uebersiedlung der Portugiesen von Melinde nach Mombasa. Beginn des Festungbaues in Mombasa. Erste Reise der Holländer nach Indien. Die Portugiesen verlieren Ormus. I6. August 1631 Niedermetzelung der Portugiesen in Mombasa. 1632 Wiederbesetzung Mombasa's. 1650 Vertreibung der Portugiesen aus Maskat. 166o-i665 Wiederholte Belagerungen Mombasa's durch die Araber. 1678 Erfolglose Unternehmung der Portugiesen gegen Patta. 1687 Die Portugiesen besetzen vorübergehend Patta. 1696-1698 Belagerung Mombasa's durch die Araber. 12.'13. Dezember 1698 Die Araber erstürmen Mombasa. 1728 Die Portugiesen besetzen Patta. 16. März 1728 Wiedereinzug der Portugiesen in Mombasa. 14. August 1729 Die Portugiesen räumen endgültig Patta. 26. November 1729 Die Portugiesen räumen endgültig Mombasa. 1769 Letzter Versuch der Portugiesen zur Wiedernahme Mombasa's. Die ersten Ausblicke nach dem Osten. Bekannt sind die Nachrichten über schon vor Jahrtausenden erfolgte Umschiffungen Afrikas. Noch am wahrscheinlichsten scheint die Erzählung von einer derartigen Reise, die nach Herodot unter dem Pharaonen Necho (609-595 vor Chr.) ausgeführt sein soll. Die Phönizier, die hierzu von dem genannten Könige beauftragt waren, begannen die Reise im Roten Meer und segelten zum Indischen Ozean. Zweimal säeten sie unterwegs Getreide aus und warteten die Ernte ab. Nach zwei Jahren erreichten sie glücklich die Säulen des Herkules und kehrten im dritten Jahre nach Aegypten zurück.) Freilich greifbare Beweise für die Richtigkeit der Berichte über diese und ähnliche Reisen lassen sich nicht erbringen. Aber anerkannt war im Altertum,. dass alle Meere zusammenhingen; wirklich nachweisbar wurden der Indische Ozean und die Gestade Ostafrikas durch Assyrer und Araber beschifft, und es liegt nicht ausser dem Bereiche der Wahrscheinlichkeit, dass gestützt auf diese Erfahrungen die kühnen phönizischen Seefahrer, die im Norden über den Golf von Biskaja in den Atlantischen Ozean vordrangen und vielleicht sogar die rauhe Nordsee, das Kap von Skagen und die Ostsee bezwangen, in den ungleich milderen Gewässern des Südens den ersten Versuch der Umseglung Afrikas wagten und auch glücklich durchführten. Doch wie dem auch sei, dem aus der Umnachtung des Mittelalters erwachenden Europa war die Kenntnis der Umschiffbarkeit Afrikas verloren gegangen. Länger als ein Jahrtausend war es im Glauben an die Lehre des Ptolemäus befangen, dass nur die mittlere Zone Leben zeige, dass aber die arktische Zone wegen der Kälte und die tropische wegen der Hitze unbewohnbar sei. Langsam nur und allmählich liessen gegenteilige Erfahrungen an der Richtigkeit dieses Lehrsatzes zweifeln. Die vielseitigen Berührungen des Abendlandes mit den Muhamedanern in den Kreuzzügen, die zum mongolischen Grosskhan geschickten geistlichen ') Vergl. Dr. Willi Müller: Di Umsegelung Afrikas durch phönizische Schiffer ums Jahr 6oo v. Chr. Geb. Rathenow 1889. Strandes, Ostafrika. I -2 Gesandten und schliesslich nicht in letzter Linie das Aufblühen des italienischen Levantehandels brachten, wenn auch nur vage, Kenntnisse von fernerliegenden Ländern. Hand in Hand mit der Wiederaufnahme grösserer Seereisen ging die bessere Nutzbarmachung des Kompasses und die Verbesserung der Seekarten. Verwogener steuerte man in die uferlose Salzflut hinein, und selbst vor dem Gewagtesten schreckte man nicht zurück. Schon im Jahre 1281 versuchten die Gebrüder Vivaldi von Genua aus und ferner zehn Jahre später Ugolini Vivaldi und Teodosio Doria von dem gleichen Hafen aus Indien durch Umseglung Afrikas zu erreichen. Doch ergebnislos sind diese Versuche geblieben; mit Mann und Maus sind diese Expeditionen verschollen.') Planmässiger wurde das Entdeckungswerk von dem portugiesischen Prinzen Heinrich dem Seefahrer (1394-146o) betrieben. In den Kämpfen gegen die Mauren hatte er sich die ersten Sporen verdient. Als Grossmeister des zur Bekämpfung des Islams gegründeten Christusordens setzte er sich nach der Eroberung Ceutas (1415) zur Aufgabe zu ergründen, welche Länder südlich von Mauretanien lägen. Lange war den christlichen Mächten aufgefallen, dass die Mauren nie in ihren Kämpfen Hülfe aus dem Süden erhielten, und sie schöpften hieraus die Hoffnung, in jenen Gegenden eine christliche Bevölkerung vorzufinden. Aus den Berichten der Mauren selbst hatte man oberflächliche Kenntnis davon, dass Karawanen bis zum Senegal und nach Timbuktu erfolgreichen Handel trieben, und dachte daran, diesen auf dem Seewege nach Portugal zu ziehen. Jahr für Jahr wurden aus den reichen Einkünften des Christusordens zwei oder drei Fahrzeuge zur Erforschung der nordwestlichen Küste Afrikas ausgeschickt; aber nur langsam war der Fortschritt. Fast 20 Jahre hindurch wurde nichts Nennenswertes erzielt. Weiter und weiter drangen die Schiffe nach Südwesten vor, doch immer wieder zeigten sich dieselben sandigen, steinigen und hafenlosen Küsten der Sahara, welche fast die alten Lehren von dem Ersterben jeglichen Lebens im Süden bestätigten. Lange war Kap Nun der südlichste Punkt, den man erreichte, dann galt Kap Bojador als die Grenze des Erreichbaren, bis auch endlich dieses im Jahre 1434 umsegelt wurde. Doch erst 1445 ergab sich ein bahnbrechender Erfolg: Diogo Dias erreichte das Grüne Vorgebirge. Wie Ruge sagt: »am Grünen Vorgebirge ist die alte mächtige Theorie von der Unbewohnbarkeit des heissen Erdgürtels zerschellt«. Das Negerland war erreicht, das üppige Wachstum des Landes, das Tierleben und der kräftige Menschenschlag bewiesen schlagend die Unhaltbarkeit des alten Lehrsatzes. Als Prinz Heinrich der Seefahrer, glorreichen Angedenkens, im Jahre 146o starb, hatte er noch die Ge1) Ruge, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen. Berlin 1881. S. 23. -3 nugthuung erlebt, dass die früher gegen ihn erhobenen Vorwürfe nutzlosen Hinopferns von Menschenleben und Schätzen für seine Unternehmungen verstummt waren, denn der afrikanische Handel brachte, besonders durch die Ausbeute an Gold und Negersklaven, reichlichen Ersatz für die Aufwendungen. Vielfach ist darüber gestritten worden, ob Prinz Heinrich bereits seine Blicke und sein Streben auf die Umseglung Afrikas und damit auf die Erreichung des Ostens gerichtet habe. Für die ersten Jahrzehnte seines Schaffens mag dies zweifelhaft sein, in der späteren Zeit aber war es sicher sein Ziel. Nachgewiesener Massen beauftragte der Prinz die von ihm ausgesandten Seefahrer, Nachrichten über Indien einzuziehen,') und ein direkter Beweis, dass seine Pläne in der That über die Erschliessung des Westens von Afrika hinausgingen, ist, dass er in der Gesandtschaft, welche er im Jahre i44o unter Fernandez Lopez d'Azevedo an den Papst schickte, um Gnadenbeweise für seine Entdeckungsfahrten zu erbitten, ausdrücklich die Erteilung von Vorrechten für die Küsten Afrikas einschliesslich Indiens in Vorschlag brachte.2) Wo dieses Indien lag, darüber hatte jenes Zeitalter allerdings nur sehr unsichere Kenntnis. Indien war ausserdem ein weiter Begriff. Südarabien, Aethiopien, Ostafrika und was wir heute Ostindien nennen, waren darunter insgesamt verstanden. Richtiger wäre vielleicht zu sagen: unter Indien verstand man die Ursprungsländer aller jener kostspieligen Erzeugnisse wie Gewürze, Spezereien und Edelsteine, die zwar vorwiegend den Mächtigen und Begüterten Europas zum Prunk und Wohlleben notwendig geworden waren, die aber auch den Unbemittelten bekannt genug waren, um ihnen begehrenswert zu erscheinen. Europa musste schon seit den Zeiten der Römer ansehen - und die Unterrichteten waren sich darüber klar -, wie stetig die Ausbeute der Bergwerke des Abendlandes an edlen Metallen nach Indien als Bezahlung für Edelsteine und Spezereien abfloss.3) Das Wenige, was Europa von ') Peschel, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen. Stuttgart u. Augsburg 1858. S. 73. ') Joseph Franýois Lafitau, Histoire des d6couvertes et conquestes des Portugais dans le Nouveau Monde. Paris 1733. S. 20. 8) Plinius der Ältere schätzt um das Jahr 6o n. Chr. diesen Abfluss auf jährlich 50 Millionen Sesterzien oder ungefähr io 5ooooo M. (Historia Naturalis VI 26), Harff im Jahre 15oo auf 300ooo Dukaten oder ungefähr 2880000 M. (Dr. E. vGroote, Die Pilgerfahrt des Ritters Arnold von Harff, Cöln i86o, S. 96). In der Jetztzeit ist dieser Abfluss bekanntlich auf ungeheure Summen angewachsen. Allein von London wurden, abzüglich der Rückfuhren, 1897 260 26o0oo M. und 1898 140 997 000 M. an Edelmetallen nach Ostasien abgegeben (nach den Statistiken von Pixley & Abell, London). Hinzu treten noch die Vlerschiffungen von den anderen europäischen und den westlichen Häfen Nordamerikas. -4der Fruchtbarkeit und der Pflanzenpracht der Tropen wusste, stammte ebenfalls, da andere dem Gleicher naheliegende Länder noch ganz unbekannt waren, aus jenen Gegenden, die der weite Begriff Indien umfasste. Nicht zu verwundern ist deshalb, dass jene Länder als die Heimstätte alles Ueberflusses betrachtet wurden. Und nicht nur die Sucht nach irdischen Gütern richtete den Sinn nach den Wunderländern des Südostens. Ein breiter Raum in den Erdbeschreibungen des späteren Mittelalters wird eingenommen von den Nachrichten über den Erzpriester Johannes. Sagenhaft und verschleiert hatte die Christenheit Kunde von einem fernen mächtigen Fürsten, der, obgleich abgeschnitten von seinen Glaubensgenossen und trotz stetigen Ansturmes des Islams, sich und sein Volk dem christlichen Glauben erhalten hatte. Lange vermutete man dieses Reich ferne in Mittelasien, doch um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts wurde erkannt, dass dieser Erzpriester Johannes in dem Papstkönig von Abessinien zu suchen sei. Verworren blieben allerdings die Ansichten über die Lage und Ausdehnung dieses Reiches und über die Macht seines Herrschers. Man wusste, dass dieses Land südlich von Aegypten läge, man wusste, dass die arabischen Schiffer auf ihren Fahrten zur Herbeischaffung der indischen Erzeugnisse an den Küsten dieses Landes vorbeifuhren, und nahm natürlich an, dass das Reich sich bis zu den Quellen des Nils und bis nach Indien erstrecke, ja man hielt es für einen Teil von Indien selbst. Naheliegend war damit, dass die auf Indien gerichteten Bestrebungen Europas in erster Linie an Anschluss an den glaubensgleichen ErzpriesterJohannes dachten und auf ihn gestützt Erfolge zu erringen hofften. Ganz im Geiste der Zeit, besonders für die im stetigen Kriege mit den Mauren lebenden Portugiesen, war das Bestreben, in dem Erzpriester Johannes einen Bundesgenossen gegen die Moslims zu suchen und andererseits auch diesem Beistand in seinen Kriegen gegen die gemeinsamen Glaubensfeinde zu bringen. Doch der nächstliegende und halbbekannte Weg zu den Glaubensgenossen und zu den Gewürzländern war verschlossen. Einen unmittelbaren Verkehr zwischen Osten und Westen gab es nicht. Auf zwei Wegen flossen die Schätze Indiens gegen Europa zu. Der bedeutendere Verkehr erfolgte durch das Rote Meer, ein weniger bedeutender durch den Persischen Golf, und die gen Europa liegenden Ausgangspforten dieser Strassen, Alexandrien und Damaskus-Aleppo waren im unbebestrittenen Besitze der Muhamedaner. Zwar waren an diesen Plätzen Genuesen, Florentiner, Katalanen sowie insbesondere Venetianer ansässig und erfreuten sich unter Verträgen mit den Mamelukensultanen und unter dem Schutze ihrer Landeskonsulen, trotz gelegentlicher Plackereien durch die Landesherren und Erschwerungen durch päpstliche Gebote, verhältnismässiger Sicherheit beim Ankaufe der indischen IM I A KO s si t over SARMA i siA t4 kGRA EVROP ROSST Raxan 012 wc. el tsS N äå pq -WO IA 22 0 FhwýX ARE YMffITERRÅNEV S R -41s ckr EG 44 LIBIX c ha L&VWC. A4 B A t S E R T 0 G A R X2LI4T, 0 12 AL rA M Te ar El, DOLCAIL BEINWIC LEB -DAXO E elc Osca~ AB-os ET OCCID Fra Mauros Weltkarte vom Je GezeÄl Mecko e, MONGVL or ca té. Wc KIV T MDVC 51BIR GVL S A EM A As 02 StolTHIA sý kmaxobii Qu m.-o CAGA l 0 sx i AR n- u N ugu 60 «iju sp. F. ss . ..... p 1"rcim cKardån 0 1 A. cl l >D A 11 A if LA Över Ltd TM iA CIär 1:2 ia DIAs an, 0 1 KV D Amp 74 GET1 L KÄl A f om st D1 avnI JalirO 1459 in verkleinerter Nachbildung. ,bnetvon 1-1. Kiepert. -5- Waren, doch blieb ihnen der Weg nach den Herkunftsländern dieser Waren verschlossen. Streng wachten in Aegypten und in Syrien die Machthaber und das Volk darüber, dass ihnen das gewinnreiche Vermittlungsamt im Waarenaustausche zwischen den beiden Welten erhalten blieb. - Die Grundlage der gesamten Kenntnis des damaligen Europas über Indien bildeten die Berichte von Marco Polo, welcher 1270-1295, vom Schwarzen Meere ausgehend, bis China gekommen und über die Molukken und längs der Westküste Vorderindiens über Ormus und Damaskus nach Italien zurückgekehrt war. Ergänzt war diese Kenntnis durch die Erkundigungen der in Aegypten und in Syrien ansässigen Europäer. Es ist nachgewiesen, dass Prinz Heinrich im Besitz einer damals noch seltenen Abschrift der Reiseerzählung Polos gewesen ist, sowie dass er fleissig Nachrichten über den Zugang zu den Gewürzländern und die Verhältnisse im Osten in Venedig bei den Levantehändlern einziehen liess. Was man in der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts über den Osten wusste, und wie man sich in jener Zeit die Gestaltung der dort liegenden Länder dachte, wird am besten aus der berühmten Fra Mauro'schen Karte von 1459 ersichtlich, deren Original in Venedig erhalten ist. Den Süden Afrikas zeigt diese Karte mit einer stark gegen Osten ausgebogenen Spitze und unmittelbar an die indischen Inseln anschliessend, sodass der zwischen Indien und Afrika liegende Teil des Indischen Ozeans fast ein Binnenmeer ist. Durch den Süden Afrikas geht ein enger Meeresarm, der eine grosse Insel, Diab genannt, abschneidet, die auf Hörensagen auf Madagaskar zu deuten ist. Vergebens sucht man einigermassen zustimmende Aehnlichkeit mit der wirklichen Gestaltung der Küste und der wahren Lage der Orte. Allerlei Nachrichten sind wüst zusammengetragen und eingezeichnet. So erscheint Zanzibar auf der Karte zweimal, einmal als eine Insel Chancibar im äussersten Südosten und nochmals ganz ferne davon als ein Küstenstrich Xengiibar auf den grossen südlichen Inseln des Erdteils, womit die arabischen Berichte von der Insel Zanzibar einerseits und dem Küstenstriche Zanzibar andererseits, die in Wirklichkeit nahe zusammenliegen, wirre wiedergegeben sind. Auch Mogodisco (Mukdischu), Soffala (Sofala) und Maabase (Mombasa) erscheinen, doch kaum in anderer Weise richtig eingetragen, als dass sie an der Ostküste Afrikas liegen. Indessen trotz aller Unrichtigkeiten im grossen und kleinen gab Fra Mauro insofern ein richtiges Bild, als er die Ausdehnung und die Grösse Afrikas einigermassen zutreffend zeigte und jedenfalls keinen Zweifel liess über die Möglichkeit, dass von Westen aus die Ostküste Afrikas und Indien erreicht werden könne. Nach dem Tode des PriRzen Heinrich nahmen die Entdeckungen nur einen lahmen Fortgang. Der regierende König von Portugal -6Alfons V. (1438-1481) verpachtete den Handel der westafrikanischen Küste und sah von eigenen Unternehmungen ab. Er legte indessen den Pächtern die Verpflichtung auf, jedes Jahr IOO Leguas weiter an der Küste vorzudringen. Um 1471 soll zum ersten Male an jener Seite des schwarzen Erdteils die Linie überschritten sein. Regerer Eifer zeigte sich erst wieder nach der Thronbesteigung von Johann II. (1481--1485). Im Jahre 1484 wurde der Kongo von Diogo Cäo erreicht. Sein Reisebegleiter, und zwar in der wichtigen Stellung eines Astronomen und Geographen, war der bekannte Nürnberger Patriziersohn Martin Behaim. Als eine Kunde, die wichtig erschien, wurde von dieser Entdeckungsfahrt mitgebracht, dass 350 Leguas östlich von Benin ein mächtiger Fürst, zugleich Oberpriester, herrsche, dem auch der König von Benin bei seinem Regierungsantritte reiche Geschenke übersandt und um Bestätigung seiner Würde gebeten habe. Wunderbar schien diese Neuigkeit mit den Nachrichten über den Erzpriester Johannes zu stimmen. War es doch nicht undenkbar, dass sich das Reich dieses Priesterkönigs der Westküste des Erdteils nähere, und sich sein Einfluss durch den ganzen Erdteil erstrecke. Das erstrebte Ziel schien damit in greifbare Nähe gerückt. Unter Pedro Vaz da Cunha wurde ein starkes Geschwader mit vielem Kriegsvolk- ausgerüstet, um den Senegal aufwärts das Land des Priesterkönigs zu erreichen, aber gänzlich erfolglos kehrte die Expedition nach Portugal zurück. Doch auch auf anderen Wegen suchte man dasselbe Ziel zu erreichen und kam zu besseren Ergebnissen. Schon vor Abgang des eben erwähnten Geschwaders hatte Johann II. zwei Männer nach Jerusalem entsendet, um dort, wo viele Pilger aus dem Reiche des Erzpriesters zu treffen sein sollten, genauere Kunde einzuziehen. Indessen dieser erste Versuch misslang, da die Boten durch ihre Unkenntnis des Arabischen am Weiterkommen verhindert wurden. Weiter wurden nun die dieser Sprache kundigen Pedro de Covilhäo und Alfonso de Payva ausgesandt. Am 7. Mai 1487 verliessen diese Kundschafter Portugal, versehen mit 400 Dukaten Reisegeld und Einführungsschreiben an alle Fürsten der Welt. Auf ihren mitgegebenen Messingschildern war ihre Beglaubigung in allen bekannten Sprachen eingraviert. Die ihnen erteilten Vorschriften lauteten dahin: den Zweck der Reise zu verheimlichen, zu erforschen, wie man in das Land, woher die Venetianer durch Vermittlung der Mauren Pfeffer, Zimmt, Ingwer, Edelsteine und Perlen erhielten, gelangen könne, das Reich des Erzpriesters Johannes zu finden und Nachrichten einzuziehen, ob man etwas von einem Seewege nach diesen Ländern wisse. Ueber Barcelona, Neapel und Rhodus, als Kaufleute verkleidet und mJt Honig handelnd, gelangten die Reisenden nach Alexandrien. Von dort zogen sie mit anderen Waaren nach Kairo -7und weiter, sich Arabern anschliessend, über Tor und Suakim nach Aden. Da bei ihrer Ankunft in diesem Platze Monsunzeit war, trennten sich hier die Gefährten. Alfonso de Payva nahm die Erreichung Abessiniens auf sich, während Pedro de Covilhäo nach Indien zog. In Kananor, Kalekut und Goa unterrichtete er sich über den Gewürzhandel. Getreu seiner Aufgabe unternahm er dann von Kalekut oder Goa mit einem muhamedanischen Fahrzeuge einen Abstecher nach Ostafrika, wo er als südlichsten Punkt Sofala erreichte. Auf dieser Fahrt brachte er in Erfahrung, dass die ostafrikanische Küste noch weiter südwestlich laufe und dass man, immer längs derselben fahrend, Guinea erreichen könne.1) Auch von der grossen Mondinsel (Madagaskar) erhielt er Nachricht. Ueber die Einzelheiten dieser ostafrikanischen Fahrt ist nichts überliefert), was umsomehr zu bedauern ist, da der Reisende als ein Mann geschildert wird, der alle Sprachen verstand, sowohl der Christen, Muhamedaner wie auch der Heiden, der alle Dinge richtig erfasste und der in einer Weise beschreiben konnte, dass er das Erzählte fast greifbar vor die Augen führte.') Sicher ist aber, dass diese Reise wirklich ausgeführt ist. Pedro de Covilhäo ist demnach derjenige, welcher geschichtlich beglaubigt als der erste Europäer Ostafrika am Indischen Ozean geschaut hat. Die Kundschafter hatten ein Wiederzusammentreffen in Kairo verabredet, doch musste Pedro de Covilhýo bei seiner Ankunft in dieser Stadt hören, dass sein Gefährte gestorben sei. Er traf indessen dort zwei portugiesische Juden, den Rabbi Abraham und den Schuster Beja mit Briefen vom Könige von Portugal, durch die er zur Berichterstattung über seine Erfahrungen und Fortsetzung seiner Forschungsreise, insbesondere zum Besuche von Ormus, der damaligen grossen Handelsstadt im Persischen Golfe, und zur Reise zum Erzpriester Johannes aufgefordert wurde. Auch diese Aufgaben hat Pedro de CovilhAo noch gelöst. Rabbi Abraham ging von Ormus aus über Aleppo nach Portugal mit den erlangten Nachrichten zurück. Pedro de Covilhýo begab sich an den Hof des lange gesuchten Erzpriesters Johannes, des Kaisers Alexander von Abessinien. Zwar wurde er ehrenvoll aufgenommen und gut versorgt, doch die Rückkehr ') Fernäo Lopez de Castanheda, Historia do Descobrimento e Conquista da India, Lisboa 1797 1 S. 6 . . e que Calicut e Cananor estauäo em costa, e podiase nauegar pera lä pela sua costa e mar de Guind, indo demandar ýofala: donde podiäo tomar a costa de Calicut. ') In Paulitschke's »Die Afrikalitteratur von Io -1750« (Wien 1881) wird ein Werk Pedro's de Covilhäo, Relacion de sua viagem da Lisboa a India por tierra 1587, als wichtiges Denkmal angeführt. Doch scheint diese Angabe auf einen Irrtum zu beruhen und ein solches Werk nicht vorhanden zu sein. 8) Francisco Alvarez, Portugueße Ambassy to Abyssinia in 520-1521. Transl. by Lord Stanley, Hakluyt Society, London 1891, S. 265. -8blieb ihm verboten. Noch im Jahre I52o, als eine Gesandtschaft des Königs Emanuel unter Rodrigo de Lima Abessinien besuchte, fand sie den alten Kundschafter daselbst vor. Dort ist er, auch ohne seine Heimat wiedergesehen zu haben, gestorben.') Während in dieser Weise in Ostafrika neue Kenntnisse über die fernen Länder und die Wege zu deren Erreichung gesucht wurden, machte man auch auf der anderen Seite des Erdteils Fortschritte. In der Mitte des Jahres 1486 war Bartholemeu Dias mit zwei grösseren und einem kleinen Schiffe für Vorräte in See gestossen, um die Küstenforschungen von Diogo Cäo fortzusetzen. Überall an der westafrikanischen Küste wurden von dieser Expedition in Portugal unterrichtete Neger und Negerinnen mit Geschenken an Land gesetzt, um die Kunde zu verbreiten, dass die Portugiesen gekommen seien, um das Land des Erzpriesters Johannes aufzusuchen. Man hoffte, hierdurch den Gesuchten auch seinerseits zur Annäherung anzuregen. Bis zur Bucht von St. Helena ging die Reise ohne besondere Gefahren. Dann erhob sich ein gewaltiger Sturm, vor welchem die Schiffe 14 Tage lang südwestlich lenzen mussten und wodurch sie in Wasser und Luft gerieten, die merklich kühler waren. Nachdem der Sturm sich gelegt hatte, wurde östlich gesteuert, um wieder die Küste in Sicht zu bekommen, von der man annahm, dass sie von Nord nach Süden laufe. Als sich aber nach mehreren Tagen immer noch kein Land zeigte, wurde der Kurs nördlich gesetzt und hierauf eine Bucht erreicht, die wegen der zahlreichen von Hirten gehüteten Viehherden Angra dos Vaqueiros (die heutige Flesh-Bay) benannt wurde. Ohne dass man es wusste, unfreiwillig war damit die lange erstrebte Umseglung der südlichen Spitze des grossen Erdteils vollbracht. Weiter nach Norden steuernd, gelangte Bartholemeu Dias sodann zu dem Rio do Infante (dem heutigen Great Fish River). Dieses war der nördlichste Punkt, den er erreichte, denn schweren Herzens musste er sich auf das Drängen seiner Mannschaft, die durch den Sturm hart mitgenommen und entmutigt war, zur Umkehr entschliessen. Voll fühlte der Entdecker die Bedeutung des Erreichten, und schmerzerfüllt, dort den Lug wenden zu müssen, wo weitere Erfolge sicher und leicht erschienen, soll er von dem Wappenpfeiler, den er nach dem Brauche der Portugiesen als Merkmal der Entdeckung auf der Insel Santa Cruz, in der heutigen Algoa-Bay errichtet hatte, geschieden sein, wie man von einem geliebten Sohne auf ewig scheidet.2) Auf der 1) Alles, was über den alten Kundschafter bekannt ist, ist von Zephyrino Brandäo in »Pero da Covilhan« (Lisboa 1897), leider in der Form einer Romanze, zusammengefasst. 2) Joäo de Barros: ,Da Asia. Dos feitos, que os Portuguezes fizeram na conquista, e descobrimento das Terras, e Mares do Oriente. Lisboa 1778. 1 1 S. 189. -9 Rückreise wurde auch das langgesuchte südliche Vorgebirge Afrikas erkannt, das auf der Hinreise im Sturme ausser Sicht geblieben war, und das Kap der Stürme getauft. Allgemein ist bekannt, dass diese Benennung bei der Rückkehr der Expedition in Portugal im Jahre 1487 von dem Könige verworfen wurde und dagegen der Name Kap der guten Hoffnung gewählt wurde, weil es die Verheissung gab, dass nun endlich der langersehnte Weg nach den reichen Gewürzländern offen stehe. Aber nicht nur wagender Unternehmungsgeist sollte in Zukunft die Unternehmungen zum Ziele führen. Bisher waren die Fahrten im wesentlichen nur Küstenreisen gewesen, bei denen sich die Seefahrer nach Landmarken richteten. Je mehr aber die Notwendigkeit hervortrat, auch die hohe See zu befahren, ergab sich der Wunsch, auch dort mit ziemlicher Sicherheit den Schiffsort bestimmen zu können. Zwar waren die von Regiomontanus, dem berühmten Kalendermacher Johann Müller aus Königsberg, auf 3oJahre (14751506) berechneten Ephemeriden bei den portugiesischen Navigatoren in Gebrauch, doch versagte dieses Hilfsmittel, als man in südlichere Breiten kam und damit eine andere Stellung der Sternbilder als auf der nördlichen Halbkugel vor sich hatte. Zudem waren die für die Messung der Polhöhe angewandten Instrumente so unhandlich, dass deren Benutzung auf den Schiffen unmöglich war und jede Breitenbestimmung das Aufsuchen von Land erforderte. Um diesen Uebelständen abzuhelfen, wurde von dem König Johann II., der sich auch persönlich viel mit Astronomie befasste, eine wissenschaftliche Kommission eingesetzt, der auch Martin Behaim angehörte, die neue Tabellen für die südlichen Breiten ausrechnete, sowie durch die Herstellung der Astrolabien in kleinerer Form aus Messing neue nutzbarere Hilfsmittel für die Seefahrt schaffte. Auch durch die Einführung des Jakobsstabes in Portugal, des Vorläufers der Oktanten und Sextanten, soll sich Martin Behaim um die Schiffahrt weitere bedeutende Verdienste erworben haben. Der durch Bartholemeu Dias entdeckte wahre Weg nach dem Osten durch die Umseglung Afrikas wurde nicht unmittelbar weiter verfolgt. In zutreffender Erkenntnis der Richtung, doch in gänzlicher Verkennung der Entfernungen und der Schwierigkeiten wurden erneute Versuche gemacht, von Guinea landeinwärts Anschluss an den Erzpriester Johannes zu gewinnen. Ein mächtiger Ansporn aber zur Fortsetzung der Bestrebungen auf dem Seewege wurde gegeben, als im Jahre 1493 Christoph Columbus, von seiner Amerikareise zurückkehrend, durch schlechtes Wetter gezwungen, in den Tajo einlief und um die Erlaubnis bat, nach Lissabon heraufzukommen, um sich dort mit Lebensbedürfnissen zu versehen. Mit Kummer und Enttäuschung hörte Johann II. von den Erfolgen Columbus', hatte er doch zehn Jahre früher - IO den glücklichen Entdecker und seinen Plan, anstatt in südöstlicher Richtung längs der Küsten, durch freie Meerfahrt nach Westen zu, Indien zu erreichen, abgewiesen. Doch er liess Columbus seine Eifersucht nicht entgelten. Er lud ihn an seinen'Hof und versorgte ihn auf Kosten der königlichen Schatzkammer mit allem Nötigen. Mehr noch als die begeisterten Schilderungen Columbus' über den Reichtum und die Pracht der von ihm entdeckten Länder schien für die wirkliche Entdeckung Indiens zu zeugen, dass die mitgebrachten Eingeborenen nicht das krause Haar, die schwarze Farbe und die Gesichtsbildung der Neger zeigten, sondern durch straffes Haar und rotbraune Haut den Beschreibungen entsprachen, die man aus den Erkundigungen in der Levante von den Bewohnern Indiens besass. Der Vorschlag einiger portugiesischer Hofleute, Columbus in Händel zu verwickeln, zu töten und damit den Spaniern den Erfolg zu rauben, wurde von dem Könige verworfen. - Einigen Trost fanden die Portugiesen in dem Gedanken, dass ihnen dennoch die entdeckten Länder durch die päpstlichen Verleihungen und durch die früheren Verträge mit Spanien zufallen würden. Schon frühzeitig war man in Portugal bedacht gewesen, sich den Besitz der neuen Entdeckungen zu sichern. Seltsam scheint freilich nach heutigen Anschauungen, wie neben Eroberung und Besitzergreifung damals die Rechtsansprüche geschaffen wurden. Unter der Begründung, dass der Hauptzweck der Unternehmungen die Erlösung unwissender Völker von dem Banne des Islams und des Heidentums wäre, dass der gesamten Christenheit damit gedient würde, und dass der grosse Eifer Belohnung verdiene, waren schon von den Päpsten Martin V. (1417 bis 1431) und Nikolaus V. im Jahre 1452 Bullen erlassen, durch welche alle entdeckten und zu entdeckenden Länder der Krone Portugal zu eigen gegeben waren und allen anderen christlichen Völkern bei den schwersten kirchlichen Strafen verboten war, die Portugiesen in ihrem Vorgehen zu stören. Vergebens suchen wir heute nach stichhaltigen Rechtsgründen solcher päpstlichen Schenkungen, aber jene Zeit fand sie in der Überzeugung, dass kein Ungläubiger Eigentum zu Recht besitzen könne. Jene Bullen waren nachmals von Calixtus III. (455 - 1458) und Sixtus IV. (1471-1483) bestätigt. Auch gegen die Störungen von Spanien her schien man gesichert. Schon in den letzten Regierungsjahren von Alfons V. (1438 -1481) hatte Spanien an Portugal das Ansinnen gestellt, von der Eroberung der Berbera und Guineas fernzubleiben, da diese Länder Spaniern zuständen, und im Weigerungsfalle mit Krieg gedroht. Aber man war schliesslich (1479) zu einer Verständigung gelangt, die Portugal seine Rechte liess. In einem ferneren Vertrage vom 2. Januar 1481 begnügte sich Spanien mit dem Besitze der Kanarischen Inseln, und -IIPortugal verblieb die entdeckte und zu entdeckende afrikanische Küste. Aufs neue wurden diese Besitzfragen durch die Rückkehr und Entdeckungen Columbus' in den Vordergrund gedrängt. Der König von Portugal glaubte nach vielen Beratungen auch auf die im Westen von den Spaniern gefundenen Länder Anspruch zu haben und beschloss, sie durch eine Flotte für sich in Besitz zu nehmen. Doch auf Vorstellungen Spaniens unterblieb diese Unternehmung und die Monarchen beschlossen, sich durch Verhandlungen über den Besitz der Länder zu einigen. Inzwischen hatte Spanien nicht gesäumt, gleich nach der Rückkehr Columbus' den heiligen Stuhl um Bestätigung des Besitzes der Entdeckungen anzugehen. Durch eine Bulle vom 3. Mai 1493 wurde der kastilischen Krone die Herrschaft über die Inseln und das Festland im Westen zugesprochen, doch unter dem Vorbehalte, dass die früher erworbenen Rechte anderer christlicher Fürsten dabei nicht geschmälert werden sollten. Die in diesem Zusatze enthaltenen Streitkeime wurden durch die berühmte Bulle vom folgenden Tage unterdrückt, in welcher durch eine Grenzlinie vom Nordpol zum Südpol, gezogen ioo Leguas im westlichen Abstande von jeder der Azorischen oder Kapverdischen Inseln, alle Inseln, Gebiete und Festländer westlich von dieser Linie Spanien und östlich von dieser Linie Portugal zugehören sollten. Doch Portugal war mit dieser Teilung nicht zufrieden, sondern verlangte in direkten Unterhandlungen mit Spanien als Begrenzung nicht einen Mittagskreis, sondern einen Breitenkreis, gezogen von der Südspitze der Kanarischen Inseln, wodurch Spanien der Zugang zu den Tropen gänzlich verschlossen gewesen wäre. Endlich im Jahre 1494 erfolgte eine Einigung zwischen den streitenden Mächten. Durch den Vertrag von Tordesillas wurde festgesetzt, dass nicht, wie die Bulle Alexanders IV. bestimmt hatte, ioo Leguas, sondern 370 Leguas westlich' von den Inseln des Grünen Vorgebirges die Grenzlinie durch einen Meridian gezogen werden solle. Die weitere Bestimmung des Vertrages, dass die Grenze durch ein spanisch-portugiesisches Geschwader abzusegeln sei, um jedem zukünftigen Zweifel über den Besitz der an der Scheidelinie liegenden Länder vorzubeugen, ist nie ausgeführt. Die Hauptbestimmung des Vertrages hat sich indessen bis 1525, dem Zeitpunkte der Entdeckung der Molukken, welche Magelhaens von Westen kommend erreichte, bewährt.') Die Besitzverhältnisse waren somit geordnet, der Weg nach dem Osten schien durch die Entdeckungen von Bartholemeu Dias und die Berichte Pedro's de Covilhäo bekannt und Johann II. glaubte die Krönung der unermüdlichen Anstrengungen seinerselbst und seiner Vor') Dr. J. Schäffer, Geschichte von Portugal, Hamburg 1836-1854, III S. 159 fr. - 12 gänger sicher zu erreichen. Noch in seinem Todesjahre war er mit der Ausrüstung von Schiffen beschäftigt, die das Entdeckungswerk zu Ende führen sollten. Doch der Tod ereilte ihn im Jahre 1495 und verhinderte das Auslaufen des Geschwaders. Der Ruhm und der Gewinn für die Erreichung des Ostens sollte seinem Nachfolger Dom Emanuel zufallen. Ein portugiesischer Chronist sagt hiezu: Es scheint, dass die göttliche Weisheit es so anordnet, dass die einen pflanzen und die anderen die Früchte der Pflanzen ernten. Fast wie ein prophetischer Blick scheint es, dass der sterbende König seinen Nachfolger veranlasst hatte, seinem Wappen eine Erdkugel hinzuzufügen. Zwar waren noch starke Bedenken zu überwinden, und selbst im portugiesischen Kronrate wurden Stimmen laut, die von der Indienfahrt schwere Verwicklungen mit den christlichen Mächten Europas und den Muhamedanern für Portugal befürchteten, doch Dom Emanuel beschloss, das von seinen Vorfahren Begonnene zum Ziele zu führen. 1) Er legte damit den Grundstein zu dem, das bewirkte, dass die Geschichte ihm später die Beinamen des Glücklichen" und des Grossen" beilegte, und dass seine Regierungsjahre als das goldene Zeitalter Portugals gelten. 1) Damiäo de Goes, Chronica do Serenissimo Senhor Rei D. Emanuel, Coimbra 1790, S. 43 und Barros II S. 268. 0 Cd 0 c2 Go G) Die Entdeckungsfahrt. Noch bis in die Mitte des Jahres 1497 dauerte es, bis die Vorbereitungen zur Reise beendigt waren. Nach den Anleitungen von Bartholemeu Dias, der von seiner Umseglung des Vorgebirges der guten Hoffnung die Erfordernisse am besten beurteilen konnte, wurde die Wahl der Schiffe und die Ausrüstung beschafft. Aus vier Fahrzeugen wurde das Geschwader zusammengesetzt. Neu erbaut wurden das Flaggschiff ~Sam Gabriel" und der ~Sam Rafael", wozu die sorgfältig ausgewählten Hölzer schon lange fertig geschnitten bereitgelegen hatten. Angekauft wurden die Karavelle ,Berrio" und ein Vorratsschiff, das von vornherein zum Abbruch bestimmt war, sobald es überflüssig wurde. Nach Rückrechnungen wird der ,Sam Gabriel" in der Wasserlinie ungefähr 19,5o Meter, in der grössten Länge 25,60 Meter gemessen haben, die Breite wird ungefähr 8,5o Meter, der Tiefgang hinten 3,3o Meter und vorne 2,6o Meter gewesen sein.') Der Tonnengehalt des ~Sam Gabriel" soll 12o Tonnen (= 178 Tonnen Tragfähigkeit), des ~Sam Rafael" IOO Tonnen, des ,Berrio" 50 Tonnen und des Tenders 2oo Tonnen gewesen sein, doch wird auch von Schiffsbauverständigen der Neuzeit angenommen, dass der Raumgehalt der beiden Hauptschiffe ungefähr 25o bis 3oo Registertonnen betragen haben müsse.'2) Die beiden Hauptschiffe waren Dreimaster. An dem Grossmast und Fockmast trugen sie je zwei Raasegel, an dem Besahn ein Lateiner; ausserdem führten sie noch an einem Bugmaste ein ferneres Raasegel. Auf dem Vorderteile und dem Heck standen hochragende Aufbauten. In dem Grosstop führten die Schiffe die Flagge. Feststehende Landesfarben hatten sich damals noch nicht 1) Joäo Braz d'Oliveira: Os Navios de Vasco da Gama. Centenario do descobrimento da America. Memorias da Commiss.o Portugueza. Lisboa 1892. S. 8 f. 2) Vergl. E. G. Ravenstein: A Journal of the first Voyage of Vasco da Gama. App. D. Vasco da Gama's Ships and- their equipment. London, Hakluyt Söciety 1898. S. 157 ff. - 14 eingebürgert, und so zeigte die Flagge in weissem oder andersfarbigem Felde das portugiesische Wappen. Auf jedes Segel war ein grosses Christuskreuz gemalt. Das Kommandozeichen war eine rothe Flagge. Aufs reichlichste wurden die Schiffe ausgerüstet; was heute als selbstverständlich für alle Reisen gilt, die Mitgabe von einem doppelten Stell von Segeln und Tauwerk, wird besonders hervorgehoben.') Für starke Bewaffnung und reichliche Munition wurde gesorgt; der ~Sam Gabriel" führte 20 Geschütze, worunter sich wahrscheinlich auch die ungefügen Hinterlader jener Zeit befanden. Jedes Schiff führte eine Apotheke. An Lebens. mitteln wurde ein Vorrat, der für drei Jahre für genügend erachtet wurde, mitgeschickt. Die ganze Ausrüstung und Takelung war so eingerichtet, dass die Teile von dem einen Schiffe für das andere verwandt werden konnten.2) Ausserdem wurden viele Geschenksgegenstände, sowohl geringwertige Glasperlen, Schellen, Messer u. dgl. wie auch wertvolle Waffen, Gefässe von Silber und reiche Gewänder mitgenommen. Für Gold von dem Gepräge aller Herren Länder, der Christenheit wie auch der Ungläubigen, wurde gleichfalls gesorgt, und weiter fehlte es auch nicht an Waren wie Kupfer, Korallen, Quecksilber und Wollenstoffen, die nach den eingezogenen Erkundigungen für den Handel in Indien Absatz versprachen. Dieselbe Sorgfalt wie für die Ausrüstung wurde auch der Bemannung und Führerschaft zugewandt. Zum Geschwaderchef wurde Vasco da Gama ernannt. Paulo da Gama, ein älterer Bruder Vascos, erhielt das Kommando über den ~Sam Rafael". Kapitän des ,Berrio" wurde der Edelmann Nicolao Coelho und des Tenders Gonzalo Nunez, ein Gefolgsmann der Gebrüder da Gama. Seemannschaft war in damaligen Zeiten kein Erfordernis für einen Schiffsführer oder richtiger Schiffskommandanten. Vasco da Gama hatte sich indessen schon durch Fahrten nach Guinea in dieser Eigenschaft bewährt. Nebenher werden ihm Kriegertugenden, allgemeine Tüchtigkeit und edles Blut zu der Stellung verholfen haben. Der wichtige Posten des Piloten auf dem Flaggschiffe wurde Pero Dalanquer anvertraut, der bereits in gleicher Eigenschaft bei der grossen Umseglung des Kaps der guten Hoffnung unter Bartholomeu Dias gedient hatte, und dem vielleicht der Erfolg dieser Reise am meisten, jedenfalls ') Th. Hon. Henry E. J. Stanley, The Three Voyages of Vasco da Gama and bis Viceroyalty, from the Lendas da India of Caspar Correa. London, Hakluyt Society 1869. S. 26. Dieses Buch ist ein übersetzter Auszug aus dem grossen portugiesischen Geschichtswerke Gaspar's Correa, »Lendas da India«, das ungefähr 155o geschrieben, erst Lissabon 1858-1866 gedruckt worden ist. Im Folgenden wird unter »Three Voyages« bei Benutzung der Uebersetzung und unter »Gaspar Correa« bei Benutzung der Urschrift citiert werden. ') Three Voyages, S. 68. - 15 mehr als allgemein anerkannt, zu verdanken ist.') Ein Pilot jener Zeit ist durchaus nicht mit einem heutigen Lotsen zu vergleichen. Ihm oblag insbesondere das Astronomische der Navigation wie überhaupt die gesamte Kursleitung. Seine Stellung war um so wichtiger, da den Kommandanten und sonstigen Schiffsoffizieren diese Kenntnisse gewöhnlich fehlten. An Leuten, welche lange in Marocco und Guinea gelebt hatten, wurden den Schiffen Dolmetscher mitgegeben und weiter zur Verständigung in den fernen Ländern sprachkundige Negersklaven eingeschifft. Für das Seelenheil wurde durch einige Priester gesorgt. Im ganzen bestand die Schiffsbesatzung aus 148 Köpfen, die noch durch 12 zum Tode verurteilte Sträflinge vermehrt wurden. Letztere hatten die Bestimmung, bei gefährlichen Gelegenheiten vorangeschickt und an fremden Küsten zur Sammlung von Nachrichten ausgesetzt zu werden. Freigebigkeit in baarem Gelde wurde auch der Mannschaft gezeigt, um jedem zu ermöglichen, für seine zurtickbleibenden Angehörigen zu sorgen. Will man dem stets übertreibenden und ausschmückenden Gaspar Correa glauben, so haben die Gebrüder da Gama je 2000 Crusados (= M. 1976o)2) und selbst die einfachen Seeleute je 40 Crusados (M. 395,20) erhalten. Die Höhe dieser Beträge erweckt aber Zweifel an der Richtigkeit. Dem Geschwaderchef wurde in den Verhaltungsbefehlen, die ihm der König gab, volle Freiheit gelassen, je nach den Umständen als Soldat, Kaufmann oder Gesandter aufzutreten. Einführungsschreiben an den Erzpriester Johannes, an den Beherrscher von Kalekut und andere indische Fürsten wurden in portugiesischer und arabischer Sprache ausgefertigt und nebst Abschriften aller Nachrichten, die bislang über Indien und die aufzusuchenden Länder im Osten gesammelt waren, mitgegeben. Der König, der Hof und die Bevölkerung nahmen an dem Unter° nehmen den weitgehendsten Anteil. Voll von grossen Versprechungen waren die Abschiedsworte, die der König an den scheidenden Geschwaderchef richtete, feierlich dessen Schwüre, nicht ohne Erfolg heimzu. kommen. Vasco da Gama und die Schiffsführer hielten die letzte Nacht Vigilien in der Kapelle zu Belem. Mit der gesamten Mannschaft gingen sie sodann barfüssig im Hemde, mit Kerzen in der Hand in ') Goes S. 69: Ho piloto desta armada se chamava Pero Dälanquer, homem .mui experto nas cousas do mar, et per cuja industria Lopo Infante et Bartolemeu Diaz chegaräo atte ho rio do Infante, quando per mandado del Rei dom Joäo foräo a descobrir. 2) Über die Berechnung dieses Gegenwertes und überhaupt über alle in dieser Arbeit vorkommenden Umrechnunger. von Geldbeträgen, sowie über portugiesische Münzen im allgemeinen siehe Anhang . - 16 Prozession zu den Booten. Alles kniete nieder und verrichtete laut die Beichte. In der für Sterbende üblichen Form und unter Verlesung der für die Teilnehmer von Entdeckungsfahrten erlassenen päpstlichen Bulle wurde die Absolution erteilt. Unter den Litaneien der Geistlichkeit und unter dem Wehklagen der zahlreich versammelten Menge erfolgte die Einschiffung. Noch auf dem Wasser wurden die Abreisenden von vielen Angehörigen begleitet. Drei Tage ritt das Geschwader in der Tajo-Mündung, auf günstigen Wind wartend, vor den Ankern. Am 8. Juli 1497 wurden die Segel gesetzt und seewärts gesteuert.') Auf das dringende Ersuchen von Vasco da Gama, der seinen älteren Bruder ehren wollte, hatte nicht sein Schiff, sondern das von Paulo da Gama befehligte »Sam Rafael« die Commodoreflagge gesetzt. In Gesellschaft mit dem Entdeckungs-Geschwader segelte Bartholomeu Dias, der ein nach Mina an der Westküste Afrikas bestimmtes Schiff führte. Am 25. Juli wurden die Kapverdischen Inseln erreicht. Nach einem Aufenthalte zur Einnahme von Erfrischungen steuerten am 3. August die Schiffe in die hohe See hinaus, und nach derAngabe, dass sie schon am 22. August reichlich 8ooLeguas (= 5015 km) abgesegelt hatten, mussten sie der damals unbekannten Küste Brasiliens nahe gewesen sein. Lange Wochen steuerte sodann das Geschwader Südost, bis es endlich am 7. November die südwestafrikanische Küste in der Bucht erreichte, die noch heute den damals gegebenen Namen St. Helena trägt. Hier wurden zur genaueren Ermittlung der Breite die astronomischen Instrumente gelandet. Mit den Eingeborenen wurde Verkehr angeknüpft. Es ist ein Beweis für die weitgehende Verworrenheit der Kenntnisse über die Lage der aufzusuchenden Länder, dass 1) Roteiro da Viagem que em Descobrimento da India pelo Cabo da Boa Esperanýa fez Dom Vasco da Gama em 1497 Segundo um Manuscripto caetaneo publ. por Diogo Kopke e Antonio da Costa Paiva. Porto 1838. S. i. Nach Gaspar Correa erfolgte die Abreise am 25. März. Ueberhaupt zeigen sich in den Berichten über diese Reise in den Daten grosse Verschiedenheiten. Im Nachfolgenden wird im wesentlichen dem Roteiro als anscheinend der einzigen erhaltenen, während oder gleich nach der Fahrt geschriebenen Erzählung gefolgt. In jüngster Zeit sind von diesem Roteiro zwei ausgezeichnete Bearbeitungen erschienen. Ravenstein giebt in seinem schon angezogenen »Journal« eine wörtliche Uebersetzung mit Anmerkungen und Anlagen. Für Ostafrika sind diese Zugaben besonders wertvoll durch die Mitarbeit von Sir John Kirk, dem früheren engl. Generalkonsul in Zanzibar. Ferner hat Dr. Franz Hümmerich in »Vasco da Gama und die Entdeckung des Seeweges nach Ostindien« (München 1898) unter Zugrundelegung des Roteiro und unter Beigabe einer Uebersetzung des Roteiro eine Arbeit geliefert, die sich durch vollständige Quellenbeherrschung und kritische Sichtung auszeichnet und die den Gegenstand geradezu abschliesst. Beide Werke erschienen erst, als der vorliegende Abschnitt bereits geschrieben war, doch konnte nachträglich manche Erörterung als durch Dr. Hümmerich's Untersuchungen erledigt, gestrichen werden. - 17 schon hier die Entdecker den Negern ihre Muster von Nelken und Zimmt mit der Frage vorlegten, ob diese Gewürze bekannt seien.') Auch zu den ihnen vorgezeigten Edelperlen und Gold machten die Eingeborenen Gesichter wie zu Dingen, die sie niemals gesehen hatten. Gaben von Glöckchen und Zinnringen wurden gerne genommen. In einem Streite, der schliesslich mit den Eingeborenen, eigentlich ohne Ursache, entstand, erhielt Vasco da Gama eine leichte Wunde am Bein. Am 16. November lichteten die Schiffe wieder die Anker. Keiner wusste einigermassen richtig, wo man war, nur Pero Dalanquer bestimmte den Ort auf höchstens 30 Leguas nördlich vom Kap der guten Hoffnung. Nach ermüdendem Kreuzen gegen widrige Winde wurde am i9.November glücklich dieses erste ersehnte Ziel unter Trompetenschall und Trommelschlagen und unter Geschützsalven umsegelt. Am 25. November landeten die Schiffe in der Sam Bras Bucht (der heutigen Mossul-Bay). Entgegen den Erfahrungen, die Bartholomeu Dias auf der vorhergehenden Reise gemacht hatte, wurde ein friedlicher Verkehr mit den Eingeborenen angebahnt, der den Eintausch von Vieh ermöglichte und sogar zu gemeinsamen Tanzbelustigungen führte. Hier in der Sam Bras Bucht wurde auch das Vorratsschiff abgebrochen und seine Ladung auf die andern Schiffe verteilt. Auf der Weiterreise wurden die Schiffe von einem schweren Sturm überfallen. Dann hatten sie mit Gegenströmungen zu kämpfen, die öfters die Schiffe so zurücktrieben, dass sie verschiedentlich wieder in Sicht von Landmarken kamen, die sie schon einmal vor Tagen passiert hatten. Die Schiffe machten viel Wasser, und stetig musste die Mannschaft an den Pumpen stehen. Dazu wurde ein Riss im Maste des »Sam Rafael« entdeckt. Die Schiffe waren nun in ganz unbekannten Gewässern, denn die Grenze, bis zu der die früheren Entdecker vorgedrungen waren, war überschritten. Am 25. Dezember, Weihnachten, passierten die Schiffe die Küstenstrecke, die von damals her noch heute, an den Entdeckungstag erinnernd, den Namen Natal trägt. Grosse Entmutigung scheint allmählich um diese Zeit unter der Mannschaft Platz gegriffen zu haben. Gaspar Correa erzählt umständlich von einer Ver schwörung, die an Bord aller Schiffe angezettelt gewesen sein soll, und die bezweckt haben soll, sich der Befehlshaber zu bemächtigen und nach Portugal zurückzusegeln. Auch die Piloten sollen zu den Meuterern gehalten haben. Vasco da Gama soll nach der Entdeckung die Steuerleute und Rädelsführer in Eisen gelegt haben und der Mannschaft eine Rede mit der Spitze gehalten haben, dass er weder Navigationskundige noch Steuerleute gebrauche, sondern sich allein Gott, als dem wahren Lotsen, anvertraue und sich und die Schiffe seiner Gnade anheimgäbe. Auch ) Roteiro S. 6. Strandes, Ostafrika. 2 - i8 soll er die Navigationsinstrumente über Bord geworfen haben.1) Doch neben der innerlichen Unwahrscheinlichkeit spricht gegen diese Erzählung, dass alle anderen Geschichtsschreiber von ähnlichen Vorgängen nichts wissen. Dagegen ist wohl denkbar, dass in dieser Zeit Unzufriedenheit und Murren zu Tage getreten sind, da das Trinkwasser knapp war, weil im Sturm viele Wasserfässer zerdrückt worden waren und zum Kochen schon Seewasser gebraucht werden musste. Besorgt nach einem geeigneten Landungsplatze ausspähend, segelten in dieser Zeit die Schiffe tagsüber ganz nahe der Küste und drehten nachtsüber bei, bis sie am Io. oder ii. Januar, durch am Strande bemerkbare Neger angezogen, an einem Küstenstriche landeten, dem wegen der hier gefundenen guten Aufnahme der Name Terra da boa Gente (Land der guten Leute) beigelegt wurde. Gastlich brachten die Eingeborenen Hirse und Hühner zum Verkauf, und auch Kupfer wurde gegen von ihnen stark begehrte Hemden und Leinen eingehandelt. Wegen des Kupferreichtums wurde ein nahe dem Ankerplatz mündender Fluss Rio do Cobre getauft. Nördlich der heutigen Delagoa-Bay, wahrscheinlich gleich dem heutigen Zavora Fluss, ist diese Landungsstelle zu suchen Ueberraschender Weise soll hier der portugiesische Dolmetscher, der seine Sprachkenntnisse in Westafrika am Kongo erworben hatte, im stande gewesen sein, sich mit den Negern zu verständigen.') Da der offene Seestrand für die beabsichtigten Ausbesserungen der Schiffe keinen genügenden Schutz bot und auch kein genügender Wasservorrat wegen der starken Brandung eingenommen werden konnte, wurde nach nur fünftägigem Aufenthalte die Reise fortgesetzt. Zur Erkundung des Landes wurden aber zwei der von Portugal mitgenommenenSträflinge zurückgelassen. Am 25. Januar liefen die Schiffe in die Mündung eines grösseren Flusses, des heutigen Quelimane hinein. Bald kamen den Fluss eine Anzahl mit Negern besetzte Ruderboote herunter, die sich furchtlos und als ob sie von lange her mit den Portugiesen bekannt seien, an Bord der Schiffe begaben. Mit Freude und Entzücken bemerkten die Portugiesen, dass diese Eingeborenen kleine Stücke Baumwollzeug zur Bedeckung ihrer Scham trugen, und das Entzücken wurde vollständig, als einige Tage später einige Häuptlinge erschienen, die grössere Tücher gleichen Stoffes besassen, und von denen der eine mit einem seidengestreiften Kopftuche und der andere mit einer grünseidenen Mütze prunkte. Auch ein Eingeborener von hellerer Hautfarbe, der einige Worte Arabisch verstand und der ein Mischling von Araber und Neger zu sein schien, machte seinen Besuch an Bord. Die Geschenke, welche die Portugiesen aus ) Three Voyages S. 55-64. 2) Goes 1 S. 75. - 9teilten, insbesondere Kleidungsstücke machten wenig Eindruck. Schwer war die Verständigung, doch hörten die Portugiesen heraus, dass Schiffe, ähnlich den ihren, aus weiter Ferne dieses Land zu besuchen pflegten. Alles, was man sah und hörte, gab den bestimmten Hinweis, dass man sich in Gewässern befand, die mit dem lange gesuchten Indien in Verbindung standen, und demgemäss wurde der Fluss, in dem die Schiffe ankerten, derRio dos BonsSignaes, d.i. der guten Vorzeichen, genannt. Das Geschwaderlag hier32Tage, damitdie Schiffe in Stand gesetzt werden konnten. Eine gründliche Ueberholung wurde vorgenommen. Während der eine Chronist erzählt, dass die Schiffe hierzu auf den Strand aufgezogen worden seien,') sagt ein anderer Chronist, dass die Schiffe der Sicherheit halber mit ihren eigenen Rundhölzern gekielholt worden seien, obgleich Strand und Gezeiten für das Aufziehen günstig gewesen wären.') Während der Zeit dieser Arbeit wurden die Portugiesen reichlich mit Lebensmitteln versorgt. Unter Laubdächern, die am Ufer errichtet waren, wurde täglich Tauschhandel betrieben. Ein neuer Beweis der Nähe gesitteter Länder wurde darin gefunden, dass Baumwollstoffe mit roten Schriftzeichen zum Vorschein kamen. Viel hatten in dieser Zeit die Schiffsbesatzung von Krankheit zu leiden. Man suchte die Ursache in der Feuchtigkeit des Landes und in dem überreichlichen Genusse von Früchten, doch scheint es in Wirklichkeit Skorbut gewesen zu sein, denn die Erscheinungen der Krankheit waren Schwellen der Glieder und des Zahnfleisches. Rühmend wird hervorgehoben, dass sich Paulo da Gama Tag und Nacht der Kranken annahm und durch seine Fürsorge Linderung brachte. Nachdem die Instandsetzungsarbeiten beendigt waren, lichteten die Schiffe wieder am 24. Februar die Anker und segelten nordwärts weiter. Wenn Gaspar Correa richtig berichtet, brachten die nächsten Tage ein grosses Ereignis. Nach seiner Erzählung sichteten und kaperten die Schiffe hinter einer Landzunge eine ankernde Dhau, deren Negerbemannung an Land entschlüpfte, mit der aber ein Indier aus Kambaja in die Hände der Portugiesen fiel. Er soll mit einem Hemd von weissem Stoffe, mit einem farbigen Tuche um die Schultern, mit einem seidenen Gürtel und einer Mütze, die aus vielen viereckigen, verschiedenartigen Seidenstücken zusammengenäht war, bekleidet gewesen sein. Zuvorkommend und gewinngierig wie ein echter Indier soll er sich erboten haben, in seiner Heimat den Portugiesen eine volle Gewürzladung zu verschaffen.') Nichts ist an dieser Erzählung unglaubwürdig, aber dennoch wird eine solche Begegnung nicht erfolgt sein, da sie von den anderen 1) Lopez de Castanheda 1 S. 26. 2) Three Voyages S. 67. 8) Three Voyages S. 75 ff. - 20 Chronisten, insbesondere dem Schreiber des Roteiro, als eine Begebenheit, die ganz hervorragend wichtig war, nicht mit Stillschweigen übergangen wäre. Gaspar Correa weiss sodann noch von dem Fange einer zweiten Dhau zu erzählen, die von den Portugiesen besetzt und als Wegmacher benutzt worden sein soll. Diese Dhau soll mit Taubendung von Inseln in der Nähe beladen und nach Kambaja bestimmt gewesen sein, wo der Stoff bei der Färberei von Stoffen Verwendung gefunden haben soll. An und für sich ist ein Handel mit jenem Stoff in jener Zeit nicht unglaubwürdig, da die Araber seit Jahrhunderten Guano von Abd-el-Kuri bei Sokotra holen, aber es ist unwahrscheinlich, dass je im MozambiqueKanal Guano-Inseln existierten. Die anderen Chronisten wissen auch von dieser zweiten Prise nichts, sondern erzählen, dass die Schiffe nach ereignisloser Seefahrt am 2. März vor der Bucht von Mozambique ankamen und zuerst bei der kleinen, später S. Jorge genannten Insel ankerten, von wo sie die Insel und Stadt Mozambique sehen konnten und hier von einheimischen Fahrzeugen begrüsst wurden, die sie zum Einlaufen in den Hafen aufforderten. Nach einer Beratung mit den anderen Kapitänen entschloss sich Vasco de Gama zur Erkundung des Landes die Anker wieder aufzunehmen und legte sich am folgenden Tage mit allen drei Schiffen unmittelbar vor die Stadt. Ueberrascht und freudig - wie das Roteiro versichert, zu Thränen. gerührt sahen die Portugiesen, dass sie im Bereiche civilisierter Verhältnisse angekommen waren. Der einzige Abbruch der Freude war, dass sie sich, wie sie aus der hier verbreiteten Kenntnis der arabischen Sprache richtig vermuteten, unter Muhamedanern befanden. Die Stadt bestand aus Lehmhütten mit Palmblattbedachung. Nur die Behausung des Scheiks und eine Moschee waren aus Stein mit flachem Dache gebaut. Unter den eingeborenen Negern wohnten viele Muhamedaner aus Indien und vom Roten Meere, welche teils helle, teils dunkle oder mischfarbige Hautfarbe hatten, und welche durch langen Aufenthalt und Vermischung mit der eingeborenen Bevölkerung deren Lebensweise angenommen hatten. Aus den Erzählungen der Besucher konnte der Dolmetscher vernehmen, dass der Sultan ýacoeja (?) das Oberhaupt des Landes sei und als Vasall dem nördlicher wohnenden, mächtigen Könige von Kilwa unterstehe und für diesen die Zölle einnehme. Ein lebhafter Handel wurde von Mozambique längs der ganzen Küste und nach Indien und Arabien betrieben. Im Hafen lagen viele Fahrzeuge, von denen insbesondere vier grössere, die mit weissen Muhamedanern') bemannt 1) Im Portugiesischen nur muros = Mauren genannt. Die Uebersetzung ,Muhamedaner" ist durchge4lends in dieser Arbeit überall dort beibehalten, wo nicht klar ersichtlich war, ob es sich um Indier, Araber oder Ostafrikaner handelt. - 21 waren, die Aufmerksamkeit der Portugiesen erregten. Diese Fahrzeuge waren ohne die Verwendung von Nägeln gebaut, mit Kokusgarn zusammengenäht, hatten kein festes Deck und ein Segel aus Matten. Trotz dieser kümmerlichen Beschaffenheit waren sie mit Kompassen, Quadranten und Seekarten versehen.') Die Natur bot den Portugiesen als grosse und auffallende Neuheit den ersten Anblick von Kokuspalmen. Friedlich wurden die Portugiesen aufgenommen. Der Kapitän des ,Berrio" erhielt gleich den Besuch des Landesherrn. Als Unterpfand seiner guten Gesinnung übergab er dem Kapitän seinen Rosenkranz von schwarzen Perlen. Doch da kein Dolmetscher zugegen war, wurde wenig ausgerichtet. Die gelbe Mütze, die dem Scheik bei dieser Gelegenheit verehrt wurde, fand wenig Gegenliebe. Besser gefielen schon die von Vasco da Gama alsbald gesandten Hüte, gelbe Jacken, Korallen und Messingbecken. Als Gegengeschenk schickte der Scheik viele Erfrischungen, darunter Töpfe mit Dattelbrei, gewürzt mit Nelken und Kümmel, zweifelsohne eine dem arabischen Halloa ähnliche Süssigkeit. Auch an Bord des Flaggschiffes erschien der Landesherr. Festlich war dasselbe mit Flaggen herausgeputzt. Um einen besseren Eindruck zu machen, waren die Kranken nach den anderen Schiffen hinübergeschickt und nur die Gesunden zum Empfange aufgestellt. Um die Armseligkeit der Entdecker zu verbergen, durften nur die gut gekleideten Leute antreten. Heimlich war alles bewaffnet, um allenfalls geplanter Hinterlist entgegentreten zu können. Mit einem Gefolge von IO Personen, darunter Musikanten, die auf Elfenbeinhörnern und anderen Instrumenten bliesen, kam der Scheik in zwei zusammengelaschten Booten längsseite und an Bord. Er trug ein langes weisses, bis an die ,Enkel reichendes Hemd. Eine mit Litzen verzierte Jacke von Sammt und ein vielfarbiger seidener Turban mit Goldfäden vervollständigten die Kleidung. In seiner seidenen Leibschärpe trug er einen silberverzierten Dolch und in der Hand ein gleichfalls silberbeschlagenes Schwert. Ganz ebenso würde noch heute der Anzug eines wohlhabenden ostafrikanischen Arabers sein. Das Gefolge des Scheiks von zehn Personen war ähnlich reich gekleidet. Mit Trompetengeschmetter und vielen Ehrenbezeugungen wurden die Gäste empfangen. Durch den Dolmetscher trug Vasco da Gama dem Scheik vor, dass er mit einem grossen Geschwader von seinem Könige, dem mächtigsten Herrscher der Welt ausgesandt sei, um die Gewürzländer aufzusuchen, dass er aber durch einen Sturm von den übrigen Schiffen getrennt sei und den Weg nicht wisse. Als dem Scheik die Muster der gesuchten Gewürze Pfeffer, Nelken, Zimmt und Ingwer vorgezeigt wurden, sagte er lachend, er würde sie schon dorthin führen 1) Roteiro S. 25. - 22 -lassen, wo sie die Schiffe mit dem Gewünschten beladen könnten, und fragte dazu, was sie denn für Waren zum Einkauf hätten. Hierauf antwortete Vasco da Gama, dass die meisten und besten Waren in den anderen Schiffen verladen seien, dass er aber Gold und Silber mit sich führe, worauf der Scheik erwiderte, dass man damit in der Welt alles erhalten könne, was man suche.') Die Bitte Vasco's da Gama um Gewährung von Lotsen nach Indien, bewilligte er unter der Bedingung, dass sie gut behandelt und im voraus bezahlt würden. Demgemäss wurden zwei Lotsen für einen Lohn von je 30 Metikal Gold (= M. 360) und zwei Jacken angenommen und dabei vereinbart, dass immer einer der beiden an Bord verbliebe. Nach ihrer Hautfarbe waren die Portugiesen bis dahin für Türken und jedenfalls für Muhamedaner gehalten worden, und es scheint, dass Vasco da Gama diese empörende Verkennung seines Glaubens absichtlich fortbestehet liess, denn auf eine bezügliche Frage des Scheiks und dessen Verlangen, die Gesetzbücher zu sehen, worunter nur der Koran verstanden sein konnte, erwiderte er, dass sein Vaterland der Türkei nahe liege, und dass er die Gesetzbücher nicht bei sich führe, da er sie auf See nicht brauche. Ohne Störung des Einvernehmens war dieser Besuch des Scheiks verlaufen, und weiter blieb eine Zeit lang das gute Verhältnis erhalten. Die versprochenen Lotsen waren an Bord gekommen, und es wurde dem Scheik dafür der Dank durch ein Geschenk von fünf Ellen Scharlachtuch, fünf Ellen Seidenzeug, zwei Messerklingen aus Flandern und einem Spiegel ausgesprochen. Doch nicht nur nach Gewürzen und deren Herkunftsland ging die Suche der Portugiesen, sondern auch nach Christen und dem Erzpriester Johannes. So unwahrscheinlich es heute im Lichte der Kenntnis des damaligen Ostafrikas erscheint, so wird doch von allen Chronisten der Entdeckungs fahrt übereinstimmend, wenn auch in verschiedener Form erzählt, dass die portugiesischen Entdecker bei diesem ersten Aufenthalt in Mozambique sowohl einige Nachricht über den Erzpriester Johannes und sein Land erhielten, wie auch sogar die Bekanntschaft von Christen machten. Nach dem einen trafen sie zwei gefangen gehaltene christliche Indier,) nach den anderen kamen drei Abessinier aus dem Reiche des Königspriesters Johannes an Bord und beteten vor dem Bilde des Erzpriesters Gabriel, welches sich auf dem Schiffe dieses Namens befand.8) Durch diesen Verkehr erst sollen sich die Eingeborenen bewusst geworden sein, dass sie in den Fremdlingen Christen vor sich hatten, und diese Erkenntnis soll das bisherige freundschaftliche Entgegenkommen in 1) Three Voyages S. 85, 8. 1) Roteiro S. 26. 3) Barros II S. 228. - 23 Wut und Hass und in das Bestreben verwandelt haben, sich der Schiffe mit Gewalt zu bemächtigen. Ein Anschlag wurde den Portugiesen durch den einen der eingeborenen Lotsen verraten, worauf Vasco da Gama es für rätlicher hielt, die Schiffe nach der Insel S. Jorge hinauszulegen. Um den zweiten gerade an Land befindlichen Lotsen wiederzuerlangen, gingen Vasco da Gama und Nicolao Coelho in einem Boote nochmals zur Stadt zurück, doch fünf oder sechs Dhaus mit vielen Bewaffneten mit Bogen, Schwertern und Speeren traten ihnen in den Weg. Diese Widersacher wurden zwar leicht durch einige Kanonenschüsse aus den Booten zurückgetrieben und vollends eingeschüchtert, als der »Berrio« zur Hülfeleistung heransegelte, doch erschien es unthunlich, die Fliehenden an Land zu verfolgen, und die Portugiesen kehrten auf ihre Schiffe zurück. Da keine Aussicht vorhanden war, den zweiten Lotsen wiederzuerlangen, gingen die Schiffe am 12. März nordwärts unter Segel. Doch nach viertägigem vergeblichen Kreuzen gegen Strömung und Nordostmonsun sahen sich die Portugiesen wieder nahe Mozambique und gingen am 15. März aufs neue bei S. Jorge vor Anker, um auf günstigeres Wetter zu warten. In den acht Tagen, welche die Schiffe hier lagen, schickte der Scheik eine Botschaft mit der Anfrage, warum der Friede gebrochen sei, und stellte das Ersuchen, die guten Beziehungen wiederherzustellen. Doch die hierauf von Vasco da Gama verlangte Anbordsendung des entwichenen zweiten Lotsen wurde nicht erfüllt. Inzwischen war das Wasser auf den Schiffen knapp geworden. Um es zu ergänzen, wurden in einer Nacht zwei Boote, mit dem Lotsen als Führer, nach dem Festlande nördlich von Mozambique, dem heutigen Cabaceira, geschickt, wo sich die Brunnen oder Wasserlöcher befanden, doch in der Dunkelheit konnte der Lotse im Mangrovedickicht die Stelle nicht finden, oder dachte mehr an Gelegenheit zur Flucht als an seine Führerpflicht, sodass die Boote unverrichteter Dinge zurückkehren mussten. Nun wurde am lichten Tage das Vorhaben wiederholt. Der Wasserplatz wurde aufgefunden, und die Eingeborenen, welche Miene zur Verteidigung machten, wurden durch einige Kanonenschüsse vertrieben. Ob wirklich oder nur eingebildeter Weise, die Portugiesen wurden am folgenden Tage durch einen an die Schiffe herankommenden Muhamedaner gereizt, der ihnen zurief, sie könnten weiter Wasser holen. Vasco da Gama sah hierin eine höhnische Aufforderung zum Kampfe, und um zu zeigen, dass er die Macht besitze, Böses zuzufügen, sandte er einige stark bewaffnete Boote unmittelbar vor die Stadt. Längs des Strandes hatten die Eingeborenen mannshohe hölzerne Pallisaden errichtet. Sobald sich die Portugiesen näherten, wurden sie mit Pfeilschüssen und Schleuderwürfen (?) begrüsst, doch die Bootgeschütze verscheuchten bald die Verteidiger. Grosse Dinge scheinen indessen nicht ausgerichtet worden zu sein, - 24 denn der Augenzeuge dieser Begebenheiten erzählt im Roteiro, dass er nur zwei Tote am Strande gesehen habe, und dass man nach drei Stunden dieser Sache überdrüssig geworden und zum Mittagessen auf die Schiffe zurückgekehrt sei. Eine Landung war nicht erfolgt. Weiteres Ungemach fürchtend verliessen die Eingeborenen die Stadt und flüchteten nach dem Festlande. Mit der Absicht, Gefangene zu machen, die zur Auslösung der vermeintlich christlichen Indier und eines entlaufenen westafrikanischen Sklaven dienen sollten, machten die Portugiesen am Nachmittage Jagd auf die Flüchtenden und brachten dabei vier Neger in ihre Gewalt. Auch einige Boote der Eingeborenen wurden genommen, Die hierbeigemachte Beute, die aus Baumwolltüchern, Matten, einem grossen Topf mit Butter, Baumwollgarn, Flaschen mit Rosenwasser, einem Fischnetz, Mattsäcken mit Hirse und arabischen Büchern bestand,') könnte noch heute als wesentlicher Teil der Habe eines ostafrikanischen Arabers gelten. Noch zwei weitere Tage verblieben die Schiffe oder wenigstens die Boote vor der Stadt. Während dieser Zeit wurde Wasser eingenommen, aber auch nochmals die Stadt mit einer Beschiessung heimgesucht. Ob hierzu nur die Absicht veranlasste, den gehassten Muhamedanern weiteren Schaden zuzufügen, oder ob Vasco da Gama noch hoffte, irgendwelche Vorteile zu erreichen, ist nicht ersichtlich. Wahrscheinlich suchte er noch einen zweiten Lotsen zu erlangen. Eine von dem Obigen abweichende Darstellung der Ereignisse dieser Tage berichtet, dass bei dem Wassereinnehmen auch der zweite Lotse entlaufen sei, und dass der Angriff auf die Stadt zur Ergreifung neuer Lotsen erfolgt sei. Dieses soll auch gelungen sein, nachdem der Scheik eingeschüchtert um Frieden gebeten habe.) Gegen die Wahrscheinlichkeit einer derartigen Entwicklung spricht aber, dass der Verfasser des Roteiro den einschneidenden Umstand der Flucht auch des zweiten Lotsen garnicht erwähnt. Auch der Friedensschluss ist darum wenig wahrscheinlich, weil Vasco da Gama auf seiner Rückfahrt von Indien die Stadt Mozambique mied. Vieles berechtigt aber zu der Annahme, dass der ganze Friedensbruch weniger durch böse Absichten der Eingeborenen, als nur durch gegenseitiges Misstrauen und Missverständnisse entstand. Dass die schwache kleine Araberkolonie Mozambique ohne weiteres und ohne Not zum Angriffe auf die Schiffe, die gewiss in diesem Weltwinkel einen wehrhaften starken Eindruck machten, übergegangen sein oder gar durch höhnische Reden zum Kampfe gereizt haben soll, ist wenig glaubwürdig. Wahrscheinlicher erscheint, dass es den Eingeborenen mit den wiederholten Friedensanerbietungen ernst ) Roteiro S. 33. 2) Barros I I S. 305 ff. - 25 gewesen ist, und dass die vermeintlichen Waffendrohungen nur unschuldige, aber missverstandene Waffentänze gewesen sind, als welche sie auch von dem Scheik vergebens erklärt wurden.1) Nochmals lagen die Schiffe, um guten Wind abzuwarten, bei der Insel S. Jorge zwei Tage vor Anker. Am 29. März nahmen sie wieder den Kurs nordwärts. Am i. April waren sie bei den heutigen KerimbaInseln. Versehentlich oder mit bösen Absichten hatte der Lotse diese Inseln für Festland erklärt, wofür er durchgepeitscht wurde. Eine der Inseln erhielt deshalb den Namen Ilha.doAoutado (Insel des Gegeisselten). Alle Hoffnung der Kapitäne und Schiffsbesatzung richtete sich auf die Erreichung von Kilwa. Aus den Erkundigungen in Mozambique wussten sie, dass dieses eine grosse Stadt mit vielem Schiffsverkehr sei. Sicher glaubten sie, dort indische Fahrzeuge und Lotsen für die Weiterfahrt zu finden, und sicher glaubten sie auch, auf das Zusammentreffen mit Christen rechnen zu können, denn sie hatten herausgefragt, dass Kilwa zur Hälfte von Muhamedanern und zur Hälfte von Christen bewohnt sei, die in stetiger Fehde mit einander lebten.') Am 4. April waren die Schiffe durch Wind und Strömungen diesem Ziele vorbeigetrieben. Vergebliche Versuche wurden gemacht zurückzukreuzen. Vasco da Gama beabsichtigte für diese Enttäuschung den Lotsen zu foltern, da er annahm, dass dieser ihn ränkevoll an der Erreichung der christlichen Stadt verhindert habe. Nur durch den Hinweis auf das naheliegende Mombasa und seine angeblich gleichfalls christliche Bevölkerung liess er sich beschwichtigen und nahm nach Beratung mit den Kapitänen diese Stadt zum nächsten Ziele. In der Nacht wurde eine grosse Insel (Mafia oder Zanzibar) gelichtet, auf der gleichfalls nach der Erzählung der Lotsen zwei Städte, die eine von Christen, die andere von Muhamedanern bewohnt sein sollten. Offenbar um Mafia und Zanzibar herum und dann in den Pemba-Kanal hinein ging der Kurs. In der nächstfolgenden Nacht lief der »Sam Rafael« gegen Morgen auf eine Sandbank, welche nach diesem Ereignisse Baixas de Sam Rafael genannt wurde; das der Küste nahe gelegene Gebirge (die Usambara Berge) erhielt den Namen Serras de Sam Rafael. Ohne Beschädigung wurde das Schiff abgebracht. Während des Aufenthaltes an dieser Stelle kamen zwei Boote mit Muhamedanern an Bord, welche Apfelsinen, in Güte besser als diejenigen Portugals, brachten. Einige dieser Muhamedaner verblieben zur Weiterfahrt nach Mombasa auf den portugiesischen Schiffen. Am Morgen des 7. April, einem Sonnabend, war eine Insel (Pemba) in Sicht, von der die Eingeborenen erzählten, dass man von ihr die Masten für 1) Barros II S. 303. 2) Goes S. 8o. - 26 - die Fahrzeuge hole. Gegen Sonnenuntergang desselben Tages ankerten die Schiffe auf der Aussenrhede von Mombasa. Sofort kam ein reich mit Hühnern, Ziegen, Zuckerrohr, Citronen, Limonen und Apfelsinen beladenes Boot hinaus, das einen Willkommengruss des Königs der Stadt und die Einladung brachte, in den inneren Hafen hineinzukommen. Das portugiesische Schiffsvolk war entzückt von dem Geschenke. Insbesondere die Kranken ergötzten sich an den Früchten. Im Hafen sah man viele flaggengeschmückte Fahrzeuge. In gleicher Weise wurden die portugiesischen Schiffe herausgeputzt. Aller Grund zur Freude schien vorhanden. Nichts ausser den Kranken an Bord bereitete Sorge. Hoffte man doch, am folgenden Tage, dem Palmsonntage, zusammen mit den Christen Mombasas zur Messe zu gehen und dort einen besonderen christlichen Stadtteil unter eigenem Oberhaupte (alcaide) zu finden. Vor sich sah man eine grosse Stadt, welche meistens aus Steinhäusern mit flachen Dächern bestand, und welche hart am Meere auf felsiger Höhe lag. Am Eingang des Hafens waren ein Pfeiler und kleine Befestigungen sichtbar.') Um Mitternacht jenes Tages kamen in Booten über hundert bewaffnete Leute längsseite. Trotz der Versicherung friedlicher Absichten, wurde nur wenigen der Zutritt erlaubt. Das Misstrauen der Portugiesen war durch diesen nächtlichen Massenbesuch erregt, aber der nächste Tag brachte neue Zuversicht durch wiederholte Botschaften und Lebensmittelgeschenke des Königs und hauptsächlich dadurch, dass zwei weisse Eingeborene an Bord erschienen, welche sich als Christen vorstellten und ihre Rolle glaubwürdig spielten. Um näheren Aufschluss über die Verhältnisse in der Stadt zu gewinnen, sandte Vasco da Gama zwei der geriebensten Sträflinge, über die er verfügte, zu dem Könige mit einem Geschenke von Korallenschnüren. Von vielem Volk begleitet, wurden sie zur Behausung des Königs geführt. Durch vier Thore, jedes besetzt mit einem Wächter mit nacktem Schwerte, traten sie ein. Durch einheimische Fahrzeuge, die von Mozambique gekommen waren, war der König bereits über die Vorgänge an diesem Platze und den Reisezweck der portugiesischen Schiffe unterrichtet. Er befahl, den Abgesandten die ganze Stadt zu zeigen, und liess sie zu zwei angeblich christlichen Kaufleuten führen, die im Besitz eines Bildes des heiligen Geistes waren, das sie verehrten. Die vielen Gefangenen, welche die Sträflinge in der Stadt sahen, hielten sie gleichfalls für Christen. Doch da dem Könige bekannt war, dass die Portugiesen nicht nur nach Christen, sondern ') Von Goes wird S. 82 von diesen Befestigungen als einem Turme mit Artillerie gesprochen, doch darf nach vielen anderen Hinweisen angenommen werden, dass dieses unrichtig ist. Zwar kannte& man in jener Zeit in Ostafrika Feuerwaffen, ja, Kilwa war sogar im Besitze von vier Donnerbüchsen, aber gebraucht wurden sie nicht. 91 auch nach Gewürzen suchten, gab er den an Bord zurückkehrenden Kundschaftern Muster von Pfeffer, Nelken, Ingwer und Zimmt, auch Elfenbein und Getreide mit und erzählte ihnen, dass hiervon genug in der Stadt vorrätig sei, um die Schiffe beladen zu können. Da die Abgesandten kein Arabisch verstanden, war die Auskunft, welche sie brachten, nur mangelhaft. Dennoch glaubte Vasco da Gama es wagen zu dürfen, in den Hafen einzulaufen. Am nächsten Morgen wurden hierzu die Anker gelichtet, doch der »Sam Gabriel« versagte dem Steuer und kam einer Untiefe zu nahe. Mit lauter Stimme wurde der Befehl gegeben, den Anker wieder fallen zu lassen, und bei dem Rufen und Hinund Herlaufen entstand eine Panik. Die an Bord befindlichen Mombasa-Leute und mit ihnen der Mozambique-Lotse stürzten sich ins ,Wasser und in die Boote. Jedoch einige von ihnen wurden festgehalten. Durch Betröpfeln mit heissem Oele gefoltert, bekannten sie, dass es die Absicht des Königs gewesen sei, die portugiesischen Schiffe in den Hafen zu locken und dort aus Rache für das in Mozambique angerichtete Unheil zu vernichten. Ein fernerer Beweis für die vorhandenen schlechten Absichten wurde in der folgenden Nacht dadurch offenbar, dass schwimmend kerangekommene Eingeborene versuchten, das Ankertau des »Berrio« zu durchschneiden, und dass sich in den Rüsten des »Sam Rafael« Bewaffnete, bereit zum Entern, angeklammert hatten. In grosser Sorge vor ferneren Angriffen, doch in der Hoffnung, noch einen Lotsen zu erlangen, verblieben die Portugiesen noch zwei Tage auf der Aussenrhede von Mombasa, aber jeder Verkehr mit dem Lande blieb abgeschnitten. Mit getäuschten Hoffnungen, doch wenigstens mit dem Gewinne, dass der kurze Aufenthalt vor Mombasa die Kranken gesundet hatte'), gingen die Schiffe am 13. April wieder in See. Am zweiten Morgen kamen zwei einheimische Fahrzeuge in Sicht. Sofort wurde auf sie zur Erlangung von Lotsen Jagd gemacht und in den Nachmittagsstunden auch glücklich eines von ihnen genommen. Ausser Beute an Getreide, das auf alle Schiffe verteilt wurde, und an barem Gelde, brachte dieser Fang siebzehn Eingeborene in die Gewalt der Portugiesen. Unter diesen Gefangenen befand sich ein angesehener Mann aus Melinde, der den Portugiesen viel Gutes von dem Herrscher dieser Stadt erzählte und beste Aufnahme und Versorgung daselbst, und als das Beste die Beibringung von Lotsen für die Weiterfahrt nach Indien versprach. Neuer Erwartungen voll, ankerte das Entdeckung&sgeschwader am 15. April vor Melinde. Die Stadt erstreckte sich lang ausgedehnt, ohne eigentlichen Hafen, umgeben von Gärten und Palmhainen, am offenen Seestrande. Das Ganze ähnelte Städten Portugals. Vergebens wartete Vasco da Gama einen langen 1) Roteiro S. 41. - 28 Tag auf eine Botschaft vom Lande. Doch die Begebenheiten in Mozambique und Mombasa waren schon bekannt, und furchtsam hielten sich die Eingeborenen zurück. Um die Verbindung anzuknüpfen, setzten schliesslich die Portugiesen den unterwegs gefangenen Melinde-Mann auf eine Sandbank vor die Stadt. Von hier wurde er sofort durch seine Landsleute abgeholt. Dieser Bote war beauftragt, dem Könige der Stadt zu berichten, dass die fremden Schiffe nach zweijähriger Seefahrt vom fernsten Westen der Christenheit her auf der Suche nach Kalekut angelangt seien und ausdrücklichen Auftrag von ihrem Herrn hätten, unterwegs Frieden und Freundschaft zu schliessen. Anscheinend von den guten Absichten der Fremden überzeugt, liess der König miteins die Begrüssung durch einige seiner Leute mit einem Geschenke von drei Ziegen, Apfelsinen und Zuckerrohr, sowie durch Freundschaftsversicherungen erwiedern. Ob indessen, wie die portugiesischen Chronisten annahmen, Edelsinn den König bei diesem Willkommenheissen der Fremdlinge leitete, ob die weitsehende Hoffnung mitsprach, in ihnen Bundesgenossen für seine stetigen Streitigkeiten mit Mombasa zu finden, oder ob, wie eine derzeitige arabische Chronik berichtet, das Gefühl der eigenen Schwäche und Furcht ihn zu freundlichem Entgegenkommen bewegte,') wird nie zu ergründen sein. Durch einen der Verbannten liess Vasco da Gama sofort als Gegengabe dem Könige einen gelben Rock, einen Hut, zwei Korallenschnüre, drei Messingbecken, Glocken und zwei Decken überreichen. Die Freundschaft schien hergestellt und so gesichert, dass Vasco da Gama die Schiffe näher an den Strand heranlegen liess, was den König zu einem neuen Geschenke von sechs Ziegen und allerlei Gewürzen und zu dem Vorschlage einer Zusammenkunft auf dem Wasser veranlasste. Die reich geschmückten Bote Vasco's da Gama und des Königs legten sich nebeneinander. Der König war mit einem Kaftan aus roter Seide, grün gefüttert, und mit einem kostbaren Turban bekleidet. Ein alter würdiger Neger trug sein Schwert mit silberner Scheide. Der Stuhl, auf dem er sass, war mit Messing in schöner Arbeit verziert und mit seidenen Kissen bedeckt und von einem Schirme von roter Seide mit vergoldeter Stange - einem den damaligen Europäern fremden oder seltenen Gebrauchsgegenstande - beschattet. Zusammen mit dem Könige kamen gegen zwanzig gutgekleidete »Kavaliere« und dazu Musikanten, die auf Trompeten und mannsgrossen Elephantenzähnen, die das Mundloch in der Mitte hatten, Instrumenten, die heute in Ostafrika Siwa genannt werden,') - ein Konzert zusammen') The History of Kilwa. Edited from an Arabic M. S. by Arthur Strong. Journal of the Royal Asiatic Society, London 1895, April. S. 397. 2) Vergl. Abbildung eines Siwa in Ravenstein S. 43. -29 brachten, dass es schien, es käme von anderen Instrumenten als diesen der Barbaren. Unbefangen stieg der König in das Boot Vasco's da Gama hinüber und machte mit ihm eine Rundfahrt um die Schiffe, die einen Salut feuerten. Wie ein gebildeter, verständiger Mensch stellte er seine Fragen, unterrichtete sich über die Heimat und den Herrscher der Portugiesen und liess sich dessen Namen aufschreiben. Ueber die Fahrt nach Indien und nach dem Roten Meere gab er alle gewünschte Auskunft und versprach bereitwilligst, die Bitte um einen Lotsen zu erfüllen. Dringend ersuchte der König Vasco da Gama, ihn am Lande aufzusuchen und sich dort von den Anstrengungen der Seefahrt zu erholen, doch dieser schützte vor, dass ihm von seinem Könige strenge das Betreten von Land verboten sei. Dagegen wurde verabredet, dass die Portugiesen am folgenden Tage längs des Strandes in ihren Boten fahren sollten, um am Lande zu veranstaltenden Belustigungen zuzuschauen, sowie um der Bevölkerung und insbesondere dem hochbetagten Vater des Königs, dem früheren Könige, Gelegenheit zu geben, die Fremden zu sehen. Als Gastgeschenk übergab Vasco da Gama dem Könige die noch an Bord befindlichen, aus der Kaperung herstammenden Gefangenen, worüber dieser grössere Freude zu empfinden versicherte, als wenn ihm eine zweite Stadt zugefallen wäre. Verweigerte auch Vasco da Gama für sich und seine Kapitäne den Besuch an Land, so gestattete er doch einzelnen seiner Leute, der Einladung Folge zu leisten. Freiwillig wurden hierfür Geisseln, darunter ein Sohn des Königs, gestellt. Rühmend schildern alle portugiesischen Berichte der damaligen Zeit die Vorzüge von Melinde. Wohlgebaute Häuser aus Stein, teilweise aus Hausteinen, mit flachen Dächern und mit an der Längsseite vorgebauten, palmblattbedecktenVeranden lagen in regelmässigen Strassen. Inwendig waren die Häuser hübsch gemalt. Der überwiegende Teil der Bevölkerung bestand aus Negern. Diese gingen nur mit einem schmalen Hüfttuch aus Baumwollenstoff bekleidet. Unter ihnen wohnten als herrschende Klasse die Araber, von denen die vornehmen viel Gewicht auf Aeusserlichkeiten legten. Einen anderen Teil der Bevölkerung bildeten Guseraten aus Kambaja in Indien, die besonders dem Handel nachgingen und Gold aus Sofala, Ambergris, Elfenbein, Harz (GummiKopal) und Wachs gegen Baumwollenstoffe, Kupfer und anderes einhandelten und beim Kauf und Verkauf ihren Verdienst machten. Reichlich war die Stadt mit Getreide, Gross- und Kleinvieh, Hühnern und Wild versorgt, und alles war für billiges Geld erhältlich.') Auch Christen glaubten Vasco da Gama und seine Reisegefährten in Melinde gefunden zu haben. Auf der Rhede lagen vier Fahrzeuge ) Goes S. 83-87. - 30 aus Kranganor in Indien, deren Besatzung in den Portugiesen Glaubensgenossen begrüsste. Um sie auszuforschen, wurden sie vor ein Bild mit Maria, dem Heiland und einigen Aposteln geführt. Gleich warfen sie sich zu Boden und bezeugten ihre Verehrung, Täglich während des Zusammenseins im Hafen erneuerten sie diese Andacht und opferten dazu vor dem Bilde Gewürze. Ausgeschlossen ist es nicht, dass dieses wirklich Thomas-Christen waren, da solche in nicht unbedeutender Zahl damals in Südindien lebten.1) Viel wahrscheinlicher ist es aber, dass diese vermeintlichen Christen richtiger Banianen und Brahmaisten waren, denen es bei ihren abertausend Götzen nicht schwer fiel, in einer Darstellung christlicher Verehrung auch sie Anheimelndes zu finden. Die Täuschung der Portugiesen ist verständlich, weil sie damals glaubten, dass in Indien die vorherrschende Religion das Christentum sei. Die ersten Zweifel hieran wurden erst wach, als Vasco da Gama mit seinem Gefolge nach seiner Ankunft in Kalekut einen indischen Tempel aufsuchte, um seine Andacht zu verrrichten. Angesichts eines missgestalteten Götzen flüsterte bei dieser Gelegenheit Joäo de Sa, der Sekretär Vasco's da Gama, als er sich auf die Knie niederliess, seinem Herrn zu: wenn dieses ein Teufel ist, so bete ich zu dem wahren Gotte! 2) Das Fest am Land verlief unter Beteiligung der Portugiesen vom Wasser aus bestens. Die ganze Bevölkerung der Stadt war am Strande versammelt. Der alte halbblinde Königsvater wurde auf einem Tragsessel heruntergetragen. Längs des Strandes ruderten die Portugiesen in geschmückten Booten. Kriegstänze wurden aufgeführt und zwei Araber zeigten zu Pferde ihre Künste. Bis in die Nacht hinein dauerten die Belustigungen. Von den portugiesischen Schiffen und auch von den indischen Fahrzeugen wurden fortwährend Schüsse abgegeben und Raketen aufgeworfen. Doch vollständiges Vertrauen war zwischen den Schiffen und dem Lande nicht hergestellt. Die Portugiesen sahen die beiden auf das Fest folgenden Tage nichts von den Eingeborenen. Die Indier warnten, und es schien, dass der König verstimmt geworden war, weil seine Einladungen zum Besuche am Lande abgelehnt waren. Besonders wurde auf den Schiffen empfunden, dass die versprochenen Lotsen ausblieben. Als daher endlich wieder ein Abgesandter des Königs erschien, wurde er gewaltsam festgehalten. Hierdurch wurde auch erreicht, dass der König sofort zur Befreiung des Gefangenen einen Lotsen sandte. Auf 1) Vergl. Ruge I S. iii. Noch um 1330 wurde ein Bischof von Rom dorthin abgesandt. 2) Lopez de Castanheda 1 S. 95. - 31 den hohen Betrag von 50 Crusados in Gold (= M. 494) wurde das Lotsgeld vereinbart. Reichlich wurden die Schiffe mit Lebensmitteln für die bevorstehende lange Fahrt ausgerüstet. Nur vom Weizen und Weizenmehl, das zum Backen von Schiffsbrot gewünscht wurde, war nicht genug anzuschaffen, da es nur in geringen Mengen von Kambaja eingeführt wurde. Als eine besonders nützliche Errungenschaft des Aufenthaltes in Melinde wurden viereckige Wasserbehälter aus Holzplanken, mit Kokusgarn zusammengenäht und mit Harz gedichtet, gepriesen, welche in die unteren Schiffsräume eingepasst wurden, und sich weit besser als die bisher ausschliesslich benutzten Fässer bewährten. Noch heutzutage sind auf allen Dhaus in Ostafrika wie überhaupt im Indischen Ozean diese ungefügen Wasserbehälter zu finden. In der Suaheli-Sprache werden sie ähnlich wie im Arabischen und Hindustani tenki genannt, und es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Bezeichnung vom Indischen Ozean her in alle europäischen Sprachen übergegangen ist. Unter dem festen Versprechen, Melinde auf der Rückreise nach Portugal wieder anzulaufen, verliessen die Schiffe am 24. April 1498 diesen gastlichen Hafen. Neun Tage hatte der Aufenthalt gewährt. Unter der Führung des in Melinde erhaltenen indischen Lotsen, des Malemo') Canaqua oder Cana, eines Banianen aus Kambaja, erreichte das Geschwader nach Durchquerung des grossen Golfes des Indischen Ozeans in günstiger Fahrt die Küste von Indien und ankerte schliesslich am 20. Mai nahe dem heissersehnten Kalekut. Ein tunesischerMuhamedaner, den Schicksale nach Indien verschlagen hatten, begrüsste den Sträfling, der als erster von den Schiffen an Land geschickt war, in spanischer Sprache erstaunt: »Hol Dich der Teufel, was hat Dich hergebracht!« und später auf dem Schiff Vasco da Gama mit den verheissungsvollen Worten: »Glück zur Ankunft, Glück zur Ankunft, Rubinen in Menge, Smaragden in Menge, danket Gott, der Euch in dieses reiche Land gebracht hat!« Es ist nicht beabsichtigt, die Erlebnisse der Entdeckungsfahrer in Indien hier eingehender zu schildern. Erwähnt soll nur werden, dass es ihnen trotz der Gegenarbeit der Araber, die sich gleich in ihrem Handel bedroht fühlten, gelang, eine ziemliche Menge Gewürz einzuhandeln. Schliesslich waren noch erst Vasco da Gama und dann ein Teil seines Schiffsvolkes in Gefahr, gefangen zurückgehalten zu werden. Doch dadurch, dass einige angesehene Indier, die als Besucher an Bord kamen, auf1) Malimo ist noch heute auf grösseren Fahrzeugen im Arabischen Golfe der Navigationskundige, aber nicht eigentlich ein Lotse. Das Wort ist zweifelsohne dasselbe wie das arabische Moallim = der Gelehrte. Erwähnt sei auch an dieser Stelle, dass die port. Chronisten für die Dhäus die Bezeichnung Sumbuquu oder Zambuco gebrauchen, die noch heute für Dhaus bestimmter Bauart gilt. - 32 gegriffen wurden, gelang die Befreiung. Nach einem Aufenthalte von 74 Tagen in Kalekut musste sich Vasco da Gama fluchtartig zur Abreise entschliessen. Eine ihm nachgesandte Flotte von vielen kleinen Fahrzeugen konnte er ohne grosse Mühe durch sein Geschützfeuer zurückschlagen. Neuen Aufenthalt nahmen die Schiffe zum Ausbessern und Wassernehmen bei den Angediva-Inseln. Hier wurde ein wichtiger Fang in der Person eines aus der Stadt Posen stammenden deutschpolnischen Juden gemacht, der in seiner Jugend über Aegypten nach Indien verschlagen, eine Vertrauensstellung bei dem Herrscher von Goa einnahm und von diesem als Spion auf die portugiesischen Schiffe geschickt war. Als verdächtig erkannt und gefoltert, gestand er seine schlechten Absichten und erkannte unter der Qual, die ihm das auf seinen nackten Körper getröpfelte heisse Oel verursachte, seine schon lange gehegte Absicht, zum Christentum überzutreten. Unter dem Namen Gaspar mit dem Beinamen Gama oder Cabral, je nach dem Machthaber, dem er diente, hat er durch seine eingehende Kenntnis Indiens den Portugiesen wichtige Dienste geleistet und hat es schliesslich zur portugiesischen Ritterwürde gebracht. Am 5. Oktober lichtete das Geschwader Anker, um die Rückfahrt von den Angediva-Inseln nach der ostafrikanischen Küste anzutreten. Von allem Ungemach, das auf der ganzen Entdeckungsfahrt erlitten wurde, scheint dieser Teil der Reise das meiste gebracht zu haben. Mit stetigen Windstillen und Gegenwinden hatten die Schiffe zu kämpfen. Die Lebensmittel und das Trinkwasser wurden knapp. Fast die ganze Mannschaft war von Skorbut ergriffen. Ueber dreissig Mann starben und auf jedem Schiffe waren nur sieben oder acht Mann dienstfähig. Unter den Toten befanden sich alle Navigatoren, und niemand war imstande, den Schiffsort zu ermitteln. Alle verlangten nach Indien zurückzukehren, um eine günstigere Jahreszeit abzuwarten, da sie die Gefahren am Lande dem sicheren Tode auf See vorzogen. Eine Verschwörung, die zur gewaltsamen Umkehr angezettelt war, wurde von Vasco da Gama entdeckt und mit Mühe unterdrückt, aber schliesslich neigten auch er und seine Kapitäne zu der Ansicht, dass es besser sei, den fruchtlos erscheinenden Kampf mit den Gegengewalten aufzugeben. Schliesslich Ende Dezember brach der Nordostmonsum durch und nach einigen Tagen guten Vorvärtskommens wurde am Abend des 2. Januar 1499 die afrikanische Küste gesichtet. Man glaubte sich in der Nähe von Mozambique zu befinden, doch zeigte der Morgen, dass man vor MIukdischu lag. Nicht weniger als siebzehn Breitengrade beträgt der Unterschied. Als gross und umwallt und mit vielen mehrstöckigen Häusern und mit einem grossen Palaste in der Mitte, zeigte sich die Stadt. Die Leiden der letzten Monate scheinen den Uebermut der - 33 Portugiesen nicht gedämpft zu haben. Ohne mit der Stadt in Verkehr zu treten, nur darum, weil sie von Muhamedanern bewohnt war, wurde sie mit den Schiffsgeschützen aus nächster Nähe beschossen und viel Schaden, besonders an den auf der Rhede ankernden Fahrzeugen angerichtet ') Ohne weiteren Aufenthalt wurde mit günstigem Winde, immer für die Nacht beidrehend, die Fahrt längs der Küste südwärts fortgesetzt. Am 5. Januar brach dem ~Sam Rafael" in einer Böe eine Wante. Während des Aufenthaltes, den die Ausbesserung verursachte, kamen aus der Stadt Patta acht stark besetzte Fahrzeuge in feindlicher Absicht, wurden indessen sofort durch die Schiffsgeschütze zur Flucht gebracht. Gastlich durch die landesüblichen Gaben von Ziegen und Früchten empfangen, gingen die Schiffe am 7. Januar wieder vor Melinde vor Anker. Erneut wurden die Freundschaftsversicherungen zwischen dem Könige der Stadt und Vasco da Gama ausgetauscht. Die Mannschaft hatte Gelegenheit, sich durch Früchte, Hühner und Eier, die reichlich zum Tausch angebracht wurden, zu erholen, doch noch sieben Mann konnten die Entbehrungen nicht überwinden, die sie in den letzten Monaten erlitten hatten, und erlagen hier ihren Leiden. Dem Wunsche Vasco's da Gama entsprechend, gestattete der Landesherr die Errichtung eines Wappenpfeilers, des gebräuchlichen Denkmals der portugiesischen Entdeckungsfahrten. Er wurde dem heiligen Geiste geweiht. Noch heute steht nahe Melinde, südlich der Stadt, auf einem kleinen Vorgebirge hart an der See ein altersgrauer aus Korallensteinen aufgemauerter konischer Pfeiler, der mit einem Kreuze mit dem portugiesischen Wappen gekrönt ist. Schwerlich ist dieses der auf der Entdeckungsfahrt errichtete Stein. Aber das jetzt vorhandene Denkmal wird von den Portugiesen eines späteren Jahrhunderts zum Ersatz und an Stelle des ursprünglich gesetzten errichtet worden sein, denn der Ort entspricht den frühesten Beschreibungen.') Richtig wird daher der Stein auf den heutigen Seekarten als eine greifbare Erinnerung an die Entdeckungsfahrt »Vasco da Gama-Pfeiler« genannt. Als ein Geschenk für den König von Portugal erbat sich Vasco da Gama von dem Landesherrn einen der grossen zum Horn hergerichteten Elephantenzähne, der bereitwilligst gewährt wurde.') Weiter ) Goes S. 1o7 und Castanheda 1 S. 15o. 2) Gaspar Correa 11 S. 66. 3) Roteiro S. 103. Gaspar Correa nennt (Three Voyage S. 257-9) die Gaben ungleich üppiger wie folgt: für die Königin von Portugal einen Halsschmuck von Gold mit Juwelen besetzt im Werte von ioooo Crusados (= M. 988oo.-!), 2o Diamantringe im gleichen Werte, "ein silbergefasstes Stück Arnbergris, eine halbe Elle lang und von Mannesdicke, und eine mit Silber und Elfenbein ausgelegte Kiste Strandes, Ostafrika. - 34 - sandte der König einen seiner Leute als Gesandten für Portugal an Bord. Auch mit neuen Lotsen wurden die Schiffe versorgt. Nach einem Aufenthalte in Melinde von nahezu einer Woche wurde die Reise fortgesetzt. Wenige Tage später am 13. Januar musste das Geschwader, da der ~Sam Rafael" stark leckte, wieder bei den Baixos de Sam Rafael ankern. Da ausserdem das Schiffsvolk zu sehr zusammengeschmolzen war, um drei Schiffe zu bedienen, wurde beschlossen, dieses Schiff aufzugeben. Es wurde durch Feuer vernichtet und seine Ladung und Mannschaft auf die anderen beiden Schiffe verteilt. Während .des fünfzehntägigen Aufenthaltes, den diese Verrichtungen brachten, wurden die Schiffe von dem in nächster Nähe liegenden Städtchen Mtangata aus mit vielen Hühnern und anderen Lebensmitteln, die gegen Hemden und Zeugstreifen eingetauscht wurden, versorgt.') Bei der Fortsetzung der Reise befanden sich die Schiffe am 28. Januar vor Zanzibar, dessen Herrscher Erfrischungen anbringen liess und sich als Freund der Fremden erklärte. Als Bewohner der Insel fanden die Portugiesen Muhamedaner, die besonders handelstüchtig waren und nach allen Plätzen der Küste in ihren kleinen offenen, einmastigen Fahrzeugen Handel trieben und Waren, insbesondere Getreide, verfrachteten. Die Fruchtbarkeit der Insel, die Güte und Menge der Früchte, hauptsächlich der Apfelsinen, sprangen den Entdeckern besonders in die Augen. -) Nur einen Tag dauerte der Aufenthalt vor Zanzibar. Der nächste Ankerplatz war bei der Insel Sam Jorge bei Mozambique. Mit der Stadt trat Vasco da Gama nicht in Berührung, Unter der sicheren Führung der MelindeLotsen ging die Fahrt weiter. Der Küste genau kundig wussten sie zu sagen, heute kommt dieser Küstenstrich, morgen jene Insel in Sicht. Auch mit Meeresströmungen wussten sie Bescheid, und bis südlich von Sofala erstreckte sich diese genaue Kenntnis.') In der Sam Bras-Bucht nahm das Geschwader einen neuen Aufenthalt zur Einnahme von Wasser und Holz sowie zum Einsalzen von Fleisch. Mangels Schlachtviehes mussten Robben und Wasservögel verwendet werden. Am 20. März gefüllt mit kostbaren Stoffen. Dem Könige einen Brief auf einem Goldblatte. Den Kapitänen reiche Juwelen und Stoffe. Der Mannschaft Ioo Stück feine Stoffe, um sich darin bei ihrer Ankunft in Portugal zu kleiden. Aehnlich reich werden auch die Gegengaben der Portugiesen wie folgt geschildert: Io Kisten verschiedener Korallen, 2oo Barren Kupfer, viel Bernstein, i Kiste Spiegel, Messer und vieles mehr. - Die geringe Gabe eines dazu erbetenen Elephantenzahnes ist entschieden nach dem, was wir von Melinde und seinem Könige wissen, wahrscheinlicher. Das Gabenverzeichnis Gaspar Correas ist ein überzeugender Beweis, wie und in welchem Masse dieser Schriftsteller zu Ausschmückungen und Uebertreibungen neigt. ) Roteiro S. lO4. 2) Goes S. 6 und Lopez de Castanheda I S. 150-151. 3) Three Voyages S. 26o. - 35 wurde das Kap der Guten Hoffnung umsegelt und der Kurs auf die Kapverdischen Inseln gesetzt. Auch bei dieser freien Ozeanfahrt und in fremden Gewässern sollen die Melinde-Lotsen gutes Verständnis gezeigt haben.') Santiago auf den genannten Inseln wurde am 25. April erreicht. Bisher hatten sich die beiden übriggebliebenen Schiffe des Geschwaders zusammengehalten. Die Weiterfahrt machten sie getrennt. Wahrscheinlich riss ein Sturm den »Berrio« bei dem Liegen vor Santiago von den Ankern und zwang hierdurch seinen Führer Nicolao Coelho, mit seinem Schiffe unter Segel zu gehen und allein die Reise fortsetzen.2) Es wird ihm aber auch der Vorwurf gemacht, dass er willkürlich heimlich bei Nacht davongesegelt sei, um als erster die Nachricht von der erfolgreichen Fahrt nach Portugal zu bringen und die Ehren dafür einzuheimsen.') Jedenfalls nahm Nicolao Coelho mit dem ,Berrio" seinen Kurs direkt auf Portugal, während Vasco da Gama das Kommando des lecken Sam Gabriel" seinem Sekretär Joäo da Sa übergab und selbst, um seinen erkrankten Bruder Paulo da Gama schneller vorwärtszubringen, in Santiago eine Karawelle mietete und mit dieser die Fahrt fortsetzte. Doch eine in dem Befinden des Erkrankten eingetretene Verschlimmerung zwang ihn, nach Terceira auf den Azoren abzuhalten, wo er noch den Schmerz hatte, seinen Bruder sterben zu sehen und begraben zu müssen. Durch ein von Santiago in Portugal angekommenes Fahrzeug war den Entdeckern die Nachricht von ihren Erfolgen vorangeeilt. Hof und Volk waren schon voll freudiger Erregung und Erwartung, als der ,Berrio" am 1o. Juli 1499 in den Tajo einlief. Kaum glaublich erschien zuerst die Kunde, dass das seit 6o Jahren Erstrebte glücklich gelungen sei, und erst die Vorzeigung der heimgebrachten Schätze von Gewürzen nahm den letzten Zweifel. Am 20. August sah auch Vasco da Gama sein Heimatsland wieder.4) Neun Tage verweilte er zuerst im Gotteshaus zu Belem in Dahkesgebeten, dann hielt er seinen feierlichen Einzug in die Hauptstadt. Mit Lanzenbrechen, Stiergefechten und anderen Festlichkeiten wurde der Tag verherrlicht. In allen Orten des Reichs wurden auf Befehl des Königs die Errungenschaften verkündet und durch kirchliche Feiern und Prozessionen der Dank Gott dargebracht. In Belem, wo bisher ein einfaches vom Prinzen Heinrich gegründetes Gotteshaus des Christusordens bestanden hatte, wurde ein prächtiges Kloster für ) Three Voyages S. 264. 2) Goes S. io8. 3) Lopez de Castanheda I S. i5i. 4) Vergl. über dieses bezweifelte Datum Jos6 da Silva Mendes Leal, Nota contendo a averiguaýäo da data em que chegou ao Porto de Lisboa o capitäo-mor Vasco da Gama. Lisboa 1871. - 36 die kirchlichen Bedürfnisse der Seefahrer und als Grabstätte für die königliche Familie errichtet und mit einem Anteile an den Gewinn auf die aus Indien mitgebrachten Gewürze ausgestattet. Grosse Gnadenerweise und klingende Belohnungen wurden über die Teilnehmer der Entdeckungsfahrt ausgeschüttet. Vasco da Gama selbst und seinen Brüdern wurde der Titel Dom und die Anwartschaft auf die Grafenwürde verliehen und das Wappen der Familie mit einem Teile des königlichen Wappens vermehrt. Nicolao Coelho wurde zum Ritter des königlichen Hauses ernannt und erhielt das Anrecht auf ein Kommando in jeder nach Indien ausgehenden Flotte. Jeder Teilnehmer der Entdeckungsfahrt erhielt je nach Rang und Stellung ein Geschenk von Gewürzen und neben dem verdienten Gehalte bedeutende Belohnungen an barem Gelde. An Vasco da Gama selbst wurde neben anderen wertvollen Zuwendungen auch das Recht verliehen, mit jedem zukünftigen Geschwader in Indien zu eigenem Nutzen für 200 Crusado3 Gewürze einkaufen zu lassen und frei von Fracht und Zoll in Portugal einzuführen. Mit grossen Opfern war der Erfolg erkauft. Von den 148 Mann Besatzung und den 12 Verbrechern, die ausgesegelt waren, kamen nur 55 Mann nach Portugal zurück.') Nahezu zwei Drittel aller Teilnehmer waren somit umgekommen. Glänzend war dagegen der Geldgewinn dieser ersten Fahrt; sechzigfach soll das Verkaufsergebnis der Gewürze, nach Abzug aller Unkosten und Geschenke, die Ausrüstungskosten überstiegen haben.') Noch glänzender schienen die Aussichten für die Zukunft. Frohlockend sagte der König von Portugal dem venetianischen Gesandten, der beklommenen Gemütes zu den Erfolgen Glück wünschte, die venetianischen Galeeren brauchten nun nicht mehr nach Alexandrien zu fahren, da sie dort bald keine Gewürze mehr finden würden, sondern thäten besser, für diesen Handel nach Lissabon zu kommen. Und thatsächlich war Grund für die Zuversicht, dass die Quellen des Wohlstandes, die sich bisher über die Levante ergossen, nun leicht nach Portugal abgelenkt werden könnten, und dass Europa aufhören würde, den verhassten Sarazenen Tribut in der Gestalt von Handelsgewinn und Zöllen auf die unentbehrlichen Erzeugnisse des sonnigen Ostens zu zahlen. ) Roteiro S. 130ff. 2) Three Voyages S. 273. ) *.~!. 4 -.. -1 44 \ 7 ~ >1 Nach Cod. iconogr. No. 133 d. Hof- u. Staats-Bibl. zu München. Afrika nach einer Darstellung aus ungefähr dem Jahre 1501 in verkleinerter Nachbildung. Vertrags-Unterwerfung. Mit Veranstaltungen zur Verfolgung und Ausbeute der glücklichen Errungenschaft wurde nicht gezögert. Nach den Anleitungen von Vasco da Gama wurde ein grosses Geschwader von 13 Segeln mit 12oo Köpfen Besatzung ausgerüstet, das am 9. März 1500, unter dem Kommando von Pedro Alvares Cabral, auslief. Unter den Kapitänen befanden sich Bartholemeu Dias, der Entdecker des Kaps der guten Hoffnung, und Nikolao Coelho und Joäo da Sa, die Teilnehmer der ersten Indienfahrt gewesen waren. Auch acht Franziskaner samt acht Kaplanen waren für das Seelenheil der Schiffsbemannung, sowie zur Bekehrung der Heiden und Muhamedaner eingeschifft. Durch Unterhandlungen oder durch Krieg sollte das Geschwader im Osten festen Halt suchen. Sollten die Ungläubigen sich weder zu Christus bekehren wollen, noch zum Handelsverkehre verstehen, so sollte mit weltlichem Feuer und Waffen den geistlichen- Waffen des Evangeliums Beistand geleistet werden. Alle muhamedanischen Fahrzeuge, mit Ausnahme der von Melinde, Kochim und Kananor, sollten aufgebracht werden.') Ohne besondere Ereignisse, ausser, dass sich im Sturm ein Schiff von dem Geschwader trennte und nach Portugal zurückkehren musste, waren die ersten Wochen der Reise verlaufen, als unerwartet am 30. April Land in Sicht kam. Zuerst wurde es für eine Insel gehalten. Bald aber erwies es sich als ausgedehntes Festland. Ohne Ahnung des Zusammenhanges mit dem seit wenigen Jahren bekannten Amerika, hatte man den südlichen Teil dieses mächtigen Erdteils, das heutige Brasilien entdeckt. Santa Cruz oder Vera Cruz wurde es damals benannt. Mit der Nachricht von diesem wichtigen Funde wurde ein Fahrzeug nach Portugal zurückgesandt. Die übrigen Schiffe setzten nach kurzem Aufenthalte die Reise fort. Längere Zeit schon war die Mannschaft durch einen Kometen in abergläubischer ') Vergl. die Instruktionen in »innaes Maritimas e Colonias,, Lisboa 1848, S. 279 ff, 38 Furcht befangen, der in der Richtung des zu umsegelnden Südkaps am Himmel stand '), als am 24. Mai ein plötzlich hereinbrechender Orkan das Geschwader überfiel und in Sicht der übrigen Flotte vier Schiffe, darunter das von Bartholemeu Dias geführte, mit Mann und Maus zum Untergang brachte. Ein fünftes Schiff trennte sich von dem Geschwader und galt gleichfalls als verloren.') Unter grosserEntmutigung derBemannung setzten die übrig gebliebenen Schiffe die Reise fort. Am i6. Juli sichteten sie an der Sofala-Küste zwei Dhaus, auf die sofort Jagd gemacht wurde, und von denen eine genommen wurde. Da sich indessen ihr Führer, der Scheik Fotrima (?), als ein Onkel des Königs von Melinde auswies, wurde er gut behandelt und eingedenk der in Melinde auf der Entdeckungsfahrt genossenen Wohlthaten frei gelassen. Zu den Aufgaben von Pedro Alvares Cabral gehörte, Sofala zu erkunden und hier eine Faktorei für den Goldhandel zu errichten, doch er ermöglichte nicht, selbst mit dem Lande in Verbindung zu treten. Nur einem seiner Fahrzeuge gelang es, die genaue Lage des Ortes zu ermitteln und über ihn die ersten bestimmten Nachrichten einzuziehen. In Mozambique, wo das Geschwader am 20. Juli ankam, fand es gute Aufnahme. Am 26. Juli i500 ankerte Pedro Alvares Cabral mit seinem auf sechs Schiffe zusammengeschmolzenen Geschwader in dem Hafen der Stadt Kilwa.') Durch Grösse und starke Bevölkerung bestätigte das Aussehen der Stadt den Ruf ihrer Bedeutung. Als Hauptstadt des gewaltigen Küstenstriches, der sich von Sofala bis nahe an Mombasa erstreckt, und insbesondere durch den Goldhandel mit Sofala war ) Barros I S. 392. 2) Barros I S. 461. Erst auf der Rückfahrt von Indien fand Pedro Alvares Cabral dieses, von Pero Dias befehligte Schiff bei den Kapverdischen Inseln wieder. Es hatte merkwürdige Schicksale gehabt. Von dem Geschwader getrennt, hatte er das Kap der guten Hoffnung zu weit östlich umsegelt, den Mozambique-Kanal verfehlt und an der Ostküste von Madagaskar anstatt an dem ostafrikanischen Festlande nach Mozambique und Melinde gesucht! Schliesslich hatte es Ungeschick der Navigatoren nach dem Golfe von Aden und Mukdischu hinaufgebracht. Vor letztgenannter Stadt hatten die Eingeborenen die Irrfahrer so lange gut behandelt, bis sie die Fahrzeuge, die im Hafen lagen, in Sicherheit gebracht hatten. Dann aber hatten sie fast die ganze Mannschaft beim Wasserholen an Land gelockt und getötet. Die auf dem Schiffe Verbliebenen hatten, vor einem Angriffe flüchtend, die Ankertaue kappen müssen und hatten das wunderbare Glück, den Weg heimwärts zu finden. Nur sieben Mann waren schliesslich am Leben geblieben. Gaspar Correa I S. 157 erzählt die Geschichte ähnlich, doch nennt er die Stadt Berbera im Golfe von Aden, anstatt Mukdischu, als die Uebelthäterin. 3) Dem heutigen Kilwa Kisiwani (Kilwa auf der Insel). Die heutige deutschostafrikanische Bezirksstadt Kilwa Kiwinji (Kilwa der Kasuarinen), die wenig nördlicher liegt, ist erst gegen 1830 gwegründet oder hat jedenfalls erst dann Bedeutung erlangt. (Vergl. Burton: Zanzibar. City, Island and Coast. London 1872. II, S. 34I.) - 39 sie reich und mächtig geworden. Ihre Handelsbeziehungen gingen bis Indien, dem Roten Meere und dem Persischen Golfe. Das Oberhaupt der Stadt war König Ibrahim aus persischem Geschlechte. Wie erwähnt, war in den Instruktionen des Geschwaderchefs die Errichtung einer Handelsfaktorei in Sofala, und weiter zu diesem Behufe Verhandlungen mit dem Oberhaupte dieser Stadt, dem Könige von Kilwa, vorgesehen. Auch sollte nach den Instruktionen an den König von Kilwa und seine Unterthanen die Aufforderung gerichtet werden, sich zum christlichen Glauben zu bekehren. Affonso Furtado, ein Edelmann, der für den Posten des Faktoreileiters in Sofala ausersehen war, wurde zum König an Land geschickt, um ihn zu einer Besprechung an Bord der Schiffe mit dem Admiral einzuladen. Zwar heuchelte der König Vergnügen über die Ankunft der Portugiesen, doch liess er dem Admiral sagen, er möge zur Ausrichtung seiner Botschaft an Land kommen. Gleicherzeit schickte er das landesübliche Geschenk von Ziegen und sonstigen Lebensmitteln. Der Admiral liess die Gaben durch Gegengaben erwiedern, doch dabei dem Könige rücksichtslos kund thun, dass die Befehle, denen er zu gehorchen habe, ihm nur erlaubten, im Kriegsfalle an Land zu gehen, dass er indessen der Bedeutung des Königs dadurch Entgegenkommen zeigen wolle, dass er eine Zusammenkunft auf dem Wasser vorschlage. Zwei Tage versuchte der König, sich durch Ausflüchte dieser Einladung zu entziehen. Schliesslich wagte er aber keinen weiteren Widerstand und zeigte anscheinend seine Bereitwilligkeit.') Doch die Portugiesen waren die Betrogenen. Wie eine in jenen Tagen geschriebene arabische Chronik glaubwürdig erzählt, wollte der König selbst sein Leben bei diesem Besuche nicht aufs Spiel setzen, sondern sandte statt seiner einen gewissen Lukman ben Al Malik als König verkleidet.2) Am verabredeten Tage fuhr der falsche König mit grossem Hofstaate auf zwei zusammengebundenen Fahrzeugen und von vielem Volke auf anderen Booten begleitet in den Hafen vor die Stadt hinaus. Reich waren der falsche König und die Seinigen mit Gewändern von farbiger Seide und Baumwolle bekleidet. Alle trugen Schwerter und Dolche, die mit G,_d und Edelsteinen (?) verziert waren. Vorsichtig hielten sie sich in der Nähe des Ufers. Ohne Ahnung von dem ihm gespielten Betruge fuhr der portugiesische Admiral in beflaggten Booten, mit allen Kapitänen im Gefolge, die Mannschaft in Feiertagskleidern, jedoch heimlich mit Waffen versehen, den Besuchern entgegen. Bord an Bord legten sich die Fahrzeuge. Die Eingeborenen bliesen mit ihren Hörnern von Elefantenzähnen und die 1) Barros 1 S. 399. 2>History of Kilwa, S. 397. - 40 Portugiesen antworteten mit Trompetengeschmetter. Dazu dröhnten von den Schiffen, trotz des Unbehagens, das dadurch den Eingeborenen bereitet wurde, Salutschüsse. Nachdem die Höflichkeiten und Zeremonien der Begrüssung beendet waren, übergab Pedro Alvares Cabral ein Schreiben des Königs von Portugal, das in Portugiesisch und Arabisch verfasst war. Auf die sofort erfolgte Verlesung in letzterer Sprache, zeigte sich der vermeintliche König mit dem Inhalte ausserordentlich zufrieden und schätzte sich glücklich, nun einen so mächtigen Herrscher wie den König von Portugal zum Bruder und Verbündeten zu haben. Doch mehr als brüderliche Verbindung wurde von ihm verlangt Mit erstaunlichem Biedersinn und vielen Gründen wurde dem unglücklichen Königsvertreter vorgetragen, dass der König von Portugal ausserordentlich wünsche, ihn selbst und seine Unterthanen zum christlichen Glauben zu bekehren. Ferner wurden ihm auch Vereinbarungen über den Goldhandel in Sofala vorgeschlagen. Auf alle Zumutungen erwiderte der falsche König, dass, da diese Angelegenheiten neu, ungebräuchlich und seinem und seines Volkes Glauben fern seien, zur Ueberlegung und Entscheidung mehr Zeit erforderlich sei, als augenblicklich zur Verfügung stände, und versprach Antwort in zwei Tagen, nachdem er mit seinen Beratern, von denen viele abwesend seien, Rücksprache genommen habe.') Zur Anknüpfung von Handelsgeschäften ging Affonso Furtado am nächsten Tage an Land. Er musste hören, dass für die Waren, die er anbieten konnte, kein Bedarf sei.2) Einige Beziehungen wurden dadurch hergestellt, dass die Eingeborenen Lebensmittel zum Verkauf an Bord brachten und dafür, um Freunde zu werben, überreichlich bezahlt wurden, doch liess sich nicht verkennen, dass Kilwa und seine Bewohner von den Portugiesen nichts wissen wollten. Trotz aller Mahnungen zögerte der König mit seiner Antwort auf die ihm gemachtenVorschläge. Fortgesetzt entschuldigte er sich damit, dass einige seiner Hauptratgeber auf einem Kriegszuge gegen Neger am Festlande abwesend wären. Dagegen hörten die Portugiesen durch einen Scheik Homar (Omar) aus Melinde, der zu Handelszwecken in Kilwa weilte, einem Bruder des Königs von Melinde, dass die Befestigungen der Stadt ausgebessert würden, und dass sich die Einwohner durch Heranziehung von Negern vom festen Lande zum Kampfe rüsteten. Auch das Trinkwasser, das der Flotte versprochen war, wurde nicht geliefert oder war nicht zu erhalten. Die Portugiesen fanden die Gefässe, in denen es von den Brunnen zum Strande heruntergetragen wurde, zerschlagen, und es wurde ihnen erzählt, dass dieses ein Irrsinniger gethan habe'), während es in Wirklichkeit auf Anstiften des Königs geschehen 1) Barros II S. 400. 2) Lopez de Castanheela I S. 167. 3) Barros II S. 402. - 41 war.1) Alles zeigte, dass Kilwa und sein König die Portugiesen und deren Seligmachen abwiesen und nur mit Gewalt Entgegenkommen zu erlangen sein würde. Doch in einem Kriegsrate, welchem Pedro Alvares Cabral diese Angelegenheit zur Beratung vorlegte, überwog die Meinung, dass es unrätlich sei, die Mannschaften den Gefahren eines Kampfes in einer so niedrigen Aufgabe, wie der Bestrafung des Königs und der Stadt auszusetzen, und dass es besser sei, wenn die Schiffe die Reise fortsetzten und die Züchtigung der Stadt einer späteren Zeit überliessen.) Nach anderen Berichten soll auch Pedro Alvares Cabral von Haus aus das Verbot gehabt haben, die Stadt anzugreifen.') Ohne Abschied verliess die Flotte nach dreitägigem Aufenthalte Kilwa. Mombasa berührte sie nicht und ankerte am 2. August vor Melinde. Sofort wurde sie durch Boote des Landesherrn begrüsst, der Geschenke von Ziegen, Hühnern und Früchte schickte. Doch der erste Besuch an Land brachte anfänglich eine grosse Enttäuschung. Als Joao da Sa, der bereits auf der Entdeckungsreise in Melinde gewesen war, landete, um dem Könige die Begrüssung des Admirals zu überbringen, fand er zu seiner Ueberraschung, dass der von Vasco da Gama errichtete Wappenpfeiler nicht mehr an seinem Platze stand. Doch der König verstand sich herauszureden. Er behauptete, dass die öffentliche Zurschaustellung des Pfeilers seinen Nachbarn ein solches Aergernis gewesen sei, dass er auf Veranlassung seiner Ratgeber genötigt gewesen wäre, ihn zu entfernen. Den Kapitän an die Hand nehmend, führte er ihn sodann in ein Haus, wo er den Pfeiler wohl verwahrt und das Wappen frisch gemalt vorzeigte.4) Auch viele Klagen hatte der König zu führen, dass die Freundschaft und die Unterstützung, die er den Portugiesen erwiesen hätte, einen Angriff des Königs von Mombasa veranlasst habe, durch den er als der Schwächere grossen Verlust an Menschen und Gut erlitten habe. Wohlweisslich verschwieg er dabei, dass diese Zwistigkeiten älter waren, als seine Beziehungen zu den Portugiesen. Doch gewiss war sein Jubel über die Ankunft des Geschwaders ungeheuchelt. Die zurückkommenden Gesandten und Lotsen mussten die ganze Nacht bei ihm sitzen und von ihren Reise-Erlebnissen und den Zuständen in Portugal erzählen. Am folgenden Tage wurde Aires Correa, eine Hauptperson des Geschwaders, zur Ueberreichung eines Briefes und der Geschenke des Königs von Portugal an Land geschickt. Durch die vornehmsten Bewohner der Stadt wurde der Genannte samt Gefolge am Strande empfangen. In den Strassen, die zur Behausung des Königs führten, waren an beiden Seiten Negerinnen 1) History of Kilwa S. 397. 2) Barros 11 S. 403. 8) Lopez de Castanheda I S. I7. 4) Barros II S. 403. - 42 aufgestellt, welche die Hindurchschreitenden aus Spritzflaschen mit Wohlgerüchen besprengten. Auf einem mit Silber und Gold verzierten Stuhle sitzend, empfing der König den Gesandten und nahm den in Portugiesisch und Arabisch verfassten Brief des Königs von Portugal und die ihm bestimmten Gaben entgegen. Um seine Erkenntlichkeit zu beweisen, bat er, die Besatzung des Geschwaders während des Aufenthalts in Melinde als seine Gäste betrachten und mit Lebensmitteln versorgen zu dürfen. Seine Person und sein Reich erklärte er dem Könige von Portugal, als dem mächtigsten Herrn der Welt, von nun an auf immer unterthänig- An einem der folgenden Tage wurde die Freundschaft weiter durch eine Zusammenkunft zwischen dem Könige und dem Admiral besiegelt, die in gewohnter Weise in Booten auf dem Wasser erfolgte. Der König ritt hierzu, unter Benutzung eines Sattelzeuges, das das Prunkstück der portugiesischen Geschenke gewesen war, zum Strande hinunter.') Nach einem Aufenthalte von nur fünf Tagen setzte das Geschwader seine Reise nach Indien fort. In der Stadt wurden zwei Verbannte, Joäo Machado und Luiz de Moura, mit dem Auftrage zurückgelassen, zu versuchen, über Land einen Weg nach Abessinien und zum Erzpriester Johannes zu suchen.2) Dass dieser abenteuerliche Versuch nicht gelingen konnte, ist kaum nötig, zu erwähnen. Die Genannten waren aber ihrem Heimatslande dadurch nützlich, dass sie zur See südwärts gingen, sich in Kilwa niederliessen und dort die Verhältnisse erkundeten. Zuerst bestand allerdings in Kilwa die Neigung, die ungebetenen Gäste zurückzuweisen, aber Furcht bewirkte doch ihre Aufnahme, und sie wurden bei dem einflussreichen Araber Mohamed Ankoni einquartirt,') der als Widersacher des Königs wahrscheinlich in den Fremden Helfer seiner Pläne suchte. Beiläufig sei erwähnt, dass einer dieser Verbannten, Joäo Machado, der ursprünglich wegen Raubmordes zum Tode verurteilt gewesen war, in den nächsten zwei Jahrzehnten in Indien wichtige Dienste leistete und sich dadurch vom Henkerskandidaten zum portugiesischen Ritter, und gar zum Alkaiden von Goa aufschwang. Das nächste portugiesische Geschwader, das an der Ostküste Afrikas erschien, bestand aus vier Schiffen unter Joäo da Nova, die der Flotte von Pedro Alvares Cabral nachgeschickt waren. Im August i5OI ) Gaspar Correa (I S. 164 if) erzählt ferner, wenig glaubwürdig, von einem Festmahle, das von allen Kapitänen, vielen Schiffsleuten und fast allen Bewohnern der Stadt besucht, bei dem Könige stattgefunden haben soll. Die eingeborenen und portugiesischen Köche sollen dabei in ihrer Kunst gewetteifert haben. Der König soll seine Liebedienerei soweit getrieben haben, dass er Jäger zum Fang von Schweinen aussandte, um die Mägen seiner christlichen Gäste zu befriedigen! 