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STRANDES
DIEZ PORTUGIESLNZLIT
VON
DEUTSCH- UND ENGLISCI--OSTAFRIKA
4
ißt
DIE
PORTUGIESENZEIT
VON
DEUTSCH- UND
ENGLISCH - OSTAFRIKA
VON
JUSTUS STRANDES
BERLIN 1899
VERLAG VON DIETRICH REIMER (ERNST VOHSEN)
Alle Rechte, insbesondere das der Uebersetzung vorbehalten.
Druck von Trowitzsch & Sohn, BerlnSW.
Vorwort.
Die Lust zu diesen Untersuchungen ist während eines langjährigen Aufenthaltes
in Ostafrika entstanden. Angesichts der mächtigen Trümmer alter Bauwerke und
zufolge der weit verbreiteten Ansicht, dass jedes derartige Ueberbleibsel früherer
Jahrhunderte auf die Portugiesenherrschaft deute, ist der Wunsch wach geworden,
zu ergründen, welche Geschicke Ostafrika in jener Zeit durchmachte, und
insbesondere durch welche wirtschaftliche Thätigkeit es damals belebt wurde.
Alle früheren Bearbeitungen der Geschichte Ostafrikas geben hierüber keine
genügende Aufklärung. Als die grundlegenden Werke sind
I. Guillain, Documents sur 'Histoire, la Gdographie et le Commerce,
de l'Afrique Orientale. Paris o. J. (1856),
Richard F. Burton, Zanzibar. City Island and Coast. London 1872,
J. L. Krapf, Reisen in Ostafrika. Kornthal und Stuttgart 1858 zu nennen, zu denen
noch
Otto Kersten, Tabellarische Uebersicht der Geschichte Ostafrikas
(Separat-Abdruck aus: >v. d. Decken's Reisen«.) Leipzig und
Heidelberg 1879
als eine handliche Zusammenstellung, hauptsächlich nach Guillain's Werke,
hinzutritt. Allen diesen verdankt die vorliegende Arbeit wertvolle Fingerzeige,
doch sie geben nur Bruchstücke und können schon darum heute nicht mehr
befriedigen, weil seit ihrem Erscheinen eine Reihe Urkundensammlungen und
Chroniken in Lissabon und Goa veröffentlicht worden sind, die neuen Aufschluss
bieten.
Der Verfasser hat sich bestrebt, überall den Quellen nachzugehen. Dass ihre
Beschaffung in Deutschland mit empfindlichen Schwierigkeiten verbunden war,
bedarf keiner Erläuterung. Fast erdrückend ist die Menge alter und neuer
Geschichtswerke über die Glanzzeit der portugiesischen Kolonialherrschaft,
dagegen geradezu verblüffend die Dürftigkeit der meisten Bearbeitungen über
deren Niedergang. Die Geschichtsschreiber Portugals und aller anderen Völker
haben im wesentlichen dort Halt gemacht, wo für das Weitere die grossen
Chronisten Joäo de Barros, Diogo de Couto und Faria y Sousa versagen.
Abgesehen von verdienstvollen Einzelstudien, sind als Ausnahmen hiervon
eigentlich nur Dr. Alfred Zimmermann (Die europäischen Kolonien, Bd. I. Die
Kolonialpolitik Portugals und Spaniens, Berlin 1896) und F. C. Danvers (Reports
on thePortugueseRecords relating to the EastIndies, London 1892,
undThePortuguese in India, London 1894) anzuführen. Naturgemäss behandeln
aber diese Werke, bei der Grösse des in ihnen bearbeiteten Gebiets, Ostafrika
kaum mehr als nebensächlich, und sie konnten daher für die vorliegende Arbeit
nur als Leitfäden dienen. Wichtige Unterlagen boten die Urkundensammlungen
und die Chroniken, die durch Drucklegung von der Königl. Akademie der
Wissenschaften zu Lissabon allgemein zugängrig gemacht sind. Weiter hat sich
der Verfasser bemüht, auch die handschriftlichen Schätze der portugiesischen
Archive und Bibliotheken zu benutzen. Nachdem ihm hierzu die Genehmigung
durch das Auswärtige Amt in Berlin und die Kaiserliche Gesandtschaft in
Lissabon erwirkt worden war, hat sich Herr Rudolf Stuhlmann in Lissabon der
Mühe unterzogen, ihm eine grosse Menge von Abschriften von Urkunden des
amtlichen Briefwechsels und dergl. zu verschaffen, welche für den wichtigeren
Teil der nachstehenden Abschnitte die hauptsächlichen Unterlagen geliefert
haben. Allen Beteiligten sei auch an dieser Stelle der beste Dank
ausgesprochenWas in Goa an Schriften über das portugiesisch-indische
Kolonialreich vorhanden ist, ist von J. H. da Cunha Rivara. in der umfangreichen
Urkundensammlung ,Archivo Portuguez Oriental« (Nova Goa 1857-1876, 9 Bde.)
sowie in der Zeitschrift 0.,O Chronista de Tissuary« (Nova Goa 1866-1869)
veröffentlicht und ist in dieser Arbeit benutzt. Die naheliegende Annahme, dass.
auch das Archiv zu Mozambique Ausbeute für die Kenntnis der hier behandelten
Gebiete und Zeiten bieten könne, ist irrig, denn Francisco da Costa. Mendes
beglaubigt in der Vorrede seines »Catalogo dos Capitäes Generaes e
Governadores da Provincia de Moýambique« (Mocambique 1892), dass dort~
ausser einem vereinzelten Schriftstücke aus dem Jahre 1682, nur Schriftstücke aus
den Jahren 1752 bis zur Jetztzeit, also ausschliesslich aus einer Zeit vorhanden
sind, in der Portugal schon den Einfluss über das nördlichere Ostafrika verloren
hatte. Hervorzuheben ist, dass trotz der erwähnten Nutzbarmachung
zahlreicher Urkunden eine erschöpfende Durchforschung der portugiesischen
Archive für diese Arbeit nicht erfolgt ist, und dass dort noch manche
schätzenswerte Einzelheiten zu finden sein mögen. Fast sicher ist indessen, dass
eine Neuaufnahme solcher Untersuchungen nicht lohnen würde. Es wäre dadurch
wohl eine Vervollständigung der politischen Geschichte, aber keine weitere
Aufklärung über die weitaus wichtigere Entwicklung der wirtschaftlichen Ver
hältnisse und der eingeborenen Völker zu erreichen, da diesen Dingen in früheren
Jahrhunderten zu wenig Beachtung geschenkt ist. Zudem war und ist Ostafrika zu
weltentlegen und zu unbedeutend, als dass die eingehendere Kenntnis seiner
Entwicklung an und für sich oder als Ergänzung der allgemeinen Weltgeschichte
grossen Wert haben könnte. Ueberhaupt ist schon eine ausgeprägte Vorliebe für
die behandelten Ländergebiete nötig, um die Berechtigung der vorliegenden
Arbeit anzuerkennen.
Hamburg, November 1899.
Verzeichnis der Abschnitte.
Die ersten Ausblicke nach dem Osten ...... .................
Die Entdeckungsfahrt ......... ........................
Vertrags-Unterwerfung ........ .........................
Unterwerfung durch Waffengewalt und Festungsbau in Kilwa ........ Die
Erstürmung und Plünderung Mombasa's .... ..............
Muhamedanische Kultur ....... ........................
Die Räumung Kilwa's ......... ........................
Die zweite Zerstörung von Mombasa ...... .................
Friedensthätigkeit ......... ..........................
Der erste Einfall der Türken ...... ......................
Der zweite Einfall der Türken ........ ....................
Der Festungsbau in Mombasa ...... ........... . ........
Das Auftreten der Holländer und Engländer im Indischen Ozean .... Der Aufstand
in Mombasa ........ ......................
Die Wiederbesetzung Mombasa's ....... ...................
Das Auftreten Oman's als Seemacht ...... ..................
Dreijährige Belagerung und Fall Mombasa's ..... ..............
Wiedereinnahme und endgültiger Verlust Mombasa's ..............
Schluss .......... ...........................
Seite
. . . 13 . . . 37 * . . 53 * . . 66 . . . 80
. . . 127 S. . 144
. . . 163 . * . 44
* . . 187
. . . 203 . . . 223 . . . 246
* * .273 . . .299
Anhang.
I. Geld und Geldeswert ........ .......................... ..325
II. Verschiedene Urkunden .......... ........................ 333
Verzeichnis der Abbildungen und Karten.
Seite
Die Festung ,Jesus von Mombasa". Nach einer Photographie ........... (Titel)
Fra Mauro's Weltkarte vom Jahre 1459 in verkleinerter Nachbildung. Gezeichnet
von H. Kiepert ...... ..... ........................... 5
Das Geschwader Vasco's da Gama. Nach alten Vorbildern .... ......... 13
Afrika nach einer Darstellung aus ungefähr dem Jahre 15o in verkleinerter
Nachbildung. Nach Codex iconographicus No. 133 der Hof- und StaatsBibliothek zu München .................................... ...37
Ruinen der Festung ~Sam Jago" in Kilwa. Nach einer Photographie ....... 63
Ruinen der Königsburg in Kilwa. Nach einer Photographie ........... ...86
Ruinen einer Moschee in Kilwa. Nach einer Photographie ............. ...89
Ostafrika nach arabischen Navigatoren nach Mohit (n. Prof. Dr. Wilh.
Tomaschek) 94 Nuno da Cunha. Nach Gaspar Correa, Lendas da India, Lisboa
1858- 1866 115 ,Ostafrika nach einer Darstellung aus dem Jahre 1596. Nach
Johannis Hugonis
Linscotani (Linschoten), Navigatio ac itinerarium in Orientalem sive Lusitanorum
Indiam, Hagae Comitis 1599 ..... .................
151
Plan der Festung ,Jesus von Mombasa" nach einer Zeichnung aus ungefähr
dem Jahre 1636. Nach Codex iconographicus No. 162 der Hof- und
StaatsBibliothek zu München ........ ........................ .163
Portugiesische Bürger und Soldaten im Osten. Trachtenbild aus dem Jahre 1596.
Nach Linschoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Vornehme Portugiesen im Osten. Trachtenbild aus dem Jahre 1596. Nach
Linschoten ............ ............................... 187
Die Insel Mombasa nach einer Darstellung aus dem Jahre 1635. Nach Manuscrit
Portugais No. 5o der National-Bibliothek zu Paris .... ........... 2o9
Festungsthor in Mombasa samt Inschrift. Nach von der Decken .......... 218
Die Festung Jesus von Mombasa " von der Seeseite. Nach einer Photographie
254 Arabische Soldaten. Nach Guillain ...... ..................... ..271
Das Hauptthor der Festung in Mombasa. Nach einer Phot graphie ..... ...286
Portugiesische Ruinen und Inschriften. Nach einer Photographie ......... ..320
Die Ostküste von Afrika nach portugiesischen Angaben 1497-1729 ..... ..(Schluss)
Zeitfolge der wichtigsten Begebenheiten.
1487
1488/1489
8. Juni 1497
2. März 1498 7. April 1498 25. April 1498 28. Januar 1499
Juli 1500 Juli 1502 1503
24. Juli 1505 15. August 1505
1507 1507 1509
1512
I528/1529
1585
1586-1589
1589 59' 1592 1592
1595 1622
Bartholemeu Dias umsegelt die Südspitze Afrikas. Pedro de Covilhäo, ein
portugiesischer Kundschafter, bereist,
über Aegypten und Vorderindien kommend, Ostafrika
bis Sofala.
Vasco da Gama verlässt Lissabon auf der Entdeckungsreise
nach Indien.
Vasco da Gama erreicht Mozambique. Vasco da Gama ankert vor Mombasa.
Vasco da Gama ankert vor Melinde. Vasco da Gama ankert auf der Rückreise von
Indien vor
Zanzibar.
Pedro Alvares Cabral erreicht Kilwa. Vasco da Gama macht Kilwa tributpflichtig.
Ruy Lourenco Ravasco macht Zanzibar und Barawa tributpflichtig.
Francisco d'Almeida besetzt Kilwa und beginnt Festungsbau. Francisco d'Almeida
erstürmt Mombasa. Tristäo da Cunha erstürmt Barawa. Tristäo da Cunha besetzt
Sokotra. Die Portugiesen errichten eine Hauptmannschaft und Faktorei
in Melinde.
Die Portugiesen ziehen die Besatzungen von Kilwa und Sokotra
zurück.
Nuno da Cunha überwintert in Mombasa. Ein türkischer Korsar brandschatzt die
ostafrikanische Küste. Die Zimbas, ein Zulustamm aus dem Süden, verheeren
Ostafrika.
Zweiter Einfall der Türken. Erstes englisches Schiff in Zanzibar. Uebersiedlung
der Portugiesen von Melinde nach Mombasa. Beginn des Festungbaues in
Mombasa. Erste Reise der Holländer nach Indien. Die Portugiesen verlieren
Ormus.
I6. August 1631 Niedermetzelung der Portugiesen in Mombasa.
1632
Wiederbesetzung Mombasa's.
1650
Vertreibung der Portugiesen aus Maskat.
166o-i665
Wiederholte Belagerungen Mombasa's durch die Araber.
1678
Erfolglose Unternehmung der Portugiesen gegen Patta.
1687
Die Portugiesen besetzen vorübergehend Patta.
1696-1698
Belagerung Mombasa's durch die Araber.
12.'13. Dezember 1698 Die Araber erstürmen Mombasa.
1728
Die Portugiesen besetzen Patta.
16. März 1728 Wiedereinzug der Portugiesen in Mombasa.
14. August 1729 Die Portugiesen räumen endgültig Patta.
26. November 1729 Die Portugiesen räumen endgültig Mombasa.
1769
Letzter Versuch der Portugiesen zur Wiedernahme Mombasa's.
Die ersten Ausblicke nach dem Osten.
Bekannt sind die Nachrichten über schon vor Jahrtausenden erfolgte
Umschiffungen Afrikas. Noch am wahrscheinlichsten scheint die Erzählung von
einer derartigen Reise, die nach Herodot unter dem Pharaonen Necho (609-595
vor Chr.) ausgeführt sein soll. Die Phönizier, die hierzu von dem genannten
Könige beauftragt waren, begannen die Reise im Roten Meer und segelten zum
Indischen Ozean. Zweimal säeten sie unterwegs Getreide aus und warteten die
Ernte ab. Nach zwei Jahren erreichten sie glücklich die Säulen des Herkules und
kehrten im dritten Jahre nach Aegypten zurück.) Freilich greifbare Beweise für
die Richtigkeit der Berichte über diese und ähnliche Reisen lassen sich nicht
erbringen. Aber anerkannt war im Altertum,. dass alle Meere zusammenhingen;
wirklich nachweisbar wurden der Indische Ozean und die Gestade Ostafrikas
durch Assyrer und Araber beschifft, und es liegt nicht ausser dem Bereiche der
Wahrscheinlichkeit, dass gestützt auf diese Erfahrungen die kühnen phönizischen
Seefahrer, die im Norden über den Golf von Biskaja in den Atlantischen Ozean
vordrangen und vielleicht sogar die rauhe Nordsee, das Kap von Skagen und die
Ostsee bezwangen, in den ungleich milderen Gewässern des Südens den ersten
Versuch der Umseglung Afrikas wagten und auch glücklich durchführten. Doch
wie dem auch sei, dem aus der Umnachtung des Mittelalters erwachenden Europa
war die Kenntnis der Umschiffbarkeit Afrikas verloren gegangen. Länger als ein
Jahrtausend war es im Glauben an die Lehre des Ptolemäus befangen, dass nur die
mittlere Zone Leben zeige, dass aber die arktische Zone wegen der Kälte und die
tropische wegen der Hitze unbewohnbar sei. Langsam nur und allmählich liessen
gegenteilige Erfahrungen an der Richtigkeit dieses Lehrsatzes zweifeln. Die
vielseitigen Berührungen des Abendlandes mit den Muhamedanern in den
Kreuzzügen, die zum mongolischen Grosskhan geschickten geistlichen
') Vergl. Dr. Willi Müller: Di Umsegelung Afrikas durch phönizische Schiffer
ums Jahr 6oo v. Chr. Geb. Rathenow 1889.
Strandes, Ostafrika.
I
-2 Gesandten und schliesslich nicht in letzter Linie das Aufblühen des italienischen
Levantehandels brachten, wenn auch nur vage, Kenntnisse von fernerliegenden
Ländern. Hand in Hand mit der Wiederaufnahme grösserer Seereisen ging die
bessere Nutzbarmachung des Kompasses und die Verbesserung der Seekarten.
Verwogener steuerte man in die uferlose Salzflut hinein, und selbst vor dem
Gewagtesten schreckte man nicht zurück. Schon im Jahre 1281 versuchten die
Gebrüder Vivaldi von Genua aus und ferner zehn Jahre später Ugolini Vivaldi
und Teodosio Doria von dem gleichen Hafen aus Indien durch Umseglung
Afrikas zu erreichen. Doch ergebnislos sind diese Versuche geblieben; mit Mann
und Maus sind diese Expeditionen verschollen.')
Planmässiger wurde das Entdeckungswerk von dem portugiesischen Prinzen
Heinrich dem Seefahrer (1394-146o) betrieben. In den Kämpfen gegen die
Mauren hatte er sich die ersten Sporen verdient. Als Grossmeister des zur
Bekämpfung des Islams gegründeten Christusordens setzte er sich nach der
Eroberung Ceutas (1415) zur Aufgabe zu ergründen, welche Länder südlich von
Mauretanien lägen. Lange war den christlichen Mächten aufgefallen, dass die
Mauren nie in ihren Kämpfen Hülfe aus dem Süden erhielten, und sie schöpften
hieraus die Hoffnung, in jenen Gegenden eine christliche Bevölkerung
vorzufinden. Aus den Berichten der Mauren selbst hatte man oberflächliche
Kenntnis davon, dass Karawanen bis zum Senegal und nach Timbuktu
erfolgreichen Handel trieben, und dachte daran, diesen auf dem Seewege nach
Portugal zu ziehen. Jahr für Jahr wurden aus den reichen Einkünften des
Christusordens zwei oder drei Fahrzeuge zur Erforschung der nordwestlichen
Küste Afrikas ausgeschickt; aber nur langsam war der Fortschritt. Fast 20 Jahre
hindurch wurde nichts Nennenswertes erzielt. Weiter und weiter drangen die
Schiffe nach Südwesten vor, doch immer wieder zeigten sich dieselben sandigen,
steinigen und hafenlosen Küsten der Sahara, welche fast die alten Lehren von
dem Ersterben jeglichen Lebens im Süden bestätigten. Lange war Kap Nun der
südlichste Punkt, den man erreichte, dann galt Kap Bojador als die Grenze des
Erreichbaren, bis auch endlich dieses im Jahre 1434 umsegelt wurde. Doch erst
1445 ergab sich ein bahnbrechender Erfolg: Diogo Dias erreichte das Grüne
Vorgebirge. Wie Ruge sagt: »am Grünen Vorgebirge ist die alte mächtige Theorie
von der Unbewohnbarkeit des heissen Erdgürtels zerschellt«. Das Negerland war
erreicht, das üppige Wachstum des Landes, das Tierleben und der kräftige
Menschenschlag bewiesen schlagend die Unhaltbarkeit des alten Lehrsatzes. Als
Prinz Heinrich der Seefahrer, glorreichen Angedenkens, im Jahre 146o starb,
hatte er noch die Ge1) Ruge, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen. Berlin
1881. S. 23.
-3 nugthuung erlebt, dass die früher gegen ihn erhobenen Vorwürfe
nutzlosen Hinopferns von Menschenleben und Schätzen für seine
Unternehmungen verstummt waren, denn der afrikanische Handel brachte,
besonders durch die Ausbeute an Gold und Negersklaven, reichlichen Ersatz für
die Aufwendungen. Vielfach ist darüber gestritten worden, ob Prinz Heinrich
bereits seine Blicke und sein Streben auf die Umseglung Afrikas und damit auf
die Erreichung des Ostens gerichtet habe. Für die ersten Jahrzehnte seines
Schaffens mag dies zweifelhaft sein, in der späteren Zeit aber war es sicher sein
Ziel. Nachgewiesener Massen beauftragte der Prinz die von ihm ausgesandten
Seefahrer, Nachrichten über Indien einzuziehen,') und ein direkter Beweis, dass
seine Pläne in der That über die Erschliessung des Westens von Afrika
hinausgingen, ist, dass er in der Gesandtschaft, welche er im
Jahre i44o unter
Fernandez Lopez d'Azevedo an den Papst schickte, um Gnadenbeweise für seine
Entdeckungsfahrten zu erbitten, ausdrücklich die Erteilung von Vorrechten für die
Küsten Afrikas einschliesslich Indiens in Vorschlag brachte.2)
Wo dieses Indien lag, darüber hatte jenes Zeitalter allerdings nur sehr unsichere
Kenntnis. Indien war ausserdem ein weiter Begriff. Südarabien, Aethiopien,
Ostafrika und was wir heute Ostindien nennen, waren darunter insgesamt
verstanden. Richtiger wäre vielleicht zu sagen: unter Indien verstand man die
Ursprungsländer aller jener kostspieligen Erzeugnisse wie Gewürze, Spezereien
und Edelsteine, die zwar vorwiegend den Mächtigen und Begüterten Europas zum
Prunk und Wohlleben notwendig geworden waren, die aber auch den
Unbemittelten bekannt genug waren, um ihnen begehrenswert zu erscheinen.
Europa musste schon seit den Zeiten der Römer ansehen - und die Unterrichteten
waren sich darüber klar -, wie stetig die Ausbeute der Bergwerke des
Abendlandes an edlen Metallen nach Indien als Bezahlung für Edelsteine und
Spezereien abfloss.3) Das Wenige, was Europa von
') Peschel, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen. Stuttgart u. Augsburg
1858. S. 73.
') Joseph Franýois Lafitau, Histoire des d6couvertes et conquestes des Portugais
dans le Nouveau Monde. Paris 1733. S. 20.
8) Plinius der Ältere schätzt um das Jahr 6o n. Chr. diesen Abfluss auf jährlich 50
Millionen Sesterzien oder ungefähr io 5ooooo M. (Historia Naturalis VI 26),
Harff im Jahre 15oo auf 300ooo Dukaten oder ungefähr 2880000 M. (Dr. E. vGroote, Die Pilgerfahrt des Ritters Arnold von Harff, Cöln i86o, S. 96). In der
Jetztzeit ist dieser Abfluss bekanntlich auf ungeheure Summen angewachsen.
Allein von London wurden, abzüglich der Rückfuhren, 1897 260 26o0oo M. und
1898 140 997 000 M. an Edelmetallen nach Ostasien abgegeben (nach den
Statistiken von Pixley & Abell, London). Hinzu treten noch die Vlerschiffungen
von den anderen europäischen und den westlichen Häfen Nordamerikas.
-4der Fruchtbarkeit und der Pflanzenpracht der Tropen wusste, stammte ebenfalls,
da andere dem Gleicher naheliegende Länder noch ganz unbekannt waren, aus
jenen Gegenden, die der weite Begriff Indien umfasste. Nicht zu verwundern ist
deshalb, dass jene Länder als die Heimstätte alles Ueberflusses betrachtet wurden.
Und nicht nur die Sucht nach irdischen Gütern richtete den Sinn nach den
Wunderländern des Südostens. Ein breiter Raum in den Erdbeschreibungen des
späteren Mittelalters wird eingenommen von den Nachrichten über den
Erzpriester Johannes. Sagenhaft und verschleiert hatte die Christenheit Kunde von
einem fernen mächtigen Fürsten, der, obgleich abgeschnitten von seinen
Glaubensgenossen und trotz stetigen Ansturmes des Islams, sich und sein Volk
dem christlichen Glauben erhalten hatte. Lange vermutete man dieses Reich ferne
in Mittelasien, doch um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts wurde erkannt,
dass dieser Erzpriester Johannes in dem Papstkönig von Abessinien zu suchen sei.
Verworren blieben allerdings die Ansichten über die Lage und Ausdehnung dieses
Reiches und über die Macht seines Herrschers. Man wusste, dass dieses Land
südlich von Aegypten läge, man wusste, dass die arabischen Schiffer auf ihren
Fahrten zur Herbeischaffung der indischen Erzeugnisse an den Küsten dieses
Landes vorbeifuhren, und nahm natürlich an, dass das Reich sich bis zu den
Quellen des Nils und bis nach Indien erstrecke, ja man hielt es für einen Teil von
Indien selbst. Naheliegend war damit, dass die auf Indien gerichteten
Bestrebungen Europas in erster Linie an Anschluss an den glaubensgleichen
ErzpriesterJohannes dachten und auf ihn gestützt Erfolge zu erringen hofften.
Ganz im Geiste der Zeit, besonders für die im stetigen Kriege mit den Mauren
lebenden Portugiesen, war das Bestreben, in dem Erzpriester Johannes einen
Bundesgenossen gegen die Moslims zu suchen und andererseits auch diesem
Beistand in seinen Kriegen gegen die gemeinsamen Glaubensfeinde zu bringen.
Doch der nächstliegende und halbbekannte Weg zu den Glaubensgenossen und zu
den Gewürzländern war verschlossen. Einen unmittelbaren Verkehr zwischen
Osten und Westen gab es nicht. Auf zwei Wegen flossen die Schätze Indiens
gegen Europa zu. Der bedeutendere Verkehr erfolgte durch das Rote Meer, ein
weniger bedeutender durch den Persischen Golf, und die gen Europa liegenden
Ausgangspforten dieser Strassen, Alexandrien und Damaskus-Aleppo waren im
unbebestrittenen Besitze der Muhamedaner. Zwar waren an diesen Plätzen
Genuesen, Florentiner, Katalanen sowie insbesondere Venetianer ansässig und
erfreuten sich unter Verträgen mit den Mamelukensultanen und unter dem
Schutze ihrer Landeskonsulen, trotz gelegentlicher Plackereien durch die
Landesherren und Erschwerungen durch päpstliche Gebote, verhältnismässiger
Sicherheit beim Ankaufe der indischen
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-5-
Waren, doch blieb ihnen der Weg nach den Herkunftsländern dieser Waren
verschlossen. Streng wachten in Aegypten und in Syrien die Machthaber und das
Volk darüber, dass ihnen das gewinnreiche Vermittlungsamt im
Waarenaustausche zwischen den beiden Welten erhalten blieb. - Die Grundlage
der gesamten Kenntnis des damaligen Europas über Indien bildeten die Berichte
von Marco Polo, welcher 1270-1295, vom Schwarzen Meere ausgehend, bis
China gekommen und über die Molukken und längs der Westküste
Vorderindiens über Ormus und Damaskus nach Italien zurückgekehrt war.
Ergänzt war diese Kenntnis durch die Erkundigungen der in Aegypten und in
Syrien ansässigen Europäer. Es ist nachgewiesen, dass Prinz Heinrich im Besitz
einer damals noch seltenen Abschrift der Reiseerzählung Polos gewesen ist, sowie
dass er fleissig Nachrichten über den Zugang zu den Gewürzländern und die
Verhältnisse im Osten in Venedig bei den Levantehändlern einziehen liess. Was
man in der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts über den Osten wusste, und wie
man sich in jener Zeit die Gestaltung der dort liegenden Länder dachte, wird am
besten aus der berühmten Fra Mauro'schen Karte von 1459 ersichtlich, deren
Original in Venedig erhalten ist. Den Süden Afrikas zeigt diese Karte mit einer
stark gegen Osten ausgebogenen Spitze und unmittelbar an die indischen Inseln
anschliessend, sodass der zwischen Indien und Afrika liegende Teil des Indischen
Ozeans fast ein Binnenmeer ist. Durch den Süden Afrikas geht ein enger
Meeresarm, der eine grosse Insel, Diab genannt, abschneidet, die auf Hörensagen
auf Madagaskar zu deuten ist. Vergebens sucht man einigermassen zustimmende
Aehnlichkeit mit der wirklichen Gestaltung der Küste und der wahren Lage der
Orte. Allerlei Nachrichten sind wüst zusammengetragen und eingezeichnet. So
erscheint Zanzibar auf der Karte zweimal, einmal als eine Insel Chancibar im
äussersten Südosten und nochmals ganz ferne davon als ein Küstenstrich
Xengiibar auf den grossen südlichen Inseln des Erdteils, womit die arabischen
Berichte von der Insel Zanzibar einerseits und dem Küstenstriche Zanzibar
andererseits, die in Wirklichkeit nahe zusammenliegen, wirre wiedergegeben
sind. Auch Mogodisco (Mukdischu), Soffala (Sofala) und Maabase (Mombasa)
erscheinen, doch kaum in anderer Weise richtig eingetragen, als dass sie an der
Ostküste Afrikas liegen. Indessen trotz aller Unrichtigkeiten im grossen und
kleinen gab Fra Mauro insofern ein richtiges Bild, als er die Ausdehnung und die
Grösse Afrikas einigermassen zutreffend zeigte und jedenfalls keinen Zweifel
liess über die Möglichkeit, dass von Westen aus die Ostküste Afrikas und Indien
erreicht werden könne.