2) Goes I S. 147 ff u.'A. 3) History of Kilwa S. 397. - 43 ankerten sie vor Kilwa und wurden hier, wie ein Chronist erzählt, von dem Landesherrn mehr mit guten Worten als Werken aufgenommen. Ferner werden beabsichtigte Verrätereien, doch ohne Einzelheiten anzuführen, erwähnt, denen die Portugiesen, gewarnt durch den schon genannten Mohamed Ankoni, entgehen konnten. Nach einem Aufenthalte von nur wenigen Tagen verliessen sie diesen Hafen und gingen nach Melinde weiter, wo sie die gewohnte gute Aufnahme fanden. Die Erfahrungen, welche die Portugiesen mit den ersten beiden Reisen in Indien und Ostafrika gemacht hatten, waren durchaus nicht angethan, die Fortsetzung dieser Unternehmungen als selbstverständlich zu betrachten. Nach der Rückkehr von Pedro Alvares Cabral wurde darum ernsthaft die Frage der Fortsetzung oder des Aufgebens der Indienfahrten erwogen. Erwiesen war jedenfalls, dass es eine andere Sache gewesen war, an der Küste von Westafrika für billige Tauschwaren und ohne grossen Aufwand Gold und Elfenbein einzuhandeln, als in dem fernen Osten nach gefahrenreicher Seefahrt den muhamedanischen Arabern und kriegsgewohnten Völkern den Handel streitig zu machen, sowie den Verkehr in neue Wege zu lenken. Doch gegenüber den vielen Bedenken, die in den bezüglichen Beratungen laut wurden, wurde mit Erfolg geltend gemacht, dass es eine heilige Pflicht wäre, den Muhamedanern und Heiden das Evangelium zu verkündigen. Mehr aber noch gab der Hinweis auf die Gewinnste an barem Gelde, den die ersten Fahrten ergeben hatten, den Ausschlag für die Fortführung dieser Unternehmungen. Fünf, zehn, zwanzig bis sechzig Mal hatten die Verkäufe die Auslagen wieder gebracht, die für die verschiedenen Handelsgüter gemacht waren.') Zweifelsohne gelten diese Zahlen nur im Vergleich zwischen den Einkaufspreisen in Indien und den Verkaufspreisen in Europa, ohne Berücksichtigung der grossen Transportkosten, welche die Waren verteuerten. Aber auch Gesamtausgaben gegen Gesamteinnahmen gerechnet, standen Geldgewinne in Aussicht, die versprachen, genügend Mittel zu liefern, um jeden Widerstand zu überwinden. Die Erfahrung hatte gelehrt, dass sich die bisherigen Nutzniesser des Handels im Osten, die Araber, nicht gutwillig aus der Stellung verdrängen lassen würden, die sie seit Jahrhunderten behauptet hatten. Ueberall war ihre Gegnerschaft zu erwarten. Wichtiger als tüchtige Kaufmannschaft war darum vorerst die Entsendung von starken Flotten und einer Kriegsmacht. Indessen die Erkenntnis der Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, schreckte nicht ab und die Eroberung Indiens wurde beschlossen. Um die geplante Oberherrlichkeit über den Osten auch äusserlich zum Ausdruck zu bringen, vermehrte der König Emanuel ) Barros 11 S. 7. - 44- die Würden seiner Krone durch den stolzen, weitgreifenden Titel »Herr der Schiffahrt, der Eroberung und des Handels von Aethiopien, Arabien, Persien und Indien«. Seltsam klingt für unsere heutigen Begriffe die Erklärung und Begründung dieses Titels. Gestützt auf die Belehnung durch die Päpste, wurde er dadurch als berechtigt erachtet, dass vor dem Erscheinen der Portugiesen östlich des Kaps der guten Hoffnung keinerlei rechtmässiger Besitz bestanden habe, da christliche Rechtsbegriffe nur für Christen gelten und den Muhamedanern und Heiden, die sich der christlichen Rechtsordnung entzögen, die Wohlthaten dieser Rechtsordnung nicht zugestanden werden könne.') Jede Gewaltthat, jedes Unrecht war damit vorwurfsfrei, und oft genug haben die Portugiesen bei der Niederwerfung und Beherrschung des Ostens diese Anschauung zur Anwendung gebracht. Um mit den beabsichtigten Nachdruck auftreten zu können, wurde im Anfang des Jahres 1502 ein Geschwader von 20 Schiffen ausgerüstet. Fünf hiervon waren zur dauernden Stationierung im Indischen Ozean, zum Schutze der Faktoreien in Kananor und Koschin und zur Blockierung der Zugänge zum Roten Meere, behufs Fernhaltung der Araber von Indien, bestimmt. Das Kommando über dieses Geschwader war zuerst wieder Pedro Alvares Cabral zuerteilt. Da dieser aber nach einigen Berichten Empfindlichkeit darüber gezeigt hatte, dass einer Unterabteilung des Geschwaders zuviel Selbständigkeit gegeben war,') oder nach anderen Berichten der König schliesslich Bedenken hatte, ihn im Kommando zu sehen, weil er sich auf seiner ersten Fahrt als besonderer Pechvogel erwiesen hatte "), wurde noch in letzter Stunde Vasco da Gama, unter dem Titel eines Admirals der Meere von Arabien, Persien, Indien und des ganzen Ostens, zum Geschwaderchef ernannt. Am io. (?) Februar verliessen zehn Schiffe den Tajo. Fünf Schiffe waren schon vorausgegangen, fünf weitere Schiffe folgten kurz darauf. Zur Lösung seiner ersten Aufgabe besuchte der Admiral Sofala, das schon von einem Fahrzeuge der Flotte Cabral's im vorhergehenden Jahre erkundet war, um daselbst Vorbereitungen für eine dauernde Niederlassung zur Aneignung des Goldhandels zu treffen. Von den hier ansässigen Arabern wurde er gut aufgenommen, ein Platz zur Errichtung einer Feste ausgesucht, auch einiges Gold eingehandelt. Sodann wandte er sich nach Mozambique, wo er mit dem Scheik, einem andern als dem, mit welchem er auf der Entdeckungsreise schlechte Erfahrungen gemacht hatte, Frieden schloss. Hier in Mozambique wurde eine kleine Karavelle erbaut, für ) Barros 1I1 S. ii ff. 2) Barros 11I S. 22. 3) Three Voyages S. 278. - 45 welche die Bauhölzer fertig geschnitten von Portugal mitgebracht waren, und welche zur Stationierung an dieser Küste bestimmt war. Zur Betreibung des Handels mit Sofala wurde ein Faktor mit einiger Mannschaft, sowie Mittel zum Ankauf der in Sofala allein gängigen indischen Baumwollstoffe zurückgelassen. Inzwischen hatten sich alle Abteilungen der Flotte vereinigt. Mit der stolzen Macht von i9 Segeln erreichte der Admiral am 12. Juli die Stadt Kilwa. Unter stetigem Salutfeuern, mit der Absicht, Angst und Schrecken zu verbreiten, lief das Geschwader in den Hafen hinein') und ankerte feuerspeiend in einem Halbkreise um die Stadt. Die Absicht des Admirals war, für die von dem Könige gegenüber Pedro Alvares Cabral und Joäo da Nova gezeigte Zweideutigkeit Rache zu nehmen. Ein Bote wurde mit der befehlenden Aufforderung an Land gesandt, dass der König sofort persönlich an Bord erscheinen möge, um über Frieden, Freundschaft und Handelsverkehr zu verhandeln. Mit grosser Bestürzung empfing der König diese Nachricht. Hin und her schwankte er, ob er den Besuch unternehmen sollte, und dachte wieder an Täuschung durch Entsendung eines Stellvertreters. Doch er konnte dieses nicht wagen, da er die Aufdeckung des Betruges durch die schon länger in der Stadt weilenden beiden portugiesischen Verbannten, die ursprünglich von Cabral in Melinde gelandet waren, fürchten musste.2) Nach einem von Vasco da Gama selbst in Kilwa am 20. Juli 1502 geschriebenen Berichte beantwortete der König die Einladung in so unhöflicher Weise, dass er sofort mit seiner ganzen Macht in Booten vor das Haus des Königs zog und ihn in noch unhöflicherer Weise, unter Drohungen, mit Gewalt vorzugehen, zum sofortigen Erscheinen aufforderte.') Nach anderen Berichten entschloss sich der König zu den Besuch mit dem verräterischen Rat von Mohamed Ankoni4), der schon öfters genannten Hauptperson der Stadt, der als Führer einer dem Könige feindlichen Partei hoffte, dass die Portugiesen den einmal in ihrer Hand befindlichen nicht wieder loslassen würden. Zur Sicherung soll der Admiral auch noch im Namen des Königs von Portugal freies Geleit schriftlich bestätigt haben.') In Booten nahe dem Strande erfolgte die Zusammenkunft. Der Admiral stellte ) Barros 1 I S. 3o. 2) History of Kilwa S. 398. 3) Luciano Cordeiro, Descobertas e Descobridores. De como e quando foi feito CondeVasco da Gama. Doc. II. Boletim da Soc. de Geographia de Lisboa 1892, S. 286. 4) Nach dem arabischen Chronisten (History of Kilwa S. 397) hiess dieser Mann richtiger Mohamed ben Ruku ad-Din. In diesen Blättern ist die als Verstümmlung zu betrachtende Benennung Mohamed Ankoni beibehalten, da sie durch die übereinstimmende Anwendung in den portugiesischen Quellen historisch geworden ist. 5) Gaspar Correa S. 278. - 46 dem Könige vor, dass er als Freund der Portugiesen grosse Macht erlangen würde, dass diese ihn und sein Reich gegen jede Anfechtung schützen würden, dass die Fahrzeuge des Landes überall hin ohne Belästigung würden fahren können, und dass die Stadt von dem Handelsverkehr mit den Portugiesen grossen Vorteil ziehen würde. Erleichtert antwortete der König, dass er mit Vergnügen auf eine solche nur Vorteile bietende Vereinigung eingehen würde und einsähe, dass seine schlechte Meinung von den Portugiesen unberechtigt gewesen sei, dass er sich jetzt aber mit Freuden für die ganze Zeit seines Lebens als deren Freund erkläre. Doch so billig und mit schönen Worten allein sollte er nicht davon kommen. In seiner Erwiderung führte der Admiral aus, dass, nachdem nun der König Freund der Portugiesen geworden sei, er sich ebenso wie andere Fürsten verpflichten müsse, alljährlich eine bestimmte Summe oder ein reiches Wertstück, was immer ihm besser passe, als Freundschaftsbeweis zu erlegen.. Als der König dieses hörte, wurde er sehr traurig und antwortete, dass Freundschaft nur gute Beziehungen bedeute, und dass er demnach allen Landsleuten des Admirals stets gute Aufnahme gewähren würde, doch, dass die verlangte jährliche Zahlung nicht ein Freundschaftszeichen, sondern Unterwerfung und Abhängigkeit bedeute und er sich hierzu nicht verstehen könne; selbst in dem nahen verwandtschaftlichen Verhältnisse vom Sohn zum Vater würde man sich einer solchen Zumutung widersetzen. Aber der König musste die Erfahrung machen, dass die beste Logik gegen Macht nicht aufkommt. Mit harten Worten wurde er von dem Admiral angefahren, er möge bei seiner Weigerung beharren, er möge in den Busch fliehen, doch er würde mit Hunden herausgehetzt werden und in Zeit einer Stunde würde die Stadt zerstört werden, sodass er gewiss bald seine augenblickliche Meinung bereuen würde. Mit einem eisernen Ringe um den Hals würde man ihn durch ganz Indien führen, um zu zeigen, was dem widerfahre, der sich den Portugiesen widersetze. Gleicher Zeit erteilte der Admiral seinen Kapitänen in einer Weise, dass die Eingeborenen es verstehen mussten, den Befehl Vorbereitungen zur Beschiessung der Stadt und zur Landung zu treffen. Der König und seine Begleiter waren halb tot vor Angst, Ein alter Araber bat noch um Zeit, um am Lande ruhigen Rat halten zu können, doch die Frist wurde mit dem Hinweis verweigert, dass, wenn die gegenwärtigen, wenigen Personen nicht einig werden könnten, dieses noch weniger von der Hinzuziehung anderer erwartet werden könne. Nochmals wurde auf sofortige Entschliessung gedrängt. Da er keinen Ausweg sah, gewährte der König in der offenbaren Gefahr für sein Leben und für seine Stadt, schliesslich alles dasjenige, was von ihm verlangt wurde, und bat nur, dass man nicht nachträglich noch weitere - 47 Forderungen aufstelle. Von Land wurde sofort ein Schreiber geholt, der auf einem goldenen Blatt den Unterwerfungsvertrag aufsetzte, nach dem sich der König mit einem jährlichen Tribute von 1500 Metikal Gold') (=- M. 18 ooo.-) zum Vasallen des Königs von Portugal erklärte und dagegen das Versprechen des Schutzes gegen alle Feinde empfing. Als Bürge für die Bezahlung der ersten Tributzahlung wurden Mohamed Ankoni und zwei andere Araber in den Händen der Portugiesen gelassen. Der König selbst durfte an Land zurückgehen. Er wurde von dem Volke als ein vom Tode knapp Geretteter empfangen. Zwar sandte er den Schiffen Lebensmittel, doch erbost auf Mohamed Ankoni, der ihn zu der Zusammenkunft mit den Portugiesen beredet hatte, und in der Hoffnung, sich an diesem seinem Widersacher zu rächen oder sich gar seiner zu entledigen, liess er mit der versprochenen Zahlung des Tributs auf sich warten. Vergebens sandten die unglücklichen Bürgen Boten auf Boten, um das Geld und dadurch die Freiheit zu erlangen, doch der König liess ihnen sagen, Mohamed Ankoni möge selbst zahlen und damit büssen, was er angerichtet habe. Zwei Tage wartete der Admiral auf die Uebersendung des Geldes, dann riss ihm die Geduld. Er liess die Bürgen nackt durchpeitschen, an Händen und Füssen binden und so in einem Boot der glühenden Sonne aussetzen. Als dieses der König hörte, liess er dem Admiral seine Befriedigung ausdrücken und melden, dass er einzig darum die Zahlung verzögere, um den stolzen und ihm verhassten Mohamed Ankoni, der schon viel Unheil angerichtet habe, zu bestrafen. In Todesnot schickte Mohamed Ankoni an Land und liess aus seinem Hause einen kostbaren Halsschmuck, angeblich im Werte von I0 OOO Crusados, holen, womit er sich aus den Händen seiner Peiniger befreite. Die Zahlung der Tributsumme hatte somit der König von sich persönlich abgewälzt, doch um den Admiral zu versöhnen, sandte er ihm noch einige Stücke wertvoller Stoffe und Goldsachen.2) Dagegen erhielt er einen Schutzbrief als portugiesischer Vasall, sowie eine Flagge mit dem portugiesischen Wappen. In feierlicher Weise 1) Goes I S. 175 und Castanheda IIS.3 beziffern dieTributsummen übereinstimmend auf 2o0o Metikal. Barros I II 31 sagt 500 Metikal = 584 Crusados und setzt hinzu ~mehr als Zeichen des Gehorsams, als der Summe halber". Entscheidend ist aber, dass Vasco da Gama selbst in dem schon angezogenen Schreiben (Luciano Cordeiro S. 286) in den Tagen, in denen er den Vertrag schloss, die Summe mit i5oo Metikal nennt. Die gleiche Summe ist auch von einem vlämischen Seemann, einem Teilnehmer an dieser Expedition, in seinem sonst für ostafrikanische Verhältnisse unwichtigen Reiseberichte (Vlämisches Tagebuch über Vasco da Gama's zweite Reise, herausgegeben von H. C. G. Stier, Braunschweig i88o, S. ii) angegeben. Ebenso beziffert ein Italiener, der an der Reise teilnahm, (Hümmerich S. 195) die Tributsumme auf 1500 Metikal. 2) Three voyages S. 293-298; auch Castanheda II S. 3 und Goes S. 175. - 48 wurde diese an einer Lanze befestigte Flagge von den Schiffen an den Strand gebracht und hier von dem Könige ebenso empfangen; in seinen eigenen Händen trug er sie ein gutes Stück des Weges, sodann übergab er sie einem seiner vornehmsten Leute; von vielem Volke begleitet und unter Ausruf von »Portugal! Portugal!« wurde die Flagge durch und um die Stadt getragen und schliesslich auf einem Turme des Königshauses, den Schiffen sichtbar, aufgesteckt.') Während dieser Ereignisse hatte die Mannschaft der Schiffe Erlaubnis, zur Erholung die Stadt zu besuchen. Bei Todesstrafe war jedwede Ausschreitung verboten, dennoch wurde allerlei Schaden. wahrscheinlich durch Plündern, angerichtet, und die Missethäter blieben unbestraft, da niemand aus Furcht den Angeber machen wollte. Wenig glaubwürdig erzählt ferner Gaspar Correa, dass der Admiral sich kurz vor der Abreise in grosser Verlegenheit durch die Entdeckung befunden habe, dass sich die Besatzung seiner Schiffe um über 2oo Weiber, eine Errungen-chaft der Landbesuche seiner Matrosen und Soldaten, vermehrt habe! Alle haben verlangt, Christen zu werden, und gedroht, sich eher ins Meer zu stürzen, als zu ihren bisherigen Herren und Gebietern an Land zurückzukehren. Das christliche Gewissen des Admirals soll in grosser Not gewesen sein, da er einerseits den Uebertritt dieser Ungläubigen zum Christentum wünschen, aber andererseits Seelengefahr für seine Mannschaft durch das Zusammensein an Bord mit so vielen Weibern fürchten musste. Schliesslich soll er als das geringere Uebel die gewaltsame Zurückschaffung der Weiber an Land angeordnet und ihnen leidliche Aufnahme durch Drohungen verschafft haben. ) Doch auch ohne grossen Glauben an die Tugend des weiblichen Teiles der damaligen KilwaBevölkerung ist undenkbar, dass sich von einer Stadt, die etwa 4ooo Einwohner zählte, 2oo Frauen, d. i. mindestens jede zehnte Frau, nach flüchtigster Bekanntschaft von wildfremden Männern den unbekanntesten Verhältnissen zu entführen liess. Der Leichtsinn in Kilwa mag gross gewesen sein, aber Negerinnen trennen sich nicht so willkürlich von ihren gewohnten Verhältnissen. Fast ausgestorben an Frauen zeigt sich noch heute ein entlegenes, ostafrikanisches Dorf, sobald es von Europäern betreten wird. Hielten sich damals die Frauen nicht zurück, so werden sie von den Männern zurückgehalten worden sein, denn ebenso wie heute, nur im stärkeren Masse, werden in jener Zeit, nach afrikanischer und muhamedanischer Anschauung, die Weiber die begehrenswerteste Kampfesbeute gewesen sein. Möglich ist, dass wirklich einzelne weibliche Flüchtlinge auf den Schiffen erschienen, und dass Gaspar Correa mit seiner gewohnten ) Barros 1 II S. 31-32. 2) Three voyages S. 299-302. - 49 Vorliebe für Auf bauschung und Ausschmückung hieraus einen bemerkenswerten Zwischenfall machte. Die anderen Chronisten wissen von dieser Weibergeschichte nichts. Mit dem Entschlusse, dem Könige von Portugal die Anlage einer Festung in Kilwa, insbesondere des Goldhandels mit Sofala halber, zu empfehlen und die Kosten des Baues und der Unterhaltung dem Könige Ibrahim und der Bevölkerung der Stadt aufzubürden, verliess der Admiral mit seinem Geschwader nach zehntägigem Aufenthalte diesen Hafen. Nachzutragen ist, dass sich Mohamed Ankoni, trotz des erlittenen Ungemaches, in seinem Hasse gegen den König schliesslich den Portutugiesen eng anschloss und von diesen als treu und brauchbar erkannt wurde. Die Früchte dieser Annäherung wird ein späterer Abschnitt zeigen. Die einen der anderen würdig, hatten sich in diesem Aufenthalte die Portugiesen und die Kilwa-Leute, oder richtiger die beiderseitigen Machthaber, erwiesen. Auf der einen Seite stehen die Gewaltsamkeit und Grausamkeit, durch welche die Unterwerfung und die Tributzahlung erpresst wurden, und auf der anderen Seite die Gemeinheit und Verschlagenheit des Königs Ibrahim. Doch Vasco da Gama glaubte, das von den Bürgen erpresste Tributgeld als vollwertig ausgeben zu dürfen. Als er im folgenden Jahre im November nach der Heimat zurückkehrte und seinen Einzug in Lissabon hielt, ritt vor ihm mit Gepränge unter Pauken- und Trompetenschall ein Edelmann, der in einem silbernen Gefäss dieses Tributgeld aus Kilwa trug, und der König von Portugal liess aus demselben Golde eine Monstranz anfertigen, die er als erste Siegeserrungenschaft aus dem Osten dem Kloster zu Belem stiftete.') Es ist dieses die berühmte Custodia de Belem, das Meisterwerk von Gil Vicente, die noch heute erhalten ist, und die das wertvollste Stück des portugiesischen Kronschatzes bildet. Ihre Inschrift verewigt ihre Entstehungsgeschichte.2) Ohne weiteren Eingriff in die ostafrikanischen Verhältnisse hatte das Geschwader Vasco's da Gama seine Reise nach Indien fortgesetzt. Doch schon im folgenden Jahre sollten fernere Plätze der Küste die schwere Hand der Portugiesen fühlen. Von dem Geschwader Antonio's de Saldanha, der im Jahre 1503, besonders zur Blockierung des Roten Meeres, ausgesandt war, hatte sich ein Schiff unter dem Kommando von Ruy Lourenýo Ravasco getrennt und allein Kilwa erreicht, wo er während eines Aufenthalts von 22 Tagen gut aufgenommen wurde. Von hier ausgehend, kaperte er ohne ersichtlichen Grund zwei Dhaus, die nach 1) Barros I II S. 75-76. Goes S. i8. 2) A. C. de Teixeiria de Aragäo,Vasco da Gama e A Vidigueira. Boletim da Soc. de Geogr. de Lisboa, Lisboa 1886, S. 603 ff. Strandes, Ostafrika. 4 - 50 Mombasa gehörten. Diese Prisen wurden zurückkehrend dem König von Kilwa überwiesen. Dann wegelagerte er in dem Kanal zwischen dem Festlande und der Insel Zanzibar, mit solchem Erfolge, dass er über 20, meistens mit Getreide beladene Fahrzeuge wegnahm. Auch viel Beute von Elfenbein') und von silbernem Schmucke wurde gemacht. Ohne Widerstand pflegten sich die Fahrzeuge plündern zu lassen und die Mannschaft für ihre Freigabe Lösegeld zu zahlen. Reiner Seeraub wurde damit getrieben, denn Zanzibar war in Frieden mit Portugal und hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. Entschuldbarer ist vielleicht die Wegnahme der Mombasa-Fahrzeuge, da sich die Portugiesen mit dieser Stadt seit den Misshelligkeiten, die Vasco da Gama auf seiner Entdeckungsreise erfuhr, im Kriegszustande befindlich erachten konnten. Doch das ganze Vorgehen war ein derartiger Rechtsbruch, dass selbst zeitgenössische portugiesische Schriftsteller ihn mit schwerem Tadel und als ein Beispiel derjenigen Ursachen anführen, durch die Portugal sich Feinde im Indischen Ozean schuf.') Nachdem Ruy Lourenýo dieser edlen Thätigkeit nahezu zwei Monate nachgegangen war, segelte er schliesslich, vermutlich da die einheimischen Fahrzeuge den Meeresarm zwischen Insel und Festland mieden, um die Insel herum und ging vor der Stadt Zanzibar vor Anker, die sich als eine ansehnliche Ortschaft mit nicht unbedeutender Einwohnerschaft, einigen Steinhäusern und vielen Fahrzeugen im Hafen erwies. Die Ankunft erfolgte nach Sonnenuntergang, sodass kein Verkehr mehr mit dem Lande erfolgen konnte, aber allerlei Anzeichen, besonders der Lärm in der Nacht am Lande lehrten, dass man keinen freundschaftlichen Empfang finden würde. Am anderen Morgen kam ein Abgesandter des Herrschers des Landes mit der Frage an Bord, ob dieses das Schiff sei, das die Plünderungen ausgeführt habe, und verlangte die Auslieferung des Geraubten. Hierauf erwiderte der portugiesische Kapitän lügnerisch, es sei ihm überall auf der Insel der Kauf von Getreide verweigert worden, den man doch sonst allen Mitmenschen gewähre, er sei angegriffen worden und deshalb habe er sich verteidigt, sowie dasjenige mit Gewalt genommen, was ihm gegen Bezahlung verweigert worden sei. Auch empfahl er dem Landesherrn in Gutem mit den Portugiesen Freundschaft zu schliessen. - Doch dieser Aufforderung wurde nicht gefolgt. Eine grosse Anzahl Kanoes, besetzt mit Bewaffneten, griffen das Schiff an, wurden aber teils genommen und teils zurückgetrieben. An dem Strande sammelten sich nun eine Menge Be1) Gaspar Correa 1 414 erzählt in seiner gewohnten Uebertreibung, dass so viel Beute an grossen Elefantenzähnen gemacht worden sei, dass Ruy Lourenco den Steinballast seines Schiffes über Bord geworfen und durch Elfenbein ersetzt habe. ') Goes S. 208. Osorius, De Rebus Emmanvelis Lusitaniae Regis Gestis, Coloniae Agrippinae 158o, B1. 85 b. - 51 waffneter, angeblich 4000 Mann, um die Landung zu verhindern. Doch die Portugiesen wagten mit einem Schiffsboot und zwei der genommenen Dhaus, die mit Kanonen besetzt wurden, den Angriff; die grosse Ansammlung wurde den Verteidigern verderblich, denn die erste Geschützsalve, auf den dichten Haufen gerichtet, streckte 35 Mann, darunter den Sohn des Königs nieder. Es folgte zwar noch ein kurzes Scharmützel, in dem einige Portugiesen durch Pfeilschüsse verwundet wurden, doch der Strand wurde unschwer geräumt, und es erschien ein Araber, der unter dem Ruf in arabischer Sprache: » Friede! Friede !« eine portugiesische Flagge schwenkte. Als ein geheiligtes Zeichen wurde die Flagge durch Abnehmen der Kopfbedeckung von dem portugiesischen Kapitän und seiner Mannschaft begrüsst, worauf die gegenüberstehende feindliche Truppe, der König an der Spitze, diesem Beispiele folgte. In der entstandenen Waffenruhe wurde eine Unterredung verabredet, die die Portugiesen auf das Schiff verlegten, da sie erhofften, angesichts der Schiffsgeschütze eher zum Ziele zu gelangen, als in einem Boote oder am Lande. Die Abgesandten erbaten Frieden. Unter Festsetzung eines jährlichen Tributs von I0O Metikal Gold (M. 1200.-), sowie einer Abgabe von jährlich 30 Ziegen an das den Tribut abholende Schiff wurde solcher gewährt. Für das erste Jahr wurden diese Abgaben miteins erlegt. Die Tributzahlung sollte nicht nur als gebräuchliches Zeichen der Vasallenschaft, sondern auch als Strafe dafür gelten, dass in Zanzibar nicht gleich bei Ankunft von Ruy Lourenýo die portugiesische Flagge gehisst war. Thatsächlich war dieses ein neues Unrecht denn die Flagge gehörte einem Neffen des Königs von Melinde, der mit seinem Fahrzeuge im Hafen lag, welchem sie von Joäo da Nova zum Schutz seines Fahrzeuges übergeben war.') Von den in Zanzibar gekaperten vier Fahrzeugen wurden zwei diesem Melinde-Mann geschenkt, ein anderes, das Patta-Leuten gehörte, durfte sich trotz höheren Wertes mit 16o Metikal Gold (= M. 1920.-) loskaufen, während das vierte Fahrzeug samt Ladung dem Könige übergeben wurde, wodurch dieser, wie erzählt wird, aus diesen Vorgängen noch mit Gewinn hervorging, wenn er nicht seinen Sohn, um den er sehr trauerte, verloren hätte.") Von Zanzibar wendete sich Ruy Lourengo nach Melinde. Hier erschien er als Retter in der Not, denn der König dieser Stadt, der treue Bundesgenosse der Portugiesen, war in Krieg mit Mombasa. Ruy Lourengo begab sich mit seinem Schiffe vor diese Stadt, während die Melinde-Leute über Land gleichfalls dorthin zogen. Ein Gefecht am Lande zwischen den feindlichen Eingeborenen blieb unentschieden, doch ) Barros 1 Iu S. 107-110. 2) Gaspar Correa 1 S. 419. - 52 die Mombasa-Leute zogen sich nach ihrer Stadt zurück, da sie von Ruy Louren§o blockiert wurde und alle einlaufenden Fahrzeuge weggenommen wurden. Einen Angriff auf die Stadt wagten indessen die Portugiesen nicht, da sie stark befestigt war und insbesondere am Eingange des Hafens eine Batterie mit Geschützen errichtet war, die sich die Eingeborenen aus einem gestrandeten portugiesischen Schiffe angeeignet hatten.') Diese Feindseligkeiten kamen zum Abschluss, nachdem noch ein zweites portugiesisches Schiff unter Antonio de Saldanha vor Melinde eintraf. Auf Antrag von Mombasa, das weiteren Abbruch fürchtete, schlossen die Herrscher dieser Stadt und Melinde Frieden. Während dieser Begebenheiten machte Ruy Lourenýo noch einen weiteren fetten Fang dadurch, dass ihm fünf Fahrzeuge aus Barawa mit an Bord befindlichen I2 Hauptpersonen dieser Stadt, die damals Republik war, in die Hand fielen. Nicht nur kauften sich die Gekaperten selbst los, sondern sie unterwarfen auch durch einen Vertrag ihre Stadt der Oberhoheit Portugals gegen einen jährlichen Tribut von 50o Metikal Gold (= M. 6ooo.-) und liessen sich miteins durch Uebergabe einer Flagge und Verbriefung unbehinderte Schiffahrt verbürgen. Wahrscheinlich zu ihrem grossen Leidwesen mussten die Portugiesen bald bemerken, dass sie mit dieser Bereitwilligkeit zur Unterwerfung überlistet waren, denn als wenige Tage später eine Dhau, mit ganz besonders reicher Ladung angehalten wurde, erwies sie sich als in Barawa beheimatet und den Vertragschliessenden selbst gehörend. Doch in diesem Falle waren die Portugiesen tugendhaft und liessen das Fahrzeug unberaubt weitersegeln. Ruhmselig berichtet ein Chronist, es sei damit den Eingeborenen der Beweis geliefert worden, dass die in Aussicht gewesene reiche Beute die Begehrlichkeit nicht gereizt habe und der Wert des Geleitsbriefes bezeugt worden.2) Freilich erscheint auch diese Handhabung als eine Ausnahme in dem ersten Jahrzehnt der portugiesischen Machtentfaltung im Osten, und häufiger sind die Beispiele zu finden, dass kein Vertrag und kein Abkommen gegen Vergewaltigung schützten. 1) Barros I II S. iii. 2) Barros 1 I S. 112. Unterwerfung durch Waffengewalt und Festungsbau in Kilwa. Einschneidend wurde im Arabischen Meere und in den Häfen an der Westküste Indiens das Auftreten der Portugiesen empfunden. Mehr und mehr wurde offenbar, dass sie nicht nur neue lästige Mitbewerber im Handel waren, sondern dass sie nichts Geringeres vorhatten, als den bisherigen Verkehr ganz zu unterdrücken. Unverholen versuchten sie jedwede Schiffahrt von Indien nach dem Roten Meere zu verhindern. Die Araber, die seit langen Zeiten den Warenumtausch zwischen Indien und Europa allein in den Händen gehabt hatten, rüsteten sich zu kräftigerem Widerstande. Die arabischen Kaufleute Kalekuts, der Herrscher dieser Stadt und der Scheik von Aden, als die am meisten Geschädigten, schickten eine Gesandtschaft nach Kairo, um den Sultan von Aegypten um Beistand zu bitten. Dieser, der selbst die Veränderung der Handelsverhältnisse an der starken Verminderung der Durchfuhrgüter von und nach dem Osten verspürte und an dem dadurch verursachten Rückgang seiner Zolleinnahmen litt, war voll bereit, den Portugiesen entgegenzutreten. Sein erster Schritt war auszusprengen, dass er als Vergeltung für das den Muhamedanern im Indischen Ozean zugefügte Ungemach, für die Kaperung friedlicher Kauffahrer und die Behinderung der Mekka-Pilger alle heiligen Oerter im gelobten Lande zerstören und alle Christen von dort vertreiben würde. Mit einer bezüglichen Botschaft schickte er Pater Mauro, den Prior von St. Katharinen vom Berge Sinai, nach Rom um dem Papste die Beschwerden vorzustellen und Abstellung zu verlangen. Mit Empfehlungen des Papstes ging der Prior nach Portugal weiter. Doch dort wurde er mit reichen Geschenken für sein Kloster und der Vertröstung abgespeist, dass der eigene Vorteil den Sultan von der Ausführung seiner Drohungen abhalten würde, da die Pilgerfahrten der Christen ihm grossen Gewinn brächten. In einem Briefe an den Papst legte der König von Portugal seine Ansicht nieder, - 54 dass er nur als ein getreuer Sohn der Kirche handle, wenn er nach allen Kräften den Muhamedanern Abbruch thue, und in diesem Sinne sogar hoffe, noch in das Rote Meer einzudringen und selbst Mekka, die verabscheuungswürdige Heimstätte des falschen Propheten, zu zerstören.') Auch im Osten unternahm der Sultan allerlei Schritte, um den Portugiesen entgegenzuarbeiten. Nicht minder als er selbst waren die Venetianer in Not durch die Aenderung, die sich im Handel mit Indien vollzog. Gemeinsam berieten die Signoria dieser Stadt und der Sultan die Mittel, durch welche die Erhaltung der altgewohnten Handelswege zu ermöglichen sei. Auf den Rat Venedigs empfahl der Sultan nach Indien alle Bemühungen einzusetzen, dass möglichst zwei Jahre hindurch die Portugiesen dort keine Gewürze erhielten. Bei der verhältnismässigen Mittellosigkeit Portugals glaubte man, dass einige verlustbringende Reisen zum gänzlichen Aufgeben dieser Unternehmungen führen würden. Die Armut Portugals war überhaupt ein Umstand, aus dem das eifersüchtige Venedig Hoffnung schöpfte, und den es für sich zu verwerten suchte. Schon in den vorhergehenden Jahren hatten sich, sogar in Lissabon selbst, Abgesandte Venedigs an die von den Flotten mitgebrachten Indier herangedrängt und sie auf diese Schwäche der Portugiesen aufmerksam gemacht. Es wird berichtet, dass es Vasco da Gama auf seiner zweiten Ausreise zur grossen Genugthuung gereichte, dass er beim Kap des Grünen Vorgebirges ein von Mina heimkehrendes Schiff antraf, das reiche Goldfracht hatte und den an Bord befindlichen Gesandten der Könige von Kananor und Kochin diese Schätze zur Zerstreuung der Einflüsterungen der Venetianer vorzeigen konnte.2) Den arabischen Kaufleuten in Kalekut und den anderen Häfen Indiens wurde auch von Kairo und Venedig aus aufgegeben, besonders auf den Punkt aufmerksam zu machen, dass die Portugiesen stets nur Gewürze kaufen würden, wogegen bei Aufrechterhaltung des Handels mit dem Roten Meere auch andere Erzeugnisse Indiens, hauptsächlich Baumwollenstoffe, Absatz finden würden. Viel ist angenommen, dass die Signoria Venedigs über Ratschläge hinaus thatsächlich die Araber in ihrer Befehdung der Portugiesen im Osten unterstützt habe. An dem Wunsche hierzu wird es nicht gefehlt haben, doch es ist nachweisbar, dass die Signoria das Ersuchen des Sultans, ihm einige Stückgiesser und Schiffsbaumeister zu überlassen, unter der offenen Begründung abgelehnt hat, dass sie sonst den Unwillen und die Feindschaft der gesamten Christenheit auf sich ziehe. Wie wie weit die Gedanken und Pläne Venedigs gingen, um sich die Quelle des Wohlstandes, den Handel mit Indien zu erhalten, dafür ist ein 1) Barros III S. 189. 2) Barros IlI S. 24-27. - 55 Beweis, dass die Signoria sogar beschloss, dem Sultan den Durchstich der Landenge von Suez zu empfehlen. Der bezügliche Auftrag war schon dem nach Kairo abreisenden Gesandten Venedigs erteilt, wurde indessen im letzten Augenblicke noch zurückgezogen, da man wohl mit Recht befürchtete, dass in Kairo dieser Plan als nur im selbstsüchtigen Interesse Venedigs gegeben betrachtet werden würde.') Die einzige wirkliche That, womit schliesslich der Sultan dem Hülferuf seiner Unter thanen und Glaubensgenossen aus dem Indischen Ozean entsprach, war, dass vier Schiffe als Vorbilder derjenigen Bauart, womit die portugiesischen Schiffe im Osten erfolgreich bekämpft werden konnten, in Tor (auf der Sinai-Halbinsel) aus Hölzern, die geschnitten vom Mittelmeer herangebracht waren, erbauet wurden. Doch auch die Portugiesen waren durch die Erfahrungen der ersten Reisen mehr und mehr belehrt, dass zur Wahrung und zum Ausbau der Errungenschaften das Auftreten mit grossen Machtmitteln notwendig sei, und dass insbesondere nicht das jährliche Aussenden von Schiffen genüge, die nach Einnahme ihrer Ladungen zurückkehrten, sondern dass ständige Festsetzung durch Errichtung von Festungen und Belegung derselben mit starken Besatzungen geboten wäre. Mit hierhinzielenden Absichten wurde im Frühjahr 15o5 eine Flotte von 22 Schiffen mit 1500 Mann an Bord ausgerüstet, zu deren Befehlshaber Dom Francisco d'Almeida ernannt wurde, der in Indien mit dem Titel eines Gouverneurs und Vizekönigs bleiben sollte. Im kurzen lassen sich die Instruktionen, die diesem ersten Vizekönig erteilt wurden, in die Worte: Krieg mit den Muhamedanern und Handel mit den Helden zusammenfassen. Als erste Aufgabe war die Errichtung einer Festung in Sofala und die Gefangennahme aller dort Handel treibenden Muhamedaner, sowie Beschlagnahme des in deren Händen befindlichen Goldes vorgesehen. In der dem Befehlshaber erteilten Instruktion ist angeführt, dass, wenn jemand nach den Gründen derartigen Vorgehens fragen solle, zu antworten sei, dass die Muhamedaner in ewiger Feindschaft mit den Christen lebten, dass jene, wo sie könnten, sich der Christen und deren Güter bemächtigten, und dass man ihnen daher dasselbe anthue, wo man könne.') Da der königliche Schatz den hohen Anforderungen an Kapitalien nicht gewachsen war, die zur Ausrüstung der Schiffe und zur Mitgabe für den Einkauf von Gewürzen notwendig waren, hatte man schon bei der zweiten Indienfahrt, unter Pedro Alvares Cabral, Privatleuten und Nichtportugiesen die Beteiligung für eigene Rechnung gestattet. Damals 1) Dr. Wilh. Heyd, Geschichte'des Levantehandels, Stuttgart 1879, II S. 540. 2) Goes S. 291. hatten vermutlich nur Italiener diesen Vorteil wahrgenommen. Jetzt aber fanden auch deutsche Unternehmer Anschluss. Schon lange erfreuten sie sich in Portugal besonderer Vorzüge für ihre Handelsniederlassungen.') Die berühmten Handelsgesellschaften der Fugger, Welser, Höchstetter, Hirsvogel und Imhof stellten für die Flotte von Francisco d'Almeida drei Schiffe. Es war ihnen dabei die Bedingung auferlegt, dass die* Kapitäne und Bemannung Portugiesen sein mussten, doch durften sie für die Wahrnehmung der Handelsgeschäfte ihre deutschen Vertreter mitsenden.2) Namentlich ist bekannt, dass Balthasar Sprenger und Hans Mayr an der Fahrt teilnahmen, denn beide haben anschauliche Berichte darüber hinterlassen. ') Landstreichende Deutsche mögen diesen Genannten vorangegangen sein, fand doch Marko Polo selbst in China einen Deutschen, doch abgesehen von dem früher erwähnten Juden Gaspar aus Posen, der bald als Pole und bald als Deutscher bezeichnet wird, gebührt diesen Balthasar Sprenger und Hans Mayr der Ruhm, die ersten Deutschen gewesen zu sein, die beglaubigt Ostafrika und OstIndien sahen.4) 1) j. P. Cassel, Privilegia u. Handelsfreiheiten, welche die Könige von Portugal ehedem den deutschen Kaufleuten zu Lissabon ertheilet haben. Bremen 1771. 2) Einen zusammenfassenden Bericht über diese Unternehmung giebt Dr. Friedrich Kunstmann in: Fahrt der ersten Deutschen nach dem portugiesischen Indien, München I861. 8) Die Merfart vii erfarung nüwer Schiffung und Wege zu viln onerkannten Inseln vnd Kunigreichen, von dem grossmechtigen Portugalische Kunig Emanul Erforscht, funden, bestritten vnnd Ingenomen, auch wunderbarliche Streyt, ordenung, leben wesen handlung und wunderwerke des volcks und Thyrer dar inn wonende, findestu in diessem buchlyn wahrhaftiglich beschryben vnn abkunterfeyt, wie ich Balthasar Sprenger sollichs selbs: in kurtzverschyii zeiten gesehen vii erfaren habe. Gedruckt Anno MDIX. Ferner ,Do viage de dö francisco dalmeyda p'mey. Vicerey de India deste q'derno foy trellado do nao sa raffael ýý q hia hansz mayr p scriva da feytoria e capitä fernä suarez" in einem Sammelwerk von Valentin Ferdinand, Handschrift in der Kgl. Hofund Staatsbibliothek zu München; dieser Bericht ist zwar nur portugiesisch erhalten, doch zweifelsohne die Wiedergabe des Tagebuchs des Hans Mayr. 4) Dieses Stückchen Ruhm ist den Genannten schwerlich durch den Ritter Arnold von Harff streitig zu machen. Nach seiner eigenen Reisebeschreibung (herausgegeben von Dr. E. von Groote, Cöln i86o) will dieser Ritter nach einer Pilgerfahrt nach Jerusalem vom Roten Meer aus zu Schiff einen Abstecher nach Madagaskar gemacht haben, dann von der ostafrikanischen Küste aus quer über Land an die Nilquellen gereist und schliesslich auf dem Nile nach Aegypten zurückgekehrt sein. Wären seine Angaben wahr, so wäre er im Mai oder Juni 1498 von der Gegend des heutigen Pangani aus ins Innere gezogen. Indessen, auch abgesehen von der grossen Unwahrscheinlichkeit, dass ein einzelner unbemittelter Pilgersmann die grosse afrikanische Ueberlandreise vollbracht haben kann, ist die Beschreibung der Seereise ein so wirres Durcheinander von Länder- und StädLenamen, dass gänzlich unglaubwürdig ist, dass der Reisende überhaupt im Indischen Ozean, geschweige denn in Ostafrika gewesen - 56 - 57 Die Flotte wurde, da nicht alle Schiffe gleiche Segelschnelligkeit hatten, in verschiedene Abteilungen getrennt. Ohne Sofala und Mozambique angelaufen zu haben, wandte sich Francisco d'Almeida nach Kilwa, wo er am 22. Juli mit 8 Schiffen eintraf. Auch für diesen Platz war in der königlichen Instruktion die Errichtung einer Festung, wenn nötig nach Niederwerfung der bisherigen Machthaber, zur Vorschrift gemacht. Gleich nach Ankunft wurden die Schiffe im Auftrage des Königs Ibrahim mit Worten und mit Geschenken von Früchten begrüsst. Die Boten wurden mit Gegengeschenken belohnt, doch dem Könige die Antwort geschickt, man wundere sich, dass auf das Salutschiessen der Schiffe vom Lande mit keinem Höflichkeitszeichen geantwortet sei, und dass insbesondere die dem Könige anvertraute portugiesische Flagge nicht gehisst sei.') Gleichzeitig wurde er auch um Zahlung des seit zwei Jahren rückständigen Tributes gemahnt, den schon Lopes Soares im Frühjahr desselben Jahres, bei einem Besuche Kilwas auf der Rückreise von Indien, vergebens versucht hatte .einzuziehen, und den der König bestimmt versprochen hatte dem nächsterscheinenden Schiffe zu zahlen. Der König liess hierauf erwidern, dass er sich zur Zahlung des Tributes nicht verpflichtet erachte, da er sich zu solchem nur unter Bedrohungen, trotz des ihm versprochenen freien Geleites, verstanden habe, dass nicht er, sondern die Geisseln in gleicher Todesnot die erste Zahlung geleistet hätten, und dass er ausserdem über seine Unterthanen nicht genügend Macht besässe, um Abgaben von ihnen erzwingen zu können.') Ferner brachte er als Entschuldigung für das Nichthissen der Flagge vor, dass er sie einem seiner Fahrzeuge auf einer Reise nach Sofala als Schutz mitgegeben habe, dass aber dennoch dieses Fahrzeug samt der Flagge von einem portugiesischen Kapitän weggenommen worden wäre. In einem Kriegsrate, den Francisco d'Almeida nach Empfang dieser Antwort abhielt, herrschte.Einstimmigkeit, dass der König bezüglich der Tributverpflichtung nur Wahres und Berechtigtes vorbringe, dennoch vertrat Francisco d'Almeida persönlich die Ansicht, dass dieser Sachlage nur dann Rechnung getragen werden dürfte, wenn sie der König bescheiden und unterwürfig vorgetragen hätte, dass aber die Vorbereitungen zum Kampfe, die in der Stadt bemerkbar seien, auf andere Gesinnung deuteten, und dass die portugiesische Waffenehre erheische, diese Herausforderung anzunehmen. Noch ernster erachtete Dom Francisco die Beschuldigung, ist. Wegen gegenteiliger Ansichten vergl. R. Freiherr von Seydlitz, Die Orientfahrt des Ritters A. von Harff (I496-I499), Ergänzungsheft No.2 der Zeitschrift für wissenschaftl. Geographie, Weimar i89o, S. 40 ff. 1) Barros I II S. 198. ) Gaspar Correa I S. 537. 58 dass ein portugiesischer Kapitän, trotz des Schutzes der portugiesischen Flagge, ein Fahrzeug gekapert haben sollte, und brachte, um hierüber die Wahrkeit zu ergründen, eine Zusammenkunft mit dem Könige auf dem Wasser in Vorschlag.') Eine Vereinbarung hierüber wurde getroffen, doch als der Befehlshaber im grossen Staat, unter einem Traghimmel von Scharlach und Seide, begleitet von allen Edelleuten der Flotte, unter Salutschiessen der Schiffe auf der verabredeten Stelle erschienen war, liess der König auf sich warten. Zuerst liess er sich entschuldigen und um Geduld bitten, da die Seinigen noch nicht versammelt wären, dann liess er sagen, bei seinem Aufbruch wäre ihm ein schwarzer Kater begegnet, was nach Landesglaube bedeute, dass an diesem Tage getroffene Verständigungen keinen Bestand haben würden, und bat um Verlegung der Unterredung auf den nächsten Tag,2) Im Zorn liess Francisco d'Almeida dem Könige sagen, wenn er ihn nicht am anderen Morgen an dem Strande träfe, so würde er ihn mit Gewalt aus seiner Behausung holen lassen. Nachdem noch eine Warnung bekannt geworden war, in der Mohamed Ankoni anriet, sich nicht von dem Könige hintergehen zu lassen, da dieser nie zu einer Unterredung erscheinen würde, wurde der Angriff auf die Stadt beschlossen. In der Nacht wurden auf den Schiffen, wie ein Chronist erzählt, »die Seelen und Waffen in Bereitschaft gebracht«. Durch Mohamed Ankoni wusste man, dass über i5oo Bewaffnete in der Stadt seien und weitere Bogenschützen vom festen Lande hereingezogen würden. Man machte sich auf einen harten Strauss gefasst, aber die Schönheit der Stadt, die Stattlichkeit der Häuser mit ihren flachen Dächern und Ausbauten stärkte in dem Wunsche, hier einzubrechen und den Uebermut ihrer Bewohner zu brechen.') Vor Tagesanbruch des 24. Juli i5o5 versammelte der Befehlshaber die zur Landung bestimmten 5o0 Mann auf seinem Schiffe. Eine allgemeine Beichte wurde abgehalten und Ablass gemäss der päpstlichen Bulle erteilt, welche denen Vergebung der Sünden verhiess, die ihr Leben im Kampfe für den christlichen Glauben verlören. Ohne dass eib Verteidiger sichtbar wurde, erfolgte sodann die Landung. In zwei Abteilungen wurden die Truppen eingeteilt. 200 Mann unter dem Befehle des Sohnes von Francisco d'Almeida erhielten den Auftrag, längs des Strandes zur Behausung des Königs, die getrennt von der Stadt auf einer Spitze der Insel lag, vorzudringen und dort Aufstellung zu nehmen. Ohne Widerstand zu finden, wurde dieses -ausgeführt. 1) Gaspar Correa I S. 53718. 2) Barros In S. I99/202, Gaspar Correa und Goes erzählen nichts von dieser beabsichtigten Unterredung. 8) Barros 1 S. 216. - 59 -Nachdem Dom Francisco hiervon durch einen verabredeten Büchsenschuss unterrichtet war, setzte er sich an der Spitze des zweiten Haufens gegen die Mitte der Stadt in Bewegung. Noch immer zeigten sich keine Eingeborenen, und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie sich auch weiter zurückhielten. Der sonst verlässige Barros erzählte allerdings, dass mit dem Eindringen in die engen Strassen ein solcher Hagel von Steinen und Pfeilen von den Dächern auf die Truppen niedergegangen sei, dass der einzige Ausweg zum Vorwärtsdringen der gewesen sei, die Häuser zu erbrechen, die flachen Dächer zu ersteigen und hier hoch oben kämpfend vorzudringen, doch hiervon wissen die anderen derzeitigen Berichterstatter nichts. Weiter erzählt auch Barros allein, dass die Abteilung der Portugiesen unter dem jüngeren Almeida auf dem freien Platze zwischen der Stadt und dem festungsartigen, mit Türmen versehenen Königshause einen harten Stand gehabt habe. Zuerst soll sie hier einen ungestümen Angriff von 3oo Eingeborenen abzuschlagen gehabt haben, dann soll sie durch Wurfgeschosse von den Dächern des Königshauses stark gelitten haben. Schliesslich soll das Königshaus erbrochen worden, aber bereits geräumt gefunden sein. Durch eine List, durch scheinbares Anknüpfen von Verhandlungen, soll der König die Zeit gewonnen haben, mit seinen Weibern und Schätzen durch ein Nebenthor in einen Palmenwald und von dort in bereitliegenden Booten nach dem Festlande zu entweichen.') Die anderen Chronisten wissen von diesen Kämpfen und Einzelheiten nichts. Balthasar Sprenger, ein deutscher Teilnehmer erzählt, die Begebenheiten dieses Tages wie folgt: »Uff den 24. tag des obgeschriebenen monadts do füren wir hyn mit gantzer macht mit acht schiffen wol gewapet uff ein stutz ganz onversehen des morgens frw zu der Stad vnd schossen edlich Heyden zu tod vnd blunderten als bald uff die selben zeit die Stat un funden vil reichtumb mit Golt Silber Perlin Edelgestein vnd ander kostbarliche kleidung vnd huben an uff den selbfi tag als bald ein schloss zu bauwen.«') Noch harmloser schildert Goes die Vorgänge dadurch, dass er die Besetzung der Stadt geradezu einen friedlichen Sieg nennt.') Auch der zweite deutsche Augenzeuge Hans Mayr erzählt nichts von Kämpfen. Sehr wahrscheinlich ist hiernach, dass die Eingeborenen keinen nennenswerten Widerstand leisteten, sondern dass das gemeldete »Totschiessen etlicher Heiden« nur ein Niederknallen von fliehenden oder allenfalls von solchen Eingeborenen war, die sich einzeln gegen Vergewaltigung wehrten. Auch Barros selbst berichtet, dass die Portugiesen ) Barros I1 S. 216 ff. 2) Sprenger S. 73) Goes S. 296. 6o keine Toten, sondern nur Verwundete gehabt haben, und bestätigt hierdurch die Bedeutungslosigkeit der Kämpfe. Bei der Plünderung der Stadt scheint es wild hergegangen zu sein, denn Francisco d'Almeida fand es notwendig, den Plünderern seinen Sohn mit einer Anzahl Edelleuten nachzuschicken, um weitere Ausschweifungen und Brandstiftungen zu verhindern. Das Haus und der Besitz von Mohamed Ankoni wurde durch eine Wache geschützt. Der Inhalt der königlichen Behausung wurde für den König von Portugal beschlagnahmt. Alle sonstige von der Mannschaft gemachte Beute musste zur demnächstigen gleichmässigen Verteilung abgeliefert werden. Für sich selbst beanspruchte Dom Francisco nur einen einzigen Pfeil als Andenken. Mit einem Gottesdienste und Ritterschlage wurde der Tag beendigt. Dom Francisco nahm sein Quartier in dem Hause des vertriebenen Königs. Bereits in einem früheren Abschnitte ist kurz angedeutet, dass schon vor der Ankunft der Portugiesen die Einwohner von Kilwa in zwei Lager gespalten waren. Seit zwei Jahrzehnten herrschten stetige Unruhen dadurch, dass Wesire die Macht an sich gerissen hatten und nach ihrem Belieben Könige aus der erbberechtigten Familie eingesetzt und abgesetzt hatten. Schliesslich hatte sogar der Wesir Ibrahim ben Soliman, der übrigens auch zu der Königsfamilie gehörte, den rechtmässigen König El Fodel ben Soliman ermorden lassen und sich selbst, da er keinen weiteren Scheinkönig mehr neben sich dulden wollte, zum alleinigen Herrscher aufgeworfen. Der rechtmässige Thronerbe, ein Kind von wenigen Jahren, war auf einer benachbarten Insel vor Nachstellungen verborgen worden. Diesen Ibrahim fanden die Portugiesen bei ihrer Ankunft in Kil-wa als Herrscher. Ihm feindlich gegenüber standen die Anhänger des wahren Tronerben. Auch scheint eine Partei eines weiteren Thronbewerbers Mohamed (wahrscheinlich mit dem Beinamen Mikante) bestanden zu haben, der schon einmal im Besitze der Macht gewesen war. Durch tyrannisches Wesen hatte sich Ibrahim verhasst gemacht, und seine Herrschaft war so wenig befestigt, dass ihm viele den Titel König vorenthielten und nur Mir (Emir) Ibrahim nannten. Der Führer der Widersacher dieses Usurpators und damit Vertreter der Legitimisten war der früher häufig genannte Mohamed Ankoni. Er wird wechselnd ein reicher Kaufmann oder Wesir oder auch Vorsteher der Geldangelegenheiten des Königs genannt. In welcher Weise Mohamed Ankoni und Ibrahim sich gegenüberstanden, indem keiner der beiden dem andern durch offene Gewaltthätigkeit nahezutreten wagte, aber wie sie sich doch gegenseitig hinterrücks Böses wünschten und anthaten, ist bereits durch, die Begebenheiten während der Tributerzwingung gekennzeichnet. Auch vor und während des Angriffs auf die Stadt hatte Mohamed Ankoni seine Feindschaft - 61 gegen den König durch heimliche Mitteilungen an die Portugiesen und dadurch kund gethan, dass er mit einer grossen Anzahl Anhänger ausserhalb der Stadt die Entwicklung der Dinge abwartete. Dieses Liebäugeln mit den Portugiesen wurde belohnt, denn die Erwägungen, welche Francisco d'Almeida über die zukünftige Regierung der Stadt in einem Kriegsrate vorbrachte, führten dahin, dass man es als das Beste beschloss, Mohamed Ankoni zum König zu ernennen. Als Freund der Portugiesen, als siebzigjähriger erfahrener Mann und mit dem Einfluss, den er auf viele Mitbewohner der Stadt besass, wurde er als die geeignetste Person erachtet. Gleichzeitig wurde damit die von Portugal mitgebrachte Vorschrift erfüllt, nach welcher die Regierung in der Hand eines Muhamedaners bleiben sollte. Der Umstand, dass Mohamed Ankoni nicht der alten Herrscherfamilie angehörte, wurde als geringwiegend betrachtet, da ohnedies eine gänzliche Umwälzung der bisherigen Verhältnisse bevorstand.') Ob Mohamed Ankoni diese Entwickiung der Dinge angestrebt hat, oder ob sie ihn überraschte, darüber äussern die portugiesischen Schriftsteller verschiedene Ansichten; während der eine erzählt, wie sich der Genannte über die Niederlage und die Flucht Ibrahims freute, da er damit seine Absichten auf den Thron verwirklicht sah2), berichtet der andere von tugendhafter Ueberraschung und Bedrücktsein von der Grösse der Gnade.') Indessen für die reine Gesinnung Mohamed's Ankoni spricht, dass er die Herrschaft nur unter einer Bedingung annahm, die von allen Chronisten als seltene Tugend gepriesen wird. Er blieb seiner legitimistischen Gesinnung dadurch treu, dass er, obgleich er selbst erwachsene Söhne hatte, das Königreich nicht als erblichen Besitz annehmen wollte, sondern von vornherein verlangte, dass nach seinem Tode der eigentliche Erbe, der minderjährige Sohn von El Fodel sein Nachfolger werden sollte. Noch vor seiner eigenen Thronbesteigung musste jenes Kind, dass hierzu aus seinem Versteck herbeigeschafft wurde, als Nachfolger anerkannt werden. Am 26. Juli 15o5 hatte Kilwa das Schauspiel der Krönung des neuen Herrschers. Gestützt an einen Thurm der königlichen Behausung war auf leeren Fässern eine Schaubühne errichtet und mit Teppichen und Flaggen geschmückt. Mohamed Ankoni erschien angethan mit einem purpurnen, seidegefütterten und goldumsäumten Mantel, der ihm von den Portugiesen geschenkt war. Von einem Herold wurde in portugiesischer und arabischer Sprache vor den zusammengerufenen ) Barros 1 II S. 231. 2) Gaspar Correa I S. 539. 8) Barros 1 1 S. 232. - 62 angesehenen Bewohnern der Stadt verkündet, dass Ibrahim wegen Verrat und Autlehnung mit bewaffneter Hand gegen seinen Herrn den König von Portugal der Herrschaft entsetzt u.d dagegen Mohamed Ankoni, als Belohnung seiner Portugal geleisteten Dienste unter der Verpflichtung, Tribut zu zahlen, zum König ernannt worden sei. Zur Bestätigung und in Ausführung dieser Ernennung setzte sodann Dom Francisco dem neuen Herrscher eine goldene Krone, die er als Geschenk für den König von Cochim an Bord hatte, auf den Kopf.') Hierauf wurde der neue König auf ein Pferd gesetzt und unter Vorantragung der portugiesischen Flagge, begleitet von Portugiesen und Eingeborenen, sowie Ausrufern, die die neue Würde laut verkündeten, durch die Stadt geführt. In Urkunden, in arabischer und portugiesischer Sprache, wurden die Bedingungen der Belehnung niedergelegt.') Von Klugheit zeugte die erste Regierungshandlung des neuen Königs, denn er erbat und erhielt von Francisco d'Almeida die Freilassung aller bei der Einnahme der Stadt gefangenen Eingeborenen und Straflosigkeit für die Geflohenen. Diese Massregel hatte solchen Erfolg, dass sich binnen zwei Tagen die Stadt wieder bevölkerte. Der deutsche Augenzeuge berichtet die Einsetzung Mohamed's Ankoni wie folgt: »Da macht der Hauptmann ein andern Kung mit grossen Herlichkeiten und eren und crönet yn mit einer Cron als einem Kunig zugehört und gab ym das Kufigreich mit alley rechte doch dem kunig von Portugal trew vnd holt zu sein vnd im mit seynem gantzen Kungreich zu allezeit untertheniglich gehorsam zu seyn.« Weiter erzählt sodann derselbe Berichterstatter, dass am 3. August der rechte, von den Portugiesen vertriebene König zurückgekommen sei und, da er seinen Thron besetzt gefunden habe, seinem Nachfolger gehuldigt und nur begehrt habe, ~Herzog" zu werden, was ihm auch mit allen Ehren gewährt worden sei.') Dieses lässt sich aber nicht mit den anderweitigen Ueberlieferungen in Einklang bringen. Wahrscheinlich war jener zurückgekehrte König nicht der vertriebene Ibrahim, sondern Mikante, der früher einmal im Besitze der Macht gewesen war. Gemäss den von Portugal mitgebrachten Vorschriften, schritt Dom Francisco nun zur Anlegung einer Feste. Das beste am Strande, nahe der Stadtmauer gelegene Haus wurde hierzu als Grundlage genommen; sieben oder acht benachbarte Häuser wurden niedergerissen, um für die ) Barros 1 11 S. 234. Diese Krönung in Kilwa liess der König Emanuel später auf einem Gobelin darstellen. 2) Goes I S. 298 bedauerte schon im Jahre 1558, als er sein Werk schrieb, dass diese und andere wichtige Urkunden verloren seien. 8) Sprenger S. 7. - 63 Verteidigung freien Raum zu gewinnen. Durch einen turmgeschützten Ausgang wurde die Verbindung zwischen Land und Wasser gesichert. Die ganze Ausdehnung des Werkes war sechzig Faden (braas) im Geviert. Ein viereckiger, dreistöckiger zinnengekrönter Turm wurde gegen die Stadt hin errichtet. Die vier Bastionen wurden für zwanzig schwere Kanonen, ausserdem die Mauern für Falkonetten und Armbrüste eingerichtet. Inwendig wurden die Quartiere für die Mannschaft, Vorratsräume und ein Haus für den beabsichtigten Handelsbetrieb hergestellt. Das Ganze war auf einer kleinen Landzunge nahe der Hafeneinfahrt gelegen.') Tag und Nacht wurde an dem Werke gearbeitet. Die Steine 1) Barros 1 II S. 236, Gaspar Correa I S. 542 und San Roman, Historia General de la Yndia Oriental, Valladolid 1603, S. 96. Diese Beschreibungen lassen sich mit den heutigen Ruinen Kilwas nicht in Einklang bringen. Die von den Eingeborenen bestimmt als Ueberbleibsel der Portugiesenzeit bezeichneten Ruinen liegen eine gute halbe Stunde östlich von der Stadt und bestehen aus zwei umfangreichen, festungsartig mit Mauern umgebenen viereckigen Höfen. Beide liegen durch ein Thal getrennt auf Hügeln, die zwar den Hafeneingang beherrschen, aber immerhin noch ioo bis 200 Meter von dem Strande entfernt sind. Die Höhe der 'Mauer ist etwa 3,50 m und auch nicht höher gewesen. Beide Anlagen haben teils runde, teils viereckige vorspringende Türme mit Zinnen, die kaum 2 m höher als die Mauern sind. Innerhalb beider Höfe zeigen sich, an die Mauern angelehnt, Reste von Wohnanlagen. In dem westlicher liegenden Festungshofe befindet sich ein 8-io m tiefes, geräumiges, heute ganz mit Gestrüpp ausgewachsenes Loch das vorbehaltlich näherer Untersuchung - auf eine alte Cisterne zu deuten ist. In dem anderen Hofe ist ein tiefer rechteckiger, sorgfältig ausgemauerter Brunnen bemerkenswert. Wie bereits gesagt, behaupten die heutigen Einwohner Kilwa's mit aller L'estimmtheit, dass diese Gemäuer von den Portugiesen errichtet sind, doch spricht die Entfernung von der Stadt und dem Strande dagegen. Die Bauten können ebensogut aus der vorportugiesischen wie nachportugiesischen Zeit stammen. Nichts deutet an, dass ihre Bauart eine andere ist, als die vieler anderen Ruinen der Küste. Die nicht selten vorkommenden alten Pläne und Abbildungen von Kilwa geben über diese Frage keinen Aufschluss, da sie reine Phantasiegebilde sind. Beiläufig bemerkt, sind sie alle auf einen Plan in Faria y Sousa »Asia Portuguesa«, Lisboa 1666, 1 S. 73, und eine Abbildung aus den Städteansichten von Braun und Hogenberg »Civitates Orbis Terrarum-, Coloniae Agripp. 172-1594, zurückzuführen. - Von vielen Besuchern Kilwa's wird schlankweg angenommen, dass die imponierende Fortruine, nahe dem Ankerplatze und dem jetzigen deutschen Zollhause aus der Portugiesenzeit stamme. Nach den wiedergegebenen Berichten der portugiesischen Schriften ist nichts dagegen einzuwenden, ja, die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass gerade an dieser Stelle die Feste Sam Jago gestanden hat, aber Alles, was jetzt noch vorhanden ist, ist gewiss nach Anlage und Bauart ein arabisches Bauwerk. Hierfür spricht nicht nur die Ueberlieferung der Eingeborenen, sondern auch die arabische Inschrift über dem Thore, die übersetzt lautet: Im Namen Gottes des Allmächtigen, des Allgütigen. Wir haben Dir geöffnet dieses Thor am 23. Moharram 1822 (= 2. April 1807). Nach vertrauenswürdigen Mitteilungen von Arabern in Zanzibar ist dieses Fort voh dem abessinischen Verschnittenen Jakuti errichtet, der lange für die Sultane von Maskat Statthalter in Ostafrika war. Von diesem - 64 wurden den abgebrochenen Häusern entnommen. Der neue Landesherr leistete mit seinen Unterthanen Hilfe. Dom Francisco und alle Kapitäne und die Edelleute der Flotte förderten die Arbeit durch Anspornen und dadurch, dass sie die Arbeitenden bei guter Stimmung erhielten. Ja, diese Vornehmen beteiligten sich persönlich am Schleppen der Materialien und nahmen selbst die Maurerkelle in die Hand. Derartig war der Bau nach sechzehn Tagen notdürftig fertiggestellt und konnte mit einer feierlichen Messe eingeweiht werden. Zur Ehrung desjenigen Heiligen, dessen Namenstag dem Tage der Einnahme der Stadt folgte, wurde der Feste der Name Sam Jago (Sankt Jakob) beigelegt. Zum Kommandanten wurde Pero Ferreira Fogaia, zum Civilverwalter (alcaide) Francisco Coutinho und zum Leiter des Handelibetriebes Fernando Cotrim ernannt. Auch Geistliche, Schatzmeister und Schreiber wurden eingesetzt. Die ganze Besatzung, einschliesslich der Offiziere und Beamten, bestand aus 15o Köpfen.') Ferner wurde eine Karavelle und ein kleineres Fahrzeug unter Gonýalo Vaz de Goes zur Verfügung des Festungskommandanten und zur Bewachung der Küste zurückgelassen. Die gesammten Kosten des Baues der Feste, sowie des Unterhalts und der Besoldung wurden von Mohamed Ankoni übernommen, dem dagegen die Zahlung des Tributs für das erste Jahr erlassen wurde.') Die weitere Verfolgung des entthronten Ibrahims wurde auf Anraten des neuen Königs bis nach der Abfahrt des portugiesischen Geschwaders verschoben. Wenige Wochen jedoch vergingen nur, bis der Jakuti, seiner Tüchtigkeit und seinen Eigenheiten werden in Zanzibar noch viele Geschichten erzählt. Auch das Fort in Zanzibar, das gleichfalls häufig fälschlich den Portugiesen zugeschrieben wird, ist von diesem Jakuti erbaut. Die Forts von Kilwa und Zanzibar zeigen in ihrer ganzen Anlage, besonders in den dicken tonnenartigen Türmen und den Mauergängen so augenfällige Uebereinstimmung, dass sie geradezu auf einen Baumeister hinweisen. Erwähnt mag ferner an dieser Stelle noch werden, dass die gusseisernen Kanonenrohre, die in ziemlich grosser Anzahl in Kilwa herumliegen, und die ebenfalls häufig als portugiesischen Ursprungs erachtet werden, bestimmt aus der Neuzeit stammen. Die älteren Eingeborenen erzählen überzeugend, dass sie in ihren Kindheitsjahren von französischen Sklavenhändlern in Zahlung gegeben sind. Vermutlich sind diese Kanonen Zeugen des Handels in Sklaven, der in den Jahren 1856-1857, freilich unter dem unschuldigen Namen »engagement des libres noirs«, zwischen Ostafrika und Bourbon eine kurze Blütezeit hatte. Eine Beschreibung, die J. von Behr im deutschen Kolonialblatt III, Berlin 1892, S. 643 if. von den Ruinen Kilwa's giebt, ist ganz unzuverlässig. Die Deutungen auf die verschiedenen Perioden sind ganz willkürliche, ja die Himmelsrichtungen sind gründlich verwechselt. 1) Barros 1 It S. 237. Nach Gaspar Correa (1 S. 542-3) im ganzen nur ioo Köpfe, die der Kommandant als unzureichend erklärte, worauf noch ein Schiff zum weiteren Schutze zurückgelassen worden sein soll. 2) Gaspar Correa 1 S. 543. - 65 Entthronte selber der Angreifer wurde, und zwar indem er den Versuch machte, seinen Nachfolger in dessen eigenem Hause ermorden zu lassen. Doch der Angegriffene kam mit einem Stiche durch den Arm davon und der Meuchelmörder wurde ergriffen und gevierteilt. Der Schrecken, den diese Hinrichtung verbreitete, bewirkte, dass Mohamed Ankoni fernerhin durchgreifendere Anerkennung fand, als er bisher bei seinen Landsleuten genossen hatte.') 1) Barros I n S. 254-5. Strandes, Ostafrika. Die Erstürmung und Plünderung Mombasa's. Am 6. August 15o5 verliess Dom Francisco d'Almeida, nachdem, wie geschildert, der Festungsbau notdürftig bis zur Verteidigungsfähigkeit fertiggestellt war, mit der Flotte Kilwa und ankerte am 13. desselben Monats mit 16 Schiffen auf der Aussenrhede von Mombasa. Wenngleich die in Kilwa aufgenommenen Lotsen die Tiefe des Fahrwassers in der Hafeneinfahrt für die grössten Schiffe genügend erachteten, wurden vorsichtshalber zwei kleinere Fahrzeuge zur Auslotung vorangeschickt. Zu ihrer grossen Ueberraschung wurden sie von einem Festungswerk, das an dem sehr engen Fahreingange lag, mit Feuergeschützen beschossen. Wie sich später herausstellte, hatten die Eingeborenen von einem untergegangenen Schiffe, das zum Geschwader von Cabral gehört hatte, 7 oder 8 Kanonen geborgen und aufgestellt. Diese Geschütze wurden von einem desertierten und zum Islam übergetretenen Portugiesen bedient.') Das Feuer vom Lande richtete erst ') Das Weglaufen und der Uebertritt von portugiesischen Soldaten zum Islam war keine Seltenheit. Die gute Aufnahme, die sie fanden, war eine stetige Verführung. Zur Abschreckung wurden daher Wiedereingefangene grausam bestraft. So wurde einer Anzahl bei der Kapitulation von Goa (1512) wiedererlangter Ueberläufer, denen Schonung des Lebens zugesichert gewesen war, Barthaare und Augenbrauen ausgerissen und Ohren, Nase, rechte Hand und dazu der Daumen der linken Hand abgehauen, sodass die Mehrzahl starb. Im Jahre 1515 wurden bei Ormus vier entflohene und wieder eingebrachte Wegläufer in dem Boote, das sie zur Flucht benutzt hatten, lebendig verbrannt. Auch in Melinde wurde im Juni des Jahres 1509 ein portugiesischer Geschützmeister auf kriegsgerichtlichen Spruch an einem am Lande errichteten Galgen gehängt. Er hatte den Versuch gemacht, über Land nach Mombasa zu entkommen, wurde aber in einer Ortschaft Outamo, 4-5 Leguas südlich von Melinde und 1/2 Legua vom Meeresufer entfernt, durch nachsetzende Melinde-Leute, denen eine hohe Belohnung zugesichert worden war, wiedereingefangen. Der Hingerichtete hatte als Erklärung und Entschuldigung nichts anderes vorzubringen vermocht, als dass er vom Teufel.verführt gewesen sei. (Ms. Liss. Gavetas Antigas 25, Maýo 19, No. 22.) - 67 einigen Schaden an, doch ein glücklicher Schuss von einem der lotenden Schiffe brachte in der mit ungenügendem Mauerwerk geschützten Batterie den Pulvervorrat zum Auffliegen, das weitere Bombardement zerstörte die beiden Türme des Festungswerks und'das «onseglich starck bolwerk» ), wie es der deutsche Augenzeuge nennt, wurde geräumt, sodass die Portugiesen ohne weitere Belästigung in den Hafen einlaufen konnten. Die grossen Frachtschiffe blieben auf der Aussenrhede, doch wurde ihre Bemannung, so weit entbehrlich, auf die vor der Stadt ankernden Schiffe herangezogen.2) Der portugiesische Befehlshaber versuchte nun, durch einen der Kilwa-Lotsen eine Botschaft an Land zu schicken, doch musste das Boot unter einem Angriffe von Pfeilschüssen und Steinwürfen und Hohnrufen der Eingeborenen zurückkehren. Ebenso missglückten die Versuche, drei am Strande aufgezogen liegende Schiffe aus Kambaja in Brand zu setzen und Feuer in die Stadt zu werfen, da die Eingeborenen aus ihrer vorzüglichen Verteidigungsstellung vom hohen, steilen Ufer aus die Angreifer durch ihre Wurfgeschosse mit Verlust zurücktreiben konnten. Um Kunde von den Verhältnissen in der Stadt zu gewinnen, wurde bei anbrechender Nacht eine Abteilung an Land geschickt, doch fand auch diese die Verteidiger derartig wachsam, dass die Ausschiffung unmöglich war. Vom Ufer aus wurde den Booten in Arabisch zugerufen, man fände hier nicht dieselben Menschen wie in Kilwa, die sich vor Geschützdonner fürchteten, und höhnisch rief auch der bereits erwähnte portugiesische Renegat seinen Landsleuten zu: »Erzählt dem Admiral, dass er hier in Mombasa nicht wie in Kilwa Hühner finden wird, die sich die Hälse umdrehen lassen, sondern zwanzigtausend Männer.') Den Aerger über diese Verhöhnungen bezahlte Francisco d'Almeida nach Rückkunft der Boote mit einigen Salven, die er auf die Mitte der Stadt richten liess. Durch einen durch Boote an der anderen Seite der Insel aufgegriffenen Araber wusste man, dass der König zum äussersten Widerstand vorbereitet war; über 15oo Bogenschützen, Neger, hatte er vom festen Lande her.angezogen') und, um die Verteidigung so nachdrücklich wie möglich zu gestalten, bei Todesstrafe verboten, dass Jemand sich oder sein Eigentum aus der Stadt entferne. Zwei Tage schon lagen die Portugiesen vor der Stadt, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Es war offenbar geworden, dass nur mit Aufwand aller Kräfte ein Erfolg zu erzielen 1) Sprenger S. IO. 2) Barros III S. 238, Gaspar Correa I S. 545. 8) Gaspar Correa I S. 545 u. a. auch ähnlich von dem deutschen Augenzeugen Hans Mayr BI. 7b. 4) Barros II1 S. 240. Nach Goes S. 300 waren 400o Bewaffnete in der Stadt und 2000 wurden erwartet. sein würde. In einem Kriegsrate wurde beschlossen, gleichzeitig an verschiedenen Stellen der Stadt vorzugehen, um' dadurch die Verteidigung zu zersplittern. Um den eigentlichen Plan zu verdecken, wurde am Vortage ein Scheinangriff an der Hauptlandungsstelle beim Zollhause gemacht, dort einige Häuser in Brand gesteckt und dann wieder der Rückzug auf die Schiffe genommen. Das Feuer breitete sich aus und hielt sich die ganze Nacht Die Stadt bildete gegen den Hafen zu einen durch einen Landvorsprung gebildeten stumpfen Winkel. Mit einer Abteilung der Flotte lag Dom Lourengo, Sohn des Oberbefehlshabers, vor demjenigen Teile der Stadt, welcher der Hafeneinfahrt am nächsten ist, jenseits des Landvorsprunges vor dem anderen Teile der Stadt ankerte mit einem andern Teile der Flotte Francisco d'Ameida selbst. Um eine Wiederholung der in Kilwa gemachten Erfahrungen, die Flucht der Eingeborenen nach dem festen Lande, zu verhüten, wurden zwei Schiffe um die Insel herumgeschickt, auf der die Stadt liegt, und mit der Bewachung der Furt, die den Uebergang nach dem Festland ermöglicht, beauftragt. Am Morgen des 15. August bei höchster Flut, nachdem in gewohnter Weise eine Generalbeichte abgehalten war, wurde das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Die eigentliche Landungsstelle der Stadt, mit flachem, abfallendem Ufer, wo die Eingeborenen- den Angriff erwarteten, und vor der die grössten Schiffe der Portugiesen lagen, liess man unbelästigt. Eine Abteilung wurde auf die bereits erwähnten indischen Fahrzeuge geworfen, die am Strande aufgezogen lagen. Mit einer anderen Abteilung landete Dom Francisco, ohne Widerstand zu finden, ausserhalb der Stadt. Auf Signalschüsse, dass diese Landung glücklich bewerkstelligt sei, begann sein Sohn Dom Louren§o mit einer dritten Abteilung den Angriff auf einen Teil der Stadt, wo das Ufer hoch und steil abfiel. Von den hohen Aufbauten zweier leichter portugiesischer Fahrzeuge, die unmittelbar an diesen steilen Abfall herangelegt waren, wurden Planken nach dem Ufer hinübergelegt und so Fuss an Land gesetzt. An dieser Stelle bildeten hohe, mehrstöckige Häuser die Stadtmauer. Die an gleicher Stelle ausmündenden Strassen waren verbarrikadiert. Nur schwer gelang es Dom Lourenýo, Grund zu gewinnen, denn durch Steine und Felsstücke, die die steilen Strassen hinabgeschleudert wurden, und durch Pfeile und Steinwürfe von den Dächern leisteten die Eingeborenen kräftigen Widerstand. Besonders die schweren, mit grosser Wucht die abschüssige Strasse herunterspringenden Steinblöcke fügten den Portugiesen vielen Schaden zu, wobei die Verteidiger die List befolgten, von Zeit zu Zeit etwas zurückzuweichen und dann auf die in der engen Strasse nachdringenden Angreifer den Steinhagel niedergehen zu lassen. - 69 Inzwischen nahm Dom Francisco d'Almeida mit seiner Truppe unter Führung eines Gefangenen den \Weg nach der Behausung des Königs. Ausserhalb der Stadt zeigte sich kein Verteidiger, sobald er aber in die Stadt selbst einrückte, hatte er mühsam und mit Verlusten sein Vorwärtskommen zu erkämpfen. Auch hier leisteten die Eingeborenen erfolgreichen Widerstand durch Steinwürfe und Pfeile von den Dächern und aus den Nebengassen. Doch gewitzigt durch die in Kilwa gemachten Erfahrungen waren besondere Abteilungen der Portugiesen aufgestellt, die mit Feuerbüchsen und Armbrüsten die Fenster und flachen Dächer bestrichen und so trotz der Enge der langen Hauptstrasse, welche die Verwendung in geschlossenen Haufen verhinderte, das Vordringen ermöglichten. Mit geringerer Mühe, als man erwartete, gelang es auf die Weise den freien Platz vor dem Hause des Königs zu erreichen, das auf einer Anhöhe an der entgegengesetzten Seite der Stadt lag. Hier waren zwar die Feinde zahlreicher als in den engen Strassen, doch der Kampf für die Portugiesen weniger unbefriedigend, da sie hier freiere Bahn hatten und durch ihre Feuervaffen mehr Schaden zufügen konnten, als sie selbst erlitten. Dieser Platz war bald von den Eingeborenen gesäubert. Von den Dächern aber des Königshauses hagelten Steine in solcher Menge, dass bald der Erdboden davon bedeckt war. Während bisher, um die Zerstreuung der Mannschaft zu verhindern, strenger Befehl ausgegeben war, kein Haus zu betreten, wurde jetzt, da sich aussen keine Feinde mehr zeigten, beschlossen, diesen Hauptpunkt der Stadt zu besetzen. Ein Thor war bald erbrochen, und in kurzem Kampfe wurden die Verteidiger, unten und oben, vertrieben. Die Wache über diese Häuser wurde einigen Hauptleuten mit dem Auftrage übergeben, die Soldaten vom Plündern und dem Eindringen in die an diesem Platze einmündenden Strassen abzuhalten. Dom Francisco selbst folgte mit einer Truppe an der Landseite ausserhalb der an dieser Stelle befindlichen Stadtmauer den Feinden, die ohne sonderliche Eile abzogen.1) Zwischen der Stadt und einem Palmenhaine, in dem sich der König und die Eingeborenen festsetzten, nahmen die Portugiesen gegenüber den Feinden Aufstellung.2) Während dieser Begebenheiten war Dom Lourengo noch im heissen Kampfe an der Stelle, wo er gelandet war. Geplant war gewesen, dass er ungefähr zur gleichen Zeit mit seinem Vater bei der Behausung des Königs eintreffen sollte. Indessen konnte er in dem Strassenkampf keinen Vorteil gewinnen. Fast hatte er sich darauf zu beschränken, seine Truppe unter den Vorbauten der Häuser gegen Wurfgeschosse 1) Mayr B1. 8a. 2) Barros 1 1 S. 244-248. 70 Schutz suchen zu lassen, die von den Dächern und aus den Fenstern geschleudert wurden. Ein deutscher Mitkämpfer erzählt: »als wir in dye engen strassen vnd gassen der stat quamen also das keiner den andern wol weychen mocht trungen wir mit gewalt vnuerzegklich dar durch, do wurffen die moren und heyden so vnmenschlich heraus gegen und off uns: also wo es nit sunderlich gottes wil gewesen onmuglich das wir in der stat Herren mögen blieben«, ja derselbe berichtet sogar, dass zwei Elefanten von den Verteidigern »hyn und her trutzlich zu vertruss« umhergetrieben wurden.1) Eingeengt, suchten die Angreifer schliesslich bessern Fortgang durch Erbrechung eines Hauses. Doch das Eindringen oder der Aufstieg auf der engen Treppe wurde erst möglich, nachdem die eine von zwei Negerinnen, die diesen Aufgang wütend eine Zeit lang mit Erfolg verteidigt hatten, durch einen ArmbrustSchuss durch den Hals niedergestreckt war. Auf den Dächern war sodann die Vertreibung der Verteidiger leichter. Gleichzeitig wurde damit den in den Strassen verbliebenen Portugiesen Luft gemacht. Noch einmal wurde die Lage der Angreifer dadurch besonders gefährlich, dass es den Eingeborenen gelang, eine alte Mauer zwischen zwei Abteilungen der Portugiesen niederzuwerfen und hierdurch einen Teil der Angreifer abzuschneiden. Die Verbindung wurde indessen durch einige Leute wiederhergestellt, die aufopfernd durch Häuser und über die Dächer vordrangen.) Aber der Ausgang des Kampfes an dieser Stelle war noch nicht entschieden und wäre zweifelhaft geblieben, wenn nicht die Verteidiger in ihrem Rücken die Trompeten der anderen portugiesischen Abteilung gehört hätten und in der Befürchtung umzingelt zu werden plötzlich ihre Stellung aufgegeben hätten. Wie eine Herde konnte nun Dom Lourengo die Feinde vor sich hertreiben und denselben, die hofften, sich aufs neue in der königlichen Behausung festzusetzen, bis zu diesem Platze folgen. Doch hier war, wie oben erzählt, der Kampf schon entschieden. Ja, auf dem Dache des Königshauses war schon von den Franziskanern, welche die Truppen begleiteten, ein Kreuz als Siegeszeichen aufgerichtet. Dom Lourengo vereinigte nun seine Abteilung mit der seines Vaters. Bald auch traf die Meldung ein, dass der Angriff auf die indischen Fahrzeuge gleichfalls erfolgreich gewesen und durch deren Inbrandsetzung beendigt sei.3) ') Sprenger S. 12. Dieses Halten von Elefanten ist nicht unglaublich; auch in Melinde wurden im Jahre 1502 nach einem derzeitigen Berichte von Thom6 Lopes zwei Elephanten gehalten (Colleccao de Noticias para a Historia e Geografica das Nacoes que vivem nos dominios Portuguezes .....Lisboa 1812 II S. 166-167.) 2) Goes S. 301-303. 8) Nach der heutigen Beschaffenheit der Stadt kann mit einiger Bestimmtheit angenommen werden, dass der ältere Almeida nördlich der Stadt landete und der Der Erfolg des Tages war hiermit entschieden, denn die Stadt war in den Händen der Angreifer. Zwei Stunden hatte der Kampf gedauert. Die Portugiesen zählten 4 Tote und über 70 Verwundete,') von denen später noch einige starben. Von den Wunden erwiesen sich diejenigen als die gefährlichsten, welche von Pfeilen mit Spitzen aus einem im Feuer gehärteten Holz herrührten, während die Wunden von Pfeilen mit eiserner Spitze schlimmer aussahen, aber besser heilten. Beide Pfeilsorten waren vergiftet, und soll die Giftwirkung der Holzspitzen im Holze selbst gelegen haben.') Auf Empfehlung eines Eingeborenen von Kilva wurden diese Giftwunden durch stetig frisch wiederholtes Hineinlegen von Speckstücken erfolgreich behandelt.3) Während in der entstandenen Waffenruhe die Verwundeten an Bord geschafft wurden und die Mannschaft mit von den Schiffen herangebrachtem Essen verpflegt wurde, erschien bei dem erwähnten Palmenhain ein Eingeborener, der eine weisse Flagge schwenkte und auf Befragen mitteilte, der König wünsche weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden und sich tributpflichtig zu machen, und erbitte hierzu eine Unterredung mit dem Befehlshaber. Dom Francisco übersandte sogleich seinen Streithandschuh und später auch seinen Helm als Bestätigung freien Geleits, doch trotz Hin- und Hergehens von Botschaftern erschien der König nicht. Da es den Anschein hatte, dass im feindlichen Lager das Verlangen nach Friedensschluss noch nicht überwiegend war, teilten die Portugiesen ihre Mannschaft in zwei Abteilungen. Die erste nahm zur Beobachtung der Feinde und etwaiger Wiederaufnahme des Kampfes Aufstellung. Dringend wurde von einigen Ehrgeizigen der erneute Angriff auf die gegenüberstehenden Eingeborenen gewünscht, doch Dom Francisco erachtete der Ehre durch Einnahme der Stadt genügt und hielt es für zwecklos, das Wagnis des Kampfes und der Verfolgung im Gebüsche aufzunehmen. Die zweite Abteilung der Portugiesen wurde mit der Plünderung der Stadt beauftragt. Zur Vermeidung von Händeln unter einander wurden den einzelnen Hauptmannschaften getrennte Stadtteile zugewiesen.4) Mit Aexten und Sturnböcken wurden die Thüren erbrochen. Zwar war der Befehl erteilt, nach Möglichkeit das Leben derjenigen zu Punkt, wo der jüngere Almeida landete, ungefähr dort ist, wo heute der Grottenbrunnen liegt. Weiter darf angenommen werden, dass das befestigte Königshaus ungefähr dort lag, wo heute das grosse Fort steht. ') Barros IIt S. 248. Nach Goes I S. 304 5 Toten. Gaspar Correa I S. 551 beziffert allein den Verlust des Angriffs des jüngeren Almeida's auf 14 Tote und über ioo Verwundete; S. 555 den Gesamtverlust in Mombasa auf über 30 Tote. 2) Mayr Bl. 9a. 8) Gaspar Correa I S. 556. 4) Barros I II S. 251. 72 schonen, die sich nicht widersetzten, aber vergegenwärtigt man sich, dass auf der einen Seite eine entfesselte raubgierige Soldateska mit Kriegsgewohnheiten des Anfangs des 16. Jahrhunderts und auf der andern Seite eine Bevölkerung stand, die Frauen, Kinder und Eigentum verteidigte, so versteht man, dass nach dem Abzug der Portugiesen die Stadt ein Leichenfeld war. Reiche Beute an Gold, Silber, Elfenbein, Ambergris, persischen und besonders indischen Stoffen, dann auch an Lebensmitteln, wie Reis, Hirse, Honig und Butter, sowie von viel Grossund Kleinvieh wurde gemacht, auch wurden ausser den bereits in den Morgenstunden gefangenen 2oo noch fernere I0oo Eingeborene, darunter viele weisse und schöne Frauen, gefangen. Mit Einbruch der Nacht liess Francisco d'Almeida die Leute sammeln und zwischen der Stadt und dem Palmenhain aufstellen, in welchem die Eingeborenen lagerten. Jeder Schiffskapitän erhielt einen eigenen Standort, den er mit seiner Mannschaft bewachen musste, denn die Feinde lagen unter ihrem König kaum einen Flintenschuss weit entfernt.') Am nächsten Morgen begann die Plünderung aufs neue, die Leute waren jedoch von der Anstrengung des vorhergehenden Tages und der Nachtwache so erschöpft, dass nur mit geringem Eifer geraubt wurde. Schon am vorhergehenden Tage war bestimmt gewesen, dass jeder seine Beute abzuliefern habe, um demnächst eine allgemeine Verteilung vorzunehmen; die ganze Behausung des Königs und der Platz vor derselben war auf diese Weise mit dem zusammengeschleppten Raub gefüllt. Wertvollere Gegenstände wurden indessen von den Plünderern öfters verheimlicht; will man dem unzuverlässigen Correa glauben, so wurde in dem Hosenschlitz eines Edelmannes eine Schnur echter Perlen vorgefunden, deren Raub dieser vorher geleugnet hatte, und wofür er von dem Oberbefehlshaber eine beschämende Standrede anzuhören hatte.') Die Beute war so reich, dass man, als die Einschiffung begann, viel zurücklassen musste, um die Schiffe nicht zu überladen. Auch die Gefangenen wurden aus dem gleichen Grunde bis auf zweihundert, die Dom Francisco unter die Edelleute verteilte, freigelassen.') Die Gesamtbeute von Kilwa und Mombasa wurde auf 22000 Crusados (= 217 360 Mark) geschätzt, hiervon hatte die Mannschaft Anspruch auf den zwanzigsten Teil; eine reiche Tapete (vielleicht ein persischer Teppich oder eine indische ) Mayr BI. 8b. 2) Gaspar Correa 1 S. 555. 3) Gaspar Correa erzählt 1 S. 555, dass von den vielen Gefangenen nur die Kinder unter 12 Jahren zurückgehalten wurden, da man hoffen durfte, sie zu guten Christen zu erziehen, Ausserdem seien 200 ausgewählte kräftige junge Leute als Ruderer für die Galeeren mitgenommen. Stickerei) und andere kostbare Gegenstände wurden für den König von Portugal zurückgelegt. Auch unsere deutschen Landsleute glaubten Anspruch auf einen Beute-Anteil zu haben. »Hofften die Teutschen Ir gepurend peutt auch zu haben. Hand die Portogalesen gesagt, die tauben waren zu verstan. Sam ein Rytt auf Land und nit ain naum (Beute) etc. und haltens dafür, unser 3 nave solten nichts darvon haben. Aber sie wollen sollichs dem Portogalischen kung haimsetzen, was der- tett, wer fasten, und irthalb unverhindert. Auf solichs haben die unsern protestirt um die sum des naums und anders in recht form, das als sie mit in heruber pracht habend.«') Wie schliesslich dieser Streitgegenstand erledigt wurde, ist unbekannt. Schon am Abend des I6. August, nachdem also die Stadt nur 11/2 Tage besetzt gewesen war, rüsteten sich die Portugiesen zur Weiterreise. Da ein Friedensschluss nicht möglich gewesen, eine dauernde Besetzung nicht geplant und überhaupt der ganze Angriff hauptsächlich in der Absicht erfolgt war, die Macht und den Wohlstand Mombasa's zu brechen, um hierdurch der portugiesischen Niederlassung in Kilwa bessere Vorbedingungen zum Aufschwung zu verschaffen,2) wurde zur Vollendung des Werks die Einäscherung der Stadt beschlossen. Das Feuer wurde an verschiedenen Stellen angelegt und griff durch Wind und bei der engen Bauart der Stadt, sowie durch die zwischen den Steinhäusern liegenden mit Palmblättern gedeckten Hütten mit solchem Ungestüm um sich, dass die letzten der Brandleger sich unter unerträglicher Hitze in die Boote zurückziehen und die Schiffe aus dem inneren Hafen geflüchtet werden mussten.') Kaum hatten sich die Portugiesen eingeschifft, als auch schon die Eingeborenen wieder in die Stadt einrückten, um ihr Unglück zu sehen. In den Strassen und in den Häusern fanden sie 1513 Leichen der ihrigen.4) Wie auf den Eingeborenen die Schreckenstage der Zerstörung und der Plünderung ihrer Stadt lasteten, davon giebt ein Brief unmittelbare Kunde, den der König von Mombasa an den König von Melinde richtete, den er schon vorher zu einem Bündnis gegen die Portugiesen, unter Vorschlag gegenseitiger Verheiratung von Söhnen und Töchtern, vergeblich aufgefordert hatte.') Das Schreiben lautet wie folgt: Gott erhalte dich Syd Ale (Said Ali), ich teile Dir mit, dass ein grosser Herr zu uns mit Feuerverheerung gekommen ist 1) Aus Dr. Conrad Peutinger's Nachlass, Augsburg 1861, Anton Welser's Kopie des Berichts einer Reise vom Jahre 1505. SA. S. 169. 2) Lopez de Castanheda (Ausg. 1833) II S. 12. 8) Barros 111 S. 251 u. A. ) Barros I r S. 249. 5) Barros III S. 253. 74 In unsere Stadt ist er mit solcher Macht und Grausamkeit eingedrungen, dass er niemandem das Leben liess, weder Mann noch Weib, jung noch alt, noch den Kindern, so klein sie auch waren. Seiner Wut konnte man nur durch die Flucht entgehen. Man tötete und verbrannte nicht nur die Menschen, selbst die Vögel des Himmels wurden zu Boden geworfen. Der Gestank der Leichen ist so gross in der Stadt, dass ich es nicht wage, sie zu betreten, auch von dem übergrossen Reichtum, den sie aus der Stadt wegnahmen, kann ich keine Beschreibung geben. Genehmige die Mitteilung dieser traurigen Neuigkeiten, um Dich in Sicherheit zu setzen.') Thatsächlich war auch auf eine Reihe von Jahren der Einfluss, den -Mombasa bisher an der ostafrikanischen Küste ausgeübt hatte, gebrochen.') Die Weiterreise des Geschwaders wurde noch einige Tage dadurch verzögert, dass beim Aussegeln eines der deutschen Schiffe aufstiess und das Ruder verlor. An dem dann genommenen Ziele Melinde trieben die Schiffe vorbei, doch wurden von einem wenig nördlicher liegenden Ankerplatze aus Freundschaftsbezeugungen mit dem Könige dieser Stadt ausgetauscht. Er wurde auch für die Treue, welche er den Portugiesen, trotz der Lockungen und Drohungen seiner Nachbarn, gehalten hatte, durch Uebergabe eines Teils der Kilwa- und MombasaBeute belohnt. Die Absicht von Francisco d'Almeida, noch weiteren Plätzen Ostafrikas, insbesondere Mukdischu, die portugiesische Macht fühlbar zu machen, wurde nicht ausgeführt, da die vorgeschrittene Jahreszeit und die Befürchtung, den Monsun zu verlieren, zur sofortigen Weiterfahrt nach Indien drängte. Diese Aufgabe wurde aufgenommen, als im folgenden Jahre (I5O6) daz Geschwader von Tristäo da Cunha und unter ihm das Geschwader ) Mayr BI. Ioa ff. 2) Im Gegensatz zu allen anderen Schriftstellern, die nur von der Plünderung Mlombasa's und dem alsbaldigen Abzug der Portugiesen wissen, erzählt Gaspar Correa I S. 544-561) weitläufig, dass nach Freilassung der meisten Gefangenen der König eine bessere M.Neinung von den Portugiesen gewann und sich nach verschiedenen Unterredungen mit den beiden Almeida's mit einem jährlichen Tribute von IO ooo Xerafinen, auf so lange Sonne und Mond scheinen, unterwarf, auch diesen Tribut auf 5 Jahre in voraus bezahlte und dazu Dom Francisco einen Säbel im Werte von 5o ooo Xerafinen schenkte. Gaspar Correa berichtet auch, dass der Kampf nach Einnahme des Königshauses sich in die Stadt zurückzog, dass die Brunnen in der Stadt vergiftet waren, und dass die Portugiesen, um auf die Dächer zu gelangen, da die Eingeborenen in den Häusern alle Treppen zerstört hatten, Leitern durch die Schiffszimmerleute anfertigen lassen mussten und erst die Oberhand gewannen, nachdem sie 'mit vier auf den Dächern aufgestellten Feuergeschützen *die Dächer bestreichen konnten. - 75 von Affonso d'Alboquerque, dem später berühmtesten Vizekönige Indiens, dem die Geschichte den Namen des Grossen beigelegt hat, an der Ostküste Afrikas erschienen. Durch die Pest, die in der Zeit der Ausrüstung dieser Schiffe in Lissabon herrschte, hatte sich die Abfahrt der Schiffe derartig verzögert, dass sie den Indischen Ozean zu spät für die Benutzung des Südwestmonsuns zur Durchquerung des Arabischen Meeres erreichten. Ungünstiges Wetter hatte ferner das Geschwader zerstreut und erst in Mozambique fanden sich die Schiffe wieder zusammen. Anstatt nun die Zeit mit der Uebernvinterung, wie das Abwarten des Monsums genannt wurde, zu verlieren, beschloss Tristäo da Cunha, die Küsten Madagaskars zu erkunden. Insbesondere wollte er feststellen, ob die Berichte, die meldeten, dass auf dieser Insel Nelken, Ingwer und Silber in Menge vorhanden seien, der Wahrheit entsprächen. Indessen in den verschiedenen Häfen des Westens Madagaskars, die er anlief, fand er nichts von den erwarteten Reichtümern, dagegen konnte er feststellen, dass das Land vorwiegend von barbarischen Negern bewohnt war, aber unter diesen ebenso wie am afrikanischen Festlande als Herrscher und leitende Klasse muhamedanische Araber hausten, die nach Kilwa, Mombasa und Melinde Handel trieben und indische Baumwollstoffe absetzten. Missmutig über den Misserfolg dieser Abschwenkung, die dazu noch ein Schiff durch Strandung gekostet hatte, wandte sich Tristäo da Cunha nach Mozambique zurück, besuchte Kilwa und segelte nach Melinde. Hier zeigte sich der König wieder als getreuer Freund der Portugiesen, klagte aber, dass seine Treue ihm fortwährende Anfeindungen seiner Nachbarn eintrüge. Er verheimlichte dabei, dass diese Feindschaften älter waren als das Auftreten der Portugiesen an dieser Küste,') und veranlasste Tristäo de Cunha zu einem Rachezuge gegen die Ortschaft Hoja oder Oja,2) die 17 Leguas (= 106,57 km) nördlich von Melinde lag, Zweifelsohne handelte es sich dabei um einen Platz, der heute verschwunden ist, nahe der Mündung des Osi-Flusses. Bei seiner Ankunft vor dieser Stadt sandte der Admiral eine Botschaft des Inhalts an Land, dass er für seinen Herrn, den König von Portugal, an den 1) Barros II I S. 2o und 25. 2) Barros 111 S. 25. In »The Commentaries of the Great Afonso Dalboquerqueý, transl. by Walter de Gray Birch, London, Hakluyt Society 1875-1884, 1 S. 35 fr., wird der Ort Angoja genannt. Denselben Namen giebt Gaspar Correa I S. 668 und verlegt den Ort nahe Kilwa. Offenbar liegt hier eine Verwechselung vor mit Angoja, wenig südlich von Mozambique, wo gleichfalls eine nicht unbedeutende arabische Niederlassung war, die auch noch heute besteht, und wo verschiedentlich in dem ersten Jahrzehnt der Eroberung portugiesische Schiffe, die Mozambique verfehlten, überwinterten. Goes nennt S. 382 den Ort Hoja. - 76 Häuptling der Stadt eine Bestellung auszurichten habe, erhielt aber von ihm die trotzige Antwort, er sei ein Schützling des Sultans von Kairo, des Kalifen, und verweigere die Unterhandlung mit Leuten, welche die Anhänger Mohameds verfolgten und die Kaufleute Kairos in ihren Fahrten nach Indien hinderten. Diese feindselige Haltung des Häuptlings wird dadurch erklärt, dass er Unterstützung im Kampf durch die benachbarten Negerstämme erwartete und hoffte, dass die portugiesischen Schiffe sich an der hafenlosen Küste nicht lange würden halten können. Am folgenden Tage beschloss Tristäo da Cunha die Landung. Durch Beschiessung mit kleinen Kanonen, die in den Booten aufgestellt waren, wurde der Strand von den Verteidigern gesäubert. In den Booten von der Brandung gänzlich durchnässt, warfen sich die Portugiesen ins Wasser und stürzten blutgierig auf die Eingeborenen. Doch diese leisteten kaum Widerstand und überliessen die an der Seeseite offene, nur an der Landseite durch eine Mauer geschützte Ortschaft den Angreifern. In einem Palmenhain unfern der Stadtmauer setzten sich die Eingeborenen, geschart um ihren König, fest, doch auch hier wurden sie von den Portugiesen mit Ungestüm angegriffen und im Handgemenge streckte Affonso d'Alboquerque persönlich den König, der ein naher Verwandter des Königs von Mombasa gewesen sein soll, nieder. Als eine Episode aus der Verfolgung der Eingeborenen ausserhalb der Stadt ist überliefert, dass, als eine schöne junge Frau nahe daran war, ergriffen zu werden, sich ein vornehm aussehender Eingeborener aufopfernd umwandte, um dadurch der Frau Zeit zum Fliehen zu geben, dass diese die Aufopferung nicht zulassen wollte, sondern gleichfalls in die Gefahr zurückkehrte; um eine solche gegenseitige Liebe nicht zu trennen, wurde beiden das Leben geschenkt.') Die Stadt wurde nach Vertreibung der Verteidiger geplündert, doch ausser reichlichen Lebensmitteln, wie Getreide und Vieh, war nicht viel zu finden. Da Tristäo da Cunha fürchtete, dass bei Ausdehnung der Plünderung die beabsichtigte baldige Sammlung und Wiedereinschiffung der Mannschaft unmöglich sein würde, befahl er, die Ortschaft an verschiedenen Stellen anzuzünden. Das Feuer griff aber, da nur die Behausung des Königs aus Stein gebaut war,') mit solcher Schnelligkeit um sich, dass verschiedene Plünderer von den Flammen umzingelt wurden und elend umkamen.3) Wer je gesehen hat, mit welcher rasenden Geschwindigkeit palmblattbedeckte ostafrikanische Häuserviertel verbrennen, wie die Dächer wie Zunder Feuer fangen und die Funken über ganze Strassenreihen hinwegfliegend weiter') Barros II 1 S. 28. 2) Commentaries 1 S. 36. 3) Barros III S. 29. - 77 zünden, wird begreifen, dass so häufig die Portugiesen beim Niederbrennen von Ortschaften in Gefahr kamen und Schaden litten. Von Hoja segelte das Geschwader nach Lamu. Schon vorher war ein Schiff zur Blockierung dieser Stadt und Insel vorausgeschickt und der König wählte in der Not den klügsten Weg, indem er sich den Portugiesen unter Verpflichtung eines jährlichen Tributs von 6oo Metikal (= M. 7200) unterwarf und sofort diese Summe für das erste Jahr in venetianischen silbernen Marcellos bezahlte.') Weiter segelte sodann das Geschwader nach Barawa. Oben ist erzählt, wie einige der einflussreichsten Bewohner dieser Stadt im Jahre 1503 dem wegelagernden Ruy Lourenýo in die Hände gefallen waren und die Stadt den Portugiesen tributpflichtig gemacht hatten. Ohne weiteres darf angenommen werden, dass diese Unterwerfung nicht sonderlich ernst gewesen ist, sondern, dass das Unterschreiben der Urkunde als ein bequemes Mittel betrachtet wurde, augenblicklicher Bedrängnis zu entrinnen. Jedoch zum Ueberfluss wird uns berichtet, dass jene Häuptlinge von ihren Mitregenten und Mitbürgern wegen dieser Unterwerfungsurkunde gestraft, sowie der Mitregierung entsetzt worden seien.') Jedenfalls sandten die Eingeborenen auf die Botschaft des vor der Stadt ankernden Admirals eine Antwort, wie Leute, die das portugiesische Eisen noch nicht kennen gelernt hatten, und um den Portugiesen zu zeigen, was ihrer wartete, zog eine grosse Anzahl Bewaffneter, angeblich über 6ooo Mann, aus dem einen Thore der Stadt hinaus, längs dem Sandstreifen, der zwischen Strand und Stadtmauer liegt, und in ein anderes Stadtthor wieder hinein. Die ganze Streitmacht in so guter Ordnung, dass es schöner schien, sie anzuschauen, als zu bekämpfen.') Doch nachträglich schienen die Einwohner zur Einsicht zu kommen, dass es besser sei, die Feindseligkeiten nicht herauszufordern, denn am anderen Morgen sandten sie noch vor Tagesanbruch einen angesehenen Mann, um mit dem Admiral über 1) Goes S. 383. Noch heute sind in Ostafrika handgreifliche Beweise für die Vorliebe des Orients in früheren Jahrhunderten für venetianische Prägungen, Erinnerungen an den levantinischen Gewürzhandel, zu finden. In Zanzibar gesammelte, von alten Waffen und Frauenschmuck losgelöste Goldmünzen wurden durch Güte des Herrn Dr. Nützel vom Kgl. Münzkabinet zu Berlin wie folgt bestimmt: i. Zechine des venetianischen Dogen Aloys Mocenigo IV (17631778), 2. Zechine des venetianischen Dogen Ludwig Manini (1789- 1797), 3. verschiedene barbarische Nachprägungen von No. i. Alle mit der Darstellung auf der Vorderseite des knieenden Herzogs vor St. Markus und auf der Rückseite des Herzogs. 2) Barros III S. 30-31. 8) Barros 111 S. 31-32; Goes S. 384 spricht von 4ooo Bewaffneten, die die Stadt verteidigten. Castanheda (Ausg. 1833) II S. 124 beziffert die gesamte Einwohnerzahl Barawa's auf 4ooo Köpfe, darunter 2ooo Kämpfer. 78 Frieden zu unterhandeln. Hin und her gingen einige Tage die Botschaften. Schliesslich riss Tristäo da Cunha die Geduld und er liess den Unterhändler greifen und binden. Mit dem Tode durch Ertränken bedroht, bekannte der Gefangene, dass absichtlich die Unterhandlungen seitens der Stadt hingezogen würden, da man von Tag zu Tag gemäss der Jahreszeit auf das Einsetzen eines Sturmes warte, der alle Schiffe auf der Rhede von den Ankern reissen und das Landen an dem Strande bei der Stadt unmöglich machen würde.') Vara de Coromandel nennen die Portugiesen diesen Sturm; vermutlich erwarteten die Barawa-Bewohner das Einsetzen des Südwestmonsuns, der thatsächlich noch heute das Ankern an dieser Küste und das Landen derartig schwierig macht, dass monatelang die dortigen. Städte von jedem Verkehr seewärts abgeschnitten sind. Da das Geschwader im Februar von Mozambique absegelte2) und der Aufenthalt in Kilwa, Melinde und Hoja dazwischen liegt, scheint wahrscheinlich, dass gerade gegen Ende März, um welche Zeit der Südwest-Monsun böig einzusetzen pflegt, die Schiffe vor Barawa lagen. Da die Melinde-Lotsen die Wahrscheinlichkeit baldigen schlechten Wetters bestätigten, beschlossen die Portugiesen ohne weiteren Verzug die Landung und die Erstürmung der Stadt. Am frühen Morgen zwei Stunden vor Sonnenaufgang waren die Boote mit einer Landungsmannschaft von ungefähr iooo Köpfen am Strande. Die Hoffnung, die Eingeborenen mit der Landung zu überraschen, erwies sich als nichtig, denn sie waren auf der Hut; dennoch wurde trotz nachdrücklicher Verteidigung und trotz der schweren Brandung die Ausschiffung glücklich bewerkstelligt und die Verteidiger hinter die Mauern der Stadt gejagt. Durch die Wurfgeschosse von den Mauern und Dächern erlitten die Portugiesen dann viele Verluste, bald erspähte aber Affonso d'Alboquerque im höchsten Teil der auf einer Stranddüne liegenden Mauer eine schadhafte und niedrige Stelle, die ohne Leitern zu übersteigen war, durch die er mit seiner Mannschaft in die Stadt eindrang. Bald folgte auch die Abteilung von Tristäo da Cunha. Die grössere Menge der Verteidiger, vermutlich die Sklaven und vielleicht auch die aus der Nachbarschaft herangezogenen Somali, wandten sich bald zur Flucht, aber die vornehmeren Eingeborenen der Stadt verteidigten sich mit einem Mute und einer Beharrlichkeit, wie sie die Portugiesen an dieser Küste noch nicht kennen gelernt hatten. Auf einem freien Platze, an dem eine Moschee lag, kam es zu besonders hitzigem Kampfe. Hier waren die Angreifer thatsächlich in Gefahr niedergemacht zu werden, 1) Commentaries I S. 40. 2) Goes S. 382. und erst nachdem die zur Bewachung der Boote zurückgelassenen Mannschaften, worunter deutsche Bombardiere waren,') heranzogen und Feuerwaffen sowie Handgranaten herbeigeholt waren, gelang es, den Verteidigern so schwere Verluste beizubringen, dass sie ihre Stellung räumen mussten. Tristäo da Cunha selbst war durch einen Pfeil am Bein verwundet. Flüchtend zogen sich die Eingeborenen durch die Strassen aus der Stadt hinaus. Fast nur Weiber blieben zurück, Um die Mannschaft zusammenzuhalten, liess Tristäo da Cunha die nach dem Lande zu liegenden Thore -der Umfassungsmauer schliessen. Darauf wurde die Plünderung der Stadt freigegeben. Fürchterlich scheint hierbei gehaust worden zu sein, denn selbst ein bemerkenswert nüchterner Chronist berichtet, dass über 8o0 Weibern am lebendigen Leibe die Hände abgeschlagen und die Ohren abgeschnitten wurden, um ihnen schneller die Armringe und Ohrringe rauben zu können.') Auch andere Quellen bestätigen diese Verstümmelungen. Eine grosse Beute an goldenen und silbernen Schmucksachen, Gold, Elfenbein,.Ambergris und baumwollenen und seidenen Stoffen wurde gemacht. Ueber i3o Tote der Eingeborenen lagen in der Stadt, doch auch die Portugiesen zählten über 5o Tote und viele Verwundete.') Einen x eiteren Verlust erlitten dig Portugiesen dadurch, dass ein mit Beute beladenes Boot, das nach dem Admiralschiffe abging, in der Brandung umschlug, wodurch 18 Personen das Leben verloren. Als Beweis der strafenden Gerechtigkeit Gottes wird berichtet, dass sich unter diesen Ertrunkenen diejenigen befanden, die sich an den geschilderten Grausamkeiten besonders beteiligt hatten.') In gewohnter Weise wurde der Siegestag mit einem Ritterschlag beendigt. Besonders bemerkenswert ist diese Feier in Barawa dadurch, dass der Oberbefehlshaber Tristäo da Cunha sich durch seinen Untergebenen Affonso d'Alboquerque, einem Komthur des Sam Jago-Ordens, erst selbst zum Ritter machen liess und darauf diese Würde den anderen Erkorenen erteilte. An der Stelle, wo Tristäo da Cunha seine Wunde erhalten hatte, in derHauptmoschee von Barawa, erfolgte diese Feierlichkeit. Noch drei Tage hatte Barawa die grausamen Eroberer in seinen Mauern zu beherbergen. Diese Zeit war erforderlich, um die Raubsucht der Mannschaft zu befriedigen und um die reichlich vorgefundenen Lebensmittel an Bord zu schaffen. Dann wurde in der Stadt Feuer angelegt. Das nächste Ziel des Geschwaders war das wenig nördlicher ) Gaspar Correa I S. 674. 2) Goes S. 384. Castanheda (Ausg. 1833) II S. 125 giebt dieselbe Zahl. Andere Chronisten erzählen dieselbe Geschichte ohne Zahlenangabe. 8) Goes S. 385. Barros III S. 33 sagt: 42 Tote und 6o Verwundete, Gaspar Correa 1 S. 677: über 4o Tote. 4) Barros II I S. 33. liegende Mukdischu, eine Stadt, die als die reichste und mächtigste der ganzen ostafrikanischen Küste galt. Nach Ankerung vor der Stadt wurde ein Boot gen Land geschickt und ein Gefangener aus Barawa mit einer Botschaft abgesetzt. Doch diesem unglücklichen, unfreiwilligen Boten wurde ein schlechter Empfang bereitet, er wurde sofort in Stücke zerhauen. Der Strand war mit grossen Mengen Bewaffneter, darunter viele zu Pferde, bedeckt, und auch das portugiesische Boot musste sich unter Bedrohungen zurückziehen. Tristäo da Cunha beabsichtigte hierauf, der Stadt dasselbe Schicksal wie Barawa- zu bereiten, aber die Lotsen warnten der Jahreszeit halber vor weiterem Aufenthalt und drängten zur Weiterfahrt.') Der Kurs wurde hierauf auf Sokotra gesetzt. Das auf der Insel gelegene Fort des Königs von Caxem (Fartache) in Südarabien wurde nach heldenmütigem Widerstande der arabischen Besatzung, die sich fast bis auf den letzten Mann niedermachen liess, erstürmt. Die Befestigung wurde darauf ausgebaut und mit einer portugiesischen Besatzung belegt. Mit dieser Festsetzung war beabsichtigt, einerseits einen Stützpunkt für die Beherrschung des Zuganges zum Roten Meere zu schaffen und andrerseits die Bewohner der Insel, die allseitig für verwilderte Jakobitische Christen gehalten wurden, von dem Joche der Muhamedaner zu befreien, Dass zu jener Zeit thatsächlich auf Sokotra Reste von christlichem Glauben vorhanden waren, ist kaum zu bezweifeln,') indessen von der Neubelebung dieses Glaubens und der Seligmachung durch die portugiesischen Priester wollten die Eingeborenen nichts wissen. Bald flüchteten sie in die öden Berge des Inneren, und die portugiesische Besatzung geriet durch die Unmöglichkeit, Lebensmittel zu erlangen, in die bitterste Not. Lange hat auch die Besetzung Sokotras nicht gewährt. Dauernd war es schwierig, hier genügende Lebensmittel nur für die Besatzung zu erhalten, und damit vollends unmöglich, die Insel und Niederlassung wie geplant zu einer Verpflegungsstation für die vor dem Roten Meere kreuzenden Schiffe zu gestalten. Schon 1512 wurde daher die Feste geschleift und die Besatzung zurückgezogen,3) doch ist in dem folgenden Jahrhundert Sokotra noch oft von portugiesischen Schiffen zur Einnahme von frischem Wasser benutzt worden. ) Goes S. 385-386. 2) Näheres über das Christentum auf Sokotra ist in ,The Book"of Sir Marco Polo", transl. and edited by Colonel Henry Yule, CB., London 1871, II S. 340345, Anmerk. zu finden. 8) Cartas de Affonso de Albuquerque, Lisboa 1884, 1 S. 76. Muhamedanische Kultur. Aut undenkliche Zeiten zurück gehen die Siedlungen fremder, vorwiegend semitischer Völkerschaften in Ostafrika. Ebenso wie schon zwei Jahrtausende vor Christus die assyrisch-arabischen Fahrzeuge nach Indien Handel trieben, werden sie auch die anderen Küsten des nördlichen Indischen Ozeans besucht haben. Und wenn, wie es kaum einem Zweifel unterliegt, Phönizier aus dem Persischen Golfe die trbauer der grossartigen Ruinen in Zimbabje und an anderen Orten im MIaschonalande, im Hinterlande Sofala's gewesen sind,') so werden sie auch auf ihren Fahrten nach jenen südafrikanischen Pflanzstätten die nördlichen Küsten Ostafrikas berührt und dort Zwischenstationen gehabt haben. Im grauesten Altertum, selbst auf das Jahrtausend unbestimmbar, liegt der Beginn dieses Verkehrs. Bestimmtere, wenn auch noch in den Einzelheiten vage Nachrichten über die Besiedlung Ostafrikas durch Semiten sind erst aus der Zeit des Beginns unserer Zeitrechnung durch den Periplus der erythräischen See vorhanden. Durch diesen ist die Kenntnis von einer Stadt Rhapta überliefert, deren Lage verschieden, aber immer in den Küstenstrich zwischen den heutigen Städten Mozambique und Mombasa, gedeutet wird.2) Weit später sodann, fast gleichzeitig mit zahlreichen Hinweisen arabischer Geographen aus dem 8ten Jahrhundert n. Chr. ergiebt sich der früheste geschichtliche Beweis der enken Beziehungen des Südens der arabischen Halbinsel mit Ostafrika aus der Rolle, die Negersklaven in den Kriegen Südarabiens um das Jahr 75o n. Chr. spielten. Ein Jahrhundert später, im Jahre 869 und in ') Vergl. J. Th. Bent, The ruined Cities of Mashonaland, Ldn. 1893. S. 95 ff., und A. Wilmot, Monomotapa, London 1896. 2) Für die zahlreichen Erklärungsversuche vergl. Guillain 1 S. 63 ff., Henry E. O'Neill, »The ancient civilisation, trade and commerce of Eastern Africa« in Scottish, Geogr. Magazine, vol II No. 2, February I886, J. W. Mac Grindle, »The commerce and Navigation of the Erythrean Sea-, Ldn 1879, und besonders M. Vincent, »The Periplus of the Erythrean Sea-, Ldn I8OO-5. Strandes, Ostafrika. 6 82 den folgenden Jahren, erschütterten die Aufstände dieser Negersklaven ganz Südarabien. Unter ihrem Führer Ali ben Mohamed, mit dem Beinamen Herr der Sentsch (Schwarzen), erstürmten sie das mächtige Bassra, und erst im Jahre 883 gelang es, die Aufrührer niederzuwerfen.1) Eine arabische Chronik, die im Jahre i5o5 bei der Einnahme von Kilwa in die Hände der Portugiesen fiel'), berichtet, dass die ersten arabischen Ansiedler in Ostafrika der Sekte der Emosaiden (richtiger: Ammu Said, Anhänger Said's) angehörten, die der Lehre Said's, eines Sohnes Hussein's des Urenkels Mohamed's, folgten. Diese ersten Einwohner sollten zwar in Ortschaften zum Schutze gegen die Eingeborenen zusammengelebt haben, aber eigentliche Städte sollen sie nicht gegründet haben. Erst in das zehnte Jahrhundert n. Chr. verlegt diese Quelle die Gründung muhamedanischer Städte und Oberherrschaft in Ostafrika. Wie nach dieser Chronik berechnet werden kann, die zwar keine Jahreszahlen, aber die Regierungsdauer einer langen Reihe von Herrschern angiebt, flüchteten ungefähr im Jahre 9o8 n. Chr.") vor den Nachstellungen ihrer Feinde eine Anzahl von Arabern auf drei Schiffen unter der Führung von neun Brüdern aus der Stadt El Chasa am Persischen Golfe und fasste an der Küste von Ajan (dem Somalilande) festen Fuss, woselbst sie die Städte Mukdischu und Barawa gründeten. Diese neuen Ankömmlinge verdrängten die altangesessenen Nachkommen der Emosaiden, die sich zerstreuten, mit den Eingeborenen vermischten und deren Sitten annahmen. Ungefähr 70 Jahre nach der Gründung Mukdischu's und Barawa's soll die Gründung Kilwa's erfolgt sein; der Zeitpunkt ist auf das Jahr 975 n. Chr. berechnet.4) Als Veranlassung der Gründung wird in vorerwähnter Chronik erzählt, dass Ali, einer der sieben Söhne des Sultans Hassan von Schiras in Persien, sich als Sohn einer abessinischen Sklavin nicht genug geachtet glaubte, und dass er mit seinen Frauen, Kindern und Anhängern auswanderte, weil er gegen seine Brüder, die persischen Fürstentöchtern entstammten, nicht aufkommen konnte. Von Ormus aus segelte er mit zwei Schiffen gen Ostafrika, wohin ihn der Ruf des Goldreichtums des Landes lockte. Vor Mukdischu und Barawa angekommen, konnte er sich als persischer Muhamedaner mit den arabischen Muhamedanern dieser Städte nicht ) Dr. A. Müller, Der Islam im Morgen- und Abendlande, Berlin 1885, . S. 581 ff. 2) Barros 1 11 S. 211 if., S. 223 ff. s) Nach Otto Kersten, Tabellarische Uebersicht der Geschichte Ostafrikas, I.eipzig und Heidelberg 1879, S. 3. - C. P. Rigby, Report on the Zanzibar Dominions, Bornbay 1861, giebt nach »authentic accounts, 924 n. Chr. als das Gründungsjahr. Auf den Anfang des Ioten Jahrhunderts deutet auch eine persische Quelle, erwähnt bei Guillain I S. 6-7. 4) Kersten 1 S. 3. - 83 einigen. Da ferner sein Sinn auf Unabhängigkeit stand, setzte er die Reise südwärts fort. Die vom W'asser umgebene Lage Kilwa's veranlasste ihn, diese Oertlichkeit zur Niederlassung zu wählen und von den Eingeborenen gegen Zeugstoffe zu kaufen. Gegen die Anfeindungen der in benachbarten Plätzen, besonders Songo (Songo Mnara) und Schanga, bereits angesessenen Muhamedaner und gegen die Eingeborenen verschaffte er seiner Herrschaft bald festen Fuss.') Uebereinstimmend mit diesem Berichte nennt auch die zweite uns erhaltene arabische Chronik Kilwa's Al, den Sohn Hassan' ben Ali, eines Königs von Schiras, als den Gründer von Kilwa. Als Veranlassung der Einwanderung wird hier erzählt, dass jener Sultan von Schiras eine Vision hatte, in der eine Ratte mit eiserner Schnauze an den Mauern seiner Stadt nagte, und dass er dadurch den Beschluss fasste, sich und die Seinen in Sicherheit zu bringen, da er den Traum auf den nahen Untergang seines Heimatslandes deutete. Er selbst und seine sechs Söhne, jeder auf einem besonderen Fahrzeuge, verliessen das verhängnisvolle Heimatsland. Das sechste Fahrzeug mit Al erreichte Kilwa. Weiter wird erzählt, dass bei Ankunft der Neuankömmlinge Kilwa nur bei Flut eine Insel war. Durch die Vermittelung eines bereits in Kilwa ansässigen Muhamedaners, der dort auch schon eine Moschee gebaut hatte, wurde das Land von dem Oberhaupt des benachbarten Neger. stammes, der Amuli, gekauft. Der Kaufpreis bestand in buntem Zeug, und zwar war davon soviel zu erlegen, um das gewünschte Land zu umgürten. Als erste Arbeit sollen die Einwanderer die Vertiefung des seichten Meeresarmes nach' dem Festlande zu bewerkstelligt und derartig Kilwa auch bei Ebbe zu einer Insel gemacht haben. ) Die Amuli ) Barros II I S. 224-225. '>Historv of Kilwa S. 387-8. Während obiges schon in Druck war, sind in der »Deutsch Ostafrikanischen Zeitung« (1899 No. 30 u. 31) Beiträge zur Geschichte Kilwa's erschienen, welche Bezirksamtmann von Rode nach den mündlichen Ueberlieferungen der Eingeborenen aufgezeichnet hat. Hiernach wurde die Stadt von dem Kimantakata Stamm sowie von den Yassi Leuten von dem Kinamarango-Stamm gegründet. Bald hinterher riss dann Mzee Mrimba, der Häuptling der Mschinga, die Herrschaft an sich. Während seiner Regierung landete, aus Persien kommend, Ali ben Soliman el Schirazi und erhielt gegen Geschenke einen Platz, wo er sich mit seinen Leuten anbauen konnte. Bald heiratete er eine Tochter Mzee's Mrimba und konnte sogar diesen ersuchen, weiter ins Innere zu ziehen und ihm Kilwa allein zu überlassen. Hierzu erklärte sich Mzee Mrinba unter der Bedingung bereit, dass sein Schwiegersohn den Weg ins Innere mit Zeug bedecken würde. Sultan Ali erfüllte diese Bedingung. Nachdem sich Mzee Mrimba im Innern festgesetzt hatte, merkte er bald, dass Sultan All die alleinige Herrschaft in Kilwa an sich gerissen hatte, und rüstete daher zu einem Kriege gegen ihn. Zur Abwehr soll sodann Sultan Ali ein grosses unter dem Wasserspiegel liegendes Thal mit dem Meere verbunden und hierdurch Kilwa und Songo Mnara vom Festlande getrennt und zu Inseln gemacht haben. 