Nach dem Tode des PriRzen Heinrich nahmen die Entdeckungen nur einen
lahmen Fortgang. Der regierende König von Portugal
-6Alfons V. (1438-1481) verpachtete den Handel der westafrikanischen Küste und
sah von eigenen Unternehmungen ab. Er legte indessen den Pächtern die
Verpflichtung auf, jedes Jahr IOO Leguas weiter an der Küste vorzudringen. Um
1471 soll zum ersten Male an jener Seite des schwarzen Erdteils die Linie
überschritten sein. Regerer Eifer zeigte sich erst wieder nach der Thronbesteigung
von Johann II. (1481--1485). Im Jahre 1484 wurde der Kongo von Diogo Cäo
erreicht. Sein Reisebegleiter, und zwar in der wichtigen Stellung eines
Astronomen und Geographen, war der bekannte Nürnberger Patriziersohn Martin
Behaim. Als eine Kunde, die wichtig erschien, wurde von dieser
Entdeckungsfahrt mitgebracht, dass 350 Leguas östlich von Benin ein mächtiger
Fürst, zugleich Oberpriester, herrsche, dem auch der König von Benin bei seinem
Regierungsantritte reiche Geschenke übersandt und um Bestätigung seiner Würde
gebeten habe. Wunderbar schien diese Neuigkeit mit den Nachrichten über den
Erzpriester Johannes zu stimmen. War es doch nicht undenkbar, dass sich das
Reich dieses Priesterkönigs der Westküste des Erdteils nähere, und sich sein
Einfluss durch den ganzen Erdteil erstrecke. Das erstrebte Ziel schien damit in
greifbare Nähe gerückt. Unter Pedro Vaz da Cunha wurde ein starkes Geschwader
mit vielem Kriegsvolk- ausgerüstet, um den Senegal aufwärts das Land des
Priesterkönigs zu erreichen, aber gänzlich erfolglos kehrte die Expedition nach
Portugal zurück. Doch auch auf anderen Wegen suchte man dasselbe Ziel zu
erreichen und kam zu besseren Ergebnissen. Schon vor Abgang des eben
erwähnten Geschwaders hatte Johann II. zwei Männer nach Jerusalem entsendet,
um dort, wo viele Pilger aus dem Reiche des Erzpriesters zu treffen sein sollten,
genauere Kunde einzuziehen. Indessen dieser erste Versuch misslang, da die
Boten durch ihre Unkenntnis des Arabischen am Weiterkommen verhindert
wurden. Weiter wurden nun die dieser Sprache kundigen Pedro de Covilhäo und
Alfonso de Payva ausgesandt. Am 7. Mai 1487 verliessen diese Kundschafter
Portugal, versehen mit 400 Dukaten Reisegeld und Einführungsschreiben an alle
Fürsten der Welt. Auf ihren mitgegebenen Messingschildern war ihre
Beglaubigung in allen bekannten Sprachen eingraviert. Die ihnen erteilten
Vorschriften lauteten dahin: den Zweck der Reise zu verheimlichen, zu
erforschen, wie man in das Land, woher die Venetianer durch Vermittlung der
Mauren Pfeffer, Zimmt, Ingwer, Edelsteine und Perlen erhielten, gelangen könne,
das Reich des Erzpriesters Johannes zu finden und Nachrichten einzuziehen, ob
man etwas von einem Seewege nach diesen Ländern wisse. Ueber Barcelona,
Neapel und Rhodus, als Kaufleute verkleidet und mJt Honig handelnd, gelangten
die Reisenden nach Alexandrien. Von dort zogen sie mit anderen Waaren nach
Kairo
-7und weiter, sich Arabern anschliessend, über Tor und Suakim nach
Aden. Da bei ihrer Ankunft in diesem Platze Monsunzeit war, trennten sich hier
die Gefährten. Alfonso de Payva nahm
die Erreichung
Abessiniens auf sich, während Pedro de Covilhäo nach Indien zog. In Kananor,
Kalekut und Goa unterrichtete er sich über den Gewürzhandel. Getreu seiner
Aufgabe unternahm er dann von Kalekut oder Goa mit einem
muhamedanischen Fahrzeuge einen Abstecher nach Ostafrika, wo er als
südlichsten Punkt Sofala erreichte. Auf dieser Fahrt brachte er in Erfahrung, dass
die ostafrikanische Küste noch weiter südwestlich laufe und dass man, immer
längs derselben fahrend, Guinea erreichen könne.1) Auch von der grossen
Mondinsel (Madagaskar) erhielt er Nachricht. Ueber die Einzelheiten dieser
ostafrikanischen Fahrt ist nichts überliefert), was umsomehr zu bedauern ist, da
der Reisende als ein Mann geschildert wird, der alle Sprachen verstand, sowohl
der Christen, Muhamedaner wie auch der Heiden, der alle Dinge richtig erfasste
und der in einer Weise beschreiben konnte, dass er das Erzählte fast greifbar vor
die Augen führte.') Sicher ist aber, dass diese Reise wirklich ausgeführt ist. Pedro
de Covilhäo ist demnach derjenige, welcher geschichtlich beglaubigt als der erste
Europäer Ostafrika am Indischen Ozean geschaut hat. Die Kundschafter hatten
ein Wiederzusammentreffen in Kairo verabredet, doch musste Pedro de Covilhýo
bei seiner Ankunft in dieser Stadt hören, dass sein Gefährte gestorben sei. Er traf
indessen dort zwei portugiesische Juden, den Rabbi Abraham und den Schuster
Beja mit Briefen vom Könige von Portugal, durch die er zur Berichterstattung
über seine Erfahrungen und Fortsetzung seiner Forschungsreise, insbesondere
zum Besuche von Ormus, der damaligen grossen Handelsstadt im Persischen
Golfe, und zur Reise zum Erzpriester Johannes aufgefordert wurde. Auch diese
Aufgaben hat Pedro de CovilhAo noch gelöst. Rabbi Abraham ging von Ormus
aus über Aleppo nach Portugal mit den erlangten Nachrichten zurück. Pedro de
Covilhýo begab sich an den Hof des lange gesuchten Erzpriesters Johannes, des
Kaisers Alexander von Abessinien. Zwar wurde er ehrenvoll aufgenommen und
gut versorgt, doch die Rückkehr
') Fernäo Lopez de Castanheda, Historia do Descobrimento e Conquista da India,
Lisboa 1797 1 S. 6 . . e que Calicut e Cananor estauäo em costa, e podiase
nauegar pera lä pela sua costa e mar de Guind, indo demandar ýofala: donde
podiäo tomar a costa de Calicut.
') In Paulitschke's »Die Afrikalitteratur von Io -1750« (Wien 1881) wird ein Werk
Pedro's de Covilhäo, Relacion de sua viagem da Lisboa a India por tierra 1587,
als wichtiges Denkmal angeführt. Doch scheint diese Angabe auf einen Irrtum zu
beruhen und ein solches Werk nicht vorhanden zu sein.
8) Francisco Alvarez, Portugueße Ambassy to Abyssinia in 520-1521. Transl. by
Lord Stanley, Hakluyt Society, London 1891, S. 265.
-8blieb ihm verboten. Noch im Jahre I52o, als eine Gesandtschaft des Königs
Emanuel unter Rodrigo de Lima Abessinien besuchte, fand sie den alten
Kundschafter daselbst vor. Dort ist er, auch ohne seine Heimat wiedergesehen zu
haben, gestorben.')
Während in dieser Weise in Ostafrika neue Kenntnisse über die fernen Länder
und die Wege zu deren Erreichung gesucht wurden, machte man auch auf der
anderen Seite des Erdteils Fortschritte. In der Mitte des Jahres 1486 war
Bartholemeu Dias mit zwei grösseren und einem kleinen Schiffe für Vorräte in
See gestossen, um die Küstenforschungen von Diogo Cäo fortzusetzen. Überall an
der westafrikanischen Küste wurden von dieser Expedition in Portugal
unterrichtete Neger und Negerinnen mit Geschenken an Land gesetzt, um die
Kunde zu verbreiten, dass die Portugiesen gekommen seien, um das Land des
Erzpriesters Johannes aufzusuchen. Man hoffte, hierdurch den Gesuchten auch
seinerseits zur Annäherung anzuregen. Bis zur Bucht von St. Helena ging die
Reise ohne besondere Gefahren. Dann erhob sich ein gewaltiger Sturm, vor
welchem die Schiffe 14 Tage lang südwestlich lenzen mussten und wodurch sie in
Wasser und Luft gerieten, die merklich kühler waren. Nachdem der Sturm sich
gelegt hatte, wurde östlich gesteuert, um wieder die Küste in Sicht zu bekommen,
von der man annahm, dass sie von Nord nach Süden laufe. Als sich aber nach
mehreren Tagen immer noch kein Land zeigte, wurde der Kurs nördlich gesetzt
und hierauf eine Bucht erreicht, die wegen der zahlreichen von Hirten gehüteten
Viehherden Angra dos Vaqueiros (die heutige Flesh-Bay) benannt wurde. Ohne
dass man es wusste, unfreiwillig war damit die lange erstrebte Umseglung der
südlichen Spitze des grossen Erdteils vollbracht. Weiter nach Norden steuernd,
gelangte Bartholemeu Dias sodann zu dem Rio do Infante (dem heutigen Great
Fish River). Dieses war der nördlichste Punkt, den er erreichte, denn schweren
Herzens musste er sich auf das Drängen seiner Mannschaft, die durch den Sturm
hart mitgenommen und entmutigt war, zur Umkehr entschliessen. Voll fühlte der
Entdecker die Bedeutung des Erreichten, und schmerzerfüllt, dort den Lug
wenden zu müssen, wo weitere Erfolge sicher und leicht erschienen, soll er von
dem Wappenpfeiler, den er nach dem Brauche der Portugiesen als Merkmal der
Entdeckung auf der Insel Santa Cruz, in der heutigen Algoa-Bay errichtet hatte,
geschieden sein, wie man von einem geliebten Sohne auf ewig scheidet.2) Auf
der
1) Alles, was über den alten Kundschafter bekannt ist, ist von Zephyrino Brandäo
in »Pero da Covilhan« (Lisboa 1897), leider in der Form einer Romanze,
zusammengefasst.
2) Joäo de Barros: ,Da Asia. Dos feitos, que os Portuguezes fizeram na conquista,
e descobrimento das Terras, e Mares do Oriente. Lisboa 1778. 1 1 S. 189.
-9
Rückreise wurde auch das langgesuchte südliche Vorgebirge Afrikas erkannt, das
auf der Hinreise im Sturme ausser Sicht geblieben war, und das Kap der Stürme
getauft. Allgemein ist bekannt, dass diese Benennung bei der Rückkehr der
Expedition in Portugal im Jahre 1487 von dem Könige verworfen wurde und
dagegen der Name Kap der guten Hoffnung gewählt wurde, weil es die
Verheissung gab, dass nun endlich der langersehnte Weg nach den reichen
Gewürzländern offen stehe.
Aber nicht nur wagender Unternehmungsgeist sollte in Zukunft die
Unternehmungen zum Ziele führen. Bisher waren die Fahrten im wesentlichen
nur Küstenreisen gewesen, bei denen sich die Seefahrer nach Landmarken
richteten. Je mehr aber die Notwendigkeit hervortrat, auch die hohe See zu
befahren, ergab sich der Wunsch, auch dort mit ziemlicher Sicherheit den
Schiffsort bestimmen zu können. Zwar waren die von Regiomontanus, dem
berühmten Kalendermacher Johann Müller aus Königsberg, auf 3oJahre (14751506) berechneten Ephemeriden bei den portugiesischen Navigatoren in
Gebrauch, doch versagte dieses Hilfsmittel, als man in südlichere Breiten kam
und damit eine andere Stellung der Sternbilder als auf der nördlichen Halbkugel
vor sich hatte. Zudem waren die für die Messung der Polhöhe angewandten
Instrumente so unhandlich, dass deren Benutzung auf den Schiffen unmöglich
war und jede Breitenbestimmung das Aufsuchen von Land erforderte. Um diesen
Uebelständen abzuhelfen, wurde von dem König Johann II., der sich auch
persönlich viel mit Astronomie befasste, eine wissenschaftliche Kommission
eingesetzt, der auch Martin Behaim angehörte, die neue Tabellen für die
südlichen Breiten ausrechnete, sowie durch die Herstellung der Astrolabien in
kleinerer Form aus Messing neue nutzbarere Hilfsmittel für die Seefahrt schaffte.
Auch durch die Einführung des Jakobsstabes in Portugal, des Vorläufers der
Oktanten und Sextanten, soll sich Martin Behaim um die Schiffahrt weitere
bedeutende Verdienste erworben haben.
Der durch Bartholemeu Dias entdeckte wahre Weg nach dem Osten durch die
Umseglung Afrikas wurde nicht unmittelbar weiter verfolgt. In zutreffender
Erkenntnis der Richtung, doch in gänzlicher Verkennung der Entfernungen und
der Schwierigkeiten wurden erneute Versuche gemacht, von Guinea landeinwärts
Anschluss an den Erzpriester Johannes zu gewinnen. Ein mächtiger Ansporn aber
zur Fortsetzung der Bestrebungen auf dem Seewege wurde gegeben, als im Jahre
1493 Christoph Columbus, von seiner Amerikareise zurückkehrend, durch
schlechtes Wetter gezwungen, in den Tajo einlief und um die Erlaubnis bat, nach
Lissabon heraufzukommen, um sich dort mit Lebensbedürfnissen zu versehen.
Mit Kummer und Enttäuschung hörte
Johann II. von den Erfolgen Columbus', hatte er doch zehn Jahre früher
- IO den glücklichen Entdecker und seinen Plan, anstatt in südöstlicher Richtung längs
der Küsten, durch freie Meerfahrt nach Westen zu, Indien zu erreichen,
abgewiesen. Doch er liess Columbus seine Eifersucht nicht entgelten. Er lud ihn
an seinen'Hof und versorgte ihn auf Kosten der königlichen Schatzkammer mit
allem Nötigen. Mehr noch als die begeisterten Schilderungen Columbus' über
den Reichtum und die Pracht der von ihm entdeckten Länder schien für die
wirkliche Entdeckung Indiens zu zeugen, dass die mitgebrachten Eingeborenen
nicht das krause Haar, die schwarze Farbe und die Gesichtsbildung der Neger
zeigten, sondern durch straffes Haar und rotbraune Haut den Beschreibungen
entsprachen, die man aus den Erkundigungen in der Levante von den Bewohnern
Indiens besass. Der Vorschlag einiger portugiesischer Hofleute, Columbus in
Händel zu verwickeln, zu töten und damit den Spaniern den Erfolg zu rauben,
wurde von dem Könige verworfen. - Einigen Trost fanden die Portugiesen in dem
Gedanken, dass ihnen dennoch die entdeckten Länder durch die päpstlichen
Verleihungen und durch die früheren Verträge mit Spanien zufallen würden.
Schon frühzeitig war man in Portugal bedacht gewesen, sich den Besitz der neuen
Entdeckungen zu sichern. Seltsam scheint freilich nach heutigen Anschauungen,
wie neben Eroberung und Besitzergreifung damals die Rechtsansprüche
geschaffen wurden. Unter der Begründung, dass der Hauptzweck der
Unternehmungen die Erlösung unwissender Völker von dem Banne des Islams
und des Heidentums wäre, dass der gesamten Christenheit damit gedient würde,
und dass der grosse Eifer Belohnung verdiene, waren schon von den Päpsten
Martin V. (1417 bis 1431) und Nikolaus V. im Jahre 1452 Bullen erlassen, durch
welche alle entdeckten und zu entdeckenden Länder der Krone Portugal zu eigen
gegeben waren und allen anderen christlichen Völkern bei den schwersten
kirchlichen Strafen verboten war, die Portugiesen in ihrem Vorgehen zu stören.
Vergebens suchen wir heute nach stichhaltigen Rechtsgründen solcher päpstlichen
Schenkungen, aber jene Zeit fand sie in der Überzeugung, dass kein Ungläubiger
Eigentum zu Recht besitzen könne. Jene Bullen waren nachmals von Calixtus III.
(455 - 1458) und Sixtus IV. (1471-1483) bestätigt. Auch gegen die Störungen von
Spanien her schien man gesichert. Schon in den letzten Regierungsjahren von
Alfons V. (1438
-1481) hatte Spanien an Portugal das Ansinnen gestellt, von der Eroberung der
Berbera und Guineas fernzubleiben, da diese Länder Spaniern zuständen, und im
Weigerungsfalle mit Krieg gedroht. Aber man war schliesslich (1479) zu einer
Verständigung gelangt, die Portugal seine Rechte liess. In einem ferneren
Vertrage vom 2. Januar 1481 begnügte sich Spanien mit dem Besitze der
Kanarischen Inseln, und
-IIPortugal verblieb die entdeckte und zu entdeckende afrikanische Küste. Aufs
neue wurden diese Besitzfragen durch die Rückkehr und Entdeckungen
Columbus' in den Vordergrund gedrängt. Der König von Portugal glaubte nach
vielen Beratungen auch auf die im Westen von den Spaniern gefundenen Länder
Anspruch zu haben und beschloss, sie durch eine Flotte für sich in Besitz zu
nehmen. Doch auf Vorstellungen Spaniens unterblieb diese Unternehmung und
die Monarchen beschlossen, sich durch Verhandlungen über den Besitz der
Länder zu einigen. Inzwischen hatte Spanien nicht gesäumt, gleich nach der
Rückkehr Columbus' den heiligen Stuhl um Bestätigung des Besitzes der
Entdeckungen anzugehen. Durch eine Bulle vom 3. Mai 1493 wurde der
kastilischen Krone die Herrschaft über die Inseln und das Festland im Westen
zugesprochen, doch unter dem Vorbehalte, dass die früher erworbenen Rechte
anderer christlicher Fürsten dabei nicht geschmälert werden sollten. Die in diesem
Zusatze enthaltenen Streitkeime wurden durch die berühmte Bulle vom folgenden
Tage unterdrückt, in welcher durch eine Grenzlinie vom Nordpol zum Südpol,
gezogen ioo Leguas im westlichen Abstande von jeder der Azorischen oder
Kapverdischen Inseln, alle Inseln, Gebiete und Festländer westlich von dieser
Linie Spanien und östlich von dieser Linie Portugal zugehören sollten. Doch
Portugal war mit dieser Teilung nicht zufrieden, sondern verlangte in direkten
Unterhandlungen mit Spanien als Begrenzung nicht einen Mittagskreis, sondern
einen Breitenkreis, gezogen von der Südspitze der Kanarischen Inseln, wodurch
Spanien der Zugang zu den Tropen gänzlich verschlossen gewesen wäre. Endlich
im Jahre 1494 erfolgte eine Einigung zwischen den streitenden Mächten. Durch
den Vertrag von Tordesillas wurde festgesetzt, dass nicht, wie die Bulle
Alexanders IV. bestimmt hatte, ioo Leguas, sondern 370 Leguas westlich' von den
Inseln des Grünen Vorgebirges die Grenzlinie durch einen Meridian gezogen
werden solle. Die weitere Bestimmung des Vertrages, dass die Grenze durch ein
spanisch-portugiesisches Geschwader abzusegeln sei, um jedem zukünftigen
Zweifel über den Besitz der an der Scheidelinie liegenden Länder vorzubeugen,
ist nie ausgeführt. Die Hauptbestimmung des Vertrages hat sich indessen bis
1525, dem Zeitpunkte der Entdeckung der Molukken, welche Magelhaens von
Westen kommend erreichte, bewährt.')
Die Besitzverhältnisse waren somit geordnet, der Weg nach dem Osten schien
durch die Entdeckungen von Bartholemeu Dias und die Berichte Pedro's de
Covilhäo bekannt und Johann II. glaubte die Krönung der unermüdlichen
Anstrengungen seinerselbst und seiner Vor') Dr. J. Schäffer, Geschichte von
Portugal, Hamburg 1836-1854, III S. 159 fr.
- 12 gänger sicher zu erreichen. Noch in seinem Todesjahre war er mit der Ausrüstung
von Schiffen beschäftigt, die das Entdeckungswerk zu Ende führen sollten. Doch
der Tod ereilte ihn im Jahre 1495 und verhinderte das Auslaufen des
Geschwaders. Der Ruhm und der Gewinn für die Erreichung des Ostens sollte
seinem Nachfolger Dom Emanuel zufallen. Ein portugiesischer Chronist sagt
hiezu: Es scheint, dass die göttliche Weisheit es so anordnet, dass die einen
pflanzen und die anderen die Früchte der Pflanzen ernten. Fast wie ein
prophetischer Blick scheint es, dass der sterbende König seinen Nachfolger
veranlasst hatte, seinem Wappen eine Erdkugel hinzuzufügen. Zwar waren noch
starke Bedenken zu überwinden, und selbst im portugiesischen Kronrate wurden
Stimmen laut, die von der Indienfahrt schwere Verwicklungen mit den
christlichen Mächten Europas und den Muhamedanern für Portugal befürchteten,
doch Dom Emanuel beschloss, das von seinen Vorfahren Begonnene zum Ziele
zu führen. 1) Er legte damit den Grundstein zu dem, das bewirkte, dass die
Geschichte ihm später die Beinamen des Glücklichen" und des Grossen"
beilegte, und dass seine Regierungsjahre als das goldene Zeitalter Portugals
gelten.
1) Damiäo de Goes, Chronica do Serenissimo Senhor Rei D. Emanuel, Coimbra
1790, S. 43 und Barros II S. 268.
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Die Entdeckungsfahrt.
Noch bis in die Mitte des Jahres 1497 dauerte es, bis die Vorbereitungen zur
Reise beendigt waren. Nach den Anleitungen von Bartholemeu Dias, der von
seiner Umseglung des Vorgebirges der guten Hoffnung die Erfordernisse am
besten beurteilen konnte, wurde die Wahl der Schiffe und die Ausrüstung
beschafft. Aus vier Fahrzeugen wurde das Geschwader zusammengesetzt. Neu
erbaut wurden das Flaggschiff ~Sam Gabriel" und der ~Sam Rafael", wozu die
sorgfältig ausgewählten Hölzer schon lange fertig geschnitten bereitgelegen
hatten. Angekauft wurden die Karavelle ,Berrio" und ein Vorratsschiff, das von
vornherein zum Abbruch bestimmt war, sobald es überflüssig wurde. Nach
Rückrechnungen wird der ,Sam
Gabriel" in der Wasserlinie
ungefähr 19,5o Meter, in der grössten Länge 25,60 Meter gemessen haben, die
Breite wird ungefähr 8,5o Meter, der Tiefgang hinten 3,3o Meter und vorne 2,6o
Meter gewesen sein.') Der Tonnengehalt des ~Sam Gabriel" soll 12o Tonnen (=
178 Tonnen Tragfähigkeit), des ~Sam Rafael" IOO Tonnen, des ,Berrio" 50
Tonnen und des Tenders 2oo Tonnen gewesen sein, doch wird auch von
Schiffsbauverständigen der Neuzeit angenommen, dass der Raumgehalt der
beiden Hauptschiffe ungefähr 25o bis 3oo Registertonnen betragen haben
müsse.'2) Die beiden Hauptschiffe waren Dreimaster. An dem Grossmast und
Fockmast trugen sie je zwei Raasegel, an dem Besahn ein Lateiner; ausserdem
führten sie noch an einem Bugmaste ein ferneres Raasegel. Auf dem Vorderteile
und dem Heck standen hochragende Aufbauten. In dem Grosstop führten die
Schiffe die Flagge. Feststehende Landesfarben hatten sich damals noch nicht
1) Joäo Braz d'Oliveira: Os Navios de Vasco da Gama. Centenario do
descobrimento da America. Memorias da Commiss.o Portugueza. Lisboa 1892. S.
8 f.
2) Vergl. E. G. Ravenstein: A Journal of the first Voyage of Vasco da Gama. App.
D. Vasco da Gama's Ships and- their equipment. London, Hakluyt Söciety 1898.
S. 157 ff.
- 14 eingebürgert, und so zeigte die Flagge in weissem oder andersfarbigem Felde das
portugiesische Wappen. Auf jedes Segel war ein grosses Christuskreuz gemalt.
Das Kommandozeichen war eine rothe Flagge. Aufs reichlichste wurden die
Schiffe ausgerüstet; was heute als selbstverständlich für alle Reisen gilt, die
Mitgabe von einem doppelten Stell von Segeln und Tauwerk, wird besonders
hervorgehoben.') Für starke Bewaffnung und reichliche Munition wurde gesorgt;
der ~Sam Gabriel" führte 20 Geschütze, worunter sich wahrscheinlich auch die
ungefügen Hinterlader jener Zeit befanden. Jedes Schiff führte eine Apotheke. An
Lebens. mitteln wurde ein Vorrat, der für drei Jahre für genügend erachtet wurde,
mitgeschickt. Die ganze Ausrüstung und Takelung war so eingerichtet, dass die
Teile von dem einen Schiffe für das andere verwandt werden konnten.2)
Ausserdem wurden viele Geschenksgegenstände, sowohl geringwertige
Glasperlen, Schellen, Messer u. dgl. wie auch wertvolle Waffen, Gefässe von
Silber und reiche Gewänder mitgenommen. Für Gold von dem Gepräge aller
Herren Länder, der Christenheit wie auch der Ungläubigen, wurde gleichfalls
gesorgt, und weiter fehlte es auch nicht an Waren wie Kupfer, Korallen,
Quecksilber und Wollenstoffen, die nach den eingezogenen Erkundigungen für
den Handel in Indien Absatz versprachen.
Dieselbe Sorgfalt wie für die Ausrüstung wurde auch der Bemannung und
Führerschaft zugewandt. Zum Geschwaderchef wurde Vasco da Gama ernannt.
Paulo da Gama, ein älterer Bruder Vascos, erhielt das Kommando über den ~Sam
Rafael". Kapitän des ,Berrio" wurde der Edelmann Nicolao Coelho und des
Tenders Gonzalo Nunez, ein Gefolgsmann der Gebrüder da Gama.
Seemannschaft war in damaligen Zeiten kein Erfordernis für einen Schiffsführer
oder richtiger Schiffskommandanten. Vasco da Gama hatte sich indessen schon
durch Fahrten nach Guinea in dieser Eigenschaft bewährt. Nebenher werden ihm
Kriegertugenden, allgemeine Tüchtigkeit und edles Blut zu der Stellung verholfen
haben. Der wichtige Posten des Piloten auf dem Flaggschiffe wurde Pero
Dalanquer anvertraut, der bereits in gleicher Eigenschaft bei der grossen
Umseglung des Kaps der guten Hoffnung unter Bartholomeu Dias gedient hatte,
und dem vielleicht der Erfolg dieser Reise am meisten, jedenfalls
') Th. Hon. Henry E. J. Stanley, The Three Voyages of Vasco da Gama and bis
Viceroyalty, from the Lendas da India of Caspar Correa. London, Hakluyt Society
1869. S. 26. Dieses Buch ist ein übersetzter Auszug aus dem grossen
portugiesischen Geschichtswerke Gaspar's Correa, »Lendas da India«, das
ungefähr 155o geschrieben, erst Lissabon 1858-1866 gedruckt worden ist. Im
Folgenden wird unter »Three Voyages« bei Benutzung der Uebersetzung und
unter »Gaspar Correa« bei Benutzung der Urschrift citiert werden.
') Three Voyages, S. 68.
- 15 mehr als allgemein anerkannt, zu verdanken ist.') Ein Pilot jener Zeit ist durchaus
nicht mit einem heutigen Lotsen zu vergleichen. Ihm oblag insbesondere das
Astronomische der Navigation wie überhaupt die gesamte Kursleitung. Seine
Stellung war um so wichtiger, da den Kommandanten und sonstigen
Schiffsoffizieren diese Kenntnisse gewöhnlich fehlten. An Leuten, welche lange
in Marocco und Guinea gelebt hatten, wurden den Schiffen Dolmetscher
mitgegeben und weiter zur Verständigung in den fernen Ländern sprachkundige
Negersklaven eingeschifft. Für das Seelenheil wurde durch einige Priester
gesorgt. Im ganzen bestand die Schiffsbesatzung aus 148 Köpfen, die noch durch
12 zum Tode verurteilte Sträflinge vermehrt wurden. Letztere hatten die
Bestimmung, bei gefährlichen Gelegenheiten vorangeschickt und an fremden
Küsten zur Sammlung von Nachrichten ausgesetzt zu werden. Freigebigkeit in
baarem Gelde wurde auch der Mannschaft gezeigt, um jedem zu ermöglichen, für
seine zurtickbleibenden Angehörigen zu sorgen. Will man dem stets
übertreibenden und ausschmückenden Gaspar Correa glauben, so haben die
Gebrüder da Gama je 2000 Crusados (= M. 1976o)2) und selbst die einfachen
Seeleute je 40 Crusados (M. 395,20) erhalten. Die Höhe dieser Beträge erweckt
aber Zweifel an der Richtigkeit.
Dem Geschwaderchef wurde in den Verhaltungsbefehlen, die ihm der König gab,
volle Freiheit gelassen, je nach den Umständen als Soldat, Kaufmann oder
Gesandter aufzutreten. Einführungsschreiben an den Erzpriester Johannes, an den
Beherrscher von Kalekut und andere indische Fürsten wurden in portugiesischer
und arabischer Sprache ausgefertigt und nebst Abschriften aller Nachrichten, die
bislang über Indien und die aufzusuchenden Länder im Osten gesammelt waren,
mitgegeben.
Der König, der Hof und die Bevölkerung nahmen an dem Unter° nehmen den
weitgehendsten Anteil. Voll von grossen Versprechungen waren die
Abschiedsworte, die der König an den scheidenden Geschwaderchef richtete,
feierlich dessen Schwüre, nicht ohne Erfolg heimzu. kommen. Vasco da Gama
und die Schiffsführer hielten die letzte Nacht Vigilien in der Kapelle zu Belem.
Mit der gesamten Mannschaft gingen sie sodann barfüssig im Hemde, mit Kerzen
in der Hand in
') Goes S. 69: Ho piloto desta armada se chamava Pero Dälanquer, homem .mui
experto nas cousas do mar, et per cuja industria Lopo Infante et Bartolemeu Diaz
chegaräo atte ho rio do Infante, quando per mandado del Rei dom Joäo foräo a
descobrir.
2) Über die Berechnung dieses Gegenwertes und überhaupt über alle in dieser
Arbeit vorkommenden Umrechnunger. von Geldbeträgen, sowie über
portugiesische Münzen im allgemeinen siehe Anhang .
- 16
Prozession zu den Booten. Alles kniete nieder und verrichtete laut die Beichte. In
der für Sterbende üblichen Form
und unter Verlesung
der für die Teilnehmer von Entdeckungsfahrten erlassenen päpstlichen Bulle
wurde die Absolution erteilt. Unter den Litaneien der Geistlichkeit und unter dem
Wehklagen der zahlreich versammelten Menge erfolgte die Einschiffung. Noch
auf dem Wasser wurden die Abreisenden von vielen Angehörigen begleitet.
Drei Tage ritt das Geschwader in der Tajo-Mündung, auf günstigen Wind
wartend, vor den Ankern. Am 8. Juli 1497 wurden die Segel gesetzt und seewärts
gesteuert.') Auf das dringende Ersuchen von Vasco da Gama, der seinen älteren
Bruder ehren wollte, hatte nicht sein Schiff, sondern das von Paulo da Gama
befehligte »Sam Rafael« die Commodoreflagge gesetzt. In Gesellschaft mit
dem Entdeckungs-Geschwader segelte Bartholomeu Dias, der ein nach Mina an
der Westküste Afrikas bestimmtes Schiff führte. Am 25. Juli wurden die
Kapverdischen Inseln erreicht. Nach einem Aufenthalte zur Einnahme von
Erfrischungen steuerten am 3. August die Schiffe in die hohe See hinaus, und
nach derAngabe, dass sie schon am 22. August reichlich 8ooLeguas (= 5015 km)
abgesegelt hatten, mussten sie der damals unbekannten Küste Brasiliens nahe
gewesen sein. Lange Wochen steuerte sodann das Geschwader Südost, bis es
endlich am 7. November die südwestafrikanische Küste in der Bucht erreichte, die
noch heute den damals gegebenen Namen St. Helena trägt. Hier wurden zur
genaueren Ermittlung der Breite die astronomischen Instrumente gelandet. Mit
den Eingeborenen wurde Verkehr angeknüpft. Es ist ein Beweis für die
weitgehende Verworrenheit der Kenntnisse über die Lage der aufzusuchenden
Länder, dass
1) Roteiro da Viagem que em Descobrimento da India pelo Cabo da Boa
Esperanýa fez Dom Vasco da Gama em 1497 Segundo um Manuscripto caetaneo
publ. por Diogo Kopke e Antonio da Costa Paiva. Porto 1838. S. i. Nach Gaspar
Correa erfolgte die Abreise am 25. März. Ueberhaupt zeigen sich in den Berichten
über diese Reise in den Daten grosse Verschiedenheiten. Im Nachfolgenden wird
im wesentlichen dem Roteiro als anscheinend der einzigen erhaltenen, während
oder gleich nach der Fahrt geschriebenen Erzählung gefolgt. In jüngster Zeit sind
von diesem Roteiro zwei ausgezeichnete Bearbeitungen erschienen. Ravenstein
giebt in seinem schon angezogenen »Journal« eine wörtliche Uebersetzung mit
Anmerkungen und Anlagen. Für Ostafrika sind diese Zugaben besonders wertvoll
durch die Mitarbeit von Sir John Kirk, dem früheren engl. Generalkonsul in
Zanzibar. Ferner hat Dr. Franz Hümmerich in »Vasco da Gama und die
Entdeckung des Seeweges nach Ostindien« (München 1898) unter
Zugrundelegung des Roteiro und unter Beigabe einer Uebersetzung des Roteiro
eine Arbeit geliefert, die sich durch vollständige Quellenbeherrschung und
kritische Sichtung auszeichnet und die den Gegenstand geradezu abschliesst.
Beide Werke erschienen erst, als der vorliegende Abschnitt bereits geschrieben
war, doch konnte nachträglich manche Erörterung als durch Dr. Hümmerich's
Untersuchungen erledigt, gestrichen werden.
- 17 schon hier die Entdecker den Negern ihre Muster von Nelken und Zimmt mit der
Frage vorlegten, ob diese Gewürze bekannt seien.') Auch zu den ihnen
vorgezeigten Edelperlen und Gold machten die Eingeborenen Gesichter wie zu
Dingen, die sie niemals gesehen hatten. Gaben von Glöckchen und Zinnringen
wurden gerne genommen. In einem Streite, der schliesslich mit den
Eingeborenen, eigentlich ohne Ursache, entstand, erhielt Vasco da Gama eine
leichte Wunde am Bein. Am 16. November lichteten die Schiffe wieder die
Anker. Keiner wusste einigermassen richtig, wo man war, nur Pero Dalanquer
bestimmte den Ort auf höchstens 30 Leguas nördlich vom Kap der guten
Hoffnung. Nach ermüdendem Kreuzen gegen widrige Winde wurde am
i9.November glücklich dieses erste ersehnte Ziel unter Trompetenschall und
Trommelschlagen und unter Geschützsalven umsegelt. Am 25. November
landeten die Schiffe in der Sam Bras Bucht (der heutigen Mossul-Bay). Entgegen
den Erfahrungen, die Bartholomeu Dias auf der vorhergehenden Reise gemacht
hatte, wurde ein friedlicher Verkehr mit den Eingeborenen angebahnt, der den
Eintausch von Vieh ermöglichte und sogar zu gemeinsamen Tanzbelustigungen
führte. Hier in der Sam Bras Bucht wurde auch das Vorratsschiff abgebrochen
und seine Ladung auf die andern Schiffe verteilt. Auf der Weiterreise wurden die
Schiffe von einem schweren Sturm überfallen. Dann hatten sie mit
Gegenströmungen zu kämpfen, die öfters die Schiffe so zurücktrieben, dass sie
verschiedentlich wieder in Sicht von Landmarken kamen, die sie schon einmal
vor Tagen passiert hatten. Die Schiffe machten viel Wasser, und stetig musste die
Mannschaft an den Pumpen stehen. Dazu wurde ein Riss im Maste des »Sam
Rafael« entdeckt. Die Schiffe waren nun in ganz unbekannten Gewässern, denn
die Grenze, bis zu der die früheren Entdecker vorgedrungen waren, war
überschritten. Am 25. Dezember, Weihnachten, passierten die Schiffe die
Küstenstrecke, die von damals her noch heute, an den Entdeckungstag erinnernd,
den Namen Natal trägt. Grosse Entmutigung scheint allmählich um diese Zeit
unter der Mannschaft Platz gegriffen zu haben. Gaspar Correa erzählt umständlich
von einer Ver schwörung, die an Bord aller Schiffe angezettelt gewesen sein soll,
und die bezweckt haben soll, sich der Befehlshaber zu bemächtigen und nach
Portugal zurückzusegeln. Auch die Piloten sollen zu den Meuterern gehalten
haben. Vasco da Gama soll nach der Entdeckung die Steuerleute und Rädelsführer
in Eisen gelegt haben und der Mannschaft eine Rede mit der Spitze gehalten
haben, dass er weder Navigationskundige noch Steuerleute gebrauche, sondern
sich allein Gott, als dem wahren Lotsen, anvertraue und sich und die Schiffe
seiner Gnade anheimgäbe. Auch
) Roteiro S. 6.
Strandes, Ostafrika.
2
- i8 soll er die Navigationsinstrumente über Bord geworfen haben.1) Doch neben der
innerlichen Unwahrscheinlichkeit spricht gegen diese Erzählung, dass alle
anderen Geschichtsschreiber von ähnlichen Vorgängen nichts wissen. Dagegen ist
wohl denkbar, dass in dieser Zeit Unzufriedenheit und Murren zu Tage getreten
sind, da das Trinkwasser knapp war, weil im Sturm viele Wasserfässer zerdrückt
worden waren und zum Kochen schon Seewasser gebraucht werden musste.
Besorgt nach einem geeigneten Landungsplatze ausspähend, segelten in dieser
Zeit die Schiffe tagsüber ganz nahe der Küste und drehten nachtsüber bei, bis sie
am Io. oder ii. Januar, durch am Strande bemerkbare Neger angezogen, an einem
Küstenstriche landeten, dem wegen der hier gefundenen guten Aufnahme der
Name Terra da boa Gente (Land der guten Leute) beigelegt wurde. Gastlich
brachten die Eingeborenen Hirse und Hühner zum Verkauf, und auch Kupfer
wurde gegen von ihnen stark begehrte Hemden und Leinen eingehandelt. Wegen
des Kupferreichtums wurde ein nahe dem Ankerplatz mündender Fluss Rio do
Cobre getauft. Nördlich der heutigen Delagoa-Bay, wahrscheinlich gleich dem
heutigen Zavora Fluss, ist diese Landungsstelle zu suchen Ueberraschender
Weise soll hier der portugiesische Dolmetscher, der seine Sprachkenntnisse in
Westafrika am Kongo erworben hatte, im stande gewesen sein, sich mit den
Negern zu verständigen.') Da der offene Seestrand für die beabsichtigten
Ausbesserungen der Schiffe keinen genügenden Schutz bot und auch kein
genügender Wasservorrat wegen der starken Brandung eingenommen werden
konnte, wurde nach nur fünftägigem Aufenthalte die Reise fortgesetzt. Zur
Erkundung des Landes wurden aber zwei der von Portugal
mitgenommenenSträflinge zurückgelassen. Am 25. Januar liefen die Schiffe in
die Mündung eines grösseren Flusses, des heutigen Quelimane hinein. Bald
kamen den Fluss eine Anzahl mit Negern besetzte Ruderboote herunter, die sich
furchtlos und als ob sie von lange her mit den Portugiesen bekannt seien, an Bord
der Schiffe begaben. Mit Freude und Entzücken bemerkten die Portugiesen, dass
diese Eingeborenen kleine Stücke Baumwollzeug zur Bedeckung ihrer Scham
trugen, und das Entzücken wurde vollständig, als einige Tage später einige
Häuptlinge erschienen, die grössere Tücher gleichen Stoffes besassen, und von
denen der eine mit einem seidengestreiften Kopftuche und der andere mit einer
grünseidenen Mütze prunkte. Auch ein Eingeborener von hellerer Hautfarbe, der
einige Worte Arabisch verstand und der ein Mischling von Araber und Neger zu
sein schien, machte seinen Besuch an Bord. Die Geschenke, welche die
Portugiesen aus ) Three Voyages S. 55-64.
2) Goes 1 S. 75.
- 9teilten, insbesondere Kleidungsstücke machten wenig Eindruck. Schwer war die
Verständigung, doch hörten die Portugiesen heraus, dass Schiffe, ähnlich den
ihren, aus weiter Ferne dieses Land zu besuchen pflegten. Alles, was man sah und
hörte, gab den bestimmten Hinweis, dass man sich in Gewässern befand, die mit
dem lange gesuchten Indien in Verbindung standen, und demgemäss wurde der
Fluss, in dem die Schiffe ankerten, derRio dos BonsSignaes, d.i. der guten
Vorzeichen, genannt. Das Geschwaderlag hier32Tage, damitdie Schiffe in Stand
gesetzt werden konnten. Eine gründliche Ueberholung wurde vorgenommen.
Während der eine Chronist erzählt, dass die Schiffe hierzu auf den Strand
aufgezogen worden seien,') sagt ein anderer Chronist, dass die Schiffe der
Sicherheit halber mit ihren eigenen Rundhölzern gekielholt worden seien,
obgleich Strand und Gezeiten für das Aufziehen günstig gewesen wären.')
Während der Zeit dieser Arbeit wurden die Portugiesen reichlich mit
Lebensmitteln versorgt. Unter Laubdächern, die am Ufer errichtet waren, wurde
täglich Tauschhandel betrieben. Ein neuer Beweis der Nähe gesitteter Länder
wurde darin gefunden, dass Baumwollstoffe mit roten Schriftzeichen zum
Vorschein kamen. Viel hatten in dieser Zeit die Schiffsbesatzung von Krankheit
zu leiden. Man suchte die Ursache in der Feuchtigkeit des Landes und in dem
überreichlichen Genusse von Früchten, doch scheint es in Wirklichkeit Skorbut
gewesen zu sein, denn die Erscheinungen der Krankheit waren Schwellen der
Glieder und des Zahnfleisches. Rühmend wird hervorgehoben, dass sich Paulo da
Gama Tag und Nacht der Kranken annahm und durch seine Fürsorge Linderung
brachte.
Nachdem die Instandsetzungsarbeiten beendigt waren, lichteten die Schiffe
wieder am 24. Februar die Anker und segelten nordwärts weiter. Wenn Gaspar
Correa richtig berichtet, brachten die nächsten Tage ein grosses Ereignis. Nach
seiner Erzählung sichteten und kaperten die Schiffe hinter einer Landzunge eine
ankernde Dhau, deren Negerbemannung an Land entschlüpfte, mit der aber ein
Indier aus Kambaja in die Hände der Portugiesen fiel. Er soll mit einem Hemd
von weissem Stoffe, mit einem farbigen Tuche um die Schultern, mit einem
seidenen Gürtel und einer Mütze, die aus vielen viereckigen, verschiedenartigen
Seidenstücken zusammengenäht war, bekleidet gewesen sein. Zuvorkommend
und gewinngierig wie ein echter Indier soll er sich erboten haben, in seiner
Heimat den Portugiesen eine volle Gewürzladung zu verschaffen.') Nichts ist an
dieser Erzählung unglaubwürdig, aber dennoch wird eine solche Begegnung nicht
erfolgt sein, da sie von den anderen
1) Lopez de Castanheda 1 S. 26.
2) Three Voyages S. 67.
8) Three Voyages S. 75 ff.
- 20 Chronisten, insbesondere dem Schreiber des Roteiro, als eine Begebenheit, die
ganz hervorragend wichtig war, nicht mit Stillschweigen übergangen wäre.
Gaspar Correa weiss sodann noch von dem Fange einer zweiten Dhau zu
erzählen, die von den Portugiesen besetzt und als Wegmacher benutzt worden
sein soll. Diese Dhau soll mit Taubendung von Inseln in der Nähe beladen und
nach Kambaja bestimmt gewesen sein, wo der Stoff bei der Färberei von Stoffen
Verwendung gefunden haben soll. An und für sich ist ein Handel mit jenem Stoff
in jener Zeit nicht unglaubwürdig, da die Araber seit Jahrhunderten Guano von
Abd-el-Kuri bei Sokotra holen, aber es ist unwahrscheinlich, dass je im
MozambiqueKanal Guano-Inseln existierten. Die anderen Chronisten wissen auch
von dieser zweiten Prise nichts, sondern erzählen, dass die Schiffe nach
ereignisloser Seefahrt am 2. März vor der Bucht von Mozambique ankamen und
zuerst bei der kleinen, später S. Jorge genannten Insel ankerten, von wo sie die
Insel und Stadt Mozambique sehen konnten und hier von einheimischen
Fahrzeugen begrüsst wurden, die sie zum Einlaufen in den Hafen aufforderten.
Nach einer Beratung mit den anderen Kapitänen entschloss sich Vasco de Gama
zur Erkundung des Landes die Anker wieder aufzunehmen und legte sich am
folgenden Tage mit allen drei Schiffen unmittelbar vor die Stadt. Ueberrascht und
freudig - wie das Roteiro versichert, zu Thränen. gerührt sahen die Portugiesen,
dass sie im Bereiche civilisierter Verhältnisse angekommen waren. Der einzige
Abbruch der Freude war, dass sie sich, wie sie aus der hier verbreiteten Kenntnis
der arabischen Sprache richtig vermuteten, unter Muhamedanern befanden. Die
Stadt bestand aus Lehmhütten mit Palmblattbedachung. Nur die Behausung des
Scheiks und eine Moschee waren aus Stein mit flachem Dache gebaut. Unter den
eingeborenen Negern wohnten viele Muhamedaner aus Indien und vom Roten
Meere, welche teils helle, teils dunkle oder mischfarbige Hautfarbe hatten, und
welche durch langen Aufenthalt und Vermischung mit der eingeborenen
Bevölkerung deren Lebensweise angenommen hatten. Aus den Erzählungen der
Besucher konnte der Dolmetscher vernehmen, dass der Sultan ýacoeja (?) das
Oberhaupt des Landes sei und als Vasall dem nördlicher wohnenden, mächtigen
Könige von Kilwa unterstehe und für diesen die Zölle einnehme. Ein lebhafter
Handel wurde von Mozambique längs der ganzen Küste und nach Indien und
Arabien betrieben. Im Hafen lagen viele Fahrzeuge, von denen insbesondere vier
grössere, die mit weissen Muhamedanern') bemannt
1) Im Portugiesischen nur muros = Mauren genannt. Die Uebersetzung
,Muhamedaner" ist durchge4lends in dieser Arbeit überall dort beibehalten, wo
nicht klar ersichtlich war, ob es sich um Indier, Araber oder Ostafrikaner handelt.
- 21 waren, die Aufmerksamkeit der Portugiesen erregten. Diese Fahrzeuge waren
ohne die Verwendung von Nägeln gebaut, mit Kokusgarn zusammengenäht,
hatten kein festes Deck und ein Segel aus Matten. Trotz dieser kümmerlichen
Beschaffenheit waren sie mit Kompassen, Quadranten und Seekarten versehen.')
Die Natur bot den Portugiesen als grosse und auffallende Neuheit den ersten
Anblick von Kokuspalmen. Friedlich wurden die Portugiesen aufgenommen. Der
Kapitän des ,Berrio" erhielt gleich den Besuch des Landesherrn. Als Unterpfand
seiner guten Gesinnung übergab er dem Kapitän seinen Rosenkranz von
schwarzen Perlen. Doch da kein Dolmetscher zugegen war, wurde wenig
ausgerichtet. Die gelbe Mütze, die dem Scheik bei dieser Gelegenheit verehrt
wurde, fand wenig Gegenliebe. Besser gefielen schon die von Vasco da Gama
alsbald gesandten Hüte, gelbe Jacken, Korallen und Messingbecken. Als
Gegengeschenk schickte der Scheik viele Erfrischungen, darunter Töpfe mit
Dattelbrei, gewürzt mit Nelken und Kümmel, zweifelsohne eine dem arabischen
Halloa ähnliche Süssigkeit. Auch an Bord des Flaggschiffes erschien der
Landesherr. Festlich war dasselbe mit Flaggen herausgeputzt. Um einen besseren
Eindruck zu machen, waren die Kranken nach den anderen Schiffen
hinübergeschickt und nur die Gesunden zum Empfange aufgestellt. Um die
Armseligkeit der Entdecker zu verbergen, durften nur die gut gekleideten Leute
antreten. Heimlich war alles bewaffnet, um allenfalls geplanter Hinterlist
entgegentreten zu können. Mit einem Gefolge von IO Personen, darunter
Musikanten, die auf Elfenbeinhörnern und anderen Instrumenten bliesen, kam der
Scheik in zwei zusammengelaschten Booten längsseite und an Bord. Er trug ein
langes weisses, bis an die ,Enkel reichendes Hemd. Eine mit Litzen verzierte
Jacke von Sammt und ein vielfarbiger seidener Turban mit Goldfäden
vervollständigten die Kleidung. In seiner seidenen Leibschärpe trug er einen
silberverzierten Dolch und in der Hand ein gleichfalls silberbeschlagenes
Schwert. Ganz ebenso würde noch heute der Anzug eines wohlhabenden
ostafrikanischen Arabers sein. Das Gefolge des Scheiks von zehn Personen war
ähnlich reich gekleidet. Mit Trompetengeschmetter und vielen Ehrenbezeugungen
wurden die Gäste empfangen. Durch den Dolmetscher trug Vasco da Gama dem
Scheik vor, dass er mit einem grossen Geschwader von seinem Könige, dem
mächtigsten Herrscher der Welt ausgesandt sei, um die Gewürzländer
aufzusuchen, dass er aber durch einen Sturm von den übrigen Schiffen getrennt
sei und den Weg nicht wisse. Als dem Scheik die Muster der gesuchten Gewürze
Pfeffer, Nelken, Zimmt und Ingwer vorgezeigt wurden, sagte er lachend, er würde
sie schon dorthin führen
1) Roteiro S. 25.
- 22 -lassen, wo sie die Schiffe mit dem Gewünschten beladen könnten, und fragte
dazu, was sie denn für Waren zum Einkauf hätten. Hierauf antwortete Vasco da
Gama, dass die meisten und besten Waren in den anderen Schiffen verladen seien,
dass er aber Gold und Silber mit sich führe, worauf der Scheik erwiderte, dass
man damit in der Welt alles erhalten könne, was man suche.') Die Bitte Vasco's da
Gama um Gewährung von Lotsen nach Indien, bewilligte er unter der Bedingung,
dass sie gut behandelt und im voraus bezahlt würden. Demgemäss wurden zwei
Lotsen für einen Lohn von je 30 Metikal Gold (= M. 360) und zwei Jacken
angenommen und dabei vereinbart, dass immer einer der beiden an Bord
verbliebe. Nach ihrer Hautfarbe waren die Portugiesen bis dahin für Türken und
jedenfalls für Muhamedaner gehalten worden, und es scheint, dass Vasco da
Gama diese empörende Verkennung seines Glaubens absichtlich fortbestehet
liess, denn auf eine bezügliche Frage des Scheiks und dessen Verlangen, die
Gesetzbücher zu sehen, worunter nur der Koran verstanden sein konnte, erwiderte
er, dass sein Vaterland der Türkei nahe liege, und dass er die Gesetzbücher nicht
bei sich führe, da er sie auf See nicht brauche. Ohne Störung des Einvernehmens
war dieser Besuch des Scheiks verlaufen, und weiter blieb eine Zeit lang das gute
Verhältnis erhalten. Die versprochenen Lotsen waren an Bord gekommen, und es
wurde dem Scheik dafür der Dank durch ein Geschenk von fünf Ellen
Scharlachtuch, fünf Ellen Seidenzeug, zwei Messerklingen aus Flandern und
einem Spiegel ausgesprochen. Doch nicht nur nach Gewürzen und deren
Herkunftsland ging die Suche der Portugiesen, sondern auch nach Christen und
dem Erzpriester Johannes. So unwahrscheinlich es heute im Lichte der Kenntnis
des damaligen Ostafrikas erscheint, so wird doch von allen Chronisten der
Entdeckungs fahrt übereinstimmend, wenn auch in verschiedener Form erzählt,
dass die portugiesischen Entdecker bei diesem ersten Aufenthalt in Mozambique
sowohl einige Nachricht über den Erzpriester Johannes und sein Land erhielten,
wie auch sogar die Bekanntschaft von Christen machten. Nach dem einen trafen
sie zwei gefangen gehaltene christliche Indier,) nach den anderen kamen drei
Abessinier aus dem Reiche des Königspriesters Johannes an Bord und beteten vor
dem Bilde des Erzpriesters Gabriel, welches sich auf dem Schiffe dieses Namens
befand.8) Durch diesen Verkehr erst sollen sich die Eingeborenen bewusst
geworden sein, dass sie in den Fremdlingen Christen vor sich hatten, und diese
Erkenntnis soll das bisherige freundschaftliche Entgegenkommen in
1) Three Voyages S. 85, 8.
1) Roteiro S. 26.
3) Barros II S. 228.
- 23 Wut und Hass und in das Bestreben verwandelt haben, sich der Schiffe mit
Gewalt zu bemächtigen. Ein Anschlag wurde den Portugiesen durch den einen der
eingeborenen Lotsen verraten, worauf Vasco da Gama es für rätlicher hielt, die
Schiffe nach der Insel S. Jorge hinauszulegen. Um den zweiten gerade an Land
befindlichen Lotsen wiederzuerlangen, gingen Vasco da Gama und Nicolao
Coelho in einem Boote nochmals zur Stadt zurück, doch fünf oder sechs Dhaus
mit vielen Bewaffneten mit Bogen, Schwertern und Speeren traten ihnen in den
Weg. Diese Widersacher wurden zwar leicht durch einige Kanonenschüsse aus
den Booten zurückgetrieben und vollends eingeschüchtert, als der »Berrio« zur
Hülfeleistung heransegelte, doch erschien es unthunlich, die Fliehenden an Land
zu verfolgen, und die Portugiesen kehrten auf ihre Schiffe zurück. Da keine
Aussicht vorhanden war, den zweiten Lotsen wiederzuerlangen, gingen die
Schiffe am 12. März nordwärts unter Segel. Doch nach viertägigem vergeblichen
Kreuzen gegen Strömung und Nordostmonsun sahen sich die Portugiesen wieder
nahe Mozambique und gingen am 15. März aufs neue bei S. Jorge vor Anker, um
auf günstigeres Wetter zu warten. In den acht Tagen, welche die Schiffe hier
lagen, schickte der Scheik eine Botschaft mit der Anfrage, warum der Friede
gebrochen sei, und stellte das Ersuchen, die guten Beziehungen
wiederherzustellen. Doch die hierauf von Vasco da Gama verlangte
Anbordsendung des entwichenen zweiten Lotsen wurde nicht erfüllt. Inzwischen
war das Wasser auf den Schiffen knapp geworden. Um es zu ergänzen, wurden in
einer Nacht zwei Boote, mit dem Lotsen als Führer, nach dem Festlande nördlich
von Mozambique, dem heutigen Cabaceira, geschickt, wo sich die Brunnen oder
Wasserlöcher befanden, doch in der Dunkelheit konnte der Lotse im
Mangrovedickicht die Stelle nicht finden, oder dachte mehr an Gelegenheit zur
Flucht als an seine Führerpflicht, sodass die Boote unverrichteter Dinge
zurückkehren mussten. Nun wurde am lichten Tage das Vorhaben wiederholt. Der
Wasserplatz wurde aufgefunden, und die Eingeborenen, welche Miene zur
Verteidigung machten, wurden durch einige Kanonenschüsse vertrieben. Ob
wirklich oder nur eingebildeter Weise, die Portugiesen wurden am folgenden
Tage durch einen an die Schiffe herankommenden Muhamedaner gereizt, der
ihnen zurief, sie könnten weiter Wasser holen. Vasco da Gama sah hierin eine
höhnische Aufforderung zum Kampfe, und um zu zeigen, dass er die Macht
besitze, Böses zuzufügen, sandte er einige stark bewaffnete Boote unmittelbar vor
die Stadt. Längs des Strandes hatten die Eingeborenen mannshohe hölzerne
Pallisaden errichtet. Sobald sich die Portugiesen näherten, wurden sie mit
Pfeilschüssen und Schleuderwürfen (?) begrüsst, doch die Bootgeschütze
verscheuchten bald die Verteidiger. Grosse Dinge scheinen indessen nicht
ausgerichtet worden zu sein,
- 24 denn der Augenzeuge dieser Begebenheiten erzählt im Roteiro, dass er nur zwei
Tote am Strande gesehen habe, und dass man nach drei Stunden dieser Sache
überdrüssig geworden und zum Mittagessen auf die Schiffe zurückgekehrt sei.