6* 84 werden ausdrücklich als Heiden beschrieben, indessen doch gelegentlich Angehörige dieses Stammes mit arabischen Namen angeführt. Um was für ein Volk es sich handelt, ist unklar. Die Wohnsitze werden südlich der Insel Kilwa an der Mavuji-Bucht gewesen sein, denn dort heisst noch heute das Festland Bar el Moli. Gleichlautend sind somit in diesen beiden 400 Jahre alten Quellen Al ben Hassan und seine persischen Landsleute als Begründer Kilwa's genannt. Auch Mombasa hat gleichen Ursprung. In einer arabischen Chronik') dieser Stadt werden schirasische Scheiks als die ältesten Herrscher bezeichnet, und nach der durch die Portugiesen erhaltenen Kilwa-Chronik ist Mohamed, der Sohn Ali's ben Hassan, des Begründers Kilwa's, als der erste in ihrer Reihe zu betrachten. Bestätigt werden diese schriftlichen Nachrichten durch die mündlichen Ueberlieferungen der Eingeborenen. Manches heute in Trümmern liegende Bauwerk wird als durch Schirasi erbaut bezeichnet. Ja, schirasischer Abstammung rühmen sich heute noch die Eingeborenen ganzer Ortschaften, und der Umstand, dass es vorwiegend gerade die Jumbe, die Dorfschulzen, also die Angehörigen der noch jetzt herrschenden Familien sind, die sich als Nachkommen jener alten persischen Einwanderer bezeichnen, verstärkt die Glaubwürdigkeit. Freilich, die Jahrhunderte und die fortgesetzte Vermischung mit der einheimischen Negerbevölkerung haben viel von dem Typus der Vorfahren verwischt; aber reine Bantu sind sie nicht geworden, und geradezu überraschend ist bei vielen von ihnen die arische Gesichtsbildung und die ganze Gestaltung im Gegensatz zu den Negern, unter denen sie leben. Auch ein äusseres Merkmal haben diese Jumbe bewahrt und zwar in den nur von ihnen getragenen hohen dicken Mützen, die entschieden auf die eigentümliche Kopfbekleidung der Perser hinweisen. Ob die Ruinen, die von Schirasi und Wadiburi - letztere ein Volksstamm, der gleichfalls nach der Annahme der heutigen Eingeborenen aus dem nördlichen Persischen Golfe stammt - herrühren sollen, wirklich mit persischen Bauten verwandt sind, hat Hernach soll Mzee Mrimba auf dem Festlande und Sultan All auf den Inseln geherrscht haben. Später erfolgte wieder eine Vereinigung unter Mohamed, dem Sohne von Sultan All. - Offenbar liegen dieser mündlichen Ueberlieferung von den Anfängen Kilwa's dieselben Sagen wie den beiden oben angezogenen Chroniken zu Grunde. Was sodann nach der Wiedergabe des Herrn von Rode die Eingeborenen weiter von den nächsten Nachkommen Mohamed's über den Handel mit den Franzosen und über die Einfälle der Sakalaven aus Madagaskar erzählen, überspringt in Wirklichkeit viele Jahrhunderte und entfällt schon in die letzten Jahrzehnte des vorigen und die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts. 1) Von dieser Chronik sind drei Uebersetzungen vorhanden: Dr. L. Krapf, ~Ausland" 1858 No. 36 S. 849 fr.; Guillain I S. 614 fr. und »Owen, Narrative of Voyages to explore the shores of Africa, Arabia and Madagascar«, London 1833, 1 S. 414 ff. 85 noch kein Kundiger untersucht. Thatsache ist aber und auch dem Laienauge erkenntlich, dass ihre Bauart durch Wölbungen, Verwendung eines lehmfreien Mörtels und behauene Steine, sowie durch trockene Einlegung der Deckenbalken durchaus von der verschieden ist, welche die ostafrikanischen Araber ausübten und ausüben. Persische Schriftzeichen sind nur durch eine einzige Inschrift, und zwar auf einer Majolika-Platte, bei Tongoni auf einem Grabmale, sicher nachzuweisen.') Sehr wahrscheinlich ist aber, dass sich auch die Inschriften der alten Grabsteine, welche sich besonders bei Mombasa und nördlicher vorfinden, und welche die heutigen Araber nicht lesen können, als persische Sprache erweisen werden. Nur die Jahreszahlen, die über 500 Jahre zurückgehen, können die Araber entziffern.') Auch persische Münzen sind bei Melinde zahlreich gefunden. Dass neben, ja vor den Persern auch die Araber Niederlassungen an der ostafrikanischen Küste hatten, ist bereits erzählt, und es darf als sicher gelten, dass, wenn auch aus persischen Familien lange die Sultane und Könige hervorgingen, doch stets die Araber an Zahl überwogen und bald auch ihr Einfluss der überwiegende geworden ist. Wie persische und arabische Herrschaft nebeneinander hergingen, dafür hat sich ein gutes Beispiel bis in die Neuzeit erhalten. In Zanzibar herrschten unbestritten die arabischen Sultane aus Oman, doch unter ihnen unter dem Titel Muigni Mku (= grosser Herr) als Oberherr eines grossen Teils der Bevölkerung, und zwar der Wahadimu und der Watumbatu, die entschieden die Urbevölkerung sind, das Haupt einer schirasischen Familie. Erst im Jahre 1865 hat dieses eigenartige Verhältnis durch den Tod des letzten Sprösslings der Familie sein Ende gefunden. Welchen Anteil persische Einwanderer einerseits und arabische Einwanderer andererseits auf die Gestaltung der Volksstämme, die wir heute an der Küste und auf den Inseln Ostafrikas als Suaheli, Wagunja (Bajuni), Komorenser und sogenannte Küstenleute kennen, sowie auf deren gesamten Gesittungszustand ausgeübt haben, wird sich schwerlich je klar erkennen lassen. Die Chroniken von Kilwa geben über diese Entwicklung keine Aufklärung, und gering ist auch die Ausbeute, die sie über wirtschaftliche Verhältnisse bieten. Im wesentlichen überliefern sie, wie die meisten arabischen Chroniken, durch eine Ueberzahl von auftretenden Personen ) Burton, Zanzibar, City, Island u. Coast, London 1872, II S. 134. 2) Richard Brenner (in Petermanns Mitt. 1868 X S. 362) giebt eine nackte Aufzählung der grösseren Ruinen zwischen Melinde und Kismaju. In G. Revoil's »Voyage chez les B6nadirs, les (;omalis et les Bayonns en 1882-1883« (in Le Tour du Monde Bd. 49, 50 u. 56) sind Beschreibungen und gute Abbildungen von Ruinen zwischen Lamu und Mukdischu zu finden. - 86 und einen Mangel an Erklärungen ermüdend, die Namen und die Regierungsdauer der 42 Könige, die in Kilwa seit der Gründung bis zur .Besetzung durch die Portugiesen herrschten. Kämpfe der verschiedenen Thronbewerber untereinander, Vertreibung und Ermordung missliebiger Herrscher durch das Volk und die Nebenbuhler, Angriffe der benachbarten heidnischen Almuli, die verschiedentlich Angehörige ihres eigenen Stammes als Herren in Kilwa einsetzten, sind das Hauptsächliche, das erzählt wird.1) Erwähnenswert ist von diesen örtlichen Kämpfen, dass die Parteien häufig Hülfe von Zanzibar und Mombasa holten. Der einzige Hinweis zur Bestimmung. der eigentlichen Blütezeit Kilwa's ist durch die iSjährige Regierung von Soliman Hassan zu finden. Unter diesem Könige, dessen Regierungszeit auf die Jahre 1178 bis 1195 n. Chr. berechnet ist,') soll sich Kilwa zur Herrscherin eines grossen Teiles der Küste, sowie des Handels von Sofala gemacht haben. Auch von einer bedeutenden Bauthätigkeit dieses Königs wird berichtet. Die bisher nur aus Holz errichtete Stadt soll von ihm durch viele Steinhäuser verschönert sein, und auch eine grosse Festung mit Mauern und Türmen soll er errichtet haben.') Naheliegend ist die Annahme, dass diese Festung die bei der Einnahme der Stadt durch die Portugiesen erwähnte grosse Königsbehausung ist, und dass es derselbe Bau ist, dessen grosse Ruinen noch heute bei jedem Besucher Staunen erwecken. Indessen nennen die heutigen Bewohner Kilwa's einen Schirasi Mfalme Suff (König Jussuf) als Erbauer dieser Anlagen. Es ist dieses ein Königsname, der in den Kilwa-Chroniken nicht vorkommt, und da auch die gute Erhaltung des Bauwerks ein Alter von 800 Jahren nicht glaubwürdig macht, ist wahrscheinlicher, dass solches aus der nachportugiesischen Zeit stammt.4) Eine Bestätigung der Bauthätigkeit in Kilwa gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts ist auch in der zweiten Chronik zu finden, nach der unter einem Sultan Hassan Soliman, der wohl als derselbe angenommen werden darf, der in der anderen Kilwa-Chronik Soliman Hassan genannt wurde, die Moschee, die längere Zeit in Trümmern gelegen haben soll, wiederhergestellt wurde. Allerdings stehen die beiden Quellen insofern in 1) In den Einzelheiten der Namen und Regierungsdauer der Herrscher u. s. w. zeigen die beiden Chroniken untereinander grosse Verschiedenheiten, bringen aber im grossen und ganzen ein übereinstimmendes Bild der Verhältnisse. 2) Kersten S. 27. 3) Barros I II S. 227. 4) Im Jahre 1723 richtete der König von Kilva, Sultany Ibraymo bun Sultäo O'S ufo bunn Sultäo Mumady bunn Sultio Auliy einen Brief nach Portugal (Ms. Liss. Archivo do Conselho Ultramarino. Papeis de Serviýo No. d'ordem 1046). Wenn dieser Sultan Osufo mit dem von den heutigen Bewohnern Kilwas genannten Suff identisch ist, wäre diese Königsbeh'äusung Ende des 17. oder Anfang des 18.Jahrhunderts errichtet. Der Erhaltungszustand der Ruinen spricht nicht gegen diese Zeit. rk 87 direktem Widerspruche miteinander, dass die eine, wie erwähnt, gerade die Verwendung von Stein und Kalk hervorhebt, während die andere angiebt, dass es den Werkleuten unmöglich war, die verfallenen Säulen der Moschee in der ursprünglichen Steinarbeit zu erneuern, und dass darum Holz verwendet wurde.') Uebrigens erscheint diese Erneuerung in Holz dadurch als Mythe, dass die heutigen Ueberreste der Moscheen nur wohlerhaltene Steinpfeiler zeigen und ausschliessen, dass je an ihrer Stelle Holz gestanden hat. Bestimmterer Hinweis ist über die Glanzzeit von Mukdischu vorhanden. Zwei 'Inschriften sind an Bauwerken daselbst erhalten. Die eine berichtet, dass der Bau eines Minarets zu einer Moschee im Stadtteile Hamaruen im Jahre 636 der Hedschira (1238 n. Chr.) begonnen ist. Die zweite Inschrift mit der Jahreszahl 667 der Hedschira (1269 n. Chr.), vermutlich das Baujahr, befindet sich an einer in Trümmern liegenden Moschee auf dem freien Platze zwischen den Stadtteilen Hamaruen und Schangani.2) Freilich ist aus diesen vereinzelten Jahreszahlen nicht zu schliessen, dass nur in dieser Zeit Wohlstand und Unternehmungsgeist gross waren. Aber da gerade aus der gleichen Zeit bekannt ist, dass Handel und Wandel an der Westküste Indiens und überhaupt im Arabischen Meere besonders rege waren, ist anzunehmen, dass Ostafrika hiervon seinen Teil abbekam. Sehr wahrscheinlich wurden in dieser Zeit die ostafrikanischen Häfen auch durch chinesische Dschunken besucht. Marco Polo (1270-1295) berichtet von einer Entdeckungsreise, die sein chinesischer kaiserlicher Herr bis nach Madagaskar machen liess. Bis in die ersten Jahrzehnte des fünfzehnten Jahrhunderts sandten die Chinesen regelmässig ihre Dschunken nach der Westküste Indiens und nach dem Persischen Golfe, sowie gelegentlich nach dem Roten Meere.) In Kalekut und anderen Plätzen der Malabarküste hatten die Chinesen damals Niederlassungen, und da von hier aus ein stetiger Schiffsverkehr nach Ostafrika bestand, wäre es seltsam, wenn die Chinesen daran nicht teilgenommen hätten. Ja, aus der Endzeit des chinesischen Verkehrs im Arabischen Meere aus dem Jahre 1430 ist aus chinesischen Quellen nachgewiesen, dass eine chinesische Flotte wirklich Mukdischu für Handelszwecke anlief.4) Greifbare Andenken an diesen direkten und indirekten Verkehr mit China gelangen noch heute in Ostafrika gelegentlich ans Tageslicht. Sowohl in Kilwa wie auch in Mukdischu ) History of Kilwa S. 390-391. ) Guillain I S. 613-4. 5) Oscar Peschel, Abhandlungen zur Erd- und Völkerkunde. Die Handelsgeschichte des Roten Meeres. Leipzig 1877, S. 79 ff. 4) Dr. Friedrich Hirth, Ancient Porcelain, a study in Chinese mediaeval industry and trade, Leipzig 1888. - 88 wurden häufiger Einzelfunde von alten chinesischen Münzen gemacht.') Die Porzellanscherben, die sich überall in den ältesten-Ruinen Ostafrlkas vorfinden, und unter denen Kenner auch das berühmte Seladon-Porzellan nachweisen, sind ein fernerer Beweis der alten Beziehungen zwischen Ostafrika und China.') Auch den chinesischen Schriftstellern des 14. Jahrhunderts war der Abfluss dieses Erzeugnisses ihres Landes nach der von ihnen Tsang-pat oder Tseng-po genannten Zanzibar-Küste wohlbekannt. ') Was in den alten arabischen Erdbeschreibungen über den Gesittungszustand der ostafrikanischen Städte zu finden ist, giebt eine ebenso dürftige Kunde wie die Kilwa-Chroniken. Kaum etwas anderes erzählen sie, als dass viele blühende Städte mit muhamedanischen Bewohnern vorhanden waren, die von heidnischen Völkerschaften umgeben waren, und dass ein lebhafter Handelsverkehr an der ganzen Küste bis südwärts von Sofala betrieben wurde.4) 1) Eine Anzahl dieser in Mukdischu gefundenen Münzen hat Herr Professor Dr. Friedrich Hirth zu München gütigst wie folgt bestimmt: No. i K'ai-yüan (713-742). Richtiger wohl im Jahre 845 oder wenig später aus eingeschmolzenen Kloster-Statuen, Glocken, Klangplatteni und Weihkesseln bei Gelegenheit der grossen Buddhisten - Verfolgung gegossen. 2 T'ien-hi (1017-1022). 3 K'ing-li (Io41-1o49). 4 Schan-schöng (1094-1098). 5 Tschöng-ho (1111-1118). 6 Suän-ho (1119-1126). 7 Schau-hing (1131-1163). 2) Nicht auf diese alten chinesischen Zeiten zurück deuten jene alten Porzellanund Steinzeug-Geschirre, die heutzutage vielfach von Europäern in Ostafrika gesammelt werden. Nach gütiger Bestimmung des Herrn Professor Dr. Brinkmann zu Hamburg sind diese Teller, Schalen u. s. w. chinesische Exportware, etwa ioo Jahre alt, die für den arabischen und persischen Geschmack angefertigt sind. Dieses Alter bestätigt eine derartige Schale durch die mit den Ornamenten eingebrannte Inschrift: Said ben Sultan ben Achmed ben El Iman. Genannter regierte als Sultan von Oman und Zanzibar von i8o6-1856 und sandte gelegentlich seine Schiffe für Handelszwecke nach Singapore. Dort hat er vermutlich die Geschirre mit seinem Namenszuge bestellt. Aehnliche Porzellansachen, wie in Ostafrika gesammelt, gelangen auch häufiger aus dem Innern Persiens nach Europa. Ganz vereinzelt sind allerdings auch in Ostafrika wirklich ganz alte chinesische und persische Geschirre erhältlich, die meistens aus Grabdenkmälern ausgebrochen sind. 2) Vergl. Dr. Friedrich Hirth's: Die Länder des Islams nach chinesischen Quellen, Leiden 1894, S. 34, und Chinesische Studien, Berlin 1890, S. 58. 4) Eine erschöpfende Bearbeitung der alten arabischen Geographien über Ostafrika giebt L.-Marcel Devic in »Le Pays des Zendjs ou la Cöte Orientale d'Afrique au moyen-age d'aprýs les 6crivains Arabes«, Paris 1888. Auch Guillain giebt.in I S. 155 bis 304 bezügliche eingehende Auszüge. Bestimmtere Begriffe, dass sich diese Städte in den Zeiten vor Ankunft der Portugiesen wirklich auf einer gewissen Kulturhöhe befanden, geben die schon verschiedentlich erwähnten, zahlreich in Ostafrika anzutreffenden Ruinen. Ueberall an der Küste, an den Flussmündungen, auf den Inseln, auch an Stellen am ungeschützten Meeresstrande, wo heute nichts zur Niederlassung zu reizen scheint, sind mehr oder weniger gut erhaltene Gemäuer und Grabdenkmäler anzutreffen. Nur in der Nähe grösserer Ortschaften wird man meistens vergebens suchen, da dort das alte Steinwerk für neue Bauten verwendet worden ist. Ueberraschend scheint auf den ersten Blick, dass heute diese Ruinen häufig ganz vereinzelt, nur von Grabdenkmälern umgeben, dastehen. Aber eine ausreichende Erklärung ist, dass ebenso wie in den heutigen, in den alten ostafrikanischen Ortschaften nur einzelne Gebäude aus Stein errichtet waren und der Rest einstmals aus Hütten aus Gestänge und Lehm bestand, die der Zahn der Zeit gänzlich vernichtet hat. Fast alle alten Ruinen, jedenfalls die bedeutenderen, zeigen die oben angeführten Merkmale schirasischer Bauart. Besonders erwähnenswert für den Süden sind von diesen Bauwerken die Ruinen zweier Moscheen in Kilwa. Von der kleineren derselben ist der gesamte rohe Steinbau, wenn auch innen und aussen beschädigt, erhalten. Die ganze Anlage besteht aus neun, in drei Reihen stehenden Kuppeln, die auf vier Pfeilern und den Umfassungsmauern ruhen. Die mittlere Kuppel wird von einem phallusförmigen Pilaster überragt. In eigener Art sind die zierlich gerippten Deckenwölbungen und die Wände mit eingemauerten Tellern, ') die zum Teil noch ihre Farbe und persische Ornamente zeigen, geschmückt. Auch einige in die Wand eingelassene Rosetten aus grün gefärbtem Sandstein sind erhalten. Die Pfeiler und die Einfassung der Maueröffnungen sind aus gehauenen Steinen zusammengesetzt. Die ganzen Grössenverhältnisse zeigen eine bewunderungswürdige Harmonie. WýVeniger gut erhalten ist die zweite, wesentlich grössere Moschee in Kilwa. Von ihr steht nur noch ein Teil, der auf 36 Pfeilern ruht. Die gesamte frühere Ausdehnung lässt sich nicht mehr erkennen. Auch dieser Bau ist aus Gewölben zusammengesetzt, doch in geringerer Regelmässigkeit und weniger guter Ausführung als die erst erwähnte Moschee; auch der Tellerschmuck zeigt sich nur an wenigen Stellen. Die ganze Anlage beider Moscheen deutet auf einen Baumeister oder auf ein ge ) Diese Einmauerung von Porzellangeschirren findet sich ebenso auf vielen anderen alten Bauwerken, besonders auf den Lamu-lnseln. Auch heute ist die Anwendung dieses eigenartigen Schmuckes noch nicht erloschen, doch nur an den Gräberaufbauten gebräuchlich; itanches Stück deutschen Steinzeugs findet auf diese 'Weise eine unvorhergesehene Verwendung. - Interessant ist, dass eine ähnliche Einniauerung von Porzellan in Kleinasien vorkommt. meinsames Vorbild. Dass diese Moscheen nicht aus jüngerer Zeit stammen, ist dadurch belegt, dass sie schon den portugiesischen Eroberern im Jahre 1505 auffielen. Ihr Anblick verleitete damals den deutschen Besucher Kilwa's sogar zu einem Vergleiche mit der berühmten Moschee Cordoba's.') Freilich ausser der gleichartigen Zusammensetzung aus Deckenwölbungen wird es, wenigstens nach Abbildungen und Beschreibungen der Moschee zu Cordoba zu urteilen, zwischen den Bauten keine Verwandtschaft geben. Weiter sind im deutsch-ostafrikanischen Gebiete die ausgedehnten Ruinen auf der Insel Chuani bemerkenswert. Im Norden sind die Leuchttürme in Barawa und Mukdischu die augenfälligsten Beweise des Gesittungszustandes früherer Jahrhunderte. Dass diese etwa 12-15 m hohen Türme thatsächlich als Schiffahrtszeichen gedient haben, darüber ist nach der Lage und Anlage keinerlei Zweifel. Mukdischu bietet ferner durch die Ueberreste einer alten, fast an ein Trockendock erinnernden Hafenanlage ein bemerkenswertes Denkmal bedeutender, dem Gemeinwohl gewidmeter Thätigkeit. Hinter einem kleinen Vorgebirge, an dem sich tosend die Brandung bricht, ist ein Bassin von etwa 3o qm Grösse aus dem soliden Korallenfels ausgetieft; an den Seiten ist der Fels in genügender Grösse zum Aufziehen kleinerer Fahrzeuge unterhöhlt; eine durch den soliden Fels gebohrte Wendeltreppe von etwa 8 m Tiefe, die auf diese Aushöhlungen mündet, verbindet die Anlage mit der Oberfläche. Bei Ebbe läuft das ganze Bassin fast trocken, doch scheint, da die Flut nur durch ein enges Loch eintritt, ursprünglich eine Vorkehrung zur gänzlichen Absperrung des Wasserzutritts vorhanden gewesen zu sein. Der schwierige Zugang von See her lässt allerdings zweifelhaft erscheinen, ob diese Anlage stetig und allgemein benutzbar gewesen ist. Wahrscheinlich ist, dass sie für eine Befestigung auf dem Felsvorgebirge als Unterschlupf und als Notausgang für Fahrzeuge in Kriegszeiten gedient hat. Immer aber bleibt dies \Verk ein erstaunliches Zeugnis früheren Schaffens. Ausser diesen Bauwerken ist an greifbaren Beweisen früherer Kultur der Städte Ostafrikas wenig vorhanden. Erwähnenswert ist, dass in Mukdischu die vollständigen Einrichtungen für die Herstellung von Glasperlen, als Schmelztiegel, farbige Glasflüsse, Glasstangen und farbige Perlen, gefunden sind. Diese Perlen ähneln in der olivenartigen Form, Farbe und rohen Ausführung den noch heutzutage in Ostafrika in grossen Mengen aus China über Indien zugeführten Sorten, die unter dem Namen Selan gehen. Bekannter ist die Baumwollenindustrie von Mukdischu, die heute durch amerikanische und indische Fabrikware hart bedrängt, nur noch ein kümmerliches Leben fristet, in früheren 1) Mayr BI. 6b. - 9i Jahrhunderten aber Erzeugnisse lieferte, die weithin verführt wurden und bis Aegypten hin einen guten Ruf hatten. Auch Patta hatte einen besonderen Ruf in der Herstellung feinerer, buntgewebter Zeuge. Hauptsächlich reichere Stoffe wurden hier gewebt, und die als Geschenke für die Landesfürsten verwendeten Gewebe wurden allgemein geradezu PattaStoffe genannt. Ferner hatten die Kerimba-Inseln und die anliegende Küste eine ansehnliche Ausfuhr von Baumwollstoffen. Dass Spinnerei und Weberei in alten Zeiten längs der ganzen Küste bis Sofala hinunter betrieben wurden, ist vielfach beglaubigt. Erwähnenswert ist die Nachricht, dass man in Sofala die Färbung der Garne nicht verstand, sondern vorwiegend nur weisse Stoffe herstellte, die mit blauen und andersfarbigen Fäden durchwebt wurden, welche aus Stoffen indischer Herkunft losgelöst waren.') Unwillkürlich erinnert dieses Verfahren an das Anweben bunter Borden aus eingeführten farbigen Garnen an gleichfall eingeführte weisse Baumwollenstoffe, das noch heute vielerorts in Ostafrika geübt wird. Ob sich die muhamedanische Kultur Ostafrikas bei der Ankunft der Portugiesen auf der Höhenstufe befand, oder ob bereits ein Rückgang eingetreten war, darüber ist aus den vorhandenen Quellen keine bestimmte Meinung zu gewinnen. Jedenfalls waren Zustände vorhanden, welche die Ankommenden mit Staunen erfüllten. Himmelweit waren sie von denen geschieden, die sie unter denselben Breiten auf der anderen Seite des Erdteils kannten. Zwar hatte das ganze Land und der Gesittungszustand derNegerbevölkerungAehnlichkeit mit derWestküste, aber inmitten dieser barbarischen Verhältnisse befanden sich Städte, deren Anlage und Aussehen denen Portugals nicht nachstand, und innerhalb dieser Städte eine Einwohnerschaft, deren Bildung sich gleichfalls mit der der Portugiesen wohl messen konnte. Das ganze Land wurde Zanzibar und die Einwohner wurden Sentsch oder Kaffern genannt ) Längs der ganzen Küste, südlich vom Kap Delgado spärlicher, nördlich davon in dichter Folge lagen Ortschaften und Städte, als deren bedeutendste Kilwa, Mombasa und Mukdischu genannt werden. Die Einwohnerschaft von Kilwa wurde auf .4000 Seelen und von Mombasa auf oooo Seelen geschätzt.') Ueber1) Duarte Barbosa, A Description of the Coasts of East Africa and Malabar in the beginning of the sixteenth Century, transl. by the Hon. Henry E. J. Stanley. Hakluyt Society, London 1866 S. 6. 2 ) Barros I I S. 205, Zanzibar bedeutet das Land der Schwarzen (von dem persischen sentsch = die Schwarzen und bar = das Land), Kaffer bedeutet Heide (von dem arabischen kafr). 8) Mayr Bl. 4b und iob. Gaspar Correa beziffert allerdings in Three Vo-ages S. 291 die Bevölkerung Kilwa's auf 12 ooo Köpfe, doch ist dem -deutschen Berichterstatter, der nach eigenem Augenschein erzählt, mehr Glauben zu schenken, umsomehr da Gaspar Correa, wie bereits erwähnt, stets zu Uebertreibungen neigt. Diogo da - 92 wiegend bestand die Bevölkerung aus schwarzen Sklaven, die aber mehr in einem lockeren Abhängigkeitsverhältnis, als unter schwerem Zwang standen.') Die herrschende Klasse waren »weisse und schwarze Mauren« d. s. reine Araber und deren Mischlingsabkömmlinge. Handeltreibende Indier vervollständigten die Bevölkerung. Alle Einwohner waren mit Baumwollstoffen bekleidet; während die Reicheren kostbare Gewänder, teils aus Seide, trugen, besassen die Armen und Sklaven nur ein einzelnes Lendentuch. Die Häuser der Städte standen eng gedrängt. Die meisten Gebäude waren Lehmhütten, deren Palmblattbedachungen so dicht aneinanderstiessen, dass die Strassen fast gedeckte Lauben waren. Doch auch zahlreiche Steinhäuser bis drei Stockwerke hoch waren vorhanden. Auch diese standen an engen Strassen, sodass in ihnen, besonders, da fast jedes Haus eine angebaute Steinbank hatte, 'vielerorts kaum zwei Menschen nebeneinander gehen konnten. Viele dieser Steinhäuser hatten noch über der Steinbank ein Schutzdach aus Palmblättern. Die Häuser waren mit hübsch gearbeitetem Holzwerke verziert, worunter wohl die Schnitzereien der Fenster und Thürrahmen zu verstehen sind. Auch von Bemalung der Häuser innen und aussen wird berichtet. Beherrscht wurde fast jede einzelne Ortschaft oder Stadt, so klein sie sein mochte, von einem besonderen Könige, der seine Machtbefugnisse mehr oder weniger mit anderen einflussreichen Einwohnern zu teilen hatte. Die Stadt Barawa wurde sogar geradezu als Republik regiert.') Die Zusammenfassung grösserer Gebiete zu Staaten scheint ganz gefehlt zu haben, nur vorübergehend gewannen einige Städte über andere Einfluss. Frieden und Krieg wechselten häufig in den Beziehungen zu den benachbarten Negerstämmen, und bezeichnend ist in dieser Hinsicht, dass viele der Städte gegen die See zu unbefestigt waren, dagegen an der Landseite Umwallungen hatten. An Waffen hatten die Eingeborenen Speere, Bogen mit vergifteten Pfeilen und Schwerter. Wenig glaubwürdig wird von Mozambique erzählt, dass dort auch Schleudern gebraucht wurden. Von Kilwa berichtet Hans Mayr, dass dort vier Kanonen (bombardas) vorhanden waren, fügt indessen hinzu, dass man nicht recht verstanden habe, mit Schiesspulver umzugehen!') Auch andereAndeutungen überzeugen, dass man damals in Ostafrika ebenso wie auch in Indien und im Persischen Golfe wohl Feuerwaffen kannte, ihr Gebrauch aber Alcocova schätzte einem Berichte vom Jahre 15o6 aus Sofala zufolge die Einwohnerzahl Kilwa's auf sogar 3oooo Köpfe und berichtet, dass Mombasa noch volksreicher sei, doch erscheinen auch diese Angaben, da sie nach Hörensagen gegeben sind, ganz haltlos. ) Mayr BI. 8a. 2) Duarte Barbosa S. 15 u. A. 3) Mayr B1. 5 b. - 93 eine seltene Ausnahme war.') Der Reichtum des Landes an schönen Früchten, besonders an Apfelsinen, ist schon erwähnt. Das Vorkommen an Mangos wird überraschender Weise nicht ausdrücklich berichtet; anzunehmen ist bei den alten Beziehungen zwischen Asien und Ostafrika, dass diese Frucht auch damals schon gezogen wurde. Nahe den Städten waren Baumgärten. In Kilwa und Mombasa wurde, mangels fliessenden Wassers, aus Brunnen bewässert. Die Kultur von Kokuspalmen war sehr bedeutend. Erst bei ihrer Ankunft in Ostafrika lernten die Portugiesen diesen Baum kennen. Als Erzeugnisse des Landbaues werden Negerhirse, Bohnen, Reis und Zuckerrohr genannt. Die Herstellung von Zucker war nicht bekannt. Auch der Anbau von Tambusträuchern, deren Blätter zusammen mit Betelnuss gekaut werden, finden Erwähnung Die heute in Ostafrika allgemein betriebenen und wichtigen Kulturen von Ananas, Mais und Maniokwurzeln waren damals noch unbekannt. Erst um 1750 ist die Maniokwurzel aus Brasilien in Mozambique eingeführt und hat sich von dort weiter in Ostafrika verbreitet. Um welche Zeit sich Ananas und Mais, die gleichfalls aus Amerika stammen, in Ostafrika eingebürgert haben, ist nicht näher bekannt. Der Reichtum des Landes an Grossvieh, Ziegen, Fettschwanzschafen und Hühnern wird gerühmt. Ferner wird von Mombasa das Halten einzelner Kamele erwähnt. Auch wird von Kilwa berichtet, dass die Bienenzucht eifrig betrieben wurde.') Längs der ganzen Küste herrschte ein lebhafter Handelsverkehr. Die hierzu dienenden Fahrzeuge waren ohne Verwendung von Nägeln gebaut, die Planken waren mit Kokusgarn zusammengenäht, sie hatten kein festes Verdeck, sondern ein Dach aus Palmblättern, der eine Mast trug ein grosses Mattsegel, gedichtet waren sie, mangels Teer, mit Fischöl und mit wohlriechendem Harze (GummiKopal?).") Die grössten der Fahrzeuge glichen an Raumgehalt ungefähr den portugiesischen Karavellen von 5o Tonnen.4) Die Beschreibung, welche von diesen Fahrzeugen gegeben wird, entspricht im grossen und ganzen dem heutigen Mtepe Ostafrikas. Dass das Vorbild dieser Fahrzeuge aus dem Persischen Golfe stammt, dafür ist ein Fingerzeig, dass Marco Polo von den Schiffen, welche er in Ormus fand, eine genau gleiche Beschreibung giebt.5) Den Fahrzeugen kann nach allem nur eine geringe Seetüchtigkeit zugemessen werden. Ueberraschend ist dagegen, welche weitgehende ) Vergl. R. S. Whiteway, The Rise of Portuguese Power in India 1497-i550, Westminster 1899, S. 33 ff. 2) Vorwiegend nach Hans Mayr. 8) Barros I I' S. 214, Roteiro S. 28. u. A. 4) Mayr B1. 5 a. 5) Yule's Marco Polo I S. 102. - 94 Kenntnisse in der Navigation vorhanden waren, denn Kompasse, Seekarten und Instrumente zur Höhenmessung der Gestirne waren im Gebrauch.1) Die geographische Breite der Orte wurde nach der Höhe des Kulminationspunktes der in Sicht stehenden Bärengestirne ermittelt. Die Höhe über dem Horizonte wurde nach viertel, halben und ganzen Daumenbreiten durch ein einfaches, dem Jakobsstabe ähnliches Instrument gemessen Die Ortslänge wurde nicht astronomisch ermittelt, aber Entfernungsangaben und Kompass gaben genügend sicher die Ausdehnung von Westen nach Osten. Geradezu überraschend genau, wenigstens in der Breite, sind die derartig gefundenen Kartenbilder.2) Im Fernverkehre waren Kilwa, Mombasa, Melinde, Patta und Mukdischu mit Aden, Ormus und besonders mit Kambaja in Verbindung. Allerlei Anzeichen deuten dahin, dass dieser Fernverkehr und die Navigation mit wissenschaftlichen Hülfsmitteln nicht durch Ostafrikaner, sondern ausschliesslich durch Araber und Indier, besonders Guseraten aus Kambaja, betrieben wurden. Ebenso ist anzunehmen, dass der Grosshandel, gewiss die Einfuhr und Ausfuhr, in den Händen von Indiern aus Kambaja lag.') Heidnische und muhamedanische Indier wurden als Händler in allen ostafrikanischen Häfen nördlich Mozambiques von den Portugiesen angetroffen. Die heidnischen Indier werden Banianen genannt. Sehr wahrscheinlich gehörten sie zu der noch heute im ostafrikanischen Handel bedeutenden Kaste der Battia. Wenigstens behaupten Angehörige dieser Kaste in Zanzibar, dass sie ihre Ansässigkeit in Ostafrika für 300 Jahre aus ihren Geschäftsbüchern nachweisen können. Welche Sekte der muhamedanischen Indier zuerst in Ostafrika Handel getrieben hat, lässt sich nicht ergründen. Die Bahora sind diejenigen, welche selbst diesen Ruhm für sich in Anspruch nehmen, doch spricht die verhältnismässige Jugend ihrer Kaste dagegen. Die Sekte der Khoja, welche in unseren Tagen von allen Indiern am zahlreichsten in Ostafrika vorhanden ist, kommt für diese Frage nicht in Betracht, da sie erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts durch Bekehrung von Battia und Loana zum Islam entstanden ist. Von den grösseren Häfen aus wurden die Waren in kleineren Fahrzeugen nach den weniger bedeutenden Küstenplätzen und weit südwärts vertrieben. Noch südlich von Sofala fanden die Portugiesen kleine muhamedanische Niederlassungen, 1) Barros 1 1 S. 319-320, Roteiro S. 28 u. A. 2) Dr. Tomaschek und Dr. Bitter, Die topographischen Capitel des indischen Seespiegels Mohit, Wien 1897, S. 17 ff. Dieses wichtige Werk giebt die Uebersetzung, sowie wertvolle Erläuterungen samt Kartenbildern eines im Jahre I54 von einem Türken im Persischen Golfe geschriebenen Segelhandbuches für den Indischen Ozean. Es umfasst das ganze orientalische Wissen jener Zeit über dieses Meerbecken mi seinen Inseln und Küsten. 8) Goes S. 84. 02 - 95 wo Tauschhandel mit indischen Baumwollstoffen getrieben wurde. Hundertfach soll der Gewinn bei diesem Handel gewesen sein. Damals soll in Sofala ein Centner Elfenbein 3 bis 4 Dukaten = M. 28,30 bis M. 38,gekostet haben.') Heute kostet er M. 8oo.- bis M. 1400.-. Das nördliche und westliche Madagaskar, von den Eingeborenen Ostafrikas damals ebenso wie heute Bukin genannt,2) und die Komoro-Inseln gehörten gleichfalls zu diesem Wirtschaftsgebiete. Dass die Araber bezw. Guseraten das Kap der guten Hoffnung kannten und den Zusammenhang des Indischen Ozeans mit dem Atlantischen Ozean ahnten, ist sehr wahrscheinlich. Die Südgrenze der regelmässigen Schiffahrt ist aber das Kap Korrientes gewesen; südlich hiervon waren die Fahrzeuge den starken Strömungen und der hafenarmen Küste nicht gewachsen. Vorwiegend, besonders in den kleineren Plätzen, wird der Handel als Tauschhandel betrieben worden sein, Baumwollstoffe und Getreide dienten als Wertmesser, doch dass auch viel gemünztes Geld gebraucht wurde, dafür zeugen die vielen, besonders in Kilwa und Mukdischu gefundenen kupfernen und kleinen silbernen Münzen mit arabischer Prägung. Vielleicht, dass die noch nicht gelungene Bestimmung dieser Münzen auf Münzherren und Schlagjahre noch einmal neue Fingerzeige für die Handelsgeschichte des alten Ostafrikas giebt. Aus Mombasa wird berichtet, dass dort silberne Münzen, ähnlich wie Fischschuppen, also wohl sehr dünn, im Verkehr waren. Auch der deutsche Berichterstatter über die Fahrt von Francisco d'Almeida erwähnt, dass in Kilwa Kupfermünzen, in Grösse ähnlich den portugiesischen Ceptis, umliefen. Aus derselben Quelle ist bekannt, dass Gold nicht gemünzt vorhanden war, sondern nach dem Gewichte eines Metikal, gleich 460 Reis Wert, von Hand zu Hand ging.' ) Dass das Metikal Gold vielfach die Unterlage für grössQre Zahlungen war, dafür sind in den vorhergehenden Abschnitten verschiedene Beläge gegeben. Auf geordnetere Verhältnisse im Handesverkehr deuten auch die Gewichtsverhältnisse. Sogar ein Aufseher der Gewichte und Masse, also ein Aichbeamter, ) Duarte Barbosa S. 4-52) Francisco d'Andrada, Chronica do Muyto Alto e Muyto Poderoso Rey Dom Jo.o o III deste Nome. Lisboa 1613 II S. 145. Die Portugiesen nannten die Insel auf ihren ältesten Karten gleichfalls Bukin, später Sam Lorenco. Die heutige Bezeichnung Madagaskar ist zuerst von Marco Polo, und zwar in der Schreibart Madeigaskar, angewendet. Dieses ist sehr wahrscheinlich eine Verstümmelung aus Mukdischu. Der Reisende schöpfte seine Kenntnisse aus Erkundigungen in Ormus. In handg-reiflicher Weise hat er in seiner Schilderung Nachrichten vermengt, die teils für Madagaskar richtig sind, teils aber nur für Mukdischu passen, womit auch die falsche Benennung erklärt ist. Die gleichfalls übliche Aussprache Mukdischu's als Magadascha (die Portugiesen schrieben-: Magadoxa) macht diesen Zusammenhang noch wahrscheinlicher. .Vergl. Yule's Marco Polo II S. 347. 8) Mayr BI. 6a. - 96 wird von Kilwa, in der arabischen Chronik dieser Stadt, erwähnt.') An der ganzen ostafrikanischen Küste wurde nach Bahar, Frasila und Man das Gewicht bemessen. Es gingen an den verschiedenen Plätzen verschieden 20 bis 25 Frasila auf ein Bahar und IO bis 12 Man auf ein Frasila. Nach den altportugiesischen Gewichten umgerechnet, ergeben sich umstehende Vergleichszahlen in metrischem Gewichte :') r Bahar i Frasila i Man in Sofala 247,860 kg 12,393 kg 0,826 kg Mozambique 229,602 , 11,505 , Kilwa 1 u. Monfia 95,075 , 9,753 , o,813 Zanzibar 235,008 , 11,750 , 0,940 ~ Mombasa 235,008 , 9,400 , Melinde 243,270 , 10,136 , 0,935 ~ Selbst nahe bei einander liegende Städte verstanden somit unter gleichen Bezeichnungen verschiedene Mengen. Die Unterschiede dürfen aber nicht überraschen, da zusammen mit Gewichtsvergleichungen von bedeutenden handelsüblichen Gewichtsabschlägen bei einzelnen Waren berichtet wird. Auch ist wahrscheinlich, dass für manche Artikel, wie Getreide, die Menge eigentlich nach einem Hohlmass zu ermitteln war, dass aber der bequemeren Handhabung halber gewogen wurde und für Hohlmass zu Gewicht feststehende Sätze angewendet wurden, die für die verschiedenen Artikel, entsprechend der Schwere des Stoffes, verschieden sein mussten. Oberflächliche Erkundigungen über das Gewicht konnten somit leicht zu Zahlen führen, die zwar für einen einzelnen Artikel richtig, aber für andere Artikel irrig sind. Aehnliche Zustände haben sich bis heute in Ostafrika erhalten. So gilt heute -.n Zanzibar ein Djisla Salz 6oo Pfd. engl., ein Djisla Negerhirse 360 Pfd. engl. und ein Djisla roher Reis 285 Pfd. engl. Das Bahar ist heute als Gewichtsmesser unbekannt, dagegen hat sich für eine ähnliche Menge (700 Pfd. engl.) das Kandi eingebürgert. Das Frasila und das Man sind noch heutzutage überall in Ostafrika die Bezeichnungen für Gewichtseinheiten und für ähnliche Mengen wie vor 400 Jahren. Uebrigens ist auch heute noch das Frasila in verschiedenen Gebieten verschieden schwer. Während es in Zanzibar und Deutsch-Ostafrika 35 Pfd. engl. = 15,876 kg gerechnet wird, gilt es im englischen und italienischen Ostafrika 36 Pfd. engl. = 16,33o kg. Vollends das Man ist eine unbestimmte 1) The History of Kilwa S. 394. 2) Antonio Nune., Livro dos Pesos da Ymdia e assy Medidas e Mohedas escripto em 1554. In ,Subsidios para a Historia da India Porttigueza." Lisboa I868. S. 45 ff. - 97 Einheit; selbst an ein und demselben Orte wird es bald gleich 3 Pfd. engl. = 1,361 kg, bald gleich dem Gewichte von 48 Maria TheresiaThalern = 1,349 kg angenommen. Der Ursprung von Metikal, Man und Frasila ist in Ormus, der derzeitigen Handelskönigin des arabischen Meeres, zu suchen; Man, Frasila und Bahar waren auch im ganzen Westen Ostindiens im Gebrauch. Ob die ostafrikanischen Küstenstädte stetige Beziehungen zum tieferen Innern des Kontinentes unterhielten, ist nicht nachweisbar. Aus den ersten Jahrzehnten des portugiesischen Verkehrs mit dem Osten ist der einzige Hinweis auf solche Beziehungen eine Stelle in der Geographie von Duarte Lopes. In dieser wird gesagt, dass die Königreiche Kilwa, Mombasa und Melinde nach dem Innern zu gegen Westen an das grosse Reich Monemugi (? Uniamesi) grenzen, deren Kaiser mit den genannten Küstenstädten des Handels und der Verbindung mit dem Meere halber in Frieden lebe.') Fast die Grundlage des gesamten Handels bildeten die weissen und bunten Baumwollstoffe, die von Kambaja eingeführt wurden. Von der Weberei-Industrie dieser Stadt Indiens wird berichtet, dass sie bedeutender gewesen sei, als die irgend einer Stadt Europas. Unter diesen Stoffen werden häufig Kanickies (canaqui) d. h. die blau gefärbten Stoffe genannt, die noch heute im ostafrikanischen Handel eine bedeutende Rolle spielen. Auch der Name Schadder (xada) kommt vor, worunter noch heute ein weisser Stoff mit farbigen Kanten verstanden wird. Ferner finden wir als Einfuhrwaren: Glas- und Achatperlen aus Kambaja, Rosenwasser, Salz, Glasflaschen und getrocknete Fische aus dem Persischen Golfe und Kupfer, wahrscheinlich chinesischer Herkunft, angegeben. Ausgeführt wurden dagegen: Gold aus Sofala, Sklaven, Elfenbein (Elefanten- und Flusspferdzähne), Schildpatt, Ambergris, Wachs, Harz (zweifelsohne GummiKopal), Weihrauch, Zibeth und Kaurimuscheln. Indische Baumwollstoffe waren der verbreitetste Artikel. Als der eigentliche Lebensnerv aber der ganzen muhamedanischen Siedlungen in Ostafrika, wie die Portugiesen sie fanden, ist fraglos der Goldhandel mit Sofala zu betrachten. Selbst wenn man annimmt, dass das Vorkommen von Gold die Gewährsleute jener Zeit gegen alles andere blind gemacht hat, so überzeugen doch ihre Bestimmtheit und Uebereinstimmung in diesem Punkte, dass dieser Goldhandel thatsächlich dasjenige gewesen ist, was vorwiegend den Verkehr längs der Ostküste Afrikas veranlasste, und was in erster Linie die Blüte der an diesem Handel beteiligten Städte stützte. Der grossartige Reichtum Südafrikas an Gold ist im letzten Jahrzehnt der Welt aufs Neue durch die Ausbeute in 1) LucianoCordeiro,L'Hydrographie Africaine au XVI me SiMcle, Lisboa 1878, S. 62. Strandes, Ostafrika. 7 - 98 Transvaal offenbar geworden. Dass aber früher dieselben Reichtümer bekannt waren und ausgebeutet wurden, dafür besitzen wir greifbare Beweise in den unverkennbaren Anzeichen von altem Bergbau und Schmelzstätten sowie in den Ruinenstädten jener Gebiete, besonders Simbaje. Zwar muss die Zeit, in welcher jene Bauwerke geschaffen wurden, Tausende von Jahren älter angenommen werden') als jener Goldhandel, den die Portugiesen im Anfang des 16. Jahrhunderts vorfanden. Dafür spricht neben Wichtigerem der Umstand, dass die arabischen Goldhändler jener Zeit zwar die alten Bauwerke kannten, aber auch schon als etwas Erstaunliches und Unerklärliches betrachteten. 2) Zweifelsohne ist aber dieser Goldhandel des späten Mittelalters eine Erbschaft jener gleichartigen Unternehmungen, die ins graue Altertum zurückgreifen. Einerlei, ob Phönizier, Aegypter, Abessinier, Indier, Perser oder Araber jene ältesten Entdecker und Ausbeuter der Mineralschätze Südafrikas waren, der Verbindungsweg mit ihrem Heimatslande führte immer längs der Ostküste Afrikas, und die Fahrzeuge, welche diesem Verkehre dienten, werden schwerlich die lange Strecke vom Persischen Golfe oder der Strasse Bab-el-Mandeb aus nach dem fernen Süden ununterbrochen zurückgelegt haben, sondern werden die Häfen im äquatorialen Afrika angelaufen haben. Mit Sicherheit darf man daher das Wachsen, vielleicht sogar die Entstehung der Städte im mittleren Teile der ostafrikanischen Küste mit dem Goldhandel Südafrikas in Verbindung bringen, und es braucht nicht bezweifelt zu werden, dass für die Städte jener Goldhandel die Bedeutung hatte, die alle Berichterstatter damaliger Zeit ihm beilegten. Bedürfte es eines weiteren Beweises, dass thatsächlich Maschonaland und die mittelafrikanischen Küstenstädte miteinander in Verbindung standen, so wäre ein solcher daraus zu führen, dass gleichartige antiquarische Funde von Glasperlen, Glas und Scherben in Kilwa und Zimbabje gemacht sind.') Zuerst mögen die Städte nur als Zwischenstationen von diesen südafrikanischen Fahrten Nutzen gezogen haben, dann nach eigener Erstarkung und nachdem aus unbekannten Gründen die von weiter herkommenden 1) In den Ruinen von Simbabje ist von Dr. Schlichter ein Gnomon, eine aufrechtstehende Säule, entdeckt, die zur Bestimmung der Jahreszeiten durch Messungen ihres Schattens diente. An dem gleichen Platze befinden sich noch Anzeichen für die früheren Messungen. Hieraus konnte die Schiefe der Ekliptik zur Zeit der Messungen bestimmt werden. Nach den periodischen Schwankungen der Ekliptik schliesst Dr. Schlichter, dass der Gnomon ungefähr i1oo Jahre vor Chr. benutzt ist. (Vortrag von Dr. Schlichter am 27. Februar 1899 in der Kgl. Geogr. Gesellschaft zu London). 2) Barros 1 II S. 378-379. 1) Bent S. 205-2o6. - 99 Unternehmungen erlahmten, werden sie den gewinnbringenden Verkehr nach den Goldländern als Eigenhandel an sich gebracht haben. Die öfters erwähnte Chronik von Kilwa giebt allerdings abenteuerlichere Erklärungen. Sie erzählt, dass zuerst ein Fahrzeug von Mukdischu zufällig nach Sofala verschlagen sei, und dass die Kaufleute von Mukdischu den Goldhandel lange für sich allein ausgenutzt hätten. Dann soll ein Fischer aus Kilwa, der einen mächtigen Fisch, den er an der Angel hatte, nicht fahren lassen wollte, seinen Weg verloren haben und schliesslich mehr tot als lebendig bei Sofala gelandet seien. Durch diesen, der mit einem Fahrzeuge aus Mukdischu in die Heimatstadt zurückkehrte, sollen sodann seine Landsleute in Kilwa von dem reichen Handelsgebiete Kunde erhalten haben.') Schon im Anfang des 12. Jahrhunderts n. Chr. wird Sofala als von Kilwa abhängig in jener Chronik bezeichnet. Durch den Reichtum, den das Gold Sofalas eintrug, gelang es Kilwa gegen das Ende des gleichen Jahrhunderts fast die gesamte Küste von Melinde südwärts, einschliesslich der Inseln Pemba, Zanzibar Mafia und der Komoren, seiner Herrschaft zu unterwerfen.') Zwar hatte bei Ankunft der Portugiesen Kilwa schon den nördlichen Teil dieser Besitzungen wieder verloren, aber der ganze Süden, insbesondere die muhamedanischen Ansiedlungen in Sofala, Mongulo (wahrscheinlich nahe dem heutigen Quilimane), Angoja und Mozambique waren noch unter seinem Einflusse und wurden durch Abgesandte Kilwa's regiert. Ueber den Umfang der Goldausbeute macht Diogo de Alcaýova, der die Verhältnisse an Ort und Stelle in Sofala studierte, in einem Berichte an den König von Portugal vom 2o. November 1506 die bestimmte Angabe, dass in Friedensjahren i ooo ooo bis 1 300 000 Metikal, jedenfalls jährlich über eine Million Metikal Gold zur Ausfuhr gelangten.') Ueber die Art der Minierung und Ausschmelzung der goldhaltigen Gesteine, sowie über die politischen Verhältnisse in dem Goldlande giebt dieser Bericht interessante Einzelheiten. Ebenso findet sich in diesem Berichte die Bestätigung, dass dieser Handel in den Händen von Kilwa und Mombasa lag und insbesondere die Herrscher dieser Städte von dem Goldhandel Nutzen zogen. In Mombasa erhob der König von I000 Stücken Zeug, die dorthin für den Sofala-Handel gelangten, ein Metikal Gold und behielt ferner die Hälfte des Zeuges für sich, das er sodann für eigene Rechnung ) Barros I II S. 388-389. 2) Barros II 1 S. 214-215. 5>Unter der Annahme, dass es sich um Feingold handelt, entsprechen i ooo ooo Metikal (je 4,83 g) M. 13 450 000. Dagegen wertete die Goldausfuhr Transvaals: 1894 M. 156 400 000 1895 , 1748ooooo 1896 ,, 175500000. - 100 nach Sofala und Kilwa schickte. In Kilwa nahm der König von 500 Stücken Zeug eine Abgabe von einem Metikal Gold und behielt ausserdem zwei Drittel der Zeugmenge für sich. In Sofala angekommen, mussten sodann die Händler wieder ein Siebentel ihrer Zeugbestände an den dortigen Vertreter des Königs von Kilwa abgeben. Von Sofala zurückkehrend, waren die Händler verpflichtet, Kilwa anzulaufen und hier von dem eingehandelten Golde 5 0/~ Zoll zu bezahlen; verfehlten die Händler absichtlich oder unabsichtlich Kilwa und liefen Mombasa an, so wurde im letzteren Hafen der gleiche Zoll zu Gunsten des Königs von Kilwa erhoben.1) Die genannten Ausfuhrzahlen erscheinen auf den ersten Blick hoch, sie gewinnen aber an Glaubwürdigkeit dadurch, dass noch im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts die Goldausbeute der Portugiesen aus Sofala, nachdem ein stetiger Rückgang erfolgt war, auf 200 000 Metikal geschätzt wurde.') Vollends hat die Höhe der Goldausfuhr Südafrikas in der Jetztzeit jeden Zweifel zum Schweigen gebracht, ob thatsächlich in früheren Jahrhunderten jene Gebiete solche Schätze geliefert haben können. Den gewinnbringenden Goldhandel haben zwar die Städte des äquatorialen Ostafrikas verloren, aber im übrigen kann es fast wunderbar anmuten, wie die meisten Zustände vor 4o0 Jahren denjenigen glichen, die noch heute vorhanden sind. Eine Entwicklung scheint ganz zu fehlen. Nur dort, wo äussee Gewalteinflüsse nachweisbar sind, erfolgten Aenderungen. Heute wie vor 400 Jahren finden wir die gleiche Bauart der Städte und der Häuser, denselben Gegensatz zwischen verhältnismässig gesitteten Bewohnern der Städte und halbwilden Nachbarn. Unverändert sind die Bewohner der Städte »weisse und schwarze Mauren«, unverändert ist deren Kleidung. Wir sehen viele Sklaven neben wenigen Freien, und unter ihnen die emsigen handeltreibenden Indier. Nach wie vor sind die indischen Baumwollenstoffe der hauptsächlichste Handelsartikel, und der Ausfuhrhandel ist auf die altgewohnten Waren angewiesen. Dieselben ungefügen Fahrzeuge haben sich erhalten. Auf viele Kleinigkeiten liessen sich diese Beispiele ausdehnen. Die eine Erscheinung mag mehr hervor-, die andere mehr zurücktreten, doch im grossen und ganzen tritt das Unveränderte vor Augen. Bedürfte es eines weiteren Beweises in der Geschichte, dass islamitische Kultur Stillstand bedeutet, so wäre er in den Zuständen Ostafrikas zu finden. 1) Alguns Documentos do Archivo Nacional da Torre do Tombo äcerca das Navegaýoes e Conquistas Portuguezas, Lisboa 1892, S. 153-157. 2) Diogo Couto, Soldado Pratico, Lisboa 1790, S. 155. Die Räumung Kilwa's. Die Gründe, die veranlassten, dass gerade Kilwa, obgleich es an Bedeutung gegen andere ostafrikanische Städte, besonders gegen das naheliegende Mombasa, zurückstand, zum Hauptorte der Portugiesen an dieser Küste gewählt wurde, sind darin zu suchen, dass man glaubte, vermöge der bisherigen politischen Oberhoheit Kilwa's über Sofala den Goldreichtum letzteren Platzes in die Hände zu bekommen. Die Ansichten waren, dass mit einem Stützpunkte in Kilwa, durch die Stationierung einiger Schiffe, mittels der Freundschaft des Königs von Melinde und durch die Errichtung einer befestigten Faktorei in Sofala die gesamte ostafrikanische Küste in Abhängigkeit erhalten und die kaufmännische Ausbeute den Portugiesen allein gesichert werden könne.') Die Verwirklichung dieses Planes war von Francisco d'Almeida mit der Besetzung Kilwa's und der Zerstörung Mombasa's begonnen. Zur Vervollständigung segelte wenige Monate nach dem Genannten Pero de Nhaja, als Befehlshaber von acht Schiffen, nach Ostafrika mit der Aufgabe, vorerst die Küste zwischen dem Vorgebirge der guten Hoffnung und Sofala zu erforschen und sodann im letztgenannten Orte eine Feste zu errichten. Bei seiner Ankunft in Sofala zeigten sich die ansässigen Muhamedaner und Neger eingeschüchtert, da die Erfolge der Portugiesen in Kilwa und Mombasa bereits bekannt waren. Als Herrscher des Landes fand man Jussuf ben Mohamed, einen achtzigjährigen blinden Greis, der sich zwar König nannte, aber ursprünglich nur ein von Kilwa gesandter Statthalter war, der seinem Oberherrn schon lange den Gehorsam verweigert hatte. Die Furcht, wegen seiner Auflehnung gegen Kilwa vor den Portugiesen, den neuen Gewalthabern dieser Stadt, zur Rechenschaft gezogen zu werden, stimmte ihn zur Nachgiebigkeit. Zwar versuchte er zuerst, den Potugiesen nur den Handel von den 1) Barros 1 11 S. 361-362. 102 Schiffen aus zu gestatten und die Niederlassung am Lande zu verwehren, doch genehmigte er schliesslich auch, ohne dass zu den Waffen gegriffen werden musste, die Anlage einer Befestigung. Da in dem Lande Steine und Kalk fehlten, wurde der Bau vorwiegend aus dem reichlich vorhandenen Mangroveholz errichtet. Dem Zwecke der Niederlassung nachgehend, wurde der Eintausch von Gold begonnen. Für diesen Handel hatte man den Schiffen dieselben Waren mitgegeben, mit denen die Portugiesen im nördlichen Westafrika in Mina Gold eintauschten. Dieselbe Art des Handels und die Errichtung eines Regierungsmonopols wie in Westafrika versuchte man auch in Sofala einzurichten. Indessen dieses Vorgehen zeitigte nur Misserfolge, denn der Handel dieses Platzes hatte andere Bedürfnisse als Westafrika, und insbesondere ergab sich bald, dass ohne Anbietung der den Eingeborenen bekannten und von diesen begehrten indischen Baumwollstoffe nichts auszurichten war. Sehr willkommen war daher die Ankunft eines von Francisco d'Almeida gesandten Fahrzeuges, das die landesüblichen Handelsartikel - einen Teil der in Kilwa und Mombasa gemachten Beute - brachte. Erst mit dieser Zufuhr gelang es, den Handel in Schwung zu bringen, und die Eingeborenen lobten, dass sie von den Portugiesen für ihr Gold bessere Gegenwerte empfingen, als vordem von den Muhamedanern.1) Doch gleichzeitig mit den Erfolgen wurde auch die Eifersucht der Muhamedaner wach. Sie wiegelten die Eingeborenen auf, und die portugiesische Feste wurde umzingelt. Obgleich hart bedrängt und durch allgemeines Darniederliegen an Fieber, sowie Mangel an Lebensmitteln stark geschwächt, konnten sich die Belagerten doch der Angreifer erwehren. Schliesslich wagten sogar wenige Mann einen kühnen Streifzug ausserhalb der Befestigung, durch den es ihnen gelang, den alten König niederzumachen. Dieses Ereignis wendete die Verhältnisse zu Gunsten der Bedrängten, denn in den Streitigkeiten, die über die Erbfolge entstanden, brachte es die Klugheit von Pero de Nhaja zuwege, dem ihm genehmen Thronbewerber die Herrschaft zu verschaffen und dadurch friedliche Verhältnisse wiederzuerlangen. Doch das schlechte Klima des Landes und die kümmerliche Lebenshaltung brachten bald darauf die Besatzung des Platzes in eine schlimme Verfassung, Als im Frühjahre des folgenden Jahres (I5o6) ein von Portugal kommendes Schiff Sofala anlief, fand es die meisten Portugiesen, darunter den Kommandanten Pero de Nhaja, gestorben und die Faktorei und die Feste der Gnade der Muhamedaner anheimgegeben. In ähnlich hilfsbedürftigen Verhältnissen fand dasselbe Schiff auf seiner Weiterreise Kilwa und dessen Besatzung, und dazu die Portugiesen 1) Barros 1 1 S. 396-397. - 103 unter sich und die Eingeborenen in zwei Lager gespalten. Der Grund dieser Zwistigkeiten war die Ermordung des von den Portugiesen zum König eingesetzten Mohamed's Ankoni und der Streit um dessen Nachfolge in der Herrschaft. Mohamed Ankoni war in eine Falle seiner Widersacher geraten. Ein portugiesisches Fahrzeug, das an der Küste kreuzte, hatte in einer Dhau, die von Angoja kam, einen Sohn des Königs von Tirendikunde auf Mafia, einen nahen Verwandten des vertriebenen Kilwa-Königs Ibrahim, gefangen. Als Preis für seine Freilassung forderten und erlangten die Portugiesen die Unterwerfung und die Tributpflichtigkeit Mafia's, sowie der umliegenden Inseln und ein Lösegeld von 3ooo Metikal Gold (M. 3600o.-). Da indessen der Gefangene diese grosse Summe selbst nicht aufbringen konnte, war Mohamed Ankoni für ihn eingetreten und hatte aus eigenen Mitteln das Lösegeld erlegt. Er hatte sich hierzu veranlasst gefühlt, da er sich als Neuling in der Herrscherwürde und ohne verwandtschaftlichen Anhang Freunde erwerben wollte. Der Vater des derartig Freigekommenen schrieb an den Befreier dankerfüllte Briefe und bat ihn, da er selbst wegen seiner Verfeindung mit den Portugiesen nicht nach Kilwa kommen könne, ihn zu besuchen, indem er Rückzahlung des Lösegeldes und zur weiteren Knüpfung der Freundschaft Verschwägerungen in Vorschlag brachte. Trotz der Warnungen der Portugiesen, folgte Mohamed Ankoni arglos dieser Einladung und wurde nach seiner Ankunft in Tirendikunde in seiner Dhau im Schlafe ermordet. Als Entschuldigung für diese Uebelthat führte der König von Tirendikunde, der der Anstifter gewesen war, an, dass für sein Verhältnis zu dem Ermordeten mehr seine Verwandtschaft und Freundschaft zu dem vertriebenen Ibrahim, als Dankesschuld, bestimmend gewcsen sei. Wegen der Thronfolge standen sich zwei Parteien unter den Portugiesen und unter den Eingeborenen gegenüber. Der Kommandant Pero Ferreira und einige angesehene Eingeborene, sowie die Bewohner des benachbarten Songo wollten einen Verwandten des früher vertriebenen Königs Ibrahim, dagegen die portugiesischen Faktoreibeamten zusammen mit anderen einflussreichen Eingeborenen Agi Hussein, den Sohn des ermordeten Mohamed Ankoni, zum Herrscher eingesetzt haben, während der Kommandant diesen letzteren nur zum Richter ernannt hatte.') Die Leidenschaften, die durch dieses Getriebe aufgeregt wurden, veranlassten, dass viele Einwohner ganz von Kilwa verzogen und sich in Mombasa, Melinde und anderen Küstenplätzen niederliessen, da sie fürchteten durch die Verhältnisse in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Nicht minder wurde grosse Unzufriedenheit durch die Folgen ') Alguns Documentos S. 157. - 104 der portugiesischen Handelspolitik erregt. Um den Goldeintausch in Sofala für Portugal allein halten zu können, war der Handel in allen denjenigen Waren, die in Sofala gängig waren, an der ganzen Küste untersagt. Hiermit war insbesondere der Vertrieb indischer Baumwollstoffe und Perlen, die, wie schon gesagt, fast die Grundlage. des ganzen ostafrikanischen Handels bildeten und vielfach der Wertmesser waren, verboten. Zwei an der Küste kreuzende portugiesische Fahrzeuge hatten die Aufgabe, durch Ueberwachung und Untersuchung der einheimischen Dhaus das Verbot zur Geltung zu bringen. Die Aufbringung von Fahrzeugen, die des Schleichhandels verdächtig waren, die Beschlagnahme von Gütern und die Gefangensetzung der Händler waren häufig. Welche hohen Gelderpressungen vorkamen, zeigt das Beispiel jenes Königssohnes aus Tirendikunde, der in einschlägigen Uebertretungen gefangen gesetzt worden war. Ueber Recht und Gerechtigkeit hinaus benützten die portugiesischen Kapitäne und Beamten die Verordnung, um sich zu bereichern, und die Folge war, dass die Eingeborenen sich dem Machtbereiche ihrer Peiniger entzogen und Kilwa sich zusehends entvölkerte und verödete. Dom Francisco d'Almeida, der Vizekönig Indiens, dessen Befehlen Kilwa unterstand, scheint von vornherein den Kommandanten Pero Ferreira nicht für den geeigneten Mann für den Posten gehalten zu haben. Auf Anklagen des Faktoreivorstehers und des Civilverwalters hatte er ihn schon wenige Monate nach Beginn seiner Amtsthätigkeit seiner Befugnisse enthoben. Diesem gelang es aber, in Lissabon gegenüber der vizeköniglichen Anordnung Oberwasser zu gewinnen; er wurde - dazu mit einem königlichen Gnadengeschenk von 6o00o Reis (= M. 1482.-) - wieder in seine Würden eingesetzt, und es wurden dagegen seine Ankläger gefangen genommen.') Dennoch blieb Dom Francisco gegen den Genannten misstrauisch und entsandte Ende des Jahres 15o6 von Indien Nuno Vaz Perreira mit zwei Schiffen nach Ostafrika, um eine Untersuchung über die Lage anzustellen und bessernde Aenderungen anzuordnen. Schon bei seiner Ankunft an der ostafrikanischen Küste in Melinde erhielt dieser Beauftragte Einblick in die Ursachen des Missstandes und liess sofort an der ganzen Küste bekannt machen, dass jeder in Kilwa Heimatsberechtigte (natural de Quiloa) wie zu Zeiten vor Ankunft der Portugiesen in allen Waren Handel treiben dürfe, ohne befürchten zu müssen, dieserhalb in Ungelegenheiten zu geraten. Auch dem König von Melinde gab er die Erlaubnis, zwei Frasila Perlen von Kambaja zum Eintausch von Gold nach Sofala zu senden. Der Erfolg jener Bekanntmachung war ein so grosser, dass als Nuno Vaz im 1) Lopez de Castanheda (1833) II S. 120. - 105 Dezember vor Kilwa eintraf, in seiner Gesellschaft schon über zwanzig Dhaus segelten, die mit Kaufleuten besetzt waren, die sich in Kilwa niederzulassen beabsichtigten, und die reiches Kaufmannsgut mit sich führten. Freilich hat, beiläufig bemerkt, diese Handelsfreiheit nicht lange gewährt; bald genug machte sich wieder die Absicht geltend, die Muhamedaner ganz von dem Handel, wenigstens mit dem Goldlande Sofala, auszuschliessen. Beispielsweise erwog im Januar 15o9 ein portugiesischer Kriegsrat in Mozambique, ob ein dem König von Melinde gehörendes Fahrzeug, das aufgebracht war, trotz seiner portugiesischen Pässe zu beschlagnahmen sei oder nach Sofala weitersegeln dürfe, und entschloss sich nur ausnahmsweise zur Freigabe. Dann widmete sich Nuno Vaz der Untersuchung über die Thronfolge in Kilwa. Wie oben erzählt ist, war von vornherein bei der Erhebung von Mohamed Ankoni zum Herrscher vereinbart worden, dass nach seinem Tode die Herrschaft an einen Anhänger des alten Königshauses zurückfallen sollte, und war demgemäss damals schon der Sohn des früheren Königs el Fodel feierlich als Thronerbe eingesetzt worden. Im Sinne dieser Anordnung wurde von dem portugiesischen Kommandanten Pero Ferreira ein Neffe des vertriebenen Königs Ibrahim, Mikante mit Namen, als neuer König in Vorschlag gebracht. Es ist nicht wahrscheinlich, dass dieser Mikante jener damals anerkannte Thronerbe gewesen ist. Vermutlich war jener inzwischen gestorben. Wahrscheinlicher ist Mikante mit einem Mohamed identisch, der schon vor Ibrahim vorübergehend im Besitze der Königswürde gewesen war. Für diesen Bewerber traten viele angesehene Eingeborene der Stadt ein, und in der öffentlichen Versammlung, in der Nuno Vaz die Ansprüche der verschiedenen Bewerber anhörte, wurde von Mikante selbst vorgebracht, dass von ihm als dem Nachkommen derjenigen, die Kilwa gründeten und gross machten, und als demjenigen, den auch der in der Verbannung lebende König Ibrahim als Nachfolger wünsche, am ehesten gedeihliche Herrschaft erwartet werden könne. Als zweitem Bewerber wurde Agi Hussein, dem Sohne des ermordeten Mohamed Ankoni, das Wort gegeben. Dieser wurde von den Beamten der griechischen Faktorei unterstützt. Aufgefordert, seine Ansprüche zu begründen, begann er damit, die Urkunde vorzulegen, in der Francisco d'Almeida die Verdienste seines Vaters und die Uebelthaten des alten Königs Ibrahim bescheinigt hatte. Sodann legte er dar, dass überhaupt Niemand, einerlei wer es sei, als König in Kilwa zu herrschen habe, sondern, dass die Oberhoheit von dem portugiesischen Kommandanten als dem Vertreter des Königs von Portugal ausgeübt werde. Jeder, der auf seinen Einfluss und Macht poche, mache sich hierdurch schon verdächtig, Das Ende dieser Verhandlung war, dass Nuno Vaz, unter Uebergehung der - io6 früher über die Thronfolge getroffenen Verfügung, den Agi Hussein feierlich zum König einsetzte. In Gutmachung der früheren Uebergriffe liess Nuno Vaz sodann diejenigen, welche wegen des Handelsverbots gefangen waren, in Freiheit setzen und mit grosser Freigebigkeit die beschlagnahmten Waren zurückerstatten. Mit dem Erfolge, dass viele in Kilwa leerstehende Häuser sich wieder bevölkerten und allgemeine Zufriedenheit zu herrschen schien, konnte Nuno Vaz seine Reise nach Sofala fortsetzen. Doch nur kurze Zeit herrschte Friede, denn bald nachher unternahm der neue König, den Mord seines Vaters zu rächen. Verbündet mit einem mächtigen Negerhäuptling, Munha Monge1) genannt, überfiel er Tirendikunde, das zerstört wurde, und dessen Bewohner in Gefangenschaft geschleppt wurden. Dieser Erfolg machte ihn übermütig. Er vergeudete die Gelder, die er von seinem Vater ererbt hatte, und schrieb anmassende Briefe an die Könige von Zanzibar, Melinde und anderen benachbarten Städten. Besonderen Hass hatte er sich ferner dadurch allgemein zugezogen, dass durch den Ueberfall von Tirendikunde viele Muhamedaner in die Gefangenschaft seiner Bundesgenossen, der heidnischen Neger, gefallen waren. Von allen muhamedanischen Fürsten Ostafrikas wurde der Vizekönig in Indien in Briefen ersucht, zur Aufrechterhaltung des Friedens Agi Hussein wieder abzusetzen und entweder den alten König Ibrahim, oder falls dieser ablehnen sollte, dessen Neffen Mikante mit der Herrschaft zu betrauen. Diesen Vorstellungen nachgebend, wurde der portugiesische Kommandant Pero Ferreira mit der Beseitigung Agi's Hussein betraut und an seiner Stelle Mikante zum König Kilwa's eingesetzt. Dem entthronten Agi Hussein wurde, da er sich in Kilwa seines Lebens nicht sicher fühlte, die Uebersiedelung nach Mombasa gestattet, wo er bald darauf in Elend und Armut starb. Doch auch die Herrschaft Mikante's hatte kurze Dauer. Zwar zeigte er sich in den ersten beiden Jahren als guter Regent, doch führte er sich später so schlecht, dass das Land mehr Ungemach erlitt als zu den Zeiten Agi's Hussein. Sowohl den Portugiesen, wie auch den eingeborenen Muhamedanern, die ihn früher als Herrscher erbeten hatten, machte er sich lästig. Unter dem Vorwande, dass seinem Leben nachgestellt würde, liess er viele Eingeborene töten. Anderen raubte er die Frauen und machte sich dazu durch Trunksucht allgemein verächtlich. Leidliche Zustände scheinen noch solange aufrecht erhalten zu sein, wie Pero Ferreira, der, wie geschildert ist, von vornherein auf ') Barros 1 I S. 442" giebt als Uebersetzung dieses Namens ~Herr der Welt"; berichtigt auf Muigni Ulimengu würde er im heutigen Suaheli diese Bedeutung haben. - 107 Seiten Mikante's gestanden hatte, Kommandant war. Nachdem er aber abberufen worden war und Francisco Pereira Pestana, ein neu von Portugal herausgekommener Edelmann, am 21. März I509 diesen Posten übernommen hatte, entwickelten sich Verhältnisse, dass König und Kommandant sich gegenseitig vor einander nicht sicher fühlten. Kriegsunruhen traten hinzu. Der alte Ibrahim machte Versuche, seinen Neffen zu verdrängen. Gegenseitig erfolgten Ueberfälle, und die Portugiesen, von denen bei stetigem Kranksein nur 40 Mann waffenfahig waren, kamen in harte Bedrängnis. Zwar konnte ein Einfall, welchen im Auftrage Ibrahim's, der sich selbst immer vorsichtig zurückhielt, sein Bruder Mungo Cayde (Muigni Said) und sein Neffe Munha Came mit einer grossenAnzahl von Negern in die InselKilwa unternahmen, zurückgeschlagen werden, und die Gefahren, welche König und Kommandant durch diese gemeinsam ausstanden, verursachten eine Zeitlang ein besseres Zusammenwirken, aber dennoch reifte die Ansicht mehr und mehr, dass für die Allgemeinverhältnisse die Absetzung Mikante's und die "Wiedereinsetzung des alten Ibrahim zum König eine Notwendigkeit sei.') Inzwischen war auch in Portugal die Ueberzeugung durchgedrungen, dass die weitere Besetzung Kilwa's zwecklos sei. Schon im Jahre 1506 hatte Pero Ferreira an den König nach Portugal und an den Vizekönig nach Indien geschrieben, dass Kilwa keinen Nutzen bringen könne, da der Tribut, sowie der Gewinn, der durch den Handel erzielt würde, vollkommen durch die Besoldung und den Unterhalt der Soldaten aufgebraucht würden, und hatte Schleifung der Feste und Ueberführung der Besatzung nach Indien in Vorschlag gebracht.') Auch frühzeitig scheint man in Lissabon mit der Entwicklung Kilwa's unzufrieden gewesen zu sein. Wenigstens antwortete der Vizekönig Dom Francisco d'Almeida in einem Schreiben vom Jahre i 5o8 auf ihm gemachte Vor würfe oder Klagen über den Nichteingang des Kilwa-Tributs, dass es keinen Zweck habe, auf den Eingang zu bestehen, da doch der König Kilwa's ausser Stande sein würde, soviel Geld aufzubringen, und erinnerte daran, dass die einmal von Vasco da Gama in Kilwa erpresste und für Tribut ausgegebene Zahlung nach dem wahren Sachverhalt nicht als solcher betrachtet werden dürfe. In dem gleichen Schreiben macht Francisco d'Almeida wieder dem Kommandanten Pero Ferreira den Vorwurf, nicht verstanden zu haben, die Bevölkerung zu behandeln, wodurch sich die Stadt entvölkert habe, und fügt bitter hinzu, er habe mit Schmerz gehört, dass jetzt der junge Francisco Pereira Pestana zum Nachfolger bestimmt sei, während der Posten eines erfahrenen Weissbartes bedürfe.3) ) Barros 11 S. 430 ff. 2) Gaspar Correa I S. 669. 8) Gaspar Correa I S. 897ff. - IO8 Um dem Drängen von Portugal zur Erzielung von Einnahmen in Kilwa gerecht zu werden, wurde von Dom Francisco angeordnet, dass der König von Kilwa die Hälfte seiner Zolleinnahmen abgeben solle. Doch in dem Berichte, den er über diese Anordnung nach Lissabon sandte, schreibt er selbst, dass es viel wäre, wenn diese Abgabe ioo Crusados (= Mk. 988.-) jährlich ergeben würde.') Kilwa erscheint hiernach in gänzlicher Bedeutungslosigkeit Von Anfang an war die Wichtigkeit des Platzes gründlich überschätzt und das Wenige, was vorhanden gewesen war, durch unrichtige Politik und die Veränderung der gesamten Verhältnisse der Küste, besonders im Sofala-Goldhandel, wie sie das Auftreten der Portugiesen verursachte, zu Grunde gerichtet. Auch die Absicht, Kilwa zu einer Erfrischungsstation für die von und nach Indien segelnden Schiffe zu machen, verwirklichte sich nicht. Die wiederholten Befehle an die Kapitäne, auf der Aus- und Heimreise nach Kilwa zu gehen, sobald eine Ueberwinterung d. i. das Abwarten des Monsuns notwendig sei, gelangten nicht zur Ausführung, da die örtlichen Stromund Windverhältnisse und die Lage es mit sich brachten, dass für den gedachten Zweck immer mehr Mozambique aufgesucht wurde. Dort war schon im Jahre 1507 durch ein Geschwader, das überwintern musste, ein zweistöckiger Festungsturm, ein Hospital samt Kirche, sowie für vorkommende Umladungen ein Lagerhaus errichtet- ), und entwickelte sich schliesslich Mozambique zu demjenigen Stützpunkte der portugiesischen Macht in Ostafrika, zu dem eigentlich Kilwa ausersehen gewesen war. Die Entscheidung über die Räumung von Kilwa scheint hingehalten worden zu sein, solange Franzisco d'Almeida den Oberbefehl inIndien führte. Im Jahre 1o9 trat an seine Stelle Affonso d'Alboquerque. Die Zwistigkeiten, die zwischen diesen beiden Männern herrschten, sollen mitveranlasst haben, dass der Neuernannte, der alle Schöpfungen seines Vorgängers mit missgünstigen Augen ansah, als einer solchen auch der Beibehaltung Kilwa's entgegen war.') Doch erst im Jahre 1512 traf der Befehl aus Portugal zur Aufgabe der Festung und Besetzung von Kilwa ein. Der Kommandant Francisco Pereira Pestana wurde mit der Besatzung und den Vorräten dieses Platzes nach Indien überführt.4) 1) Gaspar Correa 1 S. 9o4. Gaspar Correa 1 S. 785 u. A. ) Barros I n S. 445. 4) Barros II 1 S. 169, 17o. Gaspar Correa II S. 29o. Guillain (I S. 347,8) verlegt irrtümlich, indem er einer Unklarheit von Barros folgt, die Aufgabe Kilwa's in das Jahr i5o7; doch unterliegt die Beibehaltung bis 1512 keinem Zweifel. In einem Briefe, geschrieben am 2o. Dezember i5io in Quiloa Castello sul mar de India confinante alla Aethiopia (wiedergegeben in Angelo de Gubernatis, ,Storia dei Viaggiatori Italiani nelle Indie Orientali", Livorno 1875) erzählt Piero de Strozi von seiner Teilnahme an - io9 Noch in den letzten Augenblicken seiner Anwesenheit in Kilwa gelang es Francisco Pereira seinen Wunsch, die Entfernung Mikante's, auszuführen. Vergeblich hatte er wiederholt dem früheren König Ibrahim angeboten, ihn wieder in die Herrschaft einzusetzen, doch dieser hatte sein Misstrauen gegen die Portugiesen nicht überwinden können und war nicht in Verhandlungen eingetreten. Schliesslich aber, als das Schiff, das die portugiesische Besatzung eingeschifft hatte, schon zum Absegeln bereit war, kam noch eine Unterredung zwischen den Genannten zustande, als deren Folge Ibrahim wieder als König und Vasall des Königs von Portugal mit Kilwa belehnt und in diese Würde eingeführt wurde. Mikante entfloh von Ibrahim verfolgt nach den KerimbaInseln und endigte hier sein Leben ebenso elend, wie sein Vorgänger Agi Hussein in Mombasa. Von Ibrahim heisst es, dass er, geläutert durch die sieben Jahre seiner Verbannung, fernerhin mit Weisheit die Herrschaft ausübte und die Stadt wieder zu einer grösseren Blüte brachte, als vor Ankunft der Portugiesen. Auch soll er sich fernerhin als ein loyaler Lehnsmann der Portugiesen bewährt und seinen Söhnen gleiche Gesinnung gelehrt haben. Sieben Jahre nur, von 1505-1512, hat demnach die Besetzung Kilwa's gewährt. Weder den Portugiesen noch den Eingeborenen war sie zum Heile gewesen. Ebensowenig gedieh die portugiesische Herrschaft im übrigen nördlichen Ostafrika. Nur stetige Beunruhigung und Not brachte sie dem Lande. So unternahm im Jahre I5O9 Duarte de Lemos, rückständige Tribute einzutreiben, die teils aus besonderen Verträgen mit den Portugiesen, teils aus der Oberhoheit Kilwa's hergeleitet wurden. Mit einem Schiffe besuchte er zuerst Mafia, das gleich gehorchte. In Zanzibar versuchten die Eingeborenen mutig mit bewaffneter Hand die Landung zu verhindern, wurden aber in die Flucht geschlagen und retteten sich in das hüglige Innere der Insel, worauf die Stadt geplündert wurde. Von Pemba hatte sich der Scheik nach Mombasa geflüchtet, doch nicht alles Eigentum mitnehmen können, wodurch, wie ein Chronist mit Behagen erzählt, das Zurückgelassene in ergötzlicher Ruhe, anstatt als Kampfesbeute, mitgenommen werden konnte.') Selbst der treue König von Melinde erntete anstatt Dank für seine stete Dienstwilligkeit nur Ungemach. Wie es in Melinde stand, zeigt am besten ein Schreiben des Vizekönigs Francisco d'Almeida an den König von Portugal aus dem Jahre I5O8, in dem es wörtlich wie folgt heisst: »Euer Hoheit sind, wie Sie wissen, dem Könige von Melinde der kürzlich erfolgten Erstürmung einer grossen Stadt. Die Erzählung ist gegeben wie auf Kilwa bezüglich, doch ist olýenbar, dass es sich um Ereignisse in Indien, wahrscheinlich die Eroberung Goas, handelt. 1) Faria y Sousa, Asia Portugueza, Lisboa 1678-i68o, I S. 130. IO ausserordentlich verpflichtet. Da er Ihren Geschwadern und deren Besatzungen soviele Aufmerksamkeiten und gute Aufnahme bereitet hat und noch bereitet, sollte er als Vorbild sehr geehrt und mit Gnadenbeweisen begünstigt werden. Doch als Entgelt vergingen sich Ihre Kapitäne derartig gegen den Frieden des Landes und übten so viele Missethaten, dass der König schon nicht mehr im Lande wäre, wenn ich ihn nicht mit Briefen und leeren Versprechungen, von denen er nie die Früchte sieht, gehalten hätte. Man sagt, dass Sie dorthin Sancho de Pedrosa als Faktor senden vollen. Von zwei Ereignissen wird eins eintreten: entweder werden die Muhamedaner diejenigen töten, die bei ihnen leben, oder der König wird sich aus dem Lande entfernen.<') In welcher Unsicherheit sich die ostafrikanischen Scheiks selbst vor den Uebergriffen der portugiesischen Befehlshaber fühlten, zeigen einige von ihnen an den König von Portugal gerichtete Briefe. In einem langen Schreiben vom 30. September 1515 singt der König von Melinde seinem portugiesischen Herrn ein Schmeichellied, wie es eben nur ein Orientale vermag, und ersucht um einen Geleitsbrief für jährlich eine Reise seines Fahrzeuges nach Goa und Mozambique, um dadurch Sicherheit zu erlangen, dass keiner ihn vergewaltige; zum Schluss bittet er den Dolmetscher, der bei dem Könige von Portugal die Uebersetzung besorge, er möge den Inhalt so vermehren oder vermindern, dass ja alles dem Könige angenehm klinge! In einem Schreiben vom 27. Mai 1517 wird ebenso von dem Scheik von Mozambique um einen Schutzbrief für sein Fahrzeug und gegen Ueberfälle und Feindseligkeiten der portugiesischen Beamten gebeten.') Nicht einmal Anerkennung ihrer Herrschaft an allen Orten der ostafrikanischen Küste hatten die Portugiesen mit dem Ablauf des ersten Vierteljahrhunderts ihres Auftretens in diesen Gewässern erreicht. Mombasa blieb fortwährend feindlich und vollends Mukdischu konnte dauernd den Eroberern trotzen. Nachdem wieder einmal im Jahre 15o9 ein portugiesisches Geschwader von 7 Schiffen vor letzterer Stadt mit Angriffsabsichten gelegen, aber auf einen Kriegsrat der Kapitäne dieses Vorhaben aufgegeben hatte, da die Grösse der Stadt und die schwierigen Landungsverhältnisse den Erfolg zweifelhaft erscheinen liessen, blieb sie verschont.') Auch in denjenigen Gebieten, die thatsächlich unterworfen waren, beschränkte sich die Ausübung der Oberherrlichkeit auf gelegentliches Eintreiben des Tributes. Es ist nicht daran zu denken, dass, abgesehen von der siebenjährigen Besetzung von ) Gaspar Correa 1 S. 912. 2) Joäo de Sousa, Documentos Arabicos para a Historia Portugueza, Lisboa 1790 S. 67 u. 81. 8) Goes S. 375-376. III Kilwa, irgend etwas wie eine Verwaltung bestanden hat. Nur die Seeschiffahrt und den Handel versuchte man dadurch zu beaufsichtigen, dass ohne portugiesischen Pass kein eingeborenes Fahrzeug fahren durfte. Man darf annehmen, dass die Portugiesen auch dann und in denjenigen Küstenplätzen Gehorsam ihrer Anordnungen gefunden haben, wo sie es des Aufwandes wert erachteten, mit Machtmitteln aufzutreten, aber im grossen Ganzen sind die Eingeborenen sich selbst überlassen geblieben. Wie weit dieses Gehenlassen ging, dafür sind bezeichnend die Kriege, die, wie erzählt, trotz Gegenwart portugiesischer Gouverneure und ohne ihr Dazwischentreten der König von Kilwa und auch der König von Melinde mit ihren Nachbarn führten. Von wenig häufigem Auftreten der Portugiesen und geringer Angst und Achtung der Eingeborenen zeugen auch die Behandlung, die Schiffbrüchige fanden und die Angriffe, die gewagt wurden, wenn man sich des Erfolges sicher fühlte. So lief im Jahre 5 19 ein Schiff mit 2oo Mann an Bord, von Portugal kommend, das sich von den Mitseglern verloren hatte und im Arabischen Meere Gegenmonsun antraf, längs der ostafrikanischen Küste zurück. Bei einem Orte Matua (Marka?) wurde ein Boot an Land geschickt, um Wasser zu holen. Zuerst in Frieden aufgenommen und durch das Angebot von Lebensmitteln sorglos gemacht, liess die Bemannung da s Boot bei eintretender Ebbe trocken laufen, worauf sie von den Eingeborenen umzingelt und Mann für Mann, darunter der Kapitän, im ganzen 4o Köpfe, niedergemacht wurden. Ohne Hülfe leisten zu können, verliess das Schiff diesen Platz und strandete schliesslich nach ferneren Missgeschicken mit seiner halbverhungerten, kranken Mannschaft auf einer Sandbank bei Kilwa, wo alle, ausgenommen ein Junge, von den Muhamedanern aus Kilwa, Mafia und Zanzibar ermordet wurden.1) Auch die wirtschaftliche Thätigkeit der Portugiesen in Ostafrika scheint in diesen Jahrzehnten eine ausSerordentlich unbedeutende gewesen zu sein. Das Wenige, was hierüber in den zugängigen Quellen zu finden ist, sind Andeutungen über den Vertrieb von indischen Baumwollstoffen und Glas-Perlen und den Ankauf von Elfenbein und Lebensmitteln. Die Lebensmittel wurden vorzüglich für die Versorgung der Geschwader, die Mozambique anliefen, und in dem ersten Jahrzehnt für die Sokotra-Feste verwendet. Dieser Handel wurde von den in Mozambique und in Melinde ansässigen Faktoren betrieben, die Kronangestellte, aber vermutlich unter Zahlung einer Abgabe an die Krone selbständige Kaufleute waren. In Mozambique waren seit den ersten Jahren der Eroberung ein oder zwei Karavellen stationiert, die diesen Handelszwecken dienten. Melinde scheint für seinen Verkehr nur auf ') Barros III I S. 328ff.; auch bei Gaspar Correa II S. 575'6 ähnlich. - 112 die Fahrzeuge, die gelegentlich von und nach Indien die Küste längsliefen, und im übrigen auf einheimische Fahrzeuge angewiesen gewesen zu sein. Es ist nicht wahrscheinlich, dass ausser in Mozambique und Melinde an anderen ostafrikanischen Plätzen in dieser Zeit Portugiesen stetig ansässig gewesen sind. Weit entfernt war jedenfalls Portugal von der Verwirklichung seiner Absicht, den Handel an dieser Küste zu monopolisieren. Die unerwartet geringe Ausbeute des Goldhandels in Sofala wurde mit Bestimmtheit dadurch erklärt, dass nach wie vor regelmässig die muhamedanischen Fahrzeuge von Kambaja mit Baumwollstoffen nach Mukdischu, Barawa, Patta, Lamu und Mombasa gingen und von dort diese Waren in kleineren Fahrzeugen in die Nachbarschaft Sofalas beförderten. Ein Vorschlag, der im Jahre 15 14 gemacht wurde, diesem Schleichhandel nicht wie bisher durch Nachstellung jener kleineren Küsten-Fahrzeuge, sondern durch Abfangen der grösseren Fahrzeuge zu verhindern, die von Indien kamen,') fand keine Annahme oder wurde wenigstens nicht durchgeführt. Das erste Vierteljahrhundert seit der Entdeckungsfahrt Vasco's da Gama gilt als die Glanz- und Blütezeit der Portugiesen im Osten. Dass Ostafrika hiervon so wenig abbekommen hat, ist damit zu erklären, dass seine Küste verglichen mit anderen Küsten des Indischen Ozeans gar zu wenig bot, um eingehenderer Beachtung wert zu sein. Reichtum und Ehre lockten ungleich mehr im ferneren Osten. In rascher Folge wurden Jahr für Jahr Geschwader mit starken Besatzungen in die Indischen Gewässer geschickt. Schon in der Regierungszeit von Francisco d'Almeida (I 5o6-15o9) beherrschten die Portugiesen, wenngleich ohne bedeutendere Niederlassungen am Lande, ohne nennenswerten Widerstand die Westküste Vorderindiens. Schon im Jahre I505 hatten portugiesische Schiffe die Malediven und Ceylon besucht. Ein aegyptisches Geschwader, das im Jahre 15o8 auf die Hülferufe der arabischen Kaufleute und der indischen Fürsten den Portugiesen entgegentrat, wurde nach anfänglichen Erfolgen gründlich bei Diu (i5o9) geschlagen. Auf Francisco d'Almeida, der die Aufrechterhaltung der portugiesischen Oberherrschaft im wesentlichen in der Beherrschung des Meeres suchte, folgte als Gouverneur des Ostens Affonso d'Alboquerque, der den gleichen Zweck nicht ohne die Errichtung starker Stützpunkte am Lande und Landbesitz durchsetzen zu können glaubte. Im Jahre 151o wurde von ihm in heissem Kampfe Goa, die bedeutendste Stadt Indiens, genommen. Im folgenden Jahre besetzte er Malakka. Dann, nachdem er schon im Jahre 1508 mit beispielloser Kühnheit das mächtige Ormus im Persischen Golf angegriffen hatte, gelang es ihm auch hier, im Jahre 1515 festen Fuss zu ') Cartas de Affonso Albuquerque 1 S. 300-301. - 1 3 fassen. Unter seinem Nachfolger lief dann 15 16, allerdings ohne bleibendes Ergebnis, eine Flotte in das Rote Meer ein. Ferner wurde um das Jahr 1523 Sumatra auf kurze Zeit besetzt. Bei Alboquerque's Tode im Jahre 15.15 war wahrscheinlich der höchste Gipfel des Erfolges erklommen. Nach ihm begannen schon die Gegenschläge. Damals gehorchte in dem gewaltigen Gebiete von Ormus im Norden bis Ceylon im Süden an allen Küsten alles dem Befehle der Portugiesen, und weit landeinwärts erstreckte sich ihr Einfluss. Freundschaftliche Beziehungen wurden zu den Fürsten der Ostküste Indiens, zu Siam, Java und selbst zu China unterhalten. Durch Festungen in Ormus, Kalekut, Kochin, Kananor, Goa und Malakka, eine Flotte von 50 Segeln und 2000-3000 Mann europäischer Truppen wurde dieser Einfluss aufrecht erhalten. Der Hauptstützpunkt dieser Macht war Goa, hier befanden sich der Sitz des Generalgouverneurs, die Kriegsvorräte und Werften. Schon um 1516 lebten hier über 400, meist mit Indierinnen verheiratete Portugiesen. Zwar wurde wirkliche Regierung von den Portugiesen in den genannten gewaltigen Länderstrichen nicht ausgeübt. Selbst in den meisten der mit Besatzungen belegten Festungen verblieb den eingeborenen Fürsten ein Teil der Landeshoheit. Aber der Wille der Eroberer hatte in allen den Dingen Geltung, in denen sie ihn geltend haben wollten. In dieser Beziehung war der Hauptpunkt die Monopolisierung des Gewürzhandels. Fast alle Massregeln, die von den Portugiesen getroffen wurden, waren auf die Verwirklichung dieses Zieles gerichtet. Alle Bestrebungen gipfelten dahin, die Araber von Indien ferne zu halten und ihnen die Erlangung von Gewürzen, sowie deren Verschiffung auf den altgewohnten Wegen durch das Rote Meer und den Persischen Golf und Syrien unmöglich zu machen. Ganz ist freilich dieses Vorhaben nie geglückt, aber dennoch war der Erfolg soweit vollständig, dass die Araber nur auf Schleichwegen geringe Mengen nach dem Roten Meere hineinbringen konnten und Portugal für den ganz überwiegenden Teil die Versorgung Europas mit den Erzeugnissen des Ostens an sich gerissen hatte. Portugal gelangte hierdurch und durch die Beute des Ostens in einem Zeitraume von wenigen Jahren zu einem Reichtume und einer Ueberfülle, die in jenen Zeiten märchenhaft waren. Lissabon wurde nicht nur der Stapelplatz Europas für die Gewürze, sondern die alljährliche Ausrüstung der grossen Geschwader, die Lebenshaltung der reich aus dem Osten Zurückgekommenen und das Zusammenströmen der Edelmetalle wirkten mit, dass sich diese Stadt zum Haupthandelsplatz auch aller anderen Industrieerzeugnisse aufschwang. Leicht und billig waren diese Erfolge nicht errungen. Grosser Wagemut gehörte zur Aufnahme der Indienfahrten in grösserem Massstabe. Entsetzlich grosse Opfer an Menschenleben forderten die Seefahrten, Strandes, Ostafrika. 8 - 114 Kämpfe und Krankheiten. Es wäre Unrecht, die Erfolge der Portugiesen allein dem zuzuschreiben, dass sie zufällig die ersten Europäer waren, die im Indischen Ozean erschienen, oder dass sie durchgehends nur schwächlichen Widerstand auf ihren Eroberungszügen fanden. Im Gegenteil, ein näheres Eingehen auf die Ereignisse weckt Bewunderung für ihren hohen Unternehmungsgeist und Heldenmut. In Francisco d'Almeida und besonders in Affonso d'Alboquerque sind Männer zu achten, die wirklich nicht nur durch ihre Erfolge, sondern auch durch ihre Thaten und Gesinnung gross waren. Freilich mit Sanftmut wurde der Osten nicht erobert. Entsetzliche Grausamkeiten, Habgier und Zügellosigkeiten begegnen einem auf Schritt und Tritt bei der Verfolgung ihrer Geschichte. Hohe wie Niedrige waren daran beteiligt. Doch bei diesen Erscheinungen darf man nicht vergessen, dass kaum geringere Gräuel in der gleichen Zeit überall in Europa in den Kriegen, auch von Christen gegen Christen, verübt wurden, und dass damals die allgemeine Gesinnung jedes Uebel, das Heiden und Muhamedanern zugefügt wurde, kaum anders als des Lobes wert betrachtete. Nach Gaspar Correa. Nuno da Cunha. Die zweite Zerstörung von Mombasa. Wie schon öfters durch dieselbe Ursache andere ostafrikanische Orte, geriet Mombasa im Jahre 1528 in Not, als Nuno da Cunha, ein neuernannter Generalgouverneur des Ostens, nach einer äusserst ungünstigen Reise von Portugal zu spät den Indischen Ozean erreichte, um den Südwest-Monsun für die Durchquerung des Arabischen Meeres zu benutzen, und hierdurch Zeit fand, sich den ostafrikanischen Angelegenheiten zu widmen. Mit elf Schiffen und 25oo Mann Truppen hatte Nuno da Cunha am i8. April 1528 Lissabon verlassen. Nachdem verschiedene Schiffe, darunter sein eigenes, untergegangen waren und sich andere Schiffe von ihm getrennt hatten, befand er sich erst im September mit nur zwei Schiffen an der Ostküste AfrikaS und suchte Melinde. Da man von den untergegangenen Schiffen die Ueberlebenden übergenommen hatte, waren auf diesen zwei Schiffen 1144 Mann zusammengepfercht. Krankheit und Entmutigung waren allgemein, und dazu konnten die Piloten nicht ermitteln, in welcher Gegend man sich befand. Umherirrend wurden in einer Nacht um die Schiffe herum plötzlich Riffe entdeckt, und um nicht zu scheitern musste Anker geworfen werden. Bei Tagwerden fand man die Gefährlichkeit der Lage bestätigt. Um zu erkunden, wo man sei, sowie um möglichst einen Lotsen zu gewinnen, wurde ein Boot nach einer naheliegenden Ortschaft gesandt, doch die Neger verhinderten mit Pfeilschüssen und Wurfspeeren die Landung und töteten und verwundeten mehrere der Bootsbesatzung, Einer zweiten an Land gesandten, stärkeren Abteilung gelang es zwar, die Verteidiger zu vertreiben, doch wurde damit gleicher Zeit bewirkt, dass die ganze Bevölkerung der Ortschaft flüchtete, sodass keine Auskunft über die Gegend, in der man sich befand, erlangt werden konnte. In der folgenden Nacht wurden nun nochmals Freiwillige mit dem Auftrage an Land geschicke, sich im Stillen eines Eingeborenen zu bemächtigen. Diese hatten den guten Erfolg, dass sie einen alten Araber 8* - II6 ergriffen und ins Boot schleppten, von dem man erfuhr, dass man sich bei der Insel Zanzibar befand. Dass Glück wollte, dass der Gefangene sich selbst als den ältesten und erfahrensten Lotsen der Gegend bezeichnen konnte. Unter seiner Leitung wurden die Schiffe am nächsten Tage glücklich aus den Untiefen herausgesteuert und vor der Stadt Zanzibar zu Anker gebracht. Zanzibar war seit einigen Jahren in freundschaftlichere Beziehungen zu den Portugiesen getreten. Im Jahre 1522 hatten die Portugiesen zu Gunsten der Herrscher von Zanzibar und Pemba mit der Mannschaft zweier Schiffe, die in Mozambique überwinterten, einen Kriegszug gegen die Kerimba-Inseln unternommen. Diese Inseln, die von Zanzibar und Pemba abhängig waren, hatten sich, durch einen Neffen des Königs von Mombasa aufgewiegelt, erhoben. Durch das Einschreiten der Portugiesen wurden sie zur Tributzahlung gezwungen und hierdurch wurde wieder den Herrschern von Zanzibar und Pemba die Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber den Portugiesen möglich.1) Derartig wurde Nuno da Cunha in Zanzibar gut aufgenommen, und die kranke Schiffsbesatzung mit Erfrischungen versorgt. Die Annehmlichkeit und die Erholungen, die Zanzibar bot, waren so gross, dass Nuno da Cunha, als er nach kurzem Aufenthalte wieder unter Segel ging, hier 2oo Kranke zurückliess, die ihm erst nach ihrer Gesundung auf einheimischen Dhaus nach Melinde nachgesandt werden sollten.') Nuno da Cunha selbst erreichte mit seinen Schiffen am 8. Oktober Melinde. Trotzdem das Ende des SüdwestMonsuns nahe war und die Sachverständigen abrieten, beschloss er, noch die Ueberfahrt nach Indien zu versuchen. Er ging hierzu am 14. Oktober unter Segel, doch nach vergeblichen Bemühungen, gegen den inzwischen eingesetzten Nordost-Monsun aufzukreuzen, musste er umdrehen und am 6. November wieder vor Melinde ankern.') Er sah sich damit gezwungen, an dieser Küste die günstigere Jahreszeit abzuwarten.4) Auf der ungeschützten Rhede und mit den geringen Hülfsmitteln Melinde's erschien dieses gefährlich und unthunlich, und so fiel denn die Wahl auf Mombasa als sogenanntes Winterquartier. Indessen der König von Mombasa zeigte wenig Neigung zur Aufnahme der Gäste. In der Furcht, dass ihm die Stadt genommen würde, wollte er wohl das Ankern der portugiesischen Schiffe in seinem Hafen gestatten und die Versorgung mit Lebens1) Barros III S. x85 ff. 2) Diogo do Couto, Da Asia. Dos feitos que os Portuguezes fizeram na Conquista e Descobrimento das Terras e Mares do Oriente. Lisboa I778 1I S. 5. 8) Dieselbe Erfahrung machten bis in unsere Zeit hinein nicht selten europäische Kriegs- und Handelsschiffe. Sogar schwache Dampfer haben gelegentlich nach erfolglosen Bemühungen nach Ostafrika umkehren müssen. 4) Barros IV' S. 272. - 117 mitteln und Wasser übernehmen, stellte aber die Bedingung, dass niemand von den Schiffen, ausgenommen die Einkäufer von Lebensmitteln, an Land kommen sollte.') Zur Bestrafung dieser Ungastlichkeit, und weil er sich thatsächlich für die Unterkunft auf Mombasa angewiesen fühlte, beschloss Nuno da Cunha, sich, wenn nötig gewaltsam, Aufnahme zu verschaffen.') Bestärkt wurde dieser Beschluss dadurch, dass auch die Könige von Melinde und Zanzibar über die stetigen Feindseligkeiten Mombasa's klagten und als deren einzig Ursache ihre Freundschaft für die Portugiesen hinstellten. Für den somit bevorstehenden Angriff auf Mombasa verpflichtete sich der König von Melinde, mit 8o0 Mann Beistand zu leisten. Da indesserr Nuno da Cunha fürchtete, dass durch deren Ansammlung der Bevölkerung von Mombasa Zeit zu Verteidigungsvorbereitungen gegeben würde, begnügte er sich mit ungefähr 15o Mann, die sofort gestellt werden konnten. Auch die eigenen Hilfsmittel der Portugiesen waren während der Zeit der Anwesenheit in Melinde bedeutend gewachsen. Zufällig hatten sie daselbst zwei Schiffe angetroffen, die im Vorjahre von Lissabon ausgesandt waren, um Madagaskar und die ostafrikanische Küste nach Schiffbrüchigen abzusuchen. Ausserdem hatte sich ein Schiff, allerdings mit 15o Kranken an Bord, eingestellt, das zum Geschwader von Nuno da Cunha gehörte, aber schon als verloren betrachtet gewesen war, und ein fernerer Zuwachs war dadurch erfolgt, dass I8 Portugiesen mit einem kleinen Schiffe ankamen und in Gnaden aufgenommen wurden, die sich meuternd von Indien entfernt und auf eigene Hand Prisen gemacht hatten. Mit der derartig auf sechs Schiffe und 8oo kampffähige Portugiesen angewachsenen Macht und den genannten Hülfstruppen ankerte Nuno da Cunha am 17. November 1528 vor Mombasa. Hier stellt sich ein neuer Bundesgenosse in der Person des Königs von Otondo ein. Zwar versuchte der portugiesische Befehlshaber diese Hülfe abzulehnen, doch der Genannte verlangte dringend, an dem Kampfe teilzunehmen, um Gelegenheit zu haben, sich an dem Könige von Mombasa zu rächen, da dieser ihn früher verräterisch gefangen genommen und lange in Ketten gehalten hatte, bis er durch die Hülfe der benachbarten Sopangas (ein heute unbekannter Stamm) befreit worden war. ') Unter Voransendung von peilenden und lotenden Booten segelte das Geschwader in den Hafen hinein. Die Befestigung an der engen Einfahrt, die schon im Jahre 1505 bei dem ersten Angriffe auf die Stadt den Portugiesen einigen Schaden gebracht hatte, war bedeutend ver1) Gaspar Correa III, S. 312. 2) Couto IV II S. 6. 8) Barros IV S. 277-8. 118 - stärkt und mit acht grossen Geschützen ausgerüstet, die die Eingeborenen allmählich aus den an dieser Küste gestrandeten portugiesischen Schiffen geborgen hatten. Bedient wurden die Geschütze von vier portugiesischen Renegaten, die ihre Aufgabe derartig gut erfüllten, dass keines der einsegelnden Schiffe diese Stelle passirte, »ohne Holz und Blut zu lassen«. Doch von den Portugiesen wurde das Feuer nicht erwiedert, da sie noch hofften, zu einem friedlichen Einvernehmen zu kommen.') Am späten Nachmittage lag das ganze Geschwader vor der Stadt vor Anker, indessen die erwartete Ergebungsbotschaft vom Lande blieb aus, und es wurde offenbar, dass nur mit Gewalt das ersehnte Winterquartier erlangt werden könne. Eine Erkundungsfahrt im Boote über die beste Angriffsstelle ergab, dass diejenige Stelle, an der vor 25 Jahren der Sohn von Francisco d'Almeida gelandet war, durch versenkte Dhaus und Pallisaden unzugänglich gemacht worden war. Dagegen erkundete ein später in der Dunkelheit ausgesandtes Boot unter Führung eines arabischen Verräters, der schwimmend aus der Stadt auf die Schiffe gekommen war, eine Stelle nahe einer Moschee, oberhalb der Stadt, wo die Landung leicht erschien. Auch hörte man durch denselben Verräter, das3 zwar 3ooo Bewaffnete in der Stadt ständen, dass aber grosse Mutlosigkeit herrsche und voraussichtlich der Widerstand gering sein würde.') In der Nacht wurde die Stadt, um Schrecken zu bereiten, mit den Geschützen beschossen, wogegen die Eingeborenen, indem sie das Aufblitzen der Schüsse -zum Ziele nahmen, die Schiffe mit Pfeilen überschütteten, die dicht und stetig wie Regen fielen. Im grauenden Morgen landete Nuno da Cunha mit 450 Mann, unter denen 6o Büchsenschützen waren, an der erkundeten Stelle.') i 5o ausgewählte Leute, meistens Edelleute, darunter 3o Büchsenschützen, wurden vorangeschickt, die das Gelände bis zu der Stadtmauer, die etwa ioo Schritte entfernt war, säuberten. Die Eingeborenen versuchten hier, gedeckt durch zahlreiche Gräber und hinter Gemäuer, die Portugiesen mit Pfeilschüssen aufzuhalten, wichen aber bald, fast ohne dass die Büchsen in Thätigkeit kamen, vor dem ungestümen Anlauf der Angreifer. Von einem Bollwerke, das nahe dem Stadtthore lag, und das mit fünf eisernen Kanonen besetzt war, welche ein portugiesischer Ueberläufer bediente, wurden einige Schüsse abgegeben, doch wurde auch diese Stellung bald geräumt.') Selbst hinter der Stadtmauer hielten 1) Lopez de Castanheda VII S. 211. 2) Couto 1 1n S. 9. 3) Barros IV S. 282. Gaspar Correa giebt Soo Mann, darunter 2o0 Büchsenschützen. Couto IVII S. 9 sagt 6oo Portugiesen, darunter 200 Büchsenschützen und über 3oo Eingeborene. ,) Couto I II S. io. 19 nur wenige Bogenschützen Stand, die aber auch die Flucht ergriffen, als sich die Angreifer auf die Mauern schwangen. Ohne weiteren nachhaltigen Widerstand konnten die Portugiesen in der geplanten Ordnung in die Stadt eindringen. Nur Ueberfälle durch einzelne Eingeborene, die aus den Häusern herausstürzten und sich geradezu aufopferten, brachten noch Gefahren. Der romantische Sinn jener Zeit erklärte diese Ueberfälle damit, dass einige angesehene Frauen den Männern Vorwürfe gemacht hätten, sie gäben mutlos und unritterlich die Stadt preis und setzten damit Frauen und Geliebten den Unbilden eines Lebens in der Wildnis bei den Negern aus. Verschiedene »Edelleute« von Mombasa hätten hierauf den Beschluss gefasst im Kampfe zu sterben und hierdurch wenigstens den Frauen bessere Ursache zum Weinen zu geben.') Nur 25 Verwundete, von denen später einige an den empfangenen Giftwunden starben, hatte die Einnahme der Stadt gekostet. Nuno da Cunha selbst nahm sein Quartier in der festungsartigen Behausung des Königs. Die umliegenden Stadtteile wurden den verschiedenen Kapitänen mit ihren Mannschaften zugeteilt. Da die Stadt zu gross war, um sie mit Sicherheit ganz behaupten zu können, wurde der besetzte Teil durch Verrammlungen der engen Strassen und durch Wälle und Gräben abgesperrt. Die Räumung der Stadt war von den Eingeborenen schon vor dem Angriffe beschlossen gewesen. Das Beste der Habe war darum schon vorher in Sicherheit gebracht worden. Dennoch wurden als besonders will. kommene Beute grosse Vorräte von Getreide gefunden. Auch einzelne bedeutende Schätze an Gold, die ihre Finder auf Lebenszeit zu reichen Leuten machten, sollen von den Plünderern entdeckt worden sein. An dem Tage, welcher der Besetzung der Stadt folgte, wurden 200 Portugiesen zur Einnahme des Festungswerkes ausgeschickt, das an der Hafeneinfahrt lag. Die Einnahme und die Eroberung der Geschütze gelangen ohne Schwierigkeit. Bei der Rückkehr aber wurden die Portu. giesen von zahlreichen Feinden umschwärmt. In der Hitze und auf schlechten Wegen, und gehindert durch das Mitschleppen der eroberten Kanonen, kamen die Portugiesen nur langsam vorwärts und wurden dabei aus dem dichten Buschwerke von den Eingeborenen mit solchem Erfolge beschossen, dass die Abteilung nur nach einem Verluste von 20 Toten und Verwundeten die Stadt wieder erreichen konnte. Dieses war der Beginn des Ungemaches, und auch ferner kamen die Portugiesen in dem erkämpften Quartiere nicht zur Ruhe. Täglich erschienen die Eingeborenen zum Angriffe. Durch Beschiessen mit Pfeilen, sogar der Wohnung von Nuno da Cunha selbst, reizten sie die Portugiesen zum Verlassen der Stadt. Bei der Verfolgung der ') Barros IV S. 285 u. A. - 120 Ruhestörer in dem dichten Gestrüpp und Buschwerk der Umgebung der Stadt waren dann die Eingeborenen stetig im Vorteile und konnten denPortugiesen Verluste zufügen, ohne solche selbst zu erleiden. Auch das Niederschlagen und Abbrennen des Baumwuchses brachte keine Ruhe. Scharenweise drangen die Eingeborenen in den unbesetzten Teil der Stadt ein, um zu rauben, und obgleich sie stets unter Verlust einiger Toten verjagt wurden, fanden die Scharmützel kein Ende. Die Portugiesen wussten, dass die Eingeborenen sich etwa eine halbe Meile vor der Stadt gelagert hatten, indessen hatten sie keine nähere Kunde, wie gross deren Anzahl war, und in welcher Weise sie sich befestigt hatten. Ein nächtlicher Weile von einigen Edelleuten gemachter Versuch, nach Heranschleichung an das feindliche Lager einen Gefangenen zu machen, um durch einen solchen die erwünschte Aufklärung zu erhalten, misslang. Allerdings glückte es bei diesem Streifzuge einen Araber dingfest zu machen, doch das Mitschleppen war bei dem Sträuben und der besonderen Körperschwere dieses Gefangenen unmöglich, worauf der Unglückliche niedergemacht wurde und ihm ein Arm zur Mitnahme und zum Beweise einigen Erfolges abgehackt wurde.') Diese nächtliche Beunruhigung veranlasste aber, dass die Eingeborenen ihr Lager weiter von der Stadt ab ins Innere der Insel verlegten. Indessen die Angriffe der Eingeborenen nahmen ihren Fortgang. Auch die Massregel, dass die Portugiesen in der ganzen Umgebung alle Boote zerstörten, um den Verkehr zwischen der Insel Mombasa und dem Festlande zu verhindern, hatte keinen Erfolg, Schliesslich glaubten sie sich nur dadurch Ruhe verschaffen zu können, dass sie die ganze Insel von den Eingeborenen säuberten. Doch ihre eigene Mannschaft war hierzu unzureichend, und sie mussten nach Hilfstruppen Umschau halten. Nur mit Kräften, die den Eingeborenen im Buschkriege gewachsen waren, war Erfolg zu erwarten. Auf einen bezüglichen Ruf erschienen 500 Mann, die der König von Melinde bereitwillig entsandte. Weiter stellte auch der König von Montangane, einer Stadt in der Nähe von Mombasa, die zweifelsohne das heutige Mtangata ist, 2o Mann. Ebenso sandten die Herrscher von Zanzibar und Pemba Hülfstruppen und dazu reichliche Geschenke. Die ganze Gegend ergriff freudig die Gelegenheit, sich an Mombasa für früher erlittenes Ungemach zu rächen und an der Beute, die in Aussicht stand, teilzunehmen. Schon die Fahrzeuge, die die Hilfstruppen aus Melinde gebracht hatten, kehrten beladen mit Beute zurück, die aus der verlassenen Stadt zusammengeschleppt war. Unterstützt durch die eingeborenen Hilfstruppen gelang es endlich, ) Couto III S. 13. - 121 die Mombasa-Leute von der Insel zu vertreiben. Jenseits der Makupa-Furt am festen Lande setzten sie sich fest. Doch auch jetzt fanden die Portugiesen die ersehnte Ruhe noch nicht. Wieder und wieder erschienen die Feinde, durch die Furt kommend, auf der Insel, ja in der Stadt selbst. Weniger Kampfeslust als Hunger und das Verlangen, Nahrungsmittel zu erbeuten, zwang sie zu diesen Unternehmungen, die den Portugiesen stets neue Opfer kosteten. Aufs Aeusserste durch diese nicht endenden Kämpfe und Verluste und durch die zahlreichen Erkrankungen seiner Mannschaft gereizt, beschloss Nuno da Cunha, an Mombasa weitgehendste Rache zu nehmen. In der Absicht, keinen Stein der Stadt auf dem andern zu lassen, begann er die Häuser niederzureissen oder zu verbrennen und die Palmen abzuhacken. Durch diese Massregel in Verzweiflung versetzt, sandte der König von Mombasa eine Botschaft, dass er, um die Stadt zu retten, bereit wäre, sich dem Könige von Portugal zu unterwerfen. Durch Unterhändler kam darauf ein Vertrag zu stande, nach dem der König von Mombasa sich zum Vasallen Portugals mit einem jährlichen Tribut von 500 Metikal Gold (= M. 6ooo.-) erklärte, alsBrandschatzung fürNichtzerstören der Stadt eine Zahlung von 12000 Metikal (-= M. 144000.-) versprach und sich verpflichtete, dem Könige von Portugal zu dienen sowie keine Feinde der Portugiesen in der Stadt aufzunehmen. Der Tribut für drei Jahre wurde miteins im voraus bezahlt. Nach Verabredung dieses Friedensschlusses entwickelte sich einiger Verkehr zwischen den Portugiesen und den Mombasa-Leuten, doch die Mahnung um Zahlung der Brandschatzung störte bald wieder das Einvernehmen. Um einen Druck auszuüben, liess Nuno da Cunha aufs neue mit der Zerstörung von Häusern und Palmen beginnen, und erreichte damit, dass 500 Metikal (= M. 6000.-) auf den schuldigen Betrag angezahlt wurden. In weiteren Verhandlungen wurde die Loskaufsumme von 12000 (= M. 144000.-) auf 7000Metikal (=M. 84000.-) herabgesetzt. Um festzustellen, in welcher Weise dieser Betrag auf die Hauseigentümer zu verteilen sei, erschienen einige der angesehensten Eingeborenen in der Stadt. Es wurde ermittelt, dass noch über 900 grössere Häuser standen. Doch die Beobachtungen, welche die Mombasa-Leute bei dieser Gelegenheit machten, veranlassten, dass sie sich der Aufgabe, zu deren Erledigung sie gekommen waren, nicht ernstlich widmeten. Sie fanden, dass die Ueberzahl ihrer Peiniger krank war, dass viele schon gestorben waren, und nahmen an, dass Nuno da Cunha, um mit dem Reste seiner Mannschaft dem Erliegen durch Krankheit zu entgehen, den Platz bald verlassen würde. In Wahrheit war die Lage der Portugiesen eine so schlechte, dass jene Annahme Berechtigung hatte. Krank von den Schiffen gelandet, 122 Tag und Nacht unter den Waffen, ohne Ruhe und auf die ungewohnten Nahrungsmittel des Landes angewiesen, das nur Hirse und Reis bot, hatten Krankheiten in erschreckendem Masse um sich gegriffen, und Ende Januar wurden schon über 200 Tote gezählt. Darunter befanden sich zwei Brüder von Nunha da Cunha und viele der bedeutendsten Anführer. Wiederholt wurde Nuno da Cunha gedrängt, sein eigenes Leben für wichtigere Zwecke aufzusparen und wenigstens selbst einen gesünderen Platz aufzusuchen. Doch er beschloss auszuharren. Fortwährend wechselten bald Verhandlungen, bald Kämpfe mit den Eingeborenen. Einen Zug, den die Portugiesen nach Makupa unternahmen, um wieder einmal den Störenfrieden die Benutzung der Furt zu verleiden, verlief unglücklich, dagegen gelang es, ein Lager derselben jenseits des Hafens, im Norden, zu überfallen. Grosse Erleichterung brachte in der unglücklichen Lage das Eintreffen eines Fahrzeuges, das von dem Gouverneur von Ormus mit Lebensmitteln gesandt war. Neue schwere Verluste erlitten aber die Portugiesen wieder dadurch, dass sie Jagd auf eine Dhau machten, die von Kambaja mit reicher Ladung eintraf. Diese Dhau war vor Mombasa erschienen, und als sie hier unerwartet Portugiesen traf, wieder nach See zu gegangen. Verfolgt durch ein kleineres Schiff und zwei Boote der Portugiesen, flüchtete sie wieder nach Land zu, in einen benachbarten engen Meeresarm hinein, wo sie festlief. Hier bemächtigten sich die Verfolger, trotz heftigen Widerstandes, der Prise, doch mit dem Ausrauben der reichen Ladung beschäftigt, versäumten sie, auf die eintretende Ebbe zu achten, und das Schiff lief trocken. Unglücklicherweise war die Stelle im Bereiche der Geschütze (?) eines in der Nähe befindlichen Verhaues aus Palmstämmen. Durch das Feuer dieser, durch Pfeilschüsse vom hohen Ufer und schliesslich im Handgemenge mit der angreifenden Besatzung der Dhau sowie der Mombasa-Leute gerieten die Portugiesen in eine solche Bedrängnis, dass sie das Schiff, das von den Eingeborenen in Brand gesetzt war, aufgaben und sich unter Zurücklassung von 40 Toten und vielen Verwundeten in die Boote zurückziehen mussten.') Ja, nach anderen Berichten wurde sogar die gesamte Bemannung des Schiffes und der beiden Boote, mit Ausnahme nur eines Mannes, der sich rettete, aufgerieben.2) Ueber diese Ereignisse war allmählich das Ende des März und der Beginn des Südwest-Monsuns herangekommen, mit dem das Geschwader die Weiterreise nach Indien antreten konnte. Schon vor dem Angriffe auf Mombasa hatte Nuno da Cunha in Erwägung genommen, den König ) Gaspar Correä III S. 315 und 316 u. A. 2) Barros IV I S. 303. - 123 dieser Stadt abzusetzen und an seiner Stelle einen Angehörigen der MelindeHerrscherfamilie einzusetzen. Er hatte hierzu Munho (Muigni) Mohamed, einen Neffen des derweiligen Königs und Sohn des früheren Königs erwählt, doch hatte dieser von vornherein die ihm zugedachte Würde abgelehnt, da er sich als Sohn einer Negersklavin für ungeeignet erachtete, dagegen einen jüngeren Bruder, mit Namen Cide Bubac (? Said Abubakr), in Vorschlag gebracht, der mütterlicherseits von den Kilwa-Königen abstammte und für sich selbst nur, unter seinem Bruder, die Würde eines Statthalters erbeten.1) Mit der nahe bevorstehenden Abreise wurden die Beratungen, was mit Mombasa zu machen sei, wieder aufgenommen. Gemäss den früheren Plänen und in Anerkennung der Dienste, die Melinde stets geleistet hatte, wurde dem genannten Cide Bubac die Stadt als portugiesischer Lehn angeboten. Dieser indessen wollte das Geschenk nur dann annehmen, wenn ihm eine portugiesische Besatzung von 15o Mann belassen würde, da er ohne eine solche nicht glaubte sich halten zu können. Hierzu konnte' sich Nuno da Cunha nicht verstehen. Da ferner die vereinbarte Brandschatzung von den MombasaBewohnern nicht gezahlt war, wurde beschlossen, die Stadt gründlich zu zerstören. Für dieses Vorhaben wurden die verschiedenen Stadtviertel den eingeborenen Hülfsvölkern zugeteilt. Die Lehmhütten wurden abgerissen und deren Stangengerippe und Palmblattbedeckung in den grösseren Steinhäusern zusammengetragen. Dann, während sich die Portugiesen und Bundesgenossen einschifften, wurde das Ganze angezündet. Der Erfolg war ein vollkommener, »das Heulen des Feuers, die Rauchsäulen und das Krachen des zusammenbrechenden Mauerwerks glichen der Hölle«') und von der vor noch vier Monaten stolzen Stadt blieben nur Asche und Ruinen übrig. In Befürchtung neuer Angriffe der Eingeborenen waren während der Niederbrennung der Stadt und der Einschiffung bewaffnete Boote bei der Furt Makupa stationiert, doch ohne Belästigung konnte der Abzug bewerkstelligt werden. Das Quartiergeld, das die Portugiesen in Mombasa zurückliessen, war ein erschreckend hohes. 370 Mann waren ihnen in diesen vier Monaten Aufenthalt, teils durch Kämpfe, teils durch Krankheiten gestorben.') Unter der begründeten Annahme, dass die Gesamtzahl der Mannschaften, die in Mombasa waren, unter i5oo Köpfe betragen hat, ist der vierte Mann gestorben. Als Art der Krankheit wird nur Fieber genannt. Kaum verständlich sind bei Vergleichung mit dem jetzigen Gesundheitszustande der ostafrikanischen ) Barros IV S. 270-276. 2) Barros IV S. 305. 8) San Roman S. 452, Couto III S. 13 und Castanheda VII S. 215; Gaspar Correa III I S. 315 beziffert den Verlust auf 300 Mann. - 124 Küste, und insbesondere Mombasas, diese Verluste durch Fieber allein, und es liegt nahe, an andere epidemische Krankheiten zu denken. Doch ähnliche grosse Sterblichkeit war unter der Mannschaft der in Ostafrika überwinternden Schiffe keine Seltenheit. Insbesondere Mozambique hat sich den Ruf erworben, dass dort in den ersten 50 Jahren seit dem Erscheinen der portugiesischen Schiffe im Indischen Ozean mehr Portugiesen begraben sind, als in demselben Zeitabschnitte in irgend einer Stadt Portugals. So wird berichtet, dass von zwei Schiffen, die gleichfalls zu dem Geschwader von Nuno da Cunha gehörten, und die sich in den letzten Tagen vor der Abreise von Mombasa oder bald darauf in Melinde mit diesem wieder vereinigten, während des viermonatigen Aufenthaltes in Mozambique 450 Mann gestorben waren, wogegen man höchstens eine anfängliche Gesamtbesatzung von 1200 Mann anzunehmen hat. Für Mombasa bestätigte sich in diesen Monaten wieder einmal die Berechtigung einer Redensart, welche die Eigenart verschiedener ostafrikanischer Städte bezeichnen sollte, und welche schon seit den Zeiten von Vasco da Gama gängig war. Man sprach von »Damas de Melinde, Cavalleiros de Mombaga ) d. i. »Damen von Melinde und Ritter von Mombasa«, oder freier übersetzt: Annehmlichkeiten in Melinde und blutige Köpfe in Mombasa. Zwar als Ueberwinder konnten die Portugiesen äbziehen, doch ohne nachhaltigen Erfolg gegenüber diesem Platze. Dagegen hatte die Bundesgenossenschaft ihre Beziehungen zu Zanzibar, Pemba und Melinde fester gekittet und noch andere ostafrikanische Städte suchten die Freundschaft der Portugiesen, da sie ein gleiches Schicksal wie Mombasa fürchteten. So war es für Nuno da Cunha eine besondere Genugthuung, dass nach seiner Ankunft in Melinde, Gesandte aus Barawa erschienen, das sein Vater Tristäo da Cunha im Jahre i5o6 zerstört hatte, und ihre Stadt mit einem jährlichen Tribute von 250 Metikal Gold (= M. 3000.-), ausser sonstigen Verpflichtungen, Portugal unterwarfen, auch miteins den Tribut auf drei Jahre entrichteten.') Andererseits war die Zerstörung von Mombasa auch die Ursache weitere Kämpfe in Ostafrika. Nuno da Cunha hatte in den ersten Tagen des April, nach Ormus segelnd, Melinde verlassen, als sofort Mombasa um Rache zu nehmen gegen Melinde zog, Nur durch den Umstand, dass von dem Geschwader 80 Kranke in Melinde zurückgelassen waren, die helfend in die Verteidigung eintreten konnten, blieb die Stadt von dem gleichen Verhängnis verschont, das sie der Angreiferin mitbereitet hatte.") ) Goes S. 84. 2) Barros IVI S. 305. 8) Barros.IV I S. 307. - 125 Dreizehn Jahre später, in den Jahren 1542 und 1543, hatten die Portugiesen wiederum Veranlassung, in Ostafrika kriegerisch aufzutreten. Türkische Fahrzeuge aus dem Roten Meere hatten die Portugiesen und deren Freunde an dieser Küste beeinträchtigt, und um ihnen entgegenzutreten, wurde eine Flotille von vier kleineren Fahrzeugen mit einer Besatzung von ioo Mann unter Joao de Sepulveda ausgeschickt. Der einzige über diese Unternehmung erhaltene dürftige Bericht ist von diesem Befehlshaber selbst geschrieben. Hiernach erreichte das kleine Geschwader im August 1541 Melinde und wandte sich einige Monate später, gegen Ende des Südwestmonsuns, durch Melinde-Leute verstärkt, gegen Mukdischu. Bei dieser volksreichen Stadt will Joäo de Sepulveda gelandet sein und nicht nur die am Strande aufgezogenen Fahrzeuge, sondern auch die Stadt selbst zerstört haben. Dann segelte er nach einem sechs Leguas nördlicher liegenden Wasserplatze (Warschek?), der wegen seines guten Ankergrundes für kleinere Fahrzeuge viel von arabischen und türkischen Schiffen aufgesucht zu werden pflegte, um hier gemäss seiner Aufgabe den türkischen Seglern aufzulauern, die von dem Norden -vor dem Winde steuernd, mit dem ersten Wehen des Nordostmonsuns zu erwarten waren. Indessen nach einigen Tagen musste er erfahren, dass in diesem Jahre keine Türken kommen würden, und segelte darauf mit dem inzwischen eingesetzten Nordostmonsun, im November, nach Mukdischu zurück. Hier will er jetzt Frieden geschlossen haben. Dann wandte er sich gegen Barawa. Auch diese Stadt behauptet er, wegen ihrer freundschaftlichen Gesinnung für die Türken, zerstört, aber auch ihr schliesslich Frieden gewährt zu haben. Drei portugiesische Ueberläufer sollen ihm hierbei übergeben worden sein. Weiter südlich segelnd, fand Joäo de Sepulveda die Küste bis Melinde hinunter friedlich. Auf Veranlassung des Melinde-Königes unternahm er sodann, unterstützt von 40o bis 5oo Mann Eingeborenen, verschiedene glückliche Streifzüge, gegen einige dieser Stadt seit Jahren feindliche Nachbarn. Weiter glaubte er sodann wagen zu können, auch Mombasa zu brandschatzen. Obgleich er dadurch gewarnt war, dass ihm die MelindeHülfstruppen die Gefolgschaft zu diesem Unternehmen verweigerten, unternahm er doch mit seiner kleinen Truppe das Abenteuer. Es gelang ihm auch ohne besondere Schwierigkeiten bis inmitten der Stadt vorzudringen, hier aber fand er so kräftigen Widerstand, dass er sich unter Zurücklassung von acht Toten und selbst schwer verwundet zurückziehen musste. Er selbst berichtet, dass seinRülckzug in schlechtester Ordnung erfolgt sei, und ist hiernach wohl anzunehmen, dass er sich glücklich hat schätzen dürfen, noch so billig davon gekommen zu sein. Mombasa soll durch neue lVauern stärker als früher befestigt, auch durch Ansammlung von Hülfskräften besonders auf die Verteidigung - 126 vorbereitet gewesen sein. Ein friedlicher Aufenthalt von 40 bis 5o Tagen in Zanzibar beschloss die Erlebnisse des Geschwaders in diesem Teile Ostafrikas.') Dieser Bericht ist besonders bemerkenswert, weil er aus der ganzen Portugiesenzeit das einzige kriegerische Unternehmen gegen Mukdischu überliefert. Obgleich der Bericht im übrigen, besonders durch das offene Bekenntnis des Misserfolges in Mombasa, einen glaubwürdigen Eindruck macht, ist kaum denkbar, dass es wirklich Joäo de-Sepulveda mit seinen schwachen Streitkräften gelungen ist, gegen die volksreiche Stadt Mukdischu mit seiner handvoll Leuten einen durchgreifenden Erfolg zu erringen. Wenigstens haben alle früheren und späteren Geschwader, die -mit Angriffsgelüsten erschienen, an dem Anblicke der Stadt genug gehabt. Wahrscheinlicher als eine wirkliche Zerstörung der Stadt ist eine kurze kühne Landung, die bald wieder nach Inbrandsetzung der auf dem Trocknen liegenden Fahrzeuge') und einiger Häuser endigte. Zu glauben ist auch, dass Mukdischu, ebenso wie Barawa, eingedenk der portugiesischen Waffenerfolge in Indien und im Persischen Golfe, einem Friedensschlusse zustimmte, der ihnen nichts auferlegte und Einstellung der Feindseligkeiten brachte. Weitere Bedeutung hatten diese Friedensschlüsse nicht. Mukdischu ist vor und nach diesen Begebenheiten die einzige Stadt in Ostafrika gewesen, die den Portugiesen dauernd trotzte, und über die sie niemals den geringsten Einfluss gewannen, ja, die ihnen stets als Feindin gegenüberstand. Als eine gelegentliche Ausnahme könnte eine Erzählung von Diogo do Couto ausgelegt werden, nach der im Jahre 1532 Dom Esteväo da Gama, ein Sohn von Vasco da Gama, in Seenot von dem Könige von Mukdischu und zwar aus Verehrung für seinen Vater, den Entdecker, ausgezeichnet behandelt worden sein soll.8) Indessen allein schon die Voraussetzung solcher empfindsamen Denkungsart bei einem Mukdischu-Könige macht diese Geschichte unglaubwürdig. 1) Ms. Liss. Corpo Chronologico. Parte J a, maýo 72, doc. No. 87, Mocambique jo. August 1542. 1) Für die Zeit des Südwestmonsuns, während welcher der hafenlose Strand dem vollen Wogenanprall des Ozeans ausgesetzt ist, werden noch heute in Mukdischu die Dhaus aufgezogen. Revoil S. 57 bringt eine schöne Abbildung, die das Zuwasserbringen der Dhaus und die damit verbundenen Spiele gegen Ende dieser Jahreszeit zeigt. 