Eine Landung war nicht erfolgt. Weiteres Ungemach fürchtend verliessen die
Eingeborenen die Stadt und flüchteten nach dem Festlande. Mit der Absicht,
Gefangene zu machen, die zur Auslösung der vermeintlich christlichen Indier und
eines entlaufenen westafrikanischen Sklaven dienen sollten, machten die
Portugiesen am Nachmittage Jagd auf die Flüchtenden und brachten dabei vier
Neger in ihre Gewalt. Auch einige Boote der Eingeborenen wurden genommen,
Die hierbeigemachte Beute, die aus Baumwolltüchern, Matten, einem grossen
Topf mit Butter, Baumwollgarn, Flaschen mit Rosenwasser, einem Fischnetz,
Mattsäcken mit Hirse und arabischen Büchern bestand,') könnte noch heute als
wesentlicher Teil der Habe eines ostafrikanischen Arabers gelten. Noch zwei
weitere Tage verblieben die Schiffe oder wenigstens die Boote vor der Stadt.
Während dieser Zeit wurde Wasser eingenommen, aber auch nochmals die Stadt
mit einer Beschiessung heimgesucht. Ob hierzu nur die Absicht veranlasste, den
gehassten Muhamedanern weiteren Schaden zuzufügen, oder ob Vasco da Gama
noch hoffte, irgendwelche Vorteile zu erreichen, ist nicht ersichtlich.
Wahrscheinlich suchte er noch einen zweiten Lotsen zu erlangen. Eine von dem
Obigen abweichende Darstellung der Ereignisse dieser Tage berichtet, dass bei
dem Wassereinnehmen auch der zweite Lotse entlaufen sei, und dass der Angriff
auf die Stadt zur Ergreifung neuer Lotsen erfolgt sei. Dieses soll auch gelungen
sein, nachdem der Scheik eingeschüchtert um Frieden gebeten habe.) Gegen die
Wahrscheinlichkeit einer derartigen Entwicklung spricht aber, dass der Verfasser
des Roteiro den einschneidenden Umstand der Flucht auch des zweiten Lotsen
garnicht erwähnt. Auch der Friedensschluss ist darum wenig wahrscheinlich, weil
Vasco da Gama auf seiner Rückfahrt von Indien die Stadt Mozambique mied.
Vieles berechtigt aber zu der Annahme, dass der ganze Friedensbruch weniger
durch böse Absichten der Eingeborenen, als nur durch gegenseitiges Misstrauen
und Missverständnisse entstand. Dass die schwache kleine Araberkolonie
Mozambique ohne weiteres und ohne Not zum Angriffe auf die Schiffe, die
gewiss in diesem Weltwinkel einen wehrhaften starken Eindruck machten,
übergegangen sein oder gar durch höhnische Reden zum Kampfe gereizt
haben soll, ist wenig glaubwürdig. Wahrscheinlicher erscheint, dass es den
Eingeborenen mit den wiederholten Friedensanerbietungen ernst
) Roteiro S. 33.
2) Barros I I S. 305 ff.
- 25 gewesen ist, und dass die vermeintlichen Waffendrohungen nur unschuldige, aber
missverstandene Waffentänze gewesen sind, als welche sie auch von dem Scheik
vergebens erklärt wurden.1)
Nochmals lagen die Schiffe, um guten Wind abzuwarten, bei der Insel S. Jorge
zwei Tage vor Anker. Am 29. März nahmen sie wieder den Kurs nordwärts. Am i.
April waren sie bei den heutigen KerimbaInseln. Versehentlich oder mit bösen
Absichten hatte der Lotse diese Inseln für Festland erklärt, wofür er
durchgepeitscht wurde. Eine der Inseln erhielt deshalb den Namen
Ilha.doAoutado (Insel des Gegeisselten). Alle Hoffnung der Kapitäne und
Schiffsbesatzung richtete sich auf die Erreichung von Kilwa. Aus den
Erkundigungen in Mozambique wussten sie, dass dieses eine grosse Stadt mit
vielem Schiffsverkehr sei. Sicher glaubten sie, dort indische Fahrzeuge und
Lotsen für die Weiterfahrt zu finden, und sicher glaubten sie auch, auf das
Zusammentreffen mit Christen rechnen zu können, denn sie hatten herausgefragt,
dass Kilwa zur Hälfte von Muhamedanern und zur Hälfte von Christen bewohnt
sei, die in stetiger Fehde mit einander lebten.') Am 4. April waren die Schiffe
durch Wind und Strömungen diesem Ziele vorbeigetrieben. Vergebliche
Versuche wurden gemacht zurückzukreuzen. Vasco da Gama beabsichtigte für
diese Enttäuschung den Lotsen zu foltern, da er annahm, dass dieser ihn ränkevoll
an der Erreichung der christlichen Stadt verhindert habe. Nur durch den Hinweis
auf das naheliegende Mombasa und seine angeblich gleichfalls christliche
Bevölkerung liess er sich beschwichtigen und nahm nach Beratung mit den
Kapitänen diese Stadt zum nächsten Ziele. In der Nacht wurde eine grosse Insel
(Mafia oder Zanzibar) gelichtet, auf der gleichfalls nach der Erzählung der Lotsen
zwei Städte, die eine von Christen, die andere von Muhamedanern bewohnt sein
sollten. Offenbar um Mafia und Zanzibar herum und dann in den Pemba-Kanal
hinein ging der Kurs. In der nächstfolgenden Nacht lief der »Sam Rafael« gegen
Morgen auf eine Sandbank, welche nach diesem Ereignisse Baixas de Sam Rafael
genannt wurde; das der Küste nahe gelegene Gebirge (die Usambara Berge)
erhielt den Namen Serras de Sam Rafael. Ohne Beschädigung wurde das Schiff
abgebracht. Während des Aufenthaltes an dieser Stelle kamen zwei Boote mit
Muhamedanern an Bord, welche Apfelsinen, in Güte besser als diejenigen
Portugals, brachten. Einige dieser Muhamedaner verblieben zur Weiterfahrt nach
Mombasa auf den portugiesischen Schiffen. Am Morgen des 7. April, einem
Sonnabend, war eine Insel (Pemba) in Sicht, von der die Eingeborenen erzählten,
dass man von ihr die Masten für
1) Barros II S. 303.
2) Goes S. 8o.
- 26 -
die Fahrzeuge hole. Gegen Sonnenuntergang desselben Tages ankerten die
Schiffe auf der Aussenrhede von Mombasa. Sofort kam ein reich mit Hühnern,
Ziegen, Zuckerrohr, Citronen, Limonen und Apfelsinen beladenes Boot hinaus,
das einen Willkommengruss des Königs der Stadt und die Einladung brachte, in
den inneren Hafen hineinzukommen. Das portugiesische Schiffsvolk war entzückt
von dem Geschenke. Insbesondere die Kranken ergötzten sich an den Früchten.
Im Hafen sah man viele flaggengeschmückte Fahrzeuge. In gleicher Weise
wurden die portugiesischen Schiffe herausgeputzt. Aller Grund zur Freude schien
vorhanden. Nichts ausser den Kranken an Bord bereitete Sorge. Hoffte man doch,
am folgenden Tage, dem Palmsonntage, zusammen mit den Christen Mombasas
zur Messe zu gehen und dort einen besonderen christlichen Stadtteil unter
eigenem Oberhaupte (alcaide) zu finden. Vor sich sah man eine grosse Stadt,
welche meistens aus Steinhäusern mit flachen Dächern bestand, und welche hart
am Meere auf felsiger Höhe lag. Am Eingang des Hafens waren ein Pfeiler und
kleine Befestigungen sichtbar.')
Um Mitternacht jenes Tages kamen in Booten über hundert bewaffnete Leute
längsseite. Trotz der Versicherung friedlicher Absichten, wurde nur wenigen der
Zutritt erlaubt. Das Misstrauen der Portugiesen war durch diesen nächtlichen
Massenbesuch erregt, aber der nächste Tag brachte neue Zuversicht durch
wiederholte Botschaften und Lebensmittelgeschenke des Königs und
hauptsächlich dadurch, dass zwei weisse Eingeborene an Bord erschienen, welche
sich als Christen vorstellten und ihre Rolle glaubwürdig spielten. Um näheren
Aufschluss über die Verhältnisse in der Stadt zu gewinnen, sandte Vasco da
Gama zwei der geriebensten Sträflinge, über die er verfügte, zu dem Könige mit
einem Geschenke von Korallenschnüren. Von vielem Volk begleitet, wurden sie
zur Behausung des Königs geführt. Durch vier Thore, jedes besetzt mit einem
Wächter mit nacktem Schwerte, traten sie ein. Durch einheimische Fahrzeuge, die
von Mozambique gekommen waren, war der König bereits über die Vorgänge an
diesem Platze und den Reisezweck der portugiesischen Schiffe unterrichtet. Er
befahl, den Abgesandten die ganze Stadt zu zeigen, und liess sie zu zwei
angeblich christlichen Kaufleuten führen, die im Besitz eines Bildes des heiligen
Geistes waren, das sie verehrten. Die vielen Gefangenen, welche die Sträflinge in
der Stadt sahen, hielten sie gleichfalls für Christen. Doch da dem Könige bekannt
war, dass die Portugiesen nicht nur nach Christen, sondern
') Von Goes wird S. 82 von diesen Befestigungen als einem Turme mit Artillerie
gesprochen, doch darf nach vielen anderen Hinweisen angenommen werden, dass
dieses unrichtig ist. Zwar kannte& man in jener Zeit in Ostafrika Feuerwaffen, ja,
Kilwa war sogar im Besitze von vier Donnerbüchsen, aber gebraucht wurden sie
nicht.
91
auch nach Gewürzen suchten, gab er den an Bord zurückkehrenden
Kundschaftern Muster von Pfeffer, Nelken, Ingwer und Zimmt, auch Elfenbein
und Getreide mit und erzählte ihnen, dass hiervon genug in der Stadt vorrätig sei,
um die Schiffe beladen zu können. Da die Abgesandten kein Arabisch
verstanden, war die Auskunft, welche sie brachten, nur mangelhaft. Dennoch
glaubte Vasco da Gama es wagen zu dürfen, in den Hafen einzulaufen. Am
nächsten Morgen wurden hierzu die Anker gelichtet, doch der »Sam Gabriel«
versagte dem Steuer und kam einer Untiefe zu nahe. Mit lauter Stimme wurde der
Befehl gegeben, den Anker wieder fallen zu lassen, und bei dem Rufen und Hinund Herlaufen entstand eine Panik. Die an Bord befindlichen Mombasa-Leute und
mit ihnen der Mozambique-Lotse stürzten sich ins ,Wasser und in die Boote.
Jedoch einige von ihnen wurden festgehalten. Durch Betröpfeln mit heissem Oele
gefoltert, bekannten sie, dass es die Absicht des Königs gewesen sei, die
portugiesischen Schiffe in den Hafen zu locken und dort aus Rache für das in
Mozambique angerichtete Unheil zu vernichten. Ein fernerer Beweis für die
vorhandenen schlechten Absichten wurde in der folgenden Nacht dadurch
offenbar, dass schwimmend kerangekommene Eingeborene versuchten, das
Ankertau des »Berrio« zu durchschneiden, und dass sich in den Rüsten des »Sam
Rafael« Bewaffnete, bereit zum Entern, angeklammert hatten. In grosser Sorge
vor ferneren Angriffen, doch in der Hoffnung, noch einen Lotsen zu erlangen,
verblieben die Portugiesen noch zwei Tage auf der Aussenrhede von Mombasa,
aber jeder Verkehr mit dem Lande blieb abgeschnitten. Mit getäuschten
Hoffnungen, doch wenigstens mit dem Gewinne, dass der kurze Aufenthalt vor
Mombasa die Kranken gesundet hatte'), gingen die Schiffe am 13. April wieder in
See. Am zweiten Morgen kamen zwei einheimische Fahrzeuge in Sicht. Sofort
wurde auf sie zur Erlangung von Lotsen Jagd gemacht und in den
Nachmittagsstunden auch glücklich eines von ihnen genommen. Ausser Beute an
Getreide, das auf alle Schiffe verteilt wurde, und an barem Gelde, brachte dieser
Fang siebzehn Eingeborene in die Gewalt der Portugiesen. Unter diesen
Gefangenen befand sich ein angesehener Mann aus Melinde, der den Portugiesen
viel Gutes von dem Herrscher dieser Stadt erzählte und beste Aufnahme und
Versorgung daselbst, und als das Beste die Beibringung von Lotsen für die
Weiterfahrt nach Indien versprach. Neuer Erwartungen voll, ankerte das
Entdeckung&sgeschwader am 15. April vor Melinde. Die Stadt erstreckte sich
lang ausgedehnt, ohne eigentlichen Hafen, umgeben von Gärten und Palmhainen,
am offenen Seestrande. Das Ganze ähnelte Städten Portugals. Vergebens wartete
Vasco da Gama einen langen
1) Roteiro S. 41.
- 28 Tag auf eine Botschaft vom Lande. Doch die Begebenheiten in Mozambique und
Mombasa waren schon bekannt, und furchtsam hielten sich die Eingeborenen
zurück. Um die Verbindung anzuknüpfen, setzten schliesslich die Portugiesen
den unterwegs gefangenen Melinde-Mann auf eine Sandbank vor die Stadt. Von
hier wurde er sofort durch seine Landsleute abgeholt. Dieser Bote war beauftragt,
dem Könige der Stadt zu berichten, dass die fremden Schiffe nach zweijähriger
Seefahrt vom fernsten Westen der Christenheit her auf der Suche nach Kalekut
angelangt seien und ausdrücklichen Auftrag von ihrem Herrn hätten, unterwegs
Frieden und Freundschaft zu schliessen. Anscheinend von den guten Absichten
der Fremden überzeugt, liess der König miteins die Begrüssung durch einige
seiner Leute mit einem Geschenke von drei Ziegen, Apfelsinen und Zuckerrohr,
sowie durch Freundschaftsversicherungen erwiedern. Ob indessen, wie die
portugiesischen Chronisten annahmen, Edelsinn den König bei diesem
Willkommenheissen der Fremdlinge leitete, ob die weitsehende Hoffnung
mitsprach, in ihnen Bundesgenossen für seine stetigen Streitigkeiten mit
Mombasa zu finden, oder ob, wie eine derzeitige arabische Chronik berichtet, das
Gefühl der eigenen Schwäche und Furcht ihn zu freundlichem Entgegenkommen
bewegte,') wird nie zu ergründen sein. Durch einen der Verbannten liess Vasco da
Gama sofort als Gegengabe dem Könige einen gelben Rock, einen Hut, zwei
Korallenschnüre, drei Messingbecken, Glocken und zwei Decken überreichen.
Die Freundschaft schien hergestellt und so gesichert, dass Vasco da Gama die
Schiffe näher an den Strand heranlegen liess, was den König zu einem neuen
Geschenke von sechs Ziegen und allerlei Gewürzen und zu dem Vorschlage einer
Zusammenkunft auf dem Wasser veranlasste. Die reich geschmückten Bote
Vasco's da Gama und des Königs legten sich nebeneinander. Der König war mit
einem Kaftan aus roter Seide, grün gefüttert, und mit einem kostbaren Turban
bekleidet. Ein alter würdiger Neger trug sein Schwert mit silberner Scheide. Der
Stuhl, auf dem er sass, war mit Messing in schöner Arbeit verziert und mit
seidenen Kissen bedeckt und von einem Schirme von roter Seide mit vergoldeter
Stange - einem den damaligen Europäern fremden oder seltenen
Gebrauchsgegenstande - beschattet. Zusammen mit dem Könige kamen gegen
zwanzig gutgekleidete »Kavaliere« und dazu Musikanten, die auf Trompeten und
mannsgrossen Elephantenzähnen, die das Mundloch in der Mitte hatten, Instrumenten, die heute in Ostafrika Siwa genannt werden,') - ein Konzert
zusammen') The History of Kilwa. Edited from an Arabic M. S. by Arthur Strong.
Journal of the Royal Asiatic Society, London 1895, April. S. 397.
2) Vergl. Abbildung eines Siwa in Ravenstein S. 43.
-29 brachten, dass es schien, es käme von anderen Instrumenten als diesen der
Barbaren. Unbefangen stieg der König in das Boot Vasco's da Gama hinüber und
machte mit ihm eine Rundfahrt um die Schiffe, die einen Salut feuerten. Wie ein
gebildeter, verständiger Mensch stellte er seine Fragen, unterrichtete sich über die
Heimat und den Herrscher der Portugiesen und liess sich dessen Namen
aufschreiben. Ueber die Fahrt nach Indien und nach dem Roten Meere gab er alle
gewünschte Auskunft und versprach bereitwilligst, die Bitte um einen Lotsen zu
erfüllen. Dringend ersuchte der König Vasco da Gama, ihn am Lande
aufzusuchen und sich dort von den Anstrengungen der Seefahrt zu erholen, doch
dieser schützte vor, dass ihm von seinem Könige strenge das Betreten von Land
verboten sei. Dagegen wurde verabredet, dass die Portugiesen am folgenden Tage
längs des Strandes in ihren Boten fahren sollten, um am Lande zu veranstaltenden
Belustigungen zuzuschauen, sowie um der Bevölkerung und insbesondere dem
hochbetagten Vater des Königs, dem früheren Könige, Gelegenheit zu geben, die
Fremden zu sehen. Als Gastgeschenk übergab Vasco da Gama dem Könige die
noch an Bord befindlichen, aus der Kaperung herstammenden Gefangenen,
worüber dieser grössere Freude zu empfinden versicherte, als wenn ihm eine
zweite Stadt zugefallen wäre. Verweigerte auch Vasco da Gama für sich und
seine Kapitäne den Besuch an Land, so gestattete er doch einzelnen seiner Leute,
der Einladung Folge zu leisten. Freiwillig wurden hierfür Geisseln, darunter ein
Sohn des Königs, gestellt.
Rühmend schildern alle portugiesischen Berichte der damaligen Zeit die Vorzüge
von Melinde. Wohlgebaute Häuser aus Stein, teilweise aus Hausteinen, mit
flachen Dächern und mit an der Längsseite vorgebauten,
palmblattbedecktenVeranden lagen in regelmässigen Strassen. Inwendig waren
die Häuser hübsch gemalt. Der überwiegende Teil der Bevölkerung bestand aus
Negern. Diese gingen nur mit einem schmalen Hüfttuch aus Baumwollenstoff
bekleidet. Unter ihnen wohnten als herrschende Klasse die Araber, von denen die
vornehmen viel Gewicht auf Aeusserlichkeiten legten. Einen anderen Teil der
Bevölkerung bildeten Guseraten aus Kambaja in Indien, die besonders dem
Handel nachgingen und Gold aus Sofala, Ambergris, Elfenbein, Harz
(GummiKopal) und Wachs gegen Baumwollenstoffe, Kupfer und anderes
einhandelten und beim Kauf und Verkauf ihren Verdienst machten. Reichlich
war die Stadt mit Getreide, Gross- und Kleinvieh, Hühnern und Wild versorgt,
und alles war für billiges Geld erhältlich.')
Auch Christen glaubten Vasco da Gama und seine Reisegefährten in Melinde
gefunden zu haben. Auf der Rhede lagen vier Fahrzeuge
) Goes S. 83-87.
- 30 aus Kranganor in Indien, deren Besatzung in den Portugiesen Glaubensgenossen
begrüsste. Um sie auszuforschen, wurden sie vor ein Bild mit Maria, dem Heiland
und einigen Aposteln geführt. Gleich warfen sie sich zu Boden und bezeugten
ihre Verehrung, Täglich während des Zusammenseins im Hafen erneuerten sie
diese Andacht und opferten dazu vor dem Bilde Gewürze. Ausgeschlossen ist es
nicht, dass dieses wirklich Thomas-Christen waren, da solche in nicht
unbedeutender Zahl damals in Südindien lebten.1) Viel wahrscheinlicher ist es
aber, dass diese vermeintlichen Christen richtiger Banianen und Brahmaisten
waren, denen es bei ihren abertausend Götzen nicht schwer fiel, in einer
Darstellung christlicher Verehrung auch sie Anheimelndes zu finden. Die
Täuschung der Portugiesen ist verständlich, weil sie damals glaubten, dass in
Indien die vorherrschende Religion das Christentum sei. Die ersten Zweifel hieran
wurden erst wach, als Vasco da Gama mit seinem Gefolge nach seiner Ankunft in
Kalekut einen indischen Tempel aufsuchte, um seine Andacht zu verrrichten.
Angesichts eines missgestalteten Götzen flüsterte bei dieser Gelegenheit Joäo de
Sa, der Sekretär Vasco's da Gama, als er sich auf die Knie niederliess, seinem
Herrn zu: wenn dieses ein Teufel ist, so bete ich zu dem wahren Gotte! 2)
Das Fest am Land verlief unter Beteiligung der Portugiesen vom Wasser aus
bestens. Die ganze Bevölkerung der Stadt war am Strande versammelt. Der alte
halbblinde Königsvater wurde auf einem Tragsessel heruntergetragen. Längs des
Strandes ruderten die Portugiesen in geschmückten Booten. Kriegstänze wurden
aufgeführt und zwei Araber zeigten zu Pferde ihre Künste. Bis in die Nacht
hinein dauerten die Belustigungen. Von den portugiesischen Schiffen und auch
von den indischen Fahrzeugen wurden fortwährend Schüsse abgegeben und
Raketen aufgeworfen.
Doch vollständiges Vertrauen war zwischen den Schiffen und dem Lande nicht
hergestellt. Die Portugiesen sahen die beiden auf das Fest folgenden Tage nichts
von den Eingeborenen. Die Indier warnten, und es schien, dass der König
verstimmt geworden war, weil seine Einladungen zum Besuche am Lande
abgelehnt waren. Besonders wurde auf den Schiffen empfunden, dass die
versprochenen Lotsen ausblieben. Als daher endlich wieder ein Abgesandter des
Königs erschien, wurde er gewaltsam festgehalten. Hierdurch wurde auch
erreicht, dass der König sofort zur Befreiung des Gefangenen einen Lotsen
sandte. Auf
1) Vergl. Ruge I S. iii. Noch um 1330 wurde ein Bischof von Rom dorthin
abgesandt.
2) Lopez de Castanheda 1 S. 95.
- 31 den hohen Betrag von 50 Crusados in Gold (= M. 494) wurde das Lotsgeld
vereinbart. Reichlich wurden die Schiffe mit Lebensmitteln für die bevorstehende
lange Fahrt ausgerüstet. Nur vom Weizen und Weizenmehl, das zum Backen
von Schiffsbrot gewünscht wurde, war nicht genug anzuschaffen, da es nur in
geringen Mengen von Kambaja eingeführt wurde. Als eine besonders nützliche
Errungenschaft des Aufenthaltes in Melinde wurden viereckige Wasserbehälter
aus Holzplanken, mit Kokusgarn zusammengenäht und mit Harz gedichtet,
gepriesen, welche in die unteren Schiffsräume eingepasst wurden, und sich weit
besser als die bisher ausschliesslich benutzten Fässer bewährten. Noch heutzutage
sind auf allen Dhaus in Ostafrika wie überhaupt im Indischen Ozean diese
ungefügen Wasserbehälter zu finden. In der Suaheli-Sprache werden sie ähnlich
wie im Arabischen und Hindustani tenki genannt, und es ist nicht ausgeschlossen,
dass diese Bezeichnung vom Indischen Ozean her in alle europäischen Sprachen
übergegangen ist.
Unter dem festen Versprechen, Melinde auf der Rückreise nach Portugal wieder
anzulaufen, verliessen die Schiffe am 24. April 1498 diesen gastlichen Hafen.
Neun Tage hatte der Aufenthalt gewährt. Unter der Führung des in Melinde
erhaltenen indischen Lotsen, des Malemo') Canaqua oder Cana, eines Banianen
aus Kambaja, erreichte das Geschwader nach Durchquerung des grossen Golfes
des Indischen Ozeans in günstiger Fahrt die Küste von Indien und ankerte
schliesslich am 20. Mai nahe dem heissersehnten Kalekut. Ein
tunesischerMuhamedaner, den Schicksale nach Indien verschlagen hatten,
begrüsste den Sträfling, der als erster von den Schiffen an Land geschickt war, in
spanischer Sprache erstaunt: »Hol Dich der Teufel, was hat Dich hergebracht!«
und später auf dem Schiff Vasco da Gama mit den verheissungsvollen Worten:
»Glück zur Ankunft, Glück zur Ankunft, Rubinen in Menge, Smaragden in
Menge, danket Gott, der Euch in dieses reiche Land gebracht hat!« Es ist nicht
beabsichtigt, die Erlebnisse der Entdeckungsfahrer in Indien hier eingehender zu
schildern. Erwähnt soll nur werden, dass es ihnen trotz der Gegenarbeit der
Araber, die sich gleich in ihrem Handel bedroht fühlten, gelang, eine ziemliche
Menge Gewürz einzuhandeln. Schliesslich waren noch erst Vasco da Gama und
dann ein Teil seines Schiffsvolkes in Gefahr, gefangen zurückgehalten zu werden.
Doch dadurch, dass einige angesehene Indier, die als Besucher an Bord kamen,
auf1) Malimo ist noch heute auf grösseren Fahrzeugen im Arabischen Golfe der
Navigationskundige, aber nicht eigentlich ein Lotse. Das Wort ist zweifelsohne
dasselbe wie das arabische Moallim = der Gelehrte. Erwähnt sei auch an dieser
Stelle, dass die port. Chronisten für die Dhäus die Bezeichnung Sumbuquu oder
Zambuco gebrauchen, die noch heute für Dhaus bestimmter Bauart gilt.
- 32 gegriffen wurden, gelang die Befreiung. Nach einem Aufenthalte von 74 Tagen in
Kalekut musste sich Vasco da Gama fluchtartig zur Abreise entschliessen. Eine
ihm nachgesandte Flotte von vielen kleinen Fahrzeugen konnte er ohne grosse
Mühe durch sein Geschützfeuer zurückschlagen. Neuen Aufenthalt nahmen die
Schiffe zum Ausbessern und Wassernehmen bei den Angediva-Inseln. Hier wurde
ein wichtiger Fang in der Person eines aus der Stadt Posen stammenden
deutschpolnischen Juden gemacht, der in seiner Jugend über Aegypten nach
Indien verschlagen, eine Vertrauensstellung bei dem Herrscher von Goa einnahm
und von diesem als Spion auf die portugiesischen Schiffe geschickt war. Als
verdächtig erkannt und gefoltert, gestand er seine schlechten Absichten und
erkannte unter der Qual, die ihm das auf seinen nackten Körper getröpfelte heisse
Oel verursachte, seine schon lange gehegte Absicht, zum Christentum
überzutreten. Unter dem Namen Gaspar mit dem Beinamen Gama oder Cabral, je
nach dem Machthaber, dem er diente, hat er durch seine eingehende Kenntnis
Indiens den Portugiesen wichtige Dienste geleistet und hat es schliesslich zur
portugiesischen Ritterwürde gebracht.
Am 5. Oktober lichtete das Geschwader Anker, um die Rückfahrt von den
Angediva-Inseln nach der ostafrikanischen Küste anzutreten. Von allem
Ungemach, das auf der ganzen Entdeckungsfahrt erlitten wurde, scheint dieser
Teil der Reise das meiste gebracht zu haben. Mit stetigen Windstillen und
Gegenwinden hatten die Schiffe zu kämpfen. Die Lebensmittel und das
Trinkwasser wurden knapp. Fast die ganze Mannschaft war von Skorbut ergriffen.
Ueber dreissig Mann starben und auf jedem Schiffe waren nur sieben oder acht
Mann dienstfähig. Unter den Toten befanden sich alle Navigatoren, und niemand
war imstande, den Schiffsort zu ermitteln. Alle verlangten nach Indien
zurückzukehren, um eine günstigere Jahreszeit abzuwarten, da sie die Gefahren
am Lande dem sicheren Tode auf See vorzogen. Eine Verschwörung, die zur
gewaltsamen Umkehr angezettelt war, wurde von Vasco da Gama entdeckt und
mit Mühe unterdrückt, aber schliesslich neigten auch er und seine Kapitäne zu der
Ansicht, dass es besser sei, den fruchtlos erscheinenden Kampf mit den
Gegengewalten aufzugeben. Schliesslich Ende Dezember brach der
Nordostmonsum durch und nach einigen Tagen guten Vorvärtskommens wurde
am Abend des 2. Januar 1499 die afrikanische Küste gesichtet. Man glaubte
sich in der Nähe von Mozambique zu befinden, doch zeigte der Morgen, dass man
vor MIukdischu lag. Nicht weniger als siebzehn Breitengrade beträgt der
Unterschied. Als gross und umwallt und mit vielen mehrstöckigen Häusern und
mit einem grossen Palaste in der Mitte, zeigte sich die Stadt. Die Leiden der
letzten Monate scheinen den Uebermut der
- 33 Portugiesen nicht gedämpft zu haben. Ohne mit der Stadt in Verkehr zu treten,
nur darum, weil sie von Muhamedanern bewohnt war, wurde sie mit den
Schiffsgeschützen aus nächster Nähe beschossen und viel Schaden, besonders an
den auf der Rhede ankernden Fahrzeugen angerichtet ') Ohne weiteren Aufenthalt
wurde mit günstigem Winde, immer für die Nacht beidrehend, die Fahrt längs der
Küste südwärts fortgesetzt. Am 5. Januar brach dem ~Sam Rafael" in einer Böe
eine Wante. Während des Aufenthaltes, den die Ausbesserung verursachte, kamen
aus der Stadt Patta acht stark besetzte Fahrzeuge in feindlicher Absicht, wurden
indessen sofort durch die Schiffsgeschütze zur Flucht gebracht.
Gastlich durch die landesüblichen Gaben von Ziegen und Früchten empfangen,
gingen die Schiffe am 7. Januar wieder vor Melinde vor Anker. Erneut wurden
die Freundschaftsversicherungen zwischen dem Könige der Stadt und Vasco da
Gama ausgetauscht. Die Mannschaft hatte Gelegenheit, sich durch Früchte,
Hühner und Eier, die reichlich zum Tausch angebracht wurden, zu erholen, doch
noch sieben Mann konnten die Entbehrungen nicht überwinden, die sie in den
letzten Monaten erlitten hatten, und erlagen hier ihren Leiden. Dem Wunsche
Vasco's da Gama entsprechend, gestattete der Landesherr die Errichtung eines
Wappenpfeilers, des gebräuchlichen Denkmals der portugiesischen
Entdeckungsfahrten. Er wurde dem heiligen Geiste geweiht. Noch heute steht
nahe Melinde, südlich der Stadt, auf einem kleinen Vorgebirge hart an der See
ein altersgrauer aus Korallensteinen aufgemauerter konischer Pfeiler, der mit
einem Kreuze mit dem portugiesischen Wappen gekrönt ist. Schwerlich ist dieses
der auf der Entdeckungsfahrt errichtete Stein. Aber das jetzt vorhandene Denkmal
wird von den Portugiesen eines späteren Jahrhunderts zum Ersatz und an Stelle
des ursprünglich gesetzten errichtet worden sein, denn der Ort entspricht den
frühesten Beschreibungen.') Richtig wird daher der Stein auf den heutigen
Seekarten als eine greifbare Erinnerung an die Entdeckungsfahrt »Vasco da
Gama-Pfeiler« genannt.
Als ein Geschenk für den König von Portugal erbat sich Vasco da Gama von dem
Landesherrn einen der grossen zum Horn hergerichteten Elephantenzähne, der
bereitwilligst gewährt wurde.') Weiter
) Goes S. 1o7 und Castanheda 1 S. 15o.
2) Gaspar Correa 11 S. 66.
3) Roteiro S. 103. Gaspar Correa nennt (Three Voyage S. 257-9) die Gaben
ungleich üppiger wie folgt: für die Königin von Portugal einen Halsschmuck von
Gold mit Juwelen besetzt im Werte von ioooo Crusados (= M. 988oo.-!), 2o
Diamantringe im gleichen Werte, "ein silbergefasstes Stück Arnbergris, eine
halbe Elle lang und von Mannesdicke, und eine mit Silber und Elfenbein
ausgelegte Kiste
Strandes, Ostafrika.
- 34 -
sandte der König einen seiner Leute als Gesandten für Portugal an Bord. Auch mit
neuen Lotsen wurden die Schiffe versorgt. Nach einem Aufenthalte in Melinde
von nahezu einer Woche wurde die Reise fortgesetzt. Wenige Tage später am 13.
Januar musste das Geschwader, da der ~Sam Rafael" stark leckte, wieder bei den
Baixos de Sam Rafael ankern. Da ausserdem das Schiffsvolk zu sehr
zusammengeschmolzen war, um drei Schiffe zu bedienen, wurde beschlossen,
dieses Schiff aufzugeben. Es wurde durch Feuer vernichtet und seine Ladung und
Mannschaft auf die anderen beiden Schiffe verteilt. Während .des
fünfzehntägigen Aufenthaltes, den diese Verrichtungen brachten, wurden die
Schiffe von dem in nächster Nähe liegenden Städtchen Mtangata aus mit vielen
Hühnern und anderen Lebensmitteln, die gegen Hemden und Zeugstreifen
eingetauscht wurden, versorgt.') Bei der Fortsetzung der Reise befanden sich die
Schiffe am 28. Januar vor Zanzibar, dessen Herrscher Erfrischungen anbringen
liess und sich als Freund der Fremden erklärte. Als Bewohner der Insel fanden die
Portugiesen Muhamedaner, die besonders handelstüchtig waren und nach allen
Plätzen der Küste in ihren kleinen offenen, einmastigen Fahrzeugen Handel
trieben und Waren, insbesondere Getreide, verfrachteten. Die Fruchtbarkeit der
Insel, die Güte und Menge der Früchte, hauptsächlich der Apfelsinen, sprangen
den Entdeckern besonders in die Augen. -) Nur einen Tag dauerte der Aufenthalt
vor Zanzibar. Der nächste Ankerplatz war bei der Insel Sam Jorge bei
Mozambique. Mit der Stadt trat Vasco da Gama nicht in Berührung, Unter der
sicheren Führung der MelindeLotsen ging die Fahrt weiter. Der Küste genau
kundig wussten sie zu sagen, heute kommt dieser Küstenstrich, morgen jene Insel
in Sicht. Auch mit Meeresströmungen wussten sie Bescheid, und bis südlich von
Sofala erstreckte sich diese genaue Kenntnis.') In der Sam Bras-Bucht nahm das
Geschwader einen neuen Aufenthalt zur Einnahme von Wasser und Holz sowie
zum Einsalzen von Fleisch. Mangels Schlachtviehes mussten Robben und
Wasservögel verwendet werden. Am 20. März
gefüllt mit kostbaren Stoffen. Dem Könige einen Brief auf einem Goldblatte. Den
Kapitänen reiche Juwelen und Stoffe. Der Mannschaft Ioo Stück feine Stoffe, um
sich darin bei ihrer Ankunft in Portugal zu kleiden. Aehnlich reich werden auch
die Gegengaben der Portugiesen wie folgt geschildert: Io Kisten verschiedener
Korallen, 2oo Barren Kupfer, viel Bernstein, i Kiste Spiegel, Messer und vieles
mehr. - Die geringe Gabe eines dazu erbetenen Elephantenzahnes ist entschieden
nach dem, was wir von Melinde und seinem Könige wissen, wahrscheinlicher.
Das Gabenverzeichnis Gaspar Correas ist ein überzeugender Beweis, wie und in
welchem Masse dieser Schriftsteller zu Ausschmückungen und Uebertreibungen
neigt.
) Roteiro S. lO4.
2) Goes S. 6 und Lopez de Castanheda I S. 150-151.
3) Three Voyages S. 26o.
- 35 wurde das Kap der Guten Hoffnung umsegelt und der Kurs auf die Kapverdischen
Inseln gesetzt. Auch bei dieser freien Ozeanfahrt und in fremden Gewässern
sollen die Melinde-Lotsen gutes Verständnis gezeigt haben.') Santiago auf den
genannten Inseln wurde am 25. April erreicht. Bisher hatten sich die beiden
übriggebliebenen Schiffe des Geschwaders zusammengehalten. Die Weiterfahrt
machten sie getrennt. Wahrscheinlich riss ein Sturm den »Berrio« bei dem Liegen
vor Santiago von den Ankern und zwang hierdurch seinen Führer Nicolao Coelho,
mit seinem Schiffe unter Segel zu gehen und allein die Reise fortsetzen.2) Es
wird ihm aber auch der Vorwurf gemacht, dass er willkürlich heimlich bei
Nacht davongesegelt sei, um als erster die Nachricht von der erfolgreichen Fahrt
nach Portugal zu bringen und die Ehren dafür einzuheimsen.') Jedenfalls nahm
Nicolao Coelho mit dem ,Berrio" seinen Kurs direkt auf Portugal, während Vasco
da Gama das Kommando des lecken Sam Gabriel" seinem Sekretär Joäo da Sa
übergab und selbst, um seinen erkrankten Bruder Paulo da Gama schneller
vorwärtszubringen, in Santiago eine Karawelle mietete und mit dieser die Fahrt
fortsetzte. Doch eine in dem Befinden des Erkrankten eingetretene
Verschlimmerung zwang ihn, nach Terceira auf den Azoren abzuhalten, wo er
noch den Schmerz hatte, seinen Bruder sterben zu sehen und begraben zu müssen.
Durch ein von Santiago in Portugal angekommenes Fahrzeug war den Entdeckern
die Nachricht von ihren Erfolgen vorangeeilt. Hof und Volk waren schon voll
freudiger Erregung und Erwartung, als der ,Berrio" am 1o. Juli 1499 in den Tajo
einlief. Kaum glaublich erschien zuerst die Kunde, dass das seit 6o Jahren
Erstrebte glücklich gelungen sei, und erst die Vorzeigung der heimgebrachten
Schätze von Gewürzen nahm den letzten Zweifel. Am 20. August sah auch Vasco
da Gama sein Heimatsland wieder.4) Neun Tage verweilte er zuerst im
Gotteshaus zu Belem in Dahkesgebeten, dann hielt er seinen feierlichen Einzug in
die Hauptstadt. Mit Lanzenbrechen, Stiergefechten und anderen Festlichkeiten
wurde der Tag verherrlicht. In allen Orten des Reichs wurden auf Befehl des
Königs die Errungenschaften verkündet und durch kirchliche Feiern und
Prozessionen der Dank Gott dargebracht. In Belem, wo bisher ein einfaches vom
Prinzen Heinrich gegründetes Gotteshaus des Christusordens bestanden hatte,
wurde ein prächtiges Kloster für
) Three Voyages S. 264.
2) Goes S. io8.
3) Lopez de Castanheda I S. i5i.
4) Vergl. über dieses bezweifelte Datum Jos6 da Silva Mendes Leal, Nota
contendo a averiguaýäo da data em que chegou ao Porto de Lisboa o capitäo-mor
Vasco da Gama. Lisboa 1871.
- 36 die kirchlichen Bedürfnisse der Seefahrer und als Grabstätte für die königliche
Familie errichtet und mit einem Anteile an den Gewinn auf die aus Indien
mitgebrachten Gewürze ausgestattet.
Grosse Gnadenerweise und klingende Belohnungen wurden über die Teilnehmer
der Entdeckungsfahrt ausgeschüttet. Vasco da Gama selbst und seinen Brüdern
wurde der Titel Dom und die Anwartschaft auf die Grafenwürde verliehen und
das Wappen der Familie mit einem Teile des königlichen Wappens vermehrt.
Nicolao Coelho wurde zum Ritter des königlichen Hauses ernannt und erhielt das
Anrecht auf ein Kommando in jeder nach Indien ausgehenden Flotte. Jeder
Teilnehmer der Entdeckungsfahrt erhielt je nach Rang und Stellung ein Geschenk
von Gewürzen und neben dem verdienten Gehalte bedeutende Belohnungen an
barem Gelde. An Vasco da Gama selbst wurde neben anderen wertvollen
Zuwendungen auch das Recht verliehen, mit jedem zukünftigen Geschwader in
Indien zu eigenem Nutzen für 200 Crusado3 Gewürze einkaufen zu lassen und
frei von Fracht und Zoll in Portugal einzuführen.
Mit grossen Opfern war der Erfolg erkauft. Von den 148 Mann Besatzung und
den 12 Verbrechern, die ausgesegelt waren, kamen nur 55 Mann nach Portugal
zurück.') Nahezu zwei Drittel aller Teilnehmer waren somit umgekommen.
Glänzend war dagegen der Geldgewinn dieser ersten Fahrt; sechzigfach soll das
Verkaufsergebnis der Gewürze, nach Abzug aller Unkosten und Geschenke, die
Ausrüstungskosten überstiegen haben.') Noch glänzender schienen die
Aussichten für die Zukunft. Frohlockend sagte der König von Portugal dem
venetianischen Gesandten, der beklommenen Gemütes zu den Erfolgen Glück
wünschte, die venetianischen Galeeren brauchten nun nicht mehr nach
Alexandrien zu fahren, da sie dort bald keine Gewürze mehr finden würden,
sondern thäten besser, für diesen Handel nach Lissabon zu kommen. Und
thatsächlich war Grund für die Zuversicht, dass die Quellen des Wohlstandes, die
sich bisher über die Levante ergossen, nun leicht nach Portugal abgelenkt werden
könnten, und dass Europa aufhören würde, den verhassten Sarazenen Tribut in der
Gestalt von Handelsgewinn und Zöllen auf die unentbehrlichen Erzeugnisse des
sonnigen Ostens zu zahlen.
) Roteiro S. 130ff.
2) Three Voyages S. 273.
)
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Nach Cod. iconogr. No. 133 d. Hof- u. Staats-Bibl. zu München.
Afrika nach einer Darstellung aus ungefähr dem Jahre 1501 in verkleinerter
Nachbildung.
Vertrags-Unterwerfung.
Mit Veranstaltungen zur Verfolgung und Ausbeute der glücklichen
Errungenschaft wurde nicht gezögert. Nach den Anleitungen von Vasco da Gama
wurde ein grosses Geschwader von 13 Segeln mit 12oo Köpfen Besatzung
ausgerüstet, das am 9. März 1500, unter dem Kommando von Pedro Alvares
Cabral, auslief. Unter den Kapitänen befanden sich Bartholemeu Dias, der
Entdecker des Kaps der guten Hoffnung, und Nikolao Coelho und Joäo da Sa, die
Teilnehmer der ersten Indienfahrt gewesen waren. Auch acht Franziskaner samt
acht Kaplanen waren für das Seelenheil der Schiffsbemannung, sowie zur
Bekehrung der Heiden und Muhamedaner eingeschifft. Durch Unterhandlungen
oder durch Krieg sollte das Geschwader im Osten festen Halt suchen. Sollten die
Ungläubigen sich weder zu Christus bekehren wollen, noch zum Handelsverkehre
verstehen, so sollte mit weltlichem Feuer und Waffen den geistlichen- Waffen des
Evangeliums Beistand geleistet werden. Alle muhamedanischen Fahrzeuge, mit
Ausnahme der von Melinde, Kochim und Kananor, sollten aufgebracht werden.')
Ohne besondere Ereignisse, ausser, dass sich im Sturm ein Schiff von dem
Geschwader trennte und nach Portugal zurückkehren musste, waren die ersten
Wochen der Reise verlaufen, als unerwartet am 30. April Land in Sicht kam.
Zuerst wurde es für eine Insel gehalten. Bald aber erwies es sich als ausgedehntes
Festland. Ohne Ahnung des Zusammenhanges mit dem seit wenigen Jahren
bekannten Amerika, hatte man den südlichen Teil dieses mächtigen Erdteils, das
heutige Brasilien entdeckt. Santa Cruz oder Vera Cruz wurde es damals benannt.
Mit der Nachricht von diesem wichtigen Funde wurde ein Fahrzeug nach Portugal
zurückgesandt. Die übrigen Schiffe setzten nach kurzem Aufenthalte die Reise
fort. Längere Zeit schon war die Mannschaft durch einen Kometen in
abergläubischer
') Vergl. die Instruktionen in »innaes Maritimas e Colonias,, Lisboa 1848, S. 279
ff,
38 Furcht befangen, der in der Richtung des zu umsegelnden Südkaps am Himmel
stand '), als am 24. Mai ein plötzlich hereinbrechender Orkan das Geschwader
überfiel und in Sicht der übrigen Flotte vier Schiffe, darunter das von
Bartholemeu Dias geführte, mit Mann und Maus zum Untergang brachte. Ein
fünftes Schiff trennte sich von dem Geschwader und galt gleichfalls als verloren.')
Unter grosserEntmutigung derBemannung setzten die übrig gebliebenen Schiffe
die Reise fort. Am i6. Juli sichteten sie an der Sofala-Küste zwei Dhaus, auf die
sofort Jagd gemacht wurde, und von denen eine genommen wurde. Da sich
indessen ihr Führer, der Scheik Fotrima (?), als ein Onkel des Königs von
Melinde auswies, wurde er gut behandelt und eingedenk der in Melinde auf der
Entdeckungsfahrt genossenen Wohlthaten frei gelassen. Zu den Aufgaben von
Pedro Alvares Cabral gehörte, Sofala zu erkunden und hier eine Faktorei für den
Goldhandel zu errichten, doch er ermöglichte nicht, selbst mit dem Lande in
Verbindung zu treten. Nur einem seiner Fahrzeuge gelang es, die genaue Lage des
Ortes zu ermitteln und über ihn die ersten bestimmten Nachrichten einzuziehen.
In Mozambique, wo das Geschwader am 20. Juli ankam, fand es gute Aufnahme.
Am 26. Juli i500 ankerte Pedro Alvares Cabral mit seinem auf sechs Schiffe
zusammengeschmolzenen Geschwader in dem Hafen der Stadt Kilwa.') Durch
Grösse und starke Bevölkerung bestätigte das Aussehen der Stadt den Ruf ihrer
Bedeutung. Als Hauptstadt des gewaltigen Küstenstriches, der sich von Sofala bis
nahe an Mombasa erstreckt, und insbesondere durch den Goldhandel mit Sofala
war
) Barros I S. 392.
2) Barros I S. 461. Erst auf der Rückfahrt von Indien fand Pedro Alvares Cabral
dieses, von Pero Dias befehligte Schiff bei den Kapverdischen Inseln wieder. Es
hatte merkwürdige Schicksale gehabt. Von dem Geschwader getrennt, hatte er das
Kap der guten Hoffnung zu weit östlich umsegelt, den Mozambique-Kanal
verfehlt und an der Ostküste von Madagaskar anstatt an dem ostafrikanischen
Festlande nach Mozambique und Melinde gesucht! Schliesslich hatte es
Ungeschick der Navigatoren nach dem Golfe von Aden und Mukdischu
hinaufgebracht. Vor letztgenannter Stadt hatten die Eingeborenen die Irrfahrer so
lange gut behandelt, bis sie die Fahrzeuge, die im Hafen lagen, in Sicherheit
gebracht hatten. Dann aber hatten sie fast die ganze Mannschaft beim
Wasserholen an Land gelockt und getötet. Die auf dem Schiffe Verbliebenen
hatten, vor einem Angriffe flüchtend, die Ankertaue kappen müssen und hatten
das wunderbare Glück, den Weg heimwärts zu finden. Nur sieben Mann waren
schliesslich am Leben geblieben. Gaspar Correa I S. 157 erzählt die Geschichte
ähnlich, doch nennt er die Stadt Berbera im Golfe von Aden, anstatt Mukdischu,
als die Uebelthäterin.
3) Dem heutigen Kilwa Kisiwani (Kilwa auf der Insel). Die heutige
deutschostafrikanische Bezirksstadt Kilwa Kiwinji (Kilwa der Kasuarinen), die
wenig nördlicher liegt, ist erst gegen 1830 gwegründet oder hat jedenfalls erst
dann Bedeutung erlangt. (Vergl. Burton: Zanzibar. City, Island and Coast.
London 1872. II, S. 34I.)
- 39 sie reich und mächtig geworden. Ihre Handelsbeziehungen gingen bis Indien, dem
Roten Meere und dem
Persischen Golfe. Das
Oberhaupt der Stadt war König Ibrahim aus persischem Geschlechte. Wie
erwähnt, war in den Instruktionen des Geschwaderchefs die Errichtung einer
Handelsfaktorei in Sofala, und weiter zu diesem Behufe Verhandlungen mit dem
Oberhaupte dieser Stadt, dem Könige von Kilwa, vorgesehen. Auch sollte nach
den Instruktionen an den König von Kilwa und seine Unterthanen die
Aufforderung gerichtet werden, sich zum christlichen Glauben zu bekehren.
Affonso Furtado, ein Edelmann, der für den Posten des Faktoreileiters in Sofala
ausersehen war, wurde zum König an Land geschickt, um ihn zu einer
Besprechung an Bord der Schiffe mit dem Admiral einzuladen. Zwar heuchelte
der König Vergnügen über die Ankunft der Portugiesen, doch liess er dem
Admiral sagen, er möge zur Ausrichtung seiner Botschaft an Land kommen.
Gleicherzeit schickte er das landesübliche Geschenk von Ziegen und sonstigen
Lebensmitteln. Der Admiral liess die Gaben durch Gegengaben erwiedern, doch
dabei dem Könige rücksichtslos kund thun, dass die Befehle, denen er zu
gehorchen habe, ihm nur erlaubten, im Kriegsfalle an Land zu gehen, dass er
indessen der Bedeutung des Königs dadurch Entgegenkommen zeigen wolle, dass
er eine Zusammenkunft auf dem Wasser vorschlage. Zwei Tage versuchte der
König, sich durch Ausflüchte dieser Einladung zu entziehen. Schliesslich wagte er
aber keinen weiteren Widerstand und zeigte anscheinend seine Bereitwilligkeit.')
Doch die Portugiesen waren die Betrogenen. Wie eine in jenen Tagen
geschriebene arabische Chronik glaubwürdig erzählt, wollte der König selbst sein
Leben bei diesem Besuche nicht aufs Spiel setzen, sondern sandte statt seiner
einen gewissen Lukman ben Al Malik als König verkleidet.2) Am verabredeten
Tage fuhr der falsche König mit grossem Hofstaate auf zwei
zusammengebundenen Fahrzeugen und von vielem Volke auf anderen Booten
begleitet in den Hafen vor die Stadt hinaus. Reich waren der falsche König und
die Seinigen mit Gewändern von farbiger Seide und Baumwolle bekleidet. Alle
trugen Schwerter und Dolche, die mit G,_d und Edelsteinen (?) verziert waren.
Vorsichtig hielten sie sich in der Nähe des Ufers. Ohne Ahnung von dem ihm
gespielten Betruge fuhr der portugiesische Admiral in beflaggten Booten, mit
allen Kapitänen im Gefolge, die Mannschaft in Feiertagskleidern, jedoch heimlich
mit Waffen versehen, den Besuchern entgegen. Bord an Bord legten sich die
Fahrzeuge. Die Eingeborenen bliesen mit ihren Hörnern von Elefantenzähnen und
die
1) Barros 1 S. 399.
2>History of Kilwa, S. 397.
- 40 Portugiesen antworteten mit Trompetengeschmetter. Dazu dröhnten von den
Schiffen, trotz des Unbehagens, das dadurch den Eingeborenen bereitet wurde,
Salutschüsse. Nachdem die Höflichkeiten und Zeremonien der Begrüssung
beendet waren, übergab Pedro Alvares Cabral ein Schreiben des Königs von
Portugal, das in Portugiesisch und Arabisch verfasst war. Auf die sofort erfolgte
Verlesung in letzterer Sprache, zeigte sich der vermeintliche König mit dem
Inhalte ausserordentlich zufrieden und schätzte sich glücklich, nun einen so
mächtigen Herrscher wie den König von Portugal zum Bruder und Verbündeten
zu haben. Doch mehr als brüderliche Verbindung wurde von ihm verlangt Mit
erstaunlichem Biedersinn und vielen Gründen wurde dem unglücklichen
Königsvertreter vorgetragen, dass der König von Portugal ausserordentlich
wünsche, ihn selbst und seine Unterthanen zum christlichen Glauben zu bekehren.
Ferner wurden ihm auch Vereinbarungen über den Goldhandel in Sofala
vorgeschlagen. Auf alle Zumutungen erwiderte der falsche König, dass, da diese
Angelegenheiten neu, ungebräuchlich und seinem und seines Volkes Glauben fern
seien, zur Ueberlegung und Entscheidung mehr Zeit erforderlich sei, als
augenblicklich zur Verfügung stände, und versprach Antwort in zwei Tagen,
nachdem er mit seinen Beratern, von denen viele abwesend seien, Rücksprache
genommen habe.') Zur Anknüpfung von Handelsgeschäften ging Affonso Furtado
am nächsten Tage an Land. Er musste hören, dass für die Waren, die er anbieten
konnte, kein Bedarf sei.2) Einige Beziehungen wurden dadurch hergestellt, dass
die Eingeborenen Lebensmittel zum Verkauf an Bord brachten und dafür, um
Freunde zu werben, überreichlich bezahlt wurden, doch liess sich nicht
verkennen, dass Kilwa und seine Bewohner von den Portugiesen nichts wissen
wollten. Trotz aller Mahnungen zögerte der König mit seiner Antwort auf die ihm
gemachtenVorschläge. Fortgesetzt entschuldigte er sich damit, dass einige seiner
Hauptratgeber auf einem Kriegszuge gegen Neger am Festlande abwesend wären.
Dagegen hörten die Portugiesen durch einen Scheik Homar (Omar) aus Melinde,
der zu Handelszwecken in Kilwa weilte, einem Bruder des Königs von Melinde,
dass die Befestigungen der Stadt ausgebessert würden, und dass sich die
Einwohner durch Heranziehung von Negern vom festen Lande zum Kampfe
rüsteten. Auch das Trinkwasser, das der Flotte versprochen war, wurde nicht
geliefert oder war nicht zu erhalten. Die Portugiesen fanden die Gefässe, in denen
es von den Brunnen zum Strande heruntergetragen wurde, zerschlagen, und es
wurde ihnen erzählt, dass dieses ein Irrsinniger gethan habe'), während es in
Wirklichkeit auf Anstiften des Königs geschehen
1) Barros II S. 400.
2) Lopez de Castanheela I S. 167.
3) Barros II S. 402.
- 41 war.1) Alles zeigte, dass Kilwa und sein König die Portugiesen und deren
Seligmachen abwiesen und nur mit Gewalt Entgegenkommen zu erlangen sein
würde. Doch in einem Kriegsrate, welchem Pedro Alvares Cabral diese
Angelegenheit zur Beratung vorlegte, überwog die Meinung, dass es unrätlich sei,
die Mannschaften den Gefahren eines Kampfes in einer so niedrigen Aufgabe,
wie der Bestrafung des Königs und der Stadt auszusetzen, und dass es besser sei,
wenn die Schiffe die Reise fortsetzten und die Züchtigung der Stadt einer späteren
Zeit überliessen.) Nach anderen Berichten soll auch Pedro Alvares Cabral von
Haus aus das Verbot gehabt haben, die Stadt anzugreifen.') Ohne Abschied
verliess die Flotte nach dreitägigem Aufenthalte Kilwa. Mombasa berührte sie
nicht und ankerte am 2. August vor Melinde. Sofort wurde sie durch Boote des
Landesherrn begrüsst, der Geschenke von Ziegen, Hühnern und Früchte schickte.
Doch der erste Besuch an Land brachte anfänglich eine grosse Enttäuschung. Als
Joao da Sa, der bereits auf der Entdeckungsreise in Melinde gewesen war,
landete, um dem Könige die Begrüssung des Admirals zu überbringen, fand er zu
seiner Ueberraschung, dass der von Vasco da Gama errichtete Wappenpfeiler
nicht mehr an seinem Platze stand. Doch der König verstand sich herauszureden.
Er behauptete, dass die öffentliche Zurschaustellung des Pfeilers seinen Nachbarn
ein solches Aergernis gewesen sei, dass er auf Veranlassung seiner Ratgeber
genötigt gewesen wäre, ihn zu entfernen. Den Kapitän an die Hand nehmend,
führte er ihn sodann in ein Haus, wo er den Pfeiler wohl verwahrt und das
Wappen frisch gemalt vorzeigte.4) Auch viele Klagen hatte der König zu führen,
dass die Freundschaft und die Unterstützung, die er den Portugiesen erwiesen
hätte, einen Angriff des Königs von Mombasa veranlasst habe, durch den er als
der Schwächere grossen Verlust an Menschen und Gut erlitten habe.