3) Couto IV I1 S. 227 If. 74 Friedensthätigkeit. Die Jahrzehnte, welche auf die Begebnisse folgen, die im vorhergehenden Abschnitte geschildert sind, sind ein Zeitraum, in dem Ostafrika von bedeutenderen kriegerischen Ereignissen verschont blieb. Zwar wird es an häufigen kleinen Zusammenstössen kaum gefehlt haben, aber die Chronisten haben aus dieser Zeit nichts zu berichten, und es darf hieraus angenommen werden, dass die Portugiesen wenigstens keine Veranlassung hatten, mit bedeutenderen Machtmitteln aufzutreten. Das Fehlen aller Berichte über Kriegszüge und Beute könnte auf feste Begründung der portugiesischen Oberhoheit und ruhiges Gedeihen von Handel und Verkehr gedeutet werden. Doch auch über friedliche Thätigkeit der Portugiesen an dieser Küste wird nichts oder wenig erzählt. Dagegen lassen aber Berichte, nach denen sich häufiger meuternde portugiesische Schiffe gerade hierher flüchteten und durch Ausplündern einheimischer Fahrzeuge Unheil anrichteten, und das stetige Erscheinen von handelnden oder seeräubernden türkischen Fahrzeugen aus dem Roten Meere sicher vermuten, dass die ostafrikanische Küste nördlich vom Kap Delgado nicht zu den Gebieten gehörte, in welchen die portugiesischen Machthaber ihre Oberherrlichkeit wirklich zur Geltung brachten. Eine direkte Bestätigung, wie jammervoll es mit der portugiesischen Herrschaft an dieser Küste in dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts bestellt war, ist aus einer genauen Aufstellung abzuleiten, welche die staatlichen Einnahmen und Ausgaben Portugals im Osten vom Jahre 1546 wiedergiebt. Während früher noch, wenn auch gewaltsam und unregelmässig, die Einziehung der Tribute betrieben wurde, ist das einzige, was in jener Aufstellung über die Finanzverhältnisse des nördlichen Ostafrikas gesagt wird, die Bemerkung, dass zwar Kilwa zu einer Tributzahlung von 2000 Metikal Gold (richtiger 15oo Metikal) verpflichtet sei, dass aber hiervon und auch dürch andere Abgaben nichts eingehe; indessen lebe man in Freundschaft mit Kilwa und dieser Platz, 128 ebenso wie die Inseln Pemba und Zanzibar, liefere viele Nahrungsmittel, an denen in Mozambique häufig Mangel sei. Weiter wird von Melinde berichtet, dass auch von diesem Platze Portugal keine Einnahmen habe, und tadelnd erscheint auch an dieser Stelle die Klage, dass der König von Melinde für seine stetige Freundschaft durch die schlechte Behandlung seitens der Kapitäne der portugiesischen Schiffe, die diesen Platz besuchten, nur Undank und Unrecht ernte.') Thatsächlich war das einzige staatliche Organ, welches Portugal nach der Aufgabe von Kilwa im nördlichen Ostafrika unterhielt, die Hauptmannschaft der Küste von Melinde (Capitania da costa de Melinde) mit dem Sitze in der Stadt Melinde. Die Anfänge dieser Behörde liegen in der staatlichen Handelsfaktorei, die schon im April des Jahres 1509 in Melinde errichtet wurde. Ihre Begründung scheint in Portugal zu einer Zeit beschlossen worden zu sein, als man dort von der Besetzung Kilwa's noch nichts wusste. Sie sollte insbesondere dem Einkaufe der Waren dienen, die für den Sofala-Goldhandel notwendig waren.2) Die Aufgaben dieser Hauptmannschaft von Melinde bestanden zweifelsohne mehr in allgemeiner Interessenverwaltung Portugals an dieser Küste als in wirklicher Verwaltung und Hoheitsausübung. Dauernd blieb auch mit ihr eine Handelsfaktorei verbunden, und es unterliegt keinem Zweifel, dass den Inhabern der Stellung der Betrieb dieses Handels wichtiger gewesen ist als ihre amtlichen Aufgaben. Ausser der Ausstellung von Schiffspässen ist über die amtliche Thätigkeit des Hauptmanns von Melinde nichts bekannt. Ebensowenig ist eingehender erkenntlich, in welcher Weise der Faktoreihandel betrieben worden ist. Sicher ist anzunehmen, dass kein direkter Handel mit Portugal bestand, und dass die Einfuhr und Ausfuhr ganz von Indien abhingen. Allerlei deutet darauf hin, dass dieser Handel niemals für Staatsrechnung, sondern immer als Eigenhandel des jeweiligen Amtsinhabers betrieben wurde. Vorwiegend wird der Posten als eine Gnadenzuwendung der Krone vergeben worden sein, doch auch die Verpachtung ist vorgekommen. Zu Gunsten dieses halbamtlichen Handels bestanden gewisse Vorrechte in der Einfuhr und Ausfuhr der wertvolleren Güter. Insbesondere durften, soweit erkenntlich ist, indische Baumwollwaren von keinem anderen eingeführt werden; ebensowenig durften Elfenbein, Kokusgarn, das für die Schiffswerften in Goa ein stets begehrter Artikel war, und GummiKopal ausgeführt werden. Gummi-Kopal ist zwar als solches in den portugiesischen Quellen nie bestimmt bezeichnet, doch spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, dass mit dem häufig genannten breu (Harz), genauer Gummi-Kopal gemeint ist. Wahrscheinlich sind ') Subsidios para a Historia Portugueza. 0 Tombo do Estado -da India para Simäo Botelho. Lisboa 1868, S. 16 ff. 2) Ms. Liss. Gavetas Antigas 15, Maýo 19 No. 22 und Annaes Maritimas V S. 497- 129 auch Ambergris und Wachs Monopole gewesen. Ambergris, eine Ausscheidung des Pottwals, wird stets unter den Reichtümern Ostafrikas aufgezählt. Der ausserordentliche Wert dieses Artikels (noch heute für feine Sorten bis M. 5000 pro kg) und sein zufälliges Antreffen als Seewurf reizten die Phantasie vor Jahrhunderten ebenso wie noch heute. Oefters wird von den Chronisten von dem Funde so grosser Stücke erzählt, dass dadurch die glücklichen Finder zu reichen Leuten wurden, ja, in einem Falle wird ein Stück, das bei Barawa in Ostafrika gefunden war, als von einer so ungeheuerlichen Grösse beschrieben, dass sich dahinter ein Mensch verbergen konnte.') Es ist keine Ursache, diese Angaben für übertrieben zu halten, da auch in der Jetztzeit ähnliche Funde vorkommen. Noch in diesem Jahrzehnte ist von Australien ein Stück im Gewichte von ungefähr 72 kg und im Werte von etwa M. 200 ooo nach Europa gelangt.) Da der Stoff leicht ist, ist wohl denkbar, dass sich hinter einem Klumpen ähnlicher Schwere ein zusammengekauerter Mensch verbergen kann. Ein umfassenderes Monopol als in den genannten Artikeln hat der Kommandant von Melinde nicht besessen. Neben ihm trieben portugiesische und indische Kaufleute ihren Handel. Gelegentlich griffen sie auf die dem Kommandanten vorbehaltenen Handelszweige über. So erwirkte Manoel Travossas, ein für Melinde neu ernannter Kommandant, vom Vizekönige von Indien am 27. November I561 eine Verfügung, nach der keiner, einerlei wer es sei, ohne besondere vizekönigliche Ermächtigung Schiffe nach der Küste von Melinde schicken durfte und kein Schiff ohne besondere Erlaubnis des Kommandanten Melinde, südlich gehend, passieren durfte.') In einer ferneren Verfügung vom 12. Dezember desselben Jahres werden sodann diese Bestimmungen noch dahin ergänzt, dass Schiffe nach Patta und der Küste von Melinde nur in Begleitung des neu ernannten Kommandanten und nachdem sie von diesem nach verbotenen Waren durchsucht worden waren, segeln durften.4) Für alle Uebertretungen war die Beschlagnahme von Schiff und Ladung, die eine Hälfte zu Gunsten des königlichen Schatzes und die andere Hälfte für den Angeber angedroht. Im gleichen Sinne war zur Aufrechterhaltung der Vorrechte des Melinde-Kommandanten im Jahre 155o in Lissabon in einer Instruktion für den Vizekönig D. Affonso de Noronha die Vor ) Fr. Joäo dos Santos, Ethiopia Oriental, Lisboa 1891, 1 S. 158. *) Handelsbericht von Gehe & Co., Dresden, April 1892, S. 4 ff und April 1895, S. 3. Das Vorkommen eines noch grösseren Fundes scheint nach dem Titel in folgender Druckschrift beglaubigt zu sein: Description de la piýce d'ambre gris que la Chambre d'Amsterdam a reýue des Indes Orientales, pesant 182 livres, avec un petit traitd de son origine et de sa vertue. Amsterdam 1700. ) Archivo Portuguez Oriental, Nova Goa 1857-1876, V S. 486. A) xrchivo, V S. 490-491. Strandes, Ostafrika. 9 - 130 schrift gegeben, Sorge zu tragen, dass der Kommandant von Mozambique und Sofala seine Fahrzeuge nicht nach Melinde entsende.1) Freilich wenige Jahre später wehte von Lissabon durch das Aufkommen genau gegenteiliger Ansichten für den Kommandanten von Melinde ein ungünstigerer Wind, denn unter dem 12. März 1562 erfolgte ein königlicher Erlass an den Vizekönig mit dem Inhalte, dass in Zukunft der Gummi-, Kopal- und Kokusgarnhandel an der Melinde-Küste überhaupt nicht wieder oder nur an den Kommandanten von Mozambique und Sofala verpachtet werden sollte, da von Melinde aus Ostafrika zu Ungunsten des Sofala-Handels mit Waren überschwemmt würde und die Eingeborenen durch die Pächter des Melinde-Handels bedrückt würden.') Offenbar ist dieser Erlass das Ergebnis der Gegenarbeit des MozambiqueKommandanten in Lissabon auf die Bevorzugungen, die von dem MelindeKommandanten, wie oben angegeben, in Goa erlangt waren, denn ausdrücklich wird in dem Erlass aus Lissabon gesagt, dass die Vorschriften zufolge derWünsche und Vorstellungen eines neuernannten Kommandanten für Mozambique erfolgt seien. Der Erlass bezeugt in seiner Fassung im vollsten Masse, dass man damals selbst an der leitenden Stelle in Lissabon durchaus nicht wusste, welche Anordnungen für den Handel in Ostafrika geltend waren, und ist es deshalb nicht zu verwundern, dass auch die Chronisten jener Zeit über diese Zustände keine befriedigende Auskunft hinterlassen haben. Die vorhandenen spärlichen Angaben lassen nur klar erkennen, dass das nördliche Ostafrika, ebenso wie die Länder der heutigen Provinz Mozambique und wie Ormus, eines der wenigen Gebiete des portugiesischen Kolonialbesitzes gewesen ist, in denen der Handel mehr oder weniger ein Vorrecht der Staatsangestellten war. In den übrigen Kolonien im Osten war, ausser der Ausfuhr, zuerst von allen Gewürzen, später nur von Pfeffer, die lange ein Staatsmonopol blieb, der Handel für alle Portugiesen frei. Nur die Schiffahrt auf den grossen Strecken war den staatlichen oder privilegierten Schiffen vorbehalten. Für die Beförderung ihrer Güter auf den Staatsschiffen hatten die Verlader in der Regel überhaupt kein Frachtgeld zu zahlen, sondern die Vergütung lag in den Zöllen. Für die privilegierten Schiffe waren staatsseitig die Frachtsätze festgesetzt. Beispielsweise war auch die Fahrt zwischen Goa und Mozambique ein Privilegium, das als königliches Gnadengeschenk an Bevorzugte für eine, zwei oder höchstens drei Rundreisen vergeben wurde, und dessen Erträgnis um das Jahr 1607 für jede Reise ) Francisco d'AndTada IV S. 72. 2) Archivo V S. 498. - 131 auf 250oo bis 30000 Pardaos (= ungefähr M. 102 500.- bis M. 123000.-) geschätzt wurde.') Mehr noch als über Melinde schweigen sich für diese Zeit die Chroniken und Urkundensammlungen über die portugiesischen Beziehungen zu den anderen ostafrikanischen Plätzen aus. _Nur beiläufig wird aus den Jahren 1554, 156o und 1569 erwähnt, dass portugiesische Schiffe in Seenot Mombasa anliefen. Etwas Einblick in die Verhältnisse gestattet die Erzählung von einer Fahrt längs der Küste, die Francisco Barreto, ein portugiesischer Kapitän, im Jahre 1547 unternahm. Er hatte sein Schiff, das seeuntüchtig geworden war, in Mozambique zurücklassen müssen und setzte auf einem kleinen, einheimischen Fahrzeuge die Reise nach Indien fort. Hierbei weilte er vier Tage in Kilwa, ohne indessen den König, trotz Bemühungen, sehen zu können. Die oben berichteten freundschaftlichen Beziehungen der Portugiesen zu dieser Stadt erscheinen hiernach sehr mangelhaft. Aus einem achttägigen Aufenthalte in Mombasa wird zwar berichtet, dass ein Geschenkaustausch mit dem Könige erfolgte, doch scheint auch hier ebensowenig wie in Kilwa der Reisende das Land betreten zu haben, denn erst bei dem nächstangelaufenen Platze Melinde wird von einem Besuche am Lande gesprochen. Weiter findet sodann Patta als der Platz Erwähnung, wo ein grösseres Fahrzeug zur Ueberfahrt ziach Indien gemietet werden konnte.2) Weitaus mehr Leben entwickelte sich in dem südlicher liegenden Mozambique dadurch, dass fast alle Schiffe, die nach und von Indien segelten, diesen Hafen zur Einnahme von Wasser und frischen Lebensmitteln anlie-fen, und dass hier häufig einzelne Schiffe und ganze Geschwader zur Abwartuig des Monsunwechsels monatelang überlagen. Ueber dieses hinaus hatte der Platz nur Bedeutung dadurch, dass von hier aus der wichtige Handel geleitet wurde, der in Sofala und den Zambesi-Mündungen mit indischen Baumwollstoffen gegen Gold und Elfenbein getrieben wurde. Sofala und Mozambique unterstanden einem Kommandanten, der bis ungefähr 155o mit seinem Wohnsitze zwischen den beiden Plätzen wechselte, später aber stetig in Iozambique seinen Sitz hatte und in Sofala einen Vertreter seiner eigenen WVahl hielt, die aber von dem Vizekönige gebilligt werden musste. Es war die Absicht, den Handel in Mozambique und Sofala ausschliesslich als ein Staatsmonopol zu betreiben. Thatsächlich gestaltete sich aber der Handel zu einem persönlichen Vorrechte des jeweiligen ) Livro da Fazenda S. 125. 2) Bernardo Gomes de Brito, Historia Tragico Maritima, Lisboa 1735, 1 S. 246 7. 9* - 132 Kommandanten, indem dieser bald für das Monopol eine Pachtsumme bezahlte, bald wieder nur als Vertreter der Krone den Betrieb leitete und nur einen Anteil an dem Gewinne oder dem Umsatze hatte. Die Vereinbarungen hierüber haben oft gewechselt. Neben diesem halbstaatlichen Betriebe suchten am Zambesi unabhängige portugiesische Händler, wenn auch im stetigen Streite mit dem Monopolinhaber, ihren Lebenserwerb. Der Posten eines Kommandanten von Mozambique galt für den besten, der nächst der Vizekönigswürde im portugiesischen Kolonialreiche erhältlich war, denn auf 200 ooo Dukaten (M. I 840 ooo.-) wurden die Einnahmen des Inhabers während seiner dreijährigen Amtsdauer geschätzt.') Diese Schätzung erscheint allerdings dadurch sehr hoch gegriffen, dass im Jahre 1631 der Vizekönig Conde de Linhares eine Anwartschaft auf diesen Kommandantenposten, die seiner Frau gehörte, nach seinen eigenen Angaben für nur etwas über 24 000 Xerafinen (= M. 49 68o. -) verkaufte.') Doch wie dem auch sei, der Posten war immerhin ein fetter, und sicher sind die Kommandanten mehr für sich als den Staat erfolgreich gewesen, denn stetig wiederkehrend erscheinen in den amtlichen Erlassen aus Goa und Lissabon die Klagen, dass der Betrieb des Tauschhandels, der für so gewinnreich gelte, dem Staate keinen Vorteil bringe. Nichtsdestoweniger war der Aufwand, der für Mozambique und Sofala gemacht wurde, bedeutend. Nach der bereits erwähnten genauen Staatshaushalts-Rechnung für 1546 wurden ausser der Lieferung von Tauschwaren im Werte von 5ooo bis 6ooo Pardaos (M. 33 250.bis M. 39 900.-) und ausser den Kosten, die die alljährliche Reise eines Schiffes zur Ueberführung dieser Waaren von Goa nach Mozambique machte, für Gehalt und Unterhalt für die Niederlassungen in Mozambique und Sofala und für die an der Küste stationierten vier kleinen Fahrzeuge jährlich 5 0344oo Reis (-= M. 127 200.83) verausgabt.') DieseAusgaben verteilten sich auf 172 Personen, die wahrscheinlich meistens geborene Portugiesen waren. Unter ihnen befanden sich neben den Militärpersonen und eigentlichen Beamten auch Aerzte, Aderlasser, Zimmerleute, Maurer, Schmiede und Schneider; sogar ein Ziegelstreicher erscheint unter den Gehaltsempfängern, und selbstverständlich fehlen auch Geistliche nicht. Erwähnenswerth sind die Bezüge, auf die die verschiedenen Stände Anspruch hatten. Es empfingen jährlich: ') Faria y Sousa III S. 515-6. Falao, S. 118, sagt (1607) 2ooooo Crusados (M. 1 547 000.-). 2) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 29 fol 149. ) Tombo do Estado da India, S. 7 ff. 33 an Gehalt an Kostgeld der Kommandant S 400.$ 24.der Civilverwalter , I2o., 15.die Aerzte , 30., 12.die Kaplane , 20.- bis $ 25., 9.die Schreiber , 60., 12.die Schiffsführer , 40.- , , 50., 9.die Bombardiere , 12.- ,, ,8.6o , 9.die Handwerker , 18., 9.die Soldaten , 12.- , , 18., 9.die Matrosen , 12., 9.die Schiffsjungen , 9., 9.Hiernach erhielten beispielsweise die höchstbezahlten Soldaten jeder M. 628.56 Baargehalt und Verpflegung zusammen im Jahre. Bei dieser geringen Besoldung ist aber in Betracht zu nehmen, dass jedenfalls viele der Angestellten Nebenverdienst hatten. Insbesondere die Schreiber, die die eigentlichen Beamten waren, hatten häufig nach Ausweis ihrer Bestallungen einen Anteil an dem Tauschhandel, gemäss der Grösse des Umsatzes. Irgendwelche direkte Einnahmen durch Zölle oder Abgaben hatte die portugiesische Regierung gegenüber diesen Ausgaben nicht, und wie kümmerlich ihr Vorteil aus dem Handelsbetriebe war, ist dadurch angedeutet, dass nach der Aufstellung, welcher obige Zahlen entnommen sind, Mozambique und Sofala schon seit zwei oder drei Jahren kaum ein Stück Elfenbein für Staatsrechnung nach Indien abgeführt haben sollten. Bestimmter noch wird in einem Finanzberichte aus dem Jahre 1552 geklagt, dass eigentlich Mozambique und Sofala 120 bis 15o Bahar Elfenbein (= 29750 bis 37 200 kg) alljährlich liefern sollten, dass dagegen im Vorjahre nur einige 20 Bahar angekommen seien, der Kommandant aber nichtsdestoweniger Baumwollwaaren und Perlen fordere und auf das Verlangen nach Abrechnung beleidigende Briefe schreibe und sich beklage, dass der Vizekönig ihm dasjenige nehmen wolle, was ihm der König bewilligt habe.') Die Goldausbeute wird in diesen Berichten mit keinem Worte erwähnt und auch von anderer Seite werden über den Umfang der Goldausbeute in dieser Zeit keine Angaben gemacht. Alles zusammengenommen lässt sich der wirtschaftliche und finanzielle Wert von Mozambique für die Krone Portugals für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts als nur sehr niedrig veranschlagen. Indessen Mozambique war wertvoll als Zwischenstation für den Schiffsverkehr zwischen Europa und Indien, und die Erhaltung dieses Besitzes ') In Subsidios: Cartas de Simio Botelho S. 29 u. 33. - 134- lag den Portugiesen sehr am Herzen. Insbesondere die Furcht vor den Türken, die wiederholt durch Angriffe die portugiesischen Besitzungen im Persischen Golfe und Vorderindien bedroht hatten, veranlasste in ungefähr dieser Zeit, dass für Mozambique die alten im Jahre 15o6 errichteten Verteidigungswerke, die ungefähr dort standen, wo sich heute der Gouverneurpalast (ein früheres 164o erbautes Jesuitenkollegium)) befindet, als unzureichend erachtet wurden und mit dem Bau der grossen Festungsanlage begonnen wurde, die noch heute an der Hafeneinfahrt steht. Wann genau dieser Bau begonnen ist, darüber herrscht keine Sicherheit, denn während von einer Seite berichtet wird, dass er im Jahre 1545 von dem Vizekönige D. Joäo de Castro auf seiner Ausreise nach Indien geplant und miteins in Angriff genommen sei,2) verlautet aus anderen Quellen, dass erst im Jahre 1558 der königliche Prinz D. Constantino de Braganga, ein gleichfalls nach Indien hinausgehender Vizekönig, auf seiner Durchreise in Mozambique mit grossen Feierlichkeiten den Grundstein gelegt habe, und dass die Pläne von einem Ingenieur herstammen, der seine Kunst in Flandern erlernt habe.') Vermutlich liegen zwischen dem ersten Plane und der Vollendung viele Jahre.4) Die Kommandanten sowohl von Melinde wie auch von Mozambique unterstanden den Befehlen des Vizekönigs von Indien. Eine im Jahre i 508 getroffene einmalige Anordnung, durch die Jorge d'Aguiar zu einem von Indien unabhängigen Gouverneur von Ostafrika, Arabien und dem Persischen Golfe ernannt wurde, trat dadurch nicht in Wirksamkeit, dass der Genannte gleich nach seiner Ankunft starb. Erst wieder im Jahre 1569 wurde Ostafrika von Indien dadurch vorübergehend unabhängig, dass sich der junge abenteuerliche König Sebastian von Portugal hatte überreden lassen, die Eroberung Monomotapa's, des Goldreiches im Hinterlande von Sofala, aufzunehmen, um die Goldschätze dieses Landes, die bisher nur spärlich zur Küste abflossen, gründlicher auszubeuten, und zu diesem Behufe Francisco Barreto, einen früheren Generalgouverneur von Indien, zum Statthalter von ganz Ostafrika, vom Kap Corrientes bis Kap Guardafui, mit dem Titel Eroberer der Königreiche von Monomotapa und unter Gewährung von Ranggleichheit mit dein Vizekönige von Indien, ernannte. Alle Absicht bestand, dieses Unternehmen ) Jacinto Freire d'Andrade, Vida de Joäo de Castro, Paris 1837, S. 25 u. 317. 2) Sebastiäo Xavier Botelho, Memoria Estatistica sobre os Dominios Portuguezes na Africa Oriental. Lisboa 1835, S. 331. 8) D. B. Machado, Memorias para a Historia de Portugal 'no tempo del Rey Dom Sebastiäo, Lissabon 1736, 1 S. 151. 4) Vergl. auch: Joaquim Jos6 Lapa, Paginas de Pedra, Mocambique 1893, Seite ii fr. - 135 nachdrücklichst durchzuführen. Dem neuen Gouverneur wurden hierzu alljährlich bis zur vollendeten Eroberung 50o Mann und IOO ooo Crusados (= M. 785 ooo.-) zugesagt. Mit drei Schiffen und IOOO Mann Truppen erreichte Francisco Barreto Mozambique, doch da er noch weiteren Nachschub erwartete, beschloss er, vorerst den nördlicheren Teil Ostafrikas zu besuchen. Eingehendere Nachrichten über diese im Jahre 1571 erfolgte Fahrt sind nicht erhalten, doch scheint sicher, dass die Hauptaufgabe war, den König von Patta, der sich in Empörung befand, zum Gehorsam zurückzuführen und die Tribute, die die meisten ostafrikanischen Fürsten seit langen Jahren schuldeten, einzutreiben, auch Lebensmittel für die spätere Expedition in Südafrika zu sammeln. Mit seiner gesamten Macht besuchte Francisco Barreto alle bedeutenderen Plätze der Küste. Ueberall fand er Gehorsam, und die rückständigen Tribute wurden bezahlt.') In Zanzibar hatte er Gelegenheit, zu Gunsten des Königs dieser Insel gegen einen Widersacher kämpfend einzutreten und ihn in seiner Herrschaft zu befestigen, wofür er als Dank die Abtretung der Insel an den König von Portugal erntete. Daheim in Portugal wurde diese Abtretung so ernst genommen, dass darüber eine Urkunde in dem Staatsarchive hinterlegt wurde. Begeistert schilderte Francisco Barreto in seinem Berichte die Insel Zanzibar als das herrlichste Land, was er je gesehen habe, und als das fruchtbarste Stück Ostafrikas; er verstieg sich dahin, zu behaupten, dass hier jeder Monat des Jahres eine Ernte von dem einen oder anderen Gewächse bringe, und Hungersnot nicht eintreten könne. Ausser Körnerfrüchten nennt er Zuckerrohr, Ingwer, Kokusgarn, Gummi-Kopal und viele Hölzer als Erzeugnisse.') Fast scheint es, dass er unter dem Banne des in Ostafrika verbreiteten SuaheliSprüchleins: Sengibari bendari akhiari Kulla shei tajari d. i. zu deutsch: Der beste Ort ist Zanzibar, Er bietet alles immerdar gestanden hat. Durch den kurzen Bericht eines Jesuitengeistlichen, der die Fahrt mitmachte, ist ferner bekannt, dass auf dieser Expedition auch Kilwa, Mafia, das von Kilwa abhängig war, Mombasa, Melinde und Patta besucht wurden. Von Mombasa wird in diesem Berichte erzählt, dass die Bevölkerung den Portugiesen stetig feindselig sei und letztere dort in grosser Gefahr stünden, vergiftet zu werden. In Patta fand man die Stadt ver ) Couto IX S 154. 2) Ms. Liss. Gaveta 2a, Maýo 6, No. 30. - 136 ödet, nur der König und einige angesehene Einwohner waren zurückgeblieben. Unter ihnen wird ein Oberpriester der ganzen Küste, vermutlich ein Religionsgelehrter, der in besonderer Achtung stand, besonders genannt. Der Frieden, den sie erbaten, wurde gegen Zahlung von 12 000 Crusados (M. 94 200.) teils in Geld, teils in Zeug und Getreide, gewährt, wofür aber die Patta-Leute bald nachAbfahrt des Geschwaders durch Ermordung einiger Portugiesen Rache nahmen.') Mit den eingetriebenen Barsummen und vielen mit Lebensmitteln beladenen Fahrzeugen kehrte die Expedition nach Mozambique zurück. Auch war man im stande gewesen, in Kilwa und an anderen Küstenplätzen von reiseerfahrenen Arabern Nachrichten über die Goldländer des Südens einzuziehen. Diese Expedition nach der nördlichen Küste Ostafrikas fand übrigens nicht die Zustimmung des Königs von Portugal, da er sie als eine Abweichung von der eigentlichen Aufgabe, die Eroberung Monomotapa's, betrachtete.2) Jedoch Francisco Barreto selbst scheint für die Ausführung dieser Hauptaufgabe keinen sonderlichen Trieb und jedenfalls keine Eile gehabt zu haben, denn, nach Mozambique zurückgekehrt, verfolgte er vorerst den Plan, den Zug nach Monomotapa wieder aufzuschieben und dem gerade in Bedrängnis befindlichen Vizekönige Indiens mit seinen Truppen zu Hülfe zu kommen. Schliesslich aber entschloss er sich doch, hiervon abzustehen und der Eroberung der Goldländer nachzugehen. Eine eingehendere Schilderung dieses Unternehmens würde aus dem Rahmen dieser Arbeit fallen und hier zu weit führen. Nur kurz sei angegeben, dass das erste Ziel der Unternehmung sein sollte, den Widerstand zu brechen, den die zwischen der Küste und dem eigentlichen Goldlande Manica herrschenden Häuptlinge dem direkten Handel entgegensetzten.') Dennoch nahm Francisco Barreto auf Anraten des ihm beigegebenen Jesuitenpaters Monclaros, an dessen Zustimmung er gemäss seiner Instruktion für alle Entschliessungen gebunden war, nicht den näheren Weg nach dem Innern über Sofala, sondern drang auf dem Quelimane-Flusse und dem Zambesi vorwärts. Alles nahm einen guten Fortgang, nur erfolgten Störungen dadurch, dass Monclaros eine friedliche Eroberung wünschte, während Barreto durch Waffengewalt einen schnelleren Erfolg suchte. Inmitten der Aufgabe wurde Francisco Barreto durch die Nachricht zur Küste zurückgerufen, dass sich sein Stellvertreter in Mozambique empört habe. Er starb auf dieser Reise in Sena am Zambesi. Als Ursache der Erkrankung wird 1) Relacäo da Viagem que fizeram os Padres da Companhia de Jesus com Francisco Barreto na conquista de Monomotapa no anno de 1569 feita pelo padre Monclaro da mesma companhia. Boletim da Sociedade de Geographia de Lisboa, Lisboa 1883, S. 498 ff. 2) Couto VlIS. 154. 1) Santos I S. ioo. - 137 der Gram genannt, den ihm die Streitigkeiten mit dem Pater Monclaros bereitet hatten. Vasco Fernando Homem, der nach dem Tode von Francisco Barreto den Oberbefehl übernahm, führte die Expedition auf Verlangen des genannten Jesuitenpaters zur Küste zurück und machte im folgenden Jahre einen neuen erfolgreichen Vorstoss von Sofala aus, auf dem es ihm gelang, Zimbabje und die ersehnten Goldminen wirklich zu erreichen. Doch dauernder Erfolg wurde hiermit nicht erzielt, denn anstatt, wie erwartet war, das Gold sackweise einschaufeln zu können, fanden die portugiesischen Eroberer, dass die Eingeborenen das edle Metall mühsam und mit Gefahr des Verschüttetwerdens zu graben hatten.') Die 200 Mann Besatzung, die im Lande zurückgelassen wurden, fielen wenige Jahre später (I575) in einen Hinterhalt und wurden niedergemacht, womit der direkte Einfluss Portugals in diesen Gegenden vorerst wieder sein Ende fand. Abschliessend sei hier noch erwähnt, dass auch in dem folgenden halben Jahrhundert bis ungefähr zum Jahre 163o von Sena und Tete am Zambesi aus die Portugiesen die Bemühungen zur Eroberung der Goldländer fortsetzten und bald Erfolge errangen, bald das Errungene wieder verloren, doch dass sie es nie zu einer dauernden Herrschaft über diese Gebiete brachten und auch nie selbsthätig die Goldgräberei betrieben. Indessen der Nutzen, der aus dem Goldeintausch gezogen wurde, ist sicherlich, wenn auch nicht für den Staat, so doch für die Beamten und Privatleute ein bedeutender gewesen. Zweifelsohne haben diese Eroberungsversuche des Goldlandes für die gesamte ostafrikanische Küste durch den Zusammenfluss der vielen Menschen und die grossen Ausgaben belebend gewirkt. Besonders Mozambique selbst wird davon seinen Nutzen gezogen haben. Um das Jahr 16oo wurde die christliche Bevölkerung der Stadt Mozambique auf 2000 Seelen geschätzt, wobei aber alle getauften Eingeborenen eingerechnet sind. Diese letzteren haben gewiss bei weitem die Ueberzahl ausgemacht, und viel über 2000 Köpfe hinaus wird auch die gesamte Einwohnerschaft der Stadt und Insel nicht gewesen sein, da in dem gleichen Berichte die übrige Bevölkerung als aus wenigen Muhamedanern bestehend genannt wird, die in einem getrennten Stadtviertel wohnten.') Für den geringen Umfang derKüstenschiffahrt und des Handels vonMozambique in der gleichen Zeit ist kennzeichnend, dass der Kommandant alljährlich ein kleines Schiff nach den Flussmündungen bei dem heutigen Lourengo Marques, eine Dhau nach Inhambane, ein Fahrzeug nach den KerimbaInseln, ein Schiff nach Madagaskar und ferner zweimal im Jahre je zwei 1) Santos I S. 1O2. 2) Santos I S. 270. - 38 Dhaus nach Sofala und nach den Zambesi-Mündungen schickte. Dass neben diesen Expeditionen irgendwelche andere Schiffahrt bestanden hat, ist bei der eifersüchtigen Sorge, mit welcher der Kommandant sein Handelsmonopol wahrte, nicht wahrscheinlich.') Ausser vom Handel ernährten sich in Mozambique selbst und in der unmittelbaren Nachbarschaft dieser Insel am Festlande portugiesische Ansiedler mit Hülfe von Sklaven von Viehzucht und Ackerbau, deren Erzeugnisse von den anlaufenden Indienfahrern gekauft wurden. Irgendwelchen Einfluss über die Küste hinaus besassen die Portugiesen nicht, ja selbst in der nächsten Nähe des bevölkerten Mozambique war ihre Herrschaft bestritten. Im Jahrzehnte I58O bis I59O waren die Makua in der Nachbarschaft von Mozambique im hellen Aufstande und in Folge dieses Zustandes wurde sogar eine Expedition von 40 Portugiesen kaum eine Tagereise von Mozambique fast gänzlich niedergemetzelt, ohne dass Vergeltung geübt werden konnte. Nur auf den Kerimba-Inseln scheint thatsächlichere Herrschaft und Einfluss geübt worden zu sein. Hier waren verschiedene Portugiesen als Landeigner ansässig, die durch ihre Sklaven Ackerbau, darunter Indigokultur betrieben, und denen die freie eingeborene Bevölkerung Landpacht durch Abgabe von 21 0/0 von den Erzeugnissen, auser dem Zehnten an die Kirche, zahlte.2) Im grossen und ganzen scheint hier auch ein glückliches Einvernehmen zwischen den Christen und Muhamedanern geherrscht zu haben. Es ging dieses so weit, dass sogar die beiderseitigen kirchlichen Feste gemeinsam gefeiert wurden. Hier auf den Kerimba-Inseln hatten auch die Missionen Erfolge aufzuweisen. Der Pater Joäo des Santos, der den Dominikanern angehörte, die seit dem Jahre 1587 in Mozambique ansässig waren, berichtet in seinem Werke, das für die Kenntnis Ostafrikas ausserordentlich wichtig ist, dass er selbst in der Zeit von 1593-1594, während welcher er auf diesen Inseln wirkte, 694 Heiden und Muhamedaner taufte, und dass die Gesamtzahl der von seinen Ordensbrüdern Getauften die hohe Zahl von I6ooo Seelen erreichte. Unter seinen Täuflingen nennt er auch einen Neffen und Erben des Königs von Zanzibar, der in dem Drange nach Bekehrung als Jüngling seinem Onkel entlaufen war und trotz aller Drohungen dieses Onkels gegen den Bekehrten und seinen Taufvater im christlichen Glauben, freilich in der Obhut des Dominikaner-Klosters in Mozambique, beharrte.3) Südlich des Kap Delgado ist somit in diesem Zeitraume, wenn auch nur für einzelne Punkte, eine wirkliche kolonisatorische Thätigkeit der Portugiesen nachzuweisen. Dagegen spricht nichts dafür, dass 1) Santos I S. 332. 2) Santos I S. 275. 8) Santos II S. 255-256. - 139 nördlich dieses Punktes damals portugiesische Ansiedlungen bestanden haben, die irgendwie einschneidend die alten Verhältnisse geändert oder gar den Gesittungszustand der Eingeborenen beeinflusst haben. Ausser der geschilderten Hauptmannschaft und Faktorei in Melinde, bestand nur eine unbedeutende Faktorei des Kommandanten von Mozambique auf der Insel Mafia, die sich mit dem Einkaufe von Gummi-Kopal und Wachs beschäftigte. Ausserdem mögen in den bedeutendsten Plätzen die Handelsagenten des Melinde-Kommandanten und ferner vereinzelt andere Portugiesen ansässig gewesen sein, die auf eigene Faust ihrem Lebenserwerb nachgingen, aber es kann als bestimmt gelten, dass es sich nur um wenige und zerstreut lebende Personen handelte. Nur von Pemba wird berichtet, dass daselbst eine grössere Anzahl von Portugiesen lebte, die das schlechte Klima der Insel willig gegen den Ueberfluss an Lebensmitteln ertrug. Als ein Beispiel für die Billigkeit wird angeführt, dass hier im Jahre 1611 So Hühner für einen Crusado (+ M. 7.87) erhältlich waren. Dennoch kann nach Zahlenangaben, die die portugiesischen Schriftsteller anlässlich der in den nächsten Abschnitten zu erzählenden Ereignisse anführen, angenommen werden, dass um 1586, nachdem doch eine lange Zeit der Ruhe gewesen war, die Gesamtzahl der nördlich vom Kap Delgado in Ostafrika ansässigen Portugiesen kaum So Köpfe betragen hat. Doch auch diese geringe Zahl war eine Plage für das Land. Ulter dem beliebten Vorwande, dass sie in Ausführung des königlichen Dienstes handelten, bedrückten der Kommandant, die Händler und die Mannschaften der anlaufenden Schiffe die Bevölkerung. Am schlimmsten ist es in dieser Hinsicht auf Pemba getrieben worden. Insbesondere landstreichende und müssiggehende ausgediente Soldaten übten hier eine richtige Schreckensherrschaft. Ein derzeitiger Chronist berichtet zur Kennzeichnung dieser Verhältnisse, dass den Eingeborenen sogar das Essen von dem Feuer geraubt zu werden pflegte. Wenn sich ein Huhn oder sonstiges Haustier der Eingeborenen auf das Grundstück eines Portugiesen verlief, wurde es unter dem Vorwande zurückgehalten, dass dieses Tier Christ werden wolle! Stolperte oder stiess sich ein Portugiese auf dem Gewese eines Eingeborenen, so musste der letztere trotz aller Unschuld Schmerzensgeld bezahlen! In jeder Beziehung wurde so gehaust, dass an der ganzen Küste in jener Zeit die Ausschreitungen auf Pemba geradezu sprichwörtlich wurden.1) Ein Blick auf die sonstigen portugiesischen Besitzungen im Osten zeigt für diesen Zeitraum zwar nicht denselben glanzvollen Aufschwung wie im ersten Vierteljahrhundert nach der Eütdeckung des Seeweges 1) Santos 1 S. 384. - 140 nach Indien, aber noch eine Entwicklung, in welcher die Erfolge die Misserfolge überwogen. Die eingeborenen Fürsten hatten sich zu kraftvollerem Widerstande gegen die fremden Eindringlinge aufgerafft, und Eroberungen und Handelsvorteile mussten ungleich schwerer errungen werden. Zu dem bereits früher erworbenen Ormus, Goa und Malakka war im Jahre 1530 als weiterer Hauptstützpunkt der portugiesischen Macht Diu auf der Kambaja-Halbinsel hinzugetreten, das als der wichtigste Stapelplatz Vorderindiens galt. Die Insel Ceylon wurde durch die Feste, welche in Colombo errichtet war, unter Einfluss gehalten. Fortgesetzt unterstanden aber auch in dieser Zeit die ungeheueren Gebiete, die zum portugiesischen Vizekönigtum Indien zählten, nicht wirklicher portugiesischer Verwaltung, sondern thatsächlich wurde nur eine Art Schutzherrschaft ausgeübt, die sich zudem vorwiegend auf die Beaufsichtigung der äusseren Beziehungen oder noch enger auf die seewärts gehenden Beziehungen beschränkte, und die in die inneren Verhältnisse nur so weit eingriff, wie es jene erforderten. Als Hauptaufgabe verblieb dabei immer die Aufrechterhaltung der staatlichen Monopole der Gewürzausfuhr und der Einfuhr von Pferden aus dem Persischen Golfe in Indien. Selbst aus den Glanzzeiten der portugiesischen Macht im Osten sind als unmittelbarer Landbesitz Portugals, ausser der Nachbarschaft Goas, nur wenige kleine Gebiete zu nennen. Sogar an verschiedenen Plätzen, in denen die Portugiesen Festungen hatten, waren Zölle und Einnahmen mit den einheimischen Fürsten zu teilen. Kaum denkbar ist auch, dass Portugal mit seiner schwachen Bevölkerung und bei der schwierigen und langwierigen Verbindung mit dem Osten eine durchgreifendere Herrschaft hätte aufrichten können. Andererseits aber barg das Bestehenbleiben der Macht der einheimischen Fürsten die Keime zur Auflehnung gegen die fremde Bevormundung in sich. Die Freiheit, deren sie sich früher erfreut hatte, konnte nicht vergessen werden. Hauptsächlich waren es die Araber, die die Einschränkung, die ihnen die Portugiesen auferlegten, schmerzlich empfanden. Unerträglich war es ihnen zu dulden, dass sie des gewinnbringenden Handels dauernd verlustig bleiben sollten, den sie früher mit Gewürzen und anderen Waren von Indien her durch den Persischen Golf und das Rote Meer getrieben hatten. Unwillig ertrugen sie die Verhinderung ihrer gewohnten Pilgerfahrten und den Widerstand gegen die Ausübung und Verbreitung ihrer Religion. Zahlreich ansässig an allen Gestaden des indischen Festlandes und weiter nach dem Osten hin bis Java, Sumatra und den Gewürzinseln, liessen sie nicht ab, durch Aufreizung der einheimischen Fürsten und Anrufung fremder Unterstützung zur Abwerfung des portugiesischen Joches thätigzu sein. Schon oben ist erzählt, wie auf die Hülferufe seiner bedrängten - 14' Glaubensgenossen der Sultan von Aegypten im Jahre 1508 den Portugiesen eine Flotte an den Küsten Indiens entgegenwarf. Nach dem Untergange der Mamelukenherrschaft führten die Vorstellungen und Geschenke der Araber und indischen Fürsten in Konstantinopel bei dem GrossSultan dahin, dass eine starke türkische Flotte mit zahlreichen Truppen von Suez aus in den Indischen Ozean geschickt wurde. Diu wurde von ihr im Jahre 1538 belagert, doch in heldenmütiger Verteidigung von der portugiesischen Besatzung gehalten und hierdurch diese Gefahr für die portugiesische Herrschaft gebrochen. Im Verfolg dieser Ereignisse segelte im Jahre 1541 ein portugiesisches Geschwader das Rote Meer hinauf, um die türkischen Schiffe in Suez zu verbrennen. Zwar wurde dieser Zweck nicht erreicht, aber doch Achtung vor der portugiesischen Macht verbreitet und die glaubenseifrigen Teilnehmer der Expedition hatten die Genugthuung, als die ersten Europäer, die von Süden kamen, ihre Andacht in dem Kloster auf dem Berge Sinai zu verrichten. In den Jahren 1545-1546 brachte ein von Kambaja ausgehender Aufstand neue Kämpfe und darunter eine zweite Belagerung von Diu, die den Verteidigern nicht geringeren Ruhm als die erste eintrug- Dann wieder in den Jahren I55O-156o bereitete der türkische Sultan Soliman der Zweite den Portugiesen, von Bassra ausgehend, im Persischen Golfe neue schwere Beunruhigungen, während derer die Portugiesen zeitweise von Maskat und anderen Plätzen des arabischen Festlandes vertrieben und in Ormus bedroht wurden. Geradezu in Gefahr geriet aber die portugiesische Herrschaft in den Jahren 1570-1571 durch eine umfassende Verschwörung der einheimischen Fürsten. Auch der Sultan der Türkei hatte versprochen, sich durch Entsendung von Schiffen und Truppen zu beteiligen, wurde aber von der Verwirklichung dieser Absicht durch die gleichzeitigen Ereignisse im Mittelmeer, besonders durch die Folgen der Seeschlacht bei Lepanto, verhindert. Die Hauptstadt Goa selbst wurde von den Indiern vergeblich belagert, und unter dem kraftvollen Vizekönig Dom Luiz d'Ataide wurde überall zu Wasser und zu Lande der Sieg errungen. Doch die Niederwerfung dieses lange vorbereiteten Aufstandes war der letzte bedeutende, durchschlagende Erfolg, den die Portugiesen im Osten errangen. Wenige Jahre später, im Jahre 1578, fiel im Verlaufe des abenteuerlichen Eroberungszuges nach Marokko der junge König Sebastian von Portugal auf dem Schlachtfelde von Alcacer. Mit ihm fanden 9ooo Portugiesen und 4200 Mann Hülfstruppen, darunter 300o deutsche Söldner, den Tod oder Gefangenschaft. Portugal war gründlich erschöpft und konnte in den folgenden Jahren nur unzureichenden Ersatz an Menschen und Kriegsmaterial nach Indien entsenden. Auf Sebastian folgte als Herrscher Portugals Dom Henrique, doch da mit diesem, einem 66 Jahre alten Kirchenfürsten die direkte Nachfolge - 142 erlosch, hielt Unsicherheit über die Zukunft die Gemüter in Atem und erstickte den Unternehmungsgeist. Mit dem Tode Dom Henrique's ging die Krone Portugals im Jahre i58o auf Philipp den Zweiten, den König von Spanien, über. Zwar hatte sich derselbe bei der Thronbesteigung verpflichtet, die Sonderrechte Portugals, insbesondere hinsichtlich der Kolonien zu wahren, und diese Verpflichtungen wurden eingehalten, aber dennoch standen naturgemäss die Interessen Portugals am spanischen Hofe erst in zweiter Linie und die Aufmerksamkeit und der Nachdruck, mit dem die portugiesischen Könige die Angelegenheiten der Kolonien behandelt hatten, gingen mit dem Dynastiewechsel verloren. Zudem, und dieses war das Schlimmste, wurde Portugal in alle Händel Spaniens verwickelt.') Doch bereits vorher, unabhängig von diesen Zeitumständen und äusseren Einwirkungen, zeigt die portugiesische Herrschaft Spuren des Verfalls. Die kurz geschilderten stetigen Aufstände und Kriege erschöpften die Kassen. Schon seit der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts werden die Klagen über Geldmangel immer regelmässiger. Die Prisen und Kriegsbeute, die in den ersten Jahrzehnten eine Haupteinnahmequelle gebildet hatten, wurden seltener und kleiner. Durch weite Umwege, unter Vermeidung der Küsten, verstanden die Araber besser, den Kreuzern aus dem Wege zu gehen und die verbotenen Gewürzladungen nach dem Roten Meere zu bringen. Kam es zum Kampfe, so war ihr Widerstand kräftiger, da die Eingeborenen von der europäischen Kriegskunst gelernt und allmählich Feuerwaffen angenommen hatten. Zwar bieten auch in dieser Zeit die Kriege noch bewunderungswürdige Beispiele von Tapferkeit, aber mehr und mehr verschwinden die anderen Tugenden der Portugiesen. Wie ein einsichtsvoller Kenner der Geschichte seines Vaterlandes sagt, ermunterte im Anfange alles die Menschen zum Kampfe, der Reiz der neuen Unternehmung, die Notwendigkeit, Boden zu gewinnen, die lockenden Auszeichnungen und Vorrechte des Ruhmes,2) doch mit der Zeit, als diese Triebfedern schwanden, Ruhm und Kriegsbeute schwerer zu erringen waren, trat gemeine Gewinnsucht überall in den Vordergrund. Nach dem Vorbilde der Regierung, die selbst einmal keinen Anstand nahm, im tiefen Frieden einen Tempel zur Raubung des Schatzes zu überfallen und Kriegszüge nur zur Erlangung von Tributen zu unternehmen, wetteiferten alle Regierungsangestellten vom Vizekönig herab bis zum geringsten Soldaten darin, für den eigenen Beutel zu sorgen und sich Wohlleben zu verschaffen. Inmitten der Ueberzahl von Vizekönigen, Beamten und Soldaten, die in 1) Vergl. Schäfer IV S. i fr. 2) Schäfer III S. 282. - 143 Selbstsucht, Habgier und Wohlleben versunken waren, wurden schliesslich diejenigen, die ihr Amt mit Rechtssinn vervalteten, eine seltene Ausnahme. Der Einfluss, den noch heute Indien durch die Unterwürfigkeit der Eingeborenen, durch das Kastenwesen, durch die äusserliche Pracht und vielleicht auch durch das Klima in der Weise ausübt, dass dort der niedrigste Europäer sich plötzlich zum grossen Herrn berufen fühlt und selbst der Höherstehende ins Ungemessene zu steigen scheint, trat bei den Portugiesen auf das Krasseste in Erscheinung. Zusammen mit der Selbstüberhebung wuchsen die Bedürfnisse in der Lebenshaltung; da es aber an ausreichendem ehrlichen Erwerb fehlte und die Skrupellosigkeit der eingeborenen Bevölkerung dazu verführte, wurden Er. pressungen, Rechtsbeugutigen an den Unterthanen und Raub am Staatsschatze fast die Regel. Die allgemeine Verschlechterung der Verhältnisse wurde noch gesteigert durch Vermischung und Heirat von Portugiesen mit Indierinnen niedriger Kaste. Nicht nur, dass das Ansehen der Portugiesen bei den anderen Eingeborenen hierdurch litt, sondern in der Verwaltung und unter den Soldaten entstand eine Ueberhandnahme von Mischlingen, die zwar als Portugiesen galten, aber körperlich und moralisch kaum höher standen, als die Eingeborenen. So war zwar im Jahre I58O, als die Krone Portugals an den spanischen König fiel, der äussere Umfang der portugiesischen Oberherrschaft im Osten noch ungeschmälert, aber die VerhältnisSe bargen schon den Keim zum schnellen Verfall in sich. 74 Der erste Einfall der Türken. Die Angelegenheiten an der Ostküste Afrikas scheinen sich gegen das Jahr I584 zugespitzt zu haben. In einem Schreiben vom 22. Februar 1585 machte der König von Portugal, in Antwort auf einen ihm zugegangenen Bericht, dem Vizekönige von Indien Aufmerksamkeit bezüglich der Hauptmannschaft von Melinde nachdrücklich zur Pflicht. Er befahl, dass alles geschehen müsse, um die durch die Raubsucht und Tyrannei der Kommandanten gequälten ostafrikanischen Fürsten zu beruhigen und befahl, dass diese aufgefordert würden, ihre Beschwerden vorzubringen, auf dass die Schuldigen unnachsichtlich bestraft werden könnten. In dem gleichen Schreiben wird auf eine Bemerkung des Vizekönigs Bezug genommen, es liege die Gefahr vor, dass die eingeborenen Fürsten die Türken zur Hilfe riefen.') Ob dieser Befürchtung eine bestimmte Warnung zu Grunde lag, oder ob ihm nur die im Indischen Ozean häufig und noch jüngst an der ostarabischen Küste bekundete Gegnerschaft der Türken vorgeschwebt hat, ist nicht ersichtlich. Bekannt war indessen, dass die Türken schon länger ein Auge auf die Ostküste Afrikas geworfen hatten, da sie hier Holz für den Bau von Schiffen zu erhalten hofften, welches ihnen im Roten Meere fehlte, und dass sie die Eroberung von Mozambique und des SofalaGoldhandels planten. Thatsächlich bewahrheitete sich die ausgesprochene Befürchtung dadurch, dass im Herbste des Jahres 1585 zwei türkische Galeeren aus der Strasse von Mekka, wie damals häufig das Rote Meer genannt wurde, unter -Mirale Beque nach Ostafrika ausliefen. Durch frühere Unternehmungen im Persischen Golfe, besonders durch den Ueberfall der Portugiesen und deren Vertreibung von Maskat im Jahre I58I, hatte sich dieser Türke bereits den Ruf eines gefährlichen Korsaren ') Archivo III 1 S. 46. - 45 erworben. Rein abenteuernd war dieses Unternehmen, denn das eine Fahrzeug war so altersschwach, dass es alsbald zurückgehen musste, und das andere war in wenig besserem Zustande und hatte nur 8o I\Iann an Bord. Aber trotz dieser schwachen Mittel gelang es der Vermessenheit des Befehlshabers, Erfolge zuwege zu bringen, die freilich nur durch vollständige Ohnmacht der Portugiesen an dieser Küste zu erklären sind. Mit seinem einen Schiffe erreichte Mirale Beque Mukdischu und sandte einen Boten mit der Weisung in die Stadt, dass er als Vorläufer einer grossen türkischen Flotte mit dem Befehle des Grosssultans erscheine, alle Fürsten und Städte dieser Küste zu unterwerfen. Er drohte den Widersachern mit Zerstörung und Unheil und versprach den Unterwürfigen grosse Vorteile. Seine Kühnheit hatte den Erfolg, dass sich ihm die Stadt unterwarf, sowie einen Beitrag zu den Kriegskosten zahlte, und dass sich ihm eine Anzahl Dhaus mit Bewaffneten für die Weiterfahrt anschloss, denen ein Anteil an der Beute versprochen wurde. In gleicher Weise erklärten sich Barawa, Jugo (Djumbo), Fasa (von den Portugiesen stets Ampaza genannt) und Patta bereitwillig zu Vasallen des Grosssultans. In dem letztgenannten Platze hatte iMirale Beque noch das besondere Glück, ein eben aus Diu angekommenes Fahrzeug anzutreffen und ohne Widerstand zu nehmen, womit zehn bis zwölf Portugiesen in seine Gefangenschaft fielen. Wenige Monate vor Eintritt dieser Ereignisse hatte Roque de Brito Falcäo, der als Kommandant in Melinde gewesen und von diesem Posten abgelöst war, auf der Rückreise nach Indien eines seiner beiden Schiffe verloren und sich in einem ihm verbliebenen kleinen Fahrzeuge mit seinem Gefolge und seinen Gütern nach der Insel Lanýo gerettet. Hier hörte er von der Ankunft der Türken, und da er sich an diesem Orte nicht sicher fühlte, setzte er zuerst nach dem Festlande, nach der Stadt Luziwa und später nach Lamu hinüber, wo ihm der König, der bisher gegenüber den Portugiesen Ergebenheit gezeigt hatte, Schutz versprach. Doch im Einverständnis mit den Einwohnern der Stadt landeten 30 Türken, die, unterstützt von den Eingeborenen, das von Roque de Brito bewohnte Haus überfielen. Gänzlich überrascht, verteidigte sich der Angegriffene mit seinem Gefolge nach besten Kräften, wurde aber schliesslich überwältigt und, selbst verwundet, samt seinen dreizehn Begleitern gefangen genommen. Sein gesamtes Vermögen im Werte von 20000 oder gar 4o00 Crusados (= M. 1570o0.- bis M. 314ooo.-), darunter das Schiff, fiel gleichfalls in die Hände der Angreifer. Durch die Prisen und die freiwillig zugestossenen Dhaus war die Macht der Türken -schon auf 20 Segel angewachsen, als ein Fahrzeug mit 30 Portugiesen an Bord zu Anker ging und sogleich von den Feinden umringt wurde-. Die Mannschaft dieses Schiffes machte zuerst Anstalten zur Verteidigung, doch verstand Mirale Beque den Strandes, Ostafrika. 10 146 gefangenen Roque de Brito zu veranlassen, einen Brief zu schreiben, in dem er von nutzlosem Blutvergiessen abriet und mitteilte, dass Leben und Freiheit der Schiffsmannschaft gegen Uebergabe des Schiffes und der Ladung geschont werden sollten, worauf vom Widerstand Abstand genommen wurde und auch diese Beute in die Hände des Abenteurers fiel. Entgegen demVersprechen wurde die Mannschaft gefangen genommen. Inzwischen hatte sich Ruy Lopes Salgado, der Kommandant von Melinde, auf das Gerücht der Ankunft der Türken an der Küste in Melinde verschanzt. Zu ihm waren alle sonst an der Küste ansässigen Portugiesen geflüchtet. Unthätig und nur auf die eigene Sicherheit bedacht, versicherte er sich weder über die Stärke des Störenfriedes, noch versuchte er, ihm entgegenzutreten. Der Schreckensruf: Rum! Rum!", wie in Ostafrika, ebenso wie vielerwärts im Osten die Türken genannt wurden,1) genügte, um die Verschanzten im Banne zu halten. Derartig, ohne Widerstand zu finden, besuchte und brandschatzte Mirale Beque alle Häfen jener Gegend. Ueberall wurde er aus Hass gegen die Portugiesen mit offenen Armen aufgenommen. Insbesondere der König von Mombasa hiess den neuen Bundesgenossen gegen die Portugiesen willkommen, unterwarf sich dem Grosssultan und ersuchte ihn durch Gesandte um eine ständige Besatzung sowie den Bau einer Festung auf seiner Insel. Bis Ende April 1596 spielte Mirale Beque in Ostafrika den unbestrittenen HCrrn. Mit einsetzendem SüdwestMonsum kehrte er nach dem Roten Meere zurück. Mit sich führte er eine Beute im Werte von über 150o0o Crusados (= M. 1 177500.--) und 260 Gefangene, darunter 40 bis 5o Portugiesen. Diese Portugiesen wurden in den Küstenstädten des Roten Meeres mit Gartenarbeit beschäftigt, übrigens gut behandelt und später allmählich wieder losgekauft. Nur Roque de Brito wurde nach Konstantinopel geschickt, woselbst er starb.2) Die Nachricht von dem Raubzuge der Türken erreichte Goa erst im August durch eine Dhau, die der König von Melinde nach dem Abzuge der Türken abgesandt hatte. Alsbald beschloss der Vizekönig, der Festsetzung der gefährlichen Widersacher in Ostafrika bei deren erwarteter Rückkehr vorzubeugen und diejenigen zu züchtigen, die Helfer gewesen waren. Zu diesem Behufe wurde, sobald es die Jahreszeit erlaubte, im Januar 1587 ein grösseres Geschwader von 5 grösseren 1) Noch heute werden die Türken von den Eingeborenen Rum genannt. Die Bezeichnung ist aus dem Arabischen übernommen. Das Wort ist gleichbedeutend mit Rom oder Römer und war so lange richtig, wie in der heutigen Türkei das oströmische byzantinische Reich bestand. Später ging fälschlich dieselbe Benennung auf die Türken als die neuen Machthaber in denselben Gebieten über. 2) Couto VIII S. 18o ff., Santos I S. 387 ff. - 1,47 und 13 kleineren Schiffen unter dem Befehl von Martim Affonso de Mello, mit 650 Portugiesen an Bord, ausgesandt und erreichte Ostafrika nach schneller Reise. Die Absicht, zuerst Mukdischu für seine Teilnahme an den Feindseligkeiten zu bestrafen, wurde angeblich dadurch vereitelt, dass das Geschwader in der Nacht an dieser Stadt vorbeitrieb, richtiger wird wohl, wie immer, ein Angriff auf diese Stadt, aus Furcht vor deren Grösse und den schwierigen Landungsverhältnissen unterblieben sein. Die erste Stadt, vor welcher das Geschwader ankerte, war Fasa. Drei Tage lang wartete es vergeblich auf eine Botschaft -von Land. Unheils gewärtig, da sie die Türken besonders unterstützt und einen gefangenen Portugiesen ermordet hatten, der von den Türken zur Heilung seiner Wunden in der Stadt zurückgelassen war, hatten sich die Einwohner in Verteidigungszustand gesetzt. Viertausend Kampffähige waren in der Stadt versammelt und durch Mauern und Pallisaden .geschützt. Inzwischen hatten auch die Portugiesen die Landung vorbereitet, und am vierten Tage nach der Ankunft erfolgte in zwei Abteilungen, gleichzeitig von der Seeseite und von der Landseite, der Angriff. Auf der Seeseite scheint von vornherein der Erfolg auf Seiten der Portugiesen gewesen zu sein, doch die hier vertriebenen Verteidiger warfen sich auf die an der Landseite Stürmenden und brachten sie eine Zeitlang zum Wanken. Indessen bald war trotz tapferen Widerstandes der Kampf zu Gunsten der Portugiesen entschieden. Nur einzelne Häuser, in denen sich die Eingeborenen verrammelt hatten, mussten noch erobert werden. Durch angesetzte Leitern wurden die Dächer erstiegen; in die flachen Dächer wurden Löcher hineingehauen, durch die Pulvergrapen hinabgeworfen wurden, wodurch die Häuser samt ihren Verteidigern in die Luft gesprengt wurden.1) Ueberhaupt hat nach der Einnahme der Stadt eine grässliche Schlächterei stattgefunden. Nach ausdrücklicher Verabredung der Angreifer wurde nichts Lebendes verschont. Männer, Frauen und Kinder wurden niedergemacht, und :sogar die Haustiere fanden dasselbe Schicksal. Der Chronist dieser -Geschehnisse, der ehrwürdige Dominikaner Pater Joäo dos Santos, nennt diese Behandlung der Stadt erbarmungslos eine wohlverdiente.) -Die Zahl der getöteten Eingeborenen wird verschieden auf 400') oder 2ooo') angegeben; unter ihnen befand sich Stambul, der König der Stadt, der gleich im Anfange gefallen war. Dagegen hatten die Portugiesen nur vier Tote und achtzig Verwundete, unter denen vierzig schwerer verletzt -waren. Mit der üblichen Plünderung und Inbrandsetzung der Stadt ') Couto VI II S. 392-3. 2) Santos 1 S. 396. 8) Santos 1 S. 396. 4) Couto VI II S. 393, 148 wurde der Siegestag beendigt. Nachdem die Portugiesen weggenommen hatten, was für sie des Mitnehmens wert war, kamen die den Portugiesen befreundeten Neger, wahrscheinlich Patta-Leute an die Reihe, die schliesslich noch die Thüren der Häuser, - einen gängigen Marktartikel auch des heutigen Ostafrikas wegschleppten. Doch mit dieser Mörderei und Plünderei war der Rache der Portugiesen noch nicht genügt. Die im Hafen liegenden 15 bis 2o Boote der Eingeborenen wurden verbrannt, und weiter gingen sie daran, um dauernden Schaden zu stiften, die Anpflanzungen in der Umgebung der Stadt zu zerstören. Volle zehn Tage wurden dieser Arbeit gewidmet und allein IOOOO Kokuspalmen, die Hauptnahrungsquelle der Eingeborenen, umgehackt.') Von hier segelte die Flotte nach dem auf derselben Insel liegenden Patta, dessen König sich über seinen Verkehr mit den Türken dahin auszureden verstand, dass er mit ihnen nur unter Zwang verhandelt habe, nichtsdestoweniger aber treuer Vasall des Königs von Portugal geblieben sei. Der nächste Platz, der angelaufen wurde, war Lamu, wo wegen der verräterischen Uebergabe von Roque de Brito ein grosses Strafgericht beabsichtigt war. Doch der schuldige König war, eingeschüchtert durch die Ereignisse in Fasa, geflohen und die einzige Rache, die die Portugiesen nehmen konnten, bestand darin, dass sie ermittelten, dass dieser König überhaupt zu Unrecht die Herrschaft übe und dieserhalb sowie wegen seiner Verbündung mit den Türken des Thrones zu entsetzen sei. An seiner Stelle wurde die Frau des vorhergehenden Königs, nachdem sie dem Könige von Portugal ewige Treue geschworen und sich zur Zahlung eines jährlichen Tributs von IOO Crusados (- M. 785. -) verpflichtet hatte, feierlich zur Herrscherin eingesetzt. Hierauf begab sich Martim Affonso de Mello nach Melinde, dessen König Dankschreiben für seine Treue und Geschenke des indischen Vizekönigs übergeben wurden. Dann segelte das Geschwader, verstärkt durch Hülfstruppen aus dieser Stadt, nach Mombasa. Bei der Einfahrt beschossen zwei am Hafeneingange errichtete kleine Batterien die Schiffe, doch ohne Schaden anzurichten, und als eine Abteilung gelandet wurde, um diese Batterien zu erstürmen, waren sie bereits von den Eingeborenen geräumt. Vor der Stadt mit allen Schiffen geankert, kam von dem Könige von Mombasa an den Befehlshaber eine Botschaft mit der Bitte um eine Unterredung. Doch obgleich Martim Affonso zwei Tage wartete, erschien der König nicht; er hatte inzwischen seine Pläne geändert und vorgezogen, seine Person in Sicherheit zu bringen. Zwar war die Stadt in Verteidigungsstand gesetzt, und es verlautete, dass über 7000 Bewaffnete, darunter viele mit Feuerwaffen, bereit ständen, 1) Couto VI II S. 392. Santos I S. 397 sagt über 8ooo Palmen. - 149 doch als schliesslich die Portugiesen ihre gesamten Mannschaften an Land warfen, war die Stadt geräumt und konnte ohne Kampf besetzt werden. Die Plünderung ergab keine grosse Beute. Immerhin wurden einige gute Funde von Elfenbein und Baumwollwaaren gemacht. Sofort nach der Besetzung wurde an die Häuser Feuer angelegt und mit dem Niederreissen der königlichen Behausung begonnen, auch die Zerstörung der Pflanzungen durch Umhacken der Palmen und Fruchtbäume in Angriff genommen. Vermutlich angesichts dieser Schadenstiftung, schickte der König der Stadt vom Festlande aus Briefe, in denen er seine Schuld bekannte und flehentlich, als genügend bestraft, um Verzeihung und Wiederaufnahme in Gnade und Schutzherrschaft der Portugiesen bat. In Briefen ähnlichen demütigen Inhalts rief er auch den in Mombasa befindlichen König von Melinde als Friedensvermittler an. Der portugiesische Befehlshaber legte die Frage einem Kriegsrate zur Entscheidung vor, und dieser kam zu dem Beschlusse, dass die Bitte zu gewähren sei, da es besser wäre, Versöhnung anstatt offene Feindschaft zu hinterlassen. Dennoch gingen die Verhandlungen mit dem Könige hin und her, ohne dass ein befriedigender Schluss gefunden wurde. Wenigstens erzählt Couto, der Hauptberichterstatter dieser Vorgänge, dass keine Verständigung erzielt werden konnte,') wogegen aber Joäo de Santos angiebt, dass dem Könige von Mombasa gegen eine Kriegsentschädigung von 4000 Crusados (= M. 31400.-) Verzeihung und Frieden gewährt wurde.') Zwanzig Tage hatte der Aufenthalt des Geschwaders in Mombasa gewährt. Mit den geschilderten Vorgängen war die für Ostafrika vorgeschriebene Aufgabe der Wiederherstellung derportugiesischen Oberhoheit undBestrafung derAufständigen erledigt. Um weiteren Beunruhigungen seitens der Türken vorzubeugen, segelte darauf das Geschwader nach dem Golfe von Aden, wo in Südarabien Nachrichten über Rüstungen im Roten Meere eingezogen und Vorkehrungen getroffen wurden, damit Warnungen über erneute Unternehmungen der Türken zeitig nach Indien gelangten. Dann segelte das Geschwader zur Ueberwinterung nach Ormus. Von hier aus wurde der Bau einer Feste in Maskat, an Stelle der im Jahre 1581 durch Mirale Beque zerstörten, als eine weitere Massregel zur Sicherung gegen diese Feinde, begonnen. Der Kopf des gefallenen Königs von Fasa wurde eingesalzen nach Goa geschickt und dort, auf eine Lanze gesteckt, unter Vorantritt eines Herolds mit Trommeln und Trompeten durch alle Strassen herumgetragen, mit dem Ausruf »Strafe des Königs Stambul von Fasa, des Verräters der Portugiesen und des Freundes der Türken«.') 1) Couto VI II S. 401. 2) Santos I S. 4o0. ») Santos I S. 400. - 150 - Die Gesamtkosten der Expedition nach Ostafrika bezifferte der Vizekönig auf nahezu 6oooo Pardaos (= M. 246ooo.-), ausser den. späteren Auslagen in Ormus. Uebrigens gaben diese letzteren nochGrund zu Weiterungen, denn der Kapitän und andere Beamte dieser Festung benutzten diese Gelegenheit zu einer kräftigen Bereicherung, indem sie angaben, dass die gesamten Einnahmen durch das Geschwader verbraucht seien, während der Vizekönig diese Ausgaben auf nur ein Viertel des Angerechneten veranschlagte.') In Lissabon erregten die Berichte über den glücklichen Verlauf der Strafexpedition grosse Befriedigung. Den Königen von Melinde, Kelife und Patta, die sich der aufständischen Bewegung nicht angeschlossen hatten, wurden vom Könige von Portugal Dankesbriefe geschrieben. Dem Könige von Melinde wurden ausserdem Geschenke im Werte von 2000 Crusados, bestehend in Sammt, Seide und Scharlachtuchen, übersandt. Auch wurde der Vizekönig beauftragt, diesen Königen die Versicherung abzugeben, dass in Zukunft alle Ausschreitungen, welche Portugiesen gegen sie verübten, streng geahndet werden würden.) Dass überhaupt in Europa die Ursachen für die Vorfälle in Ostafrika, bei denen ein schwaches türkisches Fahrzeug mit nur 8o Mann an Bord die ganze portugiesische Herrschaft an dieser Küste zum Wanken gebracht hatte, klar erkannt wurden, zeigt ein Brief des Königs Philipp des Zweiten aus Madrid am 14. März 1588. Es wird darin gesagt, dass zweifelsohne die gute Aufnahme der Türken ihren Grund in den Quälereien und Belästigungen gehabt habe, welche die Eingeborenen durch die Kommandanten von Melinde erlitten hätten, und es wird befohlen, dass nur solche Anwärter auf diesen Posten wirklich eingesetzt werden sollten, von denen sicher wäre, dass sie das Amt nicht des Gelderwerbs halber, sondern in dem Verlangen nach Leistung wichtiger Dienste suchten. Erneut wird eingeschärft, die eingeborenen Fürsten so gut wie möglich zu behandeln und der freien Schiffahrt kein Hemmnis zu bereiten. Hinzugefügt wird, dass das gute Verhalten der Kommandanten das beste Mittel sein würde, um der Küste die Ruhe zu bewahren und die Türken oder andere Feinde fernzuhalten, und dass sich hiermit die zum gleichen Zwecke vorgeschlagene Errichtung einer Festung inMombasa würde vermeiden lassen.') 1) Archivo IIII S. 171. 2) Archivo III S. 141. 8) Archivo III S. 146. i 0r 0 z1 .. .. . . ... Der zweite Einfall der Türken.') Den Erfolg, welchen Mirale Beque bei seinem ersten Beutezug längs der Ostküste Afrikas gehabt hatte, war so bedeutend und leicht gewesen, dass er zu einer Wiederholung reizen musste. Mit Verabredungen über sein Wiederkommen schon im nächsten Jahre mit stärkeren Hülfsmitteln war er von den ostafrikanischen Fürsten geschieden, und schmerzlich empfanden diese, die die schwere Rachehand der Portugiesen hatten fühlen müssen, das Nichteinhalten dieser Vereinbarungen. Abgesandte, die von Ostafrika nach dem Roten Meere geschickt wurden, erinnerten an das Versprechen und unterstützten die Vorstellungen mit Geldgeschenken, und so richtete denrl Ende des Jahres 1588 Mirale Beque aufs neue mit einem Geschwader von 5 Schiffen den Kurs nach Ostafrika, um von hier die Portugiesen ganz zu vertreiben und an deren Stelle türkische Herrschaft zu errichten. Die erste Stadt, vor der er ankerte, war wieder Mukdischu, und aufs neue wurde er hier als Verteidiger gegen die Belästigungen der Portugiesen mit Begeisterung aufgenommen. Weiter die Küste südwärts laufend, gelang es ihm, alle Städte und Häfen seinen Plänen willfährig zu machen. Teils aus Neigung, teils aus Furcht und durch Drohungen eingeschüchtert, unterwarfen sich alle dem Eindringling und zahlten die verlangten Kriegs') Diese Schilderung ist im wesentlichen aus Santos I Cap 7-12 zusammengetragen. Eine geradezu wörtliche Uebereinstimmung mit Santos zeigt die Decada XI von Couto. Dieser erst verblüffende Umstand findet seine Erklärung dadurch, dass Couto's eigene Bearbeitung dieses Zeitraums verloren gegangen und von späteren Herausgebern des Gesamtwerks ersetzt worden ist. Auch P. Pierre du Jarric S. J. zeigt in L'Histoire des Choses plus Memorables advenue tant 6s Indes Orientales, qu'autres pays de la descouverte des Portugais en l'establissement et progrez de la foy Chrestienne et Catholique-, Valenchienne i611 in allen Thatsachen eine überraschende Uebereinstimmung mit Santos. Jarric giebt an (S. 220), den Berichten von Jesuiten-Geistlichen gefolgt zu sein,' die sich auf dem portugiesischen Geschwader befanden. - 152 beiträge. Die bedeutenden Summen von 4000 bis ioooo Crusados wurden von den einzelnen Königen erhoben. Das widerstandslose Vordringen wurde erst in Melinde unterbrochen. Vor dieser Stadt war das türkische Geschwader eines Abends spät in der Absicht zu Anker gegangen, am nächsten Morgen den Angriff zu beginnen. Doch der derzeitige thatkräftige Kommandant Matheus Mendez de Vasconcellos liess noch in der Nacht zwei Falkonetten auf einer Sandbank in unmittelbarer Nähe des Geschwaders aufstellen und von hier aus in der Dunkelheit mit einem solchen Erfolge die Schiffe beschiessen, dass sie in Ueberschätzung der Stärke des Feindes, der ihnen gegenüberstand, noch vor Tagesanbruch die Anker lichteten und nach Mombasa weitersegelten, wo sie sich festsetzten. Dieses Mal waren die Portugiesen besser auf ihrer Hut gewesen. Noch bevor die Türken das Rote Meer verlassen hatten, war man in Goa von dieser Expedition und ihrem Ziele durch Kundschafter unterrichtet, und um ihr entgegenzutreten ging am 3o. Januar 1589 eine Flotte von 20 grösseren und kleineren Schiffen, mit 9oo Mann Landungstruppen an Bord, unter dem Oberbefehl von Thome de Sousa Coutinho, einem Bruder des Vizekönigs, von Indien nach Ostafrika unter Segel. In Barawa, dem ersten -Platze, der in Ostafrika besucht wurde, erhielt das Geschwader die Bestätigung von der Ankunft der Türken. Weiter nach Lamu gelangt, wo die Schiffe frisches Trinkwasser einnahmen, da hierzu hier die bequemste Gelegenheit an der ganzen Küste war, erreichte den Oberbefehlshaber ein Brief des Kommandanten von Melinde, in dem dieser grösste Eile anempfahl, da zu fürchten sei, dass die Türken entschlüpfen würden. Nach einem ferneren kurzen Aufenthalte in Melinde, wo der Kommandant und der König sich der Expedition mit zwei Schiffen anschlossen, erreichte das Geschwader am Sonnabend den 5. März Mombasa. Eine blutrote Erscheinung, die sich bei Sonnenaufgang am Himmel über Mombasa zeigte, wurde als eine gute Verheissung gedeutet.') Von einer Befestigung aus, die die Türken an der Hafeneinfahrt errichtet hatten, wurden die Portugiesen höhnend und herausfordernd durch Flaggenhissen und Salutschüsse begrüsst. Aber auch mit scharfen Schüssen wurde das ansegelnde Geschwader bald darauf in einer Weise empfangen, dass es vorerst für besser erachtet wurde, von der Einfahrt abzusehen und ausser dem Bereiche der Geschütze unter der Insel Zuflucht zu suchen. Doch nach kurzer Beratung liess der Befehlshaber wieder Anker aufnehmen und unter Voranschickung der kleineren Schiffe in den Hafen hineinsteuern. Dies gelang leichter, als es zuerst den Anschein gehabt hatte. Zwar beschossen ) Jarric S. 226. - 153 die Türken von der Befestigung am Hafeneingange aus heftig das einsegelnde Geschwader, doch richteten sie keinen Schaden an. Dagegen wurde durch die ersten Schüsse von den portugiesischen Schiffen der Geschützmeister der Türken getötet, womit das Feuer aufhörte und die Besatzung flüchtend die Befestigung verliess. Mirale Beque selbst, der in der Befestigung gewesen war, warf sich auf ein Pferd und galoppierte nach der Stadt zu. So schmälich und kopflos war diese Räumung, dass nur fünf portugiesische Edelleute, die sich sofort in einem Boot an Land warfen, unangefochten in das Verteidigungswerk eindringen konnten, die allein zurückgebliebenen zwei Türken niedermachten, die wertvollen seidenen Flaggen der Türken herunterholten und mit dieser Beute an Bord zurückkehrten. Inzwischen hatten sich die Schiffe, die an der Spitze des Geschwaders einsegelten, unter dem Befehle von Matheus Mendez de Vasconcellos mit Ungestüm auf drei türkische Fahrzeuge geworfen, die nahe der Uferböschung festgemacht waren. Zwei Salven wurden von diesen abgegeben, doch damit der Angriff nicht abgeschlagen, denn in weniger als fünf Vaterunsern" waren die Schiffe in dem Besitze der enternden Portugiesen. Die wenigen Türken, die Widerstand leisteten, wurden niedergehauen. Die grössere Zahl war über Bord gesprungen und strebte dem Ufer zu, doch schwimmend wurden sie von den Portugiesen verfolgt und ein portugiesischer Kapitän musste sich selbst ins Wasser werfen, um seine Mannschaft, die den Kampf am Lande aufnahm, zu sammeln und zurückzuholen. In ganz besonderer Lage befanden sich zu dieser Zeit M\ombasa und seine Verteidiger. Als die Portugiesen von See her erschienen, war die ganze Insel schon seit einiger Zeit von einem Negerstamm, den Zimbas, belagert. Diese Zimbas hatten eigentlich ihren Wohnsitz weit im Süden an dem Zambesi, wo sie den Portugiesen in häufigen Kriegen Schwierigkeiten gemacht hatten. Vieles deutet darauf hin, dass sie zu den Zulus gehörten. Sie werden als eine kriegerische, der Arbeit abholde Völkerschaft geschildert, deren einzige Begierde Rauben, Töten und Fleischgenuss war, ja, will man den portugiesischen Chronisten glauben, so war unzähmbare Gier nach -Menschenfleisch und Menschenfresserei ihre Hauptleidenschaft. Seit einigen Jahren schon befanden sich diese Zimbas auf einem Raubzuge. Ursprünglich schwach an Kopfzahl, verstärkten sie sich dadurch, dass sie diejenigen anderer Negerstämme schonten, die sich ihnen anschlossen. Von Süden heraufkommend, hatten diese Banden raubend und tötend den weiten Weg bis Kilwa zurückgelegt. In einer Stärke von 15 ooo Mann hatten sie einige Monate lang am Festlande vor Kilwa gelagert, ohne auf die Insel gelangen zu können, bis ihnen durch einen Muhamedaner eine Furt - 154 verraten wurde. Auf diesem Wege drangen sie in einer Nacht nach der Insel hinüber, überfielen die Einwohner im Schlaf und machten deren grösseren Teil sofort nieder, während sie andere erst gefangen hielten und später allmählich töteten und verzehrten. Ueber 3ooo Menschen wurden derartig hingeschlachtet und der Rest des Wohlstandes Kilwa's vernichtet.') Sodann zogen sie nach dem Norden weiter. Schon vor der Ankunft des portugiesischen Geschwaders hatten sich ihre Horden am Festlande vor Mombasa gelagert und bestrebten sich gerade zu der Zeit nach der Insel hinüberzukommen. Zum Schutze der Insel gegen den Einfall dieser wilden Banden hatte Mirale Beque zwei seiner Galeeren an der Furt an der Südwestseite der Insel hingelegt, die mit ihren Geschützen den Uebergang verwehrten. Unbekannt mit diesen Verhältnissen segelte Mattheus Mendez de Vasconcellos, nachdem er die bei der Stadt geankerten drei Fahrzeuge genommen hatte, mit seinen Schiffen um die Insel herum und ging zum Angriff auch auf diesen Teil der feindlichen Seemacht über. Da die Türken den grössern und bessern Teil ihrer Mannschaft an dieser Stelle stationiert hatten, war der Widerstand kräftiger als vorher, doch mit einem Verluste auf Seite der Portugiesen von nur vier Toten und vielen Verwundeten wurden auch diese beiden feindlichen Schiffe bald genommen. Ungefähr IOO Türken wurden hierbei getötet und weitere 70 gefangen genommen. Ausserdem hatten die Portugiesen die Genugthuung, Von den türkischen Schiffen viele christliche Sklaven zu befreien und eine reiche Beute, darunter 23 bronzene und 5 eiserne Geschütze, zu erobern. In derselben Zeit, während der Kampf bei der Furt vor sich ging, wurden von einer anderen portugiesischen Abteilung von ioo Mann die Befestigungen am Hafeneingange niedergerissen und die dort vorgefundenen türkischen Kanonen eingeschifft. Angesichts der Erfolge der Angreifer sandte der König von Mombasa noch in der Nacht einen Boten an Bord zu dem Oberbefehlshaber, um um Frieden zu bitten. Die Erfüllung dieser Bitte wurde in Aussicht gestellt, wenn sämtliche in der Stadt befindliche Türken übergeben würden. Doch nachdem die hierfür gestellte Frist von 24 Stunden verstrichen war, ohne dass Antwort erfolgte, wurden am 7. März morgens 5oo Portugiesen gelandet, die unter Vorantragung einer Fahne mit dem Bilde des gekreuzigten Heilands ohne Kampf die Stadt besetzen konnten, da sich die Einwohner inzwischen ausnahmslos in das Innere ) Santos 1 S. 241 u. f.; Santos nennt diesen -Vflkastamni auch Muzimbas. Jarric S. 228 1 spricht von Nimbies und erwähnt, dass sie aus der Nähe des Kaps der guten Hoffnung kamen. - 55 der Insel geflüchtet hatten. Die Stadt wurde geplündert, Breschen in die Stadtmauer gerissen und die Häuser samt den am Strande aufgezogenen Dhaus in Brand gesetzt, worauf noch an demselben Tage die gelandeten Mannschaften wieder auf die Schiffe zurückgeführt wurden. Mit Verwunderung hatten die Zimbas vom Festlande aus die Erfolge der unerwartet erschienenen Bundesgenossen beobachtet. In Erkenntnis der Sachlage, schickten sie eine Botschaft an die Portugiesen, durch die sie versicherten, deren Freunde zu sein, und baten, ihnen den Durchmarsch durch die Furt freizugeben, da sie selbst als Herren des festen Landes ihre Aufgabe erfüllen wollten, nachdem die Portugiesen als Herren des Meeres bereits das Ihrige gethan hätten.') Dieses zu verhindern, sah Thom6 de Sousa Coutinho keine Veranlassung. Menschenfreundliche Erwägungen für die Feinde werden ihm ferne gelegen haben, aber dennoch wird versichert, dass er, indem er die von den Zimbas beantragte Erlaubnis erteilte, der Ueberzeugung war, dass die Türken und Mombasaner auf der Flucht vor den Grausamkeiten der Wilden bei ihm Zuflucht suchen würden. Am 15. oder 16. März zogen darauf die Zimbas nach Mombasa hinüber. Mit Mordgier streiften sie durch das Innere der Insel und trieben die Eingeborenen vor sich her. Hilfeschreiend näherten sich die Flüchtenden den portugiesischen Booten, die längs des Strandes lagen, und welche wirklich die verfolgenden Zimbas beschossen und trotz eines Pfeilschauers über 200 der Flüchtlinge rettend aufnahmen. Auch Mirale Beque selbst mit einem Gefolge von 30 der vornehmsten Türken flüchtete in der Todesangst vor den erbarmungslosen Wilden an den Strand. Zu Pferde sitzend, ritt er bis tief in das Wasser hinein und bat um Aufnahme, die ihm auch mit seinen Begleitern gewährt wurde. Ebenso fanden ein Bruder und ein Sohn des Königs von Kelife auf diese Weise Rettung, die freilich gleichzeitig Gefangenschaft bedeutete. Dagegen verloren viele andere Flüchtlinge, da die Boote überfüllt waren, ihr Leben durch Ertrinken. Die Türken waren auf diese Weise unerwartet leicht unschädlich gemacht, und ein weiteres Strafgericht in Mombasa überflüssig geworden. Nur noch auf der nahen Insel Pemba erforderten die Verhältnisse einen Eingriff. Hier hatten die Eingeborenen die Aenderung der Machtverhältnisse, die durch das Erscheinen der Türken an der Küste gekommen schien, benutzt, um sich gegen ihren eigenen, mit den Portugiesen befreundeten König zu erheben. In einer Nacht hatten sie die Behausungen ihrer portugiesischen Bedrücker überfallen und viele niedergemetzelt. Wenigen samt dem König der Insel war es gelungen, auf ') Faria y Sousa III S. 63. - 156 Dhaus nach Melinde zu entfliehen, wo ihnen Thom6 de Sousa Coutinho die Wiedereinsetzung in ihre Rechte zugesagt hatte. Zu diesem Behufe wurde Matheus Mendez de Vasconcellos mit einem Teile des Geschwaders von Mombasa aus nach Pemba geschickt. Das blosse Erscheinen der Schiffe zusammen mit dem schon bekannt gewordenen Siege über die Türken genügte, um die Aufständigen zu unterwerfen und den König wieder in sein Inselreich einzusetzen. Doch, wie weiter unten erzählt werden wird, ist diese neue Herrlichkeit von nur ganz kurzer Dauer gewesen. Ueber weitere Eingriffe der Portugiesen in die Verhältnisse von Mombasa in den Tagen, die auf den Einfall der Zimbas folgten, und über die Entwicklung der Dinge, während die Wilden in der Stadt und auf der Insel hausten, ist nichts von den portugiesischen Geschichtsschreibern angegeben. In den Berichten der Jesuiten, die als Augenzeugen den Ereignissen beiwohnten, ist allerdings gesagt, dass der König von Mombasa samt allen bedeutenden Persönlichkeiten sowie der Mehrzahl der Bevölkerung entweder sofort geschlachtet und verzehrt oder zu gleichem Schicksal in die Gefangenschaft geschleppt wurden,') doch ist eine derartige gründliche Aufreibung der Einwohnerschaft wenig wahrscheinlich, da kaum zwei Jahre später die Mombasaner wieder unternehmungslustig wie immer im Felde erscheinen. Jedenfalls haben sich aber in diesen Tagen die Portugiesen nicht weiter in die Begebenheiten am Lande eingemischt, da sie vermutlich der Freundschaft der Zimbas, denen sie ja auch bei der Aufnahme der Flüchtlinge feindlich entgegengetreten waren, nicht trauten. Nachdem die nach Pemba entsandt gewesene Abteilung zurückgekehrt war, nahm das gesamte Geschwader am 25. März Anker auf und segelte nach Melinde. Hier wurden Siegesfeste gefeiert. Ueber die Verteilung der Beute entstanden zwischen dem Oberbefehlshaber Thome de Sousa Coutinho und dem Kommandanten der Küste Matheus Mendez de Vasconcellos Zwistigkeiten, die durch die Vermittlung der Geistlichen geschlichtet wurden.') In Melinde blieb Matheus Mendez de Vasconcellos zurück, und zum Schutze gegen die erwarteten Beunruhigungen durch die Zimbas wurden ihm einige Soldaten und zwei Schiffe belassen. Mit dem Rest des Geschwaders segelte der Oberbefehlshaber weiter nördlich, um zur Vollendung der Aufgabe, die ihm für die Expedition gestellt war, die Helfer der Türken zu bestrafen. Bei seiner Ankunft in Lamu kam der König Banebaxira (Buana Baschira), derselbe, der vor zwei Jahren Roque de Brito verräterisch den Türken überliefert hatte, Unschuld heuchelnd an Bord. wurde aber sofort in Eisen gelegt. Dann 1) Jarric S. 232. 2) Jarnic S. 233. - I57 segelten die Schiffe nach Patta weiter. Hier wurden die drei Könige der drei Städte Patta, Fasa und Sio, die auf dieser Insel liegen, und die gesamte Einwohnerschaft zusammengerufen. In Gegenwart und unter dem Schutze von 200 Portugiesen, die ausgeschifft waren, erfolgte am Morgen des 6. April 1569 ein furchtbares Strafgericht. Zuerst wurde Buana Baschira, der König von Lamu, auf ein hohes Schaffot geführt. Durch Herolde wurde in portugiesischer und in Landessprache sein Todesurteil, als eines Verräters an den Portugiesen und widerrechtlichen Throninhabers, verlesen. Seine gesamten Besitztümer wurden für verfallen erklärt und bei Todesstrafe die Bestattung seines Leichnames verboten. Dann wurde er geköpft und gevierteilt. In gleicher Weise und an derselben Stelle wurde ein Bruder des Königs von Kelife hingerichtet, der in Mombasa im Gefolge der Türken gefangen genommen war. Dann kamen zwei Einwohner aus Patta an die Reihe, welche die Reise nach dem Roten Meere gemacht hatten, um die Türken herbeizurufen. Für ihr Leben wurde vergeblich von den Angehörigen viel Gold geboten, doch auch ihre Köpfe fielen, allerdings nicht oben auf dem Schaffot, sondern am Fusse des Blutgerüstes, um auch bei dieser Gelegenheit dem königlichen Geblüte einen Vorrang zu lassen Die gevierteilten Leichname aller Hingerichteten wurden an der Stadtmauer und an anderen öffentlichen Stellen zur Warnung und Abschreckung aufgehängt. Hierauf wurden die Einwohner Pattas zur Erlegung eines Strafgeldes von 4000 Crusados (= M. 31 400.-) verurteilt, da sie den Türken ohne Kampf, wie es die Verträge mit den Portugiesen erfordert hätten, Zugang zu ihrer Stadt gestattet hatten, und ferner mussten sie sofort ein Befestigungswerk, das sie errichtet hatten, niederreissen. Zum Schluss wurde der König von Sio gefangen genommen, weil er erstens auch die Türken bei sich aufgenommen und ihnen Geld gegeben hatte, und zweitens der Aufforderung der Portugiesen, Heerfolge gegen die Türken zu leisten, nicht gefolgt war. Er wurde zu einem Beitrage von 3ooo Crusados (=- M. 23 5.50.-) zu den Kriegskosten sowie zur Niederlegung der Mauern seiner Stadt verurteilt und nicht eher in Freiheit gesetzt, bis diese Bedingungen erfüllt waren. Ein weiteres Strafgericht erfolgte noch gegen die benachbarte Stadt und Insel Mandra, weil sie lange Jahre mit dem schuldigen Tribute in Rückstand war, und weil sie einem portugiesischen Schiffe bei der Ankuhft des Geschwaders von Indien das Wassernehmen mit der schnöden Redensart versagt hatte: nur die Sonne habe freien Zutritt zu Mandra. Doch die nach dieser Insel von Patta abgesandte portugiesische Abteilung fand die Stadt verlassen, sodass nur durch Verwüsten der Häuser und Umhauen von 2000 Palmen, zu welcher Arbeit die Einwohner von Patta und Sio herangezogen wurden, Rache genommen werden konnte. - 158 Nochmals versammelte der Oberbefehlshaber, nachdem er mit dem Geschwader nach Fasa gesegelt war, die Könige von Patta, Sio und Fasa um sich. Den König von Fasa bestätigte er in seiner Würde, und alle drei mussten auf den Koran schwören, dass sie bei neuem Erscheinen der Türken oder sonstiger Feinde der Portugiesen ihnen kein Wasser, keine Lotsen, noch irgendwelche Begünstigung gewähren, sondern mit ihren Unterthanen den Zugang zu den Häfen der Insel mit den Waffen bis in den Tod verteidigen würden. Weiter musste sich der neuernannte König von Fasa verpflichten, alljährlich für die portugiesischen Staatsschiffe 20 Sklaven zu liefern. Am 15. April konnte Thomý de Sousa Coutinho befriedigt mit der günstigen Erledigung seiner Aufgaben von Ostafrika absegeln. Das Paradestück seiner Erfolge, den Türken Mirale Beque, führte er mit sich. Dieser, der früher schon einmal im Mittelmeere Gefangener der Spanier gewesen war und sich daher im Spanischen gut verständigen konnte, scheint seine Lage mit Weltweisheit aufgefasst und das Beste daraus gemacht zu haben. Als er dem Könige von Melinde vorgeführt werden sollte und aufgefordert wurde, mit Würde und Höflichkeit aufzutreten, erwiderte er richtig, dass es nichts nütze, wenn er versuche, in seiner eselhaften Lage das Pferd zu spielen, er würde doch als Esel betrachtet werden. Ebenso antwortete er schlagfertig, als er in Goa dem Vizekönige vorgestellt wurde, auf dessen Frage, wie er sich befinde, »als Sklave Eurer Hoheit und als solcher als grosser Herr«. Schliesslich nach Lissabon überführt, that er das Klügste, was er in seiner Lage thun konnte, und trat zum Christentum über, wodurch er, wie ein zeitgenössischer Chronist annimmt, für seine Seele alles dasjenige wiedergewann, was er an irdischen Dingen verloren hatte. Kurze Zeit nach den Ereignissen in Mombasa wurde auch Melinde von den Zimbas in Schrecken gesetzt. Der Küste nach Norden längsziehend erschienen sie auch vor dieser Stadt. Die gesamte Macht, die Matheus Mendez de Vasconcellos ihnen nach Zusammenziehung aller portugiesischen Soldaten und Kaufleute entgegenstellen konnte, bestand aus nur 30 Mann. Viele Wilden, die gegen die Stadt anstürmten, wurden ,durch die Feuergewehre niedergestreckt, aber nichtsdestoweniger gelang es ihnen, über die niedrige Umwallung einzudringen. Ein portugiesisches Verteidigungswerk war schon in Gefahr, genommen zu werden, als die in der Nachbarschaft Melinde's wohnenden Mosseguejos in der Stärke von 3ooo Mann erschienen und die Angreifer zurückwarfen. Nach dem einzigen Geschichtsschreiber, der über diese Vorfälle berichtet, wurde mit dieser Niederlage die Macht der Zimbas in diesen Gegenden gebrochen. Ueber die Flüchtenden fielen diejenigen her, die vorher von ihrem Ungestüm und ihren Grausamkeiten zu leiden gehabt hatten, und - 159 verlegten ihnen den Weg. Schliesslich sollen nur der Anführer und ioo Mann von diesem Raubzuge, mit dem in der Luftlinie über 16oo km zurückgelegt waren, in ihre ferne Heimat am Zambesi zurückgekehrt sein.') Uebrigens war hiermit keinesweg ihre Macht ganz gebrochen, denn in der Nachbarschaft ihrer Heimat erwiesen sie sich auch nachher noch als gefährliche Störenfriede und unüberwindliche Feinde. Beispielsweise wurde von ihnen im Jahre 1592 eine portugiesische Abteilung von 200 Mann bei Tete gänzlich niedergemacht. Wie bereits erwähnt, ist über die Begebenheiten in Mombasa, nachdem sich die Zimbas zu Herren der Insel und wahrscheinlich auch der Stadt gemacht hatten, keine Kunde überliefert. Auch über die Entwicklung in den nächstfolgenden drei Jahren herrscht keine Klarheit. Santos erzählt von zwei Siegen, die der König von Melinde mit Hilfe des portugiesischen Kommandanten über Kelife und Mombasa errungen haben soll. Die Veranlassung soll gewesen sein, dass sich die KelifeBewohner schon lange gegen Melinde Uebergriffe erlaubten und schliesslich in einer Weise zu offenen Feindseligkeiten übergingen, dass sich die Weiber nicht mehr aus Melinde zum Holzholen herauswagen durften, da sie in Gefahr waren, beraubt und entführt zu werden. Um diesem Zustande ein Ende zu machen, soll schliesslich der König von Melinde nach Erschöpfung aller Geduld mit seiner Mannschaft und mit den ihm befreundeten Mosseguejos ausgezogen sein und Kelife genommen haben. Der König und die Mehrzahl' der Bewohner dieser Stadt sollen dabei erschlagen worden sein. Als Verwandter des getöteten Königs soll sodann der König von Mombasa mit 5ooo Mann gegen Melinde ausgezogen, aber unterwegs von den Mosseguejos überfallen und samt seinen drei Söhnen niedergemacht worden sein. Hierauf sollen die Mosseguejos die Fliehenden bis in ihre Stadt verfolgt und sogar die Stadt Mombasa selbst genommen haben. Auf zwei Dhaus sollen sodann die Mosse guejos mit den gefangenen Häuptern Mombasa's nach Melinde gefahren sein. Hier sollen der König und Kommandant in gänzlicher Unkenntnis dieser Ereignisse noch zur Abwehr eines Angriffes der Mombasaner bereit gewesen sein und erst ungläubig, dann erstaunt die Aufforderung entgegengenommen haben, in das eroberte Mombasa einzuziehen. Erst nachdem die Gefangenen gelandet waren und dem Könige selbst die Ereignisse bestätigt hatten, ihn auch ihrerseits baten, zukünftig ihr Herr zu sein, soll die Botschaft geglaubt worden sein. Kurz darauf soll dann der König von Melinde samt Gefolge sowie auch der portugiesische Kommandant nach Mombasa übergesiedelt sein.') 1) Santos 1 S. 246-247. 2) Santos I S. 436 ff. - 16o Santos hebt allerdings hervor, dass die Ereignisse, die er wie oben wiedergegeben schildert, sich zu einer Zeit abwickelten, während welcher er selbst an der ostafrikanischen Küste lebte, und es wird richtig sein, dass Kämpfe erst gegen Kelife und dann gegen Mombasa erfolgt sind, aber dennoch ist Grund zu der Annahme vorhanden, dass der König von Melinde nicht geradezu gerufen und fast ohne sein Mitthun zu dem Besitz von Mombasa gelangte. In einem Schreiben des Königs von Portugal vom 12. Januar 1591 an den Vizekönig von Indien ist gesagt, dass dem Antrage des Königs von Melinde, mit Mombasa belehnt zu werden, Folge geleistet werden solle.') In einem anderen Schreiben des Königs von Portugal vom 15. Februar 1593 wird dasselbe wiederholt und hinzugefügt, dass die Einsetzung des MelindeKönigs in M\ombasa durchgeführt werden solle, trotzdem nach den vorliegenden Berichten sich der König von Kelife in Mombasa festgesetzt habe und diese Stadt nicht freigeben wolle.2) Sehr wahrscheinlich ist hiernach also, dass im zielbewussten Streit um das von beiden Seiten begehrte Mombasa die oben wiedergegebenen Kämpfe erfolgten. Sehr wahrscheinlich ist ferner, dass Mombasa eine Beute seiner Nachbarn wurde, weil es durch die Verheerungen der Zimbas geschwächt war. Thatsächlich hörte in diesen Jahren die alte schirasische Dynastie auf, in Mombasa zu regieren; ihr letzter König ist Schaho ben Mischam gewesen. An die Stelle des alten Geschlechts trat der König von Melinde, als Vasalle Portugals. Als Lohn für die stets gegen Portugal bewiesene Treue wurde das Lehn gegeben. Für Kelife war wahrscheinlich die Zerstörung, die diese Kämpfe brachten, der Todesstoss, von dem es sich nie erholte. Dichter Buschwald bedeckt heute die Stelle, wo diese Stadt gestanden hat, nur Ruinen auf der Spitze eines Hügels mit einem turmartigen Pfeiler und Resten einer Moschee, in der hübsch in Stein ausgehauene Koransprüche auffallen, deuten auf die frühere Königsbehausung; weiter unten zeigen sich Ueberreste der Stadtmauer und eines bastionierten Thores; von der eigentlichen Stadt, die zwischen Königshaus und Umwallung gelegen haben muss, ist keine Spur mehr vorhanden, da sie vermutlich ausschliesslich aus Lehmhütten bestand. Auch die geringe Bedeutung, die Melinde an und für sich besessen hatte, ging mit Verlegung des Königssitzes sowie der portugiesischen Hauptmannschaft nach Mombasa verloren, und fortan wurde Melinde von dort aus verwaltet. Ebenso wie in den Machtverhältnissen der Städte erfolgten auch in dieser Zeit unter den Negerstämmen der Ostküste Afrikas Ver1) Archivo III I S. 272-273. 2) Archivo III I S. 379-380. - 161 .schiebungen. Schon die Raubzüge der Zimbas deuten auf weitgreifende Völkerwanderungen. Aber auch die Mosseguejos, die wie oben erzählt, als Bundesgenossen Melinde's und der Portugiesen auftraten, waren Neuankömmlinge in diesem Teile Ostafrikas und von den anderen Negerstämmen der Küste augenfällig verschieden. Zuerst werden sie im Jahre 1571 erwähnt.') Sie werden als ein barbarischer kräftiger Stamm beschrieben, der ursprünglich ausschliesslich von Viehzucht lebte, und dessen hauptsächliche Nahrung aus einem Gemische von warmem Blut, das sie dem lebenden Viehe durch Aderlassen abnahmen, und von Milch und Kuhmist (? Urin) bestand. Diese Gewohnheit, ebenso wie die von ihnen geübte Verstümmelung der im Kriege erschlagenen Feinde deutet auf Verwandtschaft mit den Massai und den Galla, doch werden sie von den letzteren von Joäo de Santos, der über sie berichtet, ausdrücklich unterschieden.') Heute leben geringe Ueberreste dieses Volksstammes unter dem Namen Wassegeju nördlich und südlich von Tanga. Sie haben somit ihre Wohnsitze seit der Portugiesenzeit wesentlich weiter nach dem Süden verlegt. Noch heute ist unter ihnen die Erinnerung erhalten, dass sie vor langen Jahren fern aus dem Innern (wahrscheinlich aus der Gegend des Kenia) zur Küste zogen. Heute leben sie zwar noch in eigenen Ortschaften, unterscheiden sich aber kaum von den anderen Bantustämmen, unter denen sie leben.') Die Galla werden von den Portugiesen häufiger, doch ohne nähere Schilderung erwähnt, sie hausten damals ungefähr in denselben Gegenden wie heute, doch erstreckte sich ihr Gebiet weiter nördlich, wenn auch nicht unmittelbar am Seestrande, sondern landeinwärts. Die Somali nennen die Portugiesen unter diesem Namen nicht, sondern als Maracatos. Auch ein Quilmance genannter mächtiger Volksstamm4) werden Somali gewesen sein. Die Musungulos, die das Festland in der Nachbarschaft von Mombasa bewohnten und in der Geschichte Mombasa's eine grosse Rolle spielen, sind dieselben Negerstämme, welche heute als Wanika bekannt sind und noch dieselben Wohnsitze wie früher haben. Irgend ein Zweifel hierüber besteht nicht, da die Portugiesen von ihnen seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts als Musungulos oder Wanika sprechen. Ueberraschender Weise erwähnen die portugiesischen Quellen nirgends die Suaheli (= Küstenleute, von dem arabischen sahel = Küste) ) Monclaro S. 500. 2) Santos I S. 432 ff. befindet sich eine eingehendere Beschreibung dieses Volksstammes. 8) Dr. 0. Baumann, Usambara, Berlin 189I, S. 25. 4) Barros III S. 208. Gleichfalls mit Quilmance bezeichnen altportugiesische Karten auch ostafrikanische Flüsse und zwar verschieden sowohl den Juba, Osi und Sabaki. Strandes, Ostafrika. II - 162 oder die an der ganzen Küste herrschende Suahelisprache. Fest steht indessen sogar aus vorportugiesischer Zeit, dass unter diesem Namen ein Stamm oder eine Völkergruppe in ungefähr denselben Gegenden wie heute ansässig war, denn sie werden von Ibn Batuta, der diese Küste in den Jahren 1330-1331 n. Chr. bereiste, genannt.1) Die gesamte Wissenschaft, die über die frühere Verteilung der Völkerschaften an der Ostküste von Afrika von den Portugiesen überliefert wird, ist ausserordentlich dürftig und gewährt kein klares Bild.') Kaum wird etwas anderes berichtet, als dass es eine Reihe von verschiedenen Völkern gab, die in Sprache und Gebräuchen von einander abwichen. Das Wesentliche aus diesen Ueberlieferungen ist oben wiedergegeben. Erwähnenswert ist noch, dass weiter im Süden, die Gebiete um Mozambique bis zum Kap Delgado ebenso wie noch heute von den Makua bewohnt wurden.8) 1) Devric S. 73. 2) Auch Alonso's de Sandoval »Natureleza, policia sagrda y profana, costumbres y ritos, disciplina e catecismo evangelico de todos Etiopes«, Sevilla 1627, auf das von anderer Seite für die alte Bevölkerung Ostafrikas hingewiesen ist, giebt keinerlei Aufschluss, sondern nur dürftige Auszüge aus Santos. 3) Santos I S. 257 ff. beschreibt ausführlicher die Makua. Nähere Nachrichten über die Musungulos sollen sich befinden in: Breve tratado feito por Pedro Barreto de Rezende, secretario do senhor conde de Linhares vizorey da India. No anno 1635. Handschriftlich in Lissabon, Paris und London. Für die vorliegende Arbeit konnte dieses Werk nicht benutzt werden. Der Festungsbau in Mombasa. Schon nach dem ersten Einfalle der Türken in Ostafrika war von dem Vizekönig in Indien die dauernde Besetzung von Mombasa und die Errichtung einer Festung daselbst in Vorschlag gebracht, doch von Lissabon aus abgelehnt worden. Auch nach dem zweiten Einfall der Türken und auf die Erneuerung des Vorschlages ging man an bestimmender Stelle nur zögernd auf diesen Plan ein. In einem Schreiben, das der König von Portugal am 12. Januar 1591 an seinen indischen Stellvertreter richtete, erscheint auf den ersten Seiten die Mitteilung, dass er die MombasaAngelegenheit unter Erwägung habe und den Entschluss nach Anhörung in Ostafrika erfahrener Personen fassen-, würde. Dann aber in einem späteren Teile desselben Schreibens wird der Bau einer Festung in Mombasa dem Vizekönige unter der Bedingung erlaubt und befohlen, dass dessen erneute Erkundigungen keine gewichtigen Gründe gegen dieses Unternehmen ergeben würden. Mit dem Entwurfe der Anlage und den Bestimmungen über die Bauausführung wurde Joäo Baptisto Cairatto, der Oberingenieur des indischen Gouvernements, ein Mann, dessen Dienste in besonderem Ansehen in Portugal standen, betraut.) Wie die Uebersiedelung des portugiesischen Kommandanten Matheus Mendez de Vasconcello und des Königs von Melinde nach Mombasa erfolgte, ist bereits im vorhergehenden Abschnitte erzählt. Wahrscheinlich ist in gleicher Zeit, also im Jahre 1593, mit dem Bau begonnen. Jesus von Mombasa war der Name, der der Festung beigelegt wurde. Um die Arbeiten zu fördern und gegen Störungen zu schützen, wurde im Anfange ein portugiesisches Geschwader bei Mombasa stationiert. Aüch im folgenden Jahre 1593 wurde wieder ) Archivo III I S. 272-273. - 164 auf das Gerücht hin, die Türken beabsichtigten einen Einfall, ein Geschwader nach Ostafrika geschickt.') Langsam nur schritt der Bau vorwärts, zwar leistete der König von Melinde durch Herbeischaffung der Bausteine thatkräftigen Beistand, und schon im Jahre 1595 konnte der Kommandant berichten, dass das Mauerwerk errichtet sei.') Doch thatsächlich hat der Ausbau und die Vollendung noch Jahrzehnte gedauert. Insbesondere bereitete die Ausschachtung der tiefen und breiten Gräben aus dem soliden Korallenfels, auf dem die Festung steht, grosse Mühe. Von Dezember 1596 bis zum Frühjahr 1597 überwinterte der Vizekönig, der Admiral Graf Francisco da Gama, ein Nachkomme des berühmten Entdeckers, nachdem er infolge des Nordostmonsuns nicht hatte nach Goa aufkreuzen können, in Mombasa. Auf seine Veranlassung wurde eine Quelle, die 15o Schritte von der Mauer entfernt im Vorgelände der Festung bei dem Ausheben des Grabens gefunden war, durch einen gedeckten Gang mit den Festungswerken verbunden.8) Von Indien aus wurden Steinmetze und Maurer nach Mombasa geschickt. Nach einer arabischen Chronik wurde auch ein Teil der für die Mauern verwendeten Steine fertig zugehauen von Portugal her eingeführt, doch findet diese Angabe in den portugiesischen Berichten keine Bestätigung. Für die Baukosten wurden durch einen Befehl von Lissabon vom 28. Dezember I6II auf fünf Jahre aus den Einkünften von Diu jährlich 2000 Pardaos (= M. 8o8o.-) angewiesen, und zwar mit der Massgabe, dass diese Summe in Zeugstoffen an den Bestimmungsort geschickt werden solle, wo auf Verkauf zum doppelten Werte gerechnet wurde.) Als Diu diese Summe nicht erschwingen konnte, wurde schliesslich die Entnahme aus den Goa-Einnahmen gebilligt. Auch eine besondere Vertrauensperson, Antonio Pinto da Fonseca, wurde zur Inspektion der Bauangelegenheiten von Europa ausgesandt. Stetig wiederkehrend, erschienen alljährlich in den folgenden Jahrzehnten in den Briefen des Königs von Portugal an den Vizekönig die Iahnungen, den Bau vorwärtszubringen und namentlich die Gräben und die Cisterne zu vollenden. Doch nicht nur sachliche Schwierigkeiten scheinen der Vollendung entgegengewesen zu sein. Vieles deutet darauf hin, dass die Baugelder andere Wege gingen, als w-ofür sie bestimmt waren. -So erwähnen die portugiesischen Ansiedler Mombasa's in einem Schreiben, welches sie im Jahre 1603 an den i) Archivo III I S. 416. 2) Archivo III 11 583. 1) Couto XII S. 6. 4) Documentos remittidos da India on Livros das MonýÖes publ. da Academia Real das Sciencias de Lisboa 188o-5. II S. 125. - 165 König von Portugal mit der Bitte um endliche Vollendung der Festung richteten, dass für diesen Bau schon 30000 Xerafinen (= M. 121 200.-) angeblich ausgegeben seien, man könne aber nicht sehen, wo sie geblieben wären, während doch das Werk in Wirklichkeit mit nur 4000 Crusados (= M. 31 400.-) vollendet werden könne, wenn diese Summe von einer vertrauenswürdigen Person verwaltet würde.') Wiederholt hatte man schon in den Vorjahren von Lissabon aus auf genaue Rechnungslegung und Uebersendung in doppelter Ausfertigung gedrungen. Dass thatsächlich in dieser Zeit in Mombasa in den Geldangelegenheiten grosse Unordnung, wenn nicht Schlimmeres, herrschte, beweist der Umstand, dass im Januar 1614 vom Vizekönig, anlässlich der Einsetzung eines neuen Kommandanten, nicht weniger als drei Verfügungen für die Verwaltung und Verwendung der Staatsgelder in Mombasa erlassen wurden.') Eine scharfe Kontrolle für die Festungsbaugelder wurde dadurch eingerichtet, dass eine Kommission, bestehend aus dem Kommandanten, dem Richter und dem Prior der Augustiner, eingesetzt wurde. Von dem Prior, als nicht Staatsangestellten, wurde die Mitwirkung unter Berufung auf seine bekannten Tugenden und seinen Eifer und unter dem Hinweis, dass hiermit auch Gott gedient werde, erbeten. Dieser Kommission wurde auferlegt, der Auspackung der für den Bau bestimmten Zeugstoffe beizuwohnen und sie dem Rechnungsführer mit einem Verzeichnis zu übergeben. Dann sollte die Kommission persönlich den Verkauf der Stoffe zu möglichst hohen Preisen leiten, über das Verkaufte und den Erlös unter gemeinsamer Unterschrift Buch führen und die Baumaterialien einkaufen. Ferner sollte sich jede Woche eines der Kommissionsmitglieder von dem Fortschreiten des Baues überzeugen und schliesslich alljährlich Bericht und Rechnungsablage erstattet werden. Für den Bau selbst war Vorschrift, dass zuerst die Festungsmauern derartig zu erhöhen seien, dass sie gegen jedweden Feind verteidigt werden könnten, dann sollten die Festungsgräben vollendet und zum Schluss ein Fort bei Makupa - von den Portugiesen meistens ,passo dos Zimbas" genannt - errichtet werden. Diese Sicherung der Furt (Makupa) als Schlüssel der Insel war gleichfalls seit Jahren beabsichtigt und angeregt. Ihre Ausführung aber zog sich sehr in die Länge. Anfänglich bestand die Absicht, daselbst nur eine kleine Anlage zur Aufstellung von zwei Geschützen zu errichten und die Bewachung in Friedenszeiten den Leuten des Königs von Melinde zu überlassen. Hiergegen war das Land um Makupa herum dem Könige ) On Livros das Monýöes III S. 13. 2) Archivo VI S. 1004-1005 u. 1070. - I66 zum Besitze übergeben. Nur in Kriegszeiten sollte die Verteidigung durch Portugiesen erfolgen.') Den Ausschlag bei dem Entschluss über die Errichtung einer Festung von Mombasa hatten die Aeusserungen von erfahrenen Personen gegeben, die hervorhoben, dass daselbst ein Zollhaus eröffnet werden könne, das einen Teil der Ausgaben decken würde.2) Gleichzeitig mit der Niederlassung in Mombasa wurde demzufolge auch mit der Zollerhebung begonnen. Durch ein Gesetz, datiert Lissabon, den 20. Februar 1596, wurde dieselbe formell dahin geordnet, dass auf sämtliche ankommende Waren ebenso wie in den meisten Plätzen Indiens, ein Wertzoll von 6 pCt. eingeführt wurde.') Weiter bestand eine Zollhausabgabe von i pCt.) wahrscheinlich noch ausser dem Zolle von 6 pCt., die ebenso wie in allen anderen Besitzungen der Portugiesen lediglich für den Bau und die Unterhaltung der Festungswerke bestimmt war. Als eine fernere Abgabe ist ein Ankergeld zu nennen, das von allen Schiffen, Dhaus und Booten in der Höhe von 50 Reis bis i Crusado (= M. -.98 bis M. 7.85) erhoben wurde. Die Höhe dieser Gebühren war in einer Verordnung aus Goa vom 23. Mai 1598 festgesetzt.') Die hieraus erzielten Einnahmen flossen indessen ebenso wie überall im portugiesischen Osten nicht in den Staatsschatz, sondern wurden an die Nachkommen von Vasco da Gama, als eine diesem und seinen Erben auf ewige Zeiten für die Entdeckungsreise gemachte Zuwendung, abgeführt. Schon im Jahre 1596 konnte der Kommandant berichten, dass die Zollhaus-Einnahmen im Vorjahre 5000 Pardaos (= M. 20 200.-) ergeben hätten. Weiter wird öfters in den folgenden Jahren in Briefen von Lissabon aus der Befriedigung Ausdruck gegeben, dass diese Einkünfte im Wachsen begriffen waren. Nie wird dabei unterlassen zu erwähnen, dass unter keinen Umständen das Zollhaus aufgegeben werden dürfe. In einer Zusammenstellung über die Finanzen Indiens in den ersten Jahren des siebzehnten Jahrhunderts (geschrieben 1607) werden die Zolleinnahmen Mombasa's auf 918o Xerafinen (= M. 37 087.-) angegeben, wovon der König von Melinde den dritten Teil empfing.') 1) Livros das Monqöes I S. 224. 2) Archivo IIII S. 272. ) Archivo III II S. 582-3. 4) Livros das Monýöes III S. 13. Siehe den betreffenden Erlass im Anhang II. ) Archivo V MII S. 1516. 6) Livro em que se contem toda a Fazenda Real Patrimonio dos Reinos de Portugal, India e Ilhas adjacentes e outras Particularidades ordenado por Luiz de Figueiredo Falýäo, Secretario de El Rei Filippe Ii. Copiado fielmente do Manuscripto Original. Lisboa 1859, A. 78. - 167 Ueber die dagegen stehenden Ausgaben in derselben Zeit giebt die gleiche Quelle folgende Uebersicht:1) Der Kommandant Gehalt Reis 300.000 IOO Mann Besatzung , , 930.000 Besatzung des Wachtschiffes gegen die Türken .. .. 5I8.760 für dieselben Unterhalt , 355.500 Ausgaben für das Hospital ), 36o.0o0 Ausrüstung für die Festung , 120.000 Die Vikare in Lamu, Patta und Fasa , 90.000 Die Augustiner-Geistlichen , 40.000 Der Rechnungsbeamte (Feitor) Gehalt , 68.ooo Der Sekretär des Rechnungsbeamten , , 50.000 Der Richter samt Profoss und Gehülfen , , 162.500 Der Geschützmeister samt Untergebenen , . 6o.ooo Der Zollhausvorsteher samt 4 Gehülfen , , 98.000 Der Pförtner samt 6 Wächtern der Festung , , 82.800 Sämmtliche Beamte Unterhalt , io2.9oo oder insgesamt Reis 3338,460 oder 11097 Xerafinen (= M. 44 832.-), womit also schon die laufenden Ausgaben, ungerechnet die Baukosten, die Einnahmen weit überstiegen. Aus dieser Zusammenstellung ist gleichzeitig am besten ersichtlich, welchen Verwaltungsapparat die Portugiesen unterhielten. Ausserdem stand dem Kommandanten ein Festungsrat zur Seite, der bei wichtigen Anlässen einberufen wurde. Es scheint, dass demselben ständig die höchsten Regierungsangestellten und der Augustiner-Prior angehörten, es wurden aber auch Privatleute durch den Vizekönig zu Mitgliedern ernannt. Eine weitere Behörde wurde im Jahre 1614 geschaffen. Durch den Vizekönig von Indien wurde von Goa unter dem 16. Januar des genannten Jahres auf Veranlassung der Mlisericordia, einer wohlthätigen Brüderschaft von Laien, die Errichtung einer Marktvogtei verfügt, deren Aufgabe sein sollte, übermässige Preissteigerungen der Lebensmittel zu verhindern und Kauf und Verkauf zu überwachen. Die Verfügung erfolgte ausgesprochenermassen, um die Bedrückung der Armen zu verhindern. Die Misericordia hatte das Recht, für den Posten drei Personen in Vorschlag zu bringen, unter denen der Kommandant eine zu erwählen und ihre Amtsdauer, die aber nicht länger als ein Jahr währen durfte, zu bestimmen hatte.') Die Besetzung aller anderen Posten erfolgte von zwei Stellen. Die wichtigeren Posten wurden von dem Könige von Portugal selbst und U) Livro da Fazenda S. 95-96. 2) Archivo VI S. 1007. - I68 -die geringeren vom Vizekönig des portugiesischen Indiens vergeben. In beiden Fällen scheint bei der Vergebung weniger Verdienst und Fähigkeit, als Einfluss und Gunst massgebend gewesen zu sein, und allein schon der Umstand, dass jedwede Ernennung nur für eine Amtsdauer von drei Jahren erfolgte, musste allgemeine Stellenjägerei im Gefolge haben. Durchgehends erfolgten die Ernennungen als Gnadenerweise, und besonders eigenartig sind diese königlichen Gnadenerweise dadurch, dass fast nie Ernennungen zum baldigen Antritt für bereits freie oder bald frei werdende Posten, sondern für solche erfolgte, die voraussichtlich erst in Jahrzehnten frei wurden. Jeder Angestellte hatte dabei so lange zu warten, bis seine sämtlichen Vordermänner, nach dem Datum der Ernennung gerechnet, ihre dreijährige Amtsdauer abgedient hatten. Es ist möglich, dass diese sonderbare Handhabung, die für alle portugiesischen Niederlassungen seit dem Anfang der Kolonialherrschaft in Gebrauch war, ihren Ursprung darin hat, dass in der ersten Zeit der Unternehmungen im Osten bei dem grossen Menschenverbrauch und bei der langwierigen und unsicheren Verbindung mit Europa vielseitige Vorausbestimmungen über die Wiederbesetzung der Posten wirklich notwendig waren. Es entsprach daher einem Bedürfnisse, dass in den ersten Jahrzehnten der portugiesischen Koloniälherrschaft für jeden Posten zwei oder drei Anwärter vorhanden waren. Bald artete aber der Gebrauch dahin aus, dass für jeden Posten i8 bis 2o Anwärter vorhanden waren, oder mit anderen Worten, jeder glückliche Patentinhaber musste darauf gefasst sein, wenn nicht seine Vordermänner starben, erst nach 5o bis 6o Jahren zum Antritt seines Amtes zu kommen Sehr richtig beurteilt ein Chronist im Anfange des 17. Jahrhunderts diesen Missstand dahin, dass man mit leichterem Herzen zum Kampfe gegen wilde Tiere, als mit solchen Aussichten nach Indien ausziehen könne.') Nicht nur zur Ausfüllung eines Postens selbst geeignete Personen wurden begnadet, sondern sogar den Wittwen und Töchtern verdienter oder hochgestellter Männer wurden A,.wartschaften auf Stellungen für diejenigen geschenkt, die sie demnächst heiraten würden. Ja, Uebertragungen von Anwartschaften auf Brüder, Schwestern oder Kinder wurden nicht selten bewilligt. Auch wurden gelegentlich Stellvertretungen gestattet.2) Ein erheiterndes Beispiel aus Ostafrika, wie man zu einer Anstellung gelangen konnte, bietet die Geschichte einer Prinzessin, der Nichte des Königs von Fasa. Diese Dame, von unbestimmbarer Farbe, war in Mombasa zum Christentum übergetreten und Dona Maria getauft. Auf die Vorstellung des Vizekönigs von Indien hin, dass es 1) Couto IV II S. 225. 2) Vergl. im Anhänge II einige einschlägige Erlasse. - 169 einen guten Eindruck machen würde, wenn man derartig Bekehrte bevorzugte und dadurch auch einen etwaigen Glaubensabfall verhinderte, beschenkte der König sie unter dem 17. Dezember 16o5 mit einer Anstellungs-Anwartschaft auf den Posten eines Sekretärs bei dem Rechnungsbeamten in Mombasa für ihren zukünftigen Gatten! Bedingung war, dass der zu Beglückende ein Portugiese sei und die Ehe von dem Erzbischof in Goa gebilligt würde. Für den Fall, dass der Heiratslustige nach Befähigung und Lebensstellung auf einen besseren Posten Anspruch habe, wurde auch ein solcher in Aussicht gestellt. Indessen der Erwerb einer Gattin aus fürstlichem Geschlechte und gleichzeitige Versorgung scheinen doch keine überwältigenden Verlockungen gewesen zu sein, wenigstens erfahren wir, dass sich erst am 22. Dezember 1624, also neunzehn Jahre später und zu einer Zeit, in welcher der erste Jugendreiz der Prinzessin verblüht gewesen sein muss, ein Gatte und Verwaltungssekretär in der Person von Joäo da Fonseca Monteiro gefunden hat.') Sehr viele solcher Anwartschaften für zukünftige Gatten wurden auch an arme verwaiste Töchter von Edelleuten gegeben, die, mit diesem Lockmittel ausgestattet, von Portugal nach Indien auf die Suche nach Eheglück hinausgeschickt wurden. Dieser ständige Brauch war eine grosse Plage für die indische Verwaltung. Auf die Vorstellungen des Vizekönigs, dass es auch in Indien eine Ueberzahl von versorgungsbedürftigen Waisen gäbe, dass die Aemter bereits viele Anwärter hätten, und dass ferner der Unterhalt der Waisen, bis sich endlich ein Gemahl fände, dem Staate grosse Kosten auferlege, wurde vorübergehend diese Auswanderung aufgegeben. Wie schon gesagt gingen alle Anwartschaften darauf hin, dass der Anzustellende sein Amt anzutreten hätte, sobald solches frei würde und keine andere Person mit einer früher gegebenen Anwartschaft vorhanden wäre. Die Amtsdauer für jeden Posten war dabei fast stets auf drei Jahre beschränkt. Wenn nicht zufällig ein anderer Anwärter fehlte, was selten der Fall gewesen ist, oder unter besonderen Umständen eine Verlängerung bewilligt wurde, erfolgte alle drei Jahre ein Wechsel in der Besetzung jedes Postens. Allerdings gab es für die Verteilung der Stellen gewisse Vorbedingungen hinsichtlich Befähigung und Geburt. Beispielsweise konnte Kommandant von Mombasa nur eine Person werden, die angesehener Geburt war und lange ehrenvoll als Schiffskommandant gedient hatte.') Häufig wurden auch die Anwartschaften nur mit dem Vorbehalte erteilt, dass der damit Beschenkte sich sofort nach Indien einschiffe und dort eine bestimmte Reihe von Jahren diene, bevor er den Anspruch auf Einsetzung in seine Stelle machen könne. Auch war ) Livros das Monýöes I S. 50-51 u. III S. 13. 2) Livro da Fazenda S. 119. - 170 eine oft gestellte Vorbedingung, dass der Anwärter vorerst vier Rundreisen im Schiffsdienste nach Indien beweisen müsste, doch dieses ändert nichts daran, dass die Aemter nicht nach Verdienst, sondern lediglich nach Gunst und Einfluss vergeben wurden. Sehr begründet ist daher die Klage eines Vizekönigs, gerade bezüglich der ostafrikanischen Kommandanten, dass die Vorbedingung einer längeren Dienstzeit in Indien für Erfahrung und Tüchtigkeit der Beamten keine Gewähr biete, da diejenigen, die schon ihre sichere Anwartschaft in der Tasche hätten, keine Veranlassung fiihlten, sich hervorzuthun, sondern in Musse die Zeit ihrer Berufung abwarteten, wodurch die ungeeignetsten Personen zu wichtigen Aemtern gelangten.') Schlimmer aber noch als dieses System der Anwartschaften war der Brauch, gelegentlich alle Anwartschaften bei seite zu schieben und sämtliche Aemter an den Meistbietenden zu versteigern! Zuerst im Jahre 1614 wurde durch einen Erlass aus Madrid dieser Aemterverkauf zur Aufbesserung der Staatsfinanzen und, wie es darin auch heisst, »zum allgemeinen Besten« angeordnet. Der Verkauf sollte, nur einmal und auf drei Jahre erfolgen, und nach dieser Zeit sollten die Anwartschaftsinhaber wieder in ihre Rechte treten,') aber dennoch ist später wiederholt in gleicher Weise verfahren worden. Wohl sämtliche Stellungen brachten den Inhabern wesentlich grösseres Einkommen als das Gehalt. Der Verdienst der in Mombasa Angestellten in ihrer dreijährigen Amtsdauer wurde für den Kommandanten auf 30000 Crusados") (= M. 2355oo.-), für den Rechnungsvorsteher auf 5ooo bis 6ooo Pardaos (= M. 202oo.- bis 24240.-) und für den Sekretär des letzteren auf 2ooo bis 3000 Pardaos (= M. 8o8o.- bis 12 I20.-)') geschätzt. Im wesentlichen wurden wohl diese bedeutenden Einnahmen durch Handelsgeschäfte erworben. Nach wie vor hatten die Kommandanten hierin monopolartige Vorrechte,') und alles spricht dafür, dass sie über diese hinaus das Uebergewicht ihrer Stellungen zum Nachteile der Mitbewerber ausnutzten. In allen bedeutenderen Plätzen unterhielten sie ihre eigenen Handelsagenten. Und nicht nur legale Geschäfte wurden betrieben. In einer Verfügung des Königs von Portugal vom 22. Februar 1617 wird nachdrücklich befohlen, dass sämtliche an der Küste handeltreibenden Fahrzeuge angehalten werden sollten, sich zur Zollbezahlung nach Mombasa zu begeben; hinzugefügt wird, dass dieser Befehl notwendig geworden sei, weil die Zollpächter Mombasa's, worunter nur 1) Ms. Liss. Bibl. Nac. Archivo do Cons. Ultramarino. Papeis de Servi;o No. 1049. Goa, 20. Januar 1729. 2) Archivo VI S. 059. 3) Li-vro da Fazenda S. ir9, Faria v Souza III S. 516 sagt 30000 Dukaten. 4) Livro da Fazenda S. 126. ») Archivo III n S. 850. - 71 der Kommandant bezw. seine Helfershelfer verstanden sein können, ihrer Sonderinteressen halber die Abfertigung der handeltreibenden Fahrzeuge in den Nebenplätzen begünstigten und hierdurch zum Schaden der Staatskasse die Erlegung des Zolles umgingen.') Geradezu Landesverrat begingen aber die Kommandanten dadurch, das sie entgegen allen Verfügungen die Verladung von Holz nach dem Roten Meere gestatteten und den betreffenden Schiffen Pässe ausstellten. Die Ausfuhr von Holz zu verhindern, hatten die portugiesischen Oberbehörden vorzüglich im Auge, weil dadurch den Türken und Arabern der Bau von Schiffen unmöglich gemacht und damit feindliche Angriffe und nicht minder der Wettbewerb im Gewürzhandel erschwert werden sollte. Die Kunde von der Nichtbeachtung dieser Gebote seitens des Mombasa-Kommandanten erregte daher in Lissabon besondere Entrüstung. Unter dem 21. März 16i9 wurde ein geharnischter Befehl zur Abstellung dieser Uebergriffe erlassen und den Schuldigen Todesstrafe samt Einziehung des Vermögens nachdrücklich angedroht. Kein Vorrecht sollte vor solcher Strafe schützen, und es wurde angeordnet - zweifelsohne ein besonderes Vertrauenszeugnis -, dass dieser Befehl an den Thoren der Festung von Mombasa anzuschlagen sei.') Dass neben den stetigen Raubquellen, welche die Festungsbaugelder, Erpressungen und allerlei Uebergriffe boten, auch gerne eine besondere Gelegenheit zu direkten Diebereien ausgenutzt wurde, dafür ist ein Beispiel, dass nach der Scheiterung der ,Nossa Senhora de Guadelupe", die bei Melinde zu Grunde ging, zwar eine an Bord befindliche grössere Bar3umme und die Ladung nach Mombasa gerettet, aber beide arg geschmälert nach Goa weiterbefördert wurden. Die Untersuchung in dieser Angelegenheit und Erkundigungen über den Verbleib der Festungsbau-, sowie anderer Staatsgelder bildete einen Teil der Aufgaben, für welche im Jahre 1617 ein Oberrichter von Goa nach Mombasa geschickt wurde. Doch ist über das Ergebnis seiner Erhebungen nichts berichtet.3) Der Amtsbezirk des Mombasa-Kommandanten umfasste die lange Küstenstrecke von Barawa als nördlichstem Platze bis hinunter zum Kap Delgado; südlich hiervon begann der Bezirk Mozambique. In seiner ganzen Amtsführung unterstand der Kommandant unmittelbar den Befehlen des Vizekönigs von Indien. Aller amtlicher Verkehr zwischen Ostafrika und Portugal ging ausnahmslos durch diesen über Goa. Dem Vizekönige stand für seine Beschlüsse ein Regierungsrat zur Seite, an dessen Zustimmung er aber nicht gebunden war. Seinerseits empfing der Vize1) Archivo VI S. 1197. 