Wohlweisslich verschwieg er dabei, dass diese Zwistigkeiten älter waren, als
seine Beziehungen zu den Portugiesen. Doch gewiss war sein Jubel über die
Ankunft des Geschwaders ungeheuchelt. Die zurückkommenden Gesandten und
Lotsen mussten die ganze Nacht bei ihm sitzen und von ihren Reise-Erlebnissen
und den Zuständen in Portugal erzählen. Am folgenden Tage wurde Aires Correa,
eine Hauptperson des Geschwaders, zur Ueberreichung eines Briefes und der
Geschenke des Königs von Portugal an Land geschickt. Durch die vornehmsten
Bewohner der Stadt wurde der Genannte samt Gefolge am Strande empfangen. In
den Strassen, die zur Behausung des Königs führten, waren an beiden Seiten
Negerinnen
1) History of Kilwa S. 397.
2) Barros 11 S. 403.
8) Lopez de Castanheda I S. I7.
4) Barros II S. 403.
- 42 aufgestellt, welche die Hindurchschreitenden aus Spritzflaschen mit
Wohlgerüchen besprengten. Auf einem mit Silber und Gold verzierten Stuhle
sitzend, empfing der König den Gesandten und nahm den in Portugiesisch und
Arabisch verfassten Brief des Königs von Portugal und die ihm bestimmten
Gaben entgegen. Um seine Erkenntlichkeit zu beweisen, bat er, die Besatzung des
Geschwaders während des Aufenthalts in Melinde als seine Gäste betrachten und
mit Lebensmitteln versorgen zu dürfen. Seine Person und sein Reich erklärte er
dem Könige von Portugal, als dem mächtigsten Herrn der Welt, von nun an auf
immer unterthänig- An einem der folgenden Tage wurde die Freundschaft weiter
durch eine Zusammenkunft zwischen dem Könige und dem Admiral besiegelt, die
in gewohnter Weise in Booten auf dem Wasser erfolgte. Der König ritt hierzu,
unter Benutzung eines Sattelzeuges, das das Prunkstück der portugiesischen
Geschenke gewesen war, zum Strande hinunter.') Nach einem Aufenthalte von
nur fünf Tagen setzte das Geschwader seine Reise nach Indien fort. In der Stadt
wurden zwei Verbannte, Joäo Machado und Luiz de Moura, mit dem Auftrage
zurückgelassen, zu versuchen, über Land einen Weg nach Abessinien und zum
Erzpriester Johannes zu suchen.2) Dass dieser abenteuerliche Versuch nicht gelingen konnte, ist kaum nötig, zu erwähnen. Die Genannten waren aber ihrem
Heimatslande dadurch nützlich, dass sie zur See südwärts gingen, sich in Kilwa
niederliessen und dort die Verhältnisse erkundeten. Zuerst bestand allerdings in
Kilwa die Neigung, die ungebetenen Gäste zurückzuweisen, aber Furcht bewirkte
doch ihre Aufnahme, und sie wurden bei dem einflussreichen Araber Mohamed
Ankoni einquartirt,') der als Widersacher des Königs wahrscheinlich in den
Fremden Helfer seiner Pläne suchte. Beiläufig sei erwähnt, dass einer dieser
Verbannten, Joäo Machado, der ursprünglich wegen Raubmordes zum Tode
verurteilt gewesen war, in den nächsten zwei Jahrzehnten in Indien wichtige
Dienste leistete und sich dadurch vom Henkerskandidaten zum portugiesischen
Ritter, und gar zum Alkaiden von Goa aufschwang.
Das nächste portugiesische Geschwader, das an der Ostküste Afrikas erschien,
bestand aus vier Schiffen unter Joäo da Nova, die der Flotte von Pedro Alvares
Cabral nachgeschickt waren. Im August i5OI
) Gaspar Correa (I S. 164 if) erzählt ferner, wenig glaubwürdig, von einem
Festmahle, das von allen Kapitänen, vielen Schiffsleuten und fast allen
Bewohnern der Stadt besucht, bei dem Könige stattgefunden haben soll. Die
eingeborenen und portugiesischen Köche sollen dabei in ihrer Kunst gewetteifert
haben. Der König soll seine Liebedienerei soweit getrieben haben, dass er Jäger
zum Fang von Schweinen aussandte, um die Mägen seiner christlichen Gäste zu
befriedigen!
2) Goes I S. 147 ff u.'A.
3) History of Kilwa S. 397.
- 43 ankerten sie vor Kilwa und wurden hier, wie ein Chronist erzählt, von dem
Landesherrn mehr mit guten Worten als Werken aufgenommen. Ferner werden
beabsichtigte Verrätereien, doch ohne Einzelheiten anzuführen, erwähnt, denen
die Portugiesen, gewarnt durch den schon genannten Mohamed Ankoni, entgehen
konnten. Nach einem Aufenthalte von nur wenigen Tagen verliessen sie diesen
Hafen und gingen nach Melinde weiter, wo sie die gewohnte gute Aufnahme
fanden.
Die Erfahrungen, welche die Portugiesen mit den ersten beiden Reisen in Indien
und Ostafrika gemacht hatten, waren durchaus nicht angethan, die Fortsetzung
dieser Unternehmungen als selbstverständlich zu betrachten. Nach der Rückkehr
von Pedro Alvares Cabral wurde darum ernsthaft die Frage der Fortsetzung oder
des Aufgebens der Indienfahrten erwogen. Erwiesen war jedenfalls, dass es eine
andere Sache gewesen war, an der Küste von Westafrika für billige Tauschwaren
und ohne grossen Aufwand Gold und Elfenbein einzuhandeln, als in dem fernen
Osten nach gefahrenreicher Seefahrt den muhamedanischen Arabern und
kriegsgewohnten Völkern den Handel streitig zu machen, sowie den Verkehr in
neue Wege zu lenken. Doch gegenüber den vielen Bedenken, die in den
bezüglichen Beratungen laut wurden, wurde mit Erfolg geltend gemacht, dass es
eine heilige Pflicht wäre, den Muhamedanern und Heiden das Evangelium
zu
verkündigen.
Mehr aber noch gab der Hinweis auf die Gewinnste an barem Gelde, den die
ersten Fahrten ergeben hatten, den Ausschlag für die Fortführung dieser
Unternehmungen. Fünf, zehn, zwanzig bis sechzig Mal hatten die Verkäufe die
Auslagen wieder gebracht, die für die verschiedenen Handelsgüter gemacht
waren.') Zweifelsohne gelten diese Zahlen nur im Vergleich zwischen den
Einkaufspreisen in Indien und den Verkaufspreisen in Europa, ohne
Berücksichtigung der grossen Transportkosten, welche die Waren verteuerten.
Aber auch Gesamtausgaben gegen Gesamteinnahmen gerechnet, standen
Geldgewinne in Aussicht, die versprachen, genügend Mittel zu liefern, um jeden
Widerstand zu überwinden. Die Erfahrung hatte gelehrt, dass sich die bisherigen
Nutzniesser des Handels im Osten, die Araber, nicht gutwillig aus der Stellung
verdrängen lassen würden, die sie seit Jahrhunderten behauptet hatten. Ueberall
war ihre Gegnerschaft zu erwarten. Wichtiger als tüchtige Kaufmannschaft war
darum vorerst die Entsendung von starken Flotten und einer Kriegsmacht.
Indessen die Erkenntnis der Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, schreckte
nicht ab und die Eroberung Indiens wurde beschlossen. Um die geplante
Oberherrlichkeit über den Osten auch äusserlich zum Ausdruck zu bringen,
vermehrte der König Emanuel
) Barros 11 S. 7.
- 44-
die Würden seiner Krone durch den stolzen, weitgreifenden Titel »Herr der
Schiffahrt, der Eroberung und des Handels von Aethiopien, Arabien, Persien und
Indien«. Seltsam klingt für unsere heutigen Begriffe die Erklärung und
Begründung dieses Titels. Gestützt auf die Belehnung durch die Päpste, wurde er
dadurch als berechtigt erachtet, dass vor dem Erscheinen der Portugiesen östlich
des Kaps der guten Hoffnung keinerlei rechtmässiger Besitz bestanden habe, da
christliche Rechtsbegriffe nur für Christen gelten und den Muhamedanern und
Heiden, die sich der christlichen Rechtsordnung entzögen, die Wohlthaten dieser
Rechtsordnung nicht zugestanden werden könne.') Jede Gewaltthat, jedes Unrecht
war damit vorwurfsfrei, und oft genug haben die Portugiesen bei der
Niederwerfung und Beherrschung des Ostens diese Anschauung zur Anwendung
gebracht.
Um mit den beabsichtigten Nachdruck auftreten zu können, wurde im Anfang des
Jahres 1502 ein Geschwader von 20 Schiffen ausgerüstet. Fünf hiervon waren zur
dauernden Stationierung im Indischen Ozean, zum Schutze der Faktoreien in
Kananor und Koschin und zur Blockierung der Zugänge zum Roten Meere,
behufs Fernhaltung der Araber von Indien, bestimmt. Das Kommando über dieses
Geschwader war zuerst wieder Pedro Alvares Cabral zuerteilt. Da dieser aber
nach einigen Berichten Empfindlichkeit darüber gezeigt hatte, dass einer
Unterabteilung des Geschwaders zuviel Selbständigkeit gegeben war,') oder nach
anderen Berichten der König schliesslich Bedenken hatte, ihn im Kommando zu
sehen, weil er sich auf seiner ersten Fahrt als besonderer Pechvogel erwiesen hatte
"), wurde noch in letzter Stunde Vasco da Gama, unter dem Titel eines Admirals
der Meere von Arabien, Persien, Indien und des ganzen Ostens, zum
Geschwaderchef ernannt. Am io. (?) Februar verliessen zehn Schiffe den Tajo.
Fünf Schiffe waren schon vorausgegangen, fünf weitere Schiffe folgten kurz
darauf. Zur Lösung seiner ersten Aufgabe besuchte der Admiral Sofala, das schon
von einem Fahrzeuge der Flotte Cabral's im vorhergehenden Jahre erkundet war,
um daselbst Vorbereitungen für eine dauernde Niederlassung zur Aneignung des
Goldhandels zu treffen. Von den hier ansässigen Arabern wurde er gut
aufgenommen, ein Platz zur Errichtung einer Feste ausgesucht, auch einiges Gold
eingehandelt. Sodann wandte er sich nach Mozambique, wo er mit dem Scheik,
einem andern als dem, mit welchem er auf der Entdeckungsreise schlechte
Erfahrungen gemacht hatte, Frieden schloss. Hier in Mozambique wurde eine
kleine Karavelle erbaut, für
) Barros 1I1 S. ii ff.
2) Barros 11I S. 22.
3) Three Voyages S. 278.
- 45 welche die Bauhölzer fertig geschnitten von Portugal mitgebracht waren, und
welche zur Stationierung an dieser Küste bestimmt war. Zur Betreibung des
Handels mit Sofala wurde ein Faktor mit einiger Mannschaft, sowie Mittel zum
Ankauf der in Sofala allein gängigen indischen Baumwollstoffe zurückgelassen.
Inzwischen hatten sich alle Abteilungen der Flotte vereinigt. Mit der stolzen
Macht von i9 Segeln erreichte der Admiral am 12. Juli die Stadt Kilwa. Unter
stetigem Salutfeuern, mit der Absicht, Angst und Schrecken zu verbreiten, lief das
Geschwader in den Hafen hinein') und ankerte feuerspeiend in einem Halbkreise
um die Stadt. Die Absicht des Admirals war, für die von dem Könige gegenüber
Pedro Alvares Cabral und Joäo da Nova gezeigte Zweideutigkeit Rache zu
nehmen. Ein Bote wurde mit der befehlenden Aufforderung an Land gesandt, dass
der König sofort persönlich an Bord erscheinen möge, um über Frieden,
Freundschaft und Handelsverkehr zu verhandeln. Mit grosser Bestürzung empfing
der König diese Nachricht. Hin und her schwankte er, ob er den Besuch
unternehmen sollte, und dachte wieder an Täuschung durch Entsendung eines
Stellvertreters. Doch er konnte dieses nicht wagen, da er die Aufdeckung des
Betruges durch die schon länger in der Stadt weilenden beiden portugiesischen
Verbannten, die ursprünglich von Cabral in Melinde gelandet waren, fürchten
musste.2) Nach einem von Vasco da Gama selbst in Kilwa am 20. Juli 1502
geschriebenen Berichte beantwortete der König die Einladung in so unhöflicher
Weise, dass er sofort mit seiner ganzen Macht in Booten vor das Haus des Königs
zog und ihn in noch unhöflicherer Weise, unter Drohungen, mit Gewalt
vorzugehen, zum sofortigen Erscheinen aufforderte.') Nach anderen Berichten
entschloss sich der König zu den Besuch mit dem
verräterischen Rat von
Mohamed
Ankoni4), der schon öfters genannten Hauptperson der Stadt, der als Führer
einer dem Könige feindlichen Partei hoffte, dass die Portugiesen den einmal in
ihrer Hand befindlichen nicht wieder loslassen würden. Zur Sicherung soll der
Admiral auch noch im Namen des Königs von Portugal freies Geleit schriftlich
bestätigt haben.') In Booten nahe dem Strande erfolgte die Zusammenkunft. Der
Admiral stellte
) Barros 1 I S. 3o.
2) History of Kilwa S. 398.
3) Luciano Cordeiro, Descobertas e Descobridores. De como e quando foi feito
CondeVasco da Gama. Doc. II. Boletim da Soc. de Geographia de Lisboa 1892,
S. 286.
4) Nach dem arabischen Chronisten (History of Kilwa S. 397) hiess dieser Mann
richtiger Mohamed ben Ruku ad-Din. In diesen Blättern ist die als Verstümmlung
zu betrachtende Benennung Mohamed Ankoni beibehalten, da sie durch die
übereinstimmende Anwendung in den portugiesischen Quellen historisch
geworden ist.
5) Gaspar Correa S. 278.
- 46 dem Könige vor, dass er als Freund der Portugiesen grosse Macht erlangen würde,
dass diese ihn und sein Reich gegen jede Anfechtung schützen würden, dass die
Fahrzeuge des Landes überall hin ohne Belästigung würden fahren können, und
dass die Stadt von dem Handelsverkehr mit den Portugiesen grossen Vorteil
ziehen würde. Erleichtert antwortete der König, dass er mit Vergnügen auf eine
solche nur Vorteile bietende Vereinigung eingehen würde und einsähe, dass seine
schlechte Meinung von den Portugiesen unberechtigt gewesen sei, dass er sich
jetzt aber mit Freuden für die ganze Zeit seines Lebens als deren Freund erkläre.
Doch so billig und mit schönen Worten allein sollte er nicht davon kommen. In
seiner Erwiderung führte der Admiral aus, dass, nachdem nun der König Freund
der Portugiesen geworden sei, er sich ebenso wie andere Fürsten verpflichten
müsse, alljährlich eine bestimmte Summe oder ein reiches Wertstück, was immer
ihm besser passe, als Freundschaftsbeweis zu erlegen.. Als der König dieses
hörte, wurde er sehr traurig und antwortete, dass Freundschaft nur gute
Beziehungen bedeute, und dass er demnach allen Landsleuten des Admirals stets
gute Aufnahme gewähren würde, doch, dass die verlangte jährliche Zahlung nicht
ein Freundschaftszeichen, sondern Unterwerfung und Abhängigkeit bedeute und
er sich hierzu nicht verstehen könne; selbst in dem nahen verwandtschaftlichen
Verhältnisse vom Sohn zum Vater würde man sich einer solchen Zumutung
widersetzen. Aber der König musste die Erfahrung machen, dass die beste Logik
gegen Macht nicht aufkommt. Mit harten Worten wurde er von dem Admiral
angefahren, er möge bei seiner Weigerung beharren, er möge in den Busch
fliehen, doch er würde mit Hunden herausgehetzt werden und in Zeit einer Stunde
würde die Stadt zerstört werden, sodass er gewiss bald seine augenblickliche
Meinung bereuen würde. Mit einem eisernen Ringe um den Hals würde man ihn
durch ganz Indien führen, um zu zeigen, was dem widerfahre, der sich den
Portugiesen widersetze. Gleicher Zeit erteilte der Admiral seinen Kapitänen in
einer Weise, dass die Eingeborenen es verstehen mussten, den Befehl
Vorbereitungen zur Beschiessung der Stadt und zur Landung zu treffen.
Der König und seine Begleiter waren halb tot vor Angst, Ein alter Araber bat
noch um Zeit, um am Lande ruhigen Rat halten zu können, doch die Frist wurde
mit dem Hinweis verweigert, dass, wenn die gegenwärtigen, wenigen Personen
nicht einig werden könnten, dieses noch weniger von der Hinzuziehung anderer
erwartet werden könne. Nochmals wurde auf sofortige Entschliessung gedrängt.
Da er keinen Ausweg sah, gewährte der König in der offenbaren Gefahr für sein
Leben und für seine Stadt, schliesslich alles dasjenige, was von ihm verlangt
wurde, und bat nur, dass man nicht nachträglich noch weitere
- 47 Forderungen aufstelle. Von Land wurde sofort ein Schreiber geholt, der auf einem
goldenen Blatt den Unterwerfungsvertrag aufsetzte, nach dem sich der König mit
einem jährlichen Tribute von 1500 Metikal Gold') (=- M. 18 ooo.-) zum Vasallen
des Königs von Portugal erklärte und dagegen das Versprechen des Schutzes
gegen alle Feinde empfing.
Als Bürge für die Bezahlung der ersten Tributzahlung wurden Mohamed Ankoni
und zwei andere Araber in den Händen der Portugiesen gelassen. Der König
selbst durfte an Land zurückgehen. Er wurde von dem Volke als ein vom Tode
knapp Geretteter empfangen. Zwar sandte er den Schiffen Lebensmittel, doch
erbost auf Mohamed Ankoni, der ihn zu der Zusammenkunft mit den Portugiesen
beredet hatte, und in der Hoffnung, sich an diesem seinem Widersacher zu rächen
oder sich gar seiner zu entledigen, liess er mit der versprochenen Zahlung des
Tributs auf sich warten. Vergebens sandten die unglücklichen Bürgen Boten auf
Boten, um das Geld und dadurch die Freiheit zu erlangen, doch der König liess
ihnen sagen, Mohamed Ankoni möge selbst zahlen und damit büssen, was er
angerichtet habe. Zwei Tage wartete der Admiral auf die Uebersendung des
Geldes, dann riss ihm die Geduld. Er liess die Bürgen nackt durchpeitschen, an
Händen und Füssen binden und so in einem Boot der glühenden Sonne aussetzen.
Als dieses der König hörte, liess er dem Admiral seine Befriedigung ausdrücken
und melden, dass er einzig darum die Zahlung verzögere, um den stolzen und ihm
verhassten Mohamed Ankoni, der schon viel Unheil angerichtet habe, zu
bestrafen. In Todesnot schickte Mohamed Ankoni an Land und liess aus seinem
Hause einen kostbaren Halsschmuck, angeblich im Werte von I0 OOO Crusados,
holen, womit er sich aus den Händen seiner Peiniger befreite. Die Zahlung der
Tributsumme hatte somit der König von sich persönlich abgewälzt, doch um den
Admiral zu versöhnen, sandte er ihm noch einige Stücke wertvoller Stoffe und
Goldsachen.2) Dagegen erhielt er einen Schutzbrief als portugiesischer Vasall,
sowie eine Flagge mit dem portugiesischen Wappen. In feierlicher Weise
1) Goes I S. 175 und Castanheda IIS.3 beziffern dieTributsummen
übereinstimmend auf 2o0o Metikal. Barros I II 31 sagt 500 Metikal = 584
Crusados und setzt hinzu ~mehr als Zeichen des Gehorsams, als der Summe
halber". Entscheidend ist aber, dass Vasco da Gama selbst in dem schon
angezogenen Schreiben (Luciano Cordeiro S. 286) in den Tagen, in denen er den
Vertrag schloss, die Summe mit i5oo Metikal nennt. Die gleiche Summe ist auch
von einem vlämischen Seemann, einem Teilnehmer an dieser Expedition, in
seinem sonst für ostafrikanische Verhältnisse unwichtigen Reiseberichte
(Vlämisches Tagebuch über Vasco da Gama's zweite Reise, herausgegeben von
H. C. G. Stier, Braunschweig i88o, S. ii) angegeben. Ebenso beziffert ein
Italiener, der an der Reise teilnahm, (Hümmerich S. 195) die Tributsumme auf
1500 Metikal.
2) Three voyages S. 293-298; auch Castanheda II S. 3 und Goes S. 175.
- 48 wurde diese an einer Lanze befestigte Flagge von den Schiffen an den Strand
gebracht und hier von dem Könige ebenso empfangen; in seinen eigenen Händen
trug er sie ein gutes Stück des Weges, sodann übergab er sie einem seiner
vornehmsten Leute; von vielem Volke begleitet und unter Ausruf von »Portugal!
Portugal!« wurde die Flagge durch und um die Stadt getragen und schliesslich auf
einem Turme des Königshauses, den Schiffen sichtbar, aufgesteckt.')
Während dieser Ereignisse hatte die Mannschaft der Schiffe Erlaubnis, zur
Erholung die Stadt zu besuchen. Bei Todesstrafe war jedwede Ausschreitung
verboten, dennoch wurde allerlei Schaden. wahrscheinlich durch Plündern,
angerichtet, und die Missethäter blieben unbestraft, da niemand aus Furcht den
Angeber machen wollte. Wenig glaubwürdig erzählt ferner Gaspar Correa, dass
der Admiral sich kurz vor der Abreise in grosser Verlegenheit durch die
Entdeckung befunden habe, dass sich die Besatzung seiner Schiffe um über 2oo
Weiber, eine Errungen-chaft der Landbesuche seiner Matrosen und Soldaten,
vermehrt habe! Alle haben verlangt, Christen zu werden, und gedroht, sich eher
ins Meer zu stürzen, als zu ihren bisherigen Herren und Gebietern an Land
zurückzukehren. Das christliche Gewissen des Admirals soll in grosser Not
gewesen sein, da er einerseits den Uebertritt dieser Ungläubigen zum Christentum
wünschen, aber andererseits Seelengefahr für seine Mannschaft durch das
Zusammensein an Bord mit so vielen Weibern fürchten musste. Schliesslich soll
er als das geringere Uebel die gewaltsame Zurückschaffung der Weiber an Land
angeordnet und ihnen leidliche Aufnahme durch Drohungen verschafft haben. )
Doch auch ohne grossen Glauben an die Tugend des weiblichen Teiles der
damaligen KilwaBevölkerung ist undenkbar, dass sich von einer Stadt, die etwa
4ooo Einwohner zählte, 2oo Frauen, d. i. mindestens jede zehnte Frau, nach
flüchtigster Bekanntschaft von wildfremden Männern den unbekanntesten
Verhältnissen zu entführen liess. Der Leichtsinn in Kilwa mag gross gewesen
sein, aber Negerinnen trennen sich nicht so willkürlich von ihren gewohnten
Verhältnissen. Fast ausgestorben an Frauen zeigt sich noch heute ein entlegenes,
ostafrikanisches Dorf, sobald es von Europäern betreten wird. Hielten sich damals
die Frauen nicht zurück, so werden sie von den Männern zurückgehalten worden
sein, denn ebenso wie heute, nur im stärkeren Masse, werden in jener Zeit, nach
afrikanischer und muhamedanischer Anschauung, die Weiber die
begehrenswerteste Kampfesbeute gewesen sein. Möglich ist, dass wirklich
einzelne weibliche Flüchtlinge auf den Schiffen erschienen, und dass Gaspar
Correa mit seiner gewohnten
) Barros 1 II S. 31-32.
2) Three voyages S. 299-302.
- 49 Vorliebe für Auf bauschung und Ausschmückung hieraus einen bemerkenswerten
Zwischenfall machte. Die anderen Chronisten wissen von dieser
Weibergeschichte nichts.
Mit dem Entschlusse, dem Könige von Portugal die Anlage einer Festung in
Kilwa, insbesondere des Goldhandels mit Sofala halber, zu empfehlen und die
Kosten des Baues und der Unterhaltung dem Könige Ibrahim und der
Bevölkerung der Stadt aufzubürden, verliess der Admiral mit seinem Geschwader
nach zehntägigem Aufenthalte diesen Hafen. Nachzutragen ist, dass sich
Mohamed Ankoni, trotz des erlittenen Ungemaches, in seinem Hasse gegen den
König schliesslich den Portutugiesen eng anschloss und von diesen als treu und
brauchbar erkannt wurde. Die Früchte dieser Annäherung wird ein späterer
Abschnitt zeigen. Die einen der anderen würdig, hatten sich in diesem
Aufenthalte die Portugiesen und die Kilwa-Leute, oder richtiger die beiderseitigen
Machthaber, erwiesen. Auf der einen Seite stehen die Gewaltsamkeit und
Grausamkeit, durch welche die Unterwerfung und die Tributzahlung erpresst
wurden, und auf der anderen Seite die Gemeinheit und Verschlagenheit des
Königs Ibrahim.
Doch Vasco da Gama glaubte, das von den Bürgen erpresste Tributgeld als
vollwertig ausgeben zu dürfen. Als er im folgenden Jahre im November nach der
Heimat zurückkehrte und seinen Einzug in Lissabon hielt, ritt vor ihm mit
Gepränge unter Pauken- und Trompetenschall ein Edelmann, der in einem
silbernen Gefäss dieses Tributgeld aus Kilwa trug, und der König von Portugal
liess aus demselben Golde eine Monstranz anfertigen, die er als erste
Siegeserrungenschaft aus dem Osten dem Kloster zu Belem stiftete.') Es ist dieses
die berühmte Custodia de Belem, das Meisterwerk von Gil Vicente, die noch
heute erhalten ist, und die das wertvollste Stück des portugiesischen Kronschatzes
bildet. Ihre Inschrift verewigt ihre Entstehungsgeschichte.2)
Ohne weiteren Eingriff in die ostafrikanischen Verhältnisse hatte das Geschwader
Vasco's da Gama seine Reise nach Indien fortgesetzt. Doch schon im folgenden
Jahre sollten fernere Plätze der Küste die schwere Hand der Portugiesen fühlen.
Von dem Geschwader Antonio's de Saldanha, der im Jahre 1503, besonders zur
Blockierung des Roten Meeres, ausgesandt war, hatte sich ein Schiff unter dem
Kommando von Ruy Lourenýo Ravasco getrennt und allein Kilwa erreicht, wo er
während eines Aufenthalts von 22 Tagen gut aufgenommen wurde. Von hier
ausgehend, kaperte er ohne ersichtlichen Grund zwei Dhaus, die nach
1) Barros I II S. 75-76. Goes S. i8.
2) A. C. de Teixeiria de Aragäo,Vasco da Gama e A Vidigueira. Boletim da Soc.
de Geogr. de Lisboa, Lisboa 1886, S. 603 ff.
Strandes, Ostafrika.
4
- 50 Mombasa gehörten. Diese Prisen wurden zurückkehrend dem König von Kilwa
überwiesen. Dann wegelagerte er in dem Kanal zwischen dem Festlande und der
Insel Zanzibar, mit solchem Erfolge, dass er über 20, meistens mit Getreide
beladene Fahrzeuge wegnahm. Auch viel Beute von Elfenbein') und von
silbernem Schmucke wurde gemacht. Ohne Widerstand pflegten sich die
Fahrzeuge plündern zu lassen und die Mannschaft für ihre Freigabe Lösegeld zu
zahlen. Reiner Seeraub wurde damit getrieben, denn Zanzibar war in Frieden mit
Portugal und hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. Entschuldbarer ist
vielleicht die Wegnahme der Mombasa-Fahrzeuge, da sich die Portugiesen mit
dieser Stadt seit den Misshelligkeiten, die Vasco da Gama auf seiner
Entdeckungsreise erfuhr, im Kriegszustande befindlich erachten konnten. Doch
das ganze Vorgehen war ein derartiger Rechtsbruch, dass selbst zeitgenössische
portugiesische Schriftsteller ihn mit schwerem Tadel und als ein Beispiel
derjenigen Ursachen anführen, durch die Portugal sich Feinde im Indischen
Ozean schuf.') Nachdem Ruy Lourenýo dieser edlen Thätigkeit nahezu zwei
Monate nachgegangen war, segelte er schliesslich, vermutlich da die
einheimischen Fahrzeuge den Meeresarm zwischen Insel und Festland mieden,
um die Insel herum und ging vor der Stadt Zanzibar vor Anker, die sich als eine
ansehnliche Ortschaft mit nicht unbedeutender Einwohnerschaft, einigen
Steinhäusern und vielen Fahrzeugen im Hafen erwies. Die Ankunft erfolgte nach
Sonnenuntergang, sodass kein Verkehr mehr mit dem Lande erfolgen konnte, aber
allerlei Anzeichen, besonders der Lärm in der Nacht am Lande lehrten, dass man
keinen freundschaftlichen Empfang finden würde. Am anderen Morgen kam
ein
Abgesandter des Herrschers des Landes mit der Frage an Bord, ob dieses das
Schiff sei, das die Plünderungen ausgeführt habe, und verlangte die Auslieferung
des Geraubten. Hierauf erwiderte der portugiesische Kapitän lügnerisch, es sei
ihm überall auf der Insel der Kauf von Getreide verweigert worden, den man doch
sonst allen Mitmenschen gewähre, er sei angegriffen worden und deshalb habe er
sich verteidigt, sowie dasjenige mit Gewalt genommen, was ihm gegen Bezahlung
verweigert worden sei. Auch empfahl er dem Landesherrn in Gutem mit den
Portugiesen Freundschaft zu schliessen. - Doch dieser Aufforderung wurde nicht
gefolgt. Eine grosse Anzahl Kanoes, besetzt mit Bewaffneten, griffen das Schiff
an, wurden aber teils genommen und teils zurückgetrieben. An dem Strande
sammelten sich nun eine Menge Be1) Gaspar Correa 1 414 erzählt in seiner
gewohnten Uebertreibung, dass so viel Beute an grossen Elefantenzähnen
gemacht worden sei, dass Ruy Lourenco den Steinballast seines Schiffes über
Bord geworfen und durch Elfenbein ersetzt habe.
') Goes S. 208. Osorius, De Rebus Emmanvelis Lusitaniae Regis Gestis, Coloniae
Agrippinae 158o, B1. 85 b.
- 51 waffneter, angeblich 4000 Mann, um die Landung zu verhindern. Doch die
Portugiesen wagten mit einem Schiffsboot und zwei der genommenen Dhaus, die
mit Kanonen besetzt wurden, den Angriff; die grosse Ansammlung wurde den
Verteidigern verderblich, denn die erste Geschützsalve, auf den dichten Haufen
gerichtet, streckte 35 Mann, darunter den Sohn des Königs nieder. Es folgte zwar
noch ein kurzes Scharmützel, in dem einige Portugiesen durch Pfeilschüsse
verwundet wurden, doch der Strand wurde unschwer geräumt, und es erschien ein
Araber, der unter dem Ruf in arabischer Sprache: » Friede! Friede !« eine
portugiesische Flagge schwenkte. Als ein geheiligtes Zeichen wurde die Flagge
durch Abnehmen der Kopfbedeckung von dem portugiesischen Kapitän und
seiner Mannschaft begrüsst, worauf die gegenüberstehende feindliche Truppe, der
König an der Spitze, diesem Beispiele folgte. In der entstandenen Waffenruhe
wurde eine Unterredung verabredet, die die Portugiesen auf das Schiff verlegten,
da sie erhofften, angesichts der Schiffsgeschütze eher zum Ziele zu gelangen, als
in einem Boote oder am Lande. Die Abgesandten erbaten Frieden. Unter
Festsetzung eines jährlichen Tributs von I0O Metikal Gold (M. 1200.-), sowie
einer Abgabe von jährlich 30 Ziegen an das den Tribut abholende Schiff wurde
solcher gewährt. Für das erste Jahr wurden diese Abgaben miteins erlegt. Die
Tributzahlung sollte nicht nur als gebräuchliches Zeichen der Vasallenschaft,
sondern auch als Strafe dafür gelten, dass in Zanzibar nicht gleich bei Ankunft
von Ruy Lourenýo die portugiesische Flagge gehisst war. Thatsächlich war dieses
ein neues Unrecht denn die Flagge gehörte einem Neffen des Königs von
Melinde, der mit seinem Fahrzeuge im Hafen lag, welchem sie von Joäo da Nova
zum Schutz seines Fahrzeuges übergeben war.') Von den in Zanzibar gekaperten
vier Fahrzeugen wurden zwei diesem Melinde-Mann geschenkt, ein anderes, das
Patta-Leuten gehörte, durfte sich trotz höheren Wertes mit 16o Metikal Gold (=
M. 1920.-) loskaufen, während das vierte Fahrzeug samt Ladung dem Könige
übergeben wurde, wodurch dieser, wie erzählt wird, aus diesen Vorgängen noch
mit Gewinn hervorging, wenn er nicht seinen Sohn, um den er sehr trauerte,
verloren hätte.")
Von Zanzibar wendete sich Ruy Lourengo nach Melinde. Hier erschien er als
Retter in der Not, denn der König dieser Stadt, der treue Bundesgenosse der
Portugiesen, war in Krieg mit Mombasa. Ruy Lourengo begab sich mit seinem
Schiffe vor diese Stadt, während die Melinde-Leute über Land gleichfalls dorthin
zogen. Ein Gefecht am Lande zwischen den feindlichen Eingeborenen blieb
unentschieden, doch
) Barros 1 Iu S. 107-110.
2) Gaspar Correa 1 S. 419.
- 52 die Mombasa-Leute zogen sich nach ihrer Stadt zurück, da sie von Ruy Louren§o
blockiert wurde und alle einlaufenden Fahrzeuge weggenommen wurden. Einen
Angriff auf die Stadt wagten indessen die Portugiesen nicht, da sie stark befestigt
war und insbesondere am Eingange des Hafens eine Batterie mit Geschützen
errichtet war, die sich die Eingeborenen aus einem gestrandeten portugiesischen
Schiffe angeeignet hatten.') Diese Feindseligkeiten kamen zum Abschluss,
nachdem noch ein zweites portugiesisches Schiff unter Antonio de Saldanha vor
Melinde eintraf. Auf Antrag von Mombasa, das weiteren Abbruch fürchtete,
schlossen die Herrscher dieser Stadt und Melinde Frieden.
Während dieser Begebenheiten machte Ruy Lourenýo noch einen weiteren fetten
Fang dadurch, dass ihm fünf Fahrzeuge aus Barawa mit an Bord befindlichen I2
Hauptpersonen dieser Stadt, die damals Republik war, in die Hand fielen. Nicht
nur kauften sich die Gekaperten selbst los, sondern sie unterwarfen auch durch
einen Vertrag ihre Stadt der Oberhoheit Portugals gegen einen jährlichen Tribut
von 50o Metikal Gold (= M. 6ooo.-) und liessen sich miteins durch Uebergabe
einer Flagge und Verbriefung unbehinderte Schiffahrt verbürgen.
Wahrscheinlich zu ihrem grossen Leidwesen mussten die Portugiesen bald
bemerken, dass sie mit dieser Bereitwilligkeit zur Unterwerfung überlistet waren,
denn als wenige Tage später eine Dhau, mit ganz besonders reicher Ladung
angehalten wurde, erwies sie sich als in Barawa beheimatet und den
Vertragschliessenden selbst gehörend. Doch in diesem Falle waren die
Portugiesen tugendhaft und liessen das Fahrzeug unberaubt weitersegeln.
Ruhmselig berichtet ein Chronist, es sei damit den Eingeborenen der Beweis
geliefert worden, dass die in Aussicht gewesene reiche Beute die Begehrlichkeit
nicht gereizt habe und der Wert des Geleitsbriefes bezeugt worden.2) Freilich
erscheint auch diese Handhabung als eine Ausnahme in dem ersten Jahrzehnt der
portugiesischen Machtentfaltung im Osten, und häufiger sind die Beispiele zu
finden, dass kein Vertrag und kein Abkommen gegen Vergewaltigung schützten.
1) Barros I II S. iii.
2) Barros 1 I S. 112.
Unterwerfung durch Waffengewalt und Festungsbau in Kilwa.
Einschneidend wurde im Arabischen Meere und in den Häfen an der Westküste
Indiens das Auftreten der Portugiesen empfunden. Mehr und mehr wurde
offenbar, dass sie nicht nur neue lästige Mitbewerber im Handel waren, sondern
dass sie nichts Geringeres vorhatten, als den bisherigen Verkehr ganz zu
unterdrücken. Unverholen versuchten sie jedwede Schiffahrt von Indien nach dem
Roten Meere zu verhindern. Die Araber, die seit langen Zeiten den
Warenumtausch zwischen Indien und Europa allein in den Händen gehabt hatten,
rüsteten sich zu kräftigerem Widerstande. Die arabischen Kaufleute Kalekuts,
der Herrscher dieser Stadt und der Scheik von Aden, als die am meisten
Geschädigten, schickten eine Gesandtschaft nach Kairo, um den Sultan von
Aegypten um Beistand zu bitten. Dieser, der selbst die Veränderung der
Handelsverhältnisse an der starken Verminderung der Durchfuhrgüter von und
nach dem Osten verspürte und an dem dadurch verursachten Rückgang seiner
Zolleinnahmen litt, war voll bereit, den Portugiesen entgegenzutreten. Sein erster
Schritt war auszusprengen, dass er als Vergeltung für das den Muhamedanern im
Indischen Ozean zugefügte Ungemach, für die Kaperung friedlicher Kauffahrer
und die Behinderung der Mekka-Pilger alle heiligen Oerter im gelobten Lande
zerstören und alle Christen von dort vertreiben würde. Mit einer bezüglichen
Botschaft schickte er Pater Mauro, den Prior von St. Katharinen vom Berge Sinai,
nach Rom um dem Papste die Beschwerden vorzustellen und Abstellung zu
verlangen. Mit Empfehlungen des Papstes ging der Prior nach Portugal weiter.
Doch dort wurde er mit reichen Geschenken für sein Kloster und der Vertröstung
abgespeist, dass der eigene Vorteil den Sultan von der Ausführung seiner
Drohungen abhalten würde, da die Pilgerfahrten der Christen ihm grossen Gewinn
brächten. In einem Briefe an den Papst legte der König von Portugal seine
Ansicht nieder,
- 54 dass er nur als ein getreuer Sohn der Kirche handle, wenn er nach allen Kräften
den Muhamedanern Abbruch thue, und in diesem Sinne sogar hoffe, noch in das
Rote Meer einzudringen und selbst Mekka, die verabscheuungswürdige
Heimstätte des falschen Propheten, zu zerstören.') Auch im Osten unternahm der
Sultan allerlei Schritte, um den Portugiesen entgegenzuarbeiten. Nicht minder als
er selbst waren die Venetianer in Not durch die Aenderung, die sich im Handel
mit Indien vollzog. Gemeinsam berieten die Signoria dieser Stadt und der Sultan
die Mittel, durch welche die Erhaltung der altgewohnten Handelswege zu
ermöglichen sei. Auf den Rat Venedigs empfahl der Sultan nach Indien alle
Bemühungen einzusetzen, dass möglichst zwei Jahre hindurch die Portugiesen
dort keine Gewürze erhielten. Bei der verhältnismässigen Mittellosigkeit
Portugals glaubte man, dass einige verlustbringende Reisen zum gänzlichen
Aufgeben dieser Unternehmungen führen würden. Die Armut Portugals war
überhaupt ein Umstand, aus dem das eifersüchtige Venedig Hoffnung schöpfte,
und den es für sich zu verwerten suchte. Schon in den vorhergehenden Jahren
hatten sich, sogar in Lissabon selbst, Abgesandte Venedigs an die von den Flotten
mitgebrachten Indier herangedrängt und sie auf diese Schwäche der Portugiesen
aufmerksam gemacht. Es wird berichtet, dass es Vasco da Gama auf seiner
zweiten Ausreise zur grossen Genugthuung gereichte, dass er beim Kap des
Grünen Vorgebirges ein von Mina heimkehrendes Schiff antraf, das reiche
Goldfracht hatte und den an Bord befindlichen Gesandten der Könige von
Kananor und Kochin diese Schätze zur Zerstreuung der Einflüsterungen der
Venetianer vorzeigen konnte.2) Den arabischen Kaufleuten in Kalekut und den
anderen Häfen Indiens wurde auch von Kairo und Venedig aus aufgegeben,
besonders auf den Punkt aufmerksam zu machen, dass die Portugiesen stets nur
Gewürze kaufen würden, wogegen bei Aufrechterhaltung des Handels mit dem
Roten Meere auch andere Erzeugnisse Indiens, hauptsächlich Baumwollenstoffe,
Absatz finden würden. Viel ist angenommen, dass die Signoria Venedigs über
Ratschläge hinaus thatsächlich die Araber in ihrer Befehdung der Portugiesen im
Osten unterstützt habe. An dem Wunsche hierzu wird es nicht gefehlt haben, doch
es ist nachweisbar, dass die Signoria das Ersuchen des Sultans, ihm einige
Stückgiesser und Schiffsbaumeister zu überlassen, unter der offenen Begründung
abgelehnt hat, dass sie sonst den Unwillen und die Feindschaft der gesamten
Christenheit auf sich ziehe. Wie wie weit die Gedanken und Pläne Venedigs
gingen, um sich die Quelle des Wohlstandes, den Handel mit Indien zu erhalten,
dafür ist ein
1) Barros III S. 189.
2) Barros IlI S. 24-27.
- 55 Beweis, dass die Signoria sogar beschloss, dem Sultan den Durchstich der
Landenge von Suez zu empfehlen. Der bezügliche Auftrag war schon dem nach
Kairo abreisenden Gesandten Venedigs erteilt, wurde indessen im letzten
Augenblicke noch zurückgezogen, da man wohl mit Recht befürchtete, dass in
Kairo dieser Plan als nur im selbstsüchtigen Interesse Venedigs gegeben
betrachtet werden würde.') Die einzige wirkliche That, womit schliesslich der
Sultan dem Hülferuf seiner Unter thanen und Glaubensgenossen aus dem
Indischen Ozean entsprach, war, dass vier Schiffe als Vorbilder derjenigen
Bauart, womit die portugiesischen Schiffe im Osten erfolgreich bekämpft werden
konnten, in Tor (auf der Sinai-Halbinsel) aus Hölzern, die geschnitten vom
Mittelmeer herangebracht waren, erbauet wurden.
Doch auch die Portugiesen waren durch die Erfahrungen der ersten Reisen mehr
und mehr belehrt, dass zur Wahrung und zum Ausbau der Errungenschaften das
Auftreten mit grossen Machtmitteln notwendig sei, und dass insbesondere nicht
das jährliche Aussenden von Schiffen genüge, die nach Einnahme ihrer Ladungen
zurückkehrten, sondern dass ständige Festsetzung durch Errichtung von
Festungen und Belegung derselben mit starken Besatzungen geboten wäre. Mit
hierhinzielenden Absichten wurde im Frühjahr 15o5 eine Flotte von 22
Schiffen mit 1500 Mann an Bord ausgerüstet, zu deren Befehlshaber Dom
Francisco d'Almeida ernannt wurde, der in Indien mit dem Titel eines
Gouverneurs und Vizekönigs bleiben sollte. Im kurzen lassen sich die
Instruktionen, die diesem ersten Vizekönig erteilt wurden, in die Worte: Krieg mit
den Muhamedanern und Handel mit den Helden zusammenfassen. Als erste
Aufgabe war die Errichtung einer Festung in Sofala und die Gefangennahme aller
dort Handel treibenden Muhamedaner, sowie Beschlagnahme des in deren
Händen befindlichen Goldes vorgesehen. In der dem Befehlshaber erteilten
Instruktion ist angeführt, dass, wenn jemand nach den Gründen derartigen
Vorgehens fragen solle, zu antworten sei, dass die Muhamedaner in ewiger
Feindschaft mit den Christen lebten, dass jene, wo sie könnten, sich der Christen
und deren Güter bemächtigten, und dass man ihnen daher dasselbe anthue, wo
man könne.')
Da der königliche Schatz den hohen Anforderungen an Kapitalien nicht
gewachsen war, die zur Ausrüstung der Schiffe und zur Mitgabe für den Einkauf
von Gewürzen notwendig waren, hatte man schon bei der zweiten Indienfahrt,
unter Pedro Alvares Cabral, Privatleuten und Nichtportugiesen die Beteiligung für
eigene Rechnung gestattet. Damals
1) Dr. Wilh. Heyd, Geschichte'des Levantehandels, Stuttgart 1879, II S. 540.
2) Goes S. 291.
hatten vermutlich nur Italiener diesen Vorteil wahrgenommen.
Jetzt
aber fanden auch deutsche Unternehmer Anschluss. Schon lange erfreuten sie
sich in Portugal besonderer Vorzüge
für ihre Handelsniederlassungen.') Die
berühmten Handelsgesellschaften der Fugger, Welser, Höchstetter, Hirsvogel und
Imhof stellten für die Flotte von Francisco d'Almeida drei Schiffe. Es war ihnen
dabei die Bedingung auferlegt, dass die* Kapitäne und Bemannung Portugiesen
sein mussten, doch durften sie für die Wahrnehmung der Handelsgeschäfte ihre
deutschen Vertreter mitsenden.2) Namentlich ist bekannt, dass Balthasar Sprenger
und Hans Mayr an der Fahrt teilnahmen, denn beide haben anschauliche Berichte
darüber hinterlassen. ') Landstreichende Deutsche mögen diesen Genannten
vorangegangen sein, fand doch Marko Polo selbst in China einen Deutschen, doch
abgesehen von dem früher erwähnten Juden Gaspar aus Posen, der bald als Pole
und bald als Deutscher bezeichnet wird, gebührt diesen Balthasar Sprenger und
Hans Mayr der Ruhm, die ersten Deutschen gewesen zu sein, die beglaubigt
Ostafrika und OstIndien sahen.4)
1) j. P. Cassel, Privilegia u. Handelsfreiheiten, welche die Könige von Portugal
ehedem den deutschen Kaufleuten zu Lissabon ertheilet haben. Bremen 1771.
2) Einen zusammenfassenden Bericht über diese Unternehmung giebt Dr.
Friedrich Kunstmann in: Fahrt der ersten Deutschen nach dem portugiesischen
Indien,
München I861.
8) Die Merfart vii erfarung nüwer Schiffung und Wege zu viln onerkannten Inseln
vnd Kunigreichen, von dem grossmechtigen Portugalische Kunig Emanul
Erforscht, funden, bestritten vnnd Ingenomen, auch wunderbarliche Streyt,
ordenung, leben wesen handlung und wunderwerke des volcks und Thyrer dar inn
wonende, findestu in diessem buchlyn wahrhaftiglich beschryben vnn
abkunterfeyt, wie ich Balthasar Sprenger sollichs selbs: in kurtzverschyii zeiten
gesehen vii erfaren habe. Gedruckt Anno MDIX. Ferner ,Do viage de dö francisco
dalmeyda p'mey. Vicerey de India deste q'derno foy trellado do nao sa raffael ýý q
hia hansz mayr p scriva da feytoria e capitä fernä suarez" in einem Sammelwerk
von Valentin Ferdinand, Handschrift in der Kgl. Hofund Staatsbibliothek zu
München; dieser Bericht ist zwar nur portugiesisch erhalten, doch zweifelsohne
die Wiedergabe des Tagebuchs des Hans Mayr.
4) Dieses Stückchen Ruhm ist den Genannten schwerlich durch den Ritter Arnold
von Harff streitig zu machen. Nach seiner eigenen Reisebeschreibung
(herausgegeben von Dr. E. von Groote, Cöln i86o) will dieser Ritter nach einer
Pilgerfahrt nach Jerusalem vom Roten Meer aus zu Schiff einen Abstecher nach
Madagaskar gemacht haben, dann von der ostafrikanischen Küste aus quer über
Land an die Nilquellen gereist und schliesslich auf dem Nile nach Aegypten
zurückgekehrt sein. Wären seine Angaben wahr, so wäre er im Mai oder Juni
1498 von der Gegend des heutigen Pangani aus ins Innere gezogen. Indessen,
auch abgesehen von der grossen Unwahrscheinlichkeit, dass ein einzelner
unbemittelter Pilgersmann die grosse afrikanische Ueberlandreise vollbracht
haben kann, ist die Beschreibung der Seereise ein so wirres Durcheinander von
Länder- und StädLenamen, dass gänzlich unglaubwürdig ist, dass der Reisende
überhaupt im Indischen Ozean, geschweige denn in Ostafrika gewesen
- 56 - 57 Die Flotte wurde, da nicht alle Schiffe gleiche Segelschnelligkeit hatten, in
verschiedene Abteilungen getrennt. Ohne Sofala und Mozambique angelaufen zu
haben, wandte sich Francisco d'Almeida nach Kilwa, wo er am 22. Juli mit 8
Schiffen eintraf. Auch für diesen Platz war in der königlichen Instruktion die
Errichtung einer Festung, wenn nötig nach Niederwerfung der bisherigen
Machthaber, zur Vorschrift gemacht. Gleich nach Ankunft wurden die Schiffe im
Auftrage des Königs Ibrahim mit Worten und mit Geschenken von Früchten
begrüsst. Die Boten wurden mit Gegengeschenken belohnt, doch dem Könige die
Antwort geschickt, man wundere sich, dass auf das Salutschiessen der Schiffe
vom Lande mit keinem Höflichkeitszeichen geantwortet sei, und dass
insbesondere die dem Könige anvertraute portugiesische Flagge nicht gehisst
sei.') Gleichzeitig wurde er auch um Zahlung des seit zwei Jahren rückständigen
Tributes gemahnt, den schon Lopes Soares im Frühjahr desselben Jahres, bei
einem Besuche Kilwas auf der Rückreise von Indien, vergebens versucht hatte
.einzuziehen, und den der König bestimmt versprochen hatte dem
nächsterscheinenden Schiffe zu zahlen. Der König liess hierauf erwidern, dass er
sich zur Zahlung des Tributes nicht verpflichtet erachte, da er sich zu solchem nur
unter Bedrohungen, trotz des ihm versprochenen freien Geleites, verstanden habe,
dass nicht er, sondern die Geisseln in gleicher Todesnot die erste Zahlung
geleistet hätten, und dass er ausserdem über seine Unterthanen nicht genügend
Macht besässe, um Abgaben von ihnen erzwingen zu können.') Ferner brachte er
als Entschuldigung für das Nichthissen der Flagge vor, dass er sie einem seiner
Fahrzeuge auf einer Reise nach Sofala als Schutz mitgegeben habe, dass aber
dennoch dieses Fahrzeug samt der Flagge von einem portugiesischen Kapitän
weggenommen worden wäre. In einem Kriegsrate, den Francisco d'Almeida nach
Empfang dieser Antwort abhielt, herrschte.Einstimmigkeit, dass der König
bezüglich der Tributverpflichtung nur Wahres und Berechtigtes vorbringe,
dennoch vertrat Francisco d'Almeida persönlich die Ansicht, dass dieser Sachlage
nur dann Rechnung getragen werden dürfte, wenn sie der König bescheiden und
unterwürfig vorgetragen hätte, dass aber die Vorbereitungen zum Kampfe, die in
der Stadt bemerkbar seien, auf andere Gesinnung deuteten, und dass die
portugiesische Waffenehre erheische, diese Herausforderung anzunehmen. Noch
ernster erachtete Dom Francisco die Beschuldigung,
ist. Wegen gegenteiliger Ansichten vergl. R. Freiherr von Seydlitz, Die
Orientfahrt des Ritters A. von Harff (I496-I499), Ergänzungsheft No.2 der
Zeitschrift für wissenschaftl. Geographie, Weimar i89o, S. 40 ff.
1) Barros I II S. 198.
) Gaspar Correa I S. 537.
58 dass ein portugiesischer Kapitän, trotz des Schutzes der portugiesischen Flagge,
ein Fahrzeug gekapert haben sollte, und brachte, um hierüber die Wahrkeit zu
ergründen, eine Zusammenkunft mit dem Könige auf dem Wasser in Vorschlag.')
Eine Vereinbarung hierüber wurde getroffen, doch als der Befehlshaber im
grossen Staat, unter einem Traghimmel von Scharlach und Seide, begleitet von
allen Edelleuten der Flotte, unter Salutschiessen der Schiffe auf der verabredeten
Stelle erschienen war, liess der König auf sich warten. Zuerst liess er sich
entschuldigen und um Geduld bitten, da die Seinigen noch nicht versammelt
wären, dann liess er sagen, bei seinem Aufbruch wäre ihm ein schwarzer Kater
begegnet, was nach Landesglaube bedeute, dass an diesem Tage getroffene
Verständigungen keinen Bestand haben würden, und bat um Verlegung der
Unterredung auf den nächsten Tag,2) Im Zorn liess Francisco d'Almeida dem
Könige sagen, wenn er ihn nicht am anderen Morgen an dem Strande träfe, so
würde er ihn mit Gewalt aus seiner Behausung holen lassen. Nachdem noch eine
Warnung bekannt geworden war, in der Mohamed Ankoni anriet, sich nicht von
dem Könige hintergehen zu lassen, da dieser nie zu einer Unterredung erscheinen
würde, wurde der Angriff auf die Stadt beschlossen. In der Nacht wurden auf den
Schiffen, wie ein Chronist erzählt, »die Seelen und Waffen in Bereitschaft
gebracht«. Durch Mohamed Ankoni wusste man, dass über i5oo Bewaffnete in
der Stadt seien und weitere Bogenschützen vom festen Lande hereingezogen
würden. Man machte sich auf einen harten Strauss gefasst, aber die Schönheit der
Stadt, die Stattlichkeit der Häuser mit ihren flachen Dächern und Ausbauten
stärkte in dem Wunsche, hier einzubrechen und den Uebermut ihrer Bewohner zu
brechen.')
Vor Tagesanbruch des 24. Juli i5o5 versammelte der Befehlshaber die zur
Landung bestimmten 5o0 Mann auf seinem Schiffe. Eine allgemeine Beichte
wurde abgehalten und Ablass gemäss der päpstlichen Bulle erteilt, welche denen
Vergebung der Sünden verhiess, die ihr Leben im Kampfe für den christlichen
Glauben verlören. Ohne dass eib Verteidiger sichtbar wurde, erfolgte sodann die
Landung. In zwei Abteilungen wurden die Truppen eingeteilt. 200 Mann unter
dem Befehle des Sohnes von Francisco d'Almeida erhielten den Auftrag, längs
des Strandes zur Behausung des Königs, die getrennt von der Stadt auf einer
Spitze der Insel lag, vorzudringen und dort Aufstellung zu nehmen. Ohne
Widerstand zu finden, wurde dieses -ausgeführt.
1) Gaspar Correa I S. 53718.
2) Barros In S. I99/202, Gaspar Correa und Goes erzählen nichts von dieser
beabsichtigten Unterredung.
8) Barros 1 S. 216.
- 59 -Nachdem Dom Francisco hiervon durch einen verabredeten Büchsenschuss
unterrichtet war, setzte er sich an der Spitze des zweiten Haufens gegen die Mitte
der Stadt in Bewegung. Noch immer zeigten sich keine Eingeborenen, und es ist
sehr wahrscheinlich, dass sie sich auch weiter zurückhielten. Der sonst verlässige
Barros erzählte allerdings, dass mit dem Eindringen in die engen Strassen ein
solcher Hagel von Steinen und Pfeilen von den Dächern auf die Truppen
niedergegangen sei, dass der einzige Ausweg zum Vorwärtsdringen der gewesen
sei, die Häuser zu erbrechen, die flachen Dächer zu ersteigen und hier hoch oben
kämpfend vorzudringen, doch hiervon wissen die anderen derzeitigen
Berichterstatter nichts. Weiter erzählt auch Barros allein, dass die Abteilung der
Portugiesen unter dem jüngeren Almeida auf dem freien Platze zwischen der
Stadt und dem festungsartigen, mit Türmen versehenen Königshause einen harten
Stand gehabt habe. Zuerst soll sie hier einen ungestümen Angriff von 3oo
Eingeborenen abzuschlagen gehabt haben, dann soll sie durch Wurfgeschosse von
den Dächern des Königshauses stark gelitten haben. Schliesslich soll das
Königshaus erbrochen worden, aber bereits geräumt gefunden sein. Durch eine
List, durch scheinbares Anknüpfen von Verhandlungen, soll der König die Zeit
gewonnen haben, mit seinen Weibern und Schätzen durch ein Nebenthor in einen
Palmenwald und von dort in bereitliegenden Booten nach dem Festlande zu
entweichen.') Die anderen Chronisten wissen von diesen Kämpfen und
Einzelheiten nichts. Balthasar Sprenger, ein deutscher Teilnehmer erzählt, die
Begebenheiten dieses Tages wie folgt: »Uff den 24. tag des obgeschriebenen
monadts do füren wir hyn mit gantzer macht mit acht schiffen wol gewapet uff ein
stutz ganz onversehen des morgens frw zu der Stad vnd schossen edlich
Heyden zu tod
vnd blunderten als bald uff die selben zeit die Stat un funden vil reichtumb mit
Golt Silber Perlin Edelgestein vnd ander kostbarliche kleidung vnd huben an uff
den selbfi tag als bald ein schloss zu bauwen.«') Noch harmloser schildert Goes
die Vorgänge dadurch, dass er die Besetzung der Stadt geradezu einen friedlichen
Sieg nennt.') Auch der zweite deutsche Augenzeuge Hans Mayr erzählt nichts von
Kämpfen. Sehr wahrscheinlich ist hiernach, dass die Eingeborenen keinen
nennenswerten Widerstand leisteten, sondern dass das gemeldete »Totschiessen
etlicher Heiden« nur ein Niederknallen von fliehenden oder allenfalls von solchen
Eingeborenen war, die sich einzeln gegen Vergewaltigung wehrten. Auch Barros
selbst berichtet, dass die Portugiesen
) Barros I1 S. 216 ff.