2>Archivo VI S. i90o-1. 8) Decada XIII da Historia da India composto por Antonio Bocarro, Chronista d'aquelle estado. Publ. da Academia Real, Lisboa 1876, S. 667 und_717. - 172 könig alle Anweisungen direkt vom Könige von Portugal und unter dessen Namen. Thatsächlich hatte aber in Portugal ein Ueberseerat von 5 Mitgliedern die Leitung in Händen.') Von diesem wurden die aus Goa eingelaufenen Berichte mit einem Gutachten und bestimmten Vorschlägen dem Könige unterbreitet, der sodann die Befehle fast ausnahmslos gemäss diesen Vorschlägen erteilte. Beiläufig erwähnt, haben diese Gutachten des Ueberseerats für die vorliegende Arbeit viele urkundlichen Unterlagen geliefert, dabei aber keine hohe Meinung von der Gründlichkeit in der Bearbeitung der behandelten Fragen, und noch weniger von Sachkunde aufkommen lassen. Vorliebe oder Abneigung gegenüber den in Betracht kommenden Personen haben zweifelsohne in weitgehendem Masse die Beschlüsse beeinflusst, und vielfach macht sich Wortgetöse so breit, dass es der portugiesischen Majestät schwer gewesen sein muss, den Kern der Sache zu erkennen. Ebenso wie in allen portugiesischen Plätzen jenseits des Kap der guten Hoffnung wehte über Mombasa als Hoheitszeichen nicht die portugiesische, sondern die Flagge des Christus-Ordens. Es war dieses eine Ehrung, die diesem Orden und seinem einstmaligen Grossmeiser, Prinz Heinrich dem Seefahrer, in dauernder Anerkennung der Verdienste um die Eroberung des Ostens belassen war. Auch die gesamte geistliche Gerichtsbarkeit unterstand diesem Orden. Es ist nicht anzunehmen, dass in den beiden ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts, ausser in Mombasa selbst, irgendwelche staatliche portugiesische Einrichtungen von Bedeutung an den Küstenplätzen vorhanden gewesen sind. Die oben wiedergegebene Liste der Angestellten und das gänzliche Fehlen von Andeutungen über solche Einrichtungen in dem gerade für diese Zeit ziemlich vollständig vorliegenden Briefwechsel des Königs mit seinen Vizekönigen ist hierfür beweisend. Die Oberhoheit Portugals an den Küstenplätzen wurde im wesentlichen nur dadurch ausgeübt, dass von den eingeborenen Königen Abgaben eingezogen wurden. An gelegentlichen Widersetzlichkeiten dieser Fürsten hat es nicht gefehlt. So wurde im Jahre 1603 ein König von Patta verurteilt und geköpft.) Nach dem häufigen Pochen des Königs von Melinde auf Dienste, die er bei solchen Gelegenheiten geleistet haben will, sind auch Zusammenstösse mit den Waffen vorgekommen, aber von bedeutenderen kriegerischen Unternehmungen wird aus dieser Zeit nichts berichtet. 1) Vergl. Schäfer V S. 3 ff. 2) Frei Gaspar de Sao Bernardino, Itinerario da India ate este reino de Portugal com a descripcam de Hierusalem, Lisboa i6ii, S. 26. z 0 -4 2 bf)~ .b . :3) 42 - 173 Mit der grösseren Bethätigung des Staates an dieser Küste durch den Festungsbau in Mombasa erschienen auch portugiesische Ansiedler und Händler in grösserer Zahl. Gleich bei der Besetzung Mombasa's waren zufolge einer Anordnung von Lissabon die besseren Ländereien der Insel an portugiesische Ansiedler vergeben worden, um hierdurch die Versorgung der Festung mit -Mundvorrat zu sichern.') Unstreitig wird der Acker- oder Gartenbau mit Hülfe von Sklaven betrieben worden sein. Ueberwiegend werden sich aber dieAnsiedler mitHandel beschäftigthaben. Die Gesamtzahl der portugiesischen Bewohner Mombasa's, nicht gerechnet die Besatzung derFestung, wurde imJahre 1615 auf fünfzig angegeben.) Wie überall in den portugiesischen Kolonien werden die dauernd Ansässigen - moradores (= Einwohner) und casados (= Verheiratete) genannt Begünstigungen bei den Zollabgaben und Vorrechte in einzelnen Handelszweigen besessen haben, wogegen sie zu Kriegsdiensten in Notzeiten verpflichtet waren. Ihre Stellung entsprach durchaus derjenigen von bevorzugten Bürgern in anderen Ländern zu der gleichen Zeit. Die Einrichtung bestand, um die Ansiedlung zu befördern und gleichzeitig die Wehrkraft zu erhöhen. Im Jahre 1614 baten diese Bewohner um die Verleihung von Dorf- oder Stadtrecht für Mombasa"), doch ist nicht wahrscheinlich, dass das eine oder andere je gewährt worden ist. Nach der Schilderung eines Augenzeugen bestand im Jahre 16o6 der von Portugiesen in Mombasa bewohnte Stadtteil aus nur einer langen, engen Strasse von einigen siebzig Häusern, die von den Bewohnern, offenbar wegen der Enge und Länge, vielleicht auch in Selbstverspottung ~Fuchsbau" (rapuzeyra) genannt wurde. Die Strasse mündete nach dem Festungsthore zu, und hieraus lässt sich unschwer die Uebereinstimmung ihrer Lage mit der noch heute bestehenden Hauptstrasse MIombasa's erkennen. Die Häuser werden als hoch und alt bezeichnet, und stammen hiernach zweifelsohne aus der vorportugiesischen Zeit.') Um Reibereien mit den Eingeborenen vorzubeugen, durften sowohl Portugiesen wie Banianen in den ersten Jahren nach der Besetzung Momba.a's nur in dieser einen Strasse wohnen. Vahrscheinlich ist später diese *Verfügung aufgehoben worden. Unferne der Festung, weiter den Hafen hinauf, lag die Behausung des Königs von Melinde. In der ersten Zeit nach der Verlegung des Amtssitzes von Melinde nach Mombasa durften sich Portugiesen nur in Mombasa selbst niederlassen. Jedwede Ansiedlung an anderen Plätzen war verboten, und zwar ausgesprochenermassen zu dem Behufe, um Zwistigkeiten mit den ein ) Archivo I1 S. 273. 2) Antonio Bocarro S. 637." 8) Livros das Moncoes III S. 13. 4) Gaspar de S. Bemardino S. 22. - 74 geborenen Fürsten zu verhindern, und um diese letzteren gegen Vergewaltigungen zu schützen.1) Wenige Jahre später befanden sich aber portugiesische Ansiedler an allen bedeutenden Plätzen der Küste und auf den vorliegenden Inseln. Namentlich ist dieses von Patta, Fasa, Pemba, Zanzibar, Mafia und Kilwa beglaubigt. Hauptsächlich in Patta und Fasa sassen viele Händler. Im Jahre I6o6 waren in Patta 16 Portugiesen ansässig. - Eine Beschwerde der Einwohner Mombasa's, dass die genannten Städte unberechtigter Weise aufblühten und die Fahrzeuge von Indien anzögen, da sie hier den Zollgefällen entgingen, macht wahr scheinlich, dass die Schmuggelgelegenheit hier die Anziehungskraft war. Ueber die Art des Handels ist wenig berichtet. Die Alleinnutzung scheint zeitweilig den Portugiesen vorbehalten gewesen zu sein, wenigstens war im Jahre 1595 den Banianen der Handel nach dieser Küste verboten, aber schon wieder im Jahre 16o6 wird die Anwesenheit solcher Indier aus Diu für Handelszwecke auf der Insel Patta erwähnt. Im wesentlichen werden gegen indische Baumwollstoffe und chinesische Perlen, wozu auch von Portugal eingeführte Korallen hinzutraten, GummiKopal, Kokusgarn, Elfenbein, Ambergris, Schildpatt und Sklaven eingehandelt worden sein. Ein bedeutender Teil der Umsätze wurde wohl in Lebensmitteln gemacht; insbesondere ist auch die Einfuhr von Reis aus Indien beglaubigt. Ferner wird, freilich von einem Durchreisenden und damit nicht verlässlich Kundigen angegeben, dass in Patta Gold eingehandelt wurde.') An irgendwelchen direkten Schiffsverkehr dieser Küste mit Portugal für Handelszwecke ist nicht zu denken; selbst Erzeugnisse Portugals, wie Wein, Oel und Mehl wurden über Indien eingeführt. Ueberhaupt ist der ganze wirtschaftliche Verkehr in dieser Zeit von Indien, besonders von Diu, abhängig gewesen. Selbstredend erfolgte zusammen mit der stärkeren Beteiligung der Portugiesen in Mombasa auch der Zuzug der christlichen Geistlichkeit. Während weiter im Süden in dem Bezirke Mozambique und Sofala vorwiegend die Dominikaner und später auch die Jesuiten die Seelsorge und Missionierung ausübten, war das nördlichere Ostafrika ein Arbeitsfeld der Augustiner. Die erste Niederlassung dieses Ordens in Mombasa wird als eine Einsiedelei bezeichnet und wird daher kaum mehr als einen oder zwei Insassen gehabt haben. Schon im Jahre 1598 wurde sie auf Veranlassung des Vizekönigs D. Francisco da Gama auf Staatskosten zu einem Kloster mit 4 oder 5 Zellen erweitert.') Dieses Kloster 1) Ms. Liss. Bibl. Nac. Cod. Man. No. 1987 fol. 69 ff. Dieses bemerkenswerte Schriftstück ist vollständig im Anhang II wiedergegeben. 2) Voyage Historique d'Abissinie du R. P. Jerome Lobo de la Compagnie de Jesus. Traduite du Portugais . . . par M. L. Grand, Paris 1728, S. 20 8) Couto XII S. i1 und Ms. Liss. Bibl. Nac. Cod. Man. No. 1987 fol. 69 ff. - 175 bezw. Einsiedelei lag hart am Hafen oberhalb und nahe der Festung an einer S. Antonio genannten Stelle. Im Jahre 16o6 beherbergte es sechs Insassen.') Ausserdem befand sich in der Festung eine Kirche oder Kapelle. Auch in Fasa war schon um diese Zeit ein Augustiner thätig, und es bestand hier eine Kirche, die mit selbstloser oder weltkluger Hülfe des muhamedanischen Herrschers dieser Stadt errichtet worden war. Im Jahre 1612 scheint auch in Zanzibar eine Kirche oder doch ein christlicher Geistlicher gewesen zu sein, denn es erscheint in einer päpstlichen Bulle aus jenem Jahre, welche die kirchlichen Angelegenheiten Ostafrikas neu ordnete, der Name dieser Stadt. Allerdings kann damit auch die ganze Küste gemeint sein. Ein reger Bekehrungseifer wurde seitens der Geistlichkeit entwickelt und allerlei Erfolge scheinen erzielt worden zu sein. Jeronimo Lobo berichtet, im Jahre 1623 in der kleinen Kirche von Fasa mit vier Geistlichen und 70 Christen den Ostersonntag gefeiert zu haben. Freilich bezeichnet er dieses selbst, vermutlich besonders unter Bezug auf die Zahl der Geistlichen, als eine Ansammlung von Gläubigen, wie sie an diesem Orte nie vorher stattgefunden habe und wahrscheinlich nie wieder stattfinden werde,') aber dennoch lässt die angegebene Zahl unter der begründeten Annahme, dass auf der ganzen Insel Patta höchstens 30 Portugiesen und Halbportugiesen lebten, darauf schliessen, dass wirklich eine kleine Gemeinde von schwarzen Christen vorhanden war. Wie allerdings gelegentlich die Zahl der Christen vermehrt wurde, zeigt eine Erzählung des Franziskaners Gaspar. Dieser weilte im Jahre 16o6 auf der Durchreise in Fasa und hörte in dieser Zeit, dass Araber Negerjungen zur Ausfuhr nach Arabien ankauften. Um diesen Seelenverlust zu verhindern, veranlasste er einige Landsleute, sechs bereits in den Händen der Araber befindliche Jungen zu kaufen, und machte sie ohne Umstände, allerdings mit ihrer Zustimmung, durch die Taufe zu Christen.') Eine Unterweisung und Ueberzeugung kann in diesem Falle nicht vorhergegangen sein, denn der belehrungseifrige Geistliche hatte kaum eine Woche auf der Insel geweilt. Selbst mit der Herüberziehung von eingeborenen Fürsten und deren Verwandten vom Islam zum Christentum waren Erfolge zu verzeichnen. Oben ist bereits eine Prinzessin von Fasa erwähnt. Auch ein König von Pemba trat zum Christentum über und erhielt in der Taufe den Namen Dom Filippe. Ebenso wird ein Sohn des Herrschers von Mtuapa als Getaufter genannt. Diese beiden letzteren fielen indessen in den Islam zurück. Ueberhaupt wurde die Bekehrung und das Treuhalten im neuen Glauben angesichts des 1) Gaspar de S. Bernardina. S. 22. 2) Lobo S. 26. 8) Gaspar de S. Bernardino S. 22. - 176 Ueberwiegens des Islams in diesen Gegenden für so schwer gehalten, dass die Brüderschaft Misericordia von Mombasa um das Jahr 1613 die jährliche Zuwendung von 300 Säcken Reis aus den Einkünften Pemba's beantragte, um hiermit Bekehrte und Bekehrungswillige zu fesseln. Ihr wurden auch 200 Säcke Reis für diesen Zweck bewilligt.') Eine andere Lockung bestand darin, dass im ganzen portugiesischen Osten Neubekehrte auf 15 Jahre von allen staatlichen und kirchlichen Abgaben frei waren.') Es ist indessen nicht anzunehmen, dass dieses Recht in diesem Teile von Ostafrika Wert gehabt hat, da hier, aller Wahrscheinlichkeit nach, keine persönlichen Abgaben bestanden. Die geistlichen Angelegenheiten des gesamten Ostafrikas unterstanden bis zum Jahre 1612 dem Erzbischofe und Primas des Ostens in Goa. Im genannten Jahre wurde aber durch die bereits oben erwähnte päpstliche Bulle Ostafrika vom Kap der guten Hoffnung bis Kap Guardafui von jenem Erzbistum getrennt und einer besonderen Prälatur mit dem Sitze in Mozambique unterstellt.') Neben der Geistlichkeit wirkte in Mombasa mit halbgeistlichen Aufgaben die bereits mehrfach genannte Misericordia, eine LaienBrüderschaft der ansässigen Portugiesen. Ebenso wie in Portugal, bestanden in allen portugiesischen Kolonialstädten gleiche, teils sehr angesehene und reiche Genossenschaften, die sich der Wohlthätigkeit auf allen Gebieten widmeten. Zu ihren Aufgaben gehörten die Fürsorge für Witwen, Waisen und Gebrechliche, Begräbnisse, die Mitwirkung in Nachlassenschaften und der Loskauf von Gefangenen. Hauptsächlich wurde auch von diesen Brüderschaften die Krankenpflege in den Hospitälern besorgt, ja in einzelnen Städten hatten sie, wenn auch gelegentlich von der Geistlichkeit bestritten, deren gesamte Verwaltung unter sich. Auch von Mombasa ist das Vorhandensein eines Hospitales erwähnt, indessen ohne, dass Einzelheiten überliefert sind. Das Hospital in Goa genoss damals eine berechtigte Weltberühmtheit. Es kann darum auch für Mombasa an einen einigermassen geordneten Krankendienst, wenn auch nur mit bescheidensten Einrichtungen, geglaubt werden. ) Livros das Monyöes III S. 12-13. ') Archivo VI11 S. 956-957. 3) Francisco Bordalo, Ensaios sobre a Estatistica das Possessöes Portuguezes. Livro IV, Estatistica de Moýambique, Lisboa 1859. S. 152 ff giebt den Wortlaut dieser Bulle. Näheres über kirchliche Angelegenheiten dieser Zeit und die Thätigkeit der Augustiner dürfte in Fr. Domingos do Espirito Santo ,Breve relaýäo das christandades que os Religiosos de Santo Agostinho teem a sua conta nas partes do Oriente ..." Lisboa 1630, zu finden sein. Für die vorliegende Arbeit war dieses seltene Druckwerk nicht erreichbar. 74 Das Auftreten der Holländer und Engländer im Indischen Ozean. i Der Bau der Festung in Mombasa war zuerst allein in der Absicht begonnen, ein Bollwerk an dieser Küste gegen die Einfälle der Türken zu schaffen. Bald indessen traten andere Widersacher in den Holländern und Engländern hinzu, deren Drohungen frischen Antrieb zur Vollendung gaben. Ein volles Jahrhundert war es den Portugiesen gelungen, die Errungenschaft des Seeweges von Europa nach dem reichen Osten allein für sich auszubeuten. Durch strenge Geheimhaltung der Segelanweisungen, durch übertriebene Berichte von den Gefahren der fernen Reisen und durch möglichste Fernhaltung aller Nichtportugiesen von dem Osten wurde dieses Monopol aufrecht erhalten. Hauptsächlich gegen die Italiener, Franzosen und Engländer richteten sich diese Massregeln gegen Wettbewerb. Weniger fürchtete man naturgemäss die Holländer und Deutschen. Nach wie vor waren diese die hauptsächlichsten Abnehmer der nach Lissabon gebrachten Kolonialerzeugnisse. Häufig auch waren die deutschen Kaufmanns-Vereinigungen in dieser Stadt die alleinigen Kontrahenten oder wenigstens Teilnehmer an den Verträgen auf Lieferungen von Pfeffer und anderen Gewürzen, die von der portugiesischen Regierung angebracht wurden, und dadurch die Vorschussgeber für den Bau und die Ausrüstung der Geschwader, die nach Indien hinausgingen. Indessen die in einem früheren Abschnitte erwähnte direkte Teilnahme der deutschen Unternehmer an den indischen Unternehmungen ist auf die eine Fahrt beschränkt geblieben. Nur vereinzelt erscheinen deutsche Kaufleute noch in den ersten Jahrzehnten in Indien als Wahrnehmer ihrer Interessen in den Pfeffer-Kontrakten. Dagegen sind von allen fremden Völkern die Deutschen diejenigen gewesen, die am zahlreichsten als Soldaten an den portugiesischen Unternehmungen teilnahmen. Insbesondere alsBombardiere und Trompeter, beides nur wenig angesehene Beschäftigungen, fanden sie Verwendung. Aber auch Strandes, Ostafrika. 12 - 178 unter den Geistlichen findet sich mancher deutsche Name. Nächst den Deutschen waren die Niederländer diejenigen, die am häufigsten bei den Portugiesen Anstellung fanden. Nur ganz vereinzelt wurden Engländer und Franzosen genommen. Zahlreicher indessen erschienen, trotz aller Verhinderungsversuche, die Italiener. Auf dem alten Ueberlandswege von Aleppo nach dem Persischen Golfe und Ormus gelangten sie nach Goa, wo eigentlich stets einige von ihnen ansässig waren. Diese Italiener waren aber fast die einzigen Fremden, die in selbständigen, wenn auch meist abenteuernden Unternehmungen nach Indien kamen. Zu grösseren Unternehmungen durch Aussendung eigener Schiffe um die Südspitze Afrikas hat sich kein fremdes Volk aufgeschwungen; nur ein Versuch eines französischen Korsaren ist bekannt, der im Jahre 1527, nachdem er auch Kilwa angelaufen hatte, nach Indien gelangte, aber hier von den Portugiesen aufgegriffen wurde. Neben der oben angeführten Geheimhaltung schreckte eine übertriebene Meinung von der portugiesischen Macht und deren Einfluss von dem Wettbewerbe ab. Eine Aenderung hierin erfolgte durch die politischen Verhältnisse Europas. Der Uebergang der Krone Portugals auf den König von Spanien legte die erste Bresche in diese Monopolstellung. Als Verschiffer und Weiterverkäufer nach dem europäischen Norden der in Lissabon angebrachten Kolonialprodukte waren die Holländer, wenn auch indirekt, eine Hauptstütze der portugiesisch-indischen Unternehmungen gewesen. Seit dem Jahre 1566 kämpften die Holländer den Befreiungskampf von dem spanischen Joche. Als nun im Jahre I58o die Krone Portugals mit der Krone Spaniens vereinigt worden war, glaubte der König von Spanien einen Hauptschlag gegen die verhassten Rebellen zu führen und ihnen die Quelle des Reichtums abzuschneiden, indem er ihnen den Handel mit Portugal verbot. Zwar wurde eine Zeit lang dieser Handel erst unter falscher Flagge fortgesetzt, doch nachdem in dem Jahre 1594 50 verkappte Schiffe in Lissabon mit Beschlag belegt worden waren, gelang eine vollständige Brachlegung dieses Verkehrs. Spaniens König ahnte nicht, welchen bedeutenden Dienst er hiermit den verhassten holländischen Rebellen leistete, und welchen Abbruch er seinen eigenen Reichen zufügte. Naturgemäss richteten sich die Blicke in Holland auf Aufnahme der direkten Fahrt nach Indien. Nachdem vorerst vergebliche Versuche gemacht worden waren, durch Umseglung des Nordens von Europa und Asien auf der Suche nach der nordöstlichen Durchfahrt- die Gewürzländer zu erreichen, wurde in den Jahren 1595- 1596 die erste erfolgreiche Reise der Holländer auf dem Wege um das Kap der guten Hoffnung nach Indien gemacht. Thatkräftig wurde das Unternehmen fortgesetzt und schon in dem kurzen Zeitraum von 159416o2 hatten die Holländer die stattliche - 179 Zahl von 64 Schiffen in den Indischen Ozean geschickt, die hauptsächlich auf den Gewürzinseln, in Hinterindien und auf Ceylon Fuss fassten, doch auch die Portugiesen an der Westküste Vorderindiens beunruhigten. Zuerst war die Vorschrift für die holländischen Befehlshaber gewesen, niemanden anzugreifen, nur sich zu verteidigen und hauptsächlich an solchen Plätzen Verbindungen anzuknüpfen, an denen die Portugiesen keine Niederlassungen hätten. Bald aber, mit der Erkenntnis der eigenen Stärke und der portugiesischen Schwäche gingen sie zum Angriff auf die Portugiesen und Spanier in den fremden Ländern über. Durch Verbote und Kampfmittel versuchte Spaniens und Portugals König vergebens, das Autkommen der Feinde zu hindern. Doch kaum ein Jahrzehnt genügte, um die bisherige Alleinherrschaft der Portugiesen, die ein volles Jahrhundert hindurch aufrecht erhalten worden war, zu brechen. Auch die portugiesischen Besitzungen in Ostafrika hatten von den neuen Feinden zu leiden. Wieder und wieder erscheinen in den damaligen Briefen des Königs an den Vizekönig Mahnungen, wegen der Absichten der Rebellen - wie stets die Holländer amtlich genannt wurden - auf Ostafrika wachsam zu sein, den Bau der Festungswerke daselbst im Hinblick auf diese Gefahren zu beschleunigen und durch Ausrüstung mit Kriegsbedarf und Mundvorrat auf alle Vorfälle vorbereitet zu sein. Zur Thatsache wurde diese Gefahr für Mozambique durch zwei Angriffe. Am 29. März 1607 erschienen vor dieser Insel die Holländer unter Admiral Paul van Caerden mit 8 Schiffen und O1O Mann. Da sich die Portugiesen in die Festung zurückzogen, konnten die Angreifer ohne Schwierigkeiten landen. Nachdem sie vergebens versucht hatten, eine Bresche zu schiessen, begannen sie eine regelrechte Belagerung. Unter Stützung auf das an der Südseite der Stadt gelegene Dominikanerkloster schoben sie Laufgräben gegen die Festung vor, doch in dem sandigen Boden konnten sie den Wällen nur auf 15-16 Fuss nahekommen und die beabsichtigte Unterminierung nicht ermöglichen. Einige Monate versuchten sie derartig vergebens Erfolge zu erringen. Am 29. Juni wurden sie durch zunehmende Erkrankung ihrer Mannschaften gezwungen, abzuziehen. Vorher wurde, da die Portugiesen die verlangte Brandschatzung nicht zahlen wollten, die Stadt samt drei Kirchen eingeäschert. Nochmals erschien einige Wochen später dasselbe Geschwader, nachdem es sich auf den Komoro-Inseln erfrischt hatte, vor der Stadt, hauptsächlich in der Hoffnung, ein erwartetes portugiesisches Geschwader anzutreffen, segelte aber, hierin getäuscht, ohne nochmals zum Angriff überzugehen, da die Jahreszeit drängte, nach Indien weiter. Im folgenden Jahre geriet Mozambique wieder in Not, indem am 28. Juni 13 holländische I2* - I8O Schiffe, mit i8oo Mann an Bord, unter den Befehlen des Admirals Verhoeven, in den Hafen einliefen. Wieder war die eigentliche Aufgabe dieses Geschwaders, den portugiesischen Indienfahrern aufzulauern. Rein zum Zeitvertreibe wurden 6oo Mann gelandet und die Belagerung der Festung unter Benutzung derselben Laufgräben, die noch von der vorjährigen Belagerung vorhanden waren, begonnen. Doch auch dieses Mal gelang es den Angreifern nicht, die unter Dom Esteväo d'Ataide von nur 12o Portugiesen1) tapfer verteidigte starke Festung zu nehmen. Letztere wagten sogar am 8. August einen Ausfall, der den Belagerern starke Verluste brachte. Im Begriffe abzuziehen, verging sich der holländische Admiral durch eine hässliche That. Drei seiner Leute waren zu den Portugiesen übergelaufen und mit offenen Armen aufgenommen worden, da sie angaben, Katholiken werden zu wollen. Dagegen hatten die Holländer 34 Portugiesen in ihrer Gewalt, die auf Prisen, die sie in dem Hafen gemacht hatten, gefangen genommen waren. Unter Androhung, dass im Weigerungsfalle diese Gefangenen erschossen werden würden, verlangten die Holländer Rückgabe der Ueberläufer. Doch der portugiesische Kommandant blieb, unter Beruf auf Kriegsbrauch und religiöse Verpflichtungen, standhaft, worauf die Holländer wirklich die sechs vornehmsten Gefangenen an Stricken gefesselt aus den Laufgräben hervortreten liessen und vor den Augen ihrer Landsleute ,arkebusierten". Die Schande dieser That verblieb den Holländern, doch auch die Portugiesen empfanden bald Reue darüber, dass sie den Ueberläufern Schutz gewährt hatten, da sie sich als schlimme Nichtsnutze erwiesen. Am 23. August verliessen die Holländer Mozambique. Die fruchtlose Belagerung hatte ihnen 40 Tote und IOO Verwundete gekostet.") Auch im nördlichen Teile des portugiesischen Ostafrika machten sich die Holländer lästig. In einem amtlichen Berichte aus dem Jahre 1607 von Lissabon nach Goa wird darauf Bezug genommen, dass sie das aufständische Pemba begünstigt hätten, doch wird Näheres nicht angegeben.') Mehr als einmal wurden auch die Kommandanten durch Schiffe, die eigens zu diesem Zwecke hinausgesandt waren, unterrichtet, dass die Holländer Anschläge auf diesen Platz planten, doch ist er verschont geblieben. Nicht allein die Holländer thaten den Portugiesen im Osten in diesen Jahrzehnten Abbruch. Als fernere Widersacher erschienen 1) Antonio Duran, Cercos de Moýambique defendidos por Don Estevan de Atayde, Capitan general y Gouvernador de aquella Placa, Madrid 1633. S. 9. 2) Hist. Beschreibung der Reise oder Schiffart so die Holländer und Seeländer unter der Admiralschaft Peter Wilhelm Verhuffen gethan haben. Frankfurt (De Bry) 1612, IX S. 16 ff. 8) Livros das Monýaes I S. 78. - I8i jenseits des Kaps der guten Hoffnung auch die Engländer. In dem unrühmlichen Gewerbe als Kaperer, ausgestattet mit Kaperbriefen, bald von dem Prinzen von Oranien, bald von der Königin von Navarra, war bei den Engländern im letzten Drittel des sechzehnten Jahrhunderts durch Angriffe auf spanische Schiffe und kühne Züge gegen die spanisch-amerikanischen Besitzungen der seemännische Unternehmungsgeist und die Beutelust erwacht. Obgleich England und Spanien in Frieden lebten, unterstützten dochRegierung undVolk diese im grossen Stile betriebene Seeräuberei, da sich Raub und Vernichtung gegen die verhassten Katholiken richteten. Die Königin Elisabeth nahm keinen Anstand, höchstselbst durch Beteiligung an der Rhederei von Kaperschiffen aus den fragwürdigen Unternehmungen Geldgewinn zu ziehen.') Die unhaltbaren Verhältnisse entwickelten sich schliesslich zum offenen Kriege zwischen England und Spanien. Die denkwürdige Vernichtung der stolzen Armada am 19. Juli 1588, wodurch von den 138 Segeln, die zum Angriffe Englands ausgelaufen waren, nur 53 nach Spanien zurückkehrten, brachte den Engländern die klare Erkenntnis, dass sie eine Uebermacht der Spanier und Portugiesen auf See nicht zu fürchten hatten. Schon einige Jahre vorher waren im Jahre 1577 unter Francis Drake und im Jahre i 586 unter Thomas Cavendish die ersten englischen Schiffe im Indischen Ozean gewesen. Doch auf diesen beiden Reisen waren diese Gewässer durch die Magelhaens-Strasse und den Stillen Ozean bei Umseglung der Erde von Westen her erreicht worden, und das ursprüngliche Ziel war nicht auf Indien und Ostasien, sondern auf Brandschatzungen der Spanier im westlichen Südamerika gerichtet gewesen. Die erste planmässige Reise der Engländer um das Kap der guten Hoffnung nach Indien und zwar mit dem ausgesprochenen Zwecke, »gegen die Portugiesen zu kreuzen«, erfolgte im Jahre 1591. Erst durch diese Reise wurde man in England aufmerksam, welche bedeutende Vorteile aus einem Verkehre mit Indien zu erlangen sein würden. Langsam zuerst folgten einzelne Reisen, doch bald waren die Engländer in den indischen Gewässern ebenso stetige, wenn auch weniger bedeutende, Unternehmer wie die Holländer. Schon bei dem angegebenen ersten Zuge der Engländer um das Kap der guten Hoffnung machten sie Bekanntschaft mit dem äquatorialen Ostafrika. Von drei Schiffen, die ausgingen, war eines bereits von Südwestafrika aus mit Kranken zurückgeschickt, und ein zweites ging in einem Sturme bei Kap Corrientes verloren. Mit dem dritten, allein übrig gebliebenen Schiffe, dem »Edward Bonaventure«, unter dem Kapitän James Lancaster wurden wenige Meilen nödlich von Mozambique einige Dhaus gekapert ') W. S. Lindsay, History of Merchant Shipping and Ancient Commerce, London 1874, II. Cap. III u. IV. - 182 und hierbei ein junger Portugiese gefangen genommen. Auf der Weiterreise fand es auf einer der Komoro-Inseln zuerst gute Aufnahme und die ersehnte Gelegenheit zur Einnahme von Wasser, schliesslich indessen wurde eine an Land befindliche Abteilung von dreissig Engländern von den Komorensern überfallen und niedergemetzelt; auch ging bei dieser Gelegenheit das einzige Boot, welches das Schiff hatte, verloren Um Mitte oder Ende November 1591 erreichte das Schiff Zanzibar. Hier fand es eine kleine portugiesische Faktorei, die durch einen christlichen Neger einen Brief mit der Frage an Bord schickte, wer die Ankömmlinge seien, und was sie wollten. Auf die Antwort dass sie Engländer seien, und auf den gut erfundenen Zusatz, dass sie mit Aufträgen Dom Antonio's, eines portugiesischen Thronprätendenten, nach Indien gingen, erfolgte keine weitere Frage seitens der Portugiesen. Es gelang aber den Ankömm. lingen, einen regen Verkehr mit dem Könige Zanzibar's und den Eingeborenen dadurch zu eröffnen, dass sie bei der Wegnahme einer Dhau zufällig einen angesehenen Scherifen in ihre Gewalt bekamen, den sie in guter Behandlung festhielten. Hierdurch veranlassten sie reichliche Sendungen von Lebensmitteln seitens der Eingeborenen, die sich um die Sicherheit und Befreiung des Gefangenen stetig bemühten. Auf den Wechsel des Monsuns wartend, lag der »Edward Bonaventure« vom November 1591 bis Februar 1592 vor Zanzibar. Nach der Angabe des Schiffstagebuches, dass in dem Hafen genügender Raum für ein Schiff von 50o Tonnen sei, und aus anderen Andeutungen ist anzunehmen, dass das Schiff nicht vor der heutigen Stadt Zanzibar mit seinem grossen Hafen und jedenfalls nicht ganz nahe dem Wohnsitze der Portugiesen ankerte. Mit Instandsetzung des Schiffes wurde die Zeit hingebracht. Aus gekauften IOOO Pfund »weissem und grauem Gummi« (zweifelsohne Gummi-Kopal) wurde durch Schmelzen ein gleich Teer verwendbarer Stoff hergestellt.') Auch ein neuer Mast wurde aus einem cederartigen Baume mit rotem und zähem Holze (Kasuarine) gezimmert. Nebenher wurde auch gelegentlich Jagd auf Dhaus gemacht, doch da, wie bereits erwähnt, das Schiff das einzige Boot verloren hatte und der in Zanzibar erbaute Ersatz klein war, sowie schlecht steuerte, scheint der Erfolg in dieser Beziehung gering gewesen zu sein. Durch die an Bord kommenden Eingeborenen wurden die Engländer unterrichtet, dass sie von den Portugiesen als Seeräuber und Menschenfresser verschrieen wurden, auch erhielten sie verschiedene Warnungen, dass die Portugiesen Anschläge gegen ihr Boot beabsichtigten; zum Angriff auf das Schiff selbst scheinen den Portugiesen die Macht1) Noch heute wird in Indien in Cutch aus den geringsten Sorten von ostafrikanischen Kopalen ein Schiffspech hergestellt. Burton vermutet, dass die Bezeichnung Jakassi, die in Zanzibar für'eine bestimmte Sorte Gummi-Kopal gilt, mit Jahasi = Schiff zusammenhängt. - 183 mittel &und der Mut gefehlt zu haben. Schliesslich gegen Ende des Aufenthalts gelangte noch ein Brief des portugiesischen Faktors an Bord, in dem er Freundschaft heuchelte und um ein Fass Vein, ein Fass Oel und einige Pfund Schiesspulver bettelte. Da die Engländer über derartige Vorräte aus einer in Westafrika gemachten portugiesischen Prise reichlich verfügten, wurde das Erbetene gegeben, dagegen aber der Bote gewaltsam festgehalten, weil er Kenntnisse von Ostindien besass und hierdurch Nutzen für die Weiterreise versprach. Als kleine Ereignisse während dieser ersten Berührung der Engländer mit Zanzibar ist noch zu erwähnen, dass der Schiffsarzt während eines Aufenthalts am Lande beim Einkaufe von Ochsen vom Sonnenstich befallen wurde und starb, und dass das Schiff vom Blitze getroffen wurde, der zwar den Fockmast zerschmetterte und die ganze Besatzung niederwvarf, aber niemanden tötete.') Am 2. oder nach anderen Angaben am 15. Februar verliess der »Edward Bonaventure« Zanzibar und ging nach Indien weiter. Schlechtere Erfahrungen machten die nächsten englischen Schiffe, die in Ostafrika erschienen, Ende des Jahres I6o8 ankerte die »Ascension« unter Kapitän Sharpeigh in einem Hafen des Südteiles von Pemba. Ihr und den anderen Schiffen, die in diesen Jahren von England ausgingen, war dringend von Haus aus empfohlen gewesen, diese Insel zu vermeiden,') doch war sie durch Strömung an dem als Erfrischungsort empfohlenen Zanzibar vorbeigetrieben. Wider Erwarten fand sie zuerst gute Aufnahme, doch schliesslich wurde eine am Lande befindliche Abteilung des Schiffsvolkes, die mit Auffüllung der Wasserfässer beschäftigt war, von den Eingeborenen überfallen, wobei ein Engländer getötet und ein zweiter verwundet wurde. Zudem verschwand ein Mann, der mit einer Botschaft ins Innere der Insel geschickt war, und eine nachgesandte Abteilung konnte keine Spur von ihm finden. Da ferner Gerüchte laut wurden, dass die Portugiesen von Mombasa aus zu einem Angriffe auf das Schiff herüberzukommen beabsichtigten, ging die »Ascension« in See. Am folgenden Tage kaperte sie drei Dhaus. Ein Teil der eingeborenen Mannschaft wurde an Bord gebracht und gut behandelt, doch plötzlich ohne ersichtlichen Grund zogen sie ihre Messer und griffen die Engländer an. Wie es in dem Schiffstagebuch heisst »wurde auf diesen Vorfall kurzer Prozess gemacht und die meisten der Eingeborenen auf verschiedenen Wegen zu ihrer letzten Heimat befördert; Gott wurde für diese Erlösung gedankt und ) The Voyages of Sir James Lancaster Kt. to the East Indies with abstracts of Journals of Voyages to the East Indies during the seventeenth Century. Ed. by Clemens R. Markham, London, Hatuyt Society, 1877. S. 6 fr. und 26. 2) The first Letter Book of the East India Company 16oo-1619. Ed. by Sir George Birdwood. London 1893. S. 1I8. - 184 das alte Sprichwort bestätigt gefunden, dass ein Unglück nie allein kommt«. Nach einem anderen Berichte betrug die Anzahl dieser Eingeborenen einige dreissig Mann, darunter vornehme Araber, und die verschiedenen Arten der Heimbeförderung bestanden in Niederstossen und Ueberbordwerfen, sodass nur fünf oder sechs entschlüpften.') Derartig haben die Engländer mitKämpfen undUeberfällen auf Pemba und in denPemba-Gewässern, die ihnen und den Eingeborenen in dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bei Verfolgung von Sklavenhändlern so viele Tote kosteten, schon frühzeitig begonnen. Die in den drei Dhaus gemachte Beute bestand vorwiegend aus groben Baumwollstoffen und hatte nur geringen Wert. Schlimmer noch als der »Ascension« in Pemba erging es in demselben Jahre der zu demselben Geschwader gehörenden »Union« in oder bei Zanzibar. Ein mit Lotungen beschäftigtes Boot wurde von den Portugiesen überfallen und dabei 8-IO Engländer niedergemacht und der Superkargo und ein Matrose gefangen genommen, die, nach Goa überführt, erst nach Jahren ihre Freiheit wiedererlangten.') Nochmals machte dasselbe Schiff, als es um Mitte 16io mit Pfeffer beladen von Indien nach England heimsegelte und Zanzibar anlief, hier wieder schlechte Erfahrungen, indem es durch einen verräterischen Ueberfall der Eingeborenen den Kapitän und andere Personen der Schiffsbesatzung verlor2) In allen Fällen wurde das erlittene Ungemach, selbst wo keine Portugiesen die Thäter waren, deren Aufreizungen zugeschrieben. Freilich waren England und Portugal damals im Frieden, aber die Sitten jener Zeit erlaubten starke Mittel gegen Nebenbuhler. Ein Sprichwort, das unter den Seefahrern aller europäischen Völker im Anfange des 17. Jahr hunderts im Schwange war, lautete »Jenseits der Linie giebt es keinen Frieden«, und entsprechend dieser Redensart war Gewalt gegen Europäer und Eingeborene so lange der gebräuchliche Weg, das Gewünschte durchzusetzen, als nicht ein Stärkerer gegenüberstand. Eine ständige Festsetzung in dem nördlichen Ostafrika scheint weder von den Holländern noch von den Engländern bei der Aufnahme der Ostindienfahrt beabsichtigt gewesen zu sein. Nur die Notwendigkeit der Einnahme von Wasser, Feuerholz und Lebensmitteln hat bei den ersten Reisen das Anlaufen von Pemba und Zanzibar veranlasst. Aber schon damals wurden die Vorzüge Zanzibar's für diesen Zweck von den Engländern erkannt und das Anlaufen dieser Insel allen in die Nähe kommenden Schiffen wegen 1) Voyages of Sir James Lancaster, S. 121 und 127 und Purchas, His Pilgrims, London 1625, 1 S. 228. ) Purchas I S. 233 und The Voyage of Fran(ois Pyrard of Laval, transl. by Albert Gray, London Hakluyt Society 1887 11 S. 264. ') Voyages of Sir Jan:es Lancaster, S. 146. - 185 -der Güte des Hafens und der Wasserversorgung und wegen des Reichtums an Gross- und Kleinvieh, Fischen und Früchten empfohlen.1) Verluste von Schiffen durch Seegefahren und Feinde und von Menschen durch Krankheit und Kämpfe hatten die Holländer und Engländer bei der Aufnahme der Fahrt nach Ostindien nicht weniger zu erleiden, wie die Portugiesen. Aber der Geldgewinn jener Unternehmungen war das Ungemach wert. Bei einer Reise eines englischen Schiffes, das nach fünfjähriger Abwesenheit im Jahre 1611 zurückkehrte, wurde ein Gewinn von 218 pCt. erübrigt, und eine andere Expedition der Engländer in ungefähr derselben Zeit brachte sogar, da sie nur zwanzig Monate gedauert hatte, 340 pCt. Gewinn.') Weniger bedeutend sind die Gewinnzahlen der Holländer, aber immerhin konnte die holländische ostindische Kompagnie ihren Anteilhabern im Jahre 16o6 75 pCt. und im Jahre 1607 40 pCt. als Gewinn ausschütten.') Der Ausfall war aber im wesentlichen von Glück und Zufälligkeiten abhängig, Gegenüber den ausserordentlich guten Ergebnissen bei einzelnen Reisen brachten andere Reisen nur Verlust. Frühzeitig führte dieser Umstand dahin, dass sowohl in England (i6oo) wie auch in Holland (1602) das getrennte Vorgehen von Einzelunternehmern aufgegeben und zur Verteilung des Wagnisses sowie Vermeidung des Wettbewerbs grosse Gesellschaften gebildet wurden, denen das Alleinrecht des Handels und der Schiffahrt, östlich des Kaps der guten Hoffnung, staatsseitig verliehen war. Zuerst, solange sich Holländer und Engländer im Osten noch nicht stark fühlten, vereinigten sie sich häufig zu gemeinsamem Vorgehen gegen die Portugiesen und Spanier. Bald genug standen sie sich aber nicht nur stetig als WVettbewerber im Handel, sondern gelegentlich auch mit den Waffen gegenüber. Nicht weniger monopolsüchtig als die Portugiesen, suchte sich jeder die alleinige kaufmännische Ausbeutung bestimmter Plätze zu erhalten. Doch der Haupterfolg war lange auf Seiten der Holländer, und, verglichen mit den Engländern, waren die ersteren bei weitem die gefährlicheren Widersacher der Portugiesen. In stetigen Kämpfen waren die Portugiesen und Spanier schon gegen das Jahr 16o5 von den reichen Molukken so gut wie vertrieben und des Handels mit Hinterindien, Japan und China beraubt. Zwar wurde im Jahre 16o9 ein zwölfjähriger Waffenstillstand zwischen Spanien und Holland geschlossen, doch mit Ausschluss aller jenseits des Aequators liegenden Weltteile, sodäss die portugiesischen Besitzungen im Osten unverändert den feindlichen Angriffen au.gesetzt blieben. ) Voyages of Sir James Lancaster, S. 8. 2) Lindsay II S. 158 nach M>adows Taylor's Man of India History. 8) K. Th. Wenzelburger, Geschichte der Niederlande, Gotha I886 II, S. 768. - 186 Weniger nachdrücklich als im Insel-Indien und Hinterindien traten die Holländer in Vorderindien auf, doch auch hier fassten sie im Jahre 1612 durch einen günstigen Vertrag mit dem Kaiser Ceylons Fuss, wodurch den Portugiesen der Handel und die Herrschaft über diese Insel allmählich entrissen wurde. Lange Jahre hindurch hielten die Holländer selbst Goa, die stolze Metropole des Ostens, mehr oder weniger blockirt und thaten den Portugiesen durch ein Bündnis mit dem Samorin von Kalekut in weiteren Gebieten von Vorderindien Abbruch. Doch die Engländer waren diejenigen, die den Portugiesen im westlichen Teile des Indischen Ozeans die erste schwere, unheilbare Wunde zufügten. Trotzdem England mit Portugal und Spanien in Frieden lebte, vereinigten sich im Jahre 1622 englische Schiffe, gegen das Versprechen von Zollfreiheit und anderen Vorteilen, mit dem Schah von Persien zu einem Angriffe auf Ormus, und Stadt und Festung fielen in die Hände der Perser.1) Portugal ging damit eines Platzes verlustig, der ein Hauptjuwel seiner Besitzungen war. Als Umschlagplatz für den Handel, der von Indien das westliche Asien und den Osten Europas versorgte, war Ormus unzweifelhaft lange Jahrhunderte der bedeutendste Handelsplatz des Ostens, wenn nicht der ganzen Welt. Die Zolleinkünfte von Ormus brachten den Haupteinnahmeposten in der portugiesisch-indischen Verwaltung, und der Verlust dieses Platzes und seiner Vorteile ist ein Markstein des Verfalls der portugiesischen Kolonialherrlichkeit. ') Zanzibar birgt in einer Anzahl mächtiger alter Bronzegeschütze, die dem Sultan gehören, Erinnerungen an dieses wichtige Ereignis. Neben dem portugiesischen, bei anderen Stücken dem spanischen Wappen ist eine persische Inschrift eingegraben, die nach gütiger Uebersetzung des Herrn Konsulatsdragomans Rössler wie folgt lautet: Zur Zeit der mächtigen und starken Herrschaft des Padiscbah der Erde und der Zeit des Schah Abbas Safawi, im Jahre 1031 der Flucht des Propheten, hat der Sohn von Allah-wirdi-khan, der ein aufrichtiger Knecht des Amir el Muminin ist, der Iman Kulikhan, Statthalter von Fars, von Sar (? Sohar), von Kuh Giluge und Bahrein, die Burg von Ormus genommen, und dies sind die Kanonen, welche er erobert hat. Auf einem Stücke befindet sich der Vorsatz: Die Hülfe kommt von Gott, und der Sieg ist nahe, und der Nachsatz: und verkünde frohe Botschaft denen, welche in der Absicht zu kämpfen ausziehen. Der Aufstand in Mombasa. In Freundschaft und Liebe war der König von Melinde, wie oben erzählt, wahrscheinlich im Jahre 1592, zusammen mit den Portugiesen, als neuer Herrscher in Mombasa eingezogen. Die höchste Ehre, die Portugals König nichtchristlichen Fürsten gewährte, war ihm durch Verleihung des Titels Waffenbruder des Königs von Portugal erwiesen und greifbarere Vorteile waren ihm dadurch zugewandt worden, das; er einen Teil der Ländereien auf der Insel und einen Anteil an den Zolleinnahmen erhielt. Bei der Verteilung der Ländereien zu gleichen Hälften zwischen Portugiesen und dem König von Melinde war allerdings anfänglich (1594) bestimmt, dass letzterem nur die schlechteren Strecken im Innern der Insel, unter Ausschluss der Strecken am iMeeresstrande, zufallen sollten, bei welcher Anordnung vielleicht die misstrauende Vorsicht mitgesprochen hat, die Verbindung nach der See zu erschweren, doch schon wenige Jahre später (1596) wurde von Lissabon aus erlaubt, dass dem Könige auch Ländereien an der der Stadt entgegengesetzten Seite der Insel (dem heutigen Kilindini oder Makupa) zu eigen gegeben werden dürften.') Hinsichtlich der baren Zuwendungen war die weise Einrichtung getroffen, dass dem Könige von Melinde nicht ein bestimmter Betrag, sondern ein Drittel der Zollhauseinnahmen Mombasa's zugesichert war, um ihn auf diese Weise zur Mitarbeit an der Vermehrung der Einkünfte anzuspornen. Bei eingetretener Vergrösserung dieser Zolleinkünfte wurde freilich von dem Vizekönige Indiens in Vorschlag gebracht, den Anteil auf 15oo Crusados (= M. I 1775.-) jährlich festzusetzen und es bei diesem Betrage bewenden zu lassen, doch wurde unter dem 2 1. November 1598 von Lissabon verfügt, dass Gerechtigkeit walten müsse und dem Könige das volle Drittel zu belassen sei.') ) Archivo III I S. 437 und Il II S. 593. 2) Archivo 11111 S. 913. - I88 Für eines der ersten Jahre des 17. Jahrhunderts wird der derartig zur Auszahlung gelangte Anteil auf 3060 Xerafinen (= M. 12362.-) angegeben.') Die besten Beziehungen zwischen den Portugiesen und dem Könige von Melinde bestanden so lange, wie der tüchtige erste Kommandant Matheus Mendez de Vasconcellos, über dessen Geschick mit den Eingeborenen umzugehen, nur eine Stimme des Lobes ist, am Ruder war. Doch nachdem Antonio Godinho de Andrade (auch Antonio Godinho de Sousa genannt) um das Jahr i596 das Kommando übernommen hatte, begann eine merkliche Verschlechterung der Beziehungen. Nicht nur, dass der König von Melinde sich sofort nach Lissabon über das Gebahren des Genannten beschwerte, da dieser durch die Hindernisse, die er dem Handel und der Schiffahrt sowohl der Portugiesen wie auch der Eingeborenen auferlegte, zu Empörungen reize, sondern auch mit seinergesamten Stellung in Mombasa zeigte sich der König unzufrieden. Unter Pochen auf seine den Portugiesen geleisteten Dienste und unter Hinweis auf die Beschwerden, die ihm der Aufenthalt in Mombasa, fern seiner eigentlichen Heimatsstadt Melinde, auferlege, sandte er nach Lissabon eine lange Wunschliste. Zur Aufbesserung seiner Finanzen, die nach seiner Angabe durch Ausgaben zur Bekämpfung der portugiesischen Widersacher aus dem Geleise geraten waren, und für die der Anteil an den Zöllen nicht genügte, erbat er die Erlaubnis einer Handelsreise nach China. Es w ar dieses das Vorrecht einer Fahrt von Goa nach China und Japan, die zu den ständig gebräuchlichen Gnadenerweisen des portugiesischen Königs zählte, und die dem Begnadeten 8oooo bis IOOOOO Crusados eintrug. Dann wünschte der König freie Fahrt für seine Fahrzeuge zwischen allen portugiesischen Besitzungen und Zollfreiheit für seine eigenen Waaren. Ferner erbat er, ebenso wie es den muhamedanischen Fürsten Indiens gestattet war, die Erlaubnis, alljährlich ein Schiff nach dem Roten Meere zur Pilgerfahrt nach Mekka schicken zu dürfen. Sodann empfahl er, den ostafrikanischen Fürsten die Tribute zu erlassen, die ihnen nach den Einfällen der Türken auferlegt waren, da die Pflichtigen zu arm zur Bezahlung wären, und erbat, dass man ihm die Verkündung dieser Befreiung überlassen möge. Dann verlangte er, dass er von allen Prozessen gegen Muhamedaner in Ostafrika, sowohl in Civil- wie auch in Strafsachen, unterrichtet würde.2) Am meisten aber lag ihm die Erlangung seiner Belehnung mit Pemba am Herzen. Welche Entwicklung die Verhältnisse auf dieser Insel genommen haben, ist aus den vorliegenden Quellen nicht ganz klar ersichtlich. Wie oben geschildert, war bei den Türkeneinfällen der König von Pemba von seinen eigenen Unter > Livro da FazendaZS. 78. 2) Archivo IIII S. 849. - 189 thanen vertrieben gewesen und später von den Portugiesen wieder in sein Reich eingesetzt worden. Jedoch hat diese neue Herrlichkeit nur zwei oder drei Jahre lang gedauert. In dem Verlangen, sich bei den Portugiesen Liebkind zu machen, schrieb er an den Erzbischof in Goa und ersuchte um Entsendung eines christlichen Geistlichen zu seiner Taufe. Der Ausführung dieser Absicht kamen seine Unterthanen zuvor, indem sie ihn vergifteten.') Da der Vergiftete keine Kinder hatte, war der Thronerbe sein Bruder. Dieser befand sich im Jahre 1595/96 als Landesvertriebener in Mombasa und wurde von dem durchreisenden Vizekönig D. Francisco da Gama mit nach Indien genommen und ihm das Versprechen gegeben, ihn demnächst wieder mit Waffengewalt in sein Inselreich zurückzuführen.') Um die gleiche Zeit schon begannen die Ansprüche des Königs von Melinde auf Pemba. Doch in einem Erlass aus Lissabon vom 21. November 1598 wurde verfügt, dass in Anerkennung der Absichten des vergifteten Königs, sich zum Christentum zu bekehren, dem Bruder desselben die Herrschaft übergeben werden solle, wenn auch dieser sich dem wahren Glauben zuwende.3) Dieses scheint thatsächlich geschehen zu sein, denn in den Briefen des Königs von Portugal an seinen indischen Statthalter ist in späteren Jahren (1607) die Rede von Dom Filippe, König von Pemba, der mit einer portugiesischen Waise, Dona Anna, verheiratet war, zuerst Zufriedenheit bereitete, dann aber zu grösstem Aergernis dadurch Anlass gab, dass er sich von Mombasa mit seinem Sohne heimlich entfernte und in den Islam zurückfiel.') Ob dieser König wirklich eine Zeitlang die Herrschaft in Händen gehabt hat oder immer nur Prätendent war, ist nicht ersichtlich. Im besten Falle wird er nur kurze Zeit das Regierungsruder geführt haben. Aber auf ihn und nach seinem Tode, der ungefähr in 16o5 erfolgt sein muss, auf seinen Sohn Dom Estevan, als Sohn einer Portugiesin, wurde gegenüber den Ansprüchen des Königs von Melinde grosse Rücksicht genommen. Von Lissabon wurde befohlen, sich dieses Sohnes zu bemächtigen, ihn nach Goa zu überführen, dort im christlichen Glauben auf Kosten des Staatsschatzes erziehen zu lassen und auf den königlichen Dienst vorzubereiten. Es scheint indessen, dass dieser Plan nicht zu verwirklichen gewesen ist, denn endlich nach länger als zehnjährigem Begehren wurde unter dem Vizekönige D. Martim Affonso de Castro, der 16o4-i6o8 regierte, doch der König von Melinde unter Festsetzung von Pachtabgaben mit der Insel Pemba belehnt. Vielleicht hat bei dieser schliesslichen Ordnung die Macht der Thatsachen mitgesprochen, denn 1) Archivo I1I n S. 913. 2>Couto XII S. 8. 2) Archivo III S. 914. *) Livros das'Mon_6es I S. 78 u. f.; III S. 12. - I90 es wird berichtet, dass der König von Melinde die Insel mit eigenen Machtmitteln und auf eigene Kosten erobert habe, ohne dass die Portugiesen die versprochene Hülfe geleistet hatten. Ueber die Höhe der Pachtabgabe ist nichts Genaues angegeben, vermutlich bestand sie im wesentlichen in der jährlichen Lieferung von 300 bis 500 Mattsäcken Reis. Lange hat sich der alte König von Melinde, wahrscheinlich Achied mit Namen, des mühsam erstrittenen Lehens nicht erfreut. Gegen Beginn des Jahres 16o9 ist er gestorben, und die Herrschaft ging auf seinen Sohn Hassani über. Aufs neue wurden hiermit alle einschlägigen Fragen in den Vordergrund gedrängt, da die Portugiesen nicht ohne weiteres dem Sohne die dem Vater gemachten Zuwendungen bestätigen wollten. Auf ein langes Memorandum, das wahrscheinlich noch von dem alten Könige über seine Dienste und Ansprüche nach Lissabon gesandt war,') und in welchem insbesondere die Streichung der Pachtabgaben für Pemba verlangt wurde, erstattete der portugiesische Kronanwalt (1609) ein Gutachten,') das in folgendem gipfelt: i. Der Drittel-Anteil an den Zöllen ist zu bestätigen, da der König ohne diese Einnahme in Mombasa nicht leben kann und beim Fortfall wahrscheinlich von Mombasa wegziehen würde, was dieser Stadt zum Nachteil gereichen würde. 2. Das erbotene Recht der Reise nach China ist zu verweigern, da die Dienste, auf Grund deren sie beantragt ist, nicht von dem jungen Könige, sondern von seinem Vorgänger geleistet sind und man noch nicht weiss, ob der junge König einen solchen Gnadenerweis verdient. 3. Die Belehnung mit Pemba ist zu bestätigen, da nur der König von Melinde dort regieren kann und die Portugiesen selbst wegen der ungesunden und sumpfigen Beschaffenheit, die Erkrankungen und Tod verursacht, aus dieser Insel sonst keinen Nutzen ziehen können. Ein Erlass der Pachtabgabe braucht nicht gewährt zu werden, da der alte König das Lehn unter ausdrücklicher Zustimmung ihrer Entrichtung angenommen hat. 4. Die allgemeine Bestätigung aller Vorrechte, welche die Vizekönige Indiens den Königen von Melinde gewährt haben, ist ohne nochmalige vorgängige Prüfung auf die Angemessenheit nicht angebracht. Dieses Gutachten wurde unter dem 29. Oktober 16o9 nach Goa an den Vizekönig mit dem Ersuchen übersandt, auf Grund desselben ) Livros das Monýoes I S. 258-259. 2) Livros das Moný6es I S. 260. - 9I die vorliegenden Fragen zu beraten und zur Erledigung bestimmte Vorschläge zu machen. Doch die Sache blieb lange in der Schwebe und von Goa scheint nicht durchgehends in Zustimmung jenes Gutachtens berichtet worden zu sein. Erst am 13. Februar 1612 erteilte der König von Lissabon den Befehl, dem Könige von Melinde, doch nur für sich, nicht auch für seine Erben, die Ueberweisung des Drittel-Anteils an den Zolleinkünften Mombasa's zu bestätigen. Gleichzeitig wird wieder erneut die Frage aufgeworfen, was mit Pemba werden solle, und angefragt, ob sich nicht ein Portugiese oder eine Gesellschaft von Portugiesen finden würde, die die Pacht der Insel gegen dieselbe Abgabe, die der König von Melinde erlegte, übernehmen und auch zum Schutze gegen etwaige Einfälle der Türken daselbst Befestigungen anlegen würde. Erst mangels portugiesischer Unternehmer sollen die Ansprüche des Königs von Melinde nochmals erwogen werden.') Inzwischen hatte aber bereits im Jahre I5io an Ort und Stelle in Mombasa die Pemba-Pachtung zu Misshelligkeiten Anlass gegeben. Ungeachtet die Bestätigung von entscheidender Stelle fehlte, hatte der König Hassani die Nutzung von Pemba fortgesetzt, wollte hierfür aber nur eine Abgabe von 300 Säcken Reis als die stets üblich gewesene Menge erlegen, wogegen der Kommandant eine Abgabe von 500 Säcken verlangte. Ernste Verwicklungen und traurigste Ereignisse wurden hiermit eingeleitet. In Manuel de Mello Pereira hatte Mombasa im Jahre i6io einen neuen Kommandanten erhalten, der seine Vorgänger an schlechten Eigenschaften noch übertraf. Auf Bereicherung bedacht und erpicht, seine Macht fühlen zu lassen, verweigerte er, weil der König in der Pachtangelegenheit keine Gefügigkeit zeigte, diesem den stets üblichen Pass für eine Dhau, die er wie alljährlich nach Barawa zum Einkauf von Ziegen und Butter zu senden pflegte. Nichtsdestoweniger liess der König die Dhau segeln, doch der Kommandant liess sie durch das portugiesische Wachtschiff bei Patta aufbringen und beschlagnahmen. Empört hierüber verweigerte der König weiteren Verkehr mit dem Kommandanten und unterliess die gebräuchlichen Besuche in der Festung. Die Missstimmung wurde dadurch vermehrt, dass gleicher Zeit der am Festlande wohnende Negerstamm der Musungulos, vermutlich angelockt von der Nachricht des Unfriedens zwischen den Machthabern, einen Einfall auf die Insel machte und sich König und Kommandant gegenseitig beschuldigten, ihn herbeigerufen zu haben. Aufs neue wurde im folgenden Jahre (I6I I) der Streit lebendig. Auf Grund einer Meldung, dass ein holländisches feindliches Geschwader nahe, richtete der Kommandant an den König die Aufforderung, seine Vorräte von Getreide in die ) Livros das Monýaes II S. 162-3. - 192 Festung schaffen zu lassen, damit sie im Falle einer Belagerung zur Hand wären, doch der König lehnte ab, da er fürchtete, sein Eigentum zu verlieren. Zwar kleidete der König seine Weigerung in die vorsichtige Form, dass er nicht jetzt, sondern erst wenn die Feinde vor dem Hafen in Sicht wären, sofort selbst mit allen seinen Mannschaften und seinem gesamten Eigentum als treuer Vasall des Königs von Portugal in der Festung zur Unterstützung der Verteidigung erscheinen würde, doch nannte desungeachtet der Kommandant in seiner Antwort den König einen Empörer. Die Erregung stieg aufs Höchste. Die Zwistigkeiten der beiden Machthaber machten die Lage in Mombasa äusserst gefährlich. Die in orientalischen Herrscherfamilien eingebürgerte Eifersucht und Anfeindung der Familienmitglieder untereinander machten sich auch hier fühlbar, indem Munganaja (Munie Najer?), ein Oheim des Königs, gegen den König beim Kommandanten hetzte und ihn anschwärzte, dass er Aufstandsgelüste habe. Doch dieses Mal gelang es noch den Warnungen und dem Zureden von Antonio da Cunha, der als Vorsteher des Rechnungswesens und der Civilverwaltung nächst dem Kommandanten der höchste portugiesische Angestellte in Mombasa war, den Ausbruch des Sturmes zu verhindern. Unter Verpfändung seines eigenen Lebens für seine Sicherheit überredete er den König zur Abstattung eines versöhnenden Besuches beim Kommandanten, und obgleich der Letztere für diese Veranlassung beleidigende Sicherheitsmassregeln traf, indem er sogar bei Makupa bewaffnete Boote zur Abwehr gegen einen etwaigen Zuzug von Musungulos hinlegte, verlief doch die Begegnung ohne Zwischenfall.1) Aber der Friede sollte nicht lange währen. Schon einmal, während sich die oben erzählten Streitigkeiten ereigneten, hatte Munganaja, der erwähnte Oheim des Königs, in der Nacht an das Thor der Festung gepocht und mit der Nachricht Einlass begehrt, dass sich in der Stadt ein Aufstand vorbereite, und dass man ihm, als Anhänger der Portugiesen, nach dem Leben trachte. Aufs neue trieb er dasselbe Spiel, indem er wieder im Januar 1612 zum Kampfe gerüstet in der Festung erschien und lügnerisch von dem Nahen der Musungulos berichtete. Sie seien durch seinen Neffen zum Ueberfall der Portugiesen gerufen, er selbst aber sei derjenige, der, im Gegensatze zu dem Haupte seiner Familie, die ein Jahrhundert bewährte Treue der Dynastie gegen die Portugiesen vertrete. Obgleich der König, zur Rechenschaft aufgefordert, die gänzliche Unhaltbarkeit der Verleumdungen nachwies und für seine Unschuld ohnedies das bekannte Streben Munganaja's, Unruhe zu stiften, sprach, glaubte doch der Kommandant den Anklagen Glauben schenken zu müssen. In höchster 1) Bocarro S. 112-116. - 93 Erregung, trotz der eindringlichen Warnungen von Antonio da Cunha liess er die Kanonen der Festung auf die nahe Behausung des Königs richten und dieselbe beschiessen.') Doch der König liess sich nicht zum Kampfe reizen. Ruhig verliess er mit seinen Anhängern unter Vorantragung einer Christusflagge, mit der ausgesprochenen Absicht, dem Kommandanten Zeit zur Abkühlung zu geben, die Stadt und Insel und liess sich in dem einige Meilen nördlicher gelegenen Kelife nieder. Munganaja hatte hiermit vorläufig gewonnenes Spiel, denn er wurde in Abwesenheit des Königs zum Regenten eingesetzt. Auch nachdem einige Monate später ein jüngerer Bruder des Königs Hassani zu diesem Posten berufen wurde, blieb doch die Ausübung der Macht in seinen Händen. Weniger ruhig als der König selbst, trugen seine Anhänger das Unrecht. Trotz des Abratens des Königs unternahmen die Musungulos, die ihm besonders zugethan waren, einen Einfall auf die Insel, und wenngleich sie hierbei mit der Absicht vorgingen, jeden Zusammenstoss mit den Portugiesen zu vermeiden und nur Munganaja aus seiner zu Unrecht erlangten Stellung zu vertreiben, so kam es doch bei iMakupa zu einem Kampfe, in dem auch einige Portugiesen fielen. Wahrscheinlich in Folge dieser Begebenheiten kehrte Hassani, nachdem seine freiwillige Verbannung acht Monate lang gedauert hatte, nach Mombasa zurück. Ob dieses auf Grund von Verhandlungen erfolgte, oder ob er hierdurch, was naheliegend ist, einen Beweis seiner Unschuld an jenem Einfalle geben wollte, ist nicht berichtet. Jedenfalls scheint ein leidliches Verhältnis zwischen König und Kommandanten wiederhergestellt worden zu sein. Nur dadurch verblieb eine Trübung, dass der König auf die Auslieferung von Munganaja bestand, aber seinen Willen nicht erhielt. Diese halbwegs befriedigende Ruhe dauerte einige Monate, als im Jahre 1614 ein Schiff aus Goa eintraf. Beide streitenden Parteien hatten über die Vorfälle, natürlich jede nach ihrer Auffassung, an denVizekönig berichtet, und beide erwarteten die Entscheidung und Abhülfe mit diesem Schiffe. Bei den bezüglichen Erwägungen in Goa hatte die Ansicht überwogen, dass thatsächlich der König unschuldig sei und die Schuld an den Vorfällen den Kommandanten treffe. Dennoch aber war der Entschluss gefasst worden, den König vorerst gefangen zu nehmen und nach Goa zur Aburteilung zu schicken, da man sich hiervon eine einschüchternde Einwirkung auf ganz Ostafrika versprach. Mit der Ausführung des Befehles wurde Simäo de Mello Pereira betraut, der mit dem gleichen Schiffe zur Ablösung von Manuel de Mello Pereira, dessen dreijährige Amtsdauer ) Unwillkürlich richtet diese Begebenheit die Gedanken auf die am 9. Sept. 1896 erfolgte Beschiessung des Sukanspalastes in Zanzibar durch die Schutzmacht England. Mutatis mutandis ist die Aehnlichkeit beider Ereignisse so augenfällig, dass des Weisen Ben Akiba Alles schon dagewesen" hierin einen trefflichen Beleg hat Strandes, Ostafrika. 13 - 194 abgelaufen war, als Kommandant nach Mombasa ging. Schon das Ausbleiben jedweder Antwort auf seine nach Indien gerichteten Briefe hatte den König misstrauisch gemacht, und als er nun aufgefordert wurde, in der Festung zu erscheinen, flüchtete er Unheil fürchtend, vielleicht auch gewarnt, nach dem Festlande. In Arabaja, dem heutigen Rabaia, fand er inmitten der ihm ergeben gewesenen Musungulos zuerst gute Aufnahme, doch treulos wurde er hier bald darauf gegen eine Gabe der Portugiesen von 2ooo Stücken Zeug verraten und ermordet. Zum Beweise der geschehenen That schleppten die Neger die Leiche nach Makupa. Hier wurde ihr im Auftrage des Kommandanten der Kopf abgeschnitten und dieser später nach Goa mit einem Aufwande überführt, als ob es sich um die schwer errungene Trophäe eines bedeutenden Krieges handle.') Doch dieser feige Meuchelmord fand nicht die von den Thätern envartete Billigung. Mehr noch, als seine nackte Schilderung der Entwicklung des Streites rechtfertigt, hebt Antonio Bocarro, dem in obiger Wiedergabe gefolgt ist, und der während dieser Begebenheiten als staatlicher Chronist in Goa lebte, die gänzliche Unschuld und die unerschütterliche Lehnstreue des Königs gegenüber den selbstsüchtigen, sinnlosen und herrschsüchtigen Verfolgungen der beiden Kommandanten de Mello Pereira hervor. Der offenbar auch zu Tage getretenen Halsstarrigkeit und Unklugheit des Königs wird kein Gewicht beigelegt. Dieselbe Auffassung, dass dem Könige Unrecht geschehe, war in Lissabon an bestimmender Stelle geltend. Schon auf den Bericht des Vizekönigs über die Absicht der Gefangennahme Hassani's hatte der König von Portugal in einem Schreiben vom 6. Februar 1615 die Unklugheit jener Massregel getadelt und dargelegt, dass sie, wenn kein genügender Grund dafür vorhanden sei, den Betroffenen nur erbittern würde, dass daher die bezüglichen Anweisungen, wenn noch möglich, zurückgezogen werden müssten, dagegen aber eine Vertrauensperson nach Mombasa zur Untersuchung zu schicken sei. Die strengste Bestrafung des Kommandanten von Mombasa wurde für den Fall befohlen, dass sich dessen Schuld ergeben- sollte. Auch für den Fall der etwa bereits vollzogenen Gefangennahme wurde alle Rücksicht gegenüber dem Gefangenen zur Pflicht gemacht. Ja, in etwas scheint man in Lissabon hinsichtlich der Wirren in Mombasa die eigene Schuld empfunden zu haben, denn der Brief, in dem das Vorstehende an den Vizekönig geschrieben wird, schliesst damit, dass dem Könige von Melinde Pemba gegeben werden, sollte, wenn sich kein anderer Pächter finde.') Doch als diese Befehle geschrieben wurden, war das Unheil schon geschehen. ') Bocarro S. 237--43. 2) Livros das Monýöes III S. 187- 8. - 195 Nach Bekanntwerden desselben in Lissabon wurde wieder unter dem 6. März 1616 eine strenge Untersuchung angeordnet, besonders um festzustellen, ob wirklich der ermordete König ein Empörer gewesen sei. Wäre dies der Fall, so sei der Bruder des Ermordeten zum König einzusetzen, wohingegen der Sohn des Ermordeten und eigentliche Erbe Jussuf ben Hassani wegen des Abfalls des Vaters von der Thronfolge auszuschliessen und in Goa in einem Kloster zum Christen zu erziehen sei.') In Goa scheinen diese Befehle nicht sonderlich ernst genommen worden zu sein. Zwar wurde eine Untersuchung eingeleitet, doch da die Verhöre in Mombasa von Simäo de Mello geleitet wurden, mussten sie zu Ungunsten des Ermordeten ausfallen. Vollends gingen die Akten noch angeblich durch den Tod des mit der Aufbewahrung vertrauten Sekretärs verloren, und der Vizekönig fällte darauf im wesentlichen unter der Begründung, dass der Verrat des Ermordeten eine offenkundige, nicht weiter zu beweisende Thatsache sei, die Entscheidung, dass der bereits regierende Bruder Hassani's (wahrscheinlich Mohamed mit Namen) sich König nennen dürfe, und übergab den berechtigteren Erben den Augustinern in Goa zur Erziehung. Doch mit dieser Behandlung war man in Lissabon durchaus nicht zufrieden. Unter dem Hinweis, dass die Angelegenheit von grosser Bedeutung sei, da es sich um ein ganzes Königreich handele und der üble Tod des Vaters vor Gott trefflich gesühnt werden könne, wenn der zum Christen bekehrte Sohn König würde, verfügte der König von Portugal in Briefen an den Vizekönig vom 17. Januar und io. März I618 eine erneute eingehende Untersuchung und rücksichtslose Verfolgung der Schuldigen ohne Ansehung der Person, insbesondere auch die etwaige sofortige Amtsentsetzung des Kommandanten Simäo de Mello, vorbehaltlich noch schwererer Bestrafung. ) Inwieweit die hierauf erhobenen wiederholten Untersuchungen schlagende Beweise für die Unschuld des Ermordeten und Straffälligkeit seiner Verfolger ergeben haben, ist nicht ersichtlich.') Jedenfalls fällte aber der oberste geistliche Gerichtshof in Portugal, dem die Frage zur Begutachtung vorgelegt war, das Urteil, dass die Treue des Ermordeten mit Unrecht beanstandet sei. Hiermit wurde der Sohn erbberechtigt.4) In Obhut des Klosters Unserer lieben Frau ) Livros das Monýöes III S. 448. 2) Archivo VI S. 1151-2, S. 1167-8. s) Wenige Jahre später erreichte Simäo de Mello sein "Schicksal. Er wurde im Jahre 1622 unter Anklage gestellt, än dem Verluste von Ormus als Kommandant der Feste dieser Stadt schuldig zu, sein zum Tode verurteilt und, da er in muhamedanischen Ländern flüchtig war, in effigie hingerichtet. 4) Bocarro S. 243. - 196 von der Gnade zu Goa und unter dem Einflusse der Augustiner war aus dem jetzt anerkannten Erben Jussuf ben Hassani, der als siebenjähriger Knabe nach Goa gebracht war, unter der Patenschaft des Vizekönigs ein Christ mit Namen Dom Jeronimo Chingulia geworden. Zu seinem Unterhalte war aus dem Staatsschatze täglich eine Xerafine (= M. 4,04) angewiesen. Für den Fall, dass er sich als ungeeignet zur Regierung erweisen sollte, war angeordnet gewesen, ihn zum Eintritt in den Augustinerorden zu bewegen und nach Ablegung der Gelübde nach Portugal zu senden.') Doch der Zögling bereitete seinen Erziehern Genugthuung und im Jahre 1627 schrieb er an den Papst einen ObedienzBrief."2) Indessen erst im Jahre 1630, im Alter von 24 oder 25 Jahren, 1) Archivo VI S. 1152. 2) Faria y Sousa S. 391. Einige Jahre später richtete auch der Papst Urban VIII. an Jussuf ein Schreiben. Den Anlass hierzu gab wahrscheinlich die Thronbesteigung Jussufs, vielleicht aber auch schon Befürchtung über dessen Wankelmut. Das Schreiben ist gewiss, durch die Aenderung der Verhältnisse, niemals in den Besitz dessen gekommen, an den es gerichtet ist. Es hat in der Uebersetzung folgenden Wortlaut: Unserem geliebtesten Sohne in Christus, Hieronymus Tangorim, dem Könige von Mombasa und Melinde in Afrika. Obgleich die Unterthanen der Reiche dieser Erde die Hoheit des Regierenden mit Huldigungen und Gaben zu verehren pflegen, können sie doch seiner Seele weder für das Leben Ruhe, noch für den Tod Glückseligkeit sichern. Die unglücklichen Könige sollten unter den lügnerischen Schmeicheleien zittern, denn Tugend, nicht Macht begleitet die Sterbenden auf dem Wege in die Ewigkeit. Der Gottesdienst ist ein Königreich, und Gott ist so reich an Gnade, dass, während die Sterblichen denen gehorchen, welche sie fürchten, er selbst, der unserer Güter nicht bedarf, die Wünsche der Furchtsamen erfüllt. Oh, Du Glücklicher, der Du im stande bist, wenn Du Gott fürchtest, das Reich Deiner Vorfahren auf den Himmel auszudehnen. Unstreitig werden Deine Unterthanen deinen Befehlen freudig folgen, und einem gottesfürchtigen Könige wird der Allmächtige seine Wünsche erfüllen. Geliebtester Sohn in Jesus Christus, wir wünschen Deiner Hoheit zu dieser himmlischen Seligkeit Glück. Das Licht des heiligen Geistes hat Dein königliches Herz erleuchtet und durch das Wasser der heiligen Taufe hast Du in den Hafen der Hoffnung auf Glückseligkeit einlaufen können. Dadurch, dass Du Deine Seele und Deine Macht Christus und dem in den römischen Päpsten fortlebenden heiligen Petrus unterworfen hast, bist Du unter die Söhne Gottes und die Erben des ewigen Reiches aufgenommen. Möge unter dem Beifalle des Himmels der Namen Deiner Hoheit in das Buch derjenigen Irdischen eingetragen werden, denen der römische Einfluss mit den Schlüsseln der göttlichen Gewalt die Pforten des himmlischen Reiches öffnet. Der Papst und der apostolische Senat tragen Deinen Namen im Herzen. Die römische Kirche, welche die Brust der Könige erstarkt und das Erbe der Völker bewacht, verkündet Gebete für Dein Heil vor den Altären. Von den ostafrikanischen Gestaden ist der Ruf Deiner Frömmigkeit 'zu dieser Heimstätte des Menschengeschlechtes gelangt. Diese Frömmigkeit wird voll in den Segnungen des Christentums triumphieren, wenn Du durch Deine Machtfülle und Anregung zuwege bringst, dass dort die Völker das Religionsbekenntnis ihres Herrschers nachahmen. Angesichts - 197 wurde er nach Ostafrika zurückgeführt und in die Herrschaft eingesetzt. Wer inzwischen die Regentschaft geführt hat, ist nicht berichtet. Nur aus den ersten Jahren nach dem Tode Hassani's ist bekannt, dass dem Scheine nach dessen Bruder Mohamed am Ruder war, in Thatsache aber der Unruhstifter Munganaja die Gewalt in Händen hatte und schliesslich auch jenen Neffen durch Mord beseitigte.') In Dom Jeronimo war ein König zur Regierung gekommen, über dessen wahre religiöse Gesinnung in der ersten Zeit nach seiner Rückkehr in die Heimat keine Klarheit herrscht. Während die arabische Chronik Mombasa's klagt, dass er seine Stammes- und früheren Glaubensgenossen quälte, ihre religiösen Anschauungen verletzte, und sogar die Muhamedaner zum Essen von Schweinefleisch zwang, ') klagen die Portugiesen umgekehrt, dass er sich schon anfangs nicht als wahrer Christ zeigte, sondern christliche und muhamedanische Gebräuche mit einander verband. Wahrscheinlich trat derartig ein Kampf, den eine unreife Natur in sich auszufechten hatte, zu Tage. Als Christ im Hass gegen die Muhamedaner erzogen, lernte er selbst erst Muhamedaner kennen, nachdem er in die Heimat zurückgekehrt war. Allmählich musste ihm hier klar werden, dass er nicht nur seiner Abstammung, sondern seinem ganzen Wesen nach zu den letzteren gehöre. Vielleicht mit hochfliegenden Anschauungen über seine eigene Königsherrlichkeit angekommen, musste er lernen, dass er von dem Kommandanten wie ein Sklave behandelt einer so grossen Aufgabe wird der Teufel, der Feind Deines Ruhmes, nicht müssig sein, und missgünstige Zungen werden nicht fehlen, die versuchen werden, Deiner Hoheit von der Hingabe an solches Glück abzuraten. Vertraue aur Gott und sei stark. Keine Gefahren haben den grossen Konstantin, dessen Namen im Osten wie im Westen verehrt wird und zu der höchsten Zier gelangt ist, abgehalten, Christus, den König der Könige, in den Besitz des römischen Reiches einzuführen. Ziehe zu Felde gegen den Fürsten der Finsternis. Der Himmel wird Dich begünstigen, und Christus wird zugegen sein und seinen gekrönten König mit dem Schilde des guten Willens sowie mit dem zweischneidigen Schwerte und dem Helme des Heiles wappnen. Der heilige Augustin selbst, dieses Licht Deines Afrikas und der ganzen Kirche, lässt sich bei Deiner Hoheit durch die Geistlichen des Augustinerordens hören und will in Deinem Reiche das Reich Gottes einführen und Deiner Macht die Glückseligkeit hinzufügen. Glaube mir, dass diese Geistlichen nicht weniger -von der himmlischen Heimat als von der römischen Kirche gesandt sind, um durch die Verkündigung des göttlichen Wortes den Unglauben aus Deinen Reichen zu vertreiben. Durch alle Wohlthaten, welche Du ihnen erweisen wirst, wirst Du Dir die Liebe Europas und den Schirm des Himmels erwerben. Wir hoffen, teuerster Sohn, dass wir bald durch den Segen von Jesus Christus im stande sind, die Ermahnungen in Lobsprüche zu verwandeln, und erteilen Deiner Hoheit mit inniger Zuneigung väterlichen Herzens den apostolischen Segen. Gegeben am 19. Tage des Zovember 1632 im zehnten Jahre unseres Pontifikates. Arch. Vatic. Rom. Urbani VIII epistolae ad. principes X fol. 6ab, 7a. 1) Bocarro S. 243. - 198 wurde und Beleidigungen von ihm hinnehmen musste, ohne dass seine Klagen in Goa Beachtung fanden.') Bald musste sich ihm aufdrängen, dass trotz seines Christentums seine richtige Stellung nur auf Seiten der bedrückten Muhamedaner sein könne, und dass er nur als einer der ihrigen auf eine Befestigung seines Thrones rechnen dürfe. Erst in die Heimat zurückgekehrt und in dieselbe bedrückte Lage versetzt, wie sein ermordeter Vater, wird er zur richtigen Erkenntnis gekommen sein, welchen Verfolgungen dieser ausgesetzt gewesen war, und was er von denselben Portugiesen und Christen, in deren Verehrung der Sohn aufaufgezogen war, hatte erdulden müssen. Dass unter solchen Umständen sein christlicher Glaube ins Wanken kam, ist verständlich. Längere Zeit schon soll er heimlich nächtlicher Weile das Grab seines Vaters besucht und dort in muhamedanischer Weise gebetet haben, als er von einem Portugieýen, der an seiner Gesinnung zweifelte und zur Ausforschung seines Gebahrens ihm schon länger nachgeschlichen war, bei dieser nächtlichen Gebetsübung beobachtet wurde. Mit der wichtigen Entdeckung eilte der Späher zum Kommandanten und dieser äusserte die Absicht, den verdächtigen Beter am nächsten Tage gefangen zu nehmen und demnächst nach Goa zu schicken. Doch, wahrscheinlich um seine Entdeckung nach beiden Seiten zu verwerten, verriet derselbe Portugiese die Absicht des Kommandanten wieder dem Könige. Mit Versprechungen reicher Belohnungen entliess der König den Verräter, doch bezahlte er ihn in Wirklichkeit damit, dass er ihn durch nachgesandte Sklaven ermorden liess. Sein Dasein auf das Spiel gesetzt, die Schrecknisse der Inquisition vor sich sehend, von der er als Abtrünniger vom Glauben, zu dem er sich bekannt hatte, keine Gnade erwarten durfte, vermutlich auch mit Rachegedanken für den schmählichen Tod seines Vaters erfüllt, fasste er Entschlüsse zum schnellen Handeln. Schneller wahrscheinlich, als er selbst beabsichtigt hatte, wurde er zur Offenbarung seiner wahren Gesinnung gezwungen. Am nächsten Tage, dem 16. August 1631, feierten die Portugiesen ein grosses Fest. Wie zur Teilnahme an den Feierlichkeiten begab sich der König mit grossem Gefolge in die Festung. Dreihundert Anhänger hatte er in der Eile um sich geschart. Ahnungslos empfing der Kommandant Pedro Leitäo de Gamboa die Gäste, aber bei der Begrüssung wurde er von dem Könige mit eigener Hand erdolcht. Die Begleiter des Königs warfen sich auf die überraschten portugiesischen Mannschaften und machten auch diese nieder. Ohne Widerstand zu finden, wurde derartig Jussuf Herr des Platzes. Das Schicksal des ermordeten Kommandanten hatten dessen Gemahlin und Tochter zu teilen. In der Kapelle der Festung wurden sie bei der ') Arabische Chronik in Owen I S. 422. - 199 - Messe samt dem amtierenden Priester, einem Goanesen von Geburt, gleichfalls durch die Hand des Königs erdolcht. Kann man den Berichten des portugiesischen Chronisten glauben, so fiel die Mutter erst, nachdem sie die Aufforderung des Königs Muhamedanerin und Königin zu werden, entrüstet abgelehnt hatte. Vor ihr wurde ihr Kind niedergestreckt und sie selbst empfing, auf den Leichnam der Tochter zeigend, unter den Worten: »Ich sterbe ruhig, da ich das mitnehme, was mir Sorge machen könnte,« den Todesstoss.1) Blutdürstig wandte sich nun der König mit seiner Schar dem von den Portugiesen bewohnten Stadtteile zu. In schonungslosem Gemetzel wurden alle Aufzufindenden, Männer, Frauen und Kinder, niedergemacht. Wenige retteten sich in das Augustinerkloster und verteidigten sich hier tapfer sieben Tage lang. Doch nachdem die Lebensmittel ausgegangen waren, mussten sie sich den Verfolgern überliefern. Zwar war ihnen freier Abzug zugesichert, aber das Versprechen wurde nicht gehalten und auch sie mussten ihr Leben lassen. Entsetzlich haben in diesen Tagen die portugiesischen Frauen gelitten. In barbarischer Weise wurden sie bedrängt, Glauben und Tugend zu lassen, aber sie gaben einem qualvollen Tode den Vorzug. Sie sollen schliesslich in einem Boote im Hafen versenkt worden sein. Als die Führerin dieser Frauen wird Natalia de Sa, eine ehrwürdige Matrone, genannt, welche die Leidensgenossen durch Beispiel und Wort zur Standhaftigkeit und zum Märtyrertode begeisterte und in der Todesstunde Wunder verrichtet haben soll.') Sechzig Portugiesen, ungezählt die Frauen und Kinder, fielen dem Gemetzel dieser Tage zum Opfer. Nur vier Augustinern und einem Laien gelang es, dem Blutbade zu entrinnen und sich in einem Boote nach Patta zu retten. Nur ein Portugiese, ein Bombardier, der sich dem aufständigen Könige anschloss und wahrscheinlich zum Islam übertrat, blieb in Mombasa am Leben. Etwas glimpflicher kamen die eingeborenen Christen davon. Zwar gab es auch unter ihnen Märtyrer, und sogar ein Onkel des Königs, Dom Affonso mit Namen, musste seine Bitten für die gefangenen Frauen und seine Weigerung, Muhamedaner zu werden, mit dem Leben bezahlen, aber die Mehrzahl verstand sich in Todesnot zur Abschwörung des Glaubens. Diejenigen, die standhaft blieben, wurden später als Sklaven nach dem Roten Meere an die Türken verkauft. Ihre Zahl ist, offenbar zu hoch gegriffen, auf 400 angegeben. Auch die Frau des Königs, eine in Indien geborene Portugiesin, widerstand den Drohungen ihres Gatten und blieb, wenngleich schlechter als eine Sklavin behandelt, Y) Faria y Sousa III S. 476. 2) Philippus A. SSma Trinitate, Itinerarium Orientale, Lugduni 1649, S. 222, und Ms. Liss. Bibl. Nac. de Lisboa, Cod. Man. No. 7640. Mombaýa 12. Januar 1632. - 200 Christin. Einige Jahre später ist allerdings auch sie zum Islam übergetreten. Laut bekannte sich der König zum Islam und verkündete, dass er schon lange nur zum Schein Christ gewesen sei Nicht länger Dom Jeronimo, sondern wieder Jussuf ben Hassani geworden, wütete er, nachdem er alles Lebende, was Portugiese gewesen war, vernichtet hatte, noch gegen die Toten. Auf einem Pferde sitzend, schmähte er die Leichname der Gefallenen, rief sie bei Namen, höhnte ihrer Ohnmacht, versetzte ihnen Lanzenstiche und hielt dem toten Kommandanten eine Spottrede.') Dann richtete sich die Wut gegen die Kirchen. Alles, was zum Gottesdienste gebraucht worden war, die Bilder von Jesus, Maria und den Heiligen, die Altäre, Gefässe und Gewänder, wurden entweiht und vernichtet. Eifernd, doch zutreffend, klagt bei Erzählung dieser Kirchenschändungen der Chronist: Derartig musste die Gottesverehrung leiden, was die sündhaften Menschen verschuldeten!2) Weiter versuchte der König auch ausserhalb Mombasa's den verhassten Portugiesen und Christen den Untergang zu bereiten. Durch Boten an die benachbarten Städte stellte er die Aufforderung, seinem Beispiele zu folgen. In Montangante (Mtangata), Tanga und Motone wurde dieser Aufforderung durch Niedermetzelung der Portugiesen Folge geleistet. Doch nicht überall besassen die Eingeborenen den Mut und die Kraft, das Joch abzuschütteln. Bestimmt bekannt ist, dass sich in den beiden Plätzen Zanzibar und Patta, wo nächst Mombasa in dieser Zeit die stärksten portugiesischen Ansiedlungen an dieser Küste waren, die Portugiesen halten konnten oder unbelästigt blieben. In Zanzibar ist vermutlich die stets friedliche Gesinnung der Eingeborenen ein Schirm gewesen, während in Patta das an dieser Küste dienstthuende portugiesische Wachtschiff lag und wohl hierdurch vielleicht vorhandene Aufstandsgelüste niedergehalten wurden. Als geplante, gewollte Rache schildert der König Jussuf in einem Schreiben nach Goa seine Empörung, wie folgt: Seit langer Zeit suche ich eine Gelegenheit, um der Regierung des portugiesischen Indiens eine Gesandtschaft zu senden, und finde sie heute in der Person des Dominikaners P Frey Antonio de Guadilupe, der dieses Amt übernimmt und der ausführlich über die Ereignisse und die Zusammenstösse in Mombasa berichten wird. Alles, was der Genannte thun und vereinbaren wird, billige ich, als ob es von meiner Person geschehen wäre. Ich erinnere dabei die Regierung daran, dass ) M. de la Clede, Histoire Generale de Portugal, Paris 1735, VI S. 493 u. a. ) Faria y Sousa III S. 480. - 201 ich als König geboren wurde, dass mein Vater und meine Mutter von den Portugiesen ungerechter Weise hingeschlachtet wurden. Dieses geschah ungeachtet dessen, dass mein Vater der Waffenbruder Seiner Majestät war und ihm stets Treue erwies. Alles dieses ist offenkundig aus den Akten. Aber niemals wurden die Mörder bestraft. Als ich selbst König geworden war, habe ich mich häufig über den Kommandanten Marýal de Maýedo wegen der Beleidigungen beklagt, die dieser mir in Gegenwart der Meinigen ohne Ursache zufügte. Die Augustiner sind Zeugen für das, was ich erduldete. Aber nirgends fand ich Abhülfe. Meine Person fand keine Achtung, und ich wurde nicht als der behandelt, der ich bin. Beschimpfungen, Beleidigungen und erlittenes Unrecht bewirken viel in der Brust eines Königs. Da Pero Leitäo de Gamboa den Fussspuren seines Vorgängers folgte, zwang er mich, die Genugthuung selbst zu suchen, auf dass S. Majestät desto lauter höre, wie seine Kommandanten seine königlichen Brüder behandeln. Not aber kennt keine Tugend, und dieses trat besonders hervor, da ich Kaffern regierte. Alles Nähere wird der Geistliche berichten, dem ich meine Vertretung anvertraue.1) Dieses Schreiben trägt kein Datum, ist aber, nach dem Zeitpunkte, zu dem der zum Gesandten gemachte Dominikaner in die Gefangenschaft der Aufständigen geriet, zweifelsohne im Jahre 1637 geschrieben. Selbstredend versucht Jussuf in diesem Schreiben seine Unthaten so darzustellen, als ob sie durch Verfolgungen veranlasst seien, die er selbst erlitten hat. Es muss jedoch zur Ehre der portugiesischen Regierung in Lissabon angeführt werden, dass die Klagebriefe über den Kommandanten Marýal de Magedo nicht so unbeachtet geblieben waren, wie der Aufständige annahm. Wiederholt -erscheint in den Briefen jener Zeit von Lissabon nach Goa die Aufforderung, in Mombasa Untersuchungen über die Dom Jeronimo und seiner Frau zugefügten Beleidigungen anzustellen. Aber diese Aufforderungen wurden von Goa, ohne auf die Sache einzugehen, dahin beantwortet, dass der genannte Kommandant ein Ehrenmann sei. Auch nachdem das Unheil in Mombasa geschehen war, legte man in Lissabon noch Wert darauf, die Vorgeschichte der Ereignisse kennen zu lernen, und forderte wieder ) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 40 fol. 247. Dieser Brief ist in der in Lissabon befindlichen Abschrift Sultan Muhamady ibun Asultany Assany unterzeichnet. Da anderweitig immer von Jussuf ben Hassani gesprochen wird, ist die Nennung mit Mohamed unerklärlich. Meistens wird allerdings der König auch nachdem er Muhamedaner geworden war, von den Portugiesen Dom Jeronimo Chingulia oder nur Chingulia genannt. - 202 eine Klage gegen MarQal de MaGedo, aber von Goa aus wurde jetzt diese Vorschrift mit der kurzen Antwort abgefertigt, dass der ehemalige König von Mombasa offenkundig ein Renegat, Empörer und Mörder sei. Alles zusammengenommen, scheint kein Grund zu der Annahme vorzuliegen, dass Jussuf und seine Helfer vorwiegend durch religiösen Fanatismus zu der Blutthat angefacht worden sind. Weit näher liegt die Annahme, dass das Ganze nur eine wilde Auflehnung gegen lange erduldete Qualen war, und dass Jussuf nur darum das Glaubensbekenntnis wechselte, weil er so am besten seine Rachepläne ausführen konnte. Als Christ wäre er hierzu bei der muhamedanischen Bevölkerung nicht im stande gewesen. Vielleicht war es auch nicht nur Rachsucht gegen die Portugiesen, die Jussuf zum blutigen Losbruch veranlasste, sondern die Stimmung der Bevölkerung gegen ihn selbst zwang ihn, Farbe zu bekennen. Wenigstens geht aus einem Briefe von Lissabon nach Goa hervor, dass Jussuf wegen seines Christentums Entthronung durch seine muhamedanischen Verwandten drohte.1) 1) Nis. Liss. Livros das Monýöes No. 3o Fol. 33. Lissabon, 31.Januar 1632. Die Wiederbesetzung Mombasa's. Die Nachricht von den geschilderten Ereignissen gelangte im Oktober durch Briefe des Kommandanten des in Patta stationierten Wachtschiffes, sowie durch gleichzeitige Meldungen der Könige von Lamu und Patta nach Goa und verursachte begreiflicher Weise eine grosse Erregung. Sobald es die Jahreszeit erlaubte, um Mitte Dezember 1631, wurde ein Geschwader von sechs Staatsschiffen und sieben gemieteten Schiffen, worunter indessen nur zwei grosse waren, mit 500 Mann an Bord, abgesandt, um an den aufständigen Könige Jussuf und dessen Anhängern Rache zu nehmen. Die Ausrüstung dieser Macht machte dem Vizekönige bei dem jämmerlichen Stande der Finanzen so grosse Schwierigkeiten, dass er selbst es ein Wunder Gottes nannte, damit zustande gekommen zu sein. Er berichtete nach Lissabon, dass er zur Zusammenbringung des Geldes sogar sein Silbergeschirr und seine Pferde habe verkaufen müssen und ferner Schulden gemacht habe, zu deren Deckung er die königliche Erlaubnis zum Verkauf seiner in Portugal gelegenen Majoratsgüter erbat. Wegen dieser Expedition musste auch die Entsendung eines Geschwaders, das sonst alljährlich als sogenanntes Südgeschwader die Häfen des südlichen Teiles Vorderindiens und Ceylons zum Zusammenholen der für Europa bestimmten Pfeffer-Ladung besuchte, aufgegeben werden. Der Staatsrat in Goa hatte einstimmig den nur 17I8jährigen Sohn des Vizekönigs zum Admiral und General der Expedition in Vorschlag gebracht, doch bestimmte der Vizekönig, dass sein Sohn nur als einfacher Soldat mitgehen solle, und übergab den Oberbefehl an Francisco de Moura, einen erfahrenen Kriegsmann. Ganz willig scheint dieser die Würden und Bürden des Amtes nicht auf sich genommen und wenigstens lieber die Bürden dem königlichen Sohne überlassen zu haben, denn der Vizekönig sah Veranlassung, die Kosten der Ausrüstung des Genannten aus seiner eigenen Tasche zu bestreiten. - 204 Als ersten Hafen in Ostafrika lief das Geschwader in Patta an und zog hier nähere Erkundigungen über die Zustände in Mombasa ein. Mombasa selbst wurde am IO. Januar 1632 erreicht. Hier wurde die Angriffsmacht durch weiteren Zuzug verstärkt. Der Kommandant von Maskat hatte aus eigenem Antrieb auf die direkt erhaltene Benachrichtigung der Ereignisse drei Schiffe mit IOO Mann und ferner die indischen Städte Bassein und Chaul je ein Schiff mit zusammen 80 Mann entsendet.1) Später kamen noch die in Zanzibar und Pemba ansässigen Portugiesen mit ihren Sklaven hinzu, auch hatten zwei Privatleute, vermutlich solche, die an dieser Küste Handel trieben, auf eigene Kosten je ein Fahrzeug gestellt. Der Wunsch, für die erlittene Unbill Rache zu nehmen, vielleicht nebenher die Hoffnung auf leicht zu erwerbende Beute weckte derartige weitgehende Anteilnahme an dieser Unternehmung. Durch den Zuzug waren die gesamten Streitkräfte auf zusammen 8oo bis IOOO Mann, Soldaten und Seeleute zusammengerechnet, angewachsen. Hierunter befanden sich nach der amtlichen Meldung 8oo Weisse, während sich, nach den Angaben von zwei derzeitigen Chronisten die Zahl der an der Expedition teilnehmenden Portugiesen auf 5oo oder 700 bezifferte. Der Rest bestand aus Asiaten und Afrikanern. Doch auch der König Jussuf war durch Heranziehung der benachbarten Musungulos und durch Instandsetzung der Festung gewappnet. In der Festung soll er 2oo Neger und 200 Muhamedaner und auf der Insel 5oo bis 6oo Musungulos unter sich gehabt haben. Seine Bestrebungen, in den Türken mitkämpfende Helfer zu erhalten, waren gescheitert. Seine nach dem Roten Meere geschickten Gesandten brachten ausser guten Versprechungen als greifbares Ergebnis nur eine türkische Flagge zurück, die ihnen mit der Versicherung übergeben worden war, dass deren Aufhissung über der Festung ein vollkommener Schutz sein würde.') Doch die Portugiesen liessen sich durch dieses Zeichen mächtiger Bundesgenossen nicht abschrecken. Ihre Ueberhebung war so gross, dass, noch bevor die Ausschiffung begann, durch ein nach Portugal weitersegelndes Schiff ein Bericht abgesandt wurde, in dem die 1>Ms. Liss. Livros das Monyies No. 29 Fol. 143 u. 147. Goa, I6./8. Dezember 1631. 2) Faria y Sousa III S. 480. - 200 Jahre später leistete eine Flagge in Mombasa wirklich diese Dienste. Als im Jahre 1824 das gegen Oinan aufständige Mombasa von einer arabischen Flotte angegriffen wurde, hissten die Mombasaner über dcr Festung eine englische Flagge und behaupteten ohne eine Spur von Berechtigung, unter englischem Schutze zu stehen. Wirklich liess sich -hierdurch die feindliche Macht verblüffen und vom Angriffe abhalten. Der zufällig in der ,Leven" hinzukomniende englische Commodore Owen übernahm hierauf vorläufig die, Schutzherrschaft, doch wurde sie, nachdem sie kaum 1'12 Jahre bestanden hatte, wieder zurückgezogen. (Owen 1 367 ff.) - 205 baldige Wiedereinnahme der Stadt so gut als sicher hingestellt wurde. Der Angriff wurde dadurch eingeleitet, dass die Furt (Makupa) durch Boote besetzt wurde und überhaupt der Versuch gemacht wurde, die ganze Insel zu blockieren. Dieses gelang aber nur unvollkommen, da Jussuf unter dem Schutze der Kanonen der Festung stetig die Verbindung mit dem Festlande aufrecht erhielt. Von dem Könige Mana Chamby Chande von Uumba, einem Nachbarn Mombasa's, der als grimmiger Feind Jussuf's galt, versuchten die Portugiesen vergebens ein geborene Hilfstruppen zu erhalten.') Die Wegnahme der im Hafen liegenden Dhaus kostete den Portugiesen sechs Tote. Weitere vier Tote wurden bei Auskundschaftungen und dem Versuche, die Stadt in Brand zu setzen, verloren. Vorerst hielten sich die Portugiesen der Insel fern, nur ein Teil der Mannschaften wurde an einem nicht näher bezeichneten Punkte des Festlandes ausgeschifft und in Lager gelegt. Am 16. Januar wurde in einem Kriegsrate die Landung der Truppen auf der Insel und zwar bei Pua ja Mbaraka (damals Nossa Senhora und Tuaca genannt), also auf der Südwest-Seite der Insel, beschlossen und am 22. oder 25. Januar versucht. Gleicherzeit wurde zur Verschleierung dieser Landung und zur Ablenkung der Verteidiger ein Scheinangriff auf die Stadt von dem Hafen her gemacht. Doch diese List zeitigte das Gegenteil des Beabsichtigten. Von der für diesen Scheinangriff bestimmten Abteilung liefen mehrere Matrosen zu den Mombasanern über und verrieten den eigentlichen Angriffspunkt, sodass die Verteidiger die bedrohte Stelle gut besetzten und durch Kanonen schützten. Da zudem eine hohe See die Ausschiffung aus den Booten schwierig machte, mussten die gesamten Landungsmannschaften unverrichteter Dinge auf die Schiffe zurückgeführt werden. Wenige Tage später wurde allerdings glücklich die Landung auch an der Kilindini. Seite bewerkstelligt, aber doch wieder eine Schlappe erlitten. Ohne genaue Kenntnis des Geländes, durch Besteigen von Bäumen die Richtung erkundend, bahnte sich die Truppe mühsam durch das Dickicht den Weg, um nach einem Marsche durch die ganze Quere der Insel der Stadt und Festung nahezukommen, als 3oo Eingeborene durch einen Ueberfall den Vormarsch aufhielten. Zwar wurde angeblich dieser Angriff siegreich abgewiesen, aber dennoch durch ihn ein solcher Schrecken und solche Unordnung unter den Portugiesen verbreitet, dass sie panikartig den Rückzug antraten und Rettung in den Booten suchten. Sogar die Waffen warfen die Fliehenden von sich. In den folgenden 1) Ms. Liss. Bibl. Nac. de Lsboa. Cod. Man. No. 7640 »Relaýao da perda e restauraýao de Mombaýa do que lä aconteceo«. Eine derzeitige Handschrift ohne Angabe des Verfassers und des Jahres. - 206 Tagen gelang endlich die Festsetzung auf der Insel, und insbesondere wurde ein Haus, das indessen der Stadt noch ziemlich fern gelegen haben muss, erstürmt und als Stützpunkt des weiteren Angriffs besetzt und befestigt. Schon von vornherein war unter den portugiesischen Anführern über die Zweckdienlichkeit dieser vorgeschobenen Stellung Zweifel gewesen. Thatsächlich dauerte es auch nur wenige Tage, bis die Eingebörenen in der Stärke von 900 Mann einen kräftigen Angriff auf dieses Haus machten und die 70 Portugiesen, die es verteidigten, in grosse Gefahr brachten, aufgerieben zu werden. Nur durch das Zuhülfekommen weiterer Streitkräfte- wurde die Räumung und ein einigermassen geordneter Rückzug ermöglicht. Immerhin aber verloren die Portugiesen bei diesem Zusammenstosse 28 Tote und hatten viele Verwundete. Unter diesen letzteren befand sich auch der Oberbefehlshaber Dom Francisco de Moura, der nicht weniger als 24 giftige Pfeilwunden empfangen hatte. Durch Aussaugen dieser Wunden wurde er gerettet, wogegen ein Jüngling, der das Aussaugen vornahm, sich selbst eine Vergiftung zuzog und sein Leben einbüsste. Ueber diese Begebenheiten war der Monat Januar hingegangen. In gleich erfolgloser Weise verging der Februar mit Belagerung und Geplänkel. Von zwei am Lande errichteten Batterien wurde die Festung allerdings beschossen, doch unter kräftigem Gegenfeuer der Angegriffenen wenig ausgerichtet. Soweit aus den vorliegenden unklaren Berichten erkenntlich ist, war bislang der Angriff nur von der Landseite aus auf die Festung und Stadt erfolgt. Nachdem das gänzlich Nutzlose dieser Art der Unternehmung endlich eingesehen war, wurde schliesslich Ende Februar beschlossen, auch von der Wasserseite vorzugehen. Dass nicht von Anfang an der Angriff durch ein Bombardement von den Schiffen erfolgte, ist damit zu erklären, dass man sie gegen das starke Fort zu schwach erachtete und nicht wagte, sie selbst unter das Feuer der mit guter Artillerie versehenen Verteidiger zu bringen. Auch nachdem der Angriff von der Wasserseite beschlossen war, wurden die Schiffe selbst, die wahrscheinlich in Kilindini sicher vor Anker lagen, nicht herangezogen, sondern die Beschiessung von Booten aus unternommen. Zeitweilig hatten diese durch gute Treffer des Gegenfeuers der Festung stark zu leiden. Schliesslich gelang es aber den Portugiesen am I I. März an einer Türkenbastion genannten Stelle am Festlande, genau derFestung gegenüber, von dieser nur durch den schmalen Meeresarm getrennt, Fuss zu fassen und zwei Zehnpfünder aufzustellen. Doch auch von dieser neuen Angriffsstellung aus wurde nichts erreicht. Ja, eines Nachts gerieten auch hier die gelandeten Truppen durch einen Ueberfall in Gefahr. Nur als letzter schwächlicher Versuch ist 'diese Veränderung des Angriffspunktes aufzufassen, denn schon am 15. März wurde der Ent207 schluss gefasst, die Belagerung aufzuheben und wegen des begonnenen Monsunwechsels die Flotte und Mannschaften nach Indien zurückzuführen. Den Ausschlag hierfür gab die Unmöglichkeit, genügende Lebensmittel herbeizuschaffen, und die Furcht, dass in der bevorstehenden Regenzeit die Neger mit ihren Bogen und Pfeilen den dann weniger brauchbaren Feuerwaffen der Portugiesen überlegen sein würden. Durch Ueberläufer wurde der König Jussuf hiervon sofort unterrichtet, und es gelang ihm, den Abzug der Portugiesen noch dadurch wesentlich zu erschweren, dass er auf dm Dache einer Moschee in der Stadt ein Geschütz aufstellte und von hier aus den Platz, auf den die Portugiesen zum Wassernehmen angewiesen waren, bestreichen liess. Die ersten portugiesischen Schiffe verliessen Mombasa am 20. März, während die letzten erst Ende Mai absegelten. Schmählich hatte derartig der Versuch der Rache und der Wiedereinnahme von Mombasa geendigt. Nicht einmal dem Troste konnten die Portugiesen sich hingeben, dass ihre Anstrengungen an der Stärke ihres eigenen Machwerkes, der Festung und deren guter Bestückung gescheitert sei, denn nicht einmal an die jedenfalls ungenügend befestigte Stadt hatten sie herankommen, geschweige denn sie nehmen können. Der Uneinigkeit unter den Führern der bunt zusammengesetzten Streitkräfte wird ein Teil des gänzlichen Misserfolges zuzuschreiben sein, aber auch jeder Nachdruck hat offenbar in dem Vorgehen gefehlt. Tadelnd schreibt der portugiesische Chronist dieser Begebenheiten, dass man sich in diesen Monaten mehr allen schändlichen Lastern als der Kriegsführung hingegeben habe.') Gross war auch die Entrüstung in Goa bei der Rückkehr der Streitkräfte. Eine gerichtliche Untersuchung wurde angestellt und selbst gegen den Vizekönig richteten sich Vorwürfe wegen der Wahl des Führers. Um sich selbst weiss zu waschen, versuchte er einen der Unterführer der unglücklichen Expedition zu bereden, in dieser Hinsicht die Schuld auf sich zu nehmen, und warf ihn, als er sich weigerte, auf zwei Monate ins Gefängnis. Doch Anklagen und Untersuchungen scheinen ergebnislos verlaufen zu sein. Bestimmt gelang es dem Oberführer Dom Francisco de Moura, die Anschuldigungen von sich abzuwälzen, denn bei seiner demnächstigen Rückkehr nach Europa erntete er von dem Könige Gunst und Ehren. Zur Bewachung der Küste und um Zuzug von auswärts zu verhindern, waren zwei Schiffe unter Pedro Rodriguez Botelho, dem Anwärter auf den Kommandantenposten, vor Mombasa zur Blockierung zurückgelassen. Eines von diesen hatte Auftrag, sich bei eintretendem ') Faria y Souza III S. 481-486. - 208 schlechten Wetter nach Zanzibar und das andere nach Patta zurückzuziehen. Doch unbegreiflicherweise wurden diese Schiffe von ihren Besatzungen geräumt und leer zurückgelassen; aus welchem Grunde, ist nicht berichtet. Die einzige verständliche Erklärung ist, dass vielleicht die Schiffe unvorsichtigerweise irgendwo in der Nähe vor Mombasa an einer Stelle vor Anker gelegt waren, wo sie bei Durchbruch des vollen Südwest-Monsuns nicht unter Segel und wegkommen konnten, und dass aus Furcht vor einem Angriff die Besatzung, unter Preisgabe der Schiffe, in den Booten flüchtete. Mühelos fielen derartig die Schiffe den Mombasanern in die Hände. Doch dieses war vorerst die letzte Fieude, die der König Jussuf erlebte. Kurze Zeit später hat er Mombasa verlassen und die Stadt wieder den Feinden preisgegeben. Pedro Rodriguez Botelho nahm den Dank hierfür in Anspruch. In seinen Berichten nach Lissabon behauptete er von Zanzibar aus, die Aufständigen durch die Musungulos und andere benachbarte Negerstämme, die er durch Geschenke von Zeugstoffen sowie durch Aussetzung von Kopfprämien für sich gewonnen habe, bekriegt und hierdurch den König Jussuf gezwungen zu haben die Stadt und die Festung zu räumen.1) Ob er wirklich in der von ihm geschilderten Weise den Abzug Jussuf's bewirkte, erscheint besonders dadurch zweifelhaft, dass der Vizekönig in seiner Antwort auf den ihm von Lissabon zugegangenen Auftrag, an Botelho den königlichen Dank für das Geleistete zu übermitteln, von der Notwendigkeit spricht, vorerst die betreffenden Vorgänge noch prüfen zu müssen, und weiter im allgemeinen beklagt, dass die Beamten keinen Anstand nehmen, Unwahrheiten nach Haus zu berichten.2) Richtiger erscheint daher die Lesart eines Chronisten, dass dem Könige Jussuf ohne weitere fremde Einwirkung der Glaube an seine weitere Widerstandsfähigkeit gegen die sicher zu erwartenden neuen Angriffe der Portugiesen ausgegangen sei, dass er dieserhalb die Stadt verlassen habe, und dass, nachdem Mombasa zwei Monate ohne Herrn gewesen sei, schliesslich Pedro Rodriguez Botelho, nach Empfang dieser Nachricht, von Zanzibar aus die Stadt wieder besetzt habe.8) Eine andere Quelle ergänzt diesen Bericht dahin, dass bei Jussuf das Gefühl der Enttäuschung und der Mutlosigkeit Oberhand gewonnen habe, weil der sicher erwartete Zuzug türkischer Hülfskräfte aus dem Roten Meere ausgeblieben sei.') Vielleicht auch, dass die unerwartet in den Besitz Jussuf's gelangten Schiffe neue Pläne brachten. Jedenfalls boten ihm diese die Gelegenheit zum Abzuge. 1) Ms. Liss. Livros das Moncöes No. 32 fol. 92. Lissabon, 24. Februar 1635. 2) Ms. Liss. Livros das Moncöes No. 32 fol. 92. Lissabon, 24. Februar 1635. 2) Faria y Souza III S. 481-486. 4) Philippus S. 222. y I. 4 7 Cl) _ Ifl æ cz 4 æ * *J** 0 *~?~-~ ~ I p jJji I 4ø - 209 Er schiffte sich auf ihnen mit allen seinen Anhängern und Gütern und dem grössten Teile der Artillerie der Festung ein und segelte nach Arabien. Die Stadt und Festung Mombasa soll er vorher zerstört und sogar die Obstbäume niedergehauen und nichts als eine unbelebte Ruinenstätte hinter sich gelassen haben.') Als die Portugiesen aufs neue von der Insel Besitz ergriffen, soll sie eine Einöde gewesen sein. Es ist zwar nicht anzunehmen, dass der flüchtende König Jussuf und seine Anhänger thatsächlich die Stadt und Festung in Schutt und Asche gelegt verliessen, aber glaubwürdig erscheint schon, dass sich wirklich die gesamte Bevölkerung oder deren ganz überwiegender Teil verzogen hatte. Die Furcht vor der Rache der Portugiesen wird ein ausreichender Grund hierfür gewesen sein. Bei dem Einzuge Pedro's Rodriguez Botelho soll sich nur ein Eingeborener mit Namen Faquevalle eingestellt haben, der als Verwandter der alten Herrscherfamilie (vermutlich der Melinde-Könige) und wegen seiner Treue, als einziger, der nicht in den Aufstand Jussuf's verwickelt war, als Gouverneur, oder richtiger Scheik der Eingeborenen, eingesetzt wurde. Die Wiederbevölkerung Mombasa's begann damit, dass die bisher in Patta und Fasa ansässig gewesenen Portugiesen, auch solche aus Zanzibar, angeblich im ganzen einige zwanzig Familienhäupter, herangezogen wurden. Ebenso wurde die Ansiedlung von Eingeborenen aus den benachbarten Gegenden veranlasst. Später wurden auch portugiesische Frauen aus Goa hergeschickt. Uebrigens ist in dieser Zeit auch die gänzliche Aufgabe von Mombasa und die Verlegung der Feste und des Regierungssitzes nach Pemba geplant gewesen. Veranlassung hierzu gaben die steten Belästigungen und Drohungen, die die Musungulos den Portugiesen bereiteten. Diese Pläne gelangten aber nicht zur Ausführung, weil kein Hafen Pemba's für die Erfordernisse geeignet erschien und auch die schlechten Gesundheitsverhältnisse dieser Insel abschreckten.') Wie sich die Unterwerfung der gleichfalls in Empörung gewesenen Nachbarstädte Mombasa's gestaltete, ist nicht näher überliefert. Erst im Jahre 1635 standen die Machtmittel hierfür zu Gebote, als auf das Gerücht, dass die Holländer die Besetzung Mombasa's beabsichtigen, gegen sie bei Mombasa ein Geschwader von dreizehn Schiffen zusammengezogen war. Einzelheiten sind nicht bekannt, nur ist berichtet, dass viele Rädelsführer hingerichtet wurden.') Indessen der Hauptübelthäter, König Jussuf, geriet nicht in die Hände seiner Feinde und verursachte an dieser Küste weitere unheil ) Faria y Souza III S. 481486. 2) Guillain 1 S. 440. ) Ms. Liss. Livros das Monýaes No. 36 fol. 125. Lissabon, 30. Januar 1636. Strandes, Ostafrika. 14 - 210 bringende Verwicklungen. Wie oben erzählt ist, hatte er sich mit seinen Schiffen nach der Preisgabe Mombasa's nach Arabien gewandt. Hier bestand er im Jahre 1634 bei Schihir einen Kampf mit dem portugiesischen Abenteurer Antonio Carneiro Sallema Pimenteiro, bei dem er anscheinend den kürzeren zog. Dann verlor er bei Guardafui ein Schiff. Wieder nach Ostafrika zurückgekehrt, fand er auf den Suaheli.Inseln Unterstützung von den Königen und Volk. Besonders auf Patta, das durch die Versetzung der hier früher wohnhaft gewesenen Ansiedler nach Mombasa von Portugiesen entblösst war, und wo vielleicht gerade eine besondere Missstimmung dadurch bestand, dass zur Hebung Mombasa's die hier anlaufenden Schiffe aus Indien u. s. w. ihre Waren nicht mehr landen durften und nach Mombasa weitergehen mussten, wurde er mit ofnen Armen aufgenommen, und viele Eingeborene schlossen sich ihm für seine Unternehmungen gegen die Portugiesen an. Dann kreuzte er in der Nähe von Mozambique und stiftete durch Beunruhigung von Ortschaften und durch die Aufbringung von Fahrzeugen Schaden. Schliesslich fand er in der Bucht von Bueni, an der Nordwestküste Madagaskars, in einem Massalajem genannten Orte, wo ostafrikanische Araber eine Niederlassung hatten, eine Zufluchtsstätte. Hierhin unternahmen im Jahre 1635 die Portugiesen, von Mozambique ausgehend, einen Zug, um sich des lästigen Widersachers zu entledigen. Sechzig Portugiesen und hundertzehn Neger unter Roque Borges machten einen Angriff auf das Dorf, in dem sich Jussuf verschanzt hatte, doch sie mussten sich, ohne eigentlichen Erfolg, vor den starken Befestigungen und den zahlreichen Verteidigern zurückziehen. Die Rachethaten beschränkten sich auf das Verbrennen einiger Fahrzeuge und Ortschaften, sowie die Tötung einiger Neger und die glückliche Entführung einiger aus Mombasa stammender Kanonen.') Die Berichte über diese Begebenheiten hielten die Machthaber in Goa umsomehr in Atem, als auch Gerüchte umliefen, dass die Holländer mit zwei Schiffen auf der Suche nach König Jussuf seien, um mit dessen Hülfe Fuss in Ostafrika zu fassen, ja, dass die Verbindung dieser beiden Feinde bereits erfolgt sei. Thatsächlich beschränkte sich jedoch dieser Verkehr Jussuf's mit europäischen Schiffen auf ein kurzes Zusammentreffen bei den Komoro-Inseln mit einem englischen Freibeuter, von dem er einige Kanonen, Munition und ein grösseres Beiboot einhandelte. Schliesslich wusste man aber auch in Goa bestimmt, dass die Nachrichten von der Verbündung des Empörers mit den Holländern unbegründet seien, und dass dieser zeitweilig zusammen mit seinem Patta-Gefolge ruhig auf Johanna, einer der Komoro-Inseln, sitze. Beiläufig erwähnt, verdankten ) Faria y Souza III S. 506-507. - 211 die Portugiesen diese Nachricht dem Präsidenten der Engländer in Surat. Sie war eine Frucht des im gleichen Jahre zwischen den beiden Nationen in Indien geschlossenen Abkommens, nach dem die gegenseitigen Befehdungen aufhören sollten.') Die Zeit zur Unschädlichmachung Jussuf's schien gekommen, und zur Ausführung bot sich dem Vizekönige eine besonders günstig erscheinende Gelegenheit dadurch, dass der obenerwähnte Antonio Carneiro Sallema, der bei Schihir ein Scharmützel mit dem zu Verfolgenden gehabt hatte, dem Staate anbot, auf eigene Kosten, mit einer geringen Unterstützung, den Feind aufzusuchen. Welches die eigentliche Stellung dieses Sallema gewesen ist, lässt sich nicht ganz klar erkennen. Es scheint, dass er halb Kaufmann, halb Pirat und jedenfalls eine ganz übelberüchtigte Persönlichkeit war. Schon der Beiname Pimenteiro (= Pfefferbüchse), unter dem er überall bekannt war, lässt keinen Zweifel an seinem schlechten Rufe. Doch der Vizekönig nahm hieran, insbesondere da die Ebbe in der Staatskasse keine eigene Ausrüstung zuliess, keinen Anstoss und schloss einen Vertrag, in dem sich dieser Privatmann zur Einbringung König Jussuf's, tot oder lebendig, verpflichtete und dagegen für den Fall des Gelingens die Vergebung alles desjenigen, was er auf dem Kerbholze hatte, und die Verleihung der Ritterwürde sowie des Christusordens zugesagt erhielt.?) Das gemäss diesem Vertrage Antonio Carneiro Sallema unterstellte Geschwader bestand aus dessen zwei eigenen Schiffen und zwei Staatsschiffen, für deren Bemannung und Ausrüstung er gegen eine Staatsbeihülfe von 2000 Xerafinen selbst zu sorgen hatte, und zwei ferneren Staatsschiffen, die zum demnächstigen Verbleiben in Ostafrika bestimmt waren. Die von dem Vizekönige für dieses Geschwader erteilte Instruktion gipfelte darin, vorerst nach Patta zu segeln, dort den König und die Häupter dieser Stadt mit List, unter dem Vorwande königlicher Dienstangelegenheiten an Bord zu locken, festzuhalten und unter Todesdrohungen zur Auslieferung König Jussuf's oder zur Beihülfe an dessen Gefangennahme zu zwingen. Schliesslich sollten, wenn die Kräfte ausreichten, auch Mtangata, Tanga und Lamu gestraft werden, da diese Städte sich der Tötung vieler Christen schuldig gemacht hatten. Dagegen wurde die Schonung von Fasa, Otondo und Zanzibar, als den Portugiesen treue Städte, vorgeschrieben.) Als ein neues Beispiel dafür, wie häufig in Lissabon die Gesinnung anständiger war, als in Goa, sei beiläufig erwähnt, dass diese Instruktion in dem Teile, der auf die verräterische Gefangennahme der Patta-Leute hinzielte, bei ihrem Bekanntwerden in ) Ms. Liss. Livros das Moqýöes No. 37 Fol. 431. Goa, 3. November 1636. 2) Ms. Liss. Livros das Mon§öes No. 35 Fol. 24. Goa, 18. Februar 1636. 3) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 40, Fol. 280. Goa, 22. Dezember 1635. 14"* - 212 - Lissabon aufs schärfste, als gegen Treu und Glauben verstossend, verurteilt wurde.') Im Anfange des Jahres 1636 ging Antonio Carneiro Sallema unter Segel, doch er richtete nicht den Kurs nach Ostäfrika, sondern begab sich nach dem Golfe von Aden und legte sich hier, seiner Piratennatur folgend, erfolgreich aufs Prisenmachen, wobei er auch solche Fahrzeuge nicht verschonte, die anerkannten Freunden der Portugiesen gehörten und mit portugiesischen Pässen segelten. Schliesslich verlor er bei dem Versuche, aus dein südarabischen Hafen Makulla einige Fahrzeuge räubernd herauszuholen, bei unerwartet starkem Widerstande zwei seiner Kapitäne und dreissig Mann und begab sich nach Maskat, angeblich zur neuen Ausrüstung und zur Abwartung des folgenden Monsuns, wahrscheinlicher aber um einen Streifzug gegen die CutchKauffahrer zu unternehmen. Die offenbaren Uebergriffe, die er sich erlaubt hatte, und weitere Ausschreitungen, deren er sich in Maskat schuldig machte, veranlassten zwar, dass er von dem Kommandanten dieser Stadt gefangen gesetzt wurde, doch gelang es ihm bald, sich wieder, wahrscheinlich durch Bestechung, zu befreien. Erst mit dem neuen Monsun, nachdem er ein Jahr verloren hatte, ging er südwärts, auf der Suche nach König Jussuf, aufs neue unter Segel. ) Inzwischen hatte Francisco Seixas Cabreira, der Kommandant in Mombasa, während des Nordostmonsuns 1635/6 sehnsüchtig die Ankunft des Geschwaders unter Sallema erwartet, da das Ausbleiben dieser Hülfsmacht die Gesinnung der den Portugiesen feindlichen Partei stärkte und dem Könige Jussuf neue Anhänger zuführte. Neue Sorge wurde Ende des Jahres 1636 dadurch geweckt, dass verschiedentlich in Sicht Mombasa's vier einheimische Fahrzeuge und auch ein europäisches Schiff passierten, und dass bestimmte Gerüchte auftraten, nach denen König Jussuf an der Küste erschienen sei und beabsichtige, sich in Patta festzusetzen. Um solchen Plänen entgegenzutreten, raffte Francisco Seixas Cabreira die geringen Streitkräfte, die in Mombasa entbehrlich waren, zusammen und segelte nach Patta, das er sofort zu Wasser und Lande blockierte. Seine Erwartung, hier den Empörer zu finden, wurde getäuscht. Auf die Erkundigungen, die er einzog, versuchten die Eingeborenen, ihm erst vorzuspiegeln, dass König Jussuf, ohne mit dem Lande in Berührung zu treten, nordwärts nach Arabien zu vorbeigesegelt sei, dann aber brachte er sicher in Erfahrung, dass der Gesuchte unverändert auf der Insel Johanna weile. Indessen Francisco Seixas Cabreira war vor Patta mit Kriegsabsichten erschienen, als Thatsache bestand, dass der König und ) Ms. Liss. Livros das Mon§des No. 40, Fol. 12 Lissabon, 31. März 16372) Ms. Liss. Livros das Moncöes No. 37 Fol. 431. Goa, 3. November 1636. - 213 das Volk von Patta mit dem Gesuchten enge Beziehungen unterhielten, und da ferner der König von Patta den wiederholten Aufforderungen zum Erscheinen an Bord der portugiesischen Schiffe leere Ausreden entgegensetzte und sich durch Heranziehung von Galla zum Widerstande rüstete, bedurfte es nur noch eines äusseren Anlasses, um den Kampf zum Ausbruch zu bringen. Dieser Anlass liess auch nicht auf sich warten, indem ein von Marka ankommendes Fahrzeug vor den blockierenden Schiffen die Segel nicht streichen wollte, wodurch beiderseitig Blut vergossen wurde. Der Krieg war hiermit ausgebrochen. Aus dem langatmigen Berichte, den Francisco Seixas Cabreira selbst über die folgenden Kämpfe nach Goa richtete (Mombasa, den 14. April 1637), ist wenig der Wiedergabe an dieser Stelle wert. Nur unbedeutendes Geplänkel bei schwächlichem Widerstande der Eingeborenen hat stattgefunden und als hauptsächlichste Kriegsthaten kann Cabreira nur die Gefangennahme oder Tötung von 270 Eingeborenen, das Verbrennen von sieben Dhaus und 78 Booten und das Umhacken von über IOOOO Kokuspalmen, ausserdem die Zerstörung von Häusern und zwei kleineren Ortschaften der Marakatos (Somali) nennen. Die Einnahme der Stadt Patta selbst erwähnt Cabreira nicht, sie bleibt somit zweifelhaft. Alle benachbarten Städte wurden in diesen Krieg hereingezogen. Namentlich Fasa w.ar von vornherein ein eifriger Bundesgenosse der Portugiesen, ebenso zeigte sich Lamu gleich willfährig, während Sio, Mandra und Luziwa zuerst neutral zu bleiben suchten, aber später doch den Portugiesen Gefolgschaft leisten mussten. Ausser zwischen den Portugiesen und Patta kam in diesen Tagen ein alter Streit zwischen Patta und Fasa zum Austrag, in den auch die anderen benachbarten Städte verwickelt wurden. Ja, manches deutet darauf hin, dass Fasa, welches seit längerer Zeit von der Nachbarschaft Patta bedrückt und fast untergeworfen gewesen war, verstanden hat, den Hass der Portugiesen gegen Patta mehr zu schüren, als den Eigeninteressen der Portugiesen angemessen war. Von vornherein scheint Patta keinen nachdrücklichen Widerstand mit den Waffen beabsichtigt, sondern versucht zu haben, mit Geld die Bedrängnis abzukaufen. Doch eine dem Kommandanten Cabreira angebotene Bestechungssumme von 4000 Pardaos (= M. I i ooo.-) wurde von diesem entrüstet abgelehnt, da er, wie er selbst nach Goa berichtete, von Gott begieriger nach Ruhm denn nach Geld gemacht sei.') Triumphierend konnte denn auch Cabreira in dem am 1O./2. Januar 1637 abgeschlossenen Frieden Patta in zwölf Paragraphen die folgenden Bedingungen auferlegen. ') Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 40 Fol. 257. Mombasa, 14. April 1637. - 214 i. König und Volk von Patta übernehmen die Verpflichtung, den aufständigen König Jussuf tot oder lebendig den Portugiesen zu überliefern, und entsenden hierzu sofort geeignete Leute nach Johanna. Bis zur Erfüllung werden Geisseln gestellt. Gelingt die Unschädlichmachung des Königs Jussuf, so erhält Patta Verzeihung, gelingt sie nicht, so werden die Portugiesen andere Strafen nach ihrem Belieben auferlegen. 2. Bezahlung einer Kriegsentschädigung von 8ooo Pardaos (= M. 22000.-), von denen die Hälfte gleich zu erlegen ist; ausserdem Bezahlung der rückständigen Tributgelder. 3. Rückgabe der eroberten Fasa-Besitzungen an Fasa und Versprechen, Fasa nicht weiter zu beunruhigen, auch Versprechen, mit den Galla, Marakatos und Wagunja keinen Handel zu treiben. 4. Niederreissung der Mauern der Stadt Patta.1) In ähnlicher Weise wurde in diesen Tagen Sio zu einer Beisteuer zu den Kriegskosten von I5OO Pardaos (= M. 4125.-) und Mandra zu einem jährlichen Tribut von 5o Pardaos (= M. 137,50), und ferner wurden beide Städte zur Niederlegung eines Teiles ihrer Verteidigungsmauern gezwungen.2) Weiter versammelte sodann Francisco Seixas Cabreira am 29. Januar 1637 auf seinem Flaggschiffe, der Galeote ,Nossa Senhora da Es-peran.a", auf der Rhede von Sirancace die Könige von Patta, Fasa, Sio, Lamu und Mandra um sich und liess sie einen Vertrag unterschreiben und auf den Koran beschwören, in dem sie sich alle gegenseitig zum Frieden unter einander und zur Herausgabe des in dem vorhergehenden Kriege Eroberten verpflichteten, auch zusagten, sich gegenseitig im Handel nicht ins Gehege zu kommen. Jedem Friedensbrecher wurde eine Strafe von IOOOO Pardaos und Verlust seiner Herrschaft angedroht. Allseitig wurde als Grund der bisherigen Zwistigkeiten der Wettbewerb im Handel anerkannt und dieserhalb bestimmt, dass jeder Verkehr mit den Galla und Marakatos aufhören solle, auch kein Unterthan des einen Herrschers in dem Lande des anderen Herrschers Handel treiben oder dort nur Beziehungen unterhalten dürfe.') Die weitschweifigen Ausführungen dieses Vertrages geben leider über die wirtschaftlichen Verhältnisse, die damals auf diesen Inseln herrschten, keinen Aufschluss. Anzunehmen ist, dass der Vertrag in seiner Absicht, jeden auswärtigen Handelsbetrieb, ja sogar den Verkehr der Nachbarstädte untereinander zu verbieten, als undurchführbar, ein totgeborenes ) Ms. Liss. Livros das Monýäes No. 40 Fol. 2672> Ms. Liss. Livros das Moncoes No. 40 Fol. 257. 2) Ms, Lis;. Livros das Mon;öes No. 40 Fol. 271. - 215 Kind gewesen ist. Ersichtlich ist aus dem Vertrage, dass die Galla zu Patta und die Wagunja und Marakatos mehr zu Sio, Fasa, Mandra und Lamu standen, ja durch deren festländische Besitzungen als Unterthanen und Bundesgenossen der letztgenannten Städte betrachtet wurden. Die Reihe der Verträge wurde in den letzten Monaten noch dadurch vervollständigt, dass auch dem Könige von Luziwa unter dem I6. Februar 1637 ein jährlicher Tribut von 50 Pardaos (= M. 137.50)') und dem Könige von Jaca unter dem 6. April 1637 ein jährlicher Tribut von 6o Pardaos (= M. 165.-) auferlegt wurde. ) Die in einem Berichte Cabreira's nach Goa geäusserte Absicht, in ähnlicher Weise auch die Stadt Hoja heimzusuchen, scheint nicht zur Ausführung gekommen zu sein. Lamu entging der Bestrafung dadurch, dass hier zwei Parteien bestanden, von denen die stärkere zu den Portugiesen in der Absicht hielt, damit ihren unbeliebten König loszuwerden, und auch wirklich erreichte, dass Cabreira dessen Entthronung in Goa in Vorschlag brachte. Ausser den Geldstrafen verfügte Cabreira eine Reihe von Hinrichtungen. Er selbst berichtete an den Vizekönig, dass noch mehr Hauptpersonen ihre Köpfe verloren hätten, wenn nicht gerade diesen, zur Verfolgung des Königs Jussuf, besser noch vorläufig das Leben zu lassen wäre. Anderen Rädelsführern, auf die er fahndete, gelang es, sich in Sicherheit zu bringen. Insbesondere schmerzlich empfand Cabreira, dass der Thronerbe von Patta, den er als den Hauptfeind der Portugiesen in diesen Gegenden bezeichnete, seinen Nachstellungen entging. In allen Verträgen war als Grund der Bestrafung die dem Könige Jussuf bei seinem letzten Aufenthalte an der Küste gewährte gute Aufnahme und Unterstützung angeführt. Strafmildernd erwähnt dazu Cabreira die schliesslich gegen Patta geleistete Kriegshülfe Die Ergreifung König Jussufs stand auch nach der Niederwerfung seiner Freunde im Vordergrunde, und so musste denn, gemäss den übernommenen Verpflichtungen, während Cabreira noch bei den SuaheliInseln ankerte, eine wohlausgerüstete Patta-Dhau unter der Führung von Hassani Mataca und Chande Mataca, die früher im Gefolge von König Jussuf gewesen waren, und vielen Angesehenen Patta's (von Cabreira Iupuntos genannt, was er als »Mitregenten« übersetzt) auf der Suche nach dem Verfolgten nach den KomoroInseln absegeln. Inzwischen war auch Antonio Carneiro Sallema mit seinem Geschwader auf derselben Jagd endlich in Ostafrika angekommen. Gerade in den Tagen, in denen Cabreira das Geplänkel bei Patta begann, war er am gleichen Orte erschienen und hatte sich miteins mit ) Ms. Liss. Livros das Moný5es No. 40 Fol. 272. 2) Ms. Liss. Livros das Mon 6es No. 40 Fol. 273. - 216 dem Genannten durch Streitigkeiten über Kommandobefugnisse und unberechtigte Inanspruchnahme von Prisen verfeindet. Schliesslich gelang es jedoch Cabreira, ihn zu überzeugen, dass er in Patta nichts zu suchen habe, und dass er zur Erfüllung seiner Aufgabe nach Johanna zur Verfolgung König Jussufs zu segeln habe. Doch diese Expedition nahm einen kläglichen Verlauf. Vor Johanna angekommen, wo sich König Jussuf wirklich aufhielt, beschränkte sich Sallema darauf, einige Bomben in die Stadt zu werfen, und bewirkte dadurch, dass die Königin und das Volk dieser Insel, die vorher ganz bereit gewesen sein sollen, König Jussuf als einen auch ihnen lästigen Störenfried auszuliefern, sich ihrerseits als Feinde gegen die Portugiesen wandten. Ohne weitere Angriffe auf Johanna segelte nun Sallema nach dem Nordwesten Madagaskars nach Massalajem, um die arabischen Fahrzeuge zu berauben, die in diesem Hafen zu dieser Jahreszeit zu verkehren pflegten. Dann wandte er sich nach Zanzibar. Hier erpresste er von einem Scherifen Sandarus, der sich geweigert hatte, ihm schlechte Waren für hohe Preise abzukaufen, 500 Pardaos und kehrte schon im Mai desselben Jahres nach Mombasa zurück. Seine Schiffe waren in einem Zustande, dass für unverständlich erachtet wurde, wie sie überhaupt die See hatten halten können. Beispielsweise führten sie anstatt der eisernen Anker, die irgendwo verkauft waren, Notanker aus Holz. In Mombasa verursachte er neues Unheil dadurch, dass er seine Seeleute zum Plündern anstiftete und die Autorität des Kommandanten bestritt. Er wurde hierfür aber prompt in Eisen gelegt und demnächst als Gefangener nach Indien geschickt. Hiermit endigte die geschichtliche Laufbahn dieses Ehrenadmirals. In den giftigen Berichten, die Francisco Seixas Cabreira nach Indien schickte, klagt er, dass vielleicht Gott nur darum die Entsendung dieses Mannes nach Mombasa zugelassen habe, um Mombasa und ihn persönlich für ihre vielen Sünden zu bestrafen, und empfiehlt dem Vizekönige im übrigen, den Sallema um einen Kopf kürzer zu machen, da mit ihm die indischen Gewässer von dem schlimmsten Piraten befreit würden.') Doch auch die Expedition der Patta-Leute nach den KomoroInseln zum Fange König Jussuf's verlief erfolglos. Auch hierfür will Cabreira die Schuld Sallema zuschieben, indem er ihm vorwirft, dass er nicht verstanden habe, die bezüglichen Pläne geheim zu halten, und dass hierdurch der Verfolgte vorzeitig gewarnt worden sei. Auf das Gerücht von dem Kommen der Patta-Leute und deren verräterischen Absichten war dem Könige Jussuf der Boden auf Johanna zu heiss geworden. Fluchtähnlich, unter Zurücklassung von Anverwandten, die ) Ms. Liss. Livros das Moný6es No. 40 Fol. 274 und 279. Mombasa, 14. Mai 1637. - 217 ihn sonst auf seinen Irrfahrten begleitet hatten, verliess er mit einem Gefolge von nur 4o Personen Johanna. Sein erster Besuch galt der Insel Lupululu, wo er in der Osterwoche den Besitzer, einen portugiesischen Afrikaner, ausraubte und damit 5ooo-6ooo Crusados in seine Hände brachte. Hier nahm er auch den Dominikaner gefangen, den er, wie oben erzählt, als seinen Gesandten nach Goa schickte. Dann versuchte er in ähnlicher Weise die Insel Amissa beim Kap Delgado zu überfallen, hatte aber keinen Erfolg. Weiter machte er sich nicht in Ostafrika bemerkbar, und es ging das bestimmte Gerücht, dass er nach Südarabien gegangen sei. Da der auf Lupululu Ausgeraubte aus seinen Unterhaltungen mit König Jussuf bestätigen konnte, dass dieser von der Absicht gesprochen habe, im nächsten Monsun nach Ostafrika zurückzukehren, und da man wusste, dass König Jussuf noch ein gutes Schiff in Schihir besass, zu dessen Ausrüstung ihm der jüngste Raub Geld verschafft hatte, entsandte Cabreira, um weiteren Beunruhigungen seines Bezirkes vorzubeugen, vier Galeeren aus dem Geschwader Sallema's unter seinem Bruder als Kommandanten gegen Ende des Südwestmonsuns nach Guardafui, um sich dort auf die Lauer zu legen und den mit dem Nordostmonsun erwarteten Empörer abzufangen. Mitbestimmend für diese Unternehmungen war, die in der gleichen Jahreszeit aus Indien und Maskat erwarteten Fahrzeuge gegen etwaige Angriffe Jussuf's zu schützen und ferner bei Ras Afun den Versuch zu machen, aus Mombasa stammende Kanonen, die hier mit einem Fahrzeuge König Jussuf's untergegangen waren, zu heben.') Hierzu wurden Taucher aus Barawa mitgenommen. Ueber den Verlauf dieser Expedition ist nichts überliefert. Ostafrika blieb von weiteren Beunruhigungen durch König Jussuf verschont, denn schon im folgenden Jahre fand er sein Ende. Verschiedene geistliche Schriftsteller lassen ihn an Gewissensqualen wegen Verleugnung des christlichen Glaubens sterben, glaubhafter berichtet aber der Vizekönig Indiens unter dem 26. November i638, dass er im Roten Meere von Arabern ausgeraubt und ermordet worden sei.') Nach der arabischen Chronik Mombasa's ist er in Djiddah gestorben. Jussuf war der letzte, der als König neben den Portugiesen in Mombasa herrschte. Später ist diese Würde nicht wieder vergeben worden. Es übten zwar noch ferner Angehörige des Melinde-Königshauses Befugnisse als Mittelglieder zwischen Einheimischen und Europäern, doch nur unter dem Titel Scheik und ohne die ehemalige Bedeutung,') In Francisco de Seixas de Cabreira hatte Mombasa entschieden einen Kommandanten von Thatkraft. Seine Berichte bezeugen Schaffens1) Ms. Liss. Livros das Mon ies No. 40 Fol. 274. Mombasa, 3. August 1637. 2) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 44 Fol. 217. Goa, 26. November 1638. 3) Arabische Chronik in Owen 1 S. 422. - 218 freudigkeit und Schnelligkeit im Entschluss, und es ist zu glauben, dass ihn mehr ehrenwerter Ehrgeiz, als Herrschsucht und Habgier leitete. In Mombasa hat Cabreira der Nachwelt sein Andenken durch folgende noch heute vorhandene Steininschrift über dem Thore der Festung erhalten: Im Jahre 1635 ist Francisco de Seixas de Cabreira für vier Jahre, im Alter von 27 Jahren, Oberkommandant dieser Festung geworden, er erbaute sie von neuem und errichtete dieses Wachthaus. Er unterwarf aufs neue Seiner Majestät die unter dem tyrannischen Könige aufständige Küste und machte ihm die Könige von Otondo, Mandra, Luziwa und Jacca tributpflichtig, Er gab persönlich Patta und Sio eine in Indien nicht erwartete Züchtigung und riss sogar die Mauern dieser Städte nieder. Er strafte die Musungulos und züchtigte Pemba, und liess auf seine Verantwortung die aufrührerischen Häuptlinge (regedores')) und andere Personen von Ansehen hinrichten. Er veranlasste die Zahlung der Tribute, die alle Seiner Majestät zu zahlen verweigert hatten. Für solche Dienste wurde er zum Ritter des Königlichen Hauses gemacht, nachdem er schon vorher zum Ritter des Christusordens mit 5o Milreis (= M. 982.50) Gnadengehalt und zum Gouverneur von Jafnapatam auf sechs Jahre sowie von Belgaon2) auf vier Jahre ernannt worden war, und zwar mit der Erlaubnis, sowohl während seiner Lebenszeit wie auch für seinen Todesfall seinen Stellvertreter zu ernennen. Zur Zeit, da Pedro da Silva Vizekönig war. Im Jahre des Herrn I639.2) Der in dieser Selbstverherrlichung beanspruchte Ruhm, Mombasa wieder aufgebaut zu haben, ist vielleicht Cabreira nicht ganz zuzuerkennen, denn für dasselbe erntete auch sein Vorgänger Pedro Rodriguez Botelho aus Lissabon Dank. Ueber die Züchtigung Pemba's und der Musungulos ist in den Berichten von Cabreira nichts zu finden. Die Unterwerfung Otondo's war schon vor dem Kriegszuge nachPatta erfolgt; Zanzibar hatte hierbei gute Hülfe geleistet. Otondo, Luziwa und Jacca sind heute 1) Unter regedores wurden nur die Mitregierenden und Ratgeber, nicht die eigentlichen Könige, verstanden 2) Jafnapatam ist eine Ceylon benachbarte Insel, die für die Portugiesen eine wesentliche Bedeutung hatte. Den Namen Belgaon hat sowohl eine Stadt im Bezirke Goa, wie auch eine Stadt auf Ceylon; der Gouverneurposten beider Plätze war nicht sonderlich wichtig. ') Nach dem portugiesischen Wortlaute in v. d. Decken, 1. Anhang, Owen, Guillain und Krapf geben den Wortlaut alle unter einander verschieden- mit unwesentlichen Abweichungen. i Nach v. d. Decken. Festungsthor in Mombasa samt Inschrift. I 09-1"8-OCkPITA70-DR-PKCLID-SinA YOXTZýPOlk-ý-ANS-SOM-1,-IIA«DT,,ý1327.MRtIID171CQVDIN'tgUCSBSTC-CI%?01ICitV STAIDEMEL'ÅKD)V,ACMIANDAý-h',G'YANPIIIAP-L--RET(- TIMSD CF-S-IUETMBVTÅRtS08)KeS-)DOTb00-»D3RA-DZIYA- P, NACR-ERV-PEISALIV ýAPATf CP.KVR, CKSTUGO - M AU. EIRRAD-NA IMNATE£-MZAIVC-OSMVROSÅr£ iff-0,ýMVZVNG¥Lo S C, SIlUffifal* IDTAM- Te STAMA8M AMAVXFA-WDASÅS-MQT.RP 1- 8 F, TV l 9 0- 0 F 5 F l U) ALG 0 -D CS Q CA 2 A-Te AD 0 IA-D B 5 PA ffiri. OTR9 TAtro OblýPIOXI04.si.-MIL.Res-DETeuk-C.w.S n C ý D - IAF p- IW % - 4 D - B i l k G - AOUG FA C läg b - 0 -RD Få -r k W IW TUTZ-SVA-VIDA EMNTe-SeD VKEI-PgDASLLVA-CTADI639ýÅ- - 219 vom Erdboden verschwunden. Verschiedene alte Karten aus dem 17. Jahrhundert zeigen einen Platz Otondo gegenüber der Südspitze Pemba's am festen Lande.') Jacca hat an der Nordseite der Formosabucht gelegen; an diese Stadt erinnert das nördliche Kap dieser Bucht, das von den Eingeborenen Ras Schakka (auf den englischen Seekarten Osi Point) genannt wird. Cabreira erwähnt Jacca und Hoja als zwei Städte, mächtig wie Patta, die man passiere, wenn man von Mombasa nach den SuaheliInseln segle.2) Die genaue Lage von Luziwa ist nicht zu ermitteln, doch geht aus einer Bemerkung Cabreira's hervor, dass sie am Festlande nahe Lamu und Patta lag. Nach noch älteren Berichten war Luziwa einstmals eine sehr bedeutende Stadt, die die ganze Küste beherrschte, doch schon zur Zeit der Ankunft der Portugiesen in Ostafrika zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken war. Von den Herrschern von Luziwa leiteten auch die Könige von Melinde ihren Ursprung ab und begründeten damit ihre Vornehmheit und ihren Anspruch auf grössere 'Machtfülle. Uebrigens wird auch Quitao, eine heute gleichfalls verschwundene Stadt, die achtzehn portugiesische Meilen nördlich von Melinde gelegen haben soll, als alte Oberherrin der ganzen Küste und als Stammsitz der MelindeKönige erwähnt. ) Ueber die allgemeinen Verhältnisse in Ostafrika in dieser Zeit giebt ein im Jahre 1635 geschriebener Bericht von Pedro Barreto de Rezende, dem Sekretär des derzeitigen Vizekönigs von Indien, folgende übersichtliche Darstellung.') Zum Bezirke Mombasa gehörte der gesamte Küstenstrich vom Kap Delgado bis Kap Guardafui. Die Verwaltung und der Oberbefehl lagen in den Händen eines Kommandanten, der dem Vizekönige in Goa unterstand. Mombasa selbst war der Sitz des Kommandanten und Standort für IOO Soldaten. Ausser der Hauptfeste befanden sich bei der Furt (Makupa) nach dem Festlande zu drei kleine Festen, die bezweckten, die Inseln vor den Einfällen der Musungulos zu beschützen. Diese Musungulos waren der Schrecken der Insel. Trotz der Bewachung der Furt gelangen ihnen häufig in dunklen Nächten Raubzüge auf der Insel. Vor dem Aufstande hatten die Musungulos gegen ein jährliches Geschenk von Stoffen an die Häuptlinge die Oberhoheit der MombasaKönige anerkannt; mit der Flucht König Jussuf s gingen Oberhoheit und Geschenkgebung ') Nach gütiger Mitteilung des Herrn C. A. Hollis in Mombasa soll Oto:-,do ein alter Name für das heutige Sadani sein. 2) Ms. Liss. Livros das Mon;öes No. 4o, Fol. 259. 9) Barros II S. 22-23. ) Guillain I S. 463-469. - 220 auf die Portugiesen über. Getreide und Ambergris waren die Hauptartikel, die die Musungulos zum Verkauf brachten. Die Zolleinnahmen werden bedeutend genannt, doch waren sie durch den Aufstand verringert. Auf der Insel Patta befanden sich die drei Städte Patta, Sio und Fasa, die alle Portugal tributpflichtig waren. Die Oberhäupter dieser Städte waren Araber oder arabischer Abkunft. Die bei weitem bedeutendste der drei Städte war Patta, deren Herrscher sich Sultan nannte. Häufig hatte sich Patta gegen Portugal aufgelehnt. Obgleich der derzeitige König loyal war, versagte er doch die Erlaubnis zum Bau einer christlichen Kirche. In Patta war indessen ein Nebenzollhaus, dem die Zollerhebung von solchen Fahrzeugen oblag, die wegen Monsunwechsels oder anderer Gründe Mombasa nicht erreichen konnten. In Patta war auch ein Handelsagent des Kommandanten von Mozambique (?) ansässig In Fasa war eine christliche Kirche, der ein Augustiner vorstand. Alle drei Städte der Insel Patta waren stark bevölkert und erzeugten viele Kokusnüsse, Getreide und andere Lebensmittel, sowohl auf der Insel selbst wie auf den am Festlande gelegenen Pflanzungen. Lamu war ebenso wie die vorstehend genannte Insel von Arabern und Muhamedanern bevölkert und zahlte gleichfalls Tribut. Die Stadt und der Bezirk Melinde brachten den Portugiesen nichts ein und erforderten im Gegenteil Kosten dadurch, dass alljährlich eine bestimmte Menge Eisen und Stoffe an die umwohnenden Wassegeju verteilt werden musste, um die Stadt von deren Angriffen freizuhalten. P emba war stark bevölkert und zählte vierzehn Dörfer, die 5ooo Bewaffnete aufbringen konnten. Die Bevölkerung setzte sich aus Arabern (Muhamedanern) und Negern zusammen, welche letzteren von den ersteren zur Bearbeitung des Landes herangezogen waren und somit als eingeführte Sklaven zu betrachten sind.' Es lebten zu dieser Zeit keine Portugiesen mehr auf der Insel, da sie wegen ihrer Uebergriffe vertrieben waren. Nichtsdestoweniger entrichtete die Bevölkerung noch nach Mombasa eine jährliche Abgabe von 6oo Mattsäcken (= ca. 12 000 kg) Reis. Dieser Reis war von hervorragender Güte und besser als der von Indien. Ausserdem erzeugte Pemba ausgezeichnete Sesamsaat, Kokusnüsse in grosser Menge, Gemüse, Früchte, Butter und lieferte viel Grossvieh und auch verwilderte Schweine. Ferner wird Bauholz als ein Ausfuhrartikel dieser Insel genannt. Mombasa sowohl wie Mozambique bezogen einen bedeutenden Teil ihrer Lebensbedürfnisse aus Pemba. Zanzibar war den Portugiesen um diese Zeit weder tributpflichtig noch unterworfen, doch unterhielt der Herrscher der Insel zu ihnen die -- 221 besten Beziehungen. Viele Portugiesen lebten hier mit ihren Familien und bewirtschafteten ihren Landbesitz in vollster Sicherheit. Auch eine christliche Kirche unter einem Augustiner war vorhanden, und die christliche Religion wurde von dem Landesherrn kräftig geschützt. Für seine Handelsgeschäfte unterhielt hier der Kommandant von Mozambique (?) einen Faktor. Zanzibar lieferte dieselben Erzeugnisse wie Pemba. Besonders wird die Güte des Bauholzes und die Bereitwilligkeit des Herrschers, es an die Portugiesen abzulassen, hervorgehoben. Die Insel Mafia war von dem Sultan von Kilwa abhängig, jedoch war auch hier ein Faktor des Kommandanten von Mozambique (?) ansässig, der gegen Baumwollstoffe Landeserzeugnisse, hauptsächlich GummiKopal eintauschte. Ferner lieferte die Insel viel Grossvieh und Butter. An der Ostküste der Insel') besassen die Portugiesen ein kleines steinernes Blockhaus, das aber keine Geschütze enthielt und nur in Kriegszeiten durch von Mombasa abkommandierte zwölf Soldaten besetzt wurde. Nach anderen Berichten hatte Mafia: alljährlich eine gewisse Menge Kokusgarn und Gummi-Kopal als Tribut nach Mozambique zur Ausrüstung der nach Portugal segelnden Schiffe zu entrichten. Die Bewohner der Mafia benachbarten kleinen Inseln Schole, Juani und Kibondo waren verpflichtet, die hier landenden Portugiesen den ersten Tag nach ihrer Ankunft zu ernähren. Kilwa wird, ausser bezüglich der angeführten Herrschaft über Mafia, nicht erwähnt, was andeuten kann, dass diese Stadt zu grosser Bedeutungslosigkeit herabgesunken war. Auffällig ist in diesem Berichte, dass durchgehends Angestellte des MozambiqueKommandanten als die Handeltreibenden genannt werden, während kein Zweifel darüber ist, dass der Bezirk dieses Machthabers sich nördlich nur bis zum Kap Delgado erstreckte. Möglich ist allerdings, dass in der Zeit, über die Pedro Baretto de Rezende berichtet, der Mozambique-Kommandant, ebenso wie schon in früheren Zeiten, das Handelsmonopol auch im Mombasa-Bezirke wirklich an sich gerissen hatte. Wahrscheinlicher ist indessen, dass mit dieser Angabe nur ein Versehen vorliegt, denn Pedro Rodriguez Botelho, der derzeitige Kommandant Mombasa's, petitionierte Jahre lang um Ersatz für die Verluste, die er dadurch erlitten hatte, dass er durch den Aufstand Jussufs nur zwei Jahre anstatt der ihm zustehenden drei Jahre im Genusse seines Postens gewesen sei, und alles spricht dafür, ') Dr. 0. Baumann erwähnt in Die Insel Mafia" (Leipzig 1896) S. 8, dass nach den Angaben der Eingeborenen ein portugiesisches Fort an der Westküste der Insel bestand. Vielleicht beruht der Widerspruch auf einer Verwechslung in der von Guillain benutzten Handschrift zwischen ýste (Osten) und oeste (Westen). - 222 dass der Ausfall nur in der kürzeren Ausnutzung der Handelsvorteile bestanden haben kann. Jedenfalls hat auch, wenn Rezende richtig ist, der Handelsbetrieb der Mozambique-Kommandanten im Mombasa-Bezirke nur vorübergehend bestanden, denn im Jahre 1637 nennt Francisco Seixas Cäbreira, der Kommandant Mombasa's, in einem Berichte nach Goa einen Scherifen Alaum in Kilwa, der der Umtriebe gegen den König von Kilwa beschuldigt war, seinen bewährten Elfenbeinaufkäufer, und es ist undenkbar, dass, bei der üblichen Vergebung des Handels als eines Monopols sowohl der Mozambique- wie auch der MombasaKommandant gerade in dem Elfenbeinhandel Wettbewerber gewesen sein sollen. Das Auftreten Oman's als Seemacht. In einem früheren Abschnitte ist kurz geschildert, wie schon in den ersten Jahrzehnten nach dem Auftreten der Holländer und Engländer im Indischen Ozean diese Nebenbuhler die Macht der Portugiesen geschwächt hatten. Zwischen Spanien-Portugal und England war zwar in Europa in den Jahren 1604 und 163o Frieden geschlossen, aber dennoch standen sich die Nationen draussen in den indischen Gewässern mit mehr oder weniger offener Feindschaft gegenüber, da die Portugiesen aus den Verträgen ableiten wollten, dass nur ihnen der Handel jenseits des Kaps der guten Hoffnung zustehe. Thatsächlich bestimmt der Wortlaut dieser Verträge, dass den Engländern der Handel nur nach denjenigen Häfen offenstehen solle, mit denen sie schon vor dem Ausbruche des Krieges Verkehr unterhalten hatten, und zu diesen gehörte der Osten nicht. Aber andererseits konnten die Engländer aus den Protokollen über die Friedensverhandlungen nachweisen, dass das spanische Ansinnen, den englischen Handel nach dem Osten als ungesetzlich zu erklären, zurückgewiesen worden war. Schliesslich kam indessen, freilich erst im Jahre 1635, eine Vereinbarung zwischen dem Präsidenten der Engländer in Surat und dem Vizekönige in Goa zustande, die ein leidliches Einvernehmen der beiden Nationen in Indien begründete. Jedoch die Holländer und Portugiesen blieben nach wie vor geschworene Feinde, wo immer sie sich trafen. Dauernd litten hierin die Portugiesen unter der zwischen Spanien und Portugal bestehenden Personalunion, denn der Kriegszustand war nichts anderes als die Fortsetzung des Kampfes, den die Holländer in Europa um die Befreiung vom spanischen Joche kämpften, und Portugal und seine überseeischen Besitzungen kamen einzig und allein als spanische Anhängsel in Mitleidenschaft. Fast wichtiger als Indien war für Portugal in der zweiten Hälfte des sechzehnten JahrhundertA Brasilien geworden. Der Heimat näher, unbehindert durch staatliche Monopole, auch dadurch für den Europäer, - 224 im Gegensatze zu Indien, freier und zugängiger, dass hier keine alte fremde Kultur zu überwinden war, hatten sich in Brasilien blühende portugiesische Ansiedlungen entwickelt, die hauptsächlich durch ihre Zuckerindustrie bedeutend waren. Doch zuerst durch erfolgreiche Streifzüge, später in planmässiger Eroberung wurde das Land den Portugiesen in den Jahren 1621 bis 1636 von den Holländern entrissen. Auch die für die Versorgung Brasiliens mit Sklaven wichtigen westafrikanischen Besitzungen Guinea (1637) und S. Paulo da Loanda (1640) fielen in die Hände der Holländer. Nicht weniger bedeutend waren die Verluste der Portugiesen im Osten. Aus Japan wurden sie endgültig im Jahre 1639 durch eine Verfügung des Kaisers dieses Landes darum verdrängt, weil ihre Missionare durch Einmischung in weltliche Angelegenheiten und durch Anmassung Aergernis gegeben hatten. Die Erbschaft im Verkehre Japans mit der übrigen Welt übernahmen auch hier, freilich unter bedrückenden und beschämenden Einschränkungen, die Holländer. Derartig waren die Portugiesen in dieser Zeit eingeengt, dass sie für die alljährliche Fahrt von Goa nach Macao in China im Jahre 1635 ein englisches Schiff chartern mussten, da ihnen eigene geeignete Schiffe fehlten und die fremde Flagge Schutz gegen die Nachstellungen der Holländer bot. Schliesslich entrissen im Jahre 1641 die Holländer den Portugiesen nach fünfmonatiger hartnäckiger Belagerung auch den Besitz Malakka's, der nächst Goa wichtigsten Stadt des Ostens. Ebenso wie der Verlust von Ormus (1622) ein Merkstein des Niederganges der portugiesischen Herrschaft im Westen Ostindiens ist, so ist der Verlust Malakka's der Merkstein des gletchen Niederganges im Osten, denn mit dem Falle Malakka's ging Portugal des letzten Einflusses über Hinterindien sowie über die Gewürzinseln und deren reichen Handel verlustig. Trauernd sah das Volk in Portugal den Verfall der früheren Macht. Jede Kunde von neuen Verlusten in Brasilien und im Osten weckte die Erinnerung an den früheren Ruhm und Reichtum. Ohne Erkenntnis der eigenen Schwäche suchte es die Erklärung für den schmachvollen Rückgang allein in seiner Abhängigkeit von Spanien. Hohe Steuerauflagen, die Vernachlässigung der portugiesischen Interessen und die allgemeine Missverwaltung liessen dazu die Herrschaft des spanischen Königs direkt als drückend empfinden. Durch die Revolution vom Jahre i64o erzwang Portugal seine Unabhängigkeit von Spanien, in Johann dem Vierten aus dem Hause Braganza erhielt es, nachdem seine Krone achtzig Jahre mit der Krone Spaniens vereinigt gewesen, einen eigenen Herrscher wieder, aber die Zeit der Not war damit nicht überwunden. Noch 28 Jahre musste es mit Spanien um die Anerkennung seiner Unabhängigkeit kämpfen. Auch die Beziehungen zu Holland konnte das von Spanien freie Portugal nicht so gestalten, wie es erwartet hatte. - 225 Zwar fanden die Anträge Portugals bei Holland auf Bundesgenossenschaft gegen das beiden Staaten feindliche Spanien sofort Gehör, aber es entwickelte sich das sonderbare Verhältnis, dass die Holländer und Portugiesen daheim in Europa wirkliche Kampfgenossen gegen die Spanier wurden, sich dagegen aber draussen in Brasilien und im Osten unverändert mit den Waffen gegenüberstanden. Die Ursache dieses Zustandes war, dass laut dem Vertrage, der zwischen den beiden Staaten am 12. Juni 1641 abgeschlossen wurde, spätestens nach einem Jahre der Friede auch Uebersee veröffentlicht und in Kraft gesetzt werden sollte, dass aber die Holländer unter unbilligen Vorwänden die Veröffentlichung hinausschoben und die Eroberung portugiesischer Besitzungen fortsetzten, da nach einer ferneren Bestimmung des Vertrages jeder Staat im Besitze derjenigen Gebiete bleiben sollte, die er vor der Veröffentlichung des Friedensschlusses beherrschte. Aus Schwäche sowie aus Furcht, mit den Holländern auch in Europa als Gegner rechnen zu müssen, konnte Portugal diesen Schädigungen nur mit fruchtlosen Protesten entgegentreten. Portugal war in einer verzweifelten Lage. Daheim von den Spaniern, in den Kolonien von den Holländern bedrängt, dazu des Handels beraubt und mit gänzlich zerrütteten Finanzen, war es am Rande gänzlichen Verderbens, als noch neue Widersacher in den Arabern oder genauer in den Oman-Arabern hinzutraten. Oman hat schon seit den ältesten Zeiten eine bedeutende Rolle in der Geschichte Südarabiens gespielt.') Der Schwerpunkt des Reiches und der Regierungssitz lagen aber nicht an der Küste, sondern im Innern des Landes. Als die Portugiesen im Jahre 1507 zuerst im Persischen Golfe erschienen, waren die Küstenstädte Maskat, Matera, Sohar, Kalhat und Kuriate unter der Oberhoheit von Ormus. Mit blutiger Hand wurden sie von den Portugiesen erstürmt und geplündert, und nachdem Ormus unter dem beispiellos kühnen Vorgehen Affonso's d'Alboquerque gefallen war und die Herrschaft Portugals anerkennen musste, teilten auch die Hafenstädte Oman's dieses Schicksal. Mit einer kurzen Unterbrechung im Jahre 1552, in dem die Türken die Stadt erobert hatten, und nochmals im Jahre 1581, in dem der türkische Korsar Mirale Beque, derselbe, der wenige Jahre später Ostafrika beunruhigte, die Portugiesen vertrieben hatte, war Maskat stets im Besitz der Letzteren oder richtiger unter deren Einflusse gewesen. Ueber die Mauern der Stadt hinaus ging allerdings dieser Einfluss nicht und auch innerhalb der Stadt war er ein äusserst beschränkter. Selbst im Jahre 1588, als die Portugiesen, als direkte Folge der türkischen Angriffe auf Ostafrika, die Errichtung von Festungen in Maskat und ) Vergl. History of the Imams and Seyyids of Oman by Salil-ibn-Razik from A D 66I - 1856, transl. by George Percy Badger, London, Hakluyt Society 188i. Strandes, Ostafrika. 15 - 226 Sohar beschlossen hatten, wurde ihnen von dem einheimischen Fürsten oder Sultan nur die Hälfte der Zolleinnahmen dieser Städte, dazu in der Form einer freiwilligen Schenkung abgetreten.1) Grosse Bedeutung gewann Maskat für die Portugiesen nach dem Falle von Ormus im Jahre 1622, da es hiermit ihr Bollwerk im Persischen Golfe wurde, und von hier aus die Wiedergewinnung Ormus oder wenigstens die Beibehaltung des wertvollen Handels zwischen Indien und dem Persischen Golfe versucht wurde. Doch kaum zwei Jahrzehnte bot Maskat diesen Ersatz. Im Jahre 1624 gelangte in Oman die Dynastie der Jarebu zur Herrschaft. Durch Niederwerfung der gegnerischen Maliks und Stämme hatte der kraftvolle Nasir ben Murschid, der erste Ismam aus der genannten Familie, alle Kräfte vereinigt. Im Jahre 1640 machte er zuerst einen Angriff auf Maskat, der erfolglos blieb, nahm aber im Jahre 1643 die benachbarte Stadt und Feste Sohar. Aufs neue erschien er im Jahre 1648 vor Maskat und zwang nach einer Belagerung von drei Monaten, nachdem er sich der Aussenwerke bemächtigt hatte, die durch Pest und Hunger entmutigten Portugiesen zu einem Vertrage, in dem sie sich, ausser zu anderen Demütigungen, zur Schleifung der Festungen von Kuriate, Matera und Dobera (an der Ostküste des Persischen Golfes) und der Stadtumwallung von Maskat selbst verpflichten mussten und ferner allen Unterthanen des Imams völlige Zollfreiheit, sowie freien Handel und Schiffahrt zuzugestehen hatten. Derartig auf die Forts von Maskat beschränkt, übte Portugal kaum mehr als dem Namen nach die Oberhoheit über Maskat. Aber auch dieses w-enige ging bald verloren, denn am 23. und 26. Januar 165o, nachdem die Araber unter Sultan ben Seif, dem Vetter und Nachfolger Nasir's, nach einer neuen Belagerung in die schlecht bewachte Stadt eingedrungen waren, mussten das Hauptfort und die Faktorei kapitulieren.') Die portugiesische Besatzung von siebenhundert Köpfen, darunter viele arabische Söldner, durfte nach Diu abziehen. Das omanische Imamat gewann durch dieses Ereignis festen Fuss an der See, und Portugal ging des letzten Einflusses im Persischen Golfe verlustig- Doch nicht genug, dass hier mit wieder ein mächtiger Teil des einst allmächtigen Weltreiches abbröckelte, in Oman und Maskat entstand den Portugiesen ein neuer Feind, der ihnen fast ein Jahrhundert lang zu schaffen machte, ihnen Verlust auf Verlust zufügte, den sie nie überwanden und dessen Gegnerschaft eigentlich erst aufhörte, als andere mächtigere Nationen für Frieden auf dem Meere sorgten. ) Archivo V 1II S. 1251. 2) F. C. Danvers, Report on the Portuguese Records relating to the East Indies contained in the Archivo da Torre do Tombo etc,, London 1892, S. 121 ff. - 227 In überraschend schneller Weise entwickelte sich Oman zu einer Seemacht. Die Grundlagen hierzu waren in der seit Jahrtausenden seegewohnten Bevölkerung der Küsten des Persischen Golfes vorhanden. Derselbe Menschenschlag, derselbe Geist, der dereinst Ormus gross gemacht, der in den voreuropäischen Zeiten den Indischen Ozean belebt und Handel und Islam nach Ostafrika, Madagaskar, dem fernen Java und China getragen hatte, trat in den Dienst Maskat's. Zwar waren in den Zeiten, in denen die Portugiesen die Schiffahrt in diesen Gewässern unter ihrer Aufsicht zu halten suchten, die Eigenunternehmungen der .Araber beschränkt gewesen. Aber ganz unterdrückt waren sie nie. Unverändert war auch in diesen Zeiten der Verkehr zwischen den asiatischen Ländern, wenn auch unter portugiesischer Passkontrolle, überwiegend von einheimischen Fahrzeugen beschafft worden. Dazu hatten die Portugiesen selbst zur Bemannung ihrer eigenen in Asien stationierten Schiffe viele Seeleute aus dem Persischen Golfe verwendet. Erklärlich ist somit, dass für Oman seegeübte Mannschaft in Fülle zur Verfügung stand. Aber überraschend und in den Einzelheiten rätselhaft bleibt doch, dass Oman bereits einige Jahre nach der Besetzung Maskat's den Portugiesen mit wohlgerüsteten Schiffen europäischer Bauart gegenübertreten und wagen konnte, portugiesische Besitzungen an der Westküste Vorderindiens anzugreifen. Die Anfänge zu dieser arabischen Flotte wurden durch verschiedene portugiesische Kriegsschiffe und Kauffahrer gelegt, die schon im Jahre 1651 in die Hände der Araber fielen, aber die starke Vermehrung der Flotte lässt bestimmt annehmen, dass nicht nur zufällige Prisen zur Verwendung europäischer Schiffe führten, sondern dass wirklich einsichtsvoll und planmässig dieses bessere Material aufgenommen wurde, um den Gegnern gewachsener zu sein, Dass die Engländer und mehr noch die Holländer willige Verkäufer solcher Schiffe waren, ist nicht zu bezweifeln, und ebenso sicher ist, dass den Arabern reichliche Mittel für diesen Zweck aus dem ergiebigen, jetzt von ihnen beherrschten Handel von Guserat nach Persien zur Ver. fügung standen. Die in den ersten Jahren nach dem Verluste Maskat's unternommenen Versuche der Portugiesen, diese Stadt und die im Persischen Golfe verlorene Stellung wiederzuerobern, blieben erfolglos. Sie hielten zwar noch, nahezu ein Jahrhundert, eine kleine Faktorei in Kongo, an der persischen Seite der Ormus - Strasse, doch hatten sie davon keinen Nutzen. Sie hatten ihre Kräfte darauf zu beschränken, nach Möglichkeit die Araber im Persischen Golfe zu blockieren und diese Feinde von Angrifen auf ihre sonstigen Besitzungen abzuhalten. Jahrzehnte hindurch, fast ein Jahrhundert lang, hatten die Portugiesen zu diesem Behufe jahraus, jahrein ein Geschwader zu unterI5" - 228 halten. Zwar wurden die Araber, soweit den portugiesischen Berichten zu glauben ist, immer in den offenen Seeschlachten geschlagen, aber sie zogen sich unter die Kanonen ihrer Felsnester zurück und erschienen bald neuausgerüstet mit frischen Kräften zu neuen Streifzügen wieder. Durch Aufbringen von Kauffahrern und Plündern von Städten stand der nördliche Teil der Wesküste Vorderindiens stetig unter dem Banne dieser Beunruhigungen, ja Goa selbst, die Hauptstadt, war mehr als einmal durch das Erscheinen von arabischen Flotten vor dem Hafen in Not. Dass bei den nahen Beziehungen, die zwischen Maskat und den ostafrikanischen Städten durch Verwandtschaft der Bevölkerung, gleiche Religion und regen Handelsverkehr bestanden, der Krieg, der im Norden zwischen Arabern und Portugiesen geführt wurde, sich auch nach Ostafrika verpflanzte, ist natürlich. Die gewaltsame Beruhigung, die Francisco Seixas Cabreira im Jahre 1637 zuwege gebracht hatte, war nicht von Dauer. Schon wieder im Jahre 1645 hatte der König Veranlassung, von Lissabon nach Goa zu schreiben, dass Klagebriefe der Könige von Patta, Fasa, Sio und Pemba über die Ausschreitungen und Quälereien des M Iombasa-Kommandanten vorlägen, und dass strenges Vorgehen zur Befriedigung der Beschwerdeführenden nötig sei.') Doch vielleicht kamen diese M\ahnungen schon zu spät, denn aus dem Jahre 1648 wird ein abenteuerlicher Vorschlag berichtet, in dem sich der Kapitän Salvador Correa de Sa erbot, von der Westküste Afrikas auszugehen und den ganzen Erdteil zu durchziehen, um Patta der Oberhoheit Portugals wieder zu unterwerfen!') Da dieser Plan in Europa aufgestellt ist und Nachrichten aus Ostafrika, weil sie immer über Indien gingen, bis zur Ankunft in Europa mindestens ein Jahr gebrauchten,3) auch länger ) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 55 Fol. 248. Lissabon, 3. Dezember 1645. 2) Os Portuguezes em Africa, Asia, America e Oceania, ohne Namen des Verfassers, 7 Bde., Lisboa 1848-1850, 1 S. 162. Dasselbe Werk und zweifelsohne dieselbe Auflage ist, unter Hinzufügung eines achten Bandes und mit neuen Titelblättern, auf welchen Pinheiro Chagas als Fortsetzer genannt ist, mit der Jahreszahl i89o zu neuem Leben erweckt. 3) Schon frühzeitig, zuerst 1513, benutzten die Portugiesen bei wichtigen Anlässen die alten Ueberlandwege durch das Rote Meer und Aegypten, bezw. den Persischen Golf und Syrien, um Briefe von Indien nach Portugal zu senden, doch wurde dadurch ein Zeitgewinn selten und gewiss nur dann erzielt, wenn die Boten im Südwestmonsun, ausserhalb der Reisezeit der um das Kap der guten Hoffnung segelnden Schiffe, abgingen. Selbstverständlich konnten die Boten nur verkleidet und auf Schleichwegen nach dem Mittelmeer gelangen, wodurch diese Beförderungswege so unsicher waren, dasa. sie nur in Ausnahmefällen benutzt wurden. Es war eine ständige Vorschrift vorhanden, dass auf diesen Wegen nur chiffrierte Botschaften abgesandt werden durften. - 229 eingewurzelte schlimme Zustände vorausgesetzt werden müssen, um einen so eigenartigen Angriffsplan einigermassen zu rechtfertigen, darf bestimmt angenommen werden, dass sich Patta schon mindestens drei Jahre vor 1648 wiederum im Aufstande befand. Dieser Annahme entsprechend, bestätigt auch ein Bericht aus dem Jahre 1651, dass sich die Portugiesen schon seit Jahren mit den in der Nähe von Mombasa wohnenden Stämmen im Kriege befanden.') Hinzutrat die Gefahr, dass die durch die Einnahme Maskat's (1650) erstarkten Oman-Araber in diese Kriegszustände eingreifen würden, und so wurde Ende des Jahres 165o der thatkräftige Francisco Seixas Cabreira, derselbe, der dreizehn Jahre vorher Patta niedergeworfen hatte, zur Bekämpfung der Notlage nach Ostafrika entsandt.2) Zweifelsohne beglaubigt diese ausserordentliche Massregel, dass schwere Gefahren vorhanden waren. Sehr wahrscheinlich sind die Araber bald nachdem sie Maskat genommen hatten, in Ostafrika erschienen. Zuerst vom Jahre 1652 ist bekannt, dass sie mit einigen Fahrzeugen Zanzibar verheerend überfielen und dabei eine Anzahl von Portugiesen, darunter einige Augustinermönche, töteten.8) Francisco Seixas Cabreira berichtet hierzu unter dem 3o. August 1653, dass die Könige von Zanzibar, Pemba und Otondo, gegen das Versprechen von Unterwerfung und Tributzahlung, Hülfe von dem Imam von Maskat erlangt hätten, und dass hierdurch nicht nur jene Zerstörung der portugiesischen Ansiedelung in Zanzibar gelungen sei, sondern auch die eingeborenen Fürsten der Küste, in Furcht vor der arabischen Macht, zur Auflehnung gegen Portugal veranlasst seien. Zu einem Kampfe zwischen Francisco Seixas Cabreira und den arabischen Streitkräften ist es offenbar nicht gekommen. Dagegen berichtet er ausführlich über einen glücklichen Streifzug gegen Zanzibar. Mit 120 portugiesischen und 40 indischen (Mocoques) Soldaten und 120 Mann Melinde-Hülfstruppen zog er gegen Zanzibar, vertrieb die Königin dieser Insel und ihren Sohn, den König von Otondo, und zerstörte die Ortschaft. Dann ging er der aus zehn Dhaus bestehenden Flotte des Königs von Pemba entgegen, die von einem Raubzuge von Kwale, Kilwa und Mafia zurückkehrte, nahm fünf der Dhaus, jagte den Rest bei Zanzibar auf den Strand und erfocht schliesslich auch gegen ihre an Land geflüchtete Mannschaft in blutigem Handgemenge einen vollständigen Sieg. Nachdem er derartig sechzig Tage auf dem Kriegspfade gewesen war, kehrte er nach Mombasa zurück. Als Hauptbeute dieser Unternehmung preist er die Befreiung von 400 1) Ms. Liss. Livros das Mornöes No. 61 fol. 337. Lissabon, 4. Februar 1651. 2) Ms. Liss. Livros das Monöes No. 6I fol. 338. Goa, 20. Januar 1651. ') Ms. Liss. Livros das Moncöes No. 56 fol. 466. Goa, 28. Januar 1653. - 230 christlichen Seelen, die von den Feinden gewaltsam zu Muhamedanern gemacht worden waren.') Doch trotz dieser kleinen örtlichen Erfolge darf wohl angenommen werden, dass der Kriegszustand an fast der ganzen ostafrikanischen Küste weiterherrschte. Fortgesetzt erscheinen aus diesem Jahrzehnte die Hülferufe der MombasaKommandanten um Verstärkung von Mannschaft und Kriegszeug, und die Mahnungen von Lissabon nach Goa, solche wegen der Notlage zu beschaffen. Doch die jämmerlichen Zustände in Goa erlaubten keine ausreichende Unterstützung. Gelegentlich wurde von der Entsendung einiger Soldaten, in einem Einzelfalle von vierzig Soldaten berichtet, und ebenso kümmerlich war es mit der Versorgung mit Kriegsmaterial bestellt. Direkt wurde in einem Falle von dem Vizekönige dieEntsendung von Kanonen damit als unmöglich hingestellt, dass es unthunlich sei, zur Ausrüstung Mombasa's die in Goa liegenden Kriegsschiffe ihrer Kanonen zu berauben. Kaum mehr als die Insel Mombasa, und auch diese nicht immer ganz, werden die Portugiesen in dieser Zeit von ganz Ostafrika behauptet haben. In den Jahren i66o bis 1665 soll sogar Mombasa von der Flotte und den Truppen des Imams von Omam belagert gewesen sein. Aus den portugiesischen Quellen ist hierüber nur zu ermitteln, dass Ende des Jahres 166o die Oman-Araber auf den Ruf von Patta mit einigen grossen und vielen kleinen Schiffen in Ostafrika erschienen, sich zuerst Fasa's bemächtigten, dann auf Mombasa die Stadt der Eingeborenen besetzten und die Festung belagerten, und dass die Eingeborenen die Hülfe \Iaskat's herangezogen hatten, weil sie durch die Ungerechtigkeiten des derweiligen Mombasa-Kommandanten Joseph Botelho da Silva bedrückt waren.') Gleiche Klagen gegen den Genannten hatten auch der muhamedanische Gouverneur Munhos Agro (?) und die Bewohner von Melinde in einem Schreiben vom 25. August 1662 nach Lissabon gerichtet und dabei angegeben, dass sie sich nach Mombasa hätten flüchten müssen, weil die Araber die Küste beherrschten.') Auch ein portugiesischer Geistlicher, der im Jahre 1663 den Persischen Golf besuchte, spricht oberflächlich von einer Belagerung Mombasa's durch die Araber.4) Bestimmter erzählt die arabische Chronik Mombasa's, aller') Ms. Liss. Cons.IUltr. ConsultasdaIndia, Livro 2o Fol. 3o5-6No. d'inventario 211. Lissabon, 9. Oktober 1654. 2) Ms. Liss. Archivo do Conselho ',Ultramarino. Consultas resolvidas. Maco d'ordem No. 8i. Lissabon, 30. März I66z. ) Ms. Liss. Archivo do Conselho Ultramarino. India. Registo das Cartas, Livro io Fol. 310. Lissabon, 7. Januar i666. 4) Relacäo do Novo Caminho que fez por terra e mar, vindo da India para Portugal no anno de 1663 o Padre Manuel Godinho da Companhia de Jesus. Lisboa 1842. S. 74. - 231 dings ohne Ahführung von Jahreszahlen, dass die Bewohner der ganzen Küste den Imam' Sultan ben Seif (1649-1668) herbeigerufen hätten, weil die Ausschreitungen und die Tyrannei der Portugiesen alle Grenzen überschritten, dass nach Kämpfen, die fünf Jahre dauerten, die Portugiesen verjagt worden seien, und dass die Festung in Mombasa von den Arabern, unter Mohamed ben Mbarak als Gouverneur, besetzt worden sei.') Nach der gleichen Quelle sollen die Portugiesen bald darauf zurückgekehrt sein und Mombasa wiedergenommen haben. Indessen da diese Nachricht des arabischen Chronisten von keiner Seite bestätigt ist und jedwede Ueberlieferung eines solchen wichtigen Ereignisses in den portugiesischen Urkundensammlungen fehlt, erscheint es durchaus unglaubwürdig, dass wirkliche-um das Jahr 1665 herum die Festung Mombasa den Portugiesen entwunden worden ist. Wenn thatsächlich die Festung von den Arabern besessen- und wiederverloren worden wäre, so würde wenigstens die 'Wiedereroberung von den Portugiesen nicht mit Stillschweigen übergangen- sein. Dass dagegen die Stadt Mombasa, aber mit Ausschluss der Festung, im Nordostmonsun 1660/i in den Händen der Araber war, ist auch aus der oben angezogenen portugiesischen Quelle, der ein Bericht des Vizekönigs an den König zu Grunde liegt, bestätigt. Indessen, ungeachtet der Bewahrung der Festung Mombasa, spricht alles dafür, dass schon in dieser Zeit die Araber mehr als die Portugiesen die Herren Ostafrikas waren. Sogar südwärts des Kap Delgado dehnten sie ihre Streifzüge aus. Im Jahre 1669 machten sie mit einem starken Geschwader einen Angriff auf Mozambique, das, wie sie wussten, durch Kriege am Zambesi stark entblösst war, und schlossen die Festung eng ein. Doch der schwachen Besatzung unter Gaspar de Sousa de Lacerda, dem Rechnungsvorsteher, der in Abwesenheit des Gouverneurs den Oberbefehl führte, gelang es, die Belagerer zurückzuweisen.') Nach einer örtlichen, mündlichen Ueberlieferung sollen die Angreifer bereits eine Stelle der Festungsmauer unterminiert haben, als dieses durch einen Banian den Portugiesen verraten wurde, die darauf durch Aufstellung von Pfannen mit Wasser längs der Mauer, aus der Erschütterung des Wassers die genaue Stelle ermittelten, wo unterirdisch gearbeitet wurde, und eine Gegenmine anlegten, die mit einem derartigen Erfolg aufflog, dass die Araber eingeschüchtert die Belagerung aufhoben und sich einschifften. ') Mit der Zeit beginnend, dass Oman als Kriegsmacht in Ostafrika i) Chronik in Owen I S. 415. 2) Bordalo S. ii6. 8) Burton I S. 285 fr. erzählt irrtümlich diese Begebenheit als in den Jahren zwischen i68o und 1698 geschehen. - 232 auftrat, war Patta immer der Herd, von dem die Anfechtung der portugiesischen Macht ausging. In einem früheren Abschnitt ist schon kurz erwähnt, dass auf der Insel Patta die drei Reiche Patta, Sio und Fasa bestanden. Untereinander im stetigen Streit und häufig mit einander kämpfend, war Patta diejenige Stadt, die meistens den Portugiesen entgegenstand, während Fasa fast immer zu den Portugiesen hielt und oft zuwege brachte, diese in die Kämpfe auf der Insel hineinzuziehen. Ein eigenartiger Stamm, Wagunja oder Baguni genannt, bevölkerte und bevölkert die Patta-Insel und die benachbarten Bezirke, besonders am Festlande nordwärts. Wenngleich zu den Suaheli gezählt, sind sie merklich von diesen durch Beimischung von Somali-Blut, vielleicht auch Galla-Blut unterschieden. Unruhe und Ränkelust sind ihre hervorstechenden Eigenschaften. Als mutige Seefahrer sind sie überall an der ostafrikanischen Küste mit ihren Mtepe's, den ungefügen fast vorsintflutlichen Fahrzeugen, die, anstatt gebolzt, zusammengenäht sind und noch ein Mattsegel führen, zu finden. Stets auf jede Art von Erwerb ausgehend, waren sie bis in die Neuzeit der Schrecken aller Negermütter und Sklavenbesitzer, denen sie mit List und durch offenen Raub Kinder entführten; ja, es ist noch kein Jahrzehnt her, dass sich von furchtsamen Tumbatu-Seeleuten bemannte ostafrikanische Dhaus nicht getrauten, in See zu gehen, wenn eine Mtepe und Wagunja in der Nähe waren. Auch bis in die neueste Zeit herein haben die Maskat- und Zanzibar-Sultane Patta nie dauernd bezwungen und sich hier häufig blutige Köpfe geholt. Es ist daher vollständig begreiflich, dass dieser Geist der Unruhe und Aufsässigkeit auch unaufhörlich den Portugiesen zu schaffen machte, und Patta zum Stützpunkt der arabischen Unternehmungen gegen die Portugiesen gestaltete. Gegen das Jahr 1678 scheint ein Hauptschlag gegen die Feinde in Ostafrika und insbesondere Patta erforderlich gewesen zu sein, denn der Vizekönig D. Pedro de Almeida hielt es in diesem Jahre für nötig, in eigener Person mit allen Machtmitteln, die ihm zu Gebote standen, von Goa dorthin zu ziehen. Er nahm Mozambique als Basis seiner Unternehmungen, und versorgte sich hier, so gut wie es ging, mit Lebensmitteln. Zur Bestreitung seiner Bedürfnisse sah er sich bei dem schwachen Stande seiner Kriegskasse genötigt, eine Zwangsanleihe von 20 000 Crusados in der Weise aufzunehmen, dass er einfach Privatgeld, das sich an Bord eines von Portugal gekommenen Schiffes als Frachtgut befand, leihweise wegnahm.1) Von Mozambique segelte er, nächdem er unterwegs Mombasa verstärkt hatte, nach Patta. Hier gelang es ihm am 12. August und an den folgenden Tagen die Landung kämpfend zu ) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Mao No. 824. Lissabon, 15. Dezember 168o. - 233 erzwingen und sich mit seinen Truppen unfern der Stadt zu verschanzen. Durch den Fürsten von Fasa, der ihm OOO-I2OO Mann Wagunja zuführte, wurde seine Macht nicht unwesentlich vergrössert, dennoch aber war der Widerstand der Angegriffenen so nachhaltig, dass er ihnen vier lange Monate in täglichem Geplänkel gegenüberlag, ohne das Uebergewicht gewinnen zu können. Aus der Mitteilung, dass die Portugiesen in dieser Zeit nicht weniger als sieben Forts und vier Wachthäuser errichteten, hat es fast den Anschein, als ob sie sich mehr auf Verteidigung als Angriff einzurichten hatten. Grosser Mangel an Lebensmitteln machte sich schliesslich in einer Weise bemerkbar, dass hoch und niedrig volle sechs Wochen lang nichts anderes als trockenen, mit Salzwasser gekochten Reis zu geniessen hatte, und weitere Not trat dadurch hinzu, dass unter den verbündeten Wagunja, trotz der Treue ihres Führers, des Fürsten von Fasa, eine Meuterei ausbrach, die durch Niedermetzelung von 200 Mann blutig unterdrückt werden musste. Endlich brachte Anfang Dezember die Ankunft von Schiffen aus Goa, die Lebensmittel und Verstärkungen zuführten, frischen Unternehmungsgeist. Ein Angriff auf die Stadt wurde unternommen. Nahezu überwältigt, baten die Einwohner um Gnade und Frieden, die ihnen gegen das Versprechen der Auslieferung ihres Königs und der Zahlung einer Brandschatzung von 30 000 Crusados gewährt wurden. Am 16. Dezember konnte der Vizekönig in der Hauptmoschee der eroberten Stadt sein Ouartier nehmen. 'Mit dem Falle Patta's unterwarf sich auch die Nachbarstadt Sio und überlieferte gleichfalls ihren König als Gefangenen. Fernere Streifzüge brachten auch die Könige von Lamu und Mandra in die Hände der Angreifer. Alle vier gefangenen Könige wurden von ihren erbarmungslosen Vergewaltigern dem Henker überliefert und zusammen mit acht weiteren Angesehenen des Landes geköpft. Die nächsten Wochen beschäftigten sich die Eroberer mit Plünderung und Einziehung der auferlegten Brandschatzungen. Doch obgleich alle Werte, gemünzte und ungemünzte, auch Elfenbein und Schildpatt, als Zahlung angenommen wurden, wollten die vereinbarten Summen nicht zusammenkommen. Es gelang auch nicht, diese angenehme Arbeit zu Ende zu führen, denn am ii. oder 12. Januar 1679 erschienen vor der Hafeneinfahrt vier arabische Schiffe als Rächer. Vergebens versuchten die Portugiesen die Landung dieser Feinde zu verhindern. Im Gegenteil, schon in den nächsten Tagen waren sie von den Arabern und den zu ihnen gestossenen Eingeborenen derartig bedrängt, dass sie die Stadt räumen mussten. In ferneren fünf bis sechs Tagen stetiger Kämpfe mussten die Portugiesen weiter zurückweichen und sich schliesslich flüchtend einschiffen und nach Mozambique absegeln. Mit wie grossen Streitkräften die Portugiesen bei diesen Begebenheiten auf Patta standen, ist nicht - 234 angegeben, doch werden sie, da ein Vizekönig den Oberbefehl hatte, nicht unbeträchtlich gewesen sein. Als Beute führte das Geschwader Werte von zusammen 3oooo Crusados und eine Krone aus Goldblech, zwei grosse Musikhörner aus Metall und zwei aus Elfenbein mit sich. Das ausserdem geraubte Elfenbein im Werte von 15 ooo bis 2oooo Crusados hatte bei der schnellen Räumung der Stadt zurückgelassen werden müssen. Dieser Gewinn für den königlichen Schatz scheint in Lissabon über das klägliche Ende der Unternehmung am meisten getröstet zu haben, wenigstens schob der Ueberseerat in seinem Berichte an den König diese eroberten Gelder, neben den geköpften vier Königen und den gleichfalls geköpften zweihundert Patta-Leuten, derartig in den Vordergrund, dass darüber die erlittene Schmach verschleiert wird. Weniger leicht hat der unglückliche Führer der Unternehmung, der Vizekönig D. Pedro da Almeida, seinen Misserfolg genommen, denn vier Wochen nach seiner Rückkehr von Patta ist er in Mozambique gestorben.') Der Eindruck, den die Portugiesen in Patta hinterliessen, ist am besten damit gekennzeichnet, dass einige Jahre später die wenigen Ueberlebenden einer handvoll bei Mombasa gestrandeter PattaLeute, die einen aussichtslosen Kampf gegen eine portugiesische Uebermacht gekämpft hatten, erklärten, dass sie mit den \Waffen in den Händen hätten sterben wollen, da sie aus dem gnadenlosen Hinschlachten und kaltblütigem i\Iorden jener Tage die Ansicht gewonnen hätten, dass die Portugiesen überhaupt kein Quartier gäben.') Erinnerungen dieser Expedition D. Pedro's sind vielleicht die in der Stadt Patta befindliche grössere Fortruine und ein ähnliches kleineres Bauwerk bei der Fasa-Hafeneinfahrt, welche beide den Portugiesen zugeschrieben werden. Sollten diese Bauwerke wirklich von den Portugiesen herstammen, so müssen sie, wenngleich alles andere dagegen spricht, in diesen -\'onaten um die Wende des Jahres 1678 errichtet sein, denn die ganzen Beziehungen Portugals zu dieser Insel machen jede andere Bauzeit noch unwahrscheinlicher. Neue Kämpfe mit Patta, und zwar als eine Fortsetzung der vorstehend geschilderten, brachte das Jahre I686. Als eine Folge des unglücklichen Ausganges der vorstehenden Unternehmung befand sich der Fürst von Fasa mit seinen Anhängern als Vertriebener in Mombasa und verstand zu erwirken, dass in dem genannten Jahre von Goa zwei Fregatten gegen Patta geschickt wurden. Der Unternehmung lag der Plan zu Grunde, dass sich den Fregatten in Schungaja, am Festlande nördlich von Patta, Wagunha und Marakatos anschliessen sollten. ) Ms. Liss. Consultas da India Livro 30 Fol. 89-92. Lissabon, i8. Juli i68o. i) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Maýo No. 831. Mombasa, 3o. August I686. - 235 Thatsächlich setzten nach Ankunft der Portugiesen diese eingeborenen Bundesgenossen nach Patta in ihren Booten hinüber und machten allein einen schwächlichen Angriff auf Sio. Doch nachdem sie zurückgetrieben waren, verlangten sie von den inzwischen nachgekommenen portugiesischen Schiffen Hülfe, die aber unter dem Vorgeben abgelehnt wurde, dass in den Briefen, auf Grund derer die Fregatten abgesandt seien, nur ein Beistand von den Schiffen aus, nicht durch gelandete Truppen verlangt worden sei. Die Schungaja-Leute schoben die Schuld auf mangelhafte Briefschreiberei, doch der portugiesische Geschwaderchef Francisco Pereira da Silva erachtete ohne weiteres seine Aufgabe als beendigt und segelte nach Mombasa. In dem Berichte, den er hierüber nach Goa erstattete, giebt er zu seiner Rechtfertigung an, dass er wegen des seichten Fahrwassers nicht nach Fasa, sowie wegen Gegenwindes nicht nach Patta habe hineinlaufen können, und dass er das Vertrauen verloren habe, dass die Bundesgenossen Patta einnehmen könnten, nachdem sie vor dem ungleich schwächeren Sio zurückgewichen seien. Richtiger ist indessen vielleicht, dass ihm die Anwesenheit von zwei arabischen Fahrzeugen, die nach seinem Berichte in Patta lagen, die Lust an der Unternehmung verleidet hat. Doch nach vier Wochen der Ruhe in Mombasa entschloss er sich zur Neuaufnahme seiner Aufgabe. Am 21. April i686 ging er wieder nach Patta in See. Mit sich führte er den Fürsten von Fasa samt dessen zahlreichen Anhängern. Doch schon in der folgenden Nacht trieb eine starke Strömung die Schiffe an Patta vorbei und der Geschwaderchef sah sich genötigt, die Reise nach Goa fortzusetzen, wo er auch glücklich mit allen ostafrikanischen Hülfstruppen an Bord eintraf. Wie er in seinem Bericht hierüber sagt, soll dieses das einzige Mittel zur Rettung der Schiffe gewesen sein.') In Mombasa hatte man allerdings durch Boten über Land gehört, dass das Geschwader nicht in Patta angekommen sei, glaubte aber annehmen zu dürfen, dass der Fürst von Fasa mit seinen Leuten in Schungaja gelandet sei. Dem derweiligen Kommandanten von Mombasa Joao Antunes Portugal scheint die Einnahme Patta's sehr am Herzen gelegen zu haben. Ob ihn Ehrgeiz oder schlimmere Eigeninteressen trieben, ist nicht erkenntlich. In verschiedenen Briefen, die er im August i686 nach Goa an den Vizekönig richtete, schildert er, dass als einziges Mittel zur Erhaltung Mombasa's ein sofortiger Angriff auf Patta, und zwar unter seiner eigenen ' Leitung, nötig sei. Nähere Erläuterungen, warum gerade von Patta Gefahr drohe, giebt er nicht, sondern redet nur im allgemeinen davon, dass die verschiedenen erfolglosen Anschläge auf Patta auf die ) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Maco No. 831. Mombasa, 24. April I686, u. A. - 236 Aluhamedaner der ganzen Küste einen schlechten Einfluss ausgeübt hätten, und fügt hinzu, dass Gerüchte umliefen, denen zufolge ein König von Bumba in Verbindung mit einem flüchtigen Regenten von Pemba, beabsichtige, sich der Insel Pemba zu bemächtigen, womit Mombasa die Lebensmittelzufuhren von dieser Insel verlieren und vollständig an den Rand des Verderbens gelangen würde. Nach anderen Berichten sind thatsächlich um diese Zeit auf Pemba Unruhen vorgekommen. Als Ruhestörer wird hier aber ein Prinz von Quendoa genannt, der vom Festlande nach der Insel hinübersetzte und die Königin von Pemba vertrieb, die auf eine portugiesische Fregatte flüchten musste. Unmittelbar darauf konnte sie aber wieder als Herrscherin zurückkehren, denn die zu ihrer Hülfe gelandeten Portugiesen vertrieben ihren Widersacher, der überdies bald darauf von seinen eigenen Anhängern ermordet wurde. Die Königin muss sich bei diesen Begebenheiten als besondere Parteigängerin der Portugiesen erwiesen haben, denn der Vizekönig wurde von Lissabon beauftragt, ihr für die erzeigte Treue den königlichen Dank auszusprechen. Vielleicht aber geschah dieses mit einem kleinen Hintergedanken, denn in demselben Schreiben wird die Anfrage an den Vizekönig gerichtet, ob diese Königin von Pemba dieselbe sei, welche sich in einem der Jahre 1679-1681 in Goa zum Christentum bekehrt und damals, mangels direkter Erben, ihr Reich den Portugiesen vermacht habe.') Wo dieses Reich oder eine Stadt Bumba gelegen haben, ist nicht sicher; der naheliegende Gedanke, Bumba auf Pemba zu deuten, ist zu verwerfen, da in ein und derselben Zeile des betreffenden Briefes unterschiedlich von Bumba und Pemba gesprochen wird. Wahrscheinlich ist Bumba identisch mit einer Stadt Pambuga oder Pambuge, deren Herrscher im Jahre 1652 als treuer Lehnsmann Portugals genannt wird. Vielleicht ist die heutige Ortschaft Kipumbue (= Klein-Pumbue) südlich von Pangani ein Ableger jener verschwundenen Stadt. Die Notwendigkeit seines sofortigen Vorgehens gegen Patta liess sich Joäo Antunes Portugal von einigen Einwohnern, die angeblich für die gesamte Bevölkerung von Mombasa handelten, in der Form eines feierlichen Protestes vom 6. August i686, beglaubigen. Auch der Festungsrat in Mombasa empfahl die Ausführung, Um der Sache in Goa eine günstigere Aufnahme zu sichern, wurde hervorgehoben, dass die gesamten Kosten von dem Kommandanten und den Einwohnern persönlich, ohne Belastung des Staatsschatzes, bestritten werden würden, auch die Besatzung der Festung unvermindert zum Schutze Mombasa's zurückbleiben könne und ein Ausfall an Zolleinnabmen nicht zu befürchten sei, da, wenn 1) Ms. Liss. Cons. Ultr. Consultas da India. Livro 30 Fol. 168-169. Lissabon, 6. März 1687. - 237 auch das Zollhaus geschlossen werden müsse, dieses in die geschäftsstille Zeit falle. Doch schliesslich wurde zur Belohnung des seitens Mombasa's bewiesenen Eifers gebeten, mit Einsetzen des Nordostmonsuns zwei Fregatten von Goa nach Patta zu entsenden. Alle diese Berichte stellen als beschlossene Sache hin, dass Joäo Antunes Portugal im September oder Oktober desselben Jahres auf dieses Unternehmen ausziehen werde. Hierzu ist es zwar nicht gekommen. Doch das -Bekanntwerden dieses Planes allein veranlasste den Vizekönig in Goa, dem Kommandanten unter dem 23. November 1686 eine Epistel zuzufertigen, wie sie tadelnder und abweisender nicht gedacht werden kann. In jedem Punkte wird darin dem Kommandanten scharf entgegengetreten. Es wird als ein halber \Vahnsinn bezeichnet, dass er, um einen neuen Platz zu erobern, einen alten Platz gefährde. Jedweder vernünftige Mensch in Indien betrachte diesen Zug nach Patta als den Ruin Mombasa's. Der Kommandant habe in Patta nichts zu suchen, da ihm nur Mombasa anvertraut sei. \Vahrscheinlich hätten Privatinteressen die Veranlassung gegeben. Die Eingabe der Mombasa-Einwohnerschaft sei gefälscht oder jedenfalls Machenschaft, da kaum mehr als zwei Personen unterschrieben hätten und viele andere, wie aus deren nach Goa gerichteten Briefe hervorgehe, direkt dagegen gewesen wären. Zur Strafe wurde einem der Unterzeichner seine Anwartschaft auf die Berufung zum Festungsrat genommen. Ebenso wird der Beschluss des Festungsrates als wertlos bezeichnet, da ein Hauptmitglied, der Prior des Augustinerklosters, nicht zugezogen worden und sogar dessen gegenteilige Ansicht bekannt gewesen sei. Schliesslich wird Joäo Antunes Portugal eine schwere und exemplarische Bestrafung auch für den Fall in Aussicht gestellt, dass sein Unternehmen glücklich verlaufen sollte, und ihm Ersatzpflicht für die Mindereingänge im Zollhause auferlegt. Noch viele andere Unannehmlichkeiten werden in diesem Schreiben gesagt. Nichtsdestoweniger aber fühlte sich der Vizekönig veranlasst, der geschaffenen Notlage dadurch Rechnung zu tragen, dass er eine Fregatte mit 80 Mann Infanterie an Bord, nach Ostafrika entsendete, von denen 40 Mann zur Verstärkung der Besatzung Mombasa's bestimmt waren. Für den Fall der Einnahme Patta's schrieb er vor, dem Fürsten von Fasa, der mit dem gleichen Schiffe nach Ostafrika zurückging, die Herrschaft und den Schutz Patta's als portugiesischen Vasallen zu übergeben. Diesem Fasa-Fürsten wird bei dieser Gelegenheit das Zeugnis ausgestellt, dass er, einerlei wer er sonst sei, einen treuen, verständigen und fähigen Eindruck mache.') Das Schiff hatte die Vorschrift, zuerst 1) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Maýo No. 831. Goa, 23. November I686. - 238 Schungaja und Tula anzulaufen und dann nach Patta zu gehen. Vermutlich ist es aber, nachdem es an jenen Küstenplätzen erfahren hatte, dass das von Mombasa beabsichtigte Unternehmen aufgegeben worden sei, ohne selbständig vorzugehen, nach Mombasa weitergegangen. Doch Joäo Antunes Portugal wurde durch die hartenWorte seines vizeköniglichen Vorgesetzten nicht von neuen Anschlägen auf Patta abgeschreckt. Mit Hilfe der von Goa erhaltenen Verstärkung und des Fürsten von Fasa segelte er im April oder Mai des Jahres 1687 nach Patta, musste aber unverrichteter Sache nach Mombasa zurückkehren, da er im Hafen jener Stadt unerwartet arabische Fahrzeuge fand. Dann aber, nachdem diese Araber abgezogen waren, erneuerte er das Unternehmen mit dem Erfolge, dass er am i. August desselben Jahres als Sieger in Patta einziehen konnte. Triumphierend berichtet er über dieses Unternehmen unter dem 22. August nach Goa, dass er am i i. Juli von Mombasa mit seiner Fregatte ,Nossa Senhora dos Milagres" und dem Staatsschiffe Charidade", samt zehn einheimischen Fahrzeugen, mit dem Fürsten von Fasa im Gefolge, ausgesegelt sei, dass er auf eigene Kosten den Sold der Besatzungen beider Schiffe auf vier Monate bezahlt habe, dass er Patta erfolgreich blockiert und schliesslich zur Waffenstreckung gezwungen habe. Wie aus dem langen Berichte hervorgeht, verdankte er das Gelingen dem Umstande, dass der König von Patta auf einem Kriegszuge gegen Schungaja am Festland abwesend war, und dass es ihm gelang, sechzig Galla, die in feindlichen Diensten standen, durch Bestechung zum Ueberlaufen zu bewegen. Er versäumt dabei nicht hervorzuheben, dass die Bestechungsgelder aus seiner eigenen Tasche gingen. Die ganze Sache scheint ohne Blutvergiesen abgelaufen zu sein. Als Kriegsbeute fielen den Angreifern 6 Geschütze, 2 Mörser und 6o Gewehre in die Hände. Ausserdem musste sich Patta zu einer Kriegsentschädigung von 17000 Crusados (= M. 46750.-) v'erpflichten.') Indessen schon kurze Zeit, wahrscheinlich nur Wochen später, schien es, dass die Patta-Leute den Unterwerfungseid, den sie eben erst geleistet hatten, brechen wollten. Auf Anzeichen von Aufstandsgelüsten ergriff Joäo Antunes Portugal den König sowie 12 der Vornehmsten der Stadt und schickte sie gefangen nach Goa. Hier herrschte über diesen als wunderbar erachteten Erfolg die hellste Freude. Der Vizekönig, der im Vorjahre in so absprechender Weise die Pläne auf Patta verurteilt hatte, hatte einem Nachfolger Platz gemacht, und dieser betrachtete die Geschehnisse mit so günstigen ) Julio Firmino Judice Biker, Collecýäo de Tratados e Concertos de pazes que o Estado da India Portugueza fez com os Reisse Senhores com quem teve rela§öes nas partes dg Asia e Africa Oriental desde- o principio da conquista at6 ao fim do seculo XVIII, Lisboa 1881-1887, IV, S. 230. Patta, 22. August 1689 (richtiger 1687). - 239 Augen, dass er den früher geschmähten Joäo Antunes Portugal als einen Mann von grosser Umsicht und Tapferkeit der königlichen Gnade und Auszeichnung besonders würdig nach Portugal empfahl.') Der in Goa gefangen gehaltene König von Patta machte selbstredend alle Anstrengungen, um wieder in sein Reich eingesetzt zu werden. Als das Ergebnis von Verhandlungen sandte er eine lange Bittschrift (ii. Oktober 1687) nach Lissabon,2) aus der die folgenden Hauptpunkte, die Aufschluss über die Verhältnisse bieten, wiederzugeben sind: i. Patta und Patta's König bleiben Portugal unterthänig. Den Arabern wird Patta gänzlich verschlossen. 2. Patta errichtet auf eigene Kosten in Patta ein Fort zur Aufnahme von hundert portugiesischen Soldaten und an der Hafeneinfahrt bei Fasa ein Fort für zwanzig Soldaten. 3. Sämmtliche Zolleinnahmen und Steuern fallen an Portugal. Falls diese Abgaben zur Bezahlung der Militär und Civilausgaben nicht genügen, hat Patta jährlich 55oo Crusados (= M. 15 125.-) baar zuzuzahlen. 4. Der Errichtung von christlichen Kirchen innerhalb und ausserhalb Patta's und dem Uebertritt von Muhamedanern oder Heiden zum Christentum wird keinerlei Hindernis entgegengesetzt. 5. Patta bittet, dass es nie unter den Fürsten von Fasa gestellt wird. 6. Aller am Strande gefundener Ambergris wird an die portugiesischen Beamten abgeliefert. 7. Patta bittet, im Islam weiterleben und die Moscheen beibehalten zu dürfen. 8. Patta verpflichtet sich, binnen zwei Jahren auf der ganzen Insel alle hohen Häuser bis auf das Erdgeschoss abzureissen. 9. Patta bittet, dass dem Könige und allen Einwohnern ihr gesamtes beschlagnahmtes und geraubtes Eigentum zurückerstattet wird. Der Vizekönig übermittelte diese Bittschrift nach Lissabon mit einem Begleitbriefe (24. Januar i688), in dem er ausführt, dass er nicht daran denke, den König von Patta einzusetzen oder nur in seine Heimat zurückkehren zu lassen, dass er aber für gut erachte, bei dem Bittsteller und dessen Unterthanen gegenteilige Hoffnungen wach zu halten, da er hierin eine wesentliche Hülfe zur Erhaltung der neuen Eroberung sähe.') ) Biker IV S. 225. Goa,24. Januar 1688. 2) Biker IV. S. 219. 3) Biker IV S. 224. - 240 Zum gleichen Behufe hatte der Vizekönig auch ein kleines Geschwader mit ioo Mann an Bord entsendet. Doch die Freude über den Besitz von Patta war von kurzer Dauer. Wenige Tage nachdem mit dem ersten Monsun Mitte Dezember 1687 diese portugiesische Verstärkung vor Patta angekommen war, erschien auch ein von Patta-Leuten aus Maskat herbeigerufenes arabisches Geschwader, das aus einem grossen Schiffe und vier kleineren Schiffen mit angeblich 300-400 Mann an Bord bestand. Die portugiesischen Schiffe hatten sich bei ihrer Ankunft im Fasa-Hafen verankert, wurden aber dann auf Rat der einheimischen Lotsen, die vorgaben, dass die Ankerstelle bei stärkerem Winde unsicher sei, kurz vor Ankunft der Araber weiter hinausgelegt. Hierdurch wurde listigerweise den Arabern der beste Landungsplatz freigemacht. Offenbar in vollem Einverständnis mit den Pattaleuten konnten sich die Araber ausschiffen. Irgendwelchen Widerstand konnten oder mochten die Portugiesen nicht leisten, und Joäo Antunes Portugal hatte seine Eroberung ohne Schwertstreich aufzugeben. In derselben Stunde, in der die Araber sich gegen die Stadt in Marsch setzten, kam er flüchtend mit nur zwei Begleitern an den Strand und wurde hier von einem Schiffsboote aufgenommen. Ihm blieb nichts weiteres übrig, als mit dem Geschwader nach Mombasa abzuziehen. Seine Patta-Unternehmungen gaben ihm reichlich Gelegenheit zu erkennen, wie in der Welt der Erfolg oder Misserfolg die Beurteilung beeinflusst. Zuerst geschmäht, dann gelobt, musste er weiter erleben, dass er wegen des schliesslichen Ausganges seines Vorgehens gegen Patta in Goa im Juli 1688 unter Anklage gestellt wurde. Hauptsächlich wurde ihm zum Vorwurfe gemacht, dass er in den fünf Monaten, in denen er im Besitze Patta's gewesen war, keinerlei Verteidigungswerke errichtet habe und dass er sich übertölpeln liess, indem er dem Rate der Patta-Leute zum Verholen der Schiffe nach einem ungeeigneten Ankerplatze folgte. Die umfangreichen Prozessakten schliessen mit dem Befehle seiner Gefangensetzung. Das gleiche Schicksal wurde Joäo Perreira de Lemos, dem Chef des Hülfsgeschwaders, beschieden.') Dem Ueberseerate in Lissabon lagen die Patta-Angelegenheiten im Oktober 1688 auf Grund von Berichten zur Beratung vor, in denen nur die Einnahme aber noch nicht der Wiederverlust dieses Platzes gemeldet war. Nichtsdestoweniger herrschte hier keineswegs Befriedigung, und klar wurde erkannt, dass die Eroberung Patta's keinen Zuwachs der Macht Portugals, sondern eher eine Schwächung bedeute, da die Verteidigung eine Zersplitterung der ohnedies ungenügenden Kräfte erfordern würde. Einstimmig war der Ueberseerat der Ansicht, dass es das Beste wäre, 1) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Maýo No. 832. Goa, 30. August 1688. - 241 wenn die Eroberung rückgängig gemacht werden könnte. Angesichts indessen der geschaffenen Sachlage war die Quintessenz der nach Goa gegebenen Vorschriften, dass man besser thue, von einer Besetzung Patta's durch Portugiesen Abstand zu nehmen und den Fürsten von Fasa als-portugiesischen Vasallen mit der Herrschaft zu betrauen. Dieses wurde auch darum für nötig erachtet, um sich nicht in diesem Fürsten einen neuen Widersacher zu schaffen. Gleicherzeit wurde zugestimmt, dass die von dem Vizekönige begonnene Gaukelpolitik mit dem in Goa gefangenen König von Patta fortzusetzen sei, und dazu angeordnet, dass das Endziel sein müsse, die bisherigen Machthaber von Patta als erwiesen feindlich und unzuverlässig gänzlich zu vernichten. Auch im folgenden Jahre, als die Nachrichten von der Wiederaufgabe Patta's vorlagen, urteilte der Ueberseerat über diesen Verlust kühl. Nur ergab sich die Sorge, dass durch die Festsetzung der Araber in Patta die Lage für Mombasa und Mozambique bedrohlicher geworden sein könne. Doch die Gesamtbehandlung zeigt, dass sich der Ehrgeiz in Lissabon vollständig auf die Behauptung des ursprünglichen Besitzes beschränkte. Dass in diesen Jahrzehnten stetiger Empörungen und Kriege die wirtschaftliche Thätigkeit der Portugiesen nicht in Blüte gewesen sein kann, geschweige denn sich ausdehnen konnte, ist sicher anzunehmen. Aus den ausserordentlich dürftigen Nachrichten der portugiesischen Quellen ist allerdings kein umfassenderes Bild zu gewinnen, aber die wenigen vorliegenden Angaben und dazu Erwägungen aus den politischen und allgemeinen Verhältnissen berechtigen zu dem Schlusse, dass es damit armselig bestellt gewesen sein muss. Schon die stetigen Beunruhigungen durch die Araber werden ein Hindernis gewesen sein. Freilich liegen .zwischen den einzelnen grösseren Zusammenstössen der Portugiesen und Araber Zwischenräume von fünf und zehn Jahren scheinbarer Ruhe, aber alles spricht dafür, dasA alljährlich mit dem Beginne des Nordostmonsuns im Dezember arabische Dhaus in Ostafrika erschienen und hier bis zum Ende des Südwestmonsuns d. i. bis zum August oder September ihr Wesen trieben. Es ist hierbei nicht an kriegsgerüstete, auf Eroberung ausgesandte Fahrzeuge des Imams von Maskat, sondern an Kauffahrer zu denken, die vorwiegend friedlichen Erwerb suchten, aber auch keiner Gelegenheit zum Raub und Kampf aus dem Wege gingen. Mombasa werden sie vermieden haben, aber sicher haben sie in den anderen Küstenplätzen den Handel an sich gerissen. Für die ganze zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts ist undenkbar, dass ausserhalb Mombasa's und Zanzibar's Portugiesen stetig ansässig gewesen sind. Die Gefahren für Leben un4 Eigentum werden dieses, wenigstens in den Monaten, in denen die arabischen Dhaus an der Küste waren, unmöglich gemacht haben. Der portugiesische Handel kann im wesentlichen nur Strandes, Ostafrika. 16 - 242 von den Schiffen aus und durch eingeborene Agenten betrieben worden sein. Ausser für Mombasa ist für diese Zeit nur für Zanzibar die Anwesenheit von portugiesischen Ansiedlern nachzuweisen. Ihre Anzahl ist nirgends angegeben, doch dürfte die Annahme, dass es vielleicht zehn bis zwanzig Familien waren, schon hoch sein. Sie fanden durch die meistens treue Gesinnung der Herrscher dieser Insel Schutz. Insbesondere wird um die Wende des 17. Jahrhunderts eine Königin von Zanzibar, als den Portugiesen unwandelbar ergeben, häufig gelobt. Im übrigen ist für die kleinen Fürsten Ostafrikas seit ungefähr 1652 keine andere Politik denkbar, als das Bestreben, sowohl mit den Portugiesen wie mit den Arabern Freundschaft zu halten. Demjenigen der beiden idersacher, unter dessen Banne sie sich jeweilig befanden, werden sie Ergebenheit geheuchelt haben. Das Jahr 1645 brachte eine Verordnung, die für den portugiesischen Handel Ostafrikas ausserordentlich wichtig erachtet wurde. Da Angola von den Holländern besetzt war, wurde die Sklavenausfuhr nach Brasilien, die bisher ausschliesslich den portugiesischen westafrikanischen Besitzungen vorbehalten gewesen war, auch für Ostafrika freigegeben. Es sind aber keine Anzeichen vorhanden, dass sich von Ostafrika aus, Mozambique ausgenommen, ein bezüglicher Verkehr entwickelte. Ueberhaupt ist nicht anzunehmen, dass die portugiesische Sklavenausfuhr aus dem nördlichen Ostafrika in diesen Jahrhunderten je sehr bedeutend gewesen ist. Allerdings waren die portugiesischen Besitzungen in Indien mit Negersklaven überschwemmt, die aus Mozambique und Mombasa stammten, aber es ist dabei nicht an Menschenmengen zu denken, wie sie aus Westafrika nach Amerika verladen wurden. Auch ist nicht anzunehmen, dass die Portugiesen den Muhamedanern im Persischen Golfe oder Indien viele Sklaven lieferten. Schon die Inquisition wird dieses verhindert haben. Sogar den in Mozambique ansässigen Muhamedanern wurde in den Jahren 1727 und 1728 auf das Einschreiten der Inquisition das Halten von Sklaven verboten. Sie sah darin eine Schädigung des Christentums, da die Sklaven die Religion ihrer Herren anzunehmen pflegten. Menschenfreundliche Erwägungen sprachen bei dieser Verfügung nicht mit, denn es war den .Muhamedanern ausdrücklich erlaubt, Sklaven aus dem Innern einzuführen, aber sie waren verpflichtet, sie sofort bei dem Delegierten der Inquisition anzumelden und binnen sechs Monaten an Christen zu verkaufen. Später wurde dieses dahin gemildert, dass die Muhamedaner Sklaven von unzweifelhaft muhamedanischer Abstammung besitzen durften.') Beiläufig erwähnt, zeigt diese Behandlung in grellem Lichte, welchen Beschwerden die Muhamedaner, unter portugiesischer Herrschaft ausgesetzt waren, ') Archivo VI S. 286 und 301. - 243 denn ein solches Verbot muss unter damaligen Verhältnissen der gänzlichen Abschneidung von Arbeitshülfe gleichbedeutend gewesen sein. Allmählich, unter dem Drucke der eifrigen Bestrebungen der europäischen Nebenbuhler, wurde in den meisten portugiesischen Besitzungen der Handelsbetrieb freiheitlicher gestaltet. Schon 1642 hatte die Regierung alle ihre Monopole in Ostindien, nur unter Ausschluss des Zimmthandels, fallen gelassen. Doch wie seit den ältesten Zeiten die ostafrikanischen Besitzungen immer Ausnahmegebiete im Handel und kaum etwas anderes als den Gouverneuren zur Ausbeutung überlassene Domänen gewesen waren, so blieben sie es auch weiter. In Mozambique wurden diese Verhältnisse zuerst unhaltbar. In den Jahren 1671, 1674 und 168o wurde den Gouverneuren das Handelsmonopol stückweise genommen. Aber in dem nördlichen Teile Ostafrikas, mit der Hauptstadt Mombasa, ist noch länger alles beim Alten geblieben, d. i. die Kommandanten hatten gegen eine Pachtabgabe das Alleinrecht auf den gesamten auswärtigen Handel. Dass dieses Monopol nicht ganz ungeschmälert aufrecht erhalten wurde, dafür mag als Beispiel dienen, dass der oben viel erwähnte Joäo Antunes Portugal im Jahre 1687 in Patta eine handeltreibende englische Galeote aus Surat traf, deren Kapitän er als Boten für einen Brief an die Patta-Leute benutzte, und dass auch anderweitig aus dieser Zeit ein gelegentlicher Verkehr englischer Schiffe mit der Mombasa-Küste nachzuweisen ist. Doch diese Eingriffe sind als Ausnahmen anzusehen. Die Unergiebigkeit Ostafrikas an wertvollen Erzeugnissen wird der beste Schutz des Monopolinhabers in seinen Rechten gewesen sein. Noch im Jahre 1689 wurde in dem Ueberseerate zu Lissabon geklagt, dass die Kommandanten als ihre Hauptaufgabe ihre eigenen kaufmännischen Geschäfte betrachteten, und dass dieses das grösste Hindernis der Verteidigungstüchtigkeit Mombasa's sei.1) Verschiedentlich wurden in Portugal und Indien, dem Beispiele anderer europäischer Völker folgend, Handelsgesellschaften errichtet, die aber alle nur ein kurzes Leben hatten.') Für Mozambique gewann eine derartige Gesellschaft (1686) grosse Bedeutung, die ausschliesslich aus Banianen aus Diu bestand, und die sich der Gönnerschaft der Jesuiten erfreute.') Auch im nördlichen Ostafrika mit Mombasa wurde schliesslich das Handelsmonopol den Kommandanten zu Gunsten einer in Goa ansässigen Handelsgesellschaft, der Companhia da India, genommen. Die endgültigen Privilegien dieser Gesellschaft datieren vom I6. März 1697,4) doch hat sie ihren Betrieb auf Grund vorläufiger, in Goa getroffener Vereinbarungen schon ein ) Ms. Liss. Conselho Ultramarino, Maco No. 831. 2>Vergl. Danvers, Recotds S. 13 ff. 3) Bordalo S. 19. ) Danvers, Records S. 14. - 244 Jahr früher begonnen. Ob die Kommandanten für den Wegfall ihrer Einnahmen aus dem Handel eine Entschädigung erhalten haben, ist nicht angegeben. Die Gesellschaft hatte in dieser Beziehung in den Vorverhandlungen bieder der Erwartung Ausdruck gegeben, dass die bekannte Grossmut seiner Majestät des Königs von Portugal durch Verleihung von Gnaden und Aemtern einen Ausgleich finden werde.') Irgendwelche Veränderungen in dem Handelsverkehre Mombasa's erfolgten durch die Niederlassung der Handelsgesellschaft nicht. Sie trat einfach an die Stelle des Kommandanten und liess dessen bisherigen Betrieb durch eigene Angestellte fortführen. Ausdrücklich war in den Vereinbarungen vorgesehen, dass sie keine anderen Vorrechte geniessen solle, als der Kommandant vorher besessen habe. Ueber die Art dieser Vorrechte sagen die Verhandlungen und der Privilegienbrief nur, dass sämtliche anderen Kaufleute Mombasa's verpflichtet seien, ihren Bedarf an Einfuhrwaren von der Gesellschaft zu kaufen und gleichfalls an diese sämtliche Ausfuhrwaren zu höchstmöglich festzusetzenden Taxpreisen zu verkaufen. Namentlich werden hierbei Ambergris, Elfenbein und Schildpatt genannt. Auch genau dieselbe Pachtsumme, wie bisher der Kommandant, sollte die Gesellschaft erlegen. Die Höhe derselben ist leider nicht angegeben.') Eine Vermehrung des Verkehres haben die stärkeren Mittel der Gesellschaft nicht herbeigeführt, denn nach wie vor wird aus den wenigen Jahren, welche sie lebte, von der Ankunft des einen alljährigen Schiffes aus Daman in Mombasa gesprochen. Uebrigens hat es den Anschein, dass die Kommandanten von Mombasa während der Herrschaft der Gesellschaft nicht ganz auf die liebgewordene Kaufmannschaft zu verzichten brauchten, denn einer von ihnen berichtet im Jahre 1697 als sein Verdienst, dass er im stande gewesen sei, anstatt der von jener eingeführten ungeeigneten Baumwollstoffe, geeignete aus seinen eigenen Vorräten zu liefern. Die Gesellschaft hat auch kaum Zeit gehabt, sich in den Mombasa-Handel einzuarbeiten, denn schon Mitte des Jahres 1699 wurde sie wieder aufgelöst. Der Verlust Mombasa's an die Araber gab hierzu den Anlass. Obgleich sie von Indien auch nach Mozambique und China Handel trieb und in der kurzen Zeit ihres Bestehens gute Gewinne ausgeschüttet hatte, sah doch die Ueberzahl der Gesellschafter in dem Verluste Mombasa's ein Hindernis weiteren Gedeihens. W7ahrscheinlich ist indessen diese Aenderung der Verhältnisse nur ein Vorwand für die aus anderen Gründen beliebte Auflösung gewesen. Der Handelsgesellschaft wurde sogar der Vorwurf gemacht, den Verlust Mombasa's 1) 0 Chronista de Tissuary. Redactor J. H. da Cunha Rivara, Vol. II. Nova Goa 1867. A India no'governo do Vice Rei Conde de Villa Verde, 1693-1698 S. 125. 2) 0 Chronista de Tissuary II S. 124-125. - 2145 durch rücksichtslose Ausbeutung ihrer Vorrechte verschuldet zu haben, doch wurde sie hiervon gänzlich freigesprochen, da nachgewiesen wurde, dass schon 6 Wochen nach dem ersten Bekanntwerden ihrer Errichtung die arabischen Belagerer vor Mombasa erschienen waren, und somit ausgeschlossen war, dass sie zufolge des Vorgehens der Gesellschaft gerufen sein konnten.') In den amtlichen Berichten dieser Zeit wird der Handel von Mombasa in allgemeinen Redensarten, doch nicht überzeugend, als ausserordentlich wichtig für Portugal gepriesen. Mombasa wird dabei häufig in einem Atem mit Mozambique genannt. Von Mozambique wird weitergehend häufig sowohl von Goa wie auch von Lissabon gesagt, dass es die einzige Quelle des Wohlstandes in den portugiesischen Kolonien des Ostens geblieben sei und durch seine Einnahmen fast allein die Kosten der indischen Verwaltung aufbringe.') Erklärlich ist dieses nur durch den gänzlichen Verfall des gesamten anderen portugiesischen Handels im Osten, wodurch die Mozambique-Gewinne in den Vordergrund traten. Wie aber über diese Gewinne von anderer Seite gedacht wurde, zeigt eine Stelle in dem sehr schätzenswerten Werke eines englischen Kaufmanns und Kapitäns, der 35 Jahre lang (1688-1723) im Indischen Ozean thätig war. Von dem Handel Mozambique's sprechend, sagt er, es heisse, dass die Portugiesen dort Goldkörner gegen Glasperlen eintauschten, indem sie ein im Lehmboden gemachtes Loch mit Perlen füllten und dagegen das gleiche Mass mit Gold gefüllt empfingen, und dass sie im ähnlichen Missverhältnisse des Wertes Elefantenzähne eintauschten, indem sie ein der Länge der Zähne gleiches Mass von geringen, indischen Baumwollstoffen gäben, fügt aber boshaft hinzu, dass, wenn dieses wahr wäre, die Portugiesen nicht so jämmerlich arm sein könnten, wie sie es in allen ihren Kolonien im Osten wären!'3) 1) 0 Chronista de Tissuary II S. i8i. 2) Ms. Liss. Cons. Ultramarino. Cons. da India. Livro 40 fl. 198-i99. 3) Alexander Hamilton, A new account of the East Indies, Edinburgh 1727, 1 S. II. Dreijährige Belagerung und Fall Mombasa's.') Die Scheu, welche die Araber trotz ihres Uebergewichtes an dieser Küste vor dem starken Mombasa einige Jahrzehnte lang gezeigt hatten, ging im Jahre 1696 verloren. Angeblich gereizt durch einige Streifzüge, welche der MIombasaKommandant gegen verschiedene benachbarte Orte unternommen hatte, und zur Rächung einiger Landsleute, die als Gefangene in Goa hingerichtet worden waren, sowie durch Ostafrikaner gerufen, worunter ein König von Lamu genannt wird, rüsteten sie, um auch das portugiesische Bollherk in Ostafrika in ihre Gewalt zu bringen. Am 13. März erschienen sie mit zwei grossen und fünf kleinen Schiffen und mit zehn oder elf Dhaus vor Mombasa. Nachdem sie einige Tage in Sicht gekreuzt hatten, segelten sie am I 5. März nach 1) Soweit nicht andere Angaben gemacht sind, stützt sich die in diesem Abschnitte gegebene Schilderung auf folgende Briefe: Geschwaderchef Luiz de Mello Sampayo nach Goa, Barra de Mombaýa, 27. Januar, 28. Januar 1697, Mocambique, i6. August 1697. Festungs-Kommandant Antonio Mogo de Mello nach Goa. Mombaca, fortaleza em cerco, 28. Januar, 5. März, 15. März 1697. Vizekönig nach Lissabon. Goa, 23. Dezember 1697, 2o. Januar 1698. Kapitän-Leutnant Joseph Pereira de Brito nach Goa. Ohne Ort und Tag. Kapitän Henrique de Figueiredo nach Goa. Ohne Ort und Tag. Kapitän Pereira de Gusmäo nach Goa. Barra de Mombaca 26. Januar 1697. Königin von Zanzibar nach Goa. Zanzibar, 30. März 1697. Sämtlich in Ms. Liss. Archivo do Cons. Ultramarino, Consultas resolvidas, Ma§o No. d'ordem 84-. - 247 Kilindini hinein. Vergebens wurde von der Festung Jesus und von der am Kilindini-Meeresarme liegenden kleinen Feste St. Joseph versucht, durch Beschiessen das Einlaufen der Schiffe zu verhindern. Die Schüsse von der Festung fielen alle zu kurz, und auch von St. Joseph wurde wenig ausgerichtet, denn der gesamte Verlust der Araber betrug nur zwei Tote. Dagegen brachte das Feuer der Araber unter der Besatzung des St. Joseph, welche aus 250 Eingeborenen unter nur vier Portugiesen bestand, solche Verwirrung, dass sie entmutigt den Ort räumten und sich nach Vernagelung der Geschütze nach der Festung zurückzogen. Gleichzeitig flüchtete dorthin, nachdem sie die Stadt angezündet hatte, die ganze Einwohnerschaft. Die Gesamtzahl der Portugiesen, die in der Festung zusammenkam, Soldaten, Beamte und Siedler, betrug wenig über fünfzig, doch zusammen mit den gleichfalls hier Schutz suchenden anderen Einwohnern -der Insel, Männern, Frauen und Kindern, alle gezählt, war eine Menschenmenge von 2500 Seelen auf diesem engen Raume zusammengepfercht. Ausser in der Festung selbst fanden sie in den trockenen Festungsgräben Unterkunft. Die Aufnahme der meisten verstiess gegen eine Verordnung, nach der in ähnlichen Notständen nur Christen, aber nicht Muhamedaner aufgenommen werden durften. Indessen dieser Verstoss erwies sich zum Heile, denn im Laufe der Belagerung zeigten sich die aufgenommenen Muhamedaner als die schätzbarsten Helfer. Da von Patta aus einige Tage vorher Warnungen von dem bevorstehenden Anzuge der Araber eingetroffen waren, auch das dreitägige Kreuzen der Feinde vor der Insel weitere Zeit gegeben hatte, waren alle Vorräte der Stadt an Lebensmitteln in der Festung zusammengeschleppt worden. Auch an Wasser war kein Mangel zu fürchten, da zwei innerhalb der Festung gelegene Brunnen und ein dritter, der im Graben lag, aber von der Mauerkrone aus benutzt werden konnte, eine genügende Menge, wenn auch brackigen Wassers lieferten. Gleich nach Abzug der Portugiesen hatten die Araber die Stadt und das Fort St. Joseph besetzt, enthielten sich aber vorläufig der Behelligung der Festung, da sie ihrerseits befürchteten, angegriffen zu werden, und hiergegen ihre Stellung in Kilindini verschanzten. Hierdurch fanden die Portugiesen Zeit, einige der Festung nahe liegenden Häuser niederzureissen. Auch suchten sie eine eigenartige Schutzmassregel dadurch, dass sie eine Bildsäule ihres grossen Heiligen, des H. Antonius, der Kirche entnahmen, als Soldaten ankleideten und auf der gefährdetstei Stelle der Mauer aufstellten. Beiläufig erwähnt, preist der Chronist der Belagerung, der Schutz, welchen dieser Heilige gewährt habe, sei unverkennbar und schon dadurch offenbar gewesen, dass sich die Bildsäule, trotzdem sie ein besonderes Ziel der Feinde gewesen sei, vollko mmen gegen alle Schüsse gefeit gezeigt habe, während rechts und links das Mauerwerk zerschmettert worden sei; erst in - 248 den Tagen völliger Verzweiflung soll auch die Bildsäule durch Niederstürzen in den Graben die Zwecklosigkeit weiteren Ausharrens angezeigt haben.') Auch für Hülfe von auswärts sorgten die Portugiesen dadurch, dass gleich nach Erscheinen der Feinde Joseph Barroza, ein thatkräftiger Schiffskapitän, in einem kleinen Boote mit wenigen eingeborenen Begleitern, nach Mozambique abging und wirklich nach Ueberwindung vieler Schwierigkeiten mit einigen 30 Mann im August zurückkehrte, die er in Mozambique, auf den Kerimba-Inseln und in Zanzibar zusammengebracht hatte, Erst zwei Wochen nach ihrer Landung begannen die Araber nächtlich die Festung zu umschweifen und die Besatzung zu beunruhigen. Zu den ersten Kämpfen kam es um zwei vor der Festung liegende portugiesische Fahrzeuge. Einem derselben, dem Wachtschiffe der Küste, wurden in einer dunklen Nacht von den Feinden die Ankertaue gekappt, wodurch es auf das Festlandsufer trieb und genommen wurde. Das zweite, ein kürzlich von Daman gekommenes Schiff der neuen Handelsgesellschaft, welches der Stadt die alljährlichen Zufuhren von Handelswaaren und Lebensmitteln brachte und noch unentlöscht war, wurde glücklich dadurch gerettet, dass es unmittelbar unter der Festung auf den Strand gesetzt wurde, wo es allmählich zum grossen Nutzen der Belagerten entladen werden konnte. Inzwischen hatten sich die Araber in der Portugiesenstadt gegenüber dem Hauptthore der Festung, unter Verschanzung des Augustinerklosters und Aufstellung eines der Feste St. Joseph entnommenen Geschützes, einen festen Stützpunkt geschaffen. Drei Ausfälle, die von der Festung aus hauptsächlich mit eingeborenen Hülfstruppen und nur 12 Portugiesen unternommen wurden, um die Feinde aus dieser lästigen Nähe zu vertreiben, hatten keinen Erfolg. Dann trat fast vollständige Waffenruhe ein. Nur beobachtend standen sich Monate lang die Belagerten und Belagerer gegenüber. 1) Historia da Mombaýa. Ms. Liss. Bibl. Nac. Cod. Ms. No. 584 S. 14. Diese umfangreiche Handschrift (i81 Abschnitte), deren Verfasser unbekannt ist, behandelt aussclliesslich die Belagerungszeit von 1696 und 1698 und ist zweifelsohne zwischen 1698 und 1701 in Goa auf Grund von mündlichen Berichten und schriftlichen Belegen von Augenzeugen geschrieben. Sie ist aber im wesentlichen nur für die Monate September bis Dezember 1697 ergiebig und auch für diese Zeit mit Vorsicht zu benutzen, da sie offenbar der Verherrlichung des derzeitigen stellvertretenden Kommandanten Joseph Pereira de Brito dient. Vielleicht ist dieses Werk dasselbe, welches Duarte Barbosa Machado in seiner Bibliotheca Lusitana . . . (Lisboa 741 1 S. 98) unter dem Titel ,Tragica narra(7äo de successo do sitio de Mombaýa" anführt und Alexandre Sousa de Castello Branco zuschreibt. Diese Bibliographie verzeichnet noch eine zweite Geschichte der Belagerung Mombasa's unter dem Titel ,,Historia do memoravel cerco de Momlaäýa onde se relata a morte do Vice Rey Francisco Jozd de $ampayo, succedida em 12 de Jutho de 1723" mit P. Manoel de Sa als Verfasser. - 249 Auf der Landseite war die Festung vollständig umzingelt, doch von dem kleinen Strandstreifen aus, der von den Mauern beherrscht wurde und auf den eine Notpforte der Festung mündete, konnte, da hier der Wachtdienst der Belagerer lässig war, ein gelegentlicher Verkehr nach der See hinaus aufrecht erhalten werden, wodurch allerlei Zufuhren von Lebensmitteln hereinkamen. Insbesondere die Königin von Zanzibar zeigte sich hierin als eine uneigennützige Freundin. Auch die Musungulos, unter einem Könige von Chone, waren durch diese Hülfssendungen, allerdings gegen hohe Bezahlung, treue Bundesgenossen der Portugiesen und erregten hierdurch den Zorn der Araber in einem Masse, dass sie einen Rachezug nach dem Festlande unternahmen, von dem sie aber mit grossen Verlusten, angeblich 350 oder gar 420 Toten, zurückkehrten. Doch an diesen Kämpfen hatten die in der Festung Eingeschlossenen keinen Anteil und davon kaum Kunde. Ganz ohne Zusam-rnenstösse zwischen Portugiesen und Arabern, ja wahrscheinlich selbst ohne Kugelwechsel, vergingen die Monate April bis Juli, und noch harmloser gestalteten sich die Verhältnisse mit Ende August, da um diese Zeit der grösste Teil der Araber nach Maskat absegelte, und, hierdurch ermutigt, drei Stämme der Musungulos auf der Insel erschienen, die die Araber so innerhalb ihrer Verschanzungen in Schach hielten, dass sogar einzelne Leute aus der Festung am lichten Tage ungefährdet zum Einsammeln von Brennholz und Früchten ausgesandt werden konnten. Doch was die Belagerten an Luft am festen Lande gewannen, verloren sie auf See. Zwei von Kwale kommende Fahrzeuge und kurz darauf eine ganze Flotille, die mit Lebensmitteln von Zanzibar kamen, darunter ein Schiff, das dem Kommandanten gehörte, wurden von den Arabern genommen oder zum Sinken gebracht, und die Belagerten gingen damit der Mehrzahl ihrer Beförderungsmittel verlustig. Eine weitere Schmälerung der Versorgung der Festung erreichten die Araber dadurch, dass sie mit fünfzig Mann einen Zug nach Zanzibar unternahmen, hier alles ausplünderten und verwüsteten und damit die Hülfsthätigkeit der Königin dieser Insel brach legten. Auch wurde bei dieser Gelegenheit ein kranker Portugiese, der sich nicht hatte flüchten können, getötet. Mit dem Knapperwerden der Zufuhren begann sich auch Not in der Festung bemerkbar zu machen. Jedermann musste sich einschränken, und insbesondere der Mangel an Brennholz wurde so gross, dass der Reis und andere Nahrungsmittel ungekocht gegessen werden mussten. Zahlreiche Desertationen und Todesfälle waren die Folge, und auch der Kommandant Joäo Rodriguez Leäo erlag am 23. Oktober einer ErkrankungAngeblich hatte er sich diese durch die Erregung zugezogen, die ihm das Weglaufen von zwei Sklaven, bereitete, auf deren Treue er besonders gebaut hatte. Allgemein wird ihm nachgerühmt, dass er ein tapferer und umsichtiger Mann gewesen - .250 sei. Als nach der Beerdigung des Verschiedenen die für alle Fälle stets in den Festungen hinterlegten versiegelten Verfügungen des Vizekönigs geöffnet wurden, zeigte sich, dass Antonio Mogo de Mello, der Vertreter der Handelsgesellschaft und gleichzeitig höchste Civilbeamte des Platzes, zur Nachfolge im Kommando berufen war. Demselben hatte schon während seiner Krankheit. der Verstorbene als seinem Nachfolger huldigen wollen, doch er hatte damals abgelehnt, da er seinen Namen nicht mit dem Unglücke Mombasa's verbinden wollte. Mit dem Amtsantritte dieses neuen Kommandanten begann in der belagerten Festung, soweit dessen eigenen Berichten zu glauben ist, ein frischeres Leben. Durch grosse Anstrengung wurde erreicht, dass die Versorgung, wenigstens mit frischen Fischen und Brennholz, reichlicher wurde. Alle, auch die traurigsten Goanesen, selbst die Köche, wurden mit den Waffen ausgebildet sowie als Soldaten bezahlt, und jedem von ihnen wurde, wie der Kommandant schreibt, das Gefühl eingeimpft, er sei ein Scipio Africanus. Am 2. November erhielt der Feind neue Verstärkung durch die Ankunft von elf Dhaus von Patta, die einige Araber und viele Wagunja, Maracatosund Galla brachten. Enger wurde damit die Festung eingeschlossen, und die Not der Belagerten scheint wieder gewachsen zu sein, denn das Weglaufen von Muhamedanern und Sklaven nahm überhand, und nächtliche Geplänkel um die Fliehenden waren an der Tagesordnung. Im Lager der Araber war die Meinung verbreitet, dass kaum noch ein Portugiese überlebe und die wenigen Lebenden bald an Hunger sterben würden. Um dieser Ansicht entgegenzutreten, benutzte der Kommandant das Fest Marias Opferung, am 2 I. November, zu einer Eulenspiegelei, indem er überall auf den Mauern der Festung und in allen Schiessscharten Gewehre befestigen liess, die gleichzeitig durch Lunten abgefeuert wurden. Das an Festtagen übliche Salutschiessen wurde hierdurch ausserordentlich vermehrt und angeblich der Feind über die Zahl der waffenfähigen Verteidiger getäuscht. Doch die Hoffnungsfreudigkeit in der Festung nahm mehr und mehr ab. Stetig war man in Furcht, dass die Belagerer zu einer Berennung übergehen würden, und sehnsüchtig wurde deshalb nach Schiffen Ausguck gehalten, da jetzt mit dem Nordostmonsun Hülfe von Indien eintreffen konnte. Wirklich kamen am 13. Dezember zwei Barken und eine Galeote in Sicht, die zuerst freudig begrüsst wurden, sich aber bald als Feinde entpuppten und unter Beschiessung der Festung in Kilindini einliefen. Zwar stellte sich heraus, dass der Zuwachs, den diese Schiffe gebracht hatten, nicht so bedeutend war, wie man zuerst befürchtet hatte, aber dennoch machte die Entmutigung in der Festung so grosse FortschNitte, dass sich der Kommandant veranlasst sah, alle mit ihm eingeschlossenen Muhamedaner zusammenzurufen und ihnen - 251 freien Abzug anheimzustellen. Doch nach kurzer Beratung entschlossen sie sich zum Bleiben, worauf ihnen stetiger thätiger Waffendienst auf den Mauern zur Pflicht gemacht wurde. Auch der neue Oberbefehlshaber der Araber, General All genannt, versuchte den Eindruck, den die mit ihm eingetroffenen Verstärkungen hervorgerufen haben mussten, für sich auszunutzen, indem er in drei verschiedenen Briefen, in einem an den Kommandanten, in einem anderen an die Melinde-Muhamedaner und in einem dritten an die Fasa-Muhamedaner, zur Uebergabe der Festung aufforderte. Er versprach darin freien Abzug für alle Belagerten, sowie deren Habe und stellte hierfür Fahrzeuge zur Verfügung und machte überdies den Muhamedanern für ihre Zukunft die beruhigendsten Zusicherungen. Doch Antonio Mogo de Mello beantwortete diese Aufforderung stolz mit dem häufig bei ähnlichen Anlässen angewendeten Worte, dass es Gebrauch der Portugiesen sei, mit ihren Feinden nicht mit Papier und Tinte, sondern mit Pulver und Kugeln Verkehr zu pflegen,') und dass ihn nicht ganz Maskat, geschweige denn die kleine Zahl der Araber schrecke, die vor der Festung stehe. Doch die Zeiten der Gefahr begannen. Zwar war iil der bisherigen neunmonatigen Belagerung schon allerlei Ungemach erlebt worden und die Zahl der Belagerten durch Krankheiten und Flucht auf die Handvoll von 20 Portugiesen und 15oo Eingeborene, alles gezählt, zusammengeschmolzen, aber in Kämpfen waren doch nur zwei 'Mann getötet und drei verwundet, während jetzt die Gefahr durch die Waffen der Feinde in den Vordergrund trat. Wenige Tage nach der Landung ihrer Verstärkungen machten die Belagerer nächtlicher Weile unter fortwährendem Schiessen gleichzeitig zwei Scheinangriffe auf die Festung, und zwar an den beiden Flanken der kleinen Strandstrecke, die von den Belagerten beherrscht wurde, und verdeckten hierdurch ihr eigentliches Vorgehen, das darin bestand, an diesen beiden Stellen mächtige Erdwerke zu errichten. Mit Entsetzen bemerkten die Portugiesen erst im grauenden Morgen, dass durch diese in der Nacht aufgeworfenen Schanzen ihr Haupttrost, die freie Verbindung mit der See, gefährdet war. Durch ein drittes Erdwerk, das die Belagerer wahrscheinlich schon früher am Festlande, nur getrennt durch den schmalen Meeresarm, genau gegenüber der freien Strandstelle errichtet hatten, war die Stelle weiter bedroht. Einigen Schutz indessen gegen die Beschiessungen vom Festlande gewährte das oben erwähnte, ') Unbewusst gab Sayed Burgasch ben Said, Sultan von Zanzibar, im Jahre I885 diese Antwort zurück. Bei Grenzstreitigkeiten um die Tungi-Bucht fusste der portugiesische Generalkonsul auf alte Abmachungen, worauf ilm' der genannte ZanzibarSultan erwiderte, die Grenze zwischen seinen und den portugiesischen Besitzungen sei von seinen Vorfahren nicht mit der Feder, sondern mit dem Schwerte gezogen. - 252 nahe dem Lande aufgezogene Wrack des Schiffes der Handelsgesellschaft, das wie ein Vorwerk diente. Dass eine vierte Verschanzung gegenüber dem Hauptthore der Festung angelegt war, ist bereits oben erzählt. Ferner wird in dieser Zeit ein fünftes Erdwerk der Belagerer nahe der dem Thore entgegengesetzten Festungsmauer erwähnt, das indessen auch wahrscheinlich schon früher errichtet war. Derartig war diese Festung von fünf gedeckten Stellungen, aus Karabinerschussnähe, bedroht. Trotz starker Verluste, die ihnen die Schützen der Festung zufügten, gelang es den Arabern, diese Angriffswerke auszubauen; insbesondere nennt der Kommandant in einem seiner Berichte die Art, in der ein Geschütz auf einer der Schanzen durch Erdeindeckung geschützt aufgestellt war, rein teuflisch ersonnen. Auch die Bereitstellung von Sturmleitern konnten die Belagerten beobachten. In stündlicher Erwartung einesHauptangriffs stand die Besatzung Tag und Nacht unter den Waffen auf den Mauern bereit, und alle Vorkehrungen zum Empfang der Stürmenden durch Entgegenschleudern von Handgranaten und Umwerfen der Leitern waren getroffen. Ein kräftiges Vorgehen der Araber war in diesen Tagen umsomehr zu erwarten, da diesen ebensogut wie den Belagerten bewusst war, dass, wenn von Goa eine Hülfsexpedition abgesendet war, solche in diesen Tagen eintreffen musste und dass damit die Lage zu Gunsten der Festung verändert werden würde. Unter dieser höchsten Spannung kam Weihnachten heran. Schon am Heiligen Abend hatte man in der Festung ferne Signalschüsse gehört, die das Nahen von Hülfe andeuteten. Schon glaubte man sich getäuscht zu haben, als endlich spät am Nachmittage des Weihnachtstages wirklich ein Geschwader von vier portugiesischen Schiffen in Sicht kam. Doch endlos wurde die Geduld der Belagerten auf die Folter gespannt, denn die Schiffe kreuzten, anscheinend unentschlossen, hin und her, ohne sich der Insel zu nähern, und schliesslich musste sich der Kommandant der Belagerten nach zwei Tagen des Harrens entschliessen, trotz der grossen Gefahr, ein Boot hinauszuschicken, durch das er den Befehlshaber des Geschwaders um sofortige Hilfe und hauptsächlich um unverweilte Landung von fünfzig Mann zur Verstärkung der Besatzung der Festung ersuchte. Das Hülfsgeschwader war am 24. November zufolge von unbestimmten Nachrichten, die über die Belagerung Mombasa's von Maskat aus indirekt nach Indien gelangt waren, von Goa ausgelaufen. Im ganzen bestand es aus zwei Fregatten und zwei Galeoten mit drei grösseren Beibooten und hatte alles gerechnet 770 Mann, Seeleute und Soldaten, teils Portugiesen, doch überwiegend Eingeborene an Bord. Den Oberbefehl führte Luiý de Mello Sampayo mit dem Titel »General des Entsatzes für Mombasa«. In der gewohnten Geldnot waif die Ausrüstung - 253 nur dadurch möglich gewesen, dass der Vizekönig halbwegs zwangsweise eine Anleihe aus den von der Misericordia in Goa verwalteten Mündelgeldern gemacht hatte. Beiläufig erwähnt, haben die unfreiwilligen Darlehnsgeber Jahrzehnte ihrem Gelde nachlaufen müssen, und waren im Jahre 1726, also dreissig Jahre später, wie aus ihren Beschwerden nach Lissabon hervorgeht, noch nicht befriedigt.') Die -Mannschaft des Geschwaders war zum Teil gepresst und durchgehends so ungeeignet, dass einer der Schiffskommandanten berichtet, es habe kein einziger Mann an Bord verstanden ein Segel zu bergen, und nur die Schiffsoffiziere seien seeerfahren gewesen. Karten von Ostafrika waren in Goa nicht aufzutreiben gewesen, und da ferner die letzten, dazu unbestimmten Nachrichten aus Mombasa schon vier Monate alt waren, beabsichtigte man, vor der Anseglung Mombasa's andere ostafrikanische Häfen anzulaufen, um vorerst Lotsen anzuwerben und Erkundigungen einzuziehen. Ein Versuch, bei Barawa zu landen, endigte mit der Kenterung sowie dem Verluste des Bootes und dessen ganzer Besatzung. Die Häfen Tula und Schungaja, die dann gesucht wurden, fand man nicht, ein kurzer Aufenthalt in der Formosa-Bucht war nutzlos, und als schliesslich die Schiffe bei Mombasa ankamen, scheinen sie ziemlich ratlos über das zunächst zu Beginnende und in Suche nach einem Ankerplatz umhergeirrt zu sein. Die Hauptsorge allerdings, die Frage, ob Mombasa bereits gefallen sei, wurde bald befriedigend dadurch gelöst, dass ein in der ersten Nacht nach der Stadt entsandtes kleines Boot, von arabischen Booten verfolgt, mit der Nachricht zurückkehrte, dass es Kämpfe zwischen den Belagerten und Belagerern beobachtet habe. Doch die Grundlage zum Eingreifen wurde erst durch den oben erwähnten, aus der belagerten Festung gesandten dringenden Hilfsruf gegeben. Um 2 Uhr morgens am 27. Dezember war das betreffende Boot bei dem Geschwader angekommen. Noch an demselben Vormittage wurde ein Boot mit dreissig auserwählten Soldaten und eine der Galeoten mit zwanzig Soldaten, unter Führung der vom Lande gekommenen Lotsen nach dem Hafen hineingesandt. Ohne Anfechtung kam das Boot der Insel nahe. Nachdem aber die Araber gemerkt hatten, dass das Ziel nicht, wie sie erwartet hatten, Kilindini sei, und das Geschwader nicht folge, nahmen sie das Boot unter ein furchtbares Feuer. In der hierdurch entstandenen Verwirrung kam es unmittelbar unter einer der feindlichen Schanzen zum Stranden, und als dann von der Festung Eingeborene gegen das Versprechen hoher Belohnung zur Hilfeleistung bei der Flottmachung hinausgeschickt werden, hielt ein im Boote befindlicher Soldat 1) Ms. Liss. Cons. Ultr. Papeis de Servico No. 1046. - 254 - die Herankommenden für Feinde und stürzte sich, Rettung suchend, ins Wasser. Kopflos folgten alle. Mit dem Ertrinkungstode ringend und von allen Seiten beschossen, strebten sie blindlings dem Ufer zu. Die meisten landeten unmittelbar in den feindlichen Schanzen, welche die Festung flankierten, ja drei oder vier überschwammen sogar den schmalen Meeresarm, der die Festung von dem Festlande trennt, und flüchteten damit gleichfalls den Feinden in die Arme. Nur zehn Mann retteten sich nach dem von den Portugiesen besetzten Ufer. Einschliesslich der Matrosenbemannung des Bootes verloren in dieser Stunde nahezu vierzig Mann, darunter mindestens siebzehn Portugiesen, das Leben. Der Kommandant der Festung nennt in einem späteren Berichte diese Erlebnisse die schlimmsten und schmählichsten der langen Belagerung. Das ins Treiben geratene Boot, das durch Ladung von Munition wertvoll war, wurde schliesslich durch einige Wagunja der Festung geborgen, die gegen eine Belohnung von 200 Crusados (= M. 550.- ?) schwimmend ein Tau hinausbrachten. Kurz nach dem Boote segelte auch die Galeote nach dem Hafen hinein und war glücklicher. Zwar strandete auch sie unter dem Feuer der Feinde und erlitt einige Verluste, doch wurde sie bald wieder flott und an der von der Festung beherrschten Strandstrecke aufgezogen, worauf sofort mit der Landung ihrer vorwiegend aus Reis bestehenden Ladung begonnen wurde. Inzwischen hatte das Geschwader nach Auslotungen zwischen der Hafeneinfahrt und Mtuapa, noch in Sicht der Festung, einen Ankerplatz gefunden. Von hier wurden verschiedentlich erneuert Boote zur Festung hineingeschickt, doch da sich der Verkehr wegen der Entfernung zu schwierig erwies, wurde wieder unter Segel gegangen und am Neujahrstage 1697 zwischen der Hafeneinfahrt Mombasa's und Kilindini's, unter der Kapelle Nossa Senhora das Merces, in Kanonenschussweite von der Insel, geankert. Mit der gesamten Artillerie wurde die Festung salutiert. Jetzt erst begann durch Zufuhr von Lebensmitteln der regelmässige Verkehr mit den Belagerten. In den ersten Tagen versuchten die Araber durch Angriffe mit armierten Booten diese Zufuhren abzuwehren, nachdem sie aber stets mit starken Verlusten abgeschlagen worden waren, gaben sie weiteren Widerstand auf dem Wasser auf. Ein portugiesischer Fregattenkapitän, der an diesen Begebenheiten teilnahm, schreibt in seinem Berichte nach Goa, dass man von einem Verluste der Araber von hundert Toten, darunter drei Hauptleuten, bei diesen Bootskämpfen gesprochen habe, dass es indessen vorsichtiger sei, an nur fünfzig Tote zu glauben. Doch unter verderbenbringendem Feuer von den Landbefestigungen der Feinde hatten die portugiesischen Boote weiter stetig die Landungsstelle zu gewinnen, und unter den schwierigsten Verhältnissen vollzog sich die 0 - 255 Landung und Aufbringung- der von ihnen angebrachten Mundvorräte. Die Gesamtlänge der von den Portugiesen behaupteten Strandstrecke ist auf nur 200300 Meter anzunehmen; im Rücken war sie durch die Festung gedeckt, dagegen aber von beiden Flanken und von der Stirnseite dem Feuer der Feinde aus allernächster Nähe ausgesetzt. In den Flankenschanzen verfügten die Araber über nur je ein Geschütz, am Festlandsufer aber hatten sie eine volle Batterie von Vierzehn- und Sechzehnpfündern. Einigen Schutz gegen die Geschosse von dieser Seite boten das häufig erwähnte, am Ufer liegende und wie eine Bastion ausgerüstete Schiff der Handelsgesellschaft, sowie die in diesen Tagen hinzugekommene Galeote. Immerhin aber ist anzunehmen, dass die Araber ganz erbärmlich geschossen haben müssen, denn anders ist es nicht zu verstehen, dass überhaupt ein Mensch an dieser derartig ausgesetzten Stelle am Leben bleiben konnte. Doch, den Verhältnissen entsprechend, vollzog sich die Landung der Zufuhren im tollsten Wirrwarr. Von den Seeleuten des Geschwaders wurden die Säcke, Kisten und Fässer aus den Booten geschleppt und am Strande niedergeworfen; hier stürzten sich die Festungsinsassen über das Gelandete; da das Notthor der Festung eng war und um die Beförderung zu erleichtern, wurden an Ort und Stelle am Strande die Verpackungen aufgerissen; wo die Oeffnung unnötig war, wurde sie doch betrieben, da dadurch bessere Gelegenheit zum Stehlen geschaffen wurde und dazwischen sorgte gelegentlich ein feindliches Geschoss durch Zerschmetterung eines Fasses für weiteres Zerstreuen und Verzetteln des Gelandeten. In erbitterten Protesten verlangte der Kommandant Landungslisten und ordnungsgemässe Ablieferung und dagegen der Geschwaderchef ordentliche Empfangnahme und Empfangsbescheinigungen. Von den Schiffen wurde geklagt, dass man den Seeleuten die Landung aufbürde, wozu doch leicht lOO-I5o Neger oder Negerinnen angestellt werden könnten und von der Festung wurde geklagt, dass man sich neben den eigenen Sorgen, gemäss dem schriftlichen Ersuchen des Geschwaderchefs, der Bewachung der unzuverlässigen Bootsbemannung (wahrscheinlich Indier) widmen müsse. Dass unter allen diesen Verhältnissen keine Ordnung herrschen konnte, ist begreiflich, und fast unerklärlich, dass anderes verlangt wurde. Als sicher ist anzunehmen, dass das Meiste der Zu'fuhren nicht in die Vorratsräume des Kommandanten, sondern in den Besitz der Eingeborenen der Festung wanderte. Demzufolge zeigt auch die Bescheinigung, die der Kommandant schliesslich über die empfangenen Mundvorräte ausstellte, neben unbedeutenden Mengen von allerlei, als die Hauptposten nur 79 Kandi gesunden und 38 Kandi seebeschädigten Reis (zusammen etwa 26ooo kg), 30 Säcke Weizen, I6 Fässer Weizenmehl und 8 Fässer geräuchertes Fleisch. Ge;enüber den Anschuldigungen - 256 des Kommandanten, dass ihm das von Goa Zugedachte vorenthalten sei, versichert der Geschwaderchef ausdrücklich, dass die Gesamtmenge, ausgenommen wenige nicht aufzufindende Fässer Zucker, abgeliefert sei, und fügt hinzu, dass er den Belagerten ferner einen Posten Reis, der im Privatbesitze an Bord war, zu einem billigen Preise zum Kaufe angeboten habe, dass diese aber abgelehnt und damit bewiesen hätten, dass sie genügend versorgt seien. Ein Angriff auf die Hauptstellung und die Schiffe der Araber in Kilindini war dem Oberbefehlshaber durch die ihm in Goa erteilten Vorschriften verboten. Nichtsdestoweniger verlangte in einem Kriegsrate vor Mombasa die Ueberzahl der Versammelten einen solchen Angriff. Doch obgleich der älteste Kapitän hierbei sogar stichelnd vorbrachte, ein Vorgehen gegen Kilindini sei eines so berühmten und tüchtigen Soldaten, wie der Oberbefehlshaber sei, würdig, scheint diesem doch keine Anwandlung gekommen zu sein, derartig auf eigene Faust zu handeln. Nach den Machtverhältnissen wäre wohl ein solches Vorgehen nicht aussichtslos gewesen, denn in Kilindini lagen nur drei arabische Schiffe. Unbegreiflich ist auch, dass die Schiffe nicht in den MombasaHafen einliefen. Ueberzeugend klagt der Kommandant der Festung in seinen Berichten, dass er wiederholt hierzu vergebens geraten habe, und dass anzunehmen sei, dass sich bei einem Angriffe auf die Stadt die Araber von der Festung nach Kilindini zurückgezogen haben würden. Der Geschwaderchef entschuldigt dagegen sein Nichteingehen auf diesen Plan damit, dass es nach dem einstimmigen Urteile der Lotsen unmöglich gewesen sei, mit seinen grossen Schiffen in dieser Jahreszeit in den Hafen hineinzukommen. Billigen Ruhm fand er dagegen für seine Berichterstattung darin, dass es den Arabern zur ewigen Schande gereiche, keinen Angriff auf sein Geschwader gewagt und den Bootsverkehr so wenig gehindert zu haben. Die einzige Kriegsthat, die von den Schiffen aus schliesslich verrichtet wurde, ist, dass am 16. Januar durch einen Angriff mit Landungstruppen eines der arabischen Erdwerke besetzt und hierbei ein Geschütz vernagelt und eine Flagge erobert wurde. Doch dauernder Nutzen wurde damit nicht erzielt, denn die Portugiesen nahmen sich nicht einmal die Zeit die Verschanzungen zu zerstören, und wenige Stunden später waren die Araber wieder in ihrer alten Stellung. Zweifelhaft bleibt noch, wem der Ruhm für dieses Vorgehen gebührt, denn der Geschwaderchef schreibt, dass der Kommandant nicht gewagt habe, die Festungssoldaten dieser Unternehmung auszusetzen, und deshalb Schiffstruppen abgesandt worden seien, wogegen der Kommandant diesen Angriff als seine That meldet. Jedenfalls war die Leitung in den Händen von Festungsoffizieren, wenn auch die Soldaten -- 257 von den Schiffen gestellt wurden. Uebrigens ist dieses Ereignis kennzeichnend für die Schlaffheit, mit der die Araber diese Belagerung ausübten, denn die vierzig bis fünfzig Portugiesen konnten ungesehen am lichten Morgen um IO Uhr in die Verschanzungen eindringen und die waffenlos überraschten Araber verjagen. Nur zwei Portugiesen fielen im Handgemenge, und der Eindruck, den dieses unerwartete Hervortreten der Portugiesen aus dem reinen Verteidigungskriege machte, war so gross, dass die Araber, als die Portugiesen wieder aus der genommenen Verschanzung abzogen, auch andere Stellungen räumten, da sie fernere Angriffe fürchteten. Bis zum 14. Januar lag das Geschwader, von schönem Wetter begünstigt, an der beschriebenen Stelle vor Anker, dann zwangen das Stärkerwerden des Monsuns und hierdurch verursachte Verluste von Ankern und Ankerkabeln, unter Segel zu gehen und draussen zu kreuzen. Mit der gelungenen Ablieferung der Zufuhren erachtete der Geschwaderchef Luiz de Mello Sampayo seine Aufgabe als erledigt. Ausser zum Kommando über diese Hülfsexpedition war er gleichzeitig in Goa zum Gouverneur von Mozambique und Sofala ernannt worden. Vielseitig wird ihm vorgeworfen, dass er schon durch seine ganze Ausrüstung mit Waren für den Sofala-Handel gezeigt habe, dass er von vornherein die Mombasa Aufgabe als nebensächlich betrachtet habe. In der Wahl zwischen Kämpfen und Eisen in Mombasa und gewinnbringendem Handel und Gold in Sofala soll er entschieden zu letzterem geneigt haben. Nicht zum wenigsten seine eigenen Berichte überzeugen auch, dass ihn alles von Mombasa weg nach Mozambique zog. Seine Instruktionen, Wassermangel der Schiffe, die Jahreszeit, willkürliche Annahmen, dass auch Mozambique von den Arabern bedrängt sein könne, Absichten, von Mozambique und den Kerimba-Inseln Hülfe herbeizuholen - alles musste herhalten, um seine Abreise zu begründen. Vergeblich drohte und flehte der Kommandant der Festung, dass die Schiffe bis Ende des Monsuns bleiben müssten, um neuen Zuzug der Feinde von Maskat und Patta abzuschneiden, und um ihnen den Verkehr mit Pemba, der sie mit Lebensmitteln versorgte, unmöglich zu machen. Vergeblich versprach er den Schiffen Trinkwasser in Sanxo an der Flussmündung bei Mtuapa zu verschaffen. Vergeblich wies er auf die Bedeutung hin, die es habe, wenn das Verbleiben der Schiffe den Weg für die weiteren Lebensmittelzufuhren der Musungulos offen hielte. Ja, selbst auf die Bitte, die Schiffe möchten wenigstens die vielen unnützen Esser der Festungaufnehmen und in Kilwa oder Zanzibar absetzen, gab er nur hinhaltende Versprechungen. Ebensowenig vermochten zwei Augustiner Mombasa's, die persönlich an Bord gingen, den Strandes, Ostafrika. 17 - 258 Oberbefehlshaber zu überzeugen, dass er einen Angriff auf die Araber machen oder wenigstens vor dem Hafen verbleiben müsse. Schliesslich indessen entschloss sich der Geschwaderchef, den beiderseitigen Wünschen gerecht zu werden. Er selbst verliess am 27. oder 28.Januar mit einer der Fregatten Mombasa und ging nach Mozambique, liess aber vor Mombasa die zweite Fregatte und die Galeote, unter dem Befehle von Henrique de Figueiredo Alargäo, zurück. Die diesem hinterlassenen Vorschriften lauteten: sich so lange wie möglich vor Mombasa zu halten, bei zunehmendem Monsun aus der Festung die waffenunfähigen Insassen aufzunehmen, nach Zanzibar zu gehen, von dort mit der'Festung in Verbindung zu bleiben und die Rückkehr des Oberbefehlshabers aus MIozambique abzuwarten.') Mit ausgesprochenem Widerwillen, ja sogar unter Protest hatte Henrique de Figueiredö diese Aufgabe übernommen. In den Versammlungen des Kriegsrates auf dem Admiralschiffe war es zu scharfen Auftritten gekommen; insbesondere hatte der Genannte seinem Vorgesetzten bestritten, dass es angemessen sei, die Fregatte zur Reise nach i\Iozambique zu benutzen, und hatte ihm hierzu nur die Galeote zugestehen wollen. Unverhohlen hatte er auch geäussert, dass er vor Mombasa nicht verbleiben würde, und gemäss diesen Absichten scheint er gehandelt zu haben, denn unmittelbar mit der Abreise des Oberbefehlshabers gab auch er die Blockierung von Mombasa auf und legte sich unthätig in Zanzibar vor Anker. Er selbst berichtet zwar nach Goa, dass er hierzu durch die Witterungsverhältnisse gezwungen gewesen sei, und dass er erst dann vor dem Winde nach Zanzibar zur Rettung der Schiffe abgehalten habe, nachdem er dreimal 24 Stunden vergeblich versucht hätte, durch Kreuzen von der Insel Pemba frei zu kommen und die Lurseite von Mombasa wieder zu gewinnen.') Auch die Galeote ging ihre eigenen Wege. Sie sollte vorerst unter dem Kommando von Henrique de Figueiredo bleiben und, sobald es die Jahreszeit möglich machte, als Aviso nach Goa gehen, zog aber vor, dem Oberbefehlshaber nach Mozambique nachzusegeln. Auch für sie diente Wind und Wetter als Entschuldigung, doch beschuldigt Henrique de Figueiredo ihren Kommandanten, dass er geheimen Aufträgen gefolgt sei. Die Belagerten in der Festung waren sich hiermit wieder allein überlassen. Ausser Lebensmitteln und reichlicher Neuausrüstung an Munition hatte ihnen das Hülfsgeschwader eine Verstärkung von Soldaten gebracht, deren Anzahl auf höchstens hundert Mann zu veranschlagen ist. Ueber diese Zahl berichtete der Geschwaderchef, dass er im ganzen I5o Mann ) s. Liss. Cons. Ultr. Cons. Res. No. 848. Barra de Mombaýa, 25. Januar 1697 2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Cons. Res. No. 848. Zanzibar, 29. März 1697. - 259 abgegeben habe, von denen, nach Abzug der bei der Landung Gefallenen und Verwundeten, hundert Mann übrig sein müssten, dass indessen der Festungskommandant die Einreihung von nur neunzig Mann anerkenne. Doch zusammen mit dieser für die geringen Machtverhältnisse immerhin bedeutenden Verstärkung war ein böser Gast in der Gestalt einer schlimmen Krankheit in die Festung eingezogen. Die derzeitigen Briefe aus Mombasa nennen sie die »Krankheit der Anschwellungen« (inchaGaes) und schildern, dass die Erkrankten wie Fässer aufýeschwollen seien. Ob sie die Beulenpest oder was sonst gewesen ist, lässt sich heute nicht ermitteln. Selbst den Belagerten war die Erkrankung unbekannt. Um zu ergründen, was sie sei, wurde eine Leiche seziert, wobei sich Leber und Lunge so geschwollen zeigten, dass sie aus dem Körper hervorquollen. In Goa wurde später von dieser Krankheit als von der Pest gesprochen, doch kann mit dieser Bezeichnung ausser der Beulenpest auch jede andere ansteckende Seuche gemeint gewesen sein. Schon am 28. Januar berichtete der Kommandant, dass täglich drei oder vier Menschen dieser Krankheit zum Opfer fielen. Hauptsächlich waren es die echten Portugiesen und zwar vorwiegend die Männer, die betroffen wurden; das Verschontbleiben der Frauen wurde damit erklärt, dass sie den Beschwerden des Wachtdienstes nicht ausgesetzt waren. Alle Arzeneien und Linderungsmittel fehlten. Rühmend wird aber erzählt, dass sich eine reiche Frau, Aldonýa Gomes, die Witwe von Estaväo Pinto, der Armen und Kranken annahm. Ueber 15 ooo Crusados soll sie damals bereits angewendet haben und bereit gewesen sein, auch den Rest ihres Vermögens in Wohlthun zu opfern. Trostloser und trostloser gestalteten sich die Verhältnisse. Ende Januar waren nur noch zwanzig Mann zweifelsohne nur die Portugiesen gezählt - in der Festung unter den Waffen. Ohne Briefe mitzunehmen und ohne, wie versprochen, die Festung von dem unnützen Menschentross zu befreien, waren die Schiffe davongegangen. Dagegen konnten, durch das Aufhören der Blockade für die Feinde am 18. Februar zwei Galeoten aus Indien, die hauptsächlich Munition brachten, und am 3. März ein Schoner und zwei Galeoten aus Maskat einlaufen. Am 2o. Februar mussten die Belagerten sehen, dass ein arabisches Fahrzeug vier Boote, die letzten, über die sie verfügten, aufbrachte und triumphierend einschleppte. In derselben Nacht setzten die Araber die vor der Festung am Strande liegende Galeote in Brand. Noch gelang es damals, einen gleichzeitigen Angriff auf das zweite vor der Festung liegende Schiff und die Strandstrecke abzuwehren, doch am io. (?) März gingen auch diese letzten Punkte, die die Portugiesen ausserhalb der Festungsmauern behauptet hatten, in die Hände 17" - 260 der Araber über. Noch wenige Tage vorher, am 5. März, hatte der Kommandant in einem Briefe nach Goa seine feste Absicht ausgesprochen, demnächst alle nichtkämpfenden Insassen der Festung, auf alle Gefahren hin, zu den Musungulos oder selbst zu den Arabern hinauszutreiben, doch wird dieses mit dem Verluste des Weges nach der See zu unmöglich geworden sein. Der letzte Brief des Kommandanten Antonio Mogo de Mello datiert vom 15. März 1697. Am folgenden Tage richtete noch Faqui Valla de Muinhe Mutamo, der sich Gouverneur der Muhamedaner der Festung Mombasa zeichnet, einen Brief nach Goa. Verzweifelnd wird in diesen Briefen über das Wüten der Seuche und des Hungers geklagt, und alles lässt vermuten, dass Mombasa damals schon nahe vor der Uebergabe stand. Doch die Verhältnisse verschlechterten sich noch weiter. Ende Juni waren von Portugiesen nur noch der Kommandant, der Augustinerprior, welcher übrigens auch als ein waffenlustiger Mann gerühmt wird, und zwei Soldaten, ausserdem zwei unmündige Kinder am Leben. Dennoch gelang es diesen und den wenigen überlebenden eingeborenen Hilfstruppen, am 2o. Juli einen nächtlichen Leiterangriff der Belagerer zurückzuschlagen. Sogar bewaffnete Negerweiber mussten hierbei mithelfen und thaten tüchtig ihre Schuldigkeit. Wenige Tage später schlossen wieder drei Portugiesen die Augen. Nur der Kommandant Antonio Mogo de Mello war noch am Leben. Aber auch seine Stunde hatte geschlagen. In Voraussicht seines Endes liess er am 24. August sein Grab in der Festungskirche ausheben. Am 28. August erlag er seinem Leiden.') Ueber ihn berichtete der Geschwaderchef Luiz de Mello Sampayo - zweifelsohne unter dem Einflusse der Zwistigkeiten und in der Absicht, ihn herabzusetzen -, dass er kein Kriegsmann sei, keine andere Neigung habe, als Rechnungssachen hübsch zu bearbeiten und mit Geistlichen Verkehr zu pflegen, und dass er durch seinen Geiz, der ihn sogar verführe, mit eingemachten Süssigkeiten Handel zu treiben, durchaus ungeeignet sei, mit den Eingeborenen des Landes gute Beziehungen zu erhalten. Andere Berichte sagen, dass er zwar tapfer und klug, doch nicht wagemutig gewesen sei, und dass ihm das nötige Ansehen bei seinen Untergebenen gefehlt habe. Die Federgewandtheit und das gelegentliche Vorkommen von klassischen Anklängen in den Briefen des Verstorbenen selbst machen allerdings wahrscheinlich, dass er kein Haudegen war, dennoch aber erweckt alles, was vorliegt, den Eindruck, dass Mombasa in ihm einen tüchtigen, zielbewussten Verteidiger hatte. ') Historia de Mombaca S 81-84. - 261 Mit seinem Tode ging dem Namen nach die höchste Gewalt auf einen kranken Goanesen, mit Namen Pascoal Diniz, über. Eigentlich ist er die wenigen Tage, welche er noch lebte, nur der Bewahrer der Schlüssel der Festung gewesen. Thatsächlich war der siebzehnjährige Buana Daud ben Scheck, Fürst von Fasa, der Oberbefehlshaber der Festung. Als Nachfolger seines in den ersten Monaten der Belagerung gestorbenen Vaters, der nach den Patta-Ereignissen im Jahre 1688 ein treuer Lehnsmann der Portugiesen geblieben war, war er der Anführer der muhamedanischen Belagerten gewesen. Ihm hatte der sterbende Antonio Mogo de Mello, da kein erwachsener Portugiese verblieben war, die Bewahrung der Festung und die überlebenden zwei portugiesischen Kinder anvertraut, und dieses Vertrauen wurde nicht getäuscht. Wirklich hat er drei Wochen lang, ohne dass ihm ein Portugiese zur Seite stand, die Festung für Portugal gehalten. Nur wenige Stammesgenossen (Araber oder Halbaraber), einige Wagunja, neun Neger und ungefähr fünfzig Negerinnen unterstützten ihn.') Glänzend wurde hiermit gerechtfertigt, dass entgegen den bestehenden Vorschriften, beim Beginne der Belagerung, auch Nichtchristen in der Festung aufgenommen worden waren. Oft genug waren auch im Laufe der Belagerungen Verdächtigungen gegen die Zuverlässigkeit der Muhamedaner laut geworden, doch sie hatten stets verstanden, in einer solchen Weise durch Eifer und Waffenthaten ihre Treue zu beweisen, dass schliesslich sogar der Kommandant bei Todesstrafe jede derartige Anschuldigung verboten hatte. Ungerne zollte die Gesinnung jener Tage den Tugenden von Muhamedanern Anerkennung. Indessen das Lob der Treue des Fürsten von Fasa und seiner siebzehn Gefährten wurde überall gesungen. Auch war in diesem Falle die Dankbarkeit der Portugiesen von Dauer. Noch im Jahre 1768, also siebzig Jahre später, wurde von Lissabon aus angeordnet, dem in Mozambique lebenden Fürsten von Fasa die monatliche Pension von IOO Xerafinen, in Anerkennung seiner eigenen und der Verdienste seines Vaters und Grossvaters, weiterzuzahlen. Wahrscheinlich genoss damit der Sohn, was Buana Daud in jenen MombasaTagen erworben hatte.') Während in Mombasa die Verhältnisse einem jämmerlichen Ende nahe waren, lag Henrique de Figueiredo mit seinem Schiffe unthätig, von der stets hilfsbereiten Königin verpflegt, in Zanzibar und segelte von dort, nach zwei Monaten beschaulichen Ausruhens, Anfang April mit dem ersten Einsetzen des Südwestmonsuns, ohne sich weiter um 1) Historia da Momba§ § iio. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Ordens Regias. Livro 27, Fol. 133, Lissabon, 28. März 1768. - 262 Mombasa zu kümmern, nach Goa. Für die erforderlichen Entschuldigungen hatte er durch Bescheinigungen seiner Offiziere, dass das Schiff wegen schlechten Zustandes kaum über Wasser zu halten sei, und dadurch gesorgt, dass er mit der Mannschaft an den Pumpen in Goa einlief. Ernstlicher nahm der nach Mozambique gesegelte General Luiz de Mello Sampayo seine Verpflichtungen. Aus drei umfangreichen Berichten, die er über den gleichen Gegenstand nach Goa richtete, und aus den darin enthaltenen geflissentlichen Entschuldigungen, ist klar zwischen den Zeilen zu lesen, dass er sich voll bewusst gewesen ist, welchen Vorwürfen er sich mit dem Preisgeben Mombasa's ausgesetzt hatte, ja dass er das Unangemessene seiner Handlungsweise nachträglich wohl erkannt hat. Seine Erklärungen für die Reise nach Mozambique gipfeln schliesslich darin, dass er, in Uebereinstimmung mit den schon in Goa empfangenen Anleitungen, geplant habe, in Mozambique die von Portugal fälligen Schiffe abzuwarten und mit diesen und weiteren auf den KerimbaInseln zu sammelnden Mannschaften neuerdings und mit grösseren Aussichten auf Erfolg dem bedrängten Mombasa zu Hülfe zu ziehen. Wirklich entsandte er sofort als ersten Notbehelf ein kleines Fahrzeug mit vierzig Mann, die aber vorläufig Mombasa nicht erreichten, sondern dienlicher fanden, in Zanzibar längeren Aufenthalt zu nehmen. Auch das beabsichtigte Aufgebot auf den Kerimba-Inseln erwies sich als gänzlich zwecklos, da ihr Kommandant versicherte, dass auf der Insel die gesamte portugiesische Bevölkerung nur 37 waffenfähige Männer zähle, von denen aber nur sechs oder sieben Gewehre besässen. Nach langem Zögern und Warten setzte sich endlich am 22. August Luiz de Mello Sampayo selbst nach Mombasa in Bewegung. An Streitkräften verfügte er über seine Fregatte mit 250 Mann und über eine von der Handelsgesellschaft entliehene Galeote mit fünfzig Mann. In'Zanzibar wurde er durch die vor Monaten vorausgeschickten vierzig Mann und ein Beiboot, welches Henrique de Figueiredo zurückgelassen hatte, verstärkt. Den Willen zu einer ernsthaften Hilfeleistung für das bedrängte Mombasa soll er auch jetzt noch nicht gehabt haben. Er soll die Reise nur begonnen haben, um Anschuldigungen zu entgehen, im Geheimen aber geplant haben, Mombasa und alle Kriegsgefahren zu vermeiden. Schon sein ganzes Gebahren und seine Vorbereitungen sollen angedeutet haben, dass er nur an eine direkte Reise nach Goa gedacht habe. Unverblümt wird ihm sogar in der »Historia da Mombaga« nachgesagt, dass er in Gemeinschaft mit Domingo Pereira de Gusmäo, dem Kommandanten seiner Fregatte, ein gemeines Spiel gespielt habe, indem er Soldaten und Seeleute durch Schilderungen von dem sicheren Tode, dem alle in Mombasa entgegengingen, entmutigte und aufwiegelte. Dann soll er sogar selbst durch Helfershelfer eine Meuterei angestiftet haben, die - 263 den Vorwand liefern sollte, um anscheinend gezwungen von Mombasa abzustehen und nach Indien weiter zu segeln. Nur dadurch, dass die im übrigen ganz willfährigen Seeleute und Soldaten sich gegenseitig die Verantwortung für den ersten Losbruch aufbürden wollten, und dass der Kapitän-Leutnant Joseph Pereira de Brito die Schliche seiner Vorgesetzten aufdeckte, soll das Spiel vereitelt worden sein.') Halb gewaltsam soll es dieser Letztgenannte im entscheidenden Augenblick am 15. September 1697 zuwege gebracht haben, dass die Schiffe in den Haupthafen von Mombasa hineinsteuerten. Erfolgreich wurde die Verschanzung,~ welche die Araber unterhalb der Festung bei der Ermida da Nossa Senhora das Merces errichtet hatten, beschossen. Von den zwei Beibooten, welche die Schiffe begleiteten, wurde das eine mit zwanzig Mann von den Arabern zum Sinken gebracht, von dem zweiten konnte sich die Mannschaft in die Festung retten. Unmittelbar zwischen der Festung und der arabischen Festlandsbatterie gingen die Schiffe zu Anker, und es entspann sich ein Geschützkampf aus nächster Nähe, bei dem sogar die Geschützpfropfen Schaden anrichteten, und den erst die Dunkelheit beendigte. Erst um Mitternacht erhielten die Schiffe durch einen Brief von Buana Daud die überraschende Kunde, dass die ganze portugiesische Besatzung der Festung ausgestorben sei und die Verteidiger nur Muhamedaner seien. Obgleich diese Nachricht von den aus den Beibooten gelandeten Portugiesen brieflich bestätigt wurde, wollte man doch nicht daran glauben. Man argwöhnte, dass vielleicht auch die Festung von den Arabern besetzt sei, dass die am Vormittage gelandeten Portugiesen gefangen, unter Todesdrohungen zum Schreiben falscher Nachrichten gezwungen wären, und dass man versuche, weitere Portugiesen in einen Hinterhalt zu locken. Schliesslich indessen entschloss sich Joseph Pereira de Brito mit siebzig Mann zu landen, was ohne wesentliche Schwierigkeiten durchgeführt wurde. Der nächste Tag brachte wieder unaufhörlichen Geschützkampf zwischen den Schiffen und den arabischen Batterien. Unter grossen Anstrengungen glückte es sodann, die Galeote unter der Festung aufzuziehen und aus ihr und der Fregatte die Lebensmittel in die Festung zu landen. Alles und jedes Verdienst hierbei will die »Historia da Momba§a« dem Kapitän-Leutnant Joseph Pereira de Brito zuschreiben. Rein verräterisch soll der Kommandant Domingo Pereira de Gusmäo mit seinen Leuten geplant haben, mit der Fregatte aus dem Hafen zu flüchten, jedwede Hülfe soll er verweigert und jeden guten Plan durchkreuzt haben. Bunt genug hat es in jenen Tagen zweifelsohne in und vor der Festung mit den untereinander streitenden portugiesischen Anführern, der betrunkenen aufsässigen Bemannung der 1) Historia da Mombaýa S 94-97 - 264 Fregatte und dem Geschiesse und Geschimpfe zwischen den nur aut Rufweite von einander getrennten fein dlichen Parteien ausgesehen,') doch es ist nicht wert, die Einzelheiten wiederzugeben. In ein ruhigeres Geleise kamen die Angelegenheiten erst, nachdem am 2o. Oktober die Fregatte nach Durchscheuerung ihrer Ankertrossen auf dem steinigen Grunde gestrandet war und sich ihre Mannschaft unter Kämpfen in die Festung geflüchtet hatte. Aus den nächsten Tagen sind einige glückliche Ausfälle gegen die der Festung nahen arabischen Erdwerke und erfolglose Versuche verzeichnet, mittels der Musungulos die besonders schädigende Schanze am Festlande gegenüber der Festung zu nehmen. Am 18. November verstarb der General Luiz de Mello Sampayo. Schon seit dem Tage, an dem er, vielleicht widerwillig, nach Mombasa hineinsegelte, wurde er so gut wie vollständig von seinem oft genannten Kapitän-Leutnant beherrscht. Die »Historia da Mombaýa« lässt an ihm kein gutes Haar, und sogar die Berichte, die er selbst geschrieben hat, lassen wohl glauben, dass er keineswegs Neigung hatte, sich zum Besten von Mombasa zu opfern. Auch in den gericht. lichen Untersuchungen, die später gegen ihn in Goa angestrengt wurden, wurde er als mitschuldig an den Misserfolgen der von ihm befehligten Expeditionen erachtet. Vielleicht haben seine Erben dieses noch büssen müssen, denn es wurde noch nach Jahr und Tag von Lissabon angeordnet, zu untersuchen, ob der Fiskus für den durch den Verstorbenen verschuldeten Geldschaden gegen seinen Nachlass vorgehen könne.') Es waren dieses Prozesse, die in der portugiesischen Kolonialgeschichte keineswegs selten waren. Da keine Verfügungen über die Nachfolge des Verstorbenen im Oberbefehle vorlagen, wurde Joseph Pereira de Brito durch allgemeine Wahl der Belagerten zu diesem Posten erhoben. Es wurde ihm aber hierbei nur der Titel »Hauptmann und Gouverneur der Portugiesen« zugelegt, und dem Fürsten von Fasa in Anerkennung seiner Verdienste der Titel »Hauptmann und Gouverneur der Festung« belassen. Wenn die »Historia da MombaFa« getreu die Wahrheit erzählt, so sind die kurzen zwei Monate, welche der neue Gouverneur im Amte war, eine Zeit ausserordentlichen kriegerischen Wagemutes gewesen, in der die Portugiesen aus ihrer Verteidigungsstellung heraustraten und grosse Heldenstücke verrichteten. Sie berichtet von einer ganzen Zahl von Ausfällen, bei denen schwache Truppen von Portugiesen am hellen Tage die feindlichen Schanzen angriffen, Handgranaten hineinwarfen, ) Historia da Monbaýa S io8-II5. 2>A India no Governo do Vice-Rey Conde de Villa Verde 1693-1698. Cap. IX. Cousas de Mombapa. 0 Chronista de Tissuary III, Nova Goa i868, S. 6. - 265 im Nahkampfe Hunderte von Arabern töteten und immer ohne eigene nennenswerte Verluste in die Festung zurückkehrten.') Doch da die »Historia da Mombaga« sich in augenfälliger Weise bemüht, Joseph Pereira de Brito zum unvergleichlichen Helden und tüchtigsten Mann zu stempeln, überzeugen ihre Erzählungen nicht. Als Kern mag wahr sein, dass häufige Ausfälle erfolgten, und dass die Araber den Gefahren der Handgranaten aus dem Wege gingen, indem sie bei Angriffen ohne vielen Widerstand die Verschanzungen räumten, die sie ohnedies sicher waren, in wenigen Stunden wieder besetzen zu können. Man braucht keineswegs an dem Mute der Portugiesen zu zweifeln, um es für höchst unwahrscheinlich zu halten, dass eine Handvoll von ihnen im Handgemenge die in Ueberzahl hinter Verschanzungen stehenden Araber stetig mit grossen Verlusten zurückgeworfen haben sollen. Neben sonstigem spricht hiergegen schon die damalige Gleichwertigkeit der Bewaffnung beider Parteien. Doch wenn diese Waffenerfolge auch wahr sind, die Verhältnisse in der Festung waren keineswegs rosige. Unverändert forderte die »Krankheit der Anschwellungen« grosse Opfer. Am 14. bis 17. Dezember erhielten die Araber Verstärkungen mit vier Schiffen europäischer Bauart. Sehnsüchtig sahen auch die Belagerten nach der in dieser Zeit fälligen Hülfe aus, und es muss dieserhalb schon helle Verzweiflung und jedenfalls grosse Sorge geherrscht haben, denn der Gouverneur sah sich veranlasst, bei Todesstrafe jedwedes Gerede über das lange Ausbleiben des Hülfsgeschwaders zu verbieten. Endlich am 28. Dezember erschien dasselbe vor der Insel.') In Goa hatte man schon Mitte Mai durch die Rückkehr von Henrique de Figueiredo Kunde von der misslichen Lage Mombasa's erhalten. Die erste Absicht war gewesen, sofort eine kleinere Fregatte zur Hülfeleistung abzuschicken, doch war dieser Plan unausgeführt geblieben, da man den Verlust des Fahrzeuges sicher voraussah. Dann beabsichtigte der Vizekönig in Person ein neues Geschwader nach Ostafrika zu führen, doch musste er hiervon auf das Verlangen des Gouvernementsrates abstehen, der seine lange Abwesenheit von Indien bedenklich erachtete. Unter den üblichen Finanznöten wurde endlich durch ein von der Munizipalität Goa's gewährtes Geschenk von 5o ooo Xerafinen die Ausrüstung eines kleinen Geschwaders ermöglicht, das am 3o. November unter dem Kommando von Francisco Pereira da Silva nach Ostafrika auslief. Sein Erscheinen vor Mombasa brachte ähnliche Verhältnisse, wie sie schon in denselben Tagen des Vorjahres erlebt worden waren. Zuerst be1) Historia da Mombaca S i28 ff. 2) Historia da Mombaýa S 33 f. - 266 stand die Absicht, wieder die Galeote mit Lebensmitteln in den Hafen hineinsegeln und unter der Festung stranden zu lassen, doch wurde hiervon auf die Vorstellungen des Festungskommandanten Abstand genommen und der erste Entsatz durch drei Beiboote hineingesandt. Ebenso wie im Vorjahre strandete hiervon ein Boot unmittelbar unter einer arabischen Verschanzung, und ihre Besatzung konnte nur durch einen kühnen Ausfall der Belagerten in die Festung in Sicherheit gebracht werden. Nicht weniger als hundert Araber, gegen nur fünf Portugiesen, sollen hierbei ihr Leben verloren haben. Die in den nächsten Tagen fortgesetzte Landung von Lebensmitteln vollzog sich einigermassen geordnet. Es wird indessen geklagt, dass von 200 Kandi, welche in Goa durch Sammlungen für die Notleidenden Mombasa's zusammengebracht waren, nur 43 Kandi geschälter und 4o Kandi roher Reis (zusammen ca. 18 400 kg) zur Ablieferung gelangteji. Der Rest soll von Gunstlingen des Vizekönigs gestohlen worden sein. Wieder betrachtete der Befehlshaber des Hülfsgeschwaders die Neuversorgung der Festung mit Lebensmitteln als seine hauptsächliche, wenn nicht einzige Aufgabe. Schon bei seiner Ankunft hatte er geäussert, dass er sich wegen des zunehmenden Monsuns vor dem Hafen nicht werde halten können, und dass er deshalb nach Zanzibar weitergehen müsse. Vergeblich versuchte ihn der Festungskommandant zu einem nachdrücklichen Angriffe auf die Araber zu bewegen. In leidenschaftlichen Briefen, deren Wortlaut die »Historia da Momba§a« wiedergiebt, legte er dar, dass die Rettung Mombasa's, das Ansehen und die Waffenehre Portugals einen entscheidenden Kampf erfordere. Er schilderte überzeugend, dass das Geschwader den schwachen in Kilindini liegenden arabischen zwei Fregatten von 28 und 22 Kanonen und zwei Galeoten von je sechs Kanonen voll gewachsen sei, dass ebenso die arabischen Strandbatterien in Kilindini wenig gefährlich seien, und dass, wenn dennoch die Ueberwindung der Araber nicht gelingen sollte, das portugiesische Geschwader im Kilindini-Hafen einen geschützten Ankerplatz finden würde, von wo es, durch Unterhaltung der Verbindung mit den Musungulos und durch Zufuhren von Lebensmitteln wirksam zur Verteidigung der Festung beitragen könne. In gleich geharnischten Darlegungen versuchten auch die anderen Belagerten, insbesondere die Muhamedaner, mit Buana Daud an der Spitze, den Geschwaderkommandanten zu einem Angriffe auf Kilindini zu bewegen. Sie gingen soweit, zu drohen, dass sie sich anstatt der Portugiesen thatkräftigere Schutzherren suchen und die Festuijg verlassen würden. Ja, in verschiedenen dieser Briefe wird sogar dem Geschwaderkommandanten der Vorschlag gemacht, vorübergehend mit seiner Mannschaft- die Festung zu besetzen und dagegen der Festungsmannschaft eine Fregatte zu über- 267 lassen, damit sie einen Angriff auf Kilindini machen könnte. Aber alles war vergebens. Francisco Pereira da Silva liess sich auf nichts ein. Er verschanzte sich hinter von Goa gegebenen Vorschriften, die das Einlaufen in Kilindini verböten, und schützte als ferneres Hindernis seinen Glauben an eine Mär vor, nach welcher der breite Kilindini-Meeresarm durch eine Kette von den Arabern gesperrt sein sollte. Selbst die Bitte, wenigstens hundert Mann zeitweise zu landen, um eine arabische Schanze nehmen zu können, welche die Festung besonders bedrohte, wurde von ihm abgelehnt. Wirklich überliess er Mombasa der Not und segelte schon am 19. Januar 1698 nach Zanzibar und von dort nach dem Monsunwechsel im März oder April nach Goa zurück. Mit ihm hatten mit wenigen Ausnahmen die treuen Muhamedaner, darunter selbst Buana Daud, die belagerte Festung verlassen. Ob sie damit thatsächlich die früher ausgesprochene Drohung verwirklicht haben, oder ob ihnen überhaupt der Boden in Mombasa zu heiss geworden war, ist nicht ausgesprochen. Auch der bisherige Kommandant, Joseph Pereira de Brito, hatte sich eingeschifft. Er hatte in Leandro Barbosa Sotto Major einen Nachfolger erhalten. Eigentlich war ein gewisser Jacome de Moraes vom Vizekönige zu diesem Posten bestimmt gewesen. Da ihm aber seine Ernennung erst vor Mombasa bekannt gegeben wurde, und er bei seinen früheren Bewerbungen um diesen Posten in Goa schnöde abgewiesen worden war, hatte er abgelehnt. Zur Kennzeichnung der Allgemeinverhältnisse sei kurz erwähnt, dass er nach Ablehnung des Gouverneurpostens, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, dass er die Gefahren vor dem Feinde scheue, als einfacher Soldat in Mombasa an Land ging. Er soll während der drei Wochen, die das Geschwader hier weilte, Wunder der Tapferkeit verrichtet haben, und sich sogar, um sich besonders auszusetzen, bei den Kämpfen in auffälliger Weise, tags rot und nachts weiss, gekleidet haben. Er soll dieses für nötig erachtet haben, um den Machenschaften des Vizekönigs, seines Feindes, zu entgehen. Indessen alle diese Veranstaltungen nützten ihm nichts, denn er wurde nach seiner Rückkehr in Goa gefangen gesetzt, und zwar nicht, wie es seinem Stande zukam, in der Festung, sondern im Gefängnisse. Dort hatte er Gesellschaft in der Person von Joseph Pereira de Brito. Diesem wurde vorgeworfen, dass er unrechtmässiger Weise in Mombasa das Kommando an sich gerissen hätte. In Wirklichkeit aber soll er verfolgt worden sein, weil er ein Widersacher des verstorbenen Generals Luiz de Mello Sampayo gewesen war, auf den der Vizekönig nichts kommen lassen wollte, da er für dessen verfehlte Wahl zum Oberbefehlshaber die Veranewortung trug. Ob Francisco Pereira da Silva Mombasa neuerdings mit Mannschaften versorgt hat, ist nicht berichtet, doch wahrscheinlich, denn bei seiner Ankunft waren die Portugiesen, welche in der Festung überlebten, auf 268 wenig über hundert Köpfe zusammengeschmolzen, und täglich erlagen damals vier bis fünf Mann der tKrankheit der Anschwellungen«. Ein Versprechen dieses Geschwaderkommandanten, nochmals bei seiner Rück. fahrt von Zanzibar nach Indien Mombasa anzulaufen, hat er nicht erfüllt. Er liess aber in Zanzibar zwei Schiffe mit dem Befehle zurück, mit den Belagerten in Verbindung zu bleiben. Dass dieses erfolgte, ist nicht wahrscheinlich, da jeder Bericht darüber fehlt. Ueberhaupt ist in vollkommenes Dunkel gehüllt, was noch die Belagerten nach der Abfahrt Francisco's Pereira da Silva erlebten und erlitten. Die letzten verlässigeri Nachrichten von ihnen sind die, welche die Schiffe des Genannten nach Goa brachten. Noch einmal rafften sich die Behörden in Goa auf, der bedrohten Festung Rettung zu bringen. Hals über Kopf wurde Ende des Jahres 1698 ein drittes Hülfsgeschwader - dieses Mal mit von dem Vizekönige persönlich angeliehenem Gelde - ausgerüstet. In der Stärke von vier Fregatten und einer Galeote mit 5oo Mann Landungstruppen und nahezu 700 Mann Besatzung an Bord, unter demselben Kommandanten, der auch die zweite Expedition geführt hatte, erreichte dieses Geschwader am 13. oder 14. Dezember 1698 seinen Bestimmungsort. Doch vergebens war diese Anstrengung gewesen, denn über der Festung Mombasa wehte bereits die rote arabische Flagge. Wenige Tage, vielleicht nur einen Tag vorher war sie gefallen. Ohne die Araber anzugreifen und gar ohne sich dem Lande zu nähern, versegelte das Geschwader nach Zanzibar. Hier war über den Fall Mombasa's nichts bekannt. Doch vergebens versuchten die Königin dieser Insel und Buana Daud, der Fürst von Fasa, der mit dem Geschwader von Goa zurückgekehrt war, den Oberbefehlshaber zur Rückkehr zu bewegen, um wenigstens bestimmt das Schicksal Mombasa's festzustellen. Ausser zu einem, dazu schmählich verlaufenen Zuge gegen arabische Händler in Otondo, konnte er sich zu nichts aufraffen und kehrte mit dem Monsunwechsel Anfang April ruhmlos nach Goa zurück.') Eine arabische Ballade bezeichnet den 9. Dschamada Elachher des Jahres iIIo, d. i. den 12. Dezember 1698, als den Tag der Eroberung Mombasa's. Eine Bestätigung dieses Datums in den derzeitigen amtlichen portugiesischen Berichten ist nicht zu finden. Kein Portugiese war entkommen, der über die Schlussereignisse Auskunft hätte geben können. So gross war die Unklarheit, dass in Goa ernstlich die Frage aufgeworfen wurde, ob beim Erscheinen des letzten Hülfsgeschwaders vor Mombasa die Festung wirklich schon in den Händen der Araber gewesen sei, und ob nicht etwa die arabische Flagge, welche 1) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 848. Lissabon, 4. Februar I701. man gesichtet hatte, auf einem Angriffswerke, und nicht auf der Festung selbst, geweht hätte. Ja, von Lissabon wurde dieserhalb noch ein Jahr später eine Untersuchung angeordnet. Erst zwei Jahre später wurde dieses Dunkel gelichtet. Am 29. September 1701 erschien in Goa ein Indier, mit Namen Braz Fialho, der als Diener auf der Fregatte von Luiz de Mello Sampayo gewesen war. Er kam als Flüchtling aus Maskat und gab an, die letzten Tage in Mombasa miterlebt zu haben. Kurz wiedergegeben war seine Erzählung die folgende. Am Vorabend des Tages der H. Luzia, am 12. Dezember 1698, schickte der kranke Kommandant Leandro Barbosa einen Negerjungen aus der Festung, um frische Blätter zum Auflegen auf Wunden zu holen. Dieser wurde gefangen genommen und verriet den Arabern die Schwäche der Verteidiger. Nur acht Portugiesen, drei Indier und zwei Frauen- waren in der Festung am Leben. In derselben Nacht machten die Araber an zwei Stellen, an der Flaggenbastion (Stadtseite) und an der Notpfortenbastion einen Angriff und erstiegen die Mauern. Die wenigen Verteidiger zogen sich in die Kavalierbastion St. Antonio zurück und verteidigten sich hier mit umgedrehten Geschützen bis zum Nachmittage des nächsten Tages. Nachdem aber der Kommandant, der einige Schritte vorgetreten war, durch zwei tödliche Schüsse kampfunfähig geworden war, streckten die übrigen Verteidiger die Waffen. Sie wurden gefesselt abgeführt und geschont, da die Araber hofften, von ihnen die Verstecke vermeintlicher Schätze zu erfahren. Nur zwei Portugiesen waren schliesslich am Leben, die den Arabern als Führer in der Festung dienten, aber unter dem Vorgeben Schätze aufzudecken, der eine in der Kirche, der andere in dem Lagerhause, die Pulvervorräte anzündeten und sich und zweihundert Aräber aufsprengten.) Diese Geschichte wurde damals in Goa nicht geglaubt, da der Erzähler zuviele Einzelheiten von Gesprächen mit dem Kommandanten und zwischen den Arabern und den Gefangenen wiederzugeben wusste, bei denen er, seinem Stande nach, unmöglich gegenwärtig gewesen sein konnte. Doch trotz des damaligen Unglaubens liegt kein Grund vor, dem Kerne zu misstrauen. Schon der Umstand, dass das Datum, welches dieser Gewährsmann angab, mit der arabischen Quelle stimmt, giebt Anlass, seine Erzählung nicht ganz zu verwerfen. Dass er viel hinzufügte, um sich wichtig zu machen, ist begreiflich. Gewiss ist auch das heroische Ende mit Aufsprengung der Feinde übertrieben. Wenigstens spricht die eine Thatsache dagegen, dass die Portugiesen zweiunddreissig Jahre später, als sie nochmals für kurze Zeit Mombasa besetzten, die Kirche unversehrt fanden. Indessen, schon Jahre vor dem Auftauchen diesQs Augenzeugen, hatte der Vizekönig beiläufig ') A India etc. 1693-1698. 0 Chronista de Tissuary III S. 8 ff. - 270 nach Hörensagen von Eingeborenen nach Lissabon berichtet, dass sich die letzten portugiesischen Verteidiger mit dem Pulvermagazin in die Luft gesprengt hätten. Aehnliche Absichten hatte auch schon der Kommandant Antonio Mogo de Mello im Jahre 1697 dadurch geäussert, dass er nach Goa schrieb, er werde als Numantiner die Festung den Feinden überliefern. Ein Engländer, der damals in Indien lebte und auch in Maskat war, berichtet nach Erzählungen von Eingeborenen, dass bei der Erstürmung der Festung noch zwanzig Portugiesen von den Arabern niedergemacht worden seien. Auch will er wissen, dass die Araber zweihundert Tons Elfenbein im Werte von £ 125 000.-- erbeutet hätten.1) Dieser Zahl ist aber schwerlich Glauben beizumessen. Da die Umzinglung Mombasa's am 13. März 1696 begann und erst am 12. oder 13. Dezember 1698 durch den Fall der Festung endigte, hat die Belagerung volle dreiunddreissig Monate gedauert. Als Grund des traurigen Ausganges bezeichnet der Vizekönig in einem Berichte nach Lissabon: Hunger, Seuche und nahezu gänzliches Aussterben der Besatzung, Als feststehende Thatsache stellt er hin, dass die lange Belagerung mindestens iooo Portugiesen und io ooo einheimischen Unterthanen Portugals das Leben gekostet habe. ) Hinsichtlich der Eingeborenen ist diese Zahl gewiss stark übertrieben. Auch hinsichtlich der Portugiesen scheint sie auf den ersten Blick hochgegriffen, doch gewinnt sie an Wahrscheinlichkeit, wenn man bedenkt, dass nicht nur die in Mombasa selbst, sondern die auf den Schiffen während der Hülfsexpeditionen Umgekommenen hinzuzurechnen sind. Allein das letzte, zu spät angekommene Geschwader hatte zweihundert Mann, die durch Krankheit hingerafft waren, in Zanzibar begraben müssen. Auch von anderer Seite werden diese hohen Verlustziffern bestätigt. Schon im Januar 1698, also noch elf Monate vor dem Falle der Festung, wurden die Menschenverluste auf 8oo Portugiesen, 25oo kämpfende und 3000 nichtkämpfende Eingeborene geschätzt.) Neben der verschiedentlich erwähnten, ansteckenden »Krankheit der Anschwellungen« werden auch die Pocken als Todesursache genannt. Verglichen mit den Opfern, welche diese Krankheiten forderten, ist sicherlich die Zahl derjenigen, die durch die Waffen der Feinde fielen, verschwindend klein. Wieviel Araber vor Mombasa gelegen haben, ist natürlich auch nicht annähernd mit Bestimmtheit zu ermitteln. Allgemein war auf dem ersten Hülfsgeschwader die Annahme gängig, dass die Araber zuerst in einer Stärke von 3000 Mann gelandet seien, doch wollte ein gefangener 1) Hamilton I S. ii. 2>Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 848. Lissabon, 4. Februar 1701. 3) Historia da Mombaýa S 163. Nach Guil.ain. Arabische Soldaten. - 271 Araber nur die Hälfte dieser Zahl zugeben. Auch Nachrichten, die von Maskat nach Goa gelangten, sprachen nur von 15oo Mann. Da die Araber in nicht geringerem Masse als die Portugiesen durch Krankheiten litten, wird ihre Zahl, trotz der häufigen Nachschübe, nie bedeutend grösser gewesen sein. Ja, im Südostmonsun, während dessen die Schiffe und auch viele von der Belagerungsmannschaft nach Arabien gingen, werden noch wesentlich weniger Araber vor der Festung gestanden haben. Im Januar 1697 schätzte sogar der Festungskommandant die feindlichen Streitkräfte, nachdem sie eben erst durch ein Geschwader verstärkt waren, auf nur 400 Araber, 400 Patta-Leute und wenige Neger. Diese Zahlen waren aber aufgestellt, um dem Befehlshaber der portugiesischen Schiffe die Aussichten für einen Angriff leicht erscheinen zu lassen und waren daher wohl möglichst niedrig gegriffen. Ungefähr in allen benachbarten Gebieten scheint die Liebe für die beiden Kriegsführenden geteilt gewesen zu sein, und beide scheinen Helfer gefunden zu haben. Dass die Musungulos überwiegend zu den Portugiesen hielten, ist bereits angeführt. Es standen indessen auch von ihnen einige Stämme auf Seiten der Araber. Zanzibar scheint unwandelbar zu den Portugiesen gehalten zu haben. Auch der König von Tanga, mit Namen Guaba de Muizabo, ist, wenn man einem Briefe von ihm vom I8. Schaban ohne Jahreszahl (= 12. März 1697) glauben will, ein Freund der Portugiesen gewesen. In kindlichem Portugiesisch, auf abgerissenem Papiere, schrieb er an den in Zanzibar ankernden Henrique de Figueiredo, dass er Vasalle des Königs von Portugal sei, und dass er vor wiederholten Verfolgungen seitens der Araber in den Busch geflüchtet sei, und betonte schliesslich, mit richtigem Negerverstande an das naheliegend Praktische denkend und damit den nackten Kernpunkt des Streites um die Herrschaft in Ostafrika wahrscheinlich richtig erkennend, dass nur die Portugiesen, nicht die Araber, in seinem Lande Handel treiben dürften! Dass auf beiden Seiten während der Belagerung jedwede nachdrückliche, entschlossene Kriegsführung fehlte, ist unverkennbar. Insbesondere haben die Araber, wenn sie auch schliesslich die Sieger waren, in diesen drei Jahren wenig geleistet, was ihren Kriegsruhm vermehrt. Alles zusammengenommen darf man überzeugt sein, dass ihre Streitkräfte nichts anderes waren, als was man sich ohnedies unter arabischen Streitkräften vorstellt, nämlich rohe, zuchtlose und schlechtbewaffnete Scharen, und dass sie ohne einheitliche Führung, dazu ohne Kenntnis vom Belagerungskriege und ohne genügende Kriegsmaterialien vor der Festung lagen. Beispielsweise ist ganz offenbar, dass ihre Angriffswerke nur Schanzen und Verschanzungen ohne jeden Zusammenhang waren, die in keiner Weise den Anforderungen geschulter Kriegskunst entsprachen. Ebenso wird - 272 ihr Mangel an dem Notwendigsten für die Einnahme einer Festung dadurch gekennzeichnet, dass zwei Geschütze, welche sie erst im Fort St. Joseph genommen hatten, diejenigen Angriffswaffen waren, welche den Belagerten die meiste Gefahr bereiteten. Dennoch bleibt überraschend, dass sie bei der grossen Uebermacht, über die sie gewiss verschiedentlich verfügten, und bei ihrem nicht zu bezweifelnden persönlichen Mute keine schnellere Entscheidung durch einen Sturm herbeiführten. Die Stärke der Befestigung ist keine ausreichende Erklärung. Dass die in der Festung eingeschlossenen Portugiesen zu schwach waren, um an anderes als die Verteidigung denken zu können, ist verständlich. Dagegen sind kaum Entschuldigungen zu finden, dass in den Zeiten, in denen starke Schiffsbesatzungen zur Stelle waren, kein durchgreifeder Angriff auf die Feinde zum wirklichen Entsatz der bedrohten Festung gemacht worden ist. Der stetige Zwiespalt und Hader unter den Anführern, unzweckmässige bindende Vorschriften von Goa und die unzureichende Ausrüstung an Mannschaft und Kriegszeug werden Hindernisse gewesen sein. Doch dem jämmerlichen Zustande der gesamten portugiesischindischen Kolonialwirtschaft mit seiner lähmenden Einwirkung auf jedes Unternehmen ist gewiss mehr Schuld zuzuschreiben als einzelnen Personen. Mombasa musste als ein Glied des Kreises fallen, zu dem es gehörte. Unrecht wäre es, an der Tüchtigkeit und dem persönlichen Mute aller zu zweifeln. Selbst in den Zeiten schlimmsten Verfalls hat es unter den Portugiesen Männer gegeben, die den alten guten Geist bewiesen. Die Wiedereroberung Brasiliens (1653) und die Verteidigung Malakka's (1656) bieten hierfür glänzende Beispiele, und auch in Mombasa wird es daran nicht gefehlt haben. Jedenfalls darf den Belagerten das Lob standhafter Ausdauer gespendet werden. 74 Wiedereinnahme und endgültiger Verlust Mombasa's. Der Entsatz des belagerten Mombasa's war auch durch eine direkt von Portugal ausgehende Streitmacht geplant gewesen und zu diesem Behufe im Frühjahre des Jahres 1699 von Lissabon ein Geschwader von fiinf Schiffen mit 9oo Mann an Bord unter dem Oberbefehle von Henrique Jacques de Magalhäes ausgelaufen. Doch als diese Expedition in Mozambique angekommen war, erklärten sich ihre Navigationskundigen mit dem Zanzibar- und Mombasa-Küstenstriche unbekannt und deshalb unfähig, die Schiffe dorthin zu führen, worauf die bedrängten Landsleute ihrer Not überlassen wurden, und die Schiffe, ohne überhaupt einen Versuch zur Erreichung dieses Platzes zu machen, nach Goa weitersegelten. Vergebens hatten einige thatkräftigere und pflichtbewusstere Edelleute gegen diesen schmählichen Beschluss Widerspruch erhoben, aber derartig war der Unternehmungsgeist der Nachkommen der Gefährten von Diogo Cäo, Bartholemeu Dias und Vasco da Gama gesunken, dass sie nicht durchdrangen! Richtig beurteilte der dermalige Vizekönig Indiens in einem Schreiben vom 20. Dezember 1699 dieses dahin, dass mit Navigationskundigen, Instrumenten und Kompassen an Bord, dazu mit dem Monsune im Rücken, nichts anderes als der Wille zur Erreichung des Bestimmungshafens gefehlt habe.') Selbst der Umstand, dass auf den Schiffen derartig Krankheiten gewütet haben, dass bei der Ankunft in Goa 300 Mann gestorben waren und 36o Mann in die Krankenhäuser geschickt werden mussten, von denen binnen kurzem noch fernere ioo Mann starben, giebt keine Entschuldigung für diesen Mangel an Thatkraft. Aus den Trümmern dieser Streitmacht und ferneren Nachschüben, die von Portugal und Brasilien eingetroffen waren, wurde mit Mühe und Not im Herbste des Jahres 1701 ein Geschwader 1) A India 1693-1699, 0 Chronista de Tissuary, III S. 25 ff. Strandes, Ostafrika. 18 - 274 zusammengestellt, das Mombasa wiedernehmen sollte. Auf weitere Verstärkung durch Schiffe der Nordflotte wartend, lag dieses Geschwader segelfertig auf der Rhede von Goa vor Anker, als es in der Nacht vom 9. auf IO. Dezember i7oi von einem kurzen, heftigen Orkane überfallen wurde, in dem einige Schiffe mit Mann und Maus untergingen und der Rest zerschellte. Das portugiesische Indien war hiermit des besten Teiles seiner Seestreitkräfte beraubt, und die Wünsche nach Wiedergewinnung Mombasa's traten vorerst in Goa und Lissabon gegen die Sorge in den Hintergrund, dass die Araber ihre Eroberungszüge auch gegen die weiter im Süden von Ostafrika liegenden Besitzungen der Portugiesen ausdehnen würden. Dass in dieser Beziehung geradezu Nervosität geherrscht haben muss, zeigt ein Brief, den der Erzbischof von Goa am 15. Januar 1703 nach Lissabon richtete. Er fihrt darin aus, dass bis zum Vorjahre auf dem Schiffe, das den regelmässigen Verkehr zwischen Goa und Ostafrika zu vermitteln pflege, immer eine Anzahl von Muhamedanern angestellt gewesen wäre, nun aber entlassen sei, da man ihren religiösen Einfluss auf die heidnischen Neger fürchte, dass er indessen für ausserordentlich wichtig erachte, sie wieder in Dienst zu nehmen, da sonst zu besorgen sei, dass sie mit dem Verluste ihres gewohnten Lebensunterhaltes zu den Arabern gehen und diesen als Lotsen für die ostafrikanischen Häfen, insbesondere Sofala und Quilimane, dienen würden!') Wirklich empfahl hierauf der Ueberseerat die Wiederanstellung der Entlassenen, doch mit der Einschränkung, dass, um Meutereien vorzubeugen, ihre Zahl immer geringer sein müsse, als die der christlichen Schiffsbesatzung) Dass gerade der Erzbischof in dieser Sache vorging, hat wahrscheinlich seinen Grund darin, dass sie sein geistliches Gebiet streifte. Ganz unbegründet war auch die Furcht wegen Absichten der Araber auf die südostafrikanische Kolonie nicht, denn wirklich bedrohten sie im Jahre 1704 mit einem Geschwader Mozambique.3) Ob sie thatsächlich mit Angriffsplänen vor diesem Platze erschienen sind und ob es zu Kämpfen gekommen ist, darüber ist nichts zu ermitteln. Die ersten Pläne, die zum Wiedererwerb Mombasa's hervortraten, dienen nicht zum Ruhme Portugals. In einem Schreiben vom 7. Dezember 1703 berichtet der Vizekönig nach Lissabon, dass er, angesichts ,der Schwierigkeiten, Mombasa mitWaffengewalt wiederzunehmen, nach anderen Mitteln Umschau gehalten und gefunden habe, dass auch auf Seiten der Araber Neigung zum Friedensschlusse vorhanden sei, und dass ein solcher 1) Ms. Liss. Conselho Ultramarino No. 852, Goa 15. Januar 1703. 2) Ms. Liss. Conkelho Ultramarino No. 852, Lissabon 25. Februar 1-704. 3) Bordalo S. 119. - 275 Frieden wohl durch den Nabob von Surat (den Grossmogul) vermittelt werden könne, dass aber mit den Arabern nur durch grosse Freigebigkeit zu einer solchen Verständigung zu kommen sei, die den Hauptzweck, nämlich die Wiedergewinnung Mombasa's, einschlösse. Mit anderen Worten empfahl also der Vizekönig, den Frieden und die Rückgabe Mombasa's von den Arabern mit Geld zu erkaufen. Zu diesem Behufe erbat er die Erlaubnis, über die Einkünfte des Tabaksmonopols verfügen zu dürfen. Auf das Entgegenkommen der Araber rechnete er unter der Annahme, dass diesen bewusst sei, wie leicht die Portugiesen ihnen die unentbehrlichen Zufuhren von Reis abschneiden könnten.') Im Ueberseerate in Lissabon fanden diese Anregungen ungeteilten Beifall, nur wurde dem Vizekönige auferlegt, mit allen Mitteln geheim zu halten, dass das Geld der Friedensvermittler sei, um das portugiesische Ansehen im Osten nicht zu schädigen; ferner wurde empfohlen, einzurichten, dass die Anträge zum Friedensschluss von den Arabern ausgingen, damit auch auf diese Weise ein besserer Schein erweckt würde. Im übrigen tröstete sich der Ueberseerat damit, dass eine einmalige Ausgabe besser sei, als die jährlich wiederkehrenden Ausgaben für das vor dem Persischen Golfe unterhaltene Geschwader.) Zu der gewünschten Vereinbarung ist es aber nicht gekommen; wahrscheinlich haben nicht einmal Verhandlungen zwischen den Feinden stattgefunden. Wenige Jahre später (1705) verlautete in Goa vielseitig, dass die Eingeborenen in Ostafrika der arabischen Herrschaft überdrüssig seien und die Portugiesen zurücksehnten, da sie unter diesen weniger Gewaltthätigkeiten erfahren hätten und der Handel freier gewesen wäre. Auch einige ostafrikanische Fürsten baten in Goa um Vertreibung der Araber. Auf den Vorschlag aber, sich selbständig zu erheben und dadurch die Verzeihung für die frühere Unterstützung der Araber zu erwerben, lehnten sie ab und forderten thätigen Beistand der Portugiesen, den diese aber zu leisten unmöglich fanden.') Doch in Lissabon gaben diese Nachrichten den Mut, ernstlicher an den Wiedererwerb der verlorenen Herrschaft zu denken, und es wurden Anweisungen erteilt, zur Ermittlung einer geeigneten Gelegenheit die Gesinnung der ostafrikanischen Fürsten sowie die Verhältnisse genau zu erkunden und in Verbindung mit jener Küste zu bleiben. Als ein Mittel hierzu wurde empfohlen, die von Goa nach Mozambique gehenden Schiffe regelmässig Zanzibar, unter dem Vorwande der Pflege der alten Freundschaft mit der Königin dieser 1) Ms. Liss. Conselho Ultr. No. 855, Goa, 7. Dez. 1703. 2>Ms. Liss. Conselho Ultr. No. 855, Lissabon, 13. Nov. 17o6. 8) Ms. Liss. Conselho Ultr. No. 855, Goa, 27. Dezember 1705. - 276 Insel, anlaufen zu lassen.') Als eine Frucht dieser Mahnungen konnte der Vizekönig im Jahre 171o einen Bericht einschicken, der als Ausbeute eines von Mozambique ausgesandten eingeborenen Kundschafters in der Hauptsache das Folgende enthält: In Kilwa liegen fünfzig Mann unter dem Anführer Che Nasiri (Schirch Nasir), der als tapfer und unternehmend gilt. Das Haus des eingeborenen Muhamedaners Manabacare (Manna Bakari) ist zur Feste eingerichtet. Nur zwei Kanonen kleinster Sorte sind vorhanden, die bei Fahrten an der Küste mitgenommen werden. Zanzibar hat eine Besatzung von fünfzig Mann unter dem Kommandanten Said. Ein lächerliches Fort ist unter Benutzung der Kirche und des Hauses von Joäo Nunes errichtet. Von den drei Thoren mündet das eine nach dem Fischerdorfe Schangani, das zweite nach dem Brunnen und das dritte nach dem Hause der Königin zu.2) In jedem Thore steht ein kleines Geschütz. Die Königin steht unter strenger Bewachung, und es ist ihr unmöglich gemacht, Briefe nach Mozambique zu schicken. Sie war zuerst nebst ihrem Sohne Mfalme (König) Sane, einem Prinzen Sagafo und dem Scherifen Made gefangen nach Maskat abgeführt worden, ist aber im Vorjahre (1709) zurückgekommen. Auf Pemba liegen dreissig Mann, welche die Bevölkerung zwingen, Holz zu schlagen und nach Mombasa zu bringen, von wo es nach Maskat für Schiffsbauzwecke befördert wird. Mombasa hat eine Besatzung von fünfzig Mann unter Ma de Rasul (Mahamadi Rasul). Die Festung ist unverändert wie zu Zeiten der Portugiesen, doch voll von Gestrüpp. Tagsüber ist sie unbesetzt, nur in der Nacht werden fünf Mann als Wache hineingelegt. Das Fort ') Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 855, Lissabon, 5. Dezember 1707. 2) Diese Stelle, insbesondere die Erwähnung des Fischerdorfes Schangani und der Kirche, scheint zusammen mit einer Hafenkarte Zanzibar's aus dem Jahre 1774 (Dalrymple, »A Collection of Charts, Plans etc. in the Indian Navigation« v. 0. u. J.) zu beweisen, dass die Stadt Zanzibar von Alters her, jedenfalls seit über 200 Jahren, auf derselben Stelle gelegen hat, wo sie heute liegt. In einer Legende auf dieser Karte wird von dem Fort gesagt, dass es einer zerfallenen Kirche ähnlich sei, was mit obiger Textangabe stimmt. Dieses alte Fort lag dort, wo das im Anfang dieses Jahrhunderts errichtete, noch heute vorhandene, Fort steht. Schangani ist noch heute die Bezeichnung für das benachbarte Stadtviertel. Die heutzutage in Zanzibar oft vertretene Annahme, dass die Hauptstadt der Insel früher an einer anderen Stelle gelegen habe, hat wahrscheinlich keinen anderen Grund, als dass es im Süden der Insel einen Bezirk und Dorf Unguja Ukuu = AltZanzibar giebt. Nach Dr. Oskar Baumani (Die Insel Z anzibar, Leipzig 1897, S. 39) fehlen auch in Alt-Zanzibar Ruinen u. dgl. gänzlich, die auf eine frühere grössere Bedeutung des Ortes schliessen liessen. - 277 St. Joseph ist gänzlich unbesetzt. Nur in den drei Forts in Makupa und in Nossa Senhora werden aus Furcht vor den Musungulos stetig Wachen unterhalten. Der Kommandant wohnt in den Häusern von Miguel de Faria, die Soldaten in Palmblatthütten zwischen den in Ruinen liegenden Steinhäusern in der Rua do Padre Julianes bis zur Cajueiro (Branntweinbrennerei von Akajufrüchten). Die Stadt ist entvölkert und mit Gestrüpp bewachsen, insbesondere die Hauptstrasse. Die Kette, welche die Araber zur Sperrung des Hafens von Maskat gebracht haben, liegt, weil zu kurz, unbenutzt im neuen Hause der Misericordia. Mit den Musungulos hatten die Araber, trotz reichlicher Geschenke an Zeugstoffen, die sie ihnen gaben, wiederholte Zwiste. Insbesondere haben sie sich den Häuptling Mamalaya, auch Bana Mocadomo genannt, zum Feinde gemacht. Im allgemeinen fügt der Bericht noch hinzu, dass die Araber sich an der ganzen Küste durch Beraubung der Wohlhabenden und Verhinderung des freien Verkehrs verhasst gemacht hätten. Auch erwähnt er, dass von der kleinen Zahl der Araber noch viele durch Krankheit untüchtig wären, und dass der ganze Zuzug aus Maskat im Vorjahre aus nur drei handeltreibenden Dhaus bestanden habe.1) Diese verführerischen Nachrichten über die Schwäche der Araber in Ostafrika waren auch durch Erkundigungen bestätigt worden, die der in Goa lebende Fürst von Fasa, Buana Daud, eingezogen hatte. Unverweilt beschloss der Vizekönig die günstige Gelegenheit zur Wiedergewinnung der verlorenen Herrschaft auszunutzen. Einige einheimische Lotsen, die von Mozambique geschickt waren, schienen eine weitere Gewähr für das Gelingen. Unter Ueberwindung der grössten Schwierigkeiten wurden vier Fregatten ausgerüstet und Baumwollstoffe in grossen Mengen, die zur Gewinnung der Eingeborenen bestimmt waren, angeschafft, doch als im November 17io alles bereit schien, zeigte sich, dass das Pulver fehlte und die Expedition dieserhalb unterbleiben musste.2) Jammervoll traurig, nannte es der Unterseerat, dass auf eine solche Weise ein ,ruhmversprechendes" Unternehmen verspielt worden sei, und dass zudem durch die nicht zu verheimlichenden Rüstungen der Feind zur Verstärkung seiner Stellung gewarnt sei.') Der oben wiedergegebene Bericht des Spions über die Schwäche der Araber in Ostafrika und ihre Unbeliebtheit bei den Eingeborenen braucht keineswegs als eine den Portugiesen liebdienende Darstellung aufgefasst zu werden. Die Anhäufung grosser Streitkräfte bei der Belagerung ) Ms. Liss. Cons. Ultr..No. 854, Mozambique, io. August 171o. ) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 854, Goa, 12. Dezember 1710. 8) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 854, Lissabon, 31. August 1711. 278 und schliesslichen Eroberung Mombasa's entspricht durchaus der auch in Arabien selbst immer geübten Art der Kriegsführung, nach der, solange es nichts zu thun giebt und Beute in Aussicht steht, grosse Menschenmengen zusammenströmen, die sich aber bald genug wieder verlaufen. Dass sogar während der Belagerung Mombasa's mit Ende der Reisezeit der grösste Teil der Belagerer abzuziehen pflegte, ist oben ,erzählt. Und so ist es durchaus verständlich, dass in dem eroberten Ostafrika nicht mehr Menschen standen, als unbedingt zur notdürftigen Verteidigung erforderlich waren. Ebenso verständlich ist, dass viele der Eingeborenen die portugiesische Herrschaft zurücksehnten. Zur Erklärung braucht keineswegs angenommen werden, dass die Araber schlimmere Bedrücker und Ausbeuter als die Portugiesen gewesen sind. Allein in den konservativen oder richtiger trägen Sinnen des Negers, dem jede Neuerung und Aenderung eine Last ist, liegt eine ausreichende Erklärung. Ueberdies aber wird jeder, besonders von den Reichen und Mächtigen, der Grund zur Unzufriedenheit, einerlei ob mit den Arabern oder mit seinen Stammesgenossen, hatte, eine Wendung zu seinen Gunsten von der Wiederkehr der Portugiesen erwartet haben. Ohne weiteres darf vorausgesetzt werden, dass in diesen Jahrzehnten alle Beschwerden aus dem von den Arabern besetzten Ostafrika nach Goa und Mozambique getragen wurden. Unablässig wurde an diesen Plätzen und in Lissabon die Wiedergewinnung des Verlorenen geplant. Zuerst in Goa, dann seit 1717 oder 1718 vorübergehend in Mozambique, lebte Buana Daud ben Buana Schek, der Fürst von Fasa, der durch seinen den Portugiesen geleisteten Beistand sein Reich verloren hatte und dafür aus dem Staatsschatze die ansehnliche monatlichePension von zweihundert Crusados (= M. 5 So.-?) bezog. Gleichfalls als Staatspensionäre lebten in Goa und Mozambique verschiedene andere, hochklingend »Edelleute von Melinde« genannte Ostafrikaner.') Sie alle werden das Andenken an den früheren Besitz wachgehalten haben. Aus Bittgesuchen, d4e ein Kerimbamann wegen Belohnung seiner Dienste nach Lissabon richtete, ist ersichtlich, dass er in den Jahren 17191721 zweimal Gesandtschaftsreisen von Mozambique zum König von Kilwa machte.') In einem anderen Berichte ist angegeben, dass es ungefähr in denselben Jahren dem Könige von Kilwa, durch die von Mozambique erhaltenen Unterstützungen, gelang, die Araber aus seiner Stadt zu vertreiben. ) Hierbei ist aber nicht an Hülfe durch Waffengewalt zu denken. Fraglich ist auch, ob nicht der Mozambique - Kommandant als sein Verdienst 1) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 861, Lissabon, 31. März 17,7. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1047, Goa, 13. Januar 1724. ) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1049, Goa, 15. Januar 1726. in Anspruch nahm, was einfach Verhältnisse brachten, auf die er keinen Einfluss hatte. Stetige Bürgerkriege um das Imamat, die ganz Oman seit dem Jahre 1718 beschäftigten und in dem folgenden Jahrzehnt bis zum Jahre 1728 sechsmaligen Herrscherwechsel brachten, machen es wahrscheinlich, dass die Araber in dieser Zeit ihre ostafrikanischen Besitzungen ganz vernachlässigten. Ohne Zweifel waren es diese Wirren im Feindeslande, die den Portugiesen den Gedanken an die Wiedernahme Ostafrikas aufs neue nahelegten. Im Anschluss an früheren Briefwechsel wurden von Lissabon abermals im Jahre 1727 nachdrückliche Mahnungen erteilt, eine sich bietende günstige Gelegenheit zur Ausführung nicht unbenützt vorübergehen zu lassen.') Schon im Jahre 1724 war über Surat kommend ein MombasaMann Muinha Hameth Vanaquipay in Goa erschienen und hatte, indem er seinen Kopf zum Pfande setzte, versprochen, dass sich Mombasa ohne Schwertstreich übergeben würde, wenn nur ein portugiesisches Schiff vor dieser Stadt erschiene. ) Noch günstigere Gelegenheit brachte das Jahr 1727 dadurch, dass Parteiungen in Oman auch unter den Arabern in Ostafrika zu blutigen Verwicklungen führten. Die Araber von Mombasa zogen kämpfend gegen die Araber von Zanzibar. Nach fünfmonatiger Belagerung unterlagen die letzteren und erhielten freien Abzug, segelten aber nicht, wie vereinbart worden war, nach Arabien, sondern landeten in Patta, wo sie unter der Bedingung von dem Könige aufgenommen wurden, dass sie die hier stehende arabische Besatzung, mit welcher der König im Streit lag, bekriegten und vertrieben. Der Bedingung wurde entsprochen, doch Patta hatte mit dem Wechsel nichts gewonnen, denn nach wenigen Monaten erwiesen sich die neuen Araber ebenso lästig wie die alten. Kämpfe waren die Folge, in denen die gesamten Araber niedergemacht wurden. Damit hatte sich der König von Patta in die Lage gebracht, dass er von beiden arabischen Parteien Rache zu fürchten hatte. Ausserdem bedrängt durch Nebenbuhler in der Herrschaft sandte er in seiner Not nach Goa um Hülfe und bot dafür als Preis die Uebergabe seines Landes und seine Feindschaft gegen die Araber.') 1) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. io49, Lissabon, 26. März 1727 2) Restauraäo de Mombaýa ou Relacäo Historica, Panegirica, descriptiva discursira dos progressos nauticos, dos successos bellicos da Armada, que da Barra de Goa sahio aos 24 de dezembro de 1727, por o Capitäo de mar e guerra de Coroa Sileno Taleane Felma (richtiger: Manul Felix Valente de Azevedo Cotrim) Anno MDCCXXVIII. 0 Chronista de Tissuary. II. Nova Goa 1867, S. 259. ') Ms. Liss. Cons. Ultr. No. io49, Goa, 15. Januar 1726. 280 Der unter dem 27. Dezember 1727 in Goa zwischen dem Gesandten Patta's, Banamade Bonu Molimo Bacar, und dem Vizekönig unterzeichnete Vertrag hat im wesentlichen folgenden Inhalt: i. Der König von Patta Sultan Abu Bacar Banu Sultan Humade (richtiger Buana Tamu Abubakr ben Mohamed, gewöhnlich Buana Tamu Mku genannt) unterwirft sich Portugal und erhält dafür Schutz gegen die Araber. 2. Jedweder Verkehr mit den Arabern ist verboten. 3. Falls der König von Patta die nach Patta zu legende portugiesische Besatzung bezahlt, verbleiben ihm die Zolleinnahmen, dagegen gehen die Zolleinnahmen an die Portugiesen über, wenn diese selbst die Besatzung zu unterhalten haben. Das jährlich zu sendende portugiesische Schiff bleibt zollfrei. 4. Die Häfen Cavo (?) und Tucuto (?), welche von Patta an die Araber abgetreten sind, werden portugiesischer Besitz. 5. Jedwede andere Nation ist von dem Handel und Verkehr in Patta ausgeschlossen. Die Schiffe von Surat (Engländer) können mit portugiesischen Pässen zugelassen werden, zahlen aber vollen Zoll. 6. Die Schiffe Patta's können mit portugiesischen Pässen überall hin, ausgenommen nach den Besitzungen des Imams von Maskat, Handel treiben. 7. In Kriegen in Ostafrika hat Patta den Portugiesen Hülfe zu leisten und erhält dafür Geldentschädigung. 8. Patta hat vollständige Religionsfreiheit, darf aber keinen Christen und keinen heidnischen portugiesischen Unterthan zum Muhamedaner machen. Die Inquisition soll sich nicht um die Handlungen der Patta-Bewohner kümmern. Falls aber christliche Renegaten nicht freiwillig zur wahren Religion zurückkehren wollen, sollen sie gezwungen werden können, Belehrung anzuhören, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihren Irrthum einzusehen und sich mit der katholischen Kirche auszusöhnen. 9. Sobald die portugiesische Flotte in Patta ankommt, ist Patta verpflichtet, sich ihr mit dreissig wohlbesetzten Fahrzeugen zur Eroberung von Mombasa anzuschliessen. In Mombasa haben die Patta-Leute, vor der Landung der Portugiesen, diejenigen Stellen und Zugänge zu besetzen, die der portugiesische Oberbefehlshaber anweist. Die vornehmsten Patta-Leute machen die Fahrt nach Mombasa an Bord der portugiesischen Schiffe.') ') Vollständig in Biker VI S. 32-35. Auf dieser Unterlage glaubte der Vizekönig den Versuch zur Vertreibung der Araber aus Ostafrika wagen zu können. Das stets dem Staatsschatze fehlende, und doch unentbehrliche Geld wurde dieses Mal zum grössten Teile durch eine Anleihe der Jesuiten beschafft, welche gegen Verpfändung der Pachteinnahme der Inseln Panete und Corjue bei Goa und eine Zinse von 8 pCt. ein Darlehn von 125000 Xerafinen gewährten. Zur weiteren Sicherheit wurden die Darlehnsgeber sofort in die Verwaltung -der Inseln eingesetzt, auch wurde bestimmt, dass, falls die portugiesische Krone dieses Faustpfand durch Krieg oder sonstvie verlieren würde, an dessen Stelle die Einnahmen aus dem Tabaksmonopol und den Zolleinnahmen von Daman und Bassein treten sollten.') Wie es in dem amtlichen Bericht heisst, war dieses Geld von den Jesuiten selbst angeliehen, da die Kapitalisten solches lieber diesen als dem Staate anvertrauten.') Mit dieser Hülfe wurden die Fregatten: Nossa Senhora da Penha da Franýa 70 Kanonen Nossa Senhora da Madre de Deos 56 Santo Francisco Xavier 56 die Schoner: Nossa Senhora de Monserrate 16 Kanonen Nossa Senhora de Assumpgäo 16 , und eine Galeote mit 3 Kanonen ausgerüstet. Alles gezählt, wurden 1647 Mann, darunter 8oo Mann Infanterie unter 38 Offizieren, eingeschifft.3) Auch Buana Daud, der vertriebene Fürst von Fasa, der treue Lehnsmann der Portugiesen, befand sich an Bord. Die Mobilmachung hatte: für Gehalte 56356 Xerafinen ~ Lebensmittel 107778 » ~ Schiffsausrüstung 73793 , ~ Sondervergütungen 9390 , zusammen 247327 Xerafinen (= M. 289373.--) gekostet. Die Sondervergütungen wurden für Ausrüstungszulagen, u. A. an den kommandierenden General (2000 Xerafinen), den Admiral (i 5oo Xerafinen), den Fürsten von Fasa (iooo Xerafinen) und für Geschenke für den König von Patta und andere ostafrikanische Häupter (2685 Xerafinen) verausgabt4), den Oberbefehl erhielt der General Luiz de ) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1049, Goa, 23. Oktober 1727. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1049, Goa, 15. Januar 1728. s) D. Luiz Conde de Ericeira (depois Marquez do Lourical), Noticias da India desde o fim do Governo de Vice Rey Vasco Fernandez Cesar (1712-1717) äthe o fim do anno de 1738 an que goierna o Vice Rey Conde de Landemil. Bibl. Nac. de Lisboa. Codice manuscripto No. 465 S. 98 ff. 4) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1049, Goa, 20. Januar 1728. 282 - Mello Sampayo.') Der 21. Dezember, der Namenstag des Heiligen Thomas, des Apostels Indiens, wurde zum Auslaufen des Geschwaders gewählt und in feierlichster Weise wurde an diesem Tage jedes Schiff durch einen besonderen Besuch des Vizekönigs und des Erzbischofs mit Versprechungen, Segensspendungen und Ablassverheissungen verý abschiedet. Doch erst einige Tage später, am 24. Dezember 1727, gingen die Schiffe unter Segel. Durch einen Sturm getrennt, erreichten nur vier Schiffe, dazu in längeren Abständen, Patta, während die ferneren zwei Schiffe überhaupt verschwanden, nach Mozambique oder sonstwohin weitersegelten und an den folgenden Geschehnissen nicht teilnahmen. Wie der Oberbefehlshaber Luiz de Mello Sampayo in seinen Berichten behauptet, sollen ihn diese Schiffe willkürlich, einem bereits in Goa abgekarteten Spiele zufolge, in Stich gelassen haben, um ihm das Gelingen und den Ruhm der Unternehmung zu rauben.2) Die Aufnahme, welche die Schiffe in Patta fanden, entsprach keineswegs den Erwartungen, die nach dem in Goa mit dem Gesandten des Königes von Patta geschlossenen Vertrage gehegt werden durften. Der Gesandte war zuerst heimlich gelandet, um, da er nahezu zwei Jahre abwesend gewesen war, die Verhältnisse zu erkunden. Seinem Auftraggeber, dem Könige Buana Tamu Abubakr ben Mohamed, gewöhnlich Buana Tamu Mku genannt, stand sein Vetter Buana Makua Ndogo (der Kleine) feindlich und als Nebenbuhler um die Herrschaft gegenüber. Die unter Muhamedanern häufige Unsicherheit über die Erbfolge kam damit zum Ausdruck, denn Buana Makua war ein Sohn des letzten Königs Buana Minhomuy und Buana Tamu Mku der Sohn von dessen älterem Bruder und Vorgänger Buana Minhogombe. Während Buana Tamu Mku zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft bei den Portugiesen Hülfe gesucht hatte, erwartete sein Vetter Unterstützung durch die Araber. Die Rückkehr des an Land gegangenen Gesandten liess derartig lange auf sich warten, dass schon auf den Schiffen an Verrat und Weiterreise nach Mombasa gedacht wurde, als endlich der Erwartete wieder erschien und meldete, dass zwar sein König und Herr bereit sei, den eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, dass indessen die Grossen des Landes in ihrer Ansicht geteilt seien, und dass zur Unterstützung des Königs die Landung einer Abteilung Portugiesen erwünscht sei. Kaum waren aber, diesem Verlangen folgend, 120 Portugiesen gelandet, als sie sich auf den Rat des Königs wieder einschiffen mussten, denn auf der Rhede 1) Nicht zu verwechseln mit dem General genau des gleichen Namens, der im Jahre 1696 gleichfalls ein Geschwader nach Mombasa geführt hatte und dort gestorben ist. 2>Ms. Liss. Cons. Ultr. Consultas resolvidas. Maio No. 863. Lissabon, I8. August 1729. von Fasa waren zwei arabische Fahrzeuge geankert, deren Vertreibung als die wichtigere Aufgabe hingestellt wurde. Indessen mit dem Gewahrwerden der Portugiesen verliessen diese Fahrzeuge flüchtend ihren Ankerplatz. Unschlüssig oder nasführend scheinen die Patta-Bewohner weiter die Portugiesen Wochen lang hingehalten zu haben, als neuerdings vier arabische Fahrzeuge, darunter ein Schoner, unter dem Sirdar Abdallah Monsaide erschienen und bei der kleinen Insel Daupate ankerten. Hier wurden sie sofort von den Portugiesen angegriffen. Da sie nach See zu nicht entkommen konnten, liessen die Araber ihre Fahrzeuge auf den Strand laufen und flüchteten an Land, wo sie von den nachsetzenden Portugiesen und von den zur Hülfe herbeigekommenen FasaLeuten, unter Buana Gogo, dem Sohne ihres Königes Buana Makua Mkuba (des Grossen), gänzlich aufgerieben wurden. Als ein glänzender, ruhmreicher Sieg werden die Ergebnisse von den Portugiesen gepriesen, doch lässt der Umstand, dass sie dabei nur einen einzigen Toten verloren und wahrscheinlich auch keine Verwundeten hatten, nicht an rechtes Kämpfen glauben. Immerhin bewirkte diese Niederlage, dass die arabischen Parteigänger im Lande ihren Widerstand aufgeben mussten und der Oberbefehlshaber Luiz de Mello Sampayo durch einen der Landesprache kundigen Augustinermönch, einen Armenier, der einige dreissig Jahre früher in Mombasa gewesen war, die nachdrückliche Aufforderung an den König von Patta richten konnte, ihm endlich zu huldigen. Noch immer scheint der König sich unsicher und unschlüssig gefühlt zu haben, denn anstatt selbst zu kommen, ersuchte er den General um seinen Besuch. Mit einer Abteilung von 200 Portugiesen entsprach dieser der Aufforderung. Zuerst ging der Zug nach Sio, wo von Buana -Makua MIkuba, als dem Bevollmächtigten seines Vetters, des Königes Buana Tamu Mku, der in Goa geschlossene Vertrag ratifiziert und von den Portugiesen auf der Bibel und von den Muhamedanern auf den Koran beschworen wurde. Dann ging der Marsch nach Patta weiter, wo endlich die portugiesische Flagge gehisst werden konnte und die erste Zusammenkunft mit dem Könige erfolgte. Fünfzig Tage lang, von dem Erscheinen des Geschwaders an gerechnet, hatten die Eingeborenen verstanden, die Entscheidung hinzuhalten. Hier in Patta stellte der König dem Generale gegenüber die überraschende Behauptung auf, dass er, und nicht die Araber, im Besitze der Hauptfestung von Mombasa sei. Die Entwicklung der Dinge war gewesen, dass während Amade Bunzayde, der eigentliche Statthalter von Mombasa, auf einer Pilgerfahrt nach MIekka abwesend war, sich die Besatzung der Festung, die hauptsächlich aus Negern, Sklaven des Imams von MIaskat, bestand, auf Veranlassung von Alifan, einem Bruder von Amade Bunzayde, gegen den stellvertretenden Gouverneur - 284 Schirch Nasor ben Abdalla (? el Musrui) empört und zum Herrn des Platzes gemacht hatte. Im entscheidenden Augenblicke war aber Alifan nicht zur Stelle gewesen. Später hatten ihn die meuternden Soldaten nicht zulassen wollen und hatten den König von Patta um Hülfe angerufen. Dieser hatte der Aufforderung durch Entsendung von sechzig Mann entsprochen und leitete hieraus ab, dass er der thatsächliche Herr von Mombasa, oder wenigstens der Festung von Mombasa, sei. Als Preis für die Uebergabe an die Portugiesen forderte er, dass sämtliche Araber dieses Platzes vernichtet würden. Weiter verlangte er, dass sein Nebenbuhler Buana Makua und dessen Anhänger gefangen nach Indien abgeführt würden, und empfahl, dass die bisher in Patta ansässig gewesenen Araber, die nach Lamu geflüchtet waren, verfolgt würden. Diesen Wünschen konnte indessen Luiz de Mello Sampayo nicht entsprechen. Die Vernichtung der Araber in Mombasa scheint er allerdings halbwegs versprochen zu haben, dagegen lehnte er einen Verfolgungszug nach Lamu wegen Zeitmangel ab und nahm sogar Buana Makua in Gnaden auf, da er Treue schwor und ihm keine Machenschaften gegen die Portugiesen nachgewiesen werden konnten. Die Verhandlungen hierüber scheinen zu keinem rechten Abchluss gekommen zu sein, nichtdestoweniger aber schloss sich der König von Patta mit vielen Dhaus und 5oo von den Portugiesen in Sold genommenen XVagunja den Portugiesen an, als sie endlich Ende Februar zur Weiterreise rüsteten. Hoffnungsfreudig konnte der Kurs auf Mombasa gesetzt werden, denn die zweifelsohne bestehenden Spaltungen an diesem Platze und die offenbare Strömung, die vielerorts gegen die Araber herrschte, versprachen ein leichtes Gelingen. Nach verhältnismässig langer Reise liefen die portugiesischen Schiffe am IO. oder ii. März unter Beschiessung der Feste St. Joseph, welche das Feuer erwiderte, in Kilindini, dem Südhafen der Insel Mombasa, hinein. Ohne nachhaltigen Widerstand wurden von den Verteidigern nach kurzem Geschützgefecht, in dem sie zwei Tote und einen Verwundeten zählten, St. Joseph und die sonstigen hier befindlichen Befestigungen geräumt und darauf von hundert Portugiesen 'besetzt. Sodann vorgeschickte Patta-Leute fanden zuerst wenig Widerstand, wurden aber später zurückgetrieben, worauf ihnen eine Kompagnie portugiesischer Grenadiere zur Hilfe geschickt wurde, die den Strand säuberte, sodass sofort dreihundert Portugiesen mit vier Geschützen als Herren des Uferstreifens unbelästigt bei Kilangane ein Lager beziehen konnten. Noch denselben Abend erschienen fünf Araber und Eingeborene der Stadt und baten um Frieden und zur Vereinbarung der näheren Bedingungen um dreitägigen Waffenstillstand. Sie machten sich dabei anheischig, sofort 15o0 Musungulos, die sie - 285 als Hilfstruppen herangezogen hatten, nach dem Festlande zurückzusenden. Sie erhielten indessen nur einen Tag Waffenstillstand gewährt. Am folgenden Tage wurden die portugiesischen Truppen weiter nach der Stadt zu vorgeschoben und ein Schiff in den Mombasa-Hafen entsendet. Neuerdings machten jetzt zwei Araber Friedensvorschläge, worauf ein portugiesischer Unterhändler in das feindliche Lager ging') Die als Ergebnis dieser Verhandlungen dem Schirch Mohamed Abeen Zaide, »General der Araber auf der Insel und in der Festung Mombasa«, auferlegten Uebergabebedingungen hat der portugiesische Oberbefehlshaber Luiz de Mello Sampayo in eine Kapitulation, datiert Mombasa 12. März 1728, zusammengefasst, die im wesentlichen folgenden Inhalt hat: i. Am 15. März verlässt die Besatzung mit gestreckten, ungeladenen Waffen, ohne Mitführung von Pulver und Blei, die Festung und wird von den in Schlachtstellung aufgestellten portugiesischen Streitkräften empfangen, vor denen sie die Waffen vor der portugiesischen Standarte niederzulegen hat. 2. Alle Araber samt Frauen und Kindern bekennen sich als unterthänige Sklaven des Königs von Portugal. Aus besonderer Gnade wird ihnen Leben und Freiheit geschenkt. 3. Fünfzehn Fahrzeuge, die im Rio de Antonio (Hafen von Mombasa) liegen, sowie Lebensmittel für einen Monat werden den Arabern zur Rückfahrt in die Heimat übergeben. Aus besonderer Gnade %verden ihnen einige Waffen zur Verteidigung auf der Reise überlassen und dem General und den Anführern gestattet, einige bewegliche Habe mitzunehmen. 4. Alles sonstige arabische Eigentum in Mombasa und an der Küste, als Waren, Fahrzeuge, Artillerie und Munition, ebenso die Gefangenen und Sklaven, verfallen dem königlichen Schatze.) Im grossen und ganzen gleichlautend, nur mit dem Zusatze, dass den Arabern auferlegt' worden sein soll, vor der portugiesischen Standarte drei Verbeugungen zu machen, erzählt auch Manoel Felix Valente de Azevedo, ein Kriegsschiffskapitän, der an diesen Ereignissen teilnahm, in seiner »Restauraýäo de Momba§a« die Uebergabebedingungen. Indessen, während die amtliche Beurkundung des Oberbefehlshabers den Eindruck erweckt, und vielleicht erwecken will, dass derartig auch die Festung Mombasa übergeben wurde, geht aus der Erzählung des genannten Kapitäns klar hervor, dass diese schmähliche Waffenstreckung nur seitens der ausserhalb der Festung stehenden Araber erfolgte, die zwar im Besitze der Werke in Kilindini und Makupa gewesen waren und auch das ) Restauraýäo de Mombaýa. 0 Chronista de Tissuary III S. i iff. 2) Vollständig in »Os Portuguezes em Africa, Asia etc.« VII S. I9Iff. - 286 frühere Augustinerkloster in der Stadt in Verteidigungszustand gesetzt hatten, denen aber die Besatzung der Festung mehr oder weniger in Feindschaft gegenüberstand. Nach dem gleichen Gewährsmanne und anderen Berichten, hatte sich der König von Patta bis zu diesem Zeitpunkte von den Begebenheiten fern gehalten und war an Bord eines portugiesischen Schiffes geblieben. Der nachdrücklichen Forderung, nun die Festung zu übergeben, setzte er den Einwand entgegen, dass die Portugiesen ihren Versprechungen nicht treu geblieben seien und die Araber, anstatt sie zu töten, frei hätten ziehen lassen. Es sei hierdurch die Gefahr heraufbeschworen, dass sie verstärkt zur Rachenahme zurückkehrten, was vermieden worden sei, wenn durch ein Blutbad Schrecken verbreitet worden wäre. Ferner schützte er vor, dass aus gleichem Grunde die Besatzung der Festung die Uebergabe ablehne und es auf einen Kampf ankommen lassen werde. Doch nachhaltig ist dieser Widerstand des Königs von Patta nicht gewesen. Auf die ersten Vorbereitungen zur Landung von Belagerungsmaterial, besann er sich eines besseren. Schon am 16. März, nachdem die Araber tags zuvor, von portugiesischen Booten nach See zu geleitet, abgesegelt waren, konnte der Auszug der bisherigen muhamedanischen Besatzung und der Einzug der Portugiesen, mit dem Könige von Patta und dem treuen Buana Daud, Fürsten von Fasa im Gefolge, in die Festung erfolgen. In der schnell gereinigten Kirche, welche die Araber als einen Lagerraum benutzt hatten, vor einem rohen Holzkreuze, wurde durch ein Hochamt, die Wiederbesetzung gefeiert, unter Zugrundelegung von Jesaia 66, IO: »Freuet euch mit Jerusalem, und seid fröhlich über sie, freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid.« Als ein göttliches Wunder wurde betrachtef, dass sich eine Kiste mit Kirchenornamenten anfand, welche in den 29 Jahren arabischer Herrschaft unversehrt geblieben war.') Die den Arabern abgenommene und bei der Plünderung der Stadt gewonnene Beute wird reich genannt, doch gleichzeitig geklagt, dass der Staatschatz hieraus keinen Nutzen gezogen habe, da zufolge Ungehorsam und Selbstsucht alles in unberechtigten Händen geblieben sei. An der Beute in der Festung hatten die Portugiesen keinen Anteil, da sie solche von vornherein dem Könige von Patta überlassen hatten. Aber auch dieser erlebte hieran keine Freude, da sich nur ganz geringe Vorräte, die kaum für eine zehntägige Belagerung genügt haben würden, vorfanden, und da insbesondere die wertvollen Bronzegeschütze, welche dreissig Jahre früher den Arabern in die Hände gefallen waren, inzwischen ') Restauraýäo de Mombaýa. 0 Chronista de Tissuary III S. 64. Cd Cd n - 287 durch eiserne Geschütze ersetzt worden waren. Als glänzender Gewinn konnte aber verzeichnet werden, dass 500 den Arabern abgenommene Sklaven sofort durch das Wasser der heiligen Taufe dem Christentume zugeführt wurden.') Durch Boten wurde die Wiedererrichtung der portugiesischen Herrschaft allen Fürsten der Küste verkündigt und ihr Besuch in Mombasa zur Huldigung verlangt, worauf binnen vierzehn Tagen Muinha Macombe König von Oacone (Wassin?) Mana Chame , , Vumba (Umba) Muinha Macuma . . Pangani Macamerumba , , Mtangata Ben Sultan Alauya , , Tanga Muinha Moýu für seinen Vater Aufulumen Assane (Mfalme Hassani) , , Zanzibar erschienen und sich Portugal unterwarfen. Ueber das Verlangte hinaus machte sich Pemba sogar tributpflichtig. Dass die Portugiesen in wirkungsvollerer Weise, durch Entsendung von Schiffen, die beanspruchte Oberherrschaft an den andern Plätzen zur Geltung brachten, ist nicht berichtet und auch schon darum unwahrscheinlich, weil inzwischen der Südwestmonsun eingesetzt hatte, der den Verkehr nach dem Süden schwierig machte. Kurze Zeit später verliess auch Luiz de Mello Sampayo mit zwei Schiffen Mombasa und segelte nach Persien. Zwei weitere Schiffe liess er vorläufig in Mombasa zurück. Als Gouverneur in Mombasa war Alvaro Caetano de Mello e Castro mit 120 Mann Garnison eingesetzt. Vielerlei deutet an, dass zwischen dem Oberbefehlshaber und seinen Untergebenen alles eher als gutes Einvernehmen und Einverständnis über die getroffenen Massregeln geherrscht hat, und so erachteten auch gleich nach seiner Abreise die Zurückgebliebenen es für nötig, den bisher von ihrem Vorgesetzten geschützten Buana Makua Ndogo, den Nebenbuhler des Königs von Patta, gefangen zu setzen, da er angeblich Unzufriedenheit schürte und der Verdacht bestand, dass er sich nach Barawa oder Maskat entfernen würde. Mit dieser Massnahme flüchteten viele Eingeborene, die ein gleiches Schicksal fürchteten, von der Insel. Mit dem Gefangenen an Bord verliess, nach Goa bestimmt, die von Manoel Felix Valente de Azevedo befehligte »Nossa Senhora de Assumpgäo« zwischen dem I 5.-20. August Mombasa. Zusammen mit dem Gouverneur von Mombasa scheinen dieser Kapitän und ein spanischer Edelmann D. Alvaro Joseph Marques de Cien Fuegos 1) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 863, Lissabon, 18. August 1729. - 288 einen Freundeskreis gebildet zu haben, welchem die von dem Oberbefehlshaber getroffenen Anordnungen nicht genügten, oder welcher Sonderruhm einheimsen wollte, denn anstatt direkt nach Goa zu segeln, lief das Schiff, angeblich durch Wind und Wetter gezwungen, doch offenbar geplanter Weise, Patta an und fand die wahrscheinlich gesuchte Gelegenheit zum Eingreifen. Wenigstens schildert der Kapitän, dass er in Patta den König in neuer Bedrängnis durch seine Widersacher gefunden habe, weil Luiz de Mello Sampayo, seinem Versprechen untreu, Patta nicht nochmals besucht hätte, und dass er durch sein Erscheinen und Vorgehen Beruhigung gebracht habe. Ferner nahmen der Kapitän und der genannte Marquis Veranlassung, gleichfalls vorgeblich in Gutmachung eines Versäumnisses des Oberbefehlshabers, das Verhältnis zwischen Portugal und'Patta in einem langen Vertrage, datiert Patta, den 24. August 1728, festzulegen. Die hauptsächlichen Bedingungen der 22 Paragraphen sind die folgenden: i. Zwischen Portugal und Patta sollen ewiger Friede, Freundschaft und Bundesgenossenschaft herrschen. Die Araber werden gänzlich von Patta ausgeschlossen. 2. Patta entrichtet an Portugal einen Tribut, dessen Höhe der Vizekönig von Indien festsetzt. 3. Patta gestattet die Errichtung eines portugiesischen Zollhauses sowie einer portugiesischen Festung und ihre Belegung mit i5o portugiesischen Soldaten. Von den Zollhauseinnahmen erhält der König von Patta ein Viertel. 4. Patta überlässt an den König von Portugal das Monopol im Elfenbeinhandel. 5. Patta gestattet den Bau einer katholischen Kirche und die Zulassung von Geistlichen und verpflichtet sich, alle Renegaten, einerlei ob Portugiesen oder Eingeborene, auszuliefern. 6. Portugal verspricht Patta und den jetzigen König und dessen Nachkommen zu schützen und baldmöglichst hierzu eine Besatzung nach Patta zu legen. 7. Portugal verspricht die Ansprüche Patta's auf einen Teil Pemba's wohlwollend zu prüfen. 8. Dem Vizekönige wird empfohlen, in Goa den gefangenen Buana Makua Ndogo, wegen seiner Verrätereien und Anfechtungen des herrschenden Königs, hinrichten zu lassen.') Insbesondere die Verpflichtung der Tributzahlung und die Ueberlassung des Elfenbeinhandels sollen dem Könige schwer geworden sein. Ohne durch Hinterlassung einer Besatzung oder sonstwie die ) Vollständig in Restauracäo de Momba§a, 0 Chronista de Tissuary III S. 84ff. und Biker VI S. 55 ff. - 289 Verwirklichung dieser Vereinbarung gesichert zu haben, setzten die Portugiesen ihre Reise nach Goa fort, wo sie am 23. September, stolz auf ihren papiernen Erfolg, eintrafen.') Zweifelsohne konnten sich die Portugiesen nach den Ergebnissen der ganzen Expedition, hauptsächlich nach der Besetzung von Mombasa, wieder als die Oberherren von Ostafrika, wenigstens in dem gleichen Umfange wie früher, betrachten. Doch weit über das Erreichte hinausgehend, prahlen die amtlichen Berichte jener Zeit, dass das Kreuz des Erlösers und das geheiligte Wappenbild Portugals wieder an allen Plätzen zwischen Kap Delgado und Barawa errichtet sei. Ja, gelegentlich wird dieser vermeintliche Machtbereich auch bis zum Kap Guardafui hinauf angenommen. Luiz de Mello Sampayo war zum gefeierten Helden geworden. Vielleicht selbst berauscht von dem leichten Erfolge, plante er, die Araber in ihrem eigerren Lande anzugreifen, und träumte von dem Wiedergewinne Maskat's, Ormus' und neuer Vorherrschaft der Portugiesen im Persischen Golfe. Im gleichen Taumel pries der Ueberseerat in Lissabon die Einnahme von MIombasa als eine That, welche den gefeiertsten Heldenthaten aus der portugiesisch-indischen Eroberungszeit gleich zu erachten sei. Thatsächlich unterbreiteten vier Mitglieder dieser Behörde dem Könige einen Bericht, in dem sie diese Auffassung zum Ausdruck brachten, und nur das fünfte Mitglied bewahrte sich seine nüchterne Auffassung und fügte dem Berichte in einem Nachsatze hinzu, dass angesichts des geringen Opfers von nur einem Toten und zwei Verwundeten, den diese Rückeroberung Ostafrikas gekostet habe, der Erfolg richtiger günstigen Verhältnissen und Zwiespalt unter den Feinden zugeschrieben werden müsse.2) Mit grossen Ehren, mit einem feierlichen Einzuge mit Triumphbögen und Tedeum wurde Luiz de Mello Sampayo in Goa empfangen, als er Ende des Jahres von seinem Abstecher nach dem Persischen Golfe zurückkehrte, und Anordnungen für Ostafrika traten vorerst bei den Machthabern in Goa und Lissabon in den Vordergrund. Als eine wirklich vernünftige, Erfolg verheissende Massregel wurde von Portugal aus, einer Empfehlung des Vizekönigs folgend, verfügt, dass alle bestehenden Anwartschaften auf Regierungsämter in Ostafrika erloschen seien, und dass keine derartigen Anwartschaften neu vergeben werden würden, sondern alle Aemter lediglich mit erfahrenen und geeigneten Personen besetzt werden sollten.') Ebenso hatte der in Lissabon erwogene Plan, dass aus Ostafrika ein besonderer von Goa unabhängiger Regierungsbezirk zu bilden sei,4) sein ) Restauracäo de Mombaýa; 0 Chronista de Tissuary III S. 89. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr..863, Lissabon, 18. August 1729. 8) Ebendort und Cons. Ultr., Papeis de Serviýo No. 1049, Goa, 20. Juni 1729. 4) Erst im Jahre 1753 wurde diese Absicht für Mozambique durchgeführt. Strandes, Ostafrika. 19 290 gutes, umsomehr da damit die Absicht verbunden war, ständig in Ostafrika ein Geschwader zu halten. Reine Phantasterei war es allerdings wieder, dass diesem Geschwader als Hauptaufgabe das Kreuzen gegen die Muhamedaner zugewiesen werden sollte, wovon man reiche Prisen und Aufbesserung der Staatsfinanzen, ähnlich wie zu den fernen Zeiten des ersten Erscheinens der Portugiesen im Indischen Ozean, erwartete. Auch die Bildung einer Handelsgesellschaft für Ostafrika wurde von Goa in Vorschlag gebracht. Ferner ist erwähnenswert, dass dem Gouverneur von Mombasa seitens des Vizekönigs ein jährliches Gehalt von Sooo Crusados (= M. 936o.-), zahlbar in Elfenbein zu Mombasa-Preisen, zugebilligt wurde, dass aber der Ueberseerat hiergegen Einspruch erhob und die Gleichstellung mit dem bedeutenderen Mozambique-Posten beantragte, der 5ooo Xerafinen (= M. 5850.-) in Baargeld eintrug, worauf der König persönlich die vorläufige Festsetzung auf 6ooo Xerafinen (= 1N1. 7020.-) in Bargeld verfügte.') Nach dieser hohen Bemessung ist wahrscheinlich, dass dem Gouverneur das Handelsmonopol nicht neuerdings verliehen wurde. Vielleicht war hier die Not die Mutter der Verbesserung, denn in gleicher Zeit klagte der Vizekönig, dass sich unter den sonst für den Gouverneurposten von Mombasa geeigneten Personen keine befinde, die im Stande oder gewillt sei, die Pachtsumme von 13 OOO Xerafinen zu erlegen, da ihre Wiedereinbringung aus Handelsgeschäften bei den neuen ungeordneten Verhältnissen zu unsicher sei.') Mit gleichem Eifer wurde in Goa zur Sicherung der Neuerwerbungen in Ostafrika mit der Hülfe von Anleihen, die bei Privatpersonen, der kaufmännischen Vereinigung von Banianen und bei den Jesuiten aufgenommen waren, ein Geschwader ausgerüstet, das bereits am 6. Januar 1729 abgehen konnte. Als hauptsächliche, wenn nicht einzige Aufgabe war dieser Expedition zugewiesen, den mit Patta geschlossenen Vertrag durch Anlage einer Festung u. s. w. zur Ausführung zu bringen. In den ersten Tagen des Februars konnte Antonio de Albuquerque Coelho, als erster portugiesischer Gouverneur Patta's, mit den ihm unterstellten 300 Mann Truppen und Handwerkern auf der Insel landen, und sein Empfang scheint nicht unfreundlich gewesen zu sein. Feierlich konnte er dem Könige Buana Tamu Mku den Schutzbrief Portugals überreichen, der ihm alles Gute verhiess und insbesondere seinen direkten Nachkommen auf ewige Zeiten die Thronfolge zusicherte,') und am 25. März wurde unter dem Beistande aller Grossen des Landes der Grundstein für die Festung gelegt ) Ms. Liss. Cons. Ultr., Consultas resolvidas No. 863, Lissabon, 31. August 1729. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr., Papeis de Serviýo No. 1049, Goa, 20. Januar 1729. 3) Ms. Liss. Cons. Ultr., Papeis de Servico, Maco No.- 1049, Goa, 3. Jan. 1729. - 291 und gleichzeitig die portugiesische Flagge gehisst. Fernere Freude erlebten die Portugiesen dadurch, dass ungerufen Gesandte aus Barawa erschienen, welche ihre Stadt, in der Hoffnung, dadurch Schutz gegen die Galla zu finden, unterwarfen. Als aus ungefähr achtzig Steinhäusern bestehend wird bei dieser Gelegenheit diese Stadt geschildert. Doch hiermit war die Herrlichkeit zu Ende. Schon von Anfang an machte sich störend bemerkbar, dass die von dem Könige gestellten Arbeiter lässig und unregelmässig zur Arbeit kamen und gleichzeitig Gerüchte umliefen, dass die Portugiesen in Mombasa in Schwierigkeiten seien. Das entstandene Misstrauen verstand der König dadurch zu beschwichtigen, dass er eine auf gelbem Papier geschriebene Prophezeiung eines bewährten Weisen vorwies, die dauernde Freundschaft in Aussicht stellte, und dass er zur weiteren Sicherung des Einvernehmens die gemeinsame Opferung von zwei weissen Kühen in Vorschlag brachte, was allerdings entrüstet als heidnische Götzendienerei von den Portugiesen zurückgewiesen wurde. Inzwischen war mit Mühe und Not der Festungsbau kaum zwei Fuss über den Grund erhoben worden. Schon länger war eine neue Stockung durch das Ausbleiben der Arbeiter bemerkbar, als am 13. Juni, dem Tage des H. Antonius, des vornehmsten Schutzheiligen der Portugiesen, die Stadt Patta in Flammen aufging. Hiermit wurde ein unheilbarer Bruch in den Beziehungen zum König offenbar, denn durch geheime Mitteilungen von eingeborenen Freunden wurde bekannt, dass der König selbst die Einäscherung seiner Stadt angeordnet habe, um hierdurch die Portugiesen weiterer Hülfsmittel zu berauben und sie zum Abzuge zu zwingen. Ausserdem vor Angriffen gewarnt, verschanzten die Portugiesen in der Nacht ihr Lager, doch blieben sie vor weiterem Ungemach dadurch bewahrt, dass ihre alten Freunde, die Wagunja, bis zu einem gewissen Grade zu ihnen hielten und damit den König von Patta brach legten. Einiges Geplänkel ist allerdings vorgekommen, und insbesondere rühmen sich die Portugiesen, in die halbverbrannte Stadt eingedrungen zu sein und dort fünfzig (?) Geschütze vernagelt zu haben, doch im wesentlichen standen sich die Feinde nur kampfbereit gegenüber. Da auch seine eigenen Freunde unter den Eingeborenen hierzu rieten, scheint Antonio de Albuquerque Coelho recht bald die Unhaltbarkeit seiner Stellung eingesehen und die Räumung beschlossen zu haben. Vorerst .erwog er, sich mit Mombasa in Verbindung zu setzen, musste aber diesen Plan aufgeben, da er, wahrscheinlich überlistet, die Ueberzeugung gewann, dass in dieser Jahreszeit dorthin, gegen Monsun und Strömung, nur die Patta-Leute die Fahrt ermöglichen könnten, die als seine besonderen Feinde dazu nicht zu haben sein würden. Dann hatte er die Sorgen wegen Ueberführung seiner Truppe nach Indien. Allerdings stand ihm 19* 292 - hierzu ein eigenes Fahrzeug zur Verfügung, doch reichte solches nicht zur Aufnahme aller Menschen. Vollends war er für Lebensmittel, Wasser und Brennholz auf den guten Willen seiner Feinde angewiesen. Weidlich wurde von diesen seine Notlage ausgenutzt. Verschiedentlich wurden getroffene Vereinbarungen nicht eingehalten und damit neue Erpressungen durchgesetzt. Schliesslich verstanden sich aber die Eingeborenen zur Lieferung von 140 Mattsäcken Getreide, und der König gegen Zahlung von 3ooo Rupies (= M. 65oo.-) zur Uebergabe einer ihm gehörenden Galeote, womit sich die Portugiesen einschiffen und, unter Zurücklassung von sechzehn vernagelten Kanonen, am 14. August nach Goa ruhmlos absegeln konnten. Knappe sechs Monate nur hat somit die Besetzung Patta's gedauert. Als Grund ihrer Treulosigkeit sollen der König von Patta und seine Unterthanen angegeben haben, dass sie durch das von den Portugiesen errichtete Handelsmonopol in Elfenbein und durch den Zwang, alle Stoffe, dazu beschädigte und landesunübliche, in der portugiesischen Faktorei kaufen zu müssen, bedrückt gewesen wären.1) Vergegenwärtigt man sich, dass die Portugiesen im Jahre 1505 nach ihrer Niederlassung in Kilwa gleichfalls die grössten Ungelegenheiten durch Monopolwirtschaft und Aufdrängen ungeeigneter Waren heraufbeschworen, so ergiebt sich, dass Anfang und Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft in Ostafrika durch ganz ähnliche Missgriffe in der Handelspolitik gekennzeichnet sind. Ebenso schlecht wie in Patta, wenn nicht noch schlechter, erging es den Portugiesen in Mombasa. Schon kurze Zeit nach dem Wiederbeginne ihrer Herrschaft sollen Gelüste der Eingeborenen zu einem Ueberfalle der Festung bestanden haben, aber durch die Wachsamkeit des treuen Fürsten von Fasa, Buana Daud, unterdrückt worden sein.2) Hiernach scheint ein volles Jahr lang die Ruhe äusserlich bewahrt worden zu sein. Doch unter der Decke muss Zündstoff angehäuft gewesen sein, denn am 25. oder 26. April 1729 überfielen die Stadtbewohner mit Hülfe der Musungulos plötzlich mordend die ausserhalb der Festung befindlichen Portugiesen und bemächtigten sich des kleinen Forts bei Makupa, welches der einzige besetzte Aussenposten war. Auch die in der Stadt liegende Faktorei wurde gleichzeitig von den Eingeborenen besetzt, doch gelang es sofort einer aus der Festung vordringenden Abteilung von nur acht Portugiesen, dieses Gebäude wiederzunehmen *und auch das Hospital und die Kranken vor Angriffen zu beschützen. Als Haupt der Aufständigen hatte sich Muinhe Hamed Buana Kipai, derselbe, welcher zwei J.ahre 1) Noticias da Inla S. 98 ff. 2) Ms. Liss. Cons Ultr. Cons. Res. Maýo No. 863. Mombasa, 28. August 1728. S293 früher die Portugiesen aus Goa herbeigeholt hatte, aufgeworfen. Welche Stellung sonst dieser Mann eingenommen hat, ist nicht überliefert. Die Mombasa-Chronik nennt ihn einen Patta-Mann und sagt, dass er auch im Auftrage Patta's in Goa gewesen sei, doch ist dieses nach den portugiesischen Berichten zweifelsohne unrichtig, denn er wird immer aus seiner Goa-Zeit als Abgesandter Mombasa's bezeichnet, und unabhängig von ihm handelte ein anderer Abgesandter für Patta. Offenbar ist er ein thatkräftiger Ränkeschmied gewesen, welcher, nachdem er mit den Portugiesen seine Rechnung nicht gefunden hatte, nun gegen sie arbeitete. Als Gründe des Ausbruches wurden von einem zeitgenössischen portugiesischen Chronisten angegeben, dass die Gefangennahme eines angesehenen Eingeborenen das Volk verbittert habe, und dass unter den Musungulos oder Wanika viel böses Blut gewesen sei, weil sie von den Portugiesen nicht genügend Geschenke von Baumwollstoffen, die ihnen zugesichert gewesen waren, erhalten hätten.') Allgemeiner, doch wahrscheinlich richtiger, überliefert die Mombasa-Chronik, dass die Portugiesen das Volk in grausamer Weise behandelt hätten und die Grossen zu Dienstleistungen gezwungen hätten. Sie sollen nach den Betenden mit Steinen geworfen und den Eingeborenen ihre Weiber und Häuser gewaltsam genommen haben, sodass schliesslich allgemeine Verzweiflung geherrscht habe, und man auf Befreiung von den Unterdrückern gesonnen habe. Weiter erzählt die Mombasa-Chronik richtig im Geiste der Suaheli, welche ihren Stammesnamen gerne auf Watu wa hila (die listigen Menschen) deuten, dass vor dem Beginne der Feindseligkeiten die Portugiesen überlistet worden seien. Es soll ihnen vorgelogen worden sein, dass eine arabische Flotte nahe, und dass es geraten sei, den in der Festung als Mundvorrat aufgespeicherten rohen Reis in der Stadt zur Enthülsung zu verteilen. Dieses sollen die Portugiesen gethan und sich dadurch gegen eine längere Belagerung widerstandsunfähig gemacht haben. Dann sollen an einem Festtage die PortugiesetLausserhalb der Festung überfallen worden sein. Hierbei soll ein Sohn des Gouverneurs gefangen genommen und durch Todesdrohungen gegen ihn der Gouverneur zum Abzuge gezwungen worden sein.') Die einzige vorliegende portugiesische Quelle, die einen durchsaus glaubwürdigen Eindruck macht, bestätigt eine derartige Entwicklung der Dinge nicht. Sie erzählt von einer langen, sechsmonatigen Belagerung, die allerdings, näher besehen, kaum als eine Belagerung zu betrachten ist. Meistens verhandelnd, wenig kämpfend, standen sich die Feinde gegenüber. Wie wenig Unternehmungs- und Kampfeslust bei den Aufständigen herrschte, geht am klarsten daraus 1) Noticias da India S. 98 ff. 2) Chronik in Owen I S. 416 ff. 294 hervor, dass sich die schon oben erwähnten wenigen acht Portugiesen volle 33 Tage lang in der Faktorei und in dem Hospitale, ausserhalb der Festung, halten konnten. Von vornherein legte sich der Gouverneur Alvaro Caetano de Mello e Castro aufs Verhandeln. Hauptsächlich suchte er Lebensmittel zu erhalten, doch musste er wieder und wieder die Erfahrung machen, dass er betrogen wurde, und für bedeutende Mengen Stoffe nur Kleinigkeiten von Getreide erhielt. Weiter sorgte auch Buana Daud, obgleich er gleich im Anfange der Bewegung von den Aufständigen gefangen gesetzt war, für seine portugiesischen Freunde, indem er Lebensmittel nach der Festung hineinschmuggelte. Doch es muss eine heillose Wirtschaft unter den Festungsinsassen geherrscht haben, denn die mühsam zusammengebrachten Lebensmittel wurden wieder von denen, zu deren Rettung sie bestimmt waren, nach aussen hin verschleudert. Auch der obenerwähnte, von der Mombasa-Chronik geschilderte Hauptstreich mit dem rohen Reis, wird von dem portugiesischen Geschichtsschreiber, wenigstens eingeschränkt, dahin bestätigt, dass man die Dummheit begangen habe, den eingeborenen Christen in der Stadt Getreide zum Enthülsen zu übergeben, dass solches aber nie zurückgekommen sei, weil diese erst seit kürzester Zeit Bekehrten, mit der Wendung der Verhältnisse, dem Glauben abtrünnig geworden wären. Mehr oder weniger scheint dieser verderbenbringende Verkehr die Folge von Weiberwirtschaft gewesen zu sein. Schliesslich sah sich der Gouverneur genötigt, alle schwarzen Konkubinen aus der Festung auszutreiben, doch erreichte er auch hiermit keine Besserung, sondern stiftete nur böses Blut unter seinen Untergebenen, und der Verkehr mit der Stadt blieb nach wie vor im Gange. Von welcher Gesinnung ein Teil der Belagerten war, zeigt folgende Geschichte: Einer dieser Ehrenleute hörte von seiner Geliebten, dass er bei den Aufständigen als thatkräftiger Widersacher besonders verhasst sei, und ging darauf zu Buana Kibai, dem Haupte der Aufständigen, nicht nur um sich von diesem ehrenvollen Verdachte weiss zu brennen, sondern auch um einen seiner Kameraden anzuschwärzen. Später verlockte er sogar diesen Kameraden, unter dem Vorwande, dass es sich um die begehrten Getreidelieferungen handle, verräterisch zu einem Besuche bei Buana Kibai, wo der Unglückliche schmählich ermordet wurde! Gleichzeitig mit Mombasa hatten sich auch an den anderen Plätzen Ostafrikas die Eingeborenen erhoben und die Portugiesen, die sich neuerdings bei ihnen niedergelassen hatten, ermordet oder vertrieben. Andere verleugneten ihren Glauben und wurden Muhamedaner. Namentlich werden von diesen Plätzen Zanzibar, Mafia und Pemba angeführt. In Zanzibar soll sich der Faktor Joachim da Costa Ribeiro mit sieben Gefährten, da er keine Rettung sah, aufgesprengt haben. Ein im August von Mozambique aus unternommener Versuch, den bedrängten Landsleuten Hülfe zuzuführen, misslang vollkommen. Das hülfebringende Schiff landete südlich von Mombasa und kehrte, da es hier keine Nachrichten über die Belagerten erlangen konnte, unverrichteter Dinge nach Mozambique zurück. Bereits auf der Hinfahrt hatte es in Zanzibar böse Er fahrungen gemacht. Ohne zu wissen, dass es hier schon mit der portugiesischen Herrlichkeit zu Ende war, war ein Teil der Mannschaft arglos gelandet. Anscheinend friedlich wurden sie von den Eingeborenen empfangen und mit Kokusnüssen zum Trinken bewirtet, doch hierbei verräterisch überfallen, wobei der Kapitän und ein Mann das Leben verloren. Nur dem Mute des Schiffskaplanes, der mit einem vorher unter dem Talar verborgenen Schwerte ungestüm vordrang, verdankte der Rest der Gesellschaft seine Rettung. Nähere Einzelheiten über die Entwicklung der Dinge in Mombasa hat der Chronist nicht überliefert. Höchstwahrscheinlich waren auch grosse Erlebnisse nicht zu verzeichnen. Der Zustand wird gewesen sein, dass die Portugiesen eingeschlossen in der Festung sassen und keine Kraft hatten, die Verhältnisse zu ändern, und dass die Eingeborenen als Feinde, doch ruhig, in der Stadt lagen und keinen Drang fühlten, durch Daranwagen ihres Blutes den Dingen ein Ende zu machen. Vollständig ist auch aus der Natur der ostafrikanischen Eingeborenen verständlich, dass sie, trotz geschworener Feindschaft, den Belagerten Lebensmittel lieferten, solange sie dagegen gehörige Gegenwerte erhielten. Schliesslich indessen sollen die Festungsinsassen durch Hunger die schwerste Drangsal erlitten haben, und derselbe Grund war es, welcher sie zur Waffenstreckung oder wenigstens zur Uebergabe der Festung an die Feinde zwang. Das Ende vom Liede war, dass sie von Mombasa am 26. November 1729 auf zwei Dhaus, welche ihnen die Eingeborenen überlassen hatten, nach Mozambique absegelten. Jeder durfte nur das mitnehmen, was er tragen konnte. Es war dieses der Abschied auf Nimmerwiedersehen und der Schlussstein der portugiesischen Herrschaft im nördlichen Ostafrika. Erst am 3. Februar 1730 erreichten die Vertriebenen Mozambique. Ausser dem Gouverneur hatten sich nur der Faktor, drei Hauptleute, fünf Unteroffiziere und zwanzig Mann gerettet.') Bei etwas grösserer Thatkraft der Beauftragten hätten die Portugiesen sofort das Verlorene wiedererobern können, denn gleich nachdem der aus Patta vertriebene Gouverneur in Goa angekommen war, hatte der Vizekönig in Goa mit Anspannung aller Kräfte ein Geschwader von 5 Schiffen mit 1215 Mann an Bord ausrüsten lassen, welches schon ') Noticias da India S. 98 ff. - 296 am 2. Januar 1730 nach Ostafrika ausgelaufen war. Thatsächlich waren in dieser Expedition die ganzen Machtmittel des portugiesischen Indiens vereint, und Goa war durch dasselbe so von Soldaten entblösst, dass die Wachen durch .bewaffnete Geistliche bezogen werden mussten. Beiläufig erwähnt, trug diese Entblössung Goa's später dem Vizekönige einen schweren Tadel ein.') Wieder war der Oberbefehl dem General Luiz de Mello Sampayo anvertraut. Bemerkenswerterweise befand sich auch Buana Makua, der im vorhergehenden Jahre zur Hinrichtung nach Goa geschleppte Patta-Kronprätendent, an Bord. Der Vizekönig hatte ihm damals das Leben gelassen, da er sich nie gegen die Portugiesen vergangen hatte, und um ihn gelegentlich gegen den König von Patta auszuspielen.') Zweifelsohne sollte seine jetzige Rückbeförderung solchen Zwecken dienen. Noch vor der Ankunft des Geschwaders bei den Patta-Inseln kamen ihm Boote entgegen, welche die schlimme Botschaft brachten, dass Mombasa gefallen sei, und dass wenig später ein arabisches Geschwader von fünf Fahrzeugen in Ostafrika angekommen sei, welches in Patta 15o Mann zurückgelassen habe und sodann nach Mombasa weitergegangen sei. Gleichzeitig brachten aber dieselben Boote auch die hoffnungerweckende Nachricht, dass sie auf Veranlassung des immer treuen Buana Daud ben Buana Scheck gekommen seien, der aus Mombasa nach Fasa geflüchtet sei, und der nun, vereint mit Buana Makua (dem Grossen), dem Könige von Sio und 4000 Wagunja, der Ankunft des Geschwaders harre, um den Portugiesen bei der Wiedernahme MIombasa's zu helfen. Auch als das Geschwader am 23. Januar vor Fasa ankam, bestätigten Briefe von Buana Daud und persönliche Versicherungen der Häupter der Wagunja ihre Lehnstreue; es wurde indessen ein mündlicher Verkehr mit Buana Daud, unbekannt aus welchen Gründen, nicht ermöglicht. Ebensowenig gelang es dem an Bord befindlichen Thronprätendenten Buana Makua, nachdem sich das Geschwader vor Patta gelegt hatte, eine Verbindung mit dem Lande anzuknüpfen, und so beschloss denn Luiz de Mello Sampayo, trotz des zweifelsohne bedeutenden Anhangs, welchen die Portugiesen hier hatten, in die Verhältnisse Patta's nicht einzugreifen, und segelte nach Mombasa weiter. Aber auch hier begnügte er sich bei seiner Ankunft am i. Februar damit, aus grösstmöglicher Ferne die rote arabische Flagge, welche über der Festung wehte, zu betrachten, sowie durch ein näher gesandtes kleines Fahrzeug erkunden zu lassen, dass thatsächlich einige grössere arabische Schiffe im Kilindini-Hafen lagen, und ging noch an ) Ms. Liss. Cons.Ultr., Consultas da, India, Livro 40 Fol. 27 ff. ) Ms. Liss. Cons. Ult., Papeis de Serviýo, Maýo No. I149,G.oa, 2o. Januar I729. 297 demselben Tage unbedenklich und schamlos, trotz seiner den Arabern gewiss bedeutend überlegenen Streitkräfte, nach Mozambique weiter. In diesem Hafen traf er zwei Schiffe, welche in Voraussehung von Schwierigkeiten, von Portugal mit einem neuen Gouverneur und Besatzungstruppen für Mombasa und Patta abgesandt worden waren. Verstärkt durch diese ging Luiz de Mello Sampayo neuerdings Ende Februar in See, um nun wirklich einen Angriff auf MIombasa zu machen, doch die Schiffe konnten gegen Monsun und Strömung nicht aufkommen und kehrten nach wenigen Tagen nach Mozambique zurück. WVeitere Erwägungen führten dahin, dass die Gedanken an die \Viedereroberung Mombasa's vorerst aufzugeben seien, weil Goa durch die längere Abwesenheit der hauptsächlichsten Streitkräfte zu sehr gefährdet sei. Luiz de Mello Sampayo scheint indessen wenig geneigt gewesen zu sein, sich diesem Beschlusse des Kriegsrates zu unterwerfen. Er scheint die Dinge so haben wenden zu wollen, dass es den Anschein erweckte, als könnten die Schiffe vorerst Goa nicht erreichen und würden durch Wind und Wetter gezwungen, nach dem Persischen Golfe abzulenken. Wenigstens wird ihm der Vorwurf gemacht, dass er, nachdem das Geschwader am 23. März von Mozambique abgegangen war, diesen Plan dadurch verfolgt habe, dass er um die Jahreszeit zu verpassen, absichtlich die Schiffe ungemein langsam habe segeln lassen. Schliesslich nötigten ihn indessen Wassermangel und Krankheiten, wodurch beispielsweise allein auf einem Schiffe 140 Mann starben, mit allen Segeln Goa zuzustreben. Doch am 17. Mai überfiel ein Orkan aus Nordost bis Ostnordost das Geschwader und entmastete alle Schiffe. Zwei Schiffe, darunter das Admiralschiff, die »Nossa Senhora de Franýa«, das wertvollste Schiff des portugiesischen Indiens, das 70 Bronzegeschütze führte und 557 Seelen an Bord hatte, blieben verschollen. In ihr verlor auch der Oberbefehlshaber dieser unglücklichen Unternehmungen, Luiz de Mello Sampayo, sein Leben.') Das übliche Nachspiel aller derjenigen Geschehnisse, bei denen die Portugiesen die Verlierenden gewesen waren, fehlte auch hier nicht. Mehrere Jahre hindurch beschäftigten Prozesse gegen die Haupt. beteiligten die Gerichte und deren Oberbehörden. Der Exgouverneur von Mlombasa hatte sich gleich nach seiner Ankunft in Mozambique als Gefangener in der Festung gemeldet, und seinem Patta-Kollegen wurde auch ohne eigene Meldung ein ähnliches Quartier in Goa angewiesen. Gegen beide richtete sich die Anklage, dass sie die ihnen gegebenen Vorschriften nicht befolgt und die Eingeborenen zum Aufstande gereizt hätten. Besonders erschwerend wurde erachtet, dass ebendieselben Neger, welche eben erst die portugiesische Herrschaft 1) Noticias da India S. 79 ff. erbeten hätten, derselben sobald wieder überdrüssig geworden seien. Die erste Instanz in Goa kam zu einem verurteilenden, die zweite zu einem freisprechenden Spruch. Nichtsdestoweniger hielt der Vizekönig, der wahrscheinlich Sündenböcke brauchte, die Freigesprochenen gefangen, und erst Jahre später wurden sie auf Empfehlung des Unterseerates und Befehl des Königs in Freiheit gesetzt. Man war hierbei der Ansicht, dass zwar die Beschuldigten wenig Klugheit und Umsicht gezeigt hätten, aber dennoch nicht strafbar wären.') Von Alvaro Caetano de Mello e Castro wird bei dieser Gelegenheit erwähnt, dass er zwar, seinem edlen Blute entsprechend, tapfer, aber notorisch dumm wäre. Auch gegen den zweiten Befehlshaber der Flotte, den Fiscal Joseph Barbosa Leal, richtete sich eine Anklage, weil er entgegen der vizeköniglichen Instruktion, in dem Kriegsrate gegen die Angriffe auf Patta und Mombasa gestimmt hatte. Auch er wurde von den Gerichten freigesprochen, dennoch aber von dem Vizekönige seiner Aemter beraubt, schlieslich jedoch von Lissabon wieder, unter rücksichtsloser Blossstellung des Vizekönigs, in seine Würden eingesetzt.2 ) ') XIs. Liss. Cons. Ultr.., Consultas da India, Livro 40 Fol. 286, Lissabon, Febr. J734 u. A. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr., Consultas da India, Livro 40, Fol. 244-247, Lissabon, 24. Januar 1732. Schluss. Ueber die Lage der Dinge im nördlichen Ostafrika während der nächsten zwei Jahrzehnte, welche auf die Vertreibung der Portugiesen folgen, geben die portugiesischen amtlichen Berichte so gut wie keine Auskunft, und es scheint, dass die Portugiesen in diesem Zeitabschnitt jede Verbindung mit dem Küstenstriche, den sie früher besassen, verloren hatten. Nach der arabischen Chronik Mombasa's war in dieser Stadt die Oberherrschaft des Imams von Maskat, oder vielleicht richtiger gesagt, seiner Statthalter, keineswegs eine unbestrittene. Insbesondere unter dem Gouverneur Saleh ben Mohamed el Hasram, der durch tyrannisches Wesen die Bevölkerung gereizt hatte, kam es zu wiederholten Aufständen und langwährendem Kriegszustande, die noch dadurch verwickelter wurden, dass ein Teil der Mombasa-Bevölkerung, die Stämme der Wamwita, d. i. der Bewohner von Alt-Mombasa, zu den Arabern hielt, und ihm ein anderer Teil, die Wakilindini-Stämme, verbündet mit den Wanika, den Bewohnern des Festlandes, unter einem Schirch von Melinde, gegenüberstand. Erst im Jahre 1739 wurden diese Verwicklungen durch die Abberufung von Saleh ben Mohamed beseitigt. Als sein Nachfolger wurde von Maskat Mohamed ben Osman el iMusrui entsendet, welcher die verschiedenen Parteien auszusöhnen verstand.I) Das Auftreten dieses neuen Statthalters ist besonders bemerkenswert, weil sich in ihm der erste aus der Familie der Msara oder, wie sich ihre Angehörigen nach einem älteren Stammvater lieber nennen hören: der Ben el Kehelani in Ostafrika sesshaft machte, die ein Jahrhundert lang Mombasa so gut wie selbständig, wenn auch nur unter dem Titel von Statthaltern, regierte, und die bis in die neueste Zeit hinein auf das Geschick des Mombasa-Küstenstriches einen wesentlichen Einfluss ausübte. Entgegen der mündlichen Ueberlieferung in Mombasa, welche 1) Chronik in Owen 1 S. 419. - 300 diesem Mohamed ben Osman rühmend die endgültige Vertreibung der Portugiesen zuteilen will, ist nach der geschriebenen Mombasa-Chronik daran festzuhalten, dass er erst zwölf Jahre später in Mombasa erschien. Möglich ist indessen, dass einem anderen Musrui, Nasir ben Abdallah, vielleicht einem Onkel des Genannten, ähnlicher Ruhm gebührt, denn er war der erste Statthalter Oman's in Mombasa nach dem Falle dieser Stadt im Jahre 1698 und hat somit wahrscheinlich schon als Oberbefehlshaber bei der Belagerung und Besiegung der Portugiesen mitgewirkt. Wichtige Aenderungen in Oman brachten die Msara in Mombasa in den Vordergrund. In dem Imam Sef ben Sultan hatte Oman den letzten Herrscher aus der Dynastie der Jarebu. Unter ihm war fast das ganze Land von den Persern besetzt. Nur Sohar hatte sich unter dem Gouverneur Achmed ben Said Albu Said gehalten, und demselben gelang es durch Thatkraft und List schliesslich, auch das übrige Gebiet von den Feinden zu befreien. Schon seit längerer Zeit thatsächlicher Machthaber des Landes, beseitigte er verschiedene Kron. prätendenten aus der alten Herrscherfamilie und setzte endlich (I74I? durch, dass er selbst zum Imam erwählt wurde.') Mit ihm gelangte die noch heute in Oman und Zanzibar regierende Familie der Albu Said ans Ruder. Indessen in Ostafrika wurde der neue Herrscher nicht anerkannt. Auf die Anzeige seiner Thronbesteigung sandte der Gouverneur Mohamed ben Osman die Antwort, dass er sich als Musrui einem Albu Said gleichwertig erachte, und dass, nachdem jener sich gewaltsam zum Oberherrn von Oman aufgeschwungen habe, er selbst sich als Herrn von Mombasa betrachte, denn sie beide wären im Grunde nichts anderes als Gouverneure. Die Rache hierfür blieb nicht lange aus, denn von Maskat Entsandte, die sich in Mombasa unter der Maske von Feinden des Imams eingenistet hatten, ermordeten Mohamed ben Osman (1746) und setzten auch seinen Bruder Ali ben Osman gefangen. Mit Hülfe der Wamwita wurde derartig Mombasa unter dem Gouverneur Sef ben Kalfan wieder von Maskat abhängig, Doch dieser Zustand währte nur kürzeste Zeit. Der gefangene All ben Osman erlangte seine Freiheit wieder, indem er sich flüchtend an einem Ledertaue von der hohen Festungsmauer herunterliess. Bald darauf wagte er, unterstützt von den ihm ergebenen Kilindini-Stämmen, dazu mit Rat und Hülfe eines englischen Kapitäns Musugh Kighugh (? Msungu =- der Europäer Cook), der mit seinem Schiffe, zweifelsohne einem Kauffahrer, im Hafen von Kilindini lag, eine Ueberrumpelung der Festung, welche gelang. Sef ben Kalfan 1) Salil ibn Razik S. I53. Vergl. auch Carsten Niebuhr, Beschreibung von Arabien, Kopenhagen 1772, S. 301 ff. hielt sich zwar mit seinen Anhängern noch drei Tage in einer Bastion, musste sich aber schliesslich, nachdem sein Bollwerk durch eine von dem Engländer entliehene Kanone, zusammengeschossen war, ergeben. All ben Osman war hiermit im Besitze der Macht.') Ebenso wie Mombasa hatte auch Patta den neuen Imam nicht anerkannt und hatte die auf der Insel lebenden Araber getötet und vertrieben. Mehr als zweifelhaft ist indessen, ob dieses wirklich eine Auflehnung gegen einen als unberechtigt erachteten Oberherrn war, oder ob nicht vielmehr nur aus dem Dynastiewechsel in Maskat Veranlassung genommen wurde, die häufigen Nebenbuhlerschaften um die Macht in Patta auszufechten, denn im Verlaufe dieser Ereignisse erfolgte verschiedentlich ein Thronwechsel. Eine Schilderung dieser, ohnedies uninteressanten Wirren würde hier zu weit führen. Kurz sei nur angegeben, dass auf den ungefähr im Jahre 1733 gestorbenen Buana Tamu Mku sein Sohn Fumo Bakari, dann im Jahre 1745 Buana Makua, dann in kurzer Folge Muana Mimi, eine Tochter von Tamu Mku, zusammen mit ihrem Wasir Fumo Omari, dann Fumo Alute (176o?), sämtlich aus der Nebahani-Familie, sich nacheinander, zufolge von Parteikriegen und Meuchelmord, Könige von Patta nennen konnten. Wechselseitig griffen die Patta-Leute in Mombasa und die Mombasaner in Patta ein, wobei nicht nur Parteinahmen, sondern auch Grenzstreitigkeiten, hauptsächlich um Pembi, die Veranlassung gaben, und verschiedentlich von Maskat der Versuch gemacht wurde, die alte Oberherrschaft über Ostafrika wieder zur Geltung zu bringen.') Inzwischen hatte aber auch Portugal seineAnsprüche auf diese Gebiete mit Zähigkeit festgehalten. Frankreich war bereit gewesen, diese Erbschaft anzutreten, doch fortgesetzte, von dem Pariser Hofe unterstützte Werbungen der Compagnie des Indes auf Abtretung der Anrechte auf Mombasa und Patta, welche ihr Arbeitsfeld von Madagaskar auf das ostafrikanische Festland auszudehnen wünschte, wurden hartnäckig u. a. in den Jahren 1739 und 1744 zurückgewiesen, und mehr als einmal wurden die Vizekönige gewarnt, gegen einen gewaltsamen Einbruch der Franzosen in diese vermeintliche portugiesische Domäne auf der Hut zu sein.') Aehnlich regte sich häufig die Furcht, dass die Engländer oder die Holländer versuchen würden, unberechtigt diese Erbschaft anzutreten. Die Engländer scheinen in diesen Verdacht besonders dadurch geraten zu sein, dass sie stetig gute Beziehungen zu den Arabern unterhielten. Unverkennbar helle ) Chronik in Owen I S. 419 ff. 2) Siehe ausführlich bei Quillain S. 546 ff. 3) Instruccäo de Sua Magestade dada ao Marques de Castello Nero, Lissabon, den 25. März 1744. 0 Chronista de Tissuary II S. 156. - 302 Wut über dieses Verhältnis verleitete beispielsweise im Jahre 1758 einen Gouverneur von Mozambique in einem Berichte nach Lissabon die Engländer bestimmter Absichten auf Mombasa zu bezichtigen. In drastischen Worten klagt er, dass die Araber durch den ihnen in Bombay und Surat gestatteten Bau von Schiffen und durch die englischen Lieferungen von Kriegsmaterialien und Mannschaften stark geworden seien und spricht die Befürchtung aus, dass, nachdem die Engländer sich Mombasa's und seines Handels bemächtigt haben würden, die Engländer und Araber als Verbündete Weiteres in Ostafrika unternehmen würden. Er fleht dabei zu Gott, dass das Ziel dieser Unternehmungen nicht Mozambique sein möge, obgleich dieses befürchtet werden müsse, da unter den Arabern die Redensart gängig sei, sie möchten nicht sterben, bevor sie nicht die Gebeine ihrer Vorfahren in Mozambique besucht hätten.') Wie bereits erwähnt, scheinen die Portugiesen in den zwei ersten Jahrzehnten nach ihrer letzten Vertreibung aus Mombasa (1728) jedwede Fühlung mit jenem Gebiete verloren zu haben. Doch gegen Mitte oder Ende der vierziger Jahre begannen sich die Mombasa- und Patta-Leute, offenbar durch die bei ihnen herrschenden Wirren, der Portugiesen als eines in den Parteiungen zu gebrauchenden Machtfaktors zu erinnern. Fortgesetzt berichten in den folgenden Jahrzehnten die Gouverneure von Mozambique über das Erscheinen von »Gesandten« aus Mombasa und Patta, welche die Abschüttelung des arabischen Joches und Rückkehr unter die portugiesische Herrschaft anboten. Richtiger werden diese Gesandtschaften dahin zu verstehen sein, dass bald die eine und bald die andere Partei Hülfe von den Portugiesen zu erlangen suchte, um dadurch gegen die Widersacher Oberwasser zu gewinnen. Zweifelsohne liessen sich die Portugiesen dieses Buhlen um ihre Gunst gerne gefallen, doch weitere Folge gaben sie ihm vorerst nicht. Nur dazu reizten diese Lockungen, dass die Gouverneure in Mozambique und Ibo angewiesen wurden, die etwa aus dem nördlicheren Ostafrika eintreffenden Fahrzeuge gut zu behandeln, um durch dieselben nähere-Nachrichten über die Verhältnisse zu erlangen und Verbindungen anzuknüpfen.2) Doch Erfolg scheint damit nicht erzielt worden zu sein, denn in verschiedenen portugiesischen Berichten aus diesen Jahren wird offen bekannt, dass nicht in Erfahrung zu bringen sei, ob die Araber oder einheimische Fürsten im Besitze von Mombasa seien. Doch allmählich wurde das Interesse für den ehemaligen Besitz wieder reger. Vielleicht als eine Folge des grösseren Lebens, das der thatkräftige Minister Pombal in dem zerrütteten Por ) Ms. Liss. Cons. Ultr., Registo das Cartas da India, Livro io Fol. 73 f-, Mozambique, den 27. Dezember 1758. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr., Correspondencia para os Portos de Goa, Livro 6 Fol. 53, Mozambique, den 12. Mai 1754. tugal weckte, wurde der Gouverneur von Mozambique im Jahre 1756 angewiesen, in Mombasa und Maskat Spione zu unterhalten, um die Gesinnung der Bevölkerung dieser Plätze für Portugal zu erkunden. Zwar wurde dieser Befehl noch mit der gleichzeitigen Benachrichtigung erteilt, dass man zeitweilig nicht an die Wiederausdehnung des portugiesischen Machtbereiches denke,') doch nur zwei Jahre später gingen die Machthaber in Lissabon schon einen Schritt weiter, indem sie auf einen Bericht aus Mozambique, dass wieder einmal ein Gesandter Patta's die Uebergabe Mombasa's angeboten habe, die Anweisung gaben, ganz im Stillen, unter strenger Geheimhaltung, die Widersacher des arabischen Statthalters in Mombasa mit Waffen und Pulver zu unterstützen und die Zwistigkeiten zu schüren, doch offen keine Partei zu nehmen, um die Araber nicht zu reizen.') Weitere Anregung wurde den Portugiesen von Kilwa aus gegeben. Zweifelsohne hat ein mehr oder weniger offener Handelsverkehr zwischen diesem Platze und den portugiesischen Besitzungen nie ganz aufgehört, doch wurden so zu sagen amtliche Beziehungen erst im Jahre 1759 dadurch wieder eröffnet, dass im April jenes Jahres ein Gesandter des Königs von Kilwa Sultan Hassani ben Sultan Ibrahim ben Sultan Jsufu mit einem Briefe in Mozambique erschien, in dem Nachrichten über den Krieg zwischen Mombasa und Patta und Maskat gegeben und freundschaftliche Gesinnung versichert wurde.') Auch im folgenden Jahre wurden diese Beziehungen durch einen Briefwechsel erneuert, in welchem dem Könige von Kilwa ungehinderte Zulassung seiner mit Pässen versehenen Fahrzeuge und Getreideladungen in der Provinz Mozambique versprochen wurde. Dass, wie ein portugiesischer Geschichtsschreiber angiebt, über dieses hinaus im Jahre 176o ein thatsächlicher Handelsvertrag zwischen dem Gouverneur von Mozambique und dem Könige von Kilwa abgeschlossen worden ist, lässt sich nach der in Lissabon vorhandenen Abschrift des bezüglichen Briefes des Gouverneurs nach Kilwa nicht annehmen.') Indessen ein regelmässiger Verkehr und ein gewisses Mass von Vertrauen waren angebahnt, und als im April 1765 ein Gesandter mit einem Briefe des Königs von Kilwa in Mozambique eintraf, mit dem zwei Eingeborene Mombasa's, Hamisi Abibo und Vanasere, als die angesehensten Männer dieser Stadt, sowie ferner ein Muinhe ) Ms. Liss. Cons. Ultr, Cartas Regias, Livro 3 No. 49, Belem, den 16. April 1756. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr., Cartas da India, Livro No. io, Fol. 47 if., Belem, den io. März 1758. ') Ms. Liss. Cons. Ultr., Cartas da India, Livro No. io, Fol 98 fr., Mozambique, den 24. Juli 1759. 1) Ms. Liss. Cons. Ultr., Cartas da India, Livro No. 17 Fol. 215, Mozambique, 12. Mai 176o. 304 Combo, wahrscheinlich ein Kerimba-Mann, eingeführt wurden, und in dem der König versicherte, dass die Bewohner der ganzen Küste der arabischen Herrschaft überdrüssig seien, sowie unter ihre angestammten Herren, die Portugiesen, zurückzukehren wünschten, glaubte der Gouverneur von Mozambique diese Anregung nach Lissabon zur Beachtung empfehlen zu dürfen.') An thatsächlichen Vorschlägen, wie die portugiesische Herrschaft wieder aufgerichtet werden könne, und überhaupt über die Verhältnisse in den zu besetzenden Plätzen enthalten dieser Brief des Königs von Kilwa und der Bericht des Gouverneurs, mit dem er nach Lissabon befördert wurde, nichts. Ganz angemessen wurde daher in Antwort hierauf von den Heimatsbehörden (1767) die Weisung nach Mozambique erteilt, vorerst eine ganz vertrauenswürdige Person zu entsenden, um in Kilwa die wahre Gesinnung des Königs und in Mombasa die Verhältnisse zu erforschen und dann, falls alles versprechend gefunden sei, mit dem Könige von Kilwa über die beste Art der Einnahme Mombasa's zu beraten. Weniger lobenswert wurde sodann ferner vorgeschrieben, dass der König von Kilwa die Streitkräfte für die Unternehmung, doch unter portugiesischem Oberbefehl, stellen müsse, und dass höchstens zwanzig bis dreissig portugiesische Soldaten helfen dürften, sowie dass nach der Einnahme Mombasa's sofort die Festung daselbst zu sprengen sei, um den Arabern jede Hoffnung zu nehmen, dass sie hier neuerdings ein Bollwerk finden könnten. Weiter wurde sodann angeordnet, dass die Stadt einem eingeborenen Fürsten als Vasallen Portugals zu übergeben sei, und dass mangels eines geeigneten Lehnsmannes nur eine einfache portugiesische Faktorei, mit zwei bis drei Kanonen und einer geringen Anzahl Soldaten, zum Besten des portugiesischen Handels zu errichten sei. Als zukünftiger Vasallenfürst wurde der König von Kilwa doch mit der Warnung in Vorschlag gebracht, ihn lieber nicht zu wählen, wenn die Gefahr bestände, dass er durch den Zuwachs von Mombasa zu mächtig würde.') Bedenken, kraftlose Wünsche und Mangel an Selbstvertrauen hatten in einer für Portugal wenig schmeichelhaften Weise diese Vorschriften erteilt, und auch ihr vernünftiger Teil fiel ins Wasser, denn als sie, stark verspätet, im März des Jahres 1769 in die Hände des Gouverneurs von Mozambique gelangten, beschloss dieser, ohne die befohlenen weiteren Erkundigungen einzuziehen, sofort das Unternehmen zu beginnen. Die einzige Erklärung, die er für diese Nichtachtung der Befehle angiebt, besteht in der Befürchtung, dass bei einer Verzögerung die des 1) Ms. Liss. Cons. Ultr. Mozambique. Officos dos Governadores. Maco No. 2889. Mozambique, den 19. August 1765. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Avizos, Provizöes e Cartas. Livro 28 No. 328. Lissabon, den i. Mai 1767. - 305 arabischen Joches müden Ostafrikaner sich einer anderen europäischen Nation zuwenden würden.') Noch im Juli 1769 zogen von Mozambique eine Fregatte und ein Schoner unter dem Befehle des Oberstleutnants Caetano Alberto Judice auf die Einnahme Mombasa's aus. Gleich im Anfange entstanden Schwierigkeiten dadurch, dass sie auf den Kerimba-Inseln, angeblich durch Gegenarbeit der Muhanredaner, die erwartete Versorgung mit Lebensmitteln und Verstärkung durch einheimische Fahrzeuge nicht fanden und erst am 18. September die Reise fortsetzen konnten. Welche Abenteuer sie weiter auf dieser Fahrt erlebt haben, ist nicht überliefert, doch jedenfalls ist ein gänzlicher Misserfolg das Ende gewesen, denn im Januar des folgenden Jahres (1770) waren die Schiffe nach Mozambique zurückgekehrt, und der unternehmungslustige Gouverneur hatte nach Haus zu berichten, dass die niederträchtigen Kanaillen von Muhamedanern, die z.um Ruin Gottes und der portugiesischen Majestät Ostafrika bevölkerten, trotz ihrer vorherigen Hülferufe und Versprechungen nicht zu bewegen gewesen seien, irgend etwas gegen die Araber in Mombasa zu unternehmen. Schwachen Trost fand er darin, dass er im stande gewesen war, dem Muinhe Combo, einem der Anstifter der Unternehmung, auf den Kerimba-Inseln Werte im Betrage von i5ooo Crusados zu beschlagnahmen.') Nach einer anderen kurzen Erwähnung dieser Begebenheit verloren die portugiesischen Schiffe in Mombasa einige Boote und schätzten sich im übrigen glücklich, grösserem Ungemach entgangen zu sein.') Hiermit endigt die Geschichte der Beziehungen Portugals zu dem nördlicheren Ostafrika. Schwerlich ist ein jämmerlicheres Selbstbekenntnis von Schwäche und Mangel an Selbstvertrauen denkbar, als es in der oben wiedergegebenen Instruktion für diese Unternehmung enthalten ist. Thatsächlich hatte Portugal schon seit mehr als einem Jahrhundert aufgehört, in dem Indischen Ozean ein nennenswerter Machtfaktor zu sein. Fast unmittelbar mit dem Beginn der Indienfahrten der Holländer und Engländer war das vielbewunderte Gebäude der portugiesischen Oberherrschaft in diesen Gewässern erschüttert, und der Verlust von Malakka (1656) und Ceylon (1658) bezeichnen in der Hauptsache ihr gänzliches Ende. Wie man in Portugal selbst schon lange über die portugiesische ') Ms. Liss. Cons. Ultr. Correspondencia para o Corte. Livro 35 Fol. 30. Mozambique, den 20. Juli 1769. 2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Correspondencia para o Corte. Livro 35 Fol. 48 ff. Mozambique, 20. Januar 1770. 8) Francisco da Costa Mendes, Catalogo dos Capitaes Generaes e Governadores da Provincia de Moýambique desde 1752, epoca de sua separapio do Governo de Goa. Mocambique 1892 S. 14. Strandes, Ostafrika. 20 - 306 Stellung im Osten dachte, zeigt am besten eine Unterredung, die der König Johann IV. (1640-1656) mit einem französischen Gesandten führte, und in der er klagte, dass Ostindien ein Besitz sei, der ihm nichts eintrüge und flur durch Menschen- und Geld-Opfer schwäche. Wollte Gott, rief er aus, dass ich Ostindien mit Ehren aufgeben könnte! Der einzige Grund, der ihn davon abhalte, sei das Interesse des Christentums, und er zittere, wenn er daran denke, dass an die Stelle der katholischen Religion die Ketzerei der Holländer und Engländer treten würde.1) Als kümmerliche Reste verblieben schliesslich den Portugiesen in Asien nur der Besitz des kleinen Gebietes von Goa und der Städte Diu und Daman in Vorderindien, sowie der Stadt Makao in China und eines Teiles der Insel Timor im Malaiischen Archipel. Kaum sind, wenn auch die Verherrlichung und die Schmähung als übertrieben anerkannt werden müssen, in der Weltgeschichte grössere Gegensätze zu finden, als sie der glänzende Aufschwung und der trübe Niedergang der portugiesischen Kolonialherrschaft bieten, und diese Gegensätze treten noch besonders scharf dadurch in die Erscheinung, dass gewöhnlich der Umfang, oder richtiger die Ausgestaltung des portugiesischen Kolonialreiches wie überhaupt der ganzen portugiesischen Unternehmungen im Osten, auch für die Blütezeit, bei weitem überschätzt werden. Richtig ist ja, dass der portugiesische Einfluss die ganzen nördlichen Küstenländer des Indischen Ozeans von China und Japan bis nach Arabien umfasste. Aber damit wurden diese Länder noch lange nicht beherrscht. Selbst der Ausdruck portugiesisch-indisches Kolonialreich ist missleitend. denn in Wirklichkeit besassen die Portugiesen nur eine kleine Anzahl recht zerstreuter Besitzungen. Im Anfange des 17. Jahrhunderts, als sie noch nichts an andere europäische Nebenbuhler eingebüsst hatten, zählten sie selbst auf der genannten, ungeheuer grossen Küstenstrecke nur 12 Städte und 33 Orte, in denen sie Besatzungen unterhielten), und auch diese Zahl schmilzt noch auf 16 bis 18 zusammen, wenn man die ganz unbedeutenden Plätze und Vorwerke ausscheidet. Dazu war fast durchgehends, ausgenommen eigentlich nur das Gebiet um Goa und einen Teil der Insel Ceylon, der thatsächliche Besitz und die stetige Hoheitsausübung auf diese mit Festungen besetzten Ortschaften beschränkt. Ja, innerhalb derselben war vielerwärts die Macht mit den eingeborenen Fürsten zu teilen. Genauer genommen, darf man nicht von einem portugiesischen Reiche, sondern nur von einer portugiesischen Vorherrschaft im Osten, aufrechterhalten durch das Uebergewicht auf 1) Schäfer IV S. 582 ff. 2) Livro da Fazenda S. ii4. - 307 der See, sprechen. Und ebenso wie von der Machtfülle sind gewöhnlich die Ansichten von dem Umfange des portugiesischen Verkehrs mit Asien übertrieben. In der eigentlichen Glanzzeit, in den Jahren 15oo bis 1528, gingen von Portugal im ganzen 299 Schiffe, oder, im Durchschnitte gerechnet, alljährlich nur IO Schiffe nach Indien. In den Jahren 1529 bis 1612 betrug die Gesamtzahl 505, also im Durchschnitte alljährlich sechs ausgehende Schiffe. Unter Abrechnung einiger grösserer Armadas verringert sich die alljährliche Ausrüstung sogar auf nur drei bis fünf Schiffe. Im ganzen sind von diesen in 113 Jahren ausgegangenen 802 Schiffen 423 Schiffe, d. i. alljährlich nur ungefähr vier Schiffe, nach Portugal zurückgekehrt. 285 Schiffe sind im Osten stationiert geblieben, und der Rest ist auf die eine oder andere Weise verunglückt.') Später wurde dieser Verkehr noch beschränkter, und es sind Zeiten vorgekommen, in denen zwei und drei Jahre lang überhaupt keine Schiffe aus Portugal in Indien eintrafen. Der Gesamtaufwand für den Bau und die Ausrüstung einer ganzen Armada von fünf Schiffen von je 550 Tonnen, einschliesslich Besoldung und Unterhalt für je 123 Mann Besatzung für 18 Monate, doch ohne Bewaffnung, betrug in den Jahren 1588 bis 1592, und zwar bei dem Abgange von Lissabon, nur ungefähr 142000 bis 168ooo Milreis') (= M. 1117540.- bis M. 1322 16o.-). In guter Uebereinstimmung hiermit beziffert auch eine Aufstellung vom Jahre 1633 die Kosten für ein Schiff von 550 Tonnen, einschliesslich der Artillerie, Heuer und Unterhalt auf zehn Monate für 114 Mann Besatzung, sowie einschliesslich des Unterhaltes für 151 Mann Truppen auf sechs Monate, auf 26 925 Milreis 520 Reis') (= M. 211 904.-). Ferneren Anhalt zur Erkenntnis der verhältnismässigen Bedeutungslosigkeit der portugiesischen Kolonialunternehmungen gewährt, dass in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts die jährliche Einfuhr in Portugal an Pfeffer, dem Haupteinfuhrartikel, auf 240 000 Milreis (= M. i 888800.-) bewertet wurde, und dass damals die in Portugal zur Erhebung gelangenden Zölle auf die Einfuhr von Indien zu 30 000 Milreis für jedes Schiff, oder, da fünf Schiffe ankommen sollten, zu jährlich 150 000 Milreis (= M. I 18o 500.-) verpachtet waren.4) Alle diese Zahlen beweisen zur Genüge, dass der Verkehr mit Indien wesentlich unbedeutender gewesen ist, als die gewöhnliche, oberflächliche Anschauung annimmt. Einerlei welchen grösseren Wert das Geld früher hatte, auch in jener Zeit waren diese Zahlen ver1) Livro da Fazenda S. 137. 2) Livro da Fazenda S. 198 ff. 8) Ignacio da Costa QWintella, Annaes da Marinha Portugueza, Jahrgang II. Lissabon i84o. S. 291. Ebendort alle Einzelheiten. 4) Livro da Fazenda S. 6. 308 hältnismässig klein. Selbstredend ist die Wichtigkeit der ehemaligen portugiesisch-asiatischen Besitzungen nicht lediglich nach den Beziehungen zum Mutterlande zu beurteilen, aber da eine Staatshaushaltsrechnung aus dem Jahre 1607 alle staatlichen Brutto-Einnahmen in allen portugiesischen Besitzungen jenseits des Kaps der Guten Hoffnung auf'einen Gesamtbetrag von nur 477450 Milreis 300 Reis') (= M. 3757534--) beziffert, ist auch für das Ganze die verhältnismässige Unwichtigkeit belegt. Krasser noch kennzeichnet diese Zahl dadurch, dass von ihr 243779 Milreis 40o Reis, oder mehr als die Hälfte, allein auf die Einnahmen aus dem Goa-Gebiete entfällt. Im Reize des Neuen, auf der Jagd nach unermesslich grossen Vorteilen, getragen von dem erregten Unternehmungsgeist der ganzen Nation, war in kühnen Entdeckungsfahrten und Kämpfen der Osten unterworfen worden. König, Geistlichkeit, Adel und Volk waren gleichmässig beteiligt gewesen. Doch nur mit höchster Kraftanstrengung hatte das kleine Portugal mit seiner damaligen Bevölkerung von nur 1300000 Seelen,') die Tausende von Menschen aufbringen können, die der Osten alljährlich, Jahrzehnte hindurch, wegraffte. Naturgemäss machte sich bald genug eine Erschöpfung der Kräfte geltend, auch eine Erlahmung des Eifers blieb nicht aus, als mit den grossen Errungenschaften die Hauptaufgaben erledigt schienen, und weiter verfehlten sodann Uebersättigung und Verweichlichung nicht ihre verderbliche Wirkung. Insbesondere aber ist vor Augen zu behalten, dass diejenigen Tugenden, welche den hohen Ruhm der Eroberungszeit begründen und welche den Erfolg bewirkt hatten, nämlich Unternehmungsgeist und Mut, keineswegs genügten, um auch die friedliche Nutzbarmachung und Erhaltung des Gewonnenen zu sichern. Fast gänzlich hat das Lob der portugiesischen Thaten, selbst in den besten Zeiten, dort zu schweigen, wo nicht nur rücksichtsloser Wagemut den Ausschlag gab, und es ist kein Wunder, dass dieser Wagemut schwand oder nicht zur Geltung kam, als weniger glänzender Lohn winkte, und die traurigen Allgemeinverhältnisse durchgreifenden Erfolg aussichtslos machten. Und so wird auch von den portugiesischen Geschichtschreibern als eine der Hauptursachen des Verfalles der Kolonialherrlichkeit ihres Volkes erachtet, dass fast durchgehends tüchtige und gewissenhafte Männer an der Spitze fehlten. Hundertfältig liessen sich die Beispiele aufzählen, wie selbst höchstgestellte Beamte in geheimer oder gar offener Scham1) Livro da Fazenda S. 75 fr. Als Gesamtzahl wird hier unerklärlicher Weise 35556o Milreis 6oo Reis genannt, während die Zusammenziehung der einzelnen Einnahmeposten die oben angenommene Zahl ergiebt. 2) Luiz Augusto Rebello da Silva, Historia de Portugal nos Seculos XVII e XVIII Lisboa 186o-i87I. IV S. 621. - 309 losigkeit den Staatsschatz und die Unterthanen beraubten, für sich selbst oder ihre Freunde das Recht beugten und als ihre hauptsächliche Aufgabe betrachteten, sich zu bereichern. Der Staatschronist Diogo do Couto sagt in seinem im Jahre 16II geschriebenen Werke über die Ursachen des Verfalles der portugiesischen Kolonialmacht: Die Alten glaubten, dass die Menschen das Gedächtnis verlören, wenn sie den Lethe-Fluss überschritten, aber thatsächlich verlieren die meisten unserer Vizekönige das Gedächtnis und dazu die Furcht vor Gott und dem Könige, sobald sie das Kap der guten Hoffnung passiert haben. Und weiter klagt er, dass diejenigen, welche mit guten Vorsätzen in Goa anlangten, binnen vier Tagen in dem allgemeinen Pfuhl der Verderbnis gleich falls gewissenlos würden.') Wirklich waren die Vizekönige und ihre Kreaturen die eigentlichen Besitzer oder richtiger Ausbeuter Indiens, und mit ihnen wetteiferten an den Nebenplätzen die Gouverneure und Beamten im Raube am Staatsgelde und Privatbesitz. Zu ungeheuerlichen Preisen wurden dem Staate von den eigenen Beamten die Kriegsbedürfnisse und andere Dinge verkauft, für Bestechungen wurden die einträglichen Aemter vergeben und Prozesse gegen Recht entschieden, hunderte von Soldaten, die längst gestorben oder ausgeschieden waren, wurden in den Lohnlisten weitergeführt, die Waisengelder wurden unterschlagen und für Geld war überhaupt alles zu erreichen. Dass neben diesen rein landesüblich gewordenen alltäglichen Veruntreuungen, Unterschleifen und Betrügereien, auch jedwede besondere Gelegenheit zum Raub ausgenützt wurde, ist selbstverständlich. Als nur ein Beispiel dafür, mit welcher Unverschämtheit gestohlen wurde, sei angeführt, dass ein Vizekönig (I -44), der den Schatz eines indischen Fürsten im Werte von 500 000 Pardaos geraubt hatte, davon nur 300000 Pardaos an die Staatskasse abführte und den Rest für sich behielt und dieses nach Lissabon offen damit begründete, dass er im stande gewesen sei, das Ganze für sich zu behalten!') Wer weitere Belege sucht, wird sie in dem angeführten Werke von Diogo do Couto finden. In der Form von Gesprächen, die zwei hohe Beamte mit einem alten erfahrenen Soldaten führen, dem eine freie Sprache gestattet ist, werden darin alle Schliche aufgedeckt, durch die Staat und Nebenmenschen hintergangen wurden. Was die Grossen im Grossen trieben, trieben die Kleinen im Kleinen, und so bieten die Schilderungen von Augenzeugen von der portugiesischen Soldateska des Ostens ein Bild, welches Verächtlichkeit und Lächerlichkeit vereinigt. Ohne stetigen 1) Observaýöes sobre as principaes causas de decadencia dos Portuguezes na Asia, escriptas por Diogo doCouto em forma de dialogo com o titulo de Soldado Pratico. Lisboa 1790 1 S. 41. ') Luiz Augusto Rebello da Silva V S. 151. - 310 Dienst und ungenügend bezahlt, führten sie ein Dasein, in dem die Erlangung von Lebensunterhalt durch Bettelei und Diebstahl die Hauptaufgabe war, in dem aber, ungeachtet der Bettelhaftigkeit, eine wunderbare Renommisterei und Sucht nach Erlangung von Ehrenbezeugungen nebenher ging. Gegenseitige äussere Ehrerbietung und das Eingehen auf die eingebildete und behauptete Grösse des Anderen waren unumgängliche Erfordernisse für den Verkehr. Wer besitzend war, konnte nicht umhin, um Feindschaften zu vermeiden, für den Aermeren offenen Tisch zu halten. Der Holländer Linschoten, der in den Jahren i583-i589 in Goa lebte, erzählt als Beispiel der hohlen Prunkerei und als eine gewöhnliche Sache, dass zehn oder zwölf Soldaten, die zusammenwohnten, gemeinsam nur einen oder zwei gute Anzüge ihr eigen nannten, welche von den jeweilig Ausgehenden stolz getragen wurden, während die anderen Mitbesitzer inzwischen daheim in Lumpen sassen.') Die Erteilung von Ehren entartete derartig, dass nach jedem, auch dein unbedeutendsten Zusammenstoss, die Soldaten sich um die Führer zur Erlangung des Ritterschlages drängten und schliesslich sogar gelegentlich Küchenjungen dieser Ehre teilhaftig wurden.2) Das ganze Leben der Soldaten gipfelte schliesslich darin, für geleistete und angebliche Dienste schriftliche Beglaubigungen zu sammeln, auf Grund deren sie einmal ein Amt oder eine Pension zu ergattern hofften. Dieses Ansammeln von Zeugnissen war überhaupt eine Aufgabe, der Gross und Klein huldigte und die für alle eine bedeutende Rolle spielte. Wer eine eingehende Schilderung des Privatlebens der Portugiesen in Indien wünscht, wird sie in kräftigster Sprache und belegt mit der Erzählung vieler Geschichten in dem Reisewerke des französischen Apothekers Mocquet finden, der in den Jahren 16o9-i6io in Mozambique und Goa weilte. Sein Gesamturteil über die indischen Portugiesen fasst er in den Worten zusammen: Man findet unter ihnen anders nichts, als Lüge, Betrug, Geiz, Wucher, Hass, Zorn, Zank, Neid, Missgunst, Hoffart, Uebermut, Mord, Totschlag, Fressen, Sauffen, Ueppigkeit, Sodomitterey, Unzucht, Hurerey, Ehebruch, Gotteslästerung, Fluchen, Schwören, Sacramentieren und alle Sünden in vollem Schwange, dass einem, wer es höret, alle Haare dafür zu Berge stehen und man sich über Gottes Langmut dieser böser Menschen nicht genug verwundert.') Trotz des Wunsche1, nicht 1) The Voyage of John Huygen van Linschoten to the East Indies. From the old English Translation of 1598, London Hakluyt Society 1878 1 1 200. 2) Linschoten VI S. 189. a) Wunderbare, jedoch gründlich- und warhaffte Geschichte und Reisebegebnisse in Africa, Asia, Ost- und West-Indien von Jan Mocquet aus Frankreich. Aus dem Französischen in Hochteutsche Sprache übersetzet und entdecket durch Johann Georg Schochen, Lüneburg o. J. (1688?), S. 244. zu verallgemeinern und nicht mit den Lastern einiger die Gesamtheit zu belasten, gelangt man durch die Uebereinstimmung aller Berichte zu der Ueberzeugung, dass wirklich in der überwiegenden Mehrzahl der indisch-portugiesischen Gesellschaft eine weitgehende Zerrüttung der Ehrlichkeits- und Sittlichkeitsbegriffe geherrscht haben muss. Selbst im mildesten Lichte betrachtet, lässt sich nicht leugnen, dass Gelderwerben auf alle Weise, Skrupellosigkeit und Herrenspielen massgebend die Verhältnisse regierten. Schwer ist auch zu glauben, dass in der allgemeinen Verderbnis die Geistlichkeit ihre Reinheit bewahrte. Gewiss hat es an frommen, hingebenden Geistlichen nicht -gefehlt, doch ebenso gewiss werden viele nicht im stande gewesen sein, sich den Einflüssen zu entziehen, von denen sie umgeben waren. Auch direkt trug die Geistlichkeit zu der Verschlechterung der Verhältnisse dadurch bei, dass sie sich mit ihrem Einflusse ungebührlich in die weltlichen Dinge einmischte und durch ihre allmählich erworbenen ungeheuren Reichtümer, durch ihre Unabhängigkeit von der weltlichen Gerichtsbarkeit, durch ihre Zoll- und Steuerfreiheit einen schädlichen Staat im Staate bildete. Ueber achtzig Kirchen und Klöster und dreissigtausend Geistliche und Mönche sollen in Goa sogar noch in der Zeit des Verfalles gewesen sein.') Diese Zahl mag übertrieben sein, aber es war eine stetig wiederkehrende Klage der Vizekönige, dass die Klöster durch ihren Reichtum und das MWohlleben, das sie bieten konnten, die rüstigsten Arme an sich zögen und die von Portugal auf Staatskosten ausgesandten Soldaten ihrem Berufe entfremdeten. So jammerte in einem Schreiben vom i. Dezember 1633 der Vizekönig dem Könige, dass die Zahl der Geistlichen wachse, dagegen aber die Zahl der Soldaten abnähme, dass die Schiffe ungenügend bemannt, dagegen aber die Strassen mit Ordensbrüdern gefüllt seien, und dass er als reine Wahrheit versichern könne, es gäbe in Indien mehr Geistliche und Ordensbrüder als Soldaten. Alle Schuld hierfür schiebt er dem Reichtume der Kirche zu und beklagt ferner seine Ohnmacht als Staatseinnehmer gegenüber diesem Besitze.') Schon im Jahre i59i hatte der König von Portugal den geistlichen Orden jeden weiteren Erwerb von Land in Indien untersagt, da hierdurch der dem Christusorden zustehende Zehnte, worüber er verfügte, geschmälert wurde.') Auch gegen das Gebahren der einzelnen Geistlichen wurden oft Klagen laut. Beispielsweise schreibt ein Gouverneur von Mozambique im Jahre 1758, dass alle Missionare ein zügelloses Leben führten und , Hamilton 1 S. 251. 2) Vollständig in Chronista de Tissuary IV S. 97. s>Archivo V S. i28o. 312 nichts anderes als Händler seien.') Anderweitig wird über dieselben gesagt, dass sie kein anderes Bestreben gehabt hätten, als durch Handel ein Vermögen von 20ooo bis 50000 Pardaos zusammenzubringen, zum Genusse dieses Besitzes nach Indien zurückzukehren und es schliesslich der Kirche zu vermachen.') Nicht minder wirkte die 1560 gegründete Inquisition zum Verderben der portugiesischen Besitzungen. Zwar war den Muhamedanern und Heiden durchgehends das Verbleiben bei ihrem Glauben gestattet, und das Wirkungsfeld der Inquisition sollte eigentlich auf diejenigen beschränkt werden, die sich einmal zum Christentum bekannt hatten, aber nichtsdestoweniger verstand es die Inquisition, auch Andersgläubige vor ihr unduldsames, unerbittliches Forum zu ziehen. Der Verdacht eines ketzerischen Einflusses auf die Christen, die Uebertretung derjenigen Vorschriften, welche die öffentliche Ausübung anderer Religionen verboten, und die Einziehung zur Zeugnisablegung boten dazu mannigfaltige Gelegenheit. Geradezu eine lähmende Furcht muss vor der Inquisition geherrscht haben. In dem Schreiben eines Vizekönigs an den König vom 19. Dezember 1729 wird diese Furcht als eine der hauptsächlichsten Ursachen des Rückganges des Handels der portugiesischen Besitzungen bezeichnet, da die heidnischen und muhamedanischen Kaufleute diese Plätze mieden, weil sie nicht nur die leidenschaftlichen Beleidigungen der Inquisition gegen ihre Religion, sondern auch Gefangensetzung in deren Kerker fürchteten, in denen es in Kost und Absonderung der Kasten keine Rücksichten auf die für Andersgläubige heiligen Gebräuche gäbe. Unverhohlen wird weiter in diesem Schreiben der Inquisition der Vorwurf gemacht, dass sie durch die ausserordentliche grosse Zahl von Einkerkerungen den Nordbezirk entvölkert und dadurch veranlasst habe, dass die wichtige Seidenindustrie nach dem englischen Gebiete übergesiedelt sei.') Und wie die kirchlichen, so entsprachen auch die weltlichen Einrichtungen in keiner Weise den Verhältnissen und waren eher geeignet, zu hemmen als zu fördern. Undenkbar wäre es auch, wenn überwiegend minderwertige Einzelne ihre Gemeinschaft und Staatsordnung besser gestaltet hätten. Allein schon das an anderer Stelle eingehender behandelte System der Vorausbesetzung aller höheren Stellungen auf Jahre im voraus, dass den ungeeignetsten Leuten zu Aemtern verhalf, das keinem Beamten länger als drei oder vier Jahre denselben Dienst beliess, und das mit sich brachte, dass stetig eingearbeitete Männer den uner1) 31s. Liss. Cons. Ultr. Cartas da India. Livro io Fol. 47 ff. Mozambique, 20. Juli 1758. 2) Joäo de Andrade Conro, Estudos sobre as Provincias Ultramarinas. II (Moýambique), Lisboa 1883 S. 108. ') Vollständig in Biker VI S. 172 ff. - 313 fahrenen zu weichen hatten, dazu dann der verderbliche Gebrauch, dass die Staatsangestellten gleichzeitig Kautleute waren, ja dass vieler wärts, wie in Ostafrika, der Amtsbezirk gleichzeitig ein den Beamten zur kaufmännischen Ausbeutung gesetzlich zugewiesenes Arbeitsfeld war, konnten keine gute Verwaltung bringen. Ueberall ist sichtbar, dass nicht für die Gesamtheit, sondern vorwiegend zum Nutzen von einzelnen Bevorzugten gearbeitet wurde. Man geht nicht zu weit, wenn man annimmt, dass die Kolonien nicht für die Nation, sondern fast ausschliesslich zu Gunsten derer gehalten wurden, die durch Geburt, Gunst und Einfluss eine Anwartschaft auf hervorragende Stellungen und damit Vorteile hatten. Es mag dieses nicht die Absicht gewesen sein, aber gewiss war es das Ergebnis. Dutzende und hunderte versorgungsbedürftiger Edelleute wurden alljährlich hinausgeschickt und fielen der Verwaltung zur Last. Beispielsweise gab es im Jahre 1730 in Goa nicht weniger als dreiundsechzig Marinekapitäne und zweiundfünfzig Kapitänleutnants, die Gehalt bezogen oder auf Anstellung warteten,') während gewiss gleicherzeit die Staatsflotte nicht mehr als höchstens 14 Schiffe, grosse und kleinste, alle eingerechnet, zählte. Nur im geringsten Masse zogen weitere Kreise des Volkes aus den Kolonien Nutzen. Zuerst waren alle wertvollen Handelszweige reines Regierungsmonopol. Doch auch nachdem allmählich der Handel freier geworden war, konnten daran private Unternehmer nur geringsten Anteil nehmen, da bis in die spätesten Zeiten hinein die Schiffahrt von Portugal nach dem Osten auschliesslich von der Regierung selbst, entweder durch eigene oder von Kontraktoren gestellte Schiffe, und ähnlich im Osten die wichtigsten Verbindungen durch privilegierte Schiffe betrieben wurde. Schliesslich konnte auch dieser Handel, selbst wenn er bedeutender gewesen wäre, der Gesamtheit nicht von Wichtigkeit werden, weil Portugal keine Handelsbeziehungen im weiteren Europa besass, durch die es zum Nutzen anderer Kreise seiner Bevölkerung die eingeführten Erzeugnisse des Ostens hätte vertreiben können. Ebenso brachte der Ausfuhrhandel dem Lande nur den geringsten Vorteil, da es vollkommen an einer Industrie zur Erzeugung der Ausfuhrwaren fehlte und alles, was für den Handel mit den Eingeborenen nötig war, vom Auslande gekauft werden musste. Dass die zu gleichen Zeiten getriebene Monopolwirtschaft, sowie die Verschmelzung von Obrigkeit und Kaufmannschaft bei den Holländern und Engländern, im Gegensatze zu den Portugiesen, zur Blüte führten, hat seinen offenbaren Grund darin, dass bei ihnen privater Unternehmungsgeist die Angelegenheiten regierte und geeignete Leute wählte, während in Portugal in erster ') Ms. Liss. Cons. Ultr. Cons. da India. Livro o Fol. 223. 314 Linie hohe Geburt und Beziehungen zum Hofe zu leitenden Stellungen verhalfen. Auch brachte bessere Erfolge, dass die Holländer und Engländer ihre Angestellten auf hohe Gehalte anwiesen, aber streng eigene Geschäfte untersagten, wogegen die Portugiesen ihre Beamten ganz ungenügend bezahlten und dagegen Nebenerwerb freigaben. Dann aber kamen auch in Holland und England die Errungenschaften der Unternehmungen nach dem Osten durch die Aktionäre, auf die sich der Gewinn verteilte, die Industrie, welche die Ausfuhrartikel erzeugte, und den Zwischenhandel, welcher die Einfuhr vertrieb, der Gesamtheit ganz anders zu gute. Vielfach ist als eine der Ursachen des Verfalles der portugiesischen Kolonien im Osten die merkwürdige Verquickung von krassem Materialismus im rücksichtslosen Gelderwerb mit weitgehendem Idealismus in gleich rücksichtslosem Vorschieben des Christentums betrachtet. Zweifelsohne ist es eine augenfällige Thatsache, dass bei der Eroberung des Ostens diese beiden Triebfedern so Hand in Hand gingen, dass es häufig schwer ist, zu erkennen, wo die Wirkung der einen aufhört und die Wirkung der anderen beginnt. Auch in den späteren Zeiten hat viel der Einfluss der Geistlichkeit und der Wunsch das Christentum zu verbreiten, bei wichtigen Entscheidungen den Ausschlag gegeben und insbesondere bei den Verfügungen, welche von Portugal aus erfolgten, stand häufig das Interesse der Kirche im Vordergrunde, aber nichtsdestoweniger ist unverkennbar, dass materielle Interessen das Uebergewicht hatten und nicht etwa allzu grosse religiöse oder kirchliche Gesinnung weltliche Erfolge unmöglich machten. Derartige Religiösität wäre auch bei der Unmoralität, die zweifelsohne unter den portugiesischen Machthabern im Osten vorgeherrscht hat, unverständlich. Zur Erklärung, warum so häufig, oberflächlich betrachtet, die Religion der Ansporn zum Handeln war, dient auch, dass von Anfang an die Araber und Türken die mächtigsten Widersacher und Nebenbuhler der Portugiesen im Indischen Ozean, sowohl im Handel wie in Macht, waren, und dass der Kampf gegen diese Wettbewerber gleichzeitig ein Religionskrieg war. Der Dank, der den Portugiesen gebührt, weil sie verhindert haben, dass türkischmuhamedanische Herrschaft in Ostafrika und Indien Fuss fasste, wird durch diese Auffassung nicht geschmälert. Von ideellen Triebfedern haben den Portugiesen wahrscheinlich Nationalstolz und Ehrgeiz, mehr als Religionseifer, geschadet. Gewiss ist anerkennenswert, dass sie des Ruhmes ihrer Vorfahren gedachten und erhalten wollten, was jene ihnen erobert hatten, und dass die Erinnerung an die alte Glanzzeit desto lebhafter wurde, je misslicher sich die Gegenwart gestaltete, aber dieses Gedenken verleitete zur Ueberschätzung der KTäfte. Unverkennbar ist, dass der Wunsch, die grosse Herrschaft ganz zu erhalten, durch die Zersplitterung der - 315 Kräfte, zum Verderben beitrug. Gerade das Gedenken an den Ruhm und die Thaten der Vorfahren verführte zu einem neuen Misskennen der Verhältnisse. In der Grösse des für das kleine, arme Portugal von vornherein übermässigen Besitzes liegt ein Hauptgrund für die geringe Entwickelung und den späteren Verlust. In allem und jedem zeigen sich die ungenügenden Kräfte. Häufig wird der Geldmangel Portugals als eine hauptsächliche Ursache des frühen Verfalls genannt. Dass wirklich die ewige Oede im Staatsschatze die grössten Verlegenheiten brachte, dafür geben die vorstehenden Abschnitte aus der Geschichte Ostafrikas allerlei Beispiele, doch dieser Geldmangel sollte nur als eine Erscheinung der allgemeinen Schwäche aufgefasst werden. Auch er zeigt, dass das Wollen grösser war, als das Können. Nur mit Mühe und Not *war selbst in den Zeiten, als noch europäische Gegner fehlten, die Herrschaft aufrechterhalten worden. Es war eine Herrschaft, die nicht durch VerschnKlzung mit den Interessen des Landes, nicht durch Hebung der Kultur und Leistungsfähigkeit der Kolonien und nicht durch Verdrängung der Eingeborenen oder deren Hinüberziehung zu den Anschauungen der Herrscher Wurzel geschlagen hatte. Nur an wenigen einzelnen Punkten, wie Goa, Diu und Daman, wo eine Vermischung mit den Eingeborenen stattgefunden hatte, und wo sich die portugiesischen Eroberer durch Beteiligung am Bodenbau und an Handarbeit wirklich dingesiedelt hatten, konnte ihre Herrschaft weiter bestehen. Gewiss trugen die Verhältnisse, nicht zum mindesten die alte eingewurzelte Kultur des Ostens, an den geringen Erfolgen einen grossen Teil der Schuld. Dass die Portugiesen anderswo verstanden haben, wirklich zu kolonisieren, dafür ist Brasilien ein glänzender Beweis. Was von den portugiesischen Besitzungen im Osten im allgemeinen gesagt worden ist, gilt unverändert für Ostafrika. Auch hier folgen auf die ersten Jahre der nachdrücklichen Besitzergreifung zwei Jahrhunderte schlaffen Erhaltens, die nur selten durch kraftvollere Thätigkeit unterbrochen wurden. Auch für hier ist die Bedeutung der ehemaligen portugiesischen Herrschaft bei weitem überschätzt. Im wesentlichen beschränkte sich die ganze thatsächliche Hoheitsausübung auf die Verwaltung der Stadt Kilwa während der Jahre 1505-1512 und der Stadt Mombasa während der Jahre 1591-1697. Ausserdem sind vielleicht, abgesehen von vorübergehenden Besetzungen infolge kriegerischer Ereignisse, gelegentlich für kürzere Zeit portugiesische Beamte in Patta, Zanzibar und Pemba stationiert gewesen, aber die anderen Städte und die übrige Küste haben kaum anders als dem Namen nach unter portugiesischer Herrschaft gestanden. Nicht anders als durch Einschränkungen im Handelsverkehr und durch die Verpflichtung, Tribut zu zahlen, merden sie dieselbe - 316 bemerkt haben. Ja, es sind Reihen von Jahrzehnten vorgekommen, während welcher grosse Teile der Küste durch nichts an ihre Abhängigkeit erinnert wurden und ihre Selbständigkeit behaupteten. Vollends haben die fernerliegenden, auch damals mit dieser Küste in stetigen Verkehrsbeziehungen stehenden Länder, wie Madagaskar, Südarabien und sogar die Komoro-Inseln immer ihre Unabhängigkeit bewahrt. Und ebenso unbedeutend wie die Machtausübung, war die wirtschaftliche Thätigkeit der Portugiesen. So lückenhaft auch die Berichte hierüber sind, so steht doch insbesondere fest, dass von einer irgendwie bedeutenden kultivatorischen Kolonisation durch die Portugiesen keine Rede sein kann. Es mögen auf den Inseln Mombasa, Zanzibar und Pemba von einzelnen oder auch von einem Dutzend Portugiesen Versuche mit Anpflanzungen gemacht worden sein, die sie durch Sklaven bearbeiten liessen, aber eine irgendwie ausgedehntere, mit Landbau verbundene Besiedelung hat nie stattgefunden. Schon die zu belegende Thatsache, dass in den beten Zeiten kaum hundert Portugiesen (ausser der Besatzung von Mombasa) im ganzen Ostafrika nördlich des Kaps Delgado wohnten, und dass meistens ihre Zahl ganz wesentlich geringer war, ist hierfür ein Beweis. Ebenso ist an einen umfangreichen Handel nicht zu glauben. Sein wichtigster Teil wurde durch das einmal alljährlich zwischen Indien und Ostafrika verkehrende Schiff bewältigt. Für den jeweiligen Mbonopolinhaber, den Kommandanten, wird er gewinnbringend gewesen sein, und ausserdem mag er zwanzig bis dreissig Portugiesen ernährt haben, aber damit ist seine Bedeutung zu Ende. Er beschränkte sich auf einen lebhaften Küstenverkehr, einen Austausch von Waren mit Arabien und war im übrigen ganz von Indien abhängig. Von dem ganz Unbedeutenden und nur vorübergehend Wichtigen abgesehen, verdient von ganz Ostafrika nur die Stadt Mombasa als eine ehemalige portugiesische Kolonie betrachtet zu werden. Aber auch ihre Bedeutung ist bei weitem überschätzt worden. Häufig findet man als einen Massstab ihrer früheren Grösse angegeben, dass sie zwanzig Kirchen besessen habe. Aber jeder beglaubigte Nachweis hierfür fehlt, und die eingehendere Betrachtung der Gesamtverhältnisse lässt daran keinen Glauben. Sollte die Zahl dennoch richtig sein, so ist sie missleitend, denn sie wird nicht für Kirchen, sondern nur für bescheidenste, christliche Andachtsstätten gelten, die -vielleicht Religionseifer aus elenden muhamedanischen -Moscheen schuf. Dagegen sind aus allen Zeiten der portugiesichen Herrschaft Belege zu bringen, welche dem portugiesischen Mombasa jeden Glanz nehmen. Ausschlaggebend wäre schon, auch hier, die geringe Zahl der portugiesischen Ansiedler, die sich wahrscheinlich nie übe4 fünfzig Familien erhoben hat. Aber auch kleine Dinge, wie z. B. dass im Jahre 1637 kein Zimmermann zurr Erneuerung - 317 des Festungsthores') und im Jahre 1686 kein Schmied und kein Maurer zur Ausbesserung der Cisterne in Mombasa') aufzutreiben waren, sodass dringliche Gesuche um Entsendung solcher Handwerker nach Goa gerichtet werden mussten, lehren die wahre Beschaffenheit der Verhältnisse. Und ebenso bestehen vielerseits übertriebene Vorstellungen von der gleichzeitigen muhamedanischen Kultur. Gewiss hatten die portugiesischen Entdecker nach den ersten Umseglungen des Kaps der guten Hoffnung alle Ursache verwundert zu sein, an dieser Küste blühende Städte mit gesitteten Einwohnern zu finden, wo sie eine von barbarischen Negern bevölkerte Wildnis erwarteten. Aber die damalige Ueberraschung verleitete zu übertriebenen Berichten, und diese wieder noch heute zu Trugschlüssen. Unstreitbar war Kilwa eine betriebsame, ansehnliche Stadt, aber doch nicht bedeutender als andere ostafrikanische Städte, wie sie in der Neuzeit vor zwei Jahrzehnten vor dem neuen Eingreifen der Europäer dastanden, und unstreitbar gehört Kilwa »die Herrscherin« mit seinen hunderten von Moscheen in das Reich der Fabeln. Das Gleiche gilt von den anderen Städten. Ihre Ueberreste und die Prüfung der ursprünglichen Berichte lassen daran keinen Zweifel. ') Der bekannte portugiesische Geschichtsschreiber Barros sagt einmal geringschätzig mit Bezug auf Ostafrika: wie die Staaten, so die Könige,4) und kaum bedarf es hier noch der Schlussziehung, dass auch der Nimbus, welchen willkürliche Verherrlichung und Sage den ostafrikanischen Herrschern, insbesondere den Melinde-Königen beigelegt hat, vor der näheren Untersuchung schwindet, und dass sie zu machtlosen und oft bettelarmen Stadthäuptern und Dorfschulzen zusammensinken. Richtig sagt auch ein Beobachter im Jahre 1571, dass sie nicht den hohen Titel von Königen, nur von Scheiks verdienten.') In das Innere des Erdteils sind die Portugiesen von dem nördlichern Ostafrika aus nie eingedrungen. Ueber einen frühen, derartigen ) Ms. Liss. Livros das Moncaes No. 40 Fol. 257- Mombasa, 14. April 1637 2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Cons. R\es. No. 831. Goa, 23. November 1686. 3) Für Melinde könnte der Glaube an ehemalige Grösse dadurch aufrecht erhalten werden, dass P. Monclaio (157i) nach eigenem Augenschein erzählt, dass viele Häuser durch das Meer zerstört wären und die Reste noch alte Pracht zeigten. Es könnte hiernach an eine verheerende Sturmflut gedacht werden. Indessen alle anderen Berichte lassen keinen Zweifel, dass Melinde, auch früher und in den besten Zeiten, zu den kleinsten ostafrikanischen Städten gehörte. P. Monclaio suchte wahrscheinlich eine Erklärung, als die vielgerühmte Stadt in voller Bedeutungslosigkeit vor ihm lag. Boletim da Soc. de Geogr. de Lisboa 1883. S. 5oo. 4) *Barros III S. 21. 5) Boletim da Soc. de Geogr. de Lisboa 1883 S. 501. 318 Versuch berichten Jesuitenbriefe, dass ungefähr um das Jahr 1523 zwei Portugiesen von Melinde mit dem kühnen Vorsatze aufbrachen, den gerüchtsweise bekannten, grossen innerafrikanischen See und die Quellen des Jub zu erreichen, doch schon nach elf Tagen entmutigt zur Küste zurückkehrten.') Um mit Abessinien und dem Priesterkönig Johannes in Verbindung zu treten, waren schon auf der Entdeckungsfahrt an dieser Küste verbannte Portugiesen gelandet worden, die einen Ueberlandweg suchen sollten, doch blieb natürlich dieses Beginnen erfolglos. Fünfzig Jahre später, nachdem die Portugiesen durch das Rote Meer und über Massaua Abessinien längst erreicht hatten, ihnen dieser Weg aber durch die Türken wieder verlegt worden war und 400 Portugiesen unter D. Christaväo da Gama, die abenteuerlich ritterlicher Weise den christlichen Abessiniern als Hilfstruppen zugesandt gewesen waren, in diesem Lande zurückgeblieben waren, wurde der Gedanke an die Herstellung einer Verbindung auf dem Ueberlandwege von den ostafrikanischen Häfen aus wieder lebendig. Unablässig wurde seit dem Jahre 1546 daran gedacht, jenen Portugiesen und ihren Nachkommen Seelsorger zuzusenden, um sie im katholischen Glauben zu erhalten. Wieder und wieder wurde nach der Besetzung Mombasa's im Jahre 1592 von Lissabon und Goa der Befehl erteilt, von Mombasa, Melinde oder Barawa aus den Weg zu eröffnen. Von Mombasa wurde damals berichtet, dass zwar die Wege von Barawa nach Abessinien bekannt und auch in früheren Zeiten begangen seien, doch dass derzeit die Reise wegen der zwischenwohnenden Galla unmöglich sei.') Beiläufig erwähnt ist diese damalige Wissenschaft nicht unglaubwürdig, da auch heute noch die Einwohner der SomaliStädte die Lage von Abessinien in ihrem Hinterlande kennen. Wirklich versuchte im Jahre 1623 der Jesuitenpater Jeronimo Lobo diesen Weg zu nehmen. Von Patta segelte er in einem Boote nach dem Jub, den er hinaufzufahren beabsichtigte, aber seine Erkundigungen an Ort und Stelle überzeugten ihn von der Unmöglichkeit, sein Vorhaben durchzuführen. Auch er sah in den nomadisierend und raubend umherziehenden Galla das Haupthindernis.") Die einzige bedeutende Binnenlandsreise in dem nördlicheren Ostafrika, über die berichtet wird, ist eine Reise, die Gaspar Bocarro im Jahre I616 ausgeführt haben will. Er behauptet, in 53 Tagen von Tete am Zambesi nach Kilwa gezogen zu sein. Er will diesen Weg gewählt haben, um Feindschaften in Sofala ') Le R. P. Brucker, Ddcouvreurs et Missionaires dans l'Afrique Centrale au XVI et au XVII Siýcle. Lyon 1878, SA- S. 787. 2) Archivo Oriental III S. 443. 8) Lobo S. 26. 319 und Mozambique zu entgehen, und es wäre eine Leistung, welche noch jetzt am Ende des 19. Jahrhunderts Anerkennung finden würde. Doch da er keine Einzelheiten giebt, durch welche die Wahrheit seiner Behauptung zu ergründen ist, und da weiter die angebliche Veranlassung dieser Reise, nämlich die Endeckung von reichen Silberminen am Zambesi und die Ueberbringung von Erzproben aus diesen Minen,') offenbarer Schwindel ist, hält es schwer, an das Ganze zu glauben. Wahrscheinlicher ist, dass die Eingeborenen der Küste tief in das Innere hinein Züge machten. Hierfür spricht, dass unzweifelhaft eine sichere Kenntnis der innerafrikanischen Seen vorhanden war. Ausdrücklich verzeichnen auch Legenden auf alten Karten bei diesen Seen, dass die Mauren von Melinde, worunter alle arabischen oder halbarabischen Küstenbewohner zu verstehen sind, hierher Handel trieben.') Diese Angaben sind allerdings in erster Linie auf den bekannten Verkehr von der Sofalaküste nach dem Nyassa zu deuten, der auch anderweitig beglaubigt ist. Auch ist wohl möglich, dass die Kenntnis von den innerafrikanischen Seen nicht durch Reisende, die von der Kiste aus ins Innere gingen, sondern durch binnenländische Negerstämme erworben ist, die bei den derzeitigen Völkerwanderungen oder auf regelmässigen Handelsreisen, wie sie noch heutzutage gemacht werden, zur Küste gelangten. Das weitere Wissen der Portugiesen von dem Innern beschränkte sich auf eine vage Kenntnis eines hohen Berges, des Kilima-Nscharo, im Hinterlande von Mombasa. Der einzige Beleg hierfür ist eine Stelle in der Geographie von Fernandez de Enrico (1519), in dem von einem Mons Olympius gesprochen wird, und der Umstand, dass nirgendswo sonst auf Karten dieser Berg verzeichnet wird, lässt nicht ausgeschlossen erscheinen, dass hier Willkür und blinder Zufall das Richtige getroffen haben. Ueberraschend gering zeigen sich auch nach den derzeitigen Seekarten und Berichten die Kenntnisse der Portugiesen von der Küste und ihren Häfen. Mehr oder weniger scheint die Schiffahrt geradezu stetig von einigen erfahrenen Lotsen abhängig gewesen zu sein. Es sind dieses Mängel, die nicht nur nach den gesteigerten Ansprüchen der Neuzeit hervortreten, denn sie wurden auch schon in den Jahren 1698-17oo, als für die Hilfsexpeditionen nach Mombasa in Goa keine Karten der ostafrikanischen Küste und keine Lotsen aufzutreiben waren, bitter beklagt, und ebenso wurde auf den Schiffen, welche im Jahre 1698 vor Mombasa lagen, die Unzuverlässigkeit der Karten und Segelanweisungen beschämend empfunden. Zweifelsohne vorwiegend auf portugiesischen Angaben fussend, zeigen auch die ) Bocarro S. 598ff. 2) U. A. Karte in Lobo. - 320 bekannteren Landkarten früherer Jahrhunderte über die geographische Lage wichtiger Orte grosse Unsicherheit. So erscheint Melinde nach den Karten: Südbreite Ostlänge von Kap Verde von Ruysch v. J. 15o8 auf 30 30' 680 Gastaldi 1, 564 , - 40' 690 io' Mercator , 1569 , 20 30' 640 30' Dudley , i647 , 2045' 58045' Scherer , [703 ,, 20 620 45' während nach den Feststellungen der Neuzeit 30 12' 570 45' das Richtige ist.') Bei dieser Vernachlässigung naheliegender wichtiger Fragen bedarf es kaum der Erwähnung, dass auch keinerlei eingehendere Untersuchungen über Land, Völker und Natur erfolgt sind. Als greifbare Erinnerung an die zweihundertjährige Herrschaft der Portugiesen über diese Küste ist heutzutage wenig geblieben. Ausser dem Vasco da GamaPfeiler bei Melinde, den geringen Ueberresten der Festung auf Kilwa, der stolzen Festung Jesus von Mombasa und einigen sonstigen Befestigungen auf der Insel Mombasa ist kaum etwas zu nennen. Bemerkenswerter Weise überliefern diese steinernen Zeugen die Hauptabschnitte aus der Geschichte ihrer Erbauer an dieser Küste. Sie erinnern an die ruhmreiche Entdeckungsfahrt, an den verfehlten Versuch der Niederlassung in Kilwa und erzählen schliesslich, wie mit höchstem Kraftaufwande in Mombasa ein Bollwerk gegen auswärtige Feinde und eine Zwingburg gegen die Eingeborenen geschaffen wurde. Fast ohne andere Spuren zu hinterlassen, sind diese zweihundert Jahre entschwunden, und hauptsächlich sucht man heute vergebens nach Eindrücken, die in der geistigen Entwicklung des Volkes zurückgeblieben wären. Ausser einem halben Dutzend Wörtern, welche aus der portugiesischen in die Suaheli-Sprache übergegangen sind,2) wäre nichts zu nennen. Vollends von dem Christentume, was damals eingeführt wurde, ist nichts geblieben. Es musste schwinden, weil nicht Belehrung und Ueberzeugung, sondern Bekenntnis und Taufe das Hauptziel waren. Nicht einmal die Ausbreitung des Islam unter den Heiden hat durch die glaubenseifrige christliche Herrschaft verhindert werden.können. Sogar in ) A. E. Nordenskiold, Periplus, an Essay on the early History of Charts and Sailing Directions. Stockholm 1897, S. i6i. 2) Nach oberflächlicher Durchsicht gehören hierher die Worte: mesa- Tisch, bendera Flagge, maschela--- Sänfte, gueresa = Festung (von igreja = Kirche) und lilam - Versteigerung. Bei vielen anduren Worten ist zweifelhaft, ob sie direkt, oder auf dem Umwege durch das Portugiesische aus dem Arabischen in das Suaheli gelangt sind. il I~I~~lic 0- F13 LEAE1AC1N«BlE-MPAR E -CAZA&1IE&UB' . ADU0ETJS EfA~ CA ZAD 0 8I E1MAIf 0YP -n k - E'~ R v. -EI 1-- P0 N Nahv-2 ekn Portugiesische0,2- MunnudIslRftn 1, I, II. Ischiftn anBaeione de MobaeaFesunI :=gegenscr-f ndrM maaF~ug t.1eifi lchu u aua , u Id VIII. Vascorfe dan a stfionen er Mline. -est - 321 MAZE der Provinz Mozambique wuchs die Zahl der Muhamedaner, und der König sah sich veranlasst, dagegen im Jahre 1741 strenge Massregeln anzuordnen.') Es klingt fast wie ein Hohn, dass ein von den Portugiesen zurückgelassenes Marienbild noch um das Jahr 1840 von den heidnischen Negern bei Mombasa als Kriegsgott verehrt wurde.2) Ebensowenig wird die Portugiesenherrschaft die materielle Entwicklung des Landes gefördert haben. Zwar entfällt in diese Zeit die Einführung der wichtigen Kulturpflanzen Maniok, Mais und Ananas, sowie auch von Tabak (zuerst erwähnt 1698), doch ist nicht anzunehmen, dass die Portugiesen bei ihrer geringen kultivatorischen Thätigkeit zu deren Anbau besonders angeregt haben. Von Maniok ist dazu bekannt, dass er erst um 1750 von Brasilien nach Mozambique eingeführt worden ist und sich von dort allmählich weiter verbreitete. An seiner Einführung in dem nördlicheren Ostafrika haben somit die Portugiesen nur ein indirektes Verdienst. Dagegen sind die Nachteile offenbar, die jedem einzelnen Eingeborenen aus den Beschränkungen des Handels, Frohnden und Tributzahlungen erwuchsen. Undenkbar ist auch, dass unter Machthabern, von denen die Beamten zur Ausnutzung ihrer kurzen Amtszeit auf schnellen Gelderwerb angewiesen waren, und von denen die Privatleute, wie ein derzeitiger portugiesischer Geschichtsschreiber sagt, zu einer Menschenklasse gehörten, welche überall, wohin sie kommt, Aergernis erregt,') Glück und wirtschaftliches Gedeihen der Unterthanen geherrscht haben können. Auch liegen keinerlei Anzeichen vor, dass die portugiesische Herrschaft neue Wege oder Waren für den Handel oder eine Vergrösserung der Menge der Bodenerzeugnisse brachte. Im Gegenteil, die Hauptquelle des ehemaligen Wohlstandes der Städte, der Goldhandel von Sofala, wurde verschlossen, und nichts an seine Stelle gesetzt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Eingeborenen durch die portugiesische Herrschaft die Verlierenden waren. Ebenso aber unterliegt es keinem Zweifel, dass dem portugiesischen Volke und Reiche in seiner Gesamtheit die Herrschaft über das nördlichere Ostafrika keinen Nutzen, sondern nur fortdauernde Opfer an Menschen, Geld und dazu Verlegenheiten eingetragen hat. Für die Gegenwart ergeben sich aus den Erfahrungen der Portugiesen kaum nutzbringende Lehren. Zu sehr haben sich die Verhältnisse auf allen Gebieten menschlicher Thätigkeit verändert. Unendlich hat sich durch die Fortschritte der Neuzeit die Kluft zwischen Naturvölkern und Europäern, zum Uebergewicht der letzteren, erweitert. Im Kampfe ) Archivo VI S. 589. 2) Krapf II S. 475. 8) Couto XII S. 8. Strandes, Ostafrika. 21 322 stehen sich nicht mehr Mann gegen Mann, sondern vorwiegend die; Güte der Waffen gegenüber. Durch die Telegraphen und Dampfschiffe sind die Entfernungen verringert, und der Europäer kann sich in ganz anderem Masse als früher bei seinen Unternehmungen im fernen Osten auf die Hülfsmittel der Heimat stützen. In allen Zweigen der Kolonisationsthätigkeit sind diese Aenderungen zu bedeutend, als dass die Erfahrungen früherer Jahrhunderte heute einen grossen Nutzwert haben könnten. Auch in der Behandlung der Eingeborenen braucht der Europäer nicht mehr aus früheren Jahrhunderten zu lernen. Von wirtschaftlichem Nutzen ist es vielleicht nur zu wissen, dass die Portugiesen in dem alten Ostafrika nichts ausgebeutet haben, was nicht auch die Neuzeit kennt, und dass es ununterbrochen und unerschütterlich seit vielen Jahrhunderten von Vorderindien wirtschaftlich abhängig ist. Schliesslich könnte auch, wenn es hierfür weiterer Bestätigungen in der Weltgeschichte bedürfte, die Geschichte der Mombasa-Küste den Beweis liefern, dass kein Kolonialbesitz gedeihen und dauernd bestehen kann, bei welcher Herrschaft und Ausbeute desjenigen, was die Eingeborenen erzeugen, die Hauptsache ist, und in welchem die Entwicklung des Landes und die Vermehrung der Erzeugnisse durch eigene Unternehmungen, ebenso wie die Herüberziehung der Eingeborenen zur Gesittungsart der Herrschenden, fehlen. Die Portugiesenherrschaft Ostafrikas war eine Herrschaft fremdbleibender Eroberer, die nur auf Waffengewalt gestützt war, und die weichen musste, als Mächtigere erschienen. Sie hat auf die Gestaltung des Landes und seiner Bewohner auch nicht den geringsten nachwirkenden Einfluss gehabt und Ostafrika würde heute unverändert aussehen, wenn in seiner Vergangenheit die Portugiesenzeit fehlte. ANHANG. ANHANG 1. Geld und Geldeswert. Vergleiche zwischen früheren Jahrhunderten und der Jetztzeit über den wirtschaftlichen Wert von Geldbeträgen sind bekanntlich ausserordentlich schwierig. Nur umständliche Ermittlungen würden für den Einzelfall einigermassen verlässige Ergebnisse bringen. Aber selbst wenn es gelänge, für zwei zu vergleichende Perioden die gesamten Lebensbedürfnisse für eine grössere, alle Stände umfassende Gemeinde zu berechnen, so würden die gefundenen Vergleichungszahlen doch ohne weiteres kein richtiges Bild geben, da in weit auseinanderliegenden Zeitpunkten dasjenige, was als Lebensnotwendigkeit gilt, gWvaltig wechselt. Aus dem gleichen Grunde sind auch die meisten vielseitig gemachten Aufstellungen, die aus den Getreidepreisen den jeweiligen wirtschaftlichen Wert des Geldes ermitteln wollen, nicht weitergehend stichhaltig. Wenngleich zugegeben ist, dass der Aufwand für Brod und Getreide, als Hauptposten für den Lebensaufwand des Durchschnittsmenschen, einen vorzüglichen unabänderlichen Wertmesser abgiebt, so verbietet doch der Gedanke an den Wechsel und die Verschiedenheit der sonstigen Lebensbedürfnisse den Glauben an volle Gültigkeit. Verlässigere Schlüsse wären bestimmt aus der Vergleichung der Mindestlöhne einer bestimmten Klasse von Arbeitern, am besten der ländlichen Arbeiter, zu ziehen. Jeder Versuch aber in dieser Richtung wird wahrscheinlich auf unüberwindbare Schwierigkeiten dadurch stossen, dass in früheren Perioden der reine, volle Arbeitslohn gar nicht festzustellen sein wird, da ausser Baarlohn weitere Leistungen in Naturalien gemacht worden sein werden, deren Geldwert nicht greifbar ist, und ausserdem für weiter zurückliegende Zeiten Hörigkeitsverhältnisse, obrigkeitliche Lohngesetze u. dgl. die richtige Erkenntnis unmöglich machen. Jedenfalls muss man darauf verzichten, diese Fragen mit anderen, als bedingten, überaus mangelhaften Zahlen zu beantworten. Immerhin - 326 kann man sich aus den Preisen, welche die wichtigsten Lebensbedürfnisse in früheren Perioden gehabt haben, einen annähernden Begriff von der Kaufkraft des Geldes in derselben Periode bilden. Aus umfassenden, verlässigen Untersuchungen, die über die Preise der verschiedensten Lebensbedürfnisse im Elsass angestellt worden sind,') ergeben sich die folgenden Schlüsse: Perioden Preise im allgemeinen 1 Kaufkraft des Geldes Prozentverhältnis Prozentverhältnis I50--1525 1526-1-330 55 -575 I576-i6oo 16oi-i625 1626-i65o 1651-i675 1676-1700 1701-1725 1726-1750 175 1-1775 1776-I8OO 1801-1825 i826-ir85o I85I-I875 100 100.0 132 75.4 I86 53.8 237 42.2 246 40.6 Preisangaben wegen Kriegszustand nicht massgebend 222 315 237 235 236 348 486 478 578 45.0 31.8 42.2 42.6 42.4 28.7 20.6 20.9 17.3 Diese Angaben beziehen sich nur auf das untere Elsass. An ähnliche Aenderungen in der Kaufkraft des Geldes in ganz Mitteleuropa kann geglaubt werden, da wirklich beständig gewordene, nicht nur örtliche, vorübergehende Wertänderungen auch in grösseren Ländergebieten eingetreten sein müssen. Weniger sicher ist anzunehmen, dass die gleichen Verschiebungen auch sofort und in gleichen Abständen in überseeischen Ländern erfolgt sind. Aber selbst unter voller Würdigung des Umstandes, dass in früheren Zeiten der Austausch der Güter zwischen Europa und den anderen Erdteilen, insbesondere Ostasien, unvergleichlich geringer gewesen ist als heute und hauptsächlich der Austausch von Getreide und damit der Wertausgleich dieses in erster Linie bestimmenden Artikels kaum der Rede wert war, ist unabweisbar,'dass dennoch, wenn auch wohl langsam folgend, die Hauptursache der Wertveränderung oder durchgehenden Warenentwertung in Europa, nämlich die Zunahme der Produktion der Edelmetalle, auch im fernen Osten gewaltige 1) Göttingische gelehrte Anzeigen 1879 Stück 12 S. 382 fr. nach ,Etudes dconomiques sur l'Alsace ancienne et moderne" par l'Abb A. Hanauer, Paris 1876-8. - 327 Wirkungen auf die Kaufkraft des Geldes ausgeübt haben muss. Unablässig beglich Europa den grössten Teil seiner Einfuhren aus Indien mit Baargeld. Jedem portugiesischen Geschwader wurde ein »Kapital« zur Bezahlung der Gewürzladungen mitgegeben. Beispielsweise wurden derartig im Jahre 1578 13oo ooo Dukaten = ungefähr M. 12 350000,(Rebello da Silva IV S. 571) in Silber verschifft. Ganz bestimmt muss Indien den Einfluss dieser grösseren Zufuhren von Edelmetall durch Geringerwerden der Kaufkraft des Geldes verspürt haben. Zusammen mit Indien wird die ostafrikanische Küste, als wirtschaftliches Anhängsel Indiens, das Gleiche erfahren haben. Dass dennoch für Europa anzuerkennende summarische Zahlenvergleiche nicht ohne weiteres auf Indien und Ostafrika übertragen werden dürfen, bedarf keines Hervorhebens. Der jeweilige innere Goldwert der portugiesischen und indischportugiesischen Währung hat sich nur umständlich bestimmen lassen. Trotz endlos wechselnden Gehaltes sind in Portugal seit dem im. Jahrhundert stetig unverändert die alten Bezeichnungen Milreis und Reis beibehalten worden. Hierdurch irregeleitet, haben die Bearbeiter altportugiesischer Verhältnisse fast durchgehends den Milreis ihrer Zeit auch für frühere Zeiten zu Grunde gelegt.') Um zu richtigeren Werten zu kommen, ist im Nachfolgenden der Goldgehalt, den die Münzen bezw. die Währung haben sollten, nach den jeweiligen Münzordnungen, und wo angängig, nach Vergleichung mit fremdländischen bekannten Münzen ausgerechnet: Königreich Portugal. Gewicht und Feingehalt nach den Angaben in Manuel Bernardo Lopes Fernandes,Memoria das Moedas Correntes emPortugal, Lisboa 1856-1857 Grundlagen: i altportugiesische Mark - 229.5 Gramm, i Kilogramm Feingold - M. 2784.-. ui Milreis i Crusado Um-UmJah N ru- Rauh- Fein- Gold- i Gold Jahr Name der Münzeagewicht gehalt laufswert gräos wert wert wert Reis gräos quilates Mark Reis Mark 1499 Crusado 390 71/4' 24 25.33 390 9.88 1517 , 400 711/ 24 24.70 400 9.88 1538 ,, 400 711/ 225/s 23.28 400 9.31 1555 S. Vincente i OOO I53/5' 221/~ 19.63 400 7.85 1) Rühmliche Ausnahmen hiervon sind: Henry Yule & A. C. Burnell, HobsonJobson, being a Glossary of Ajnglo-Indian Colloquial Words and Phrases, London 1886, und E. G. Ravenstein, A. Journal of the first Voyage of Vasco da Gama, London, Hakluyt Society 1898. - 328 i Crusado Umi Milreis r Rauh- Fein-UmJahr Name der Münze laufs- Rauh- Fein Goldwert igewicht gehalt wert l wert wert Reis gräos quilates Mark Reis Mark 1578-8o Cinco Testöes 1584 Crusado 1 598- I62 1 Quatro Crusados 1642 ,, 1646 1662 1668 1672 1688 1718 1721 1722 777-99 1302 1818 1826 1838 1847 1847 I854 Moeda de Ouro Crusado Novo Dobrao 24 Escude Peýa 500, 400 i 6oo. 3 000 3 500; 4 000 76'/5> 246 /,3 246 246 246 4 400 246 4000 216 4800 216 480 2I /5 000 io8o i6oo 72 6400 288 Engl. Guinee 3 733 Peýa 6400 Engl. Sovereign Coroa 288 7 500 288 4 120 4 500 5 000 Isa Io ooo 177,3 g91 2'/s 19.63 2 21/8 19.67 221/8 19.67 22 10.42 22 8.93 22 7.82 22 7.11 22 6.86 22 22 5.72 22 5.72 22 5.72 22 5-72 22 5.72 -- .74 Gold- u- 22 5."72 22 4.88 4.96 - 4.54 22 4.58 62/3/1000 4.54 Seit 1891 entwertete Papierwährung, selbst die Scheidemünze zum Teil durch Papier ersetzt. Kurswert 1899 1 Milreis = M. 3.20. An merkung~ Die gesetzlichen Zahlmittel sind immer gleichzeitig Gold und Silber gewesen, doch hat der Verkehr dasjenige Metall benutzt, das jeweilig gegen das andere Metall Vorteil bot. Hierin musste die Gesetzgebung und Prägung durch Umwertung und neue Wertverhältnisse zwischen Gold und Silber folgen. Derartig erklärt die stetige Verringerung des Geldwertes des Silbers, die im Laufe der Jahrhunderte erfolgte, einen Teil der Entwertung des Milreis, indem den Goldstücken ein höherer Nennwert in Silberreis beigelegt wurde. Andere Neubewertungen waren rein fiskalische Massregeln. Wenn man einige Jahre herausgreift, zeigt sich in den portugiesischen Prägungen der Wert von Gold zu Silber wie folgt: 1499 1 :10.78, 158o i:Io. 1646 1:15.2, 1688 I: 16, 1750 1:13.6 (?) und 1835 1:15.5. 400 400 400 750 875 1000 480 480 480 480 480 480 480 7.85 7.87 7.87 7.82 7.82 7.82 7.82 2.75 2.75 2.75 2.75 2.75 2.75 2.34 329 Portugiesisch-Indien (Goa). Gewicht und Feingehalt, soweit keine andere Quelle angegeben ist, nach J. Gerson da Cunha, Contributions to the Study of Indo-Portuguese Numismatics, Bombay I88O-i883. Grundlagen wie oben, ausserdem: i venet. Zechine = 3.485 Gramm Rauhgewicht ca. 977'1o0o Feingehal == NI. 9.5o. I Silberpar-' ilMildao oder i Goldpardao Xerafine tz Umlaufs-' Rauh- Fein- reis Gomdaardaool erai Jar Name der i UmlaufsJ Gold-,-' Iünze wert "gewicht.gehalt !Gold Reis wert wert ei wert SReis gräos quil. Mk. Reis M.Reis NIk. 1548:9i S. Thomas 1554 Crusado de Portugal de lei novo :Ven. Zechine 1582 vor i618 1631 S. Thomas Pagoda 1713 S. Thomas 1003 193'14 ' 20'/2 22.88 420 420 6oo 690-720 912 1 S52 1500 i 711 22 22.16! ý22.62i 15.83: 7.98 300 6.65 8.14 3oo 6.78 13 47;320-340 4.45 300 4.04 663 4 561/2 I790 ~6.91 i8 3.91 300 2.07 300 1.17 Anmerkung. Ueberwiegend bestanden die Umlaufsmittel in Silber und die Goldstücke hatten einen schwankenden Kurswert. Neben dem in Goa geprägten portugiesischen Gelde waren viele Sorten einheimisch-indischer Münzen im Verkehr. Vorwiegend wurde nach Silberpardao, auch Xerafinen benannt, mit der Unterabteilung von fünf Tanga, gerechnet. Als Scheidemünzen waren Bazarucos im Verkehr, die aus Kupfer, Zinn und Blei allein, oder aus einer Mischung dieser Metalle geprägt oder gegossen waren. Der Umlaufswert dieser Scheidemünzen schwankte nach dem Werte der Metalle und nach der Willkür der Vizekönige zwischen einem und tier Reis. Im Jahre 1598 wurde in den portugiesischen Staatshaushaltsrechnungen (nach Falcäo) der europäische Milreis dem indischen Milreis gleichwertig erachtet. In den Jahrzehnten vor und nach 16oo erscheinen häufig in den Berichten allgemein gehaltene Klagen über Schwankungen der Währung und grossen Minderwert der Münzen. Schliesslich ist um die Mitte des vorigen Jahrhunderts aus einer DoppelXerafine oder Doppel-Pardao die Rupie geworden. )Antonio Nunes JS. 32. iArch. Or. 1 S. 519 nach mittlerem jUmlaufsý wert 330 Nördliches Ostafrika. Während für die Provinz Mozambique schon 1646 ein besonderer Silbercrusado (400 Reis) und später verschiedene Kupfermünzen geschlagen worden sind, darf als sicher angenommen werden, dass für das nördliche Ostafrika von den Portugiesen nie besondere Münzen gebraucht wurden, und dass diese Gebiete in ihrer Währung im wesentlichen dem portugiesischen Indien folgten. Als einziger in Ostindien nicht vorkommender Wertmesser ist für ganz Ostafrika (auch Mozambique) das Metikal, ein Gewicht ungemünzten Goldes, zu nennen. Dieses Metikal ist ein altarabisches Goldgewicht, das schon für das Jahr i 144 im Königreich Portugal nachgewiesen-ist (Fernandes S. 27), sehr wahrscheinlich aber auch in Ostafrika, schon vor Ankunft der Portugiesen, gebräuchlich war. Der Wert stellt sich wie folgt: nach Gaspar Gama (ioo) (Peschel »Das Rote Meer«. Deutsche Vierteljahrsschrift 1855 III S. 71) i Metikal = I1/4 Zechine zu M. 9.5o =- i Zechine nach Hans Mayr Bl. 6a (15o5) i Metikal = 46o Reis zu M. 25.33 = i Milreis nach Barros III S. 31 (1552) 500 Metikal = 584 Crusados zu M. 23.28 I Milreis nach Antonio Nunes S. 55 (I554) 47;/2 Metikal = i Marco = i Metikal.= 4.83 Gramm Gold ... .......... .. (falls Feingold) nach demselben S. 63 in Melinde i Metikal = 360 Reis ...... ...... nach demselben S. 64 in Sofala i Metikal = 467 Reis .... ........... nach Damiäo Goes 1 S. 79 (I558) i Metikal = 420 Reis zu M. 23.28 = i Milreis nach San Roman S. 69 (1603) 2000 Metikal = 328o Dukaten 6 Reales kast. Währung zu M. 9.23 = i kast. Dukaten.. . . . .. . . nach Fernandes S. 333 (? 1843) Barrinhas de Ouro von 21/2 Metikal werten in Mozambique 66oo Reis zu M. 4.54 = i Milreis .... - M. I1.88 - M. I1.65 - M. 10.78 - M. 13.45 - M. 8.38 - M. 10.87 = M. 9.78 = M. 15.13 = M. 11.98 Diese stark von einander abweichenden Angaben finden zum Teil ihre Erklärung darin, dass der Wert an den verschiedenen Plätzen verschieden war. Dieses scheint wenigstens aus den verschiedenen Angaben von Antonio Nunes, der gewiss als verlässig zu betrachten ist, hervorzugehen. Die Abweichungen für ein und denselben Platz bleiben aber unverständlich. Man w-ird nicht zu weit fehlgehen, wenn man für Kilwa - 331 dem deutschen Kaufmann Hans Mayr folgt und den Wert eines Metikal mit ungefähr M. 12.- annimmt. Hierfür spricht auch, dass die Mehrzahl der anderen Angaben dieser Zahl nahekommt. Der Pardao ist diejenige Münzeinheit, in der in den portugiesischen Angaben über Ostafrika die Geldbeträge hauptsächlich ausgedrückt werden. Ebenso wie in Indien wird, wo nicht ausdrücklich vom Goldpardao gesprochen wird, der Silberpardao oder Xerafine (= 3oo Reis) gemeint sein. In Berichten aber, die im Jahre 1637 aus Mombasa geschrieben sind (Ms. Liss. Livros das Monröes No. 4o Fol. 274), werden die den Suaheli-Inseln auferlegten Strafgelder besonders als Pardao-Pattageld (Pardao moeda de Patta) und ebendort an anderer Stelle als Pardao de cinco Larims näher bezeichnet. Hiernach wäre in Ostafrika stellenweise der Pardao des Persischen Golfes gängig gewesen oder hat wenigstens als Wertmesser gedient. Der Larim war eine weit verbreitete Werteinheit in der seltsamen Form eines zum Doppelringe gewundenen bleistiftdicken Silberdrahtes, der an beiden Enden gestempelt war. Das Gewicht eines solchen Silberringes wird auf 4.883 Gramm (Antonio Nunes S. 61) oder 4.439 Gramm bis 4.665 Gramm (Cunha III S. 44) angegeben. Im Jahre 1684 wurde ein Larim in Goa für 75 bis 8o Reis angenommen (Cunha III S. 65). Ein Pardao von fünf Larim wertete somit ungefähr 4oo Reis. Dieses wird auch dadurch bestätigt, dass in den angezogenen' Mombasa-Briefen vom Jahre 1637 in einem Atem von denselben Beträgen bald als Pardao, bald als Crusado, die auch im Sprachgebrauche 4o0 Reis galten, gesprochen wird. Für die in Rede stehende Zeit wäre hiernach ein Patta-Pardao wahrscheinlich 4o0 Reis oder M. 2.76 wert gewesen. Bazarucos, die schon oben genannten potugiesisch-indischen Scheidemünzen aus Zinn, Blei etc., waren auch in Ostafrika im Umlauf. U. a. wurde im Jahre 1633 von Goa nach Mombasa der Betrag von 25oo Xerafinen in diesen kleinen Münzen geschickt, da sich nach der Wiedereinnahme Mombasa's eineErneuerung der Umlaufsmittel erforderlich gezeigt hatte (Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 3o, Goa, 4. Febr. 1633). Auch eine Zurücksendung in Mombasa überflüssiger Bazarucos scheint um das Jahr 1687 vorgekommen zu sein (Cunha IV S. 88). Der Name Bazaruco hat sich übrigens noch heute in der Verstümmelung Basurku in Mombasa erhalten. Ja, unter dem gleichen Namen wurden sogar Blei- oder Zinnmünzen in Mombasa selbst 3vährend der Regierung von Hammis ben Hammed (ungefähr im Jahre 1836) geprägt, bezw. richtiger gegossen. Neben Bronzemünzen, die gleichfalls in Mombasa unter Salem ben Hammed (18251835) angefertigt sind (Guillain II II S. 269), werden sie wahrscheinlich die einzigen Münzen sein, die jemals in dem nördlicheren Ostafrika gepräet wurden. Alles Metallgeld hat indessen in Ostafrika eine irgendwie verbreitetere Anwendung nicht gefunden. Die 332 portugiesisch-indische Währung war allerdings der Wertmesser, und im beschränkten Kreise waren ihre Ausprägungen im Umlaufe, als das eigentliche Zahlmittel sind aber Baumwollenstoffe zu betrachten. Aus der ganzen Portugiesenzeit, vom Anfange bis zum Ende, finden sich zahlreiche Belege, in denen Baumwollstoffe als das eigentliche Geld Ostafrikas erscheinen. Bei allen Ausrüstungen der Portugiesen für Ostafrika war die Beschaffung dieser Baumwollstoffe zur Verwendung als Geld ein Haupterfordernis. Sie wurden ausschliesslich in Kambaja hergestellt und aus Diu und Daman bezogen. Dass noch heute Baumwollstoffe im weiteren Innern Ostafrikas recht und schlecht Geld sind und erst in diesem Jahrzehnte durch die rührigeren europäischen Unternehmungen in Gebieten, welche der Küste nahe liegen, durch gemünztes Metallgeld verdrängt werden, ist bekannt. In welchem Masse aber in garnicht fernliegenden Zeiten auch an der Küste selbst noch Baumwollstoffe als Geld betrachtet und verwendet wurden, zeigt eine Auslassung Guillain's (II 1 S. 398) aus den Jahren 1846- 1848, in der er angiebt, dass es in Kilwa eine Rechnungsmünze Doti gäbe, ohne zu wissen, dass dieses Doti nichts anderes, als ein Mass von Baumwollstoffen ist, das in Ostafrika überall gebräuchlich ist. Neben Stoffen wird zweifelsohne in den alten Zeiten auch Getreide, und zwar Negerhirse als Geld für den kleinsten Verkehr gedient haben. In Zanzibar wurde dieser Wertmesser erst im Jahre 184o durch die Einführung englisch-indischer Kupfermünzen abgelöst, und in den Städten der Somali-Küste dient noch heutzutage Hirse, in der hohlen Hand gemessen, als Zahlmittel. Die vorstehenden Angaben über Geld- und Währungsverhältnisse machen selbstredend auf Vollständigkeit keinen Anspruch. Sie sind nur zum besseren Verständnis der in vorliegender Arbeit vorkommenden Geldangaben zusammengestellt. Viele Lücken sind offenbar, doch war ihre Ausfüllung mit dem zugängigen Material nicht möglich. Zudem ist der Gegenstand ein Studium für sich. Weitere Unterlagen dürften aus den Werken: A. C. Teixeiria de Aragäo Descripýäo geral e historica das Moedas de Portugal, Lisboa i88o-i88i. F. N. Xavier Memoria sobre as Moedas Cunhadas em Goa, Nova Goa I866. zu erlangen sein, die leider für den vorliegenden Zweck nicht erreichbar waren. Eine erschöpfende Behandlung ist aber nur von Forschungen in den Archiven Portugals zu erwarten. ANHANG II. Urkunde über die Uebergabe der Festung Kilwa an den neuen Kommandanten Francisco Pereira. (Ms. Liss. Archivo da Torre do Tombo. Corpo Chron. Gaveta 15. Mago 19. No. 22.) Im Namen Gottes Amen. Wissen alle die, welche diese Huldigungsurkunde sehen, dass im Jahre 15o9 nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus, am 21. Tage des März, dem in dieser Stadt Quylloa und in der Festung S. Jago hier gegenwärtigen Herrn Pero Ferreira, Ritter des Hauses und Komtur der Pu§os e Maýäas sowie Kommandanten seiner Hoheit für diese genannte Festung, durch Francisco Perreira, Ritter des Hauses der genannten Hoheit, ein Brief des Königes, unseres Herrn (gesiegelt mit dem runden Siegel seiner Hoheit), übergeben wurde, wovon das Folgende die Abschrift ist: Wir, Dom Emanuel, durch die Gnade Gottes König von Portugal und von Algarbien, diesseits und jenseits des Meeres in Afrika, Herr von Guinea und der Eroberung und der Schifffahrt und des Handels von Aethiopien, Arabien, Persien und Indien, befehlen Euch, Pero de Ferreyra, Ritter unseres Hauses und Kommandanten unserer Festung von Quylloa, dass Ihr sofort, nachdem Euch dieser Brief vorgelegt ist, die genannte Festung und Burg, mit allem, was darin uns gehört, an Francisco Perreira übergebt. Dieser wird darin als Kommandant verbleiben und wird sie genau so bewachen, wie Ihr sie innegehabt und bewacht habt. Alles gemäss den Befehlen und Anleitungen unserer Instruktion, die Ihr ihm gleichfalls zu übergeben habt. Und sofort nacIdem Ihr ihm die genannte Burg übergeben habt, und er sie von oben bis unten in Besitz genommen hat, soll darüber eine öffentliche Urkunde aufgenommen werden. - 334 Durch diesen gegenwärtigen Brief entheben wir Euch und erklären Euch für enthoben der Huldigung und des Gelöbnisses, das Ihr geleistet hattet. Wir befreien und entlasten Euch, dass Ihr keiner Zeit wegen dieser Huldigung und dieses Gelöbnisses angeklagt und zur Rechenschaft gezogen werden könnt. Und zur Sicherheit dieses, befehlen wir, dass Euch dieser Brief zur Aufbewahrung übergeben wird, der von uns unterzeichnet und mit unserem runden Siegel gesiegelt ist. Und dazu die vorgedachte Urkunde. Gegeben zu Almejarim am 21. Tage des Februars im Jahre i5o8 unseres Herrn Jesus Christus. Nachdem der genannte Kommandant diesen Brief gelesen hatte, sagte er gleich, dass er dem Briefe und dem, was darin von dem Könige, unserem Herrn, befohlen sei, gehorche. In Erfüllung übergab er sofort die Festung dem genannten Francisco Perreira und übergab ihm die Schlüssel und die Instruktion seiner Hoheit. Und jener vollzog die Uebernahme von unten bis oben derartig und so vollständig, wie es in dem Briefe enthalten ist. Und Francisco Perreira leistete dem genannten Kommandanten die Huldigung in folgender Weise: ,Ich, Francisco Perreira, leiste hiermit dem Könige unserem Herrn, in die Hand von Euch Pero Ferreira, Ritter des Hauses des genannten Herrn, Komtur der Pu§os e Maýäas die Huldigung und das Gelöbnis für die Festung S. Jago in der Stadt Quylloa, die ich von Euch übernahm. Dieses geschieht gemäss einem Befehle des Herrn Duarte Lemos, des Hauptkapitäns von Arabien etc., der als der Hauptkapitän seiner Hoheit Euch dazu beauftragte. Und ich verspreche und beteure ein-, zwei- und dreimal, entsprechend den Rechten und den Gesetzen Portugals, dass ich, so lange ich in der Festung bin, sie für seine Hoheit, soweit mir möglich ist, halten, behaupten, bewachen und verteidigen werde. Seinem Namen werde ich immer gehorchen. Ich werde die Schlüssel und die Festung, von unten bis oben, seiner Hoheit, wenn er selbst kommt oder auf seine sichere Botschaft, übergeben und überliefern. Und ebenso wie seiner eigenen Person, auch seinem Hauptkapitän. Ich schwöre auf diese heiligen Evangelien, dass mir von Euch die genannte Festung von oben bis unten mit allem, was darin ist, in voller Erfüllung übergeben ist, ebenso wie sie von mir übernommen ist. Als Zeugen waren gegenwärtig: Antonio Ferreyra, Kapitän des Schiffes Santa Maria da Juda, Joam Lopez, Oberamtmann, (alcaide. mor) der Festung, Heitor Amriquez, Faktor der Festung, Joam Gomes, Kammerjunker seiner Hoheit, Mestre Antonio und Jacome. Fernandes, frühere Schreiber der Festurtg,: Lujs Martynio, früherer. Zolleinnehmer-derselben Festung, und andere. Ferner ich, Jorje.:Bode, Schreiber der Festung, - 335 welcher diese Urkunde für Herrn Pero Ferreira und eine andere ebensolche, des gleichen Inhaltes, für Herrn Francisco Perreira schrieb, und die ich zusammen mit den Zeugen unterzeichnete, und zwar mit meiner einfachen Unterschrift, da ich keine öffentliche habe. Ich, Francisco Perreira, erkläre, dass mir diese Festung Sam Jago von Quylloa von Herrn Pero Ferreira, Ritter des Hauses des Königs unseres Herrn und Komtur der Puýos e Ma§äas übergeben worden ist. Zu seiner Sicherheit und für ihn zur Aufbewahrung übergebe ich ihm diese meine Unterschrift. Geschehen in der genannten Festung am 21. Tage des März 509. Verfügung über das Zollhaus in i\Iombasa. (Archivo Oriental III II S. 582.) Ich, der König, thue hiemit allen denen kund, welche diese Verfügung sehen, dass ich den Befehl gegeben habe auf der Insel Mombasa, an der Küste von Melinde, eine Festung zu errichten, da solches meinen Diensten nützt und der Küste sowie den Schiffen meiner Unterthanen, die dorthin fahren, Sicherheit bietet. Und in Anbetracht der vielen Kosten, welche bereits entstanden sind, und welche zur Erhaltung der Festung fortdauern werden, sowie der grossen und stetigen Ausgaben des Indischen Staates, für welche die Einnahmen nicht reichen, habe ich für angemessen erachtet, dass sofort in der genannten Festung Mombasa ein Zollhaus errichtet werde, wie sie ähnlich in anderen Festungen Indiens bestehen, auf dass durch Einnahmen ein Teil der gewöhnlichen Kosten dieser Festung gedeckt werde. Dieserhalb erachte ich für gut und befehle, dass dieses Zollhaus sofort in Wirkung trete und niemals aufgehoben werde, und dass in ihm Zoll auf alle Waren, welche dorthin kommen, zum Satz von sechs Prozent entrichtet werde, ebenso wie er in den meisten Zollhäusern Indiens entrichtet wird. Hierin soll keine Ungewissheit und keine Aenderung sein und die Einnahmen des Zollhauses sollen von dem Faktor der genannten Festung als eine :Beihülfe und zur beckung der vorerwähnten Kosten verwendet werden. Und ich befehle meinen gegenwärtigen, wie auch zukünftigen - 336 Vizekönigen und Gouverneuren Indiens, dass sie diese meine Verfügung erfüllen und beachten, und sie durchaus erfüllen und beachten lassen, wie sie geschrieben steht. Und dieses gilt wie ein in meinem Namen geschriebener und in der Staatskanzlei ausgefertigter Brief, selbst wenn er, ungeachtet des Erlasses 2ten Buches Titel XX, welcher das Gegenteil anordnet, nicht durch die Staatskanzlei gehen sollte. Er soll in den Büchern meiner Finanzverwaltung, in den Büchern des Schatzamtes in Goa und in den Büchern des genannten Zollhauses eingetragen werden. Ambrosio d'Aguilar schrieb dieses in Lissabon am 20. Februar 1596. Und ich, der Sekretär Diogo Velho, habe es ausfertigen lassen. gez. der König gez. Miguel de Moura. Instruktion, welche Rui Soares de Mello, Kommandant der Festung Mombasa, mitnahm. (MIs. Liss. Bibl. Nac. Cod. Man. No. 1987, Fol. 69ff.) Ich, Dom Francisco da Gama, Graf von Vidigeira, Admiral und Vizekönig von Indien, thue Euch Ruy Soares de Mello kund, dass ich für gut befunden habe, Euch, der Ihr jetzt zur Uebernahme der Euch von Seiner Majestät in Gnaden verliehenen Festung Mombaga abgeht, in dieser Instruktion bestimmte Befehle zu erteilen, da auf der Reise Fälle eintreten können, über die Ihr unterrichtet sein müsst. Sowohl während der Reise, wie auch beim Anlaufen der Küste und später nach der Ankunft in der genannten Festung habt Ihr alles zu befolgen. Zuerst, beim Versegeln von dieser Stadt, haltet gute Gesellschaft mit den andern Schiffen, die mit Euch abgehen, und wenn Ihr auf See ein Parao (indisches Fahrzeug) seht, versucht es zu nehmen, aber versäumt nicht darüber Eure Reise, und im Falle Ihr Schiffe der Engländer antrefft, bereitet ihnen alles Böses und jeden Schaden, gemäss den Gelegenheiten, die sich bieten, und gemäss den Mannschaften und den Machtmitteln, die ich Euch anvertraue. Und zu diesem Behufe empfehle ich Euch grosse Wachsamkeit und Ordnung unter den Soldaten zu halten. Dann suchet Bandel Velho, das mit anderem Namen auch Vrixeque (Warscheik) genannt wird, das zwölf Leguas von Magadaxo (Mukdischu) liegt, anzulaufen, denn hier solltet Ihr das Wachtschiff gegen die Türken antreffen. Es soll an den Mastspitzen, an den Raaen und am Hecke blau und weisse Wimpel haben und soll dort, wie es Gebrauch ist, bis Ende Januar liegen. Sollten zufälliger Weise in dieser Zeit (türkische) Galeeren gekommen sein, so wisset, dass das Wachtschiff darüber Nachrichten in Borava (Barawa) in den Händen von Genis, einem der Regierenden dieser Stadt, zurückgelassen haben muss. Nachdem Ihr das Schiff gesichtet und seine Merkmale erkannt habt, habt Ihr die Segel zu streichen und zwei Schüsse abzufeuern, worauf es mit zwei Schüssen zu antworten hat. Darauf haltet auf die Küste zu, um mit ihm zu sprechen, aber nehmt Euch in Acht, dass es kein Schiff der Feinde ist. Es wird ein leichtes Fahrzeug aus dem Hafen heraussenden, um Neuigkeiten mit Euch auszutauschen. Falls Ihr Brava anlaufen müsst, ohne Bandel oder das Wachtschiff gesehen zu haben, habt Ihr hier Nachrichten in der Hand desselben Genis über diejenigen Neuigkeiten zurückzulassen, welche Ihr ermittelt habt, damit kein Unheil für diejenigen entsteht, die nach Euch kommen. Und beachtet, dass Ihr denselben Befehl an das Wachtschiff erteilt. Den Regierenden von Brava habt Ihr meine Empfehlungen auszurichten und kundzuthun, dass ich ihr Freund bin und dass Ihr angewiesen seid, sie zu begünstigen, und Ihr nicht gestatten werdet, dass ihnen Gewalt angethan wird. Dieses gilt zur Mitteilung für jene, und als Eure Verpflichtung. Den Königen und Herren der Küste habt Ihr dasselbe kundzuthun, und ihnen von meiner Seite für ihr gutes Benehmen zu danken, sowie ihnen Treue, Friede und Ruhe zu empfehlen. Und dieses im besonderen dem König von Ampaza (Fasa) und dem König und Fürsten von Pate (Patta) die Ihr um Bezahlung der Tribute zu ersuchen habt und die Briefe übergebt, die Ihr für sie mitnehmt. Der Königin von Lamo (Lamu), welche in Freundschaft mit der Festung (Mombasa) lebt und solche auch gezeigt hat, helft Ihr in allem, und ebenso den Häuptlingen von Sio und den Königen von Pate, Oja, Quiloa und Zanzibar, wegen der alten Freundschaft, die sie mit dem Staate verbindet. Die Insel Pomba (Pemba) und ihre Beruhigung empfehle ich Euch sehr, weil von dort die Bewegung gegen die Festung ausgeht. Dieserhalb habt Ihr anzuordnen, dass der neue König eingesetzt und so in allen Dingen unterstützt und begünstigt wird, wie ich es von Euch erwarte. Den König von Mehinde behandelt mit ausgesuchten Ehren und begünstiget ihn. seine Edelleute und Unterthanen. Erinnert ihn- auf gute Strandes, Ostafrika. 22 Weise an seine Pflichten und mischt Euch nicht in die Gerichtsbarkeit der Muhamedaner, seiner Unterthanen. Falls irgend einer von ihnen etwas thut oder verbricht, wofür er verdient, bestraft zu werden, mahnt ihn, und wenn er ausweicht, was ich von seiner Treue, Einsicht und Eifer nicht erwarte, habt Ihr mich, oder denjenigen, der an meiner Stelle sitzt, zu unterrichten, damit er an seine Verpflichtungen erinnert wird. Und wenn er in der Zeit des Westwindes nach Melinde will, und im Anfang des Ostwindes zurückkehren will, lasst ihn ziehen, aber erinnert ihn daran, dass die besten Mauern, Befestigung und Artillerie, welche Seine Majestät auf jener Insel hat, seine Treue sind. Und dieses sagt mit allen Worten, welche Euch nötig erscheinen, und dazu, dass für das Gedeihen der Insel und Festung seine Gegenwart daselbst erwünscht ist. Und beachtet ihm mitzuteilen, dass er die Furt, die nach dem Festlande führt, befestigt, denn mit dieser Bedingung wurde sie ihm gegeben. Auch muss er dort gute \Vache halten, damit nicht dort Neger, noch Räuber zum Stehlen eindringen, noch andere Feinde. Ich empfehle Euch, dass Ihr Euch bemüht, die Freundschaft mit Antonio Godinho d'Andrade') zu bewahren und ihn mit allem zu unterstützen und zu begünstigen, was Recht ist. Aber tretet der Gerichtsbarkeit nicht entgegen, wenn Jemand gegen ihn in Civilsachen vorgeht. In seiner Strafsache wird im Obergericht entschieden werden. Den Faktor und die anderen Angestellten Seiner Majestät habt Ihr zu begünstigen und zu unterstützen, damit sie die Zölle im Zollhause einnehmen können. Und Ihr habt zu veranlassen, dass alle Schiffe nach der Festung gehen, damit sie gedeiht, und damit nicht die Zölle auf die Waren umgangen werden, die von Indien eingehen, und auf die Waren, die in denselben Schiffen verladen werden. Denn wenn es anders geht, wird die Festung nicht fertig gestellt werden, und es würde nicht verwirklicht werden, was Seine Majestät zu thun befahl. Noch weniger dürft Ihr gestatten, dass sich irgend ein Verheirateter, Portugiese, Mestize oder Christ, der mit seiner Frau lebt, in Quiloa, Monfias, Utondo, Zamzibar, Pemba, Melinde, Pate, Lamo, Ampaza, Brava noch in irgend einem anderen Hafen dieser Küste aufhält, da dieses weder Gott noch Seiner Majestät dient. Auch die muhamedanischen Fürsten und Herren der Küste beklagen sich über die Gewaltthätigkeiten, die ihnen angethan werden. Ich ermahne Euch, dass Ihr Euch bemüht, die Soldaten zu einem friedlichen Leben anzuhalten, dass sie die christlichen Ansiedler und die Muhamedaner nicht vergewaltigen und nicht gewaltsam in deren 1) Dieser war der bisherige Kommandant Mombasas, der wegen seiner Amtsführung unter Anklage gestellt war. Vergl. Archivo Oriental II1I S. 85o. - 339 Gärten und Pflanzungen (Xambas) eindringen. Dieses gilt auch bezüglich ihrer Sklaven. Und Ihr dürft nicht erlauben, dass sie mehr als das Schwert tragen, ausgenommen im Kriege. Wenn Ihr hört, dass sie Streit oder Meinungsverschiedenheiten unter sich haben, habt Ihr Euch zu bemühen, sie in Schranken zu halten und sie zu Freunden zu machen, auch Parteiungen nicht zuzulassen. Den Handel und die Kaufleute und die Unterthanen der Könige habt Ihr zu begünstigen und nicht zuzugeben, dass ihnen Gewalt angethan wird. Ihr habt ihnen die Schiffspässe mit der Bedingurng zu geben, dass sie dorthin kommen und die Zölle bezahlen. Seid dabei vorsichtig, die Lebensmittel für die Festung in der Weise zu sammeln, dass Euch nichts für den Fall fehlt, dass Feinde Euch bekriegen und belagern. Ich lege Euch auf, dass nachts in der Festung Wache gehalten wird, und dass dieses nicht vernachlässigt wird, und dass das Thor vor dem Ave Maria geschlossen wird. Ihr dürft nicht gestatten, dass nahe der Festung Häuser aus Steinen erbaut werden, noch sonstwo, von wo aus die Türken Schaden anrichten könnten, wenn sie, was früher schon geschehen ist, kommen sollten. Ich empfehle Euch, dass die Steinbrecher und Maurer, die dort sind, gut bezahlt und behandelt werden, und dass sie immer mit denjenigen Arbeiten an der Festung beschäftigt werden, die am nötigsten sind. Dieselbe Aufmerksamkeit wollt Ihr üben, dass die Gräben der Festung vollendet werden, und dass die Munition nicht mit Salutieren und bei Festen verbraucht wird, denn wenn Ihr so handelt, werdet Ihr sie in Notzeiten besitzen und Eure Pflichten besser erfüllen können. Und erlaubt nicht, dass die Soldaten hierherkommen, damit nicht die Festung ohne solche und Bombardiere bleibt. Strebt immer, dass ihre Zahl den Instruktionen gemäss vollständig bleibt, denn im gegenteiligen Falle gilt für Euch keine Entschuldigung. Ihr müsst bedacht sein, anzuordnen, dass die Geschütze und ihre Holzwagen bedeckt sind, damit ihnen die Sonne und der Regen nicht schade. Ihr habt zu befehlen, dass sich innerhalb der Festung genügend Wasser für die Versorgung der Menschen befindet, welche sich hier für die Verteidigung zusammenzufinden haben. Ich ermahne Euch, dass Ihr keine unnütze Menschen hineinlasst, sondern nur vertrauenswürdige. Wenn Ihr gegen Jemand Verdacht habt, so habt Ihr ihn nach einer benachbarten Insel zu einem befreundeten König, oder nach dem Festlande zu senden. Das Wachtschiff entsendet Anfang Oktober. Es muss ein leichtes kleines Fahrzeug nach Bandel Velho mit sich führen, damit es die Galeeren der Türken guts beobachten kann. Gebt ihm Instruktion über das, was es zu thun hat, und über die zu zeigenden Signale. Im Mai 22* 340 und im September habt Ihr den Vizekönig dieses Staates und die Festungen im Norden von der Vorschrift und den Signalen zu unterrichten, die Ihr ihm gegeben habt. Und dass sie (die Signale) nicht immer die gleichen sind, und dass Ihr ihm grosse Umsicht und Geheimhaltung auferlegt, damit, wenn es genommen würde, was Gott nicht zugeben möge, die Feinde die Signale nicht kennen, die Ihr vorgeschrieben habt. Es könnten dadurch alle Schiffe von dort genommen werden, was ein fühlbarer Schaden und Verlust der Unterthanen Seiner Majestät und seiner Festungen wäre. Und es muss Euren Auftrag haben, dass es, wenn Feinde kommen, die Instruktionen, ohne dass es jemand weiss, bricht. Immer habt Ihr Euch zu bemühen, dass der Kapitän, dem Ihr diese Aufgabe übergebt, sehr vertrauenswürdig ist, und Ihr habt ihn anzuweisen, dass er, wenn er Feinde gesichtet hat, davon, wenn er kann, in Brava und in anderen Häfen Nachricht giebt, und dass er sich bestrebt, die Portugiesen aufzunehmen, wenn dort welche sind. Den Kommandanten von Mozambique habt Ihr durch ein leichtes Fahrzeug zu unterrichten, wenn Ihr wisst, dass Galeeren kommen. Ebenso von bestimmten Nachrichten, die Ihr habt, damit er nicht bei Zeiten in Unwissenheit gelassen wird und sich vorbereiten kann. Ferner habt Ihr immer die Vizekönige von dem Stande der Dinge zu unterrichten, damit sie die Vorkehrungen treffen können, welche ihnen für Seine Majestät am dienlichsten erscheinen. Ich empfehle Euch die Geistlichen, die in Eurer Gesellschaft reisen, zu unterstützen und zu begünstigen. In der Klausnerei, welche in S. Antonio errichtet ist, habt Ihr ihnen vier oder fünf Zellen einrichten zu lassen, wo sie Unterkunft finden, ausserdem eine Küche und ferner einen Abort, und eine Umzäunung ringsherum, damit sie abgeschlossen bleiben. Und hierzu befehle ich dem Faktor, dem, der es heute ist und dem, der es später sein wird, auf Eure Anweisung das nötige Geld zu zahlen und in Rechnung zu stellen, doch unter der Bedingung, dass es nur auf Eure, des Faktors und des Pfarrverwesers Auftrag verwendet wird. Ich ermahne Euch, dass Ihr Euch bestrebt, durch Euer Leben und Gewohnheiten ein gutes Beispiel zu geben und nicht zuzulassen, dass Euer Gefolge und Eure Sklaven Gewaltthätigkeiten verüben. Lasst Euch auch nicht durch böse Begierden verleiten, Dinge gegen die Seele, gegen den Dienst Seiner Majestät, sowie gegen Ehre und Pflicht zu begehen. Auf diese Weise habt Ihr vollständig zu erfüllen, was hierin enthalten ist. Geschrieben in Goa, 6. Januar 1598. Joäo d'Abreu, Sekretär des Staates, liess es schreiben. N.S. Ihr habt allen Steinbrechern und Maurern, die es wünschen, die Erlaubnis zu geben, mit den ersten Fahrzeugen hierherzukommenIhr führt für sie andere mit Euch. Und aus den Zollhauseinnahmen habt Ihr einige Neger (cafres) kaufen zu lassen und ihnen diese Arbeit zu lehren. Dieserhalb sind sie gut zu behandeln und zu bewachen, damit sie nicht fliehen, denn durch sie können die Arbeiten, welche ich anordnete, insbesonders der Festungsgraben, mit weniger Kosten für die Finanzen Seiner Majestät vollendet werden. Ich empfehle Euch die gute Behandlung des Richters. Ihr' habt ihm in meinem Namen den Auftrag zu geben, dass er eine Untersuchung gegen den Schreiber und den Faktor anstellt, dessen Dienstzeit endigt, und ebenso gegen den Gerichtsvogt. Gleichfalls habt Ihr anzuordnen, dass kein Portugiese oder Muhamedaner in der Stadt anderswo als in der Raposeira') lebt, und zu Gleichem habt Ihr die Banianen anzuhalten. Auf diese Weise werden sie keine Belästigungen erleiden. Wiederholt komme ich darauf zurück, Euch den König von Pemba dahin zu empfehlen, dass Ihr ihm alle erforderlich werdende Hülfe zu der Besitzergreifung jener Insel leistet. Falls er in Mombasa leben will, habt Ihr ihm eine Wohnung innerhalb der Festung einzurichten, weil es so sicherer ist. Falls Ihr Pandeiro antrefft, habt Ihr ihm gute Behandlung zu gewähren, weil er Seiner Majestät gut gedient hat. In gleicher Weise erweiset Eure Gunst dem alten Kadi (Casis Velho) von Mombasa, ebenso Facga Vane Munganante, Häuptling von Pemba, Mungana Amite von Lamu, und Imocory von Patta. Dort in Patta habt Ihr unter keinen Umständen zuzugeben, dass Steinmauern errichtet werden, auch dann nicht, wenn sie sagen, dass es ist, um sich gegen die Vanagunes (Wagunja) zu verteidigen. Das Geld, was Ihr von hier zur Bezahlung der Soldaten mitnehmt, und das, was im Zollhause eingenommen wird, habt Ihr in einem Kasten mit drei Schlüsseln zu hinterlegen. Davon habt Ihr einen, und der Faktor und der Schreiber die anderen aufzubewahren. Mit dem Reis, den Luiz Alvarez Camello vom Norden (Indiens) zur Versorgung der Festung schicken wird, lasst sehr sparsam umgehen. Hierin und in Allem habt Ihr die Instruktion zu erfüllen, die der Vizekönig Mathias de Albuquerque erteilte, und das, was ich ihr hinzufügte. Das Zollhaus ist in der Art zu vollenden, wie ich es befahl. Zu diesem Werke hat der König von Melinde den dritten Teil der Kosten beizutragen, die aufgewendet werden. ) Der damaligen Hauptstrasse Mombasa's. - 342 Patent für Francisco Lopez Giräo zum Kommandanten der !Festung von Mombasa. (Archivo Oriental. VI. S. 756.) Ich Dom Philipp, von Gottes Gnaden König von Portugal u. s. w. thue hiermit allen denen kund, welche diesen Brief sehen, dass ich in Anerkennung der Dienste, welche mir Francisco Lopez Giräo während eines Zeitraumes von elf Jahren auf Flotten, in Grenzfestungen, bei der Hülfsexpedition nach Chaul und bei der Einnahme von Morro, wo er durch einen Gewehrschuss verwundet wurde, geleistet hat, für gut erachte und als mein Vergnügen empfinde, ihm in Gnaden die Hauptmannschaft von Momba;a zusammen mit der der Küste von Melinde für drei Jahre zu verleihen, und zwar nach Erledigung der vor dem 9. Februar des vergangenen Jahres 1602 vergebenen Anwartschaften, von wann diese Verleihung gilt. Zur Verwirklichung dieser Ernennung ist Bedingung, dass er in diesem Jahre, 1603, nach Indien geht und anders nicht, auch soll sie andernfalls nicht erneuert werden. Diese Hauptmannschaft soll er zusammen mit der der Küste von Melinde für die genannte Zeit einnehmen und dafür das Gehalt beziehen, welches seine Vorgänger haben oder haben werden. Dieses ungeachtet, dass hier nicht die Höhe dieses Gehaltes angegeben wird, was darum nicht geschehen kann, weil diese Angabe für die Festung Mombaýa in dem von Indien gekommenen Gehaltsbuche fehlt, und unbeschadet der gegenteiligen Bestimmungen. Auch soll er alle diejenigen Vorteile und Niessnutze haben, welche ihm direkt gehören. Dieserhalb befehle ich meinem Vizekönige oder Gouverneur in den Gebieten Indiens, sowohl dem, der es jetzt ist, wie dem, der es sein wird, und meinem dortigen Finanzverwalter, dass sie, sobald dem genannten Francisco Lopez Giräo zukommt, diese Hauptmannschaft anzutreten, ihn davon Besitz ergreifen und dienen lassen, sowie das Gehalt, die Vorteile und Niessnutze zukommen lassen, welche ihm zustehen. Hierüber soll kein Zweifel und Hindernis aufgeworfen werden. Und er soll in meiner Kanzlei auf die heiligen Evangelien schwören, dass er gut und treu dienen wird, und in allem, unabhängig von seinen Rechten, meinen Nutzen wahren wird. Hierüber soll eine Anmerkung auf der Rückseite dieses Briefes gemacht werden, welcher binnen vier Monaten nach Ausstellung im Indischen Hause (Lissabon) einzutragen ist. Bevor der genannte Francisco Lopez Giräo die gedachte Hauptmannschaft von Mombasa antritt, hat er mir für sie vorerst das Gelöbnis und die Huldigung, gemäss Gebrauch und Gewohnheiten dieser Königreiche, zu leisten und darüber eine Beglaubigung von Diogo Velho, meinem Sekretär, beizubringen. Belchior Pinto schrieb dieses in Lissabon am 3. Januar des Jahres 16o3 nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus. Janalvres Soares lies es schreiben. (gez.) der König. Gnadenverleihung wegen Verdienste des Vaters. (Archivo Oriental. V I S. 332.) Auszug aus einem Briefe des Königs. In Anbetracht der Dienste von Pedro Homem, seinem Kammerjunker, verleiht der König in Gnaden an Diogo Homem, seinen Kammer junker, den Sohn von Pedro Homem, den Schreiberposten der Faktorei in Baýaim. Der Antritt hat zu erfolgen, nachdem die vorher erteilten Verleihungen aus irgend einem Grunde erledigt sind. Lissabon, Io. Januar 1558. Gnadenverleihung an eine Wittwe als Heiratsgut. (Archivo Oriental. V III S. 1493.) Auszug eines Briefes des Staatssekretärs an den Vizekönig. An Dona Maria de Mello, die Frau von Dom Aleixo de Menezes, verleiht seine Majestät in Gnaden, als ihr Heiratsgut für die Verheiratung mit einem verdienten Edelmann, die Hauptmannschaft von Chaul für die Zeit von drei Jahren, beginnend nach Erledigung der vor dem 29. Januar d. J. erfolgten Ernennungen. Dieses erfolgt in Anbetracht, dass die genannte Hauptmannschaft durch den Tod ihres Gatten frei wurde. Lissabon, i. April 1597. 344 Uebertragung einer Gnadenverleihung. (Ms. Liss. Livros das Mon öes No. 59, Fol. 134.) Auszug eines Briefes des Vizekönigs an den König. Donato de Moraes Sapico, ein Ritter- des Hauses Eurer Majestät, schilderte mir die grosse Hülflosigkeit, in welcher seine Tante Dona Maria de Caceres, die Wittwe von Joäo Dazavedo und von Luiz de Rego de Nigreiros lebe, und dass sie durch den Tod der Genannten in grosser Not für ihren Lebensunterhalt sei. In Mitleid mit ihrer Armut und da ihre verstorbenen Männer im Dienste Eurer Majestät wohlverdient waren, und da sie auch zu alt ist, um sich nochmals wieder verheiraten zu können, habe ich ihr, unter Zustimmung des Kronanwaltes, die Erlaubnis gegeben, auf die Hauptmannschaft von Mombaýa, welche die ihr zugehörende Mitgift ist, zu Gunsten des genannten Donato de Moraes zu verzichten. Ich habe ihm darüber eine Bestallung für dieselbe Zeit und dasselbe Freiwerden erteilt, wie sie die Verzichtleistende besass. Goa, 9. Januar 1649. Namen- und Sach-Verzeichnis. Abessinien 7. 42. 317. Fasa 145. Affonso d'Alboquerque 75 ff. 1O8. 114. 220. 2 Albu Said 300. 338. Alvaro Cactano de i\lello e Castro 287 ff. 298. Francisco Ambergris 29. 72. 97. 128. 174. 244. Francisco Ampaza siehe fasa. Francisco Antonio Carneiro Salema 210. 215 ff. Francisco Antonio de Albuquerque Coelho 290 ff. 298. Francisco Antonio Mogo de MelIo 250 ff. 260. Franzosen Araber 1. 7 18. 53. 82 ff. 98. 113. 223 ff. 239. 241. 246 f. 270 f. 278. 283. Gaar 161. Astronomische Instrumente 9. 21. 93. Gaspar Ga Augustiner 174. 175. 196. 257. 260. 340. Glasperlen Bartholemeu Dias 8. 13. 38. Barawa 52. 77 ff. 90. 92. 124. 125. 290. 318. 337. 338. Baumwollen-Industrie 90. 97. Bev6lkerungs-Zahlen 67. 91. 137. 139. 246. 316. Buana Daud ben Buana Scheck 261 ff. 277. 281. 292. 294. Buana Kibai 279. 293. 294. Bumba 235. Chinesen 87. Christoph Columbus 9. Christusorden 2. 35. 172. Deutsche 32. 56 ff. 79. 177. Domingo Pereira Gusmio 262. Elfenbein 29. 50. 72. 94. 128. 174. 233. 244. 245. Elephanten 70. Emanuel, Dom 12. 43. Engl~.nder 18o ff. 211. 223. 24 . 301. 314. Ernennungen 167. 342 ff. Erzpriester Johannes 4. 6. 32. 317. 147- 149. 157. 158. 209. 213. 28. 231. 232. 239. 277. 296. 337d'Almeida 55 ff. 68 ff. io8. 114. de Moura 203 ff. Pereira Pestana 1O8. 333. Pereira da Silva 265. Seixas Cabreira 212 ff. 228 ff. 178. 301. 214. 215. 232. 250. ma 32. 90. 174. Gela siene AxUunzen. * Gold und Goldhandel 29. 49. 97 ff. 128. 174. 245. Gummi Kopal 29. 97. 128. 174. 182. Handel 5. 19. 40. 43. 45. 53. 54. 55. 75. 94. 97. 104. io6. 128 ff. 137. 214. 221. 241 ff. 243 ff. 292. 313. 316. Harff, Ritter Arnold von 56. Henrique de Figueiredo 258 ff. Hoja 75 ff. 215. 337 Holldnder 178 ff. 209. 225. 314. Ibo 302. Ibrahim ben Soliman 39. 57 ft. 6o ff. 1O9. Indier 19. 27. 29. 30. 94. 174. InnerAfrika 96. 317Inquisition 198. 242. 280. 312. Italiener 54. 56. 178. Jaca 215. 218. 219. Jeronimo Chingulia siehejussuf ben Hassani. Joao Antunes Portugal 225 ff. Jo~o da Nova 42. Jogo Machado 42. 45. Joao Rodriguez Ledo 249. - 346 Joseph Pereira de Brito 263 ff. Jugo 145. Jussuf ben Hassani 195. 197 ff. 204. 208 ff. 210. 211. 215 ff. Kaurimuscheln 97. Kelife 159. Kerimba-Inseln 116. 138. 262. 278. 305. Kilwa 20. 25. 38 ff. 42. 43. 45 ff. 49- 57 ff. 62. 63. 81. io8. 127. 131. 135, 153. 221. 229. 276. 278. 303. 304. 315. 317. 318. 320. 333. ff. 338. Kleidung 21. 29. Kokusgarn 128. 174. Kokuspalmen 21. 92. Komoro-Inseln 94. 211. 316. Krankheiten 123. 259. 270. 273. Kulturgewachse 92 ff. 321. Kwale 249. Lamu 77 112. 145. 148. 156. 203. 220. 246. 337- 338. 341. Leandro Barbosa Sotto Major 267. Lourenqo d'Almeida 58. 68 ff. Lotsen 31. 35. Luiz de 3lello Sampayo (I) 252 ff. 262. 264. Luiz de Mello Sampayo (II) 281 ff. 289 ff. 296 ff. Luziwa 145. 215. 218. 219. Masse und Gewichte 95 ff. Madagaskar 5. 7. 75. 94. 117- 210. 316. Mafia 25. 103. 109. 135. 221. 229. 294. 338. Makua 138. 162. MIakupa 68. 121. 123. 155. T65. 187. 192. 277. 292. Mandra 157. 214. 218. MNanuel de Mello Pereira 191. 193. Maracatos I61. 214. 250. AMarcal de Macedo 201. Marka i i i. Martim Affonso de Mello 147. Maskat 225 ff. 277. Matheus Mendes de Vasconcellos 152. 163. 188. Mayr, Hans 56. Melinde 27 ff. 33. 38. 40. 41 ff. 51. 73. 74. 75. lo9. Iii. 116. 123. 124. 125. 128. 135. 146. 148. 152. 156. 158. 159. 187 ff. 318. 319. 320. 337. 338. Mirale Beque 144. ff. 154 ff. Misericordia 167. 176, Missionsthatigkeit 137. 138. 175. 287. 311. 320. Mohamed Ankoni 42. 45. 47. 49. 58. 6o ff. 103. Mombasa 5. 25 ff. 51. 66 ff. 113. 116. 125. 131. 135. 146. 148. 152. 154. 156. 158. 159. 163 ff. 204 ff. 219 ff. 229 ff. 232. 241. 246 ff. 274. 275. 276. 279 ff. 283 ff. 292 ff. 299. 302. 303. 305. 315. 316. 317. 318. 319. 320. 335. 336 ff. Monomotapa 134. 136. Mosseguejos i59. 16I. Motone 200. Mozambique 20 ff. 44. 131 ff. 138. 179. 221. 242. 245. 274. 278. 297. 302 ff. 305. 311. 312. 321. 339. 340. Mtangata 34. 120. 200. 211. 287. Mtuapa 175. 254. Miinzen 77. 85. 88. 95. 323 ff. Mukdischu 5. 32. 74. 8o. 87. 110. 125. 126. 145. 147. Musrui 284. 298 ff. Musungulos 161. 193. 194. 249. 257. 271. 277. 292. 293. Nicolao Coelho 14. Nuno da Cunha I 15. Oja siehe Hoja. Oman (siehe auch Maskat) 223 ff. 279. 300. Otondo 117- 218. 219. 229. 268. 338. Pangani 287. Patta 33. 129. 135. 148. 157. 158. 175. 200. 203. 204. 209. 210. 213 ff. 218. 220. 228. 231. 232 ff. 236 ff. 247 250 257. 276 ff. 282 ff. 288. 290 ff. 296. 301. 302. 315. 337. 338. 341. Paulo da Gama 14. 19. 35. Pedro Alvares Cabral 37 if. Pedro de Covilhgo 6. Pedro de Almeida 232 ff. Pedro Leitio de Gamboa 198. Pedro Rodriguez Botelho 207. 2 8. Pemba 25. io9. 116. 120. 128. 139. 155. 176. 183. 188. 191. 194. 209 220. 235. 257- 276. 294. 315. 316. 337. 338. 341. Pero Dalanquer 14. Pero Ferreira Foga;a 64. 333. - 347 Perser 82. 85. 98. Ph6nizier 1. 81. Porzellan 88. 89. Prinz Heinrich 2. Quendoa 235. Quitao 219. Rabaia 194. Renegaten 66. 67. 118. 199. Rhapta 81. Ruinen 63 ff. 84. 86. 89. 234. Ruy Lourenco Ravasco 49 if. Sanxo 257. Schiffe 13. 20. 21. 93. 130. Schildpatt 97. 174. 233. 244. Schungaja 237. 253. Simio de Mello Pereira 193. Sio 214. 218. 220. 228. 231. 283. 296. 337. Sklaven 92. 97. 174. 175. 242. 341. Sofala S. 7 38. 44. 82. 98 ff. 101. 112. 274. Sokotra So. Somali 161. 232. Sopanga 117. Suaheli 85. 16I. 320. Sprenger, Balthasar -6. Tanga 200. 211. 271. 287. Thomas-Christen 22. 29. 80. Thom6 de Sousa Coutinho 152. Tirendikunde 103. Tristao da Cunha 74 ff. TUrken 125. 141. 144 ff. 164. 2c Tula 237. 253. Uumba 205. 287. )4. Vasco da Gama 14 ff. 44 ff. Verwaltung 113. 128 ff. 134. 166. 289 ff. 308. 312. 335 if. 338 ff. Vdlkerschaften 16o. Wachs 29. 97. 129. Wagunja 85. 215. 231. 250. 261. Wappenpfeiler 8. 33. Waffen 67. 71. 92. Wanika siehe Musungulos. Warscheik 125. 337. 339. Weihrauch 97. Wassin 287. Zanzibar 5. 25. 34. 50 ff. 109. 116. 120. 126. 128. 135. 182. 184. 186. 193. 200. 204. 216. 221. 229. 241. 249. 261. 275. 276. 279. 287. 294 ff. 315. 316. 337. 338. Zibeth 97. Zimbabje 81. 98. Zimbas 153. 155.