2) Sprenger S. 73) Goes S. 296.
6o keine Toten, sondern nur Verwundete gehabt haben, und bestätigt hierdurch die
Bedeutungslosigkeit der Kämpfe. Bei der Plünderung der Stadt scheint es wild
hergegangen zu sein, denn Francisco d'Almeida fand es notwendig, den
Plünderern seinen Sohn mit einer Anzahl Edelleuten nachzuschicken, um weitere
Ausschweifungen und Brandstiftungen zu verhindern. Das Haus und der Besitz
von Mohamed Ankoni wurde durch eine Wache geschützt. Der Inhalt der
königlichen Behausung wurde für den König von Portugal beschlagnahmt. Alle
sonstige von der Mannschaft gemachte Beute musste zur demnächstigen
gleichmässigen Verteilung abgeliefert werden. Für sich selbst beanspruchte Dom
Francisco nur einen einzigen Pfeil als Andenken. Mit einem Gottesdienste und
Ritterschlage wurde der Tag beendigt. Dom Francisco nahm sein Quartier in dem
Hause des vertriebenen Königs.
Bereits in einem früheren Abschnitte ist kurz angedeutet, dass schon vor der
Ankunft der Portugiesen die Einwohner von Kilwa in zwei Lager gespalten
waren. Seit zwei Jahrzehnten herrschten stetige Unruhen dadurch, dass Wesire die
Macht an sich gerissen hatten und nach ihrem Belieben Könige aus der
erbberechtigten Familie eingesetzt und abgesetzt hatten. Schliesslich hatte sogar
der Wesir Ibrahim ben Soliman, der übrigens auch zu der Königsfamilie gehörte,
den rechtmässigen König El Fodel ben Soliman ermorden lassen und sich selbst,
da er keinen weiteren Scheinkönig mehr neben sich dulden wollte, zum alleinigen
Herrscher aufgeworfen. Der rechtmässige Thronerbe, ein Kind von wenigen
Jahren, war auf einer benachbarten Insel vor Nachstellungen verborgen worden.
Diesen Ibrahim fanden die Portugiesen bei ihrer Ankunft in Kil-wa als Herrscher.
Ihm feindlich gegenüber standen die Anhänger des wahren Tronerben. Auch
scheint eine Partei eines weiteren Thronbewerbers Mohamed (wahrscheinlich mit
dem Beinamen Mikante) bestanden zu haben, der schon einmal im Besitze der
Macht gewesen war. Durch tyrannisches Wesen hatte sich Ibrahim verhasst
gemacht, und seine Herrschaft war so wenig befestigt, dass ihm viele den Titel
König vorenthielten und nur Mir (Emir) Ibrahim nannten. Der Führer der
Widersacher dieses Usurpators und damit Vertreter der Legitimisten war der
früher häufig genannte Mohamed Ankoni. Er wird wechselnd ein reicher
Kaufmann oder Wesir oder auch Vorsteher der Geldangelegenheiten des Königs
genannt. In welcher Weise Mohamed Ankoni und Ibrahim sich gegenüberstanden,
indem keiner der beiden dem andern durch offene Gewaltthätigkeit nahezutreten
wagte, aber wie sie sich doch gegenseitig hinterrücks Böses wünschten und
anthaten, ist bereits durch, die Begebenheiten während der Tributerzwingung
gekennzeichnet. Auch vor und während des Angriffs auf die Stadt hatte Mohamed
Ankoni seine Feindschaft
- 61 gegen den König durch heimliche Mitteilungen an die Portugiesen und dadurch
kund gethan, dass er mit einer grossen Anzahl Anhänger ausserhalb der Stadt die
Entwicklung der Dinge abwartete. Dieses Liebäugeln mit den Portugiesen wurde
belohnt, denn die Erwägungen, welche Francisco d'Almeida über die zukünftige
Regierung der Stadt in einem Kriegsrate vorbrachte, führten dahin, dass man es
als das Beste beschloss, Mohamed Ankoni zum König zu ernennen. Als Freund
der Portugiesen, als siebzigjähriger erfahrener Mann und mit dem Einfluss, den er
auf viele Mitbewohner der Stadt besass, wurde er als die geeignetste Person
erachtet. Gleichzeitig wurde damit die von Portugal mitgebrachte Vorschrift
erfüllt, nach welcher die Regierung in der Hand eines Muhamedaners bleiben
sollte. Der Umstand, dass Mohamed Ankoni nicht der alten Herrscherfamilie
angehörte, wurde als geringwiegend betrachtet, da ohnedies eine gänzliche
Umwälzung der bisherigen Verhältnisse bevorstand.')
Ob Mohamed Ankoni diese Entwickiung der Dinge angestrebt hat, oder ob sie ihn
überraschte, darüber äussern die portugiesischen Schriftsteller verschiedene
Ansichten; während der eine erzählt, wie sich der Genannte über die Niederlage
und die Flucht Ibrahims freute, da er damit seine Absichten auf den Thron
verwirklicht sah2), berichtet der andere von tugendhafter Ueberraschung und
Bedrücktsein von der Grösse der Gnade.') Indessen für die reine Gesinnung
Mohamed's Ankoni spricht, dass er die Herrschaft nur unter einer Bedingung
annahm, die von allen Chronisten als seltene Tugend gepriesen wird. Er blieb
seiner legitimistischen Gesinnung dadurch treu, dass er, obgleich er selbst
erwachsene Söhne hatte, das Königreich nicht als erblichen Besitz annehmen
wollte, sondern von vornherein verlangte, dass nach seinem Tode der eigentliche
Erbe, der minderjährige Sohn von El Fodel sein Nachfolger werden sollte. Noch
vor seiner eigenen Thronbesteigung musste jenes Kind, dass hierzu aus seinem
Versteck herbeigeschafft wurde, als Nachfolger anerkannt werden. Am 26. Juli
15o5 hatte Kilwa das Schauspiel der Krönung des neuen Herrschers. Gestützt an
einen Thurm der königlichen Behausung war auf leeren Fässern eine Schaubühne
errichtet und mit Teppichen und Flaggen geschmückt. Mohamed Ankoni erschien
angethan mit einem purpurnen, seidegefütterten und goldumsäumten Mantel, der
ihm von den Portugiesen geschenkt war. Von einem Herold wurde in
portugiesischer und arabischer Sprache vor den zusammengerufenen
) Barros 1 II S. 231.
2) Gaspar Correa I S. 539.
8) Barros 1 1 S. 232.
- 62 angesehenen Bewohnern der Stadt verkündet, dass Ibrahim wegen Verrat und
Autlehnung mit bewaffneter Hand gegen seinen Herrn den König von Portugal
der Herrschaft entsetzt u.d dagegen Mohamed Ankoni, als Belohnung seiner
Portugal geleisteten Dienste unter der Verpflichtung, Tribut zu zahlen, zum
König ernannt worden sei. Zur Bestätigung und in Ausführung dieser Ernennung
setzte sodann Dom Francisco dem neuen Herrscher eine goldene Krone, die er als
Geschenk für den König von Cochim an Bord hatte, auf den Kopf.') Hierauf
wurde der neue König auf ein Pferd gesetzt und unter Vorantragung der
portugiesischen Flagge, begleitet von Portugiesen und Eingeborenen, sowie
Ausrufern, die die neue Würde laut verkündeten, durch die Stadt geführt. In
Urkunden, in arabischer und portugiesischer Sprache, wurden die Bedingungen
der Belehnung niedergelegt.') Von Klugheit zeugte die erste
Regierungshandlung des neuen Königs, denn er erbat und erhielt von Francisco
d'Almeida die Freilassung aller bei der Einnahme der Stadt gefangenen
Eingeborenen und Straflosigkeit für die Geflohenen. Diese Massregel hatte
solchen Erfolg, dass sich binnen zwei Tagen die Stadt wieder bevölkerte. Der
deutsche Augenzeuge berichtet die Einsetzung Mohamed's Ankoni wie folgt: »Da
macht der Hauptmann ein andern Kung mit grossen Herlichkeiten und eren und
crönet yn mit einer Cron als einem Kunig zugehört und gab ym das Kufigreich
mit alley rechte doch dem kunig von Portugal trew vnd holt zu sein vnd im mit
seynem gantzen Kungreich zu allezeit untertheniglich gehorsam zu seyn.« Weiter
erzählt sodann derselbe Berichterstatter, dass am 3. August der rechte, von den
Portugiesen vertriebene König zurückgekommen sei und, da er seinen Thron
besetzt gefunden habe, seinem Nachfolger gehuldigt und nur begehrt habe,
~Herzog" zu werden, was ihm auch mit allen Ehren gewährt worden sei.') Dieses
lässt sich aber nicht mit den anderweitigen Ueberlieferungen in Einklang bringen.
Wahrscheinlich war jener zurückgekehrte König nicht der vertriebene Ibrahim,
sondern Mikante, der früher einmal im Besitze der Macht gewesen war.
Gemäss den von Portugal mitgebrachten Vorschriften, schritt Dom Francisco nun
zur Anlegung einer Feste. Das beste am Strande, nahe der Stadtmauer gelegene
Haus wurde hierzu als Grundlage genommen; sieben oder acht benachbarte
Häuser wurden niedergerissen, um für die
) Barros 1 11 S. 234. Diese Krönung in Kilwa liess der König Emanuel später
auf einem Gobelin darstellen.
2) Goes I S. 298 bedauerte schon im Jahre 1558, als er sein Werk schrieb, dass
diese und andere wichtige Urkunden verloren seien.
8) Sprenger S. 7.
- 63
Verteidigung freien Raum zu gewinnen. Durch einen turmgeschützten
Ausgang wurde die Verbindung zwischen Land und Wasser gesichert. Die ganze
Ausdehnung des Werkes war sechzig Faden (braas) im
Geviert. Ein viereckiger, dreistöckiger zinnengekrönter Turm
wurde
gegen die Stadt hin errichtet. Die vier Bastionen wurden
für zwanzig
schwere Kanonen, ausserdem die Mauern für Falkonetten und Armbrüste
eingerichtet. Inwendig wurden die Quartiere für die Mannschaft, Vorratsräume
und ein Haus für den beabsichtigten Handelsbetrieb hergestellt. Das Ganze war
auf einer kleinen Landzunge nahe der Hafeneinfahrt gelegen.') Tag und Nacht
wurde an dem Werke gearbeitet. Die Steine
1) Barros 1 II S. 236, Gaspar Correa I S. 542 und San Roman, Historia General de
la Yndia Oriental, Valladolid 1603, S. 96. Diese Beschreibungen lassen sich mit
den heutigen Ruinen Kilwas nicht in Einklang bringen. Die von den Eingeborenen
bestimmt als Ueberbleibsel der Portugiesenzeit bezeichneten Ruinen liegen eine
gute halbe Stunde östlich von der Stadt und bestehen aus zwei umfangreichen,
festungsartig mit Mauern umgebenen viereckigen Höfen. Beide liegen durch ein
Thal getrennt auf Hügeln, die zwar den Hafeneingang beherrschen, aber immerhin
noch ioo bis 200 Meter von dem Strande entfernt sind. Die Höhe der 'Mauer ist
etwa 3,50 m und auch nicht höher gewesen. Beide Anlagen haben teils runde, teils
viereckige vorspringende Türme mit Zinnen, die kaum 2 m höher als die Mauern
sind. Innerhalb beider Höfe zeigen sich, an die Mauern angelehnt, Reste von
Wohnanlagen. In dem westlicher liegenden Festungshofe befindet sich ein 8-io m
tiefes, geräumiges, heute ganz mit Gestrüpp ausgewachsenes Loch das vorbehaltlich näherer Untersuchung - auf eine alte Cisterne zu deuten ist. In dem
anderen Hofe ist ein tiefer rechteckiger, sorgfältig ausgemauerter Brunnen
bemerkenswert. Wie bereits gesagt, behaupten die heutigen Einwohner Kilwa's
mit aller L'estimmtheit, dass diese Gemäuer von den Portugiesen errichtet sind,
doch spricht die Entfernung von der Stadt und dem Strande dagegen. Die Bauten
können ebensogut aus der vorportugiesischen wie nachportugiesischen Zeit
stammen. Nichts deutet an, dass ihre Bauart eine andere ist, als die vieler anderen
Ruinen der Küste. Die nicht selten vorkommenden alten Pläne und Abbildungen
von Kilwa geben über diese Frage keinen Aufschluss, da sie reine
Phantasiegebilde sind. Beiläufig bemerkt, sind sie alle auf einen Plan in Faria y
Sousa »Asia Portuguesa«, Lisboa 1666, 1 S. 73, und eine Abbildung aus den
Städteansichten von Braun und Hogenberg »Civitates Orbis Terrarum-, Coloniae
Agripp. 172-1594, zurückzuführen. - Von vielen Besuchern Kilwa's wird
schlankweg angenommen, dass die imponierende Fortruine, nahe dem
Ankerplatze und dem jetzigen deutschen Zollhause aus der Portugiesenzeit
stamme. Nach den wiedergegebenen Berichten der portugiesischen Schriften ist
nichts dagegen einzuwenden, ja, die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass gerade
an dieser Stelle die Feste Sam Jago gestanden hat, aber Alles, was jetzt noch
vorhanden ist, ist gewiss nach Anlage und Bauart ein arabisches Bauwerk. Hierfür
spricht nicht nur die Ueberlieferung der Eingeborenen, sondern auch die arabische
Inschrift über dem Thore, die übersetzt lautet: Im Namen Gottes des
Allmächtigen, des Allgütigen. Wir haben Dir geöffnet dieses Thor am 23.
Moharram 1822 (= 2. April 1807). Nach vertrauenswürdigen Mitteilungen von
Arabern in Zanzibar ist dieses Fort voh dem abessinischen Verschnittenen Jakuti
errichtet, der lange für die Sultane von Maskat Statthalter in Ostafrika war. Von
diesem
- 64 wurden den abgebrochenen Häusern entnommen. Der neue Landesherr leistete
mit seinen Unterthanen Hilfe. Dom Francisco und alle Kapitäne und die Edelleute
der Flotte förderten die Arbeit durch Anspornen und dadurch, dass sie die
Arbeitenden bei guter Stimmung erhielten. Ja, diese Vornehmen beteiligten sich
persönlich am Schleppen der Materialien und nahmen selbst die Maurerkelle in
die Hand. Derartig war der Bau nach sechzehn Tagen notdürftig fertiggestellt und
konnte mit einer feierlichen Messe eingeweiht werden. Zur Ehrung desjenigen
Heiligen, dessen Namenstag dem Tage der Einnahme der Stadt folgte, wurde der
Feste der Name Sam
Jago (Sankt Jakob) beigelegt. Zum Kommandanten
wurde Pero Ferreira Fogaia, zum
Civilverwalter (alcaide)
Francisco Coutinho und zum Leiter des Handelibetriebes Fernando Cotrim
ernannt. Auch Geistliche, Schatzmeister und Schreiber wurden eingesetzt. Die
ganze Besatzung, einschliesslich der Offiziere und
Beamten, bestand aus 15o Köpfen.')
Ferner wurde eine Karavelle
und ein kleineres Fahrzeug unter Gonýalo Vaz de Goes zur Verfügung des
Festungskommandanten
und zur Bewachung der Küste
zurückgelassen. Die gesammten Kosten des Baues der Feste, sowie des
Unterhalts und der Besoldung wurden von Mohamed Ankoni übernommen,
dem dagegen die Zahlung des Tributs für das erste Jahr erlassen wurde.')
Die weitere Verfolgung des entthronten Ibrahims wurde auf Anraten des neuen
Königs bis nach der Abfahrt des portugiesischen Geschwaders verschoben.
Wenige Wochen jedoch vergingen nur, bis der
Jakuti, seiner Tüchtigkeit und seinen Eigenheiten werden in Zanzibar noch viele
Geschichten erzählt. Auch das Fort in Zanzibar, das gleichfalls häufig fälschlich
den Portugiesen zugeschrieben wird, ist von diesem Jakuti erbaut. Die Forts von
Kilwa und Zanzibar zeigen in ihrer ganzen Anlage, besonders in den dicken
tonnenartigen Türmen und den Mauergängen so augenfällige Uebereinstimmung,
dass sie geradezu auf einen Baumeister hinweisen. Erwähnt mag ferner an dieser
Stelle noch werden, dass die gusseisernen Kanonenrohre, die in ziemlich grosser
Anzahl in Kilwa herumliegen, und die ebenfalls häufig als portugiesischen
Ursprungs erachtet werden, bestimmt aus der Neuzeit stammen. Die älteren
Eingeborenen erzählen überzeugend, dass sie in ihren Kindheitsjahren von
französischen Sklavenhändlern in Zahlung gegeben sind. Vermutlich sind diese
Kanonen Zeugen des Handels in Sklaven, der in den Jahren 1856-1857, freilich
unter dem unschuldigen Namen »engagement des libres noirs«, zwischen
Ostafrika und Bourbon eine kurze Blütezeit hatte. Eine Beschreibung, die J. von
Behr im deutschen Kolonialblatt III, Berlin 1892, S. 643 if. von den Ruinen
Kilwa's giebt, ist ganz unzuverlässig. Die Deutungen auf die verschiedenen
Perioden sind ganz willkürliche, ja die Himmelsrichtungen sind gründlich
verwechselt.
1) Barros 1 It S. 237. Nach Gaspar Correa (1 S. 542-3) im ganzen nur ioo Köpfe,
die der Kommandant als unzureichend erklärte, worauf noch ein Schiff zum
weiteren Schutze zurückgelassen worden sein soll.
2) Gaspar Correa 1 S. 543.
- 65 Entthronte selber der Angreifer wurde, und zwar indem er den Versuch machte,
seinen Nachfolger in dessen eigenem Hause ermorden zu lassen. Doch der
Angegriffene kam mit einem Stiche durch den Arm davon und der
Meuchelmörder wurde ergriffen und gevierteilt. Der Schrecken, den diese
Hinrichtung verbreitete, bewirkte, dass Mohamed Ankoni fernerhin
durchgreifendere Anerkennung fand, als er bisher bei seinen Landsleuten
genossen hatte.')
1) Barros I n S. 254-5.
Strandes, Ostafrika.
Die Erstürmung und Plünderung Mombasa's.
Am 6. August 15o5 verliess Dom Francisco d'Almeida, nachdem, wie geschildert,
der Festungsbau notdürftig bis zur Verteidigungsfähigkeit fertiggestellt war, mit
der Flotte Kilwa und ankerte am 13. desselben Monats mit 16 Schiffen auf der
Aussenrhede von Mombasa. Wenngleich die in Kilwa aufgenommenen Lotsen die
Tiefe des Fahrwassers in der Hafeneinfahrt für die grössten Schiffe genügend
erachteten,
wurden vorsichtshalber zwei kleinere Fahrzeuge zur Auslotung vorangeschickt.
Zu ihrer grossen Ueberraschung wurden sie von einem
Festungswerk, das an dem sehr engen Fahreingange lag, mit Feuergeschützen
beschossen. Wie sich später herausstellte, hatten die Eingeborenen von einem
untergegangenen Schiffe, das zum Geschwader von Cabral gehört hatte, 7 oder
8 Kanonen geborgen und aufgestellt. Diese Geschütze wurden von einem
desertierten und zum Islam übergetretenen Portugiesen bedient.') Das Feuer vom
Lande richtete erst
') Das Weglaufen und der Uebertritt von portugiesischen Soldaten zum Islam war
keine Seltenheit. Die gute Aufnahme, die sie fanden, war eine stetige Verführung.
Zur Abschreckung wurden daher Wiedereingefangene grausam bestraft. So wurde
einer Anzahl bei der Kapitulation von Goa (1512) wiedererlangter Ueberläufer,
denen Schonung des Lebens zugesichert gewesen war, Barthaare und
Augenbrauen ausgerissen und Ohren, Nase, rechte Hand und dazu der Daumen
der linken Hand abgehauen, sodass die Mehrzahl starb. Im Jahre 1515 wurden bei
Ormus vier entflohene und wieder eingebrachte Wegläufer in dem Boote, das sie
zur Flucht benutzt hatten, lebendig verbrannt. Auch in Melinde wurde im Juni des
Jahres 1509 ein portugiesischer Geschützmeister auf kriegsgerichtlichen Spruch
an einem am Lande errichteten Galgen gehängt. Er hatte den Versuch gemacht,
über Land nach Mombasa zu entkommen, wurde aber in einer Ortschaft Outamo,
4-5 Leguas südlich von Melinde und 1/2 Legua vom Meeresufer entfernt, durch
nachsetzende Melinde-Leute, denen eine hohe Belohnung zugesichert worden
war, wiedereingefangen. Der Hingerichtete hatte als Erklärung und
Entschuldigung nichts anderes vorzubringen vermocht, als dass er vom
Teufel.verführt gewesen sei. (Ms. Liss. Gavetas Antigas 25, Maýo 19, No. 22.)
- 67 einigen Schaden an, doch ein glücklicher Schuss von einem der lotenden Schiffe
brachte in der mit ungenügendem Mauerwerk geschützten Batterie den
Pulvervorrat zum Auffliegen, das weitere Bombardement zerstörte die beiden
Türme des Festungswerks und'das «onseglich starck bolwerk» ), wie es der
deutsche Augenzeuge nennt, wurde geräumt, sodass die Portugiesen ohne weitere
Belästigung in den Hafen einlaufen konnten. Die grossen Frachtschiffe blieben
auf der Aussenrhede, doch wurde ihre Bemannung, so weit entbehrlich, auf die
vor der Stadt ankernden Schiffe herangezogen.2) Der portugiesische Befehlshaber
versuchte nun, durch einen der Kilwa-Lotsen eine Botschaft an Land zu schicken,
doch musste das Boot unter einem Angriffe von Pfeilschüssen und Steinwürfen
und Hohnrufen der Eingeborenen zurückkehren. Ebenso missglückten die
Versuche, drei am Strande aufgezogen liegende Schiffe aus Kambaja in Brand zu
setzen und Feuer in die Stadt zu werfen, da die Eingeborenen aus ihrer
vorzüglichen Verteidigungsstellung vom hohen, steilen Ufer aus die Angreifer
durch ihre Wurfgeschosse mit Verlust zurücktreiben konnten. Um Kunde von den
Verhältnissen in der Stadt zu gewinnen, wurde bei anbrechender Nacht eine
Abteilung an Land geschickt, doch fand auch diese die Verteidiger derartig
wachsam, dass die Ausschiffung unmöglich war. Vom Ufer aus wurde den
Booten in Arabisch zugerufen, man fände hier nicht dieselben Menschen wie in
Kilwa, die sich vor Geschützdonner fürchteten, und höhnisch rief auch der bereits
erwähnte portugiesische Renegat seinen Landsleuten zu: »Erzählt dem Admiral,
dass er hier in Mombasa nicht wie in Kilwa Hühner finden wird, die sich die
Hälse umdrehen lassen, sondern zwanzigtausend Männer.') Den Aerger über diese
Verhöhnungen bezahlte Francisco d'Almeida nach Rückkunft der Boote mit
einigen Salven, die er auf die Mitte der Stadt richten liess. Durch einen durch
Boote an der anderen Seite der Insel aufgegriffenen Araber wusste man, dass der
König zum äussersten Widerstand vorbereitet war;
über 15oo Bogenschützen, Neger, hatte er vom festen Lande her.angezogen')
und, um die Verteidigung so nachdrücklich wie möglich zu gestalten, bei
Todesstrafe verboten, dass Jemand sich oder sein Eigentum aus der Stadt
entferne. Zwei Tage schon lagen die Portugiesen vor der Stadt, ohne etwas
ausgerichtet zu haben. Es war offenbar geworden, dass nur mit Aufwand aller
Kräfte ein Erfolg zu erzielen
1) Sprenger S. IO.
2) Barros III S. 238, Gaspar Correa I S. 545.
8) Gaspar Correa I S. 545 u. a. auch ähnlich von dem deutschen Augenzeugen
Hans Mayr BI. 7b.
4) Barros II1 S. 240. Nach Goes S. 300 waren 400o Bewaffnete in der Stadt und
2000 wurden erwartet.
sein würde. In einem Kriegsrate wurde beschlossen, gleichzeitig an verschiedenen
Stellen der Stadt vorzugehen, um' dadurch die Verteidigung zu zersplittern. Um
den eigentlichen Plan zu verdecken, wurde am Vortage ein Scheinangriff an der
Hauptlandungsstelle beim Zollhause gemacht, dort einige Häuser in Brand
gesteckt und dann wieder der Rückzug auf die Schiffe genommen. Das Feuer
breitete sich aus und hielt sich die ganze Nacht Die Stadt bildete gegen den Hafen
zu einen durch einen Landvorsprung gebildeten stumpfen Winkel. Mit einer
Abteilung der Flotte lag Dom Lourengo, Sohn des Oberbefehlshabers, vor
demjenigen Teile der Stadt, welcher der Hafeneinfahrt am nächsten ist, jenseits
des Landvorsprunges vor dem anderen Teile der Stadt ankerte mit einem andern
Teile der Flotte Francisco d'Ameida selbst. Um eine Wiederholung der in Kilwa
gemachten Erfahrungen, die Flucht der Eingeborenen nach dem festen Lande, zu
verhüten, wurden zwei Schiffe um die Insel herumgeschickt, auf der die Stadt
liegt, und mit der Bewachung der Furt, die den Uebergang nach dem Festland
ermöglicht, beauftragt.
Am Morgen des 15. August bei höchster Flut, nachdem in gewohnter Weise eine
Generalbeichte abgehalten war, wurde das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Die
eigentliche Landungsstelle der Stadt, mit flachem, abfallendem Ufer, wo die
Eingeborenen- den Angriff erwarteten, und vor der die grössten Schiffe der
Portugiesen lagen, liess man unbelästigt. Eine Abteilung wurde auf die bereits
erwähnten indischen Fahrzeuge geworfen, die am Strande aufgezogen lagen. Mit
einer anderen Abteilung landete Dom Francisco, ohne Widerstand zu finden,
ausserhalb der Stadt. Auf Signalschüsse, dass diese Landung glücklich
bewerkstelligt sei, begann sein Sohn Dom Louren§o mit einer dritten Abteilung
den Angriff auf einen Teil der Stadt, wo das Ufer hoch und steil abfiel. Von den
hohen Aufbauten zweier leichter portugiesischer Fahrzeuge, die unmittelbar an
diesen steilen Abfall herangelegt waren, wurden Planken nach dem Ufer
hinübergelegt und so Fuss an Land gesetzt. An dieser Stelle bildeten hohe,
mehrstöckige Häuser die Stadtmauer. Die an gleicher Stelle ausmündenden
Strassen waren verbarrikadiert. Nur schwer gelang es Dom Lourenýo, Grund zu
gewinnen, denn durch Steine und Felsstücke, die die steilen Strassen
hinabgeschleudert wurden, und durch Pfeile und Steinwürfe von den Dächern
leisteten die Eingeborenen kräftigen Widerstand. Besonders die schweren, mit
grosser Wucht die abschüssige Strasse herunterspringenden Steinblöcke fügten
den Portugiesen vielen Schaden zu, wobei die Verteidiger die List befolgten, von
Zeit zu Zeit etwas zurückzuweichen und dann auf die in der engen Strasse
nachdringenden Angreifer den Steinhagel niedergehen zu lassen.
- 69
Inzwischen nahm Dom Francisco d'Almeida mit seiner Truppe unter Führung
eines Gefangenen den \Weg nach der Behausung des Königs. Ausserhalb der
Stadt zeigte sich kein Verteidiger, sobald er aber in die Stadt selbst einrückte,
hatte er mühsam und mit Verlusten sein Vorwärtskommen zu erkämpfen. Auch
hier leisteten die Eingeborenen erfolgreichen Widerstand durch Steinwürfe und
Pfeile von den Dächern und aus den Nebengassen. Doch gewitzigt durch die in
Kilwa gemachten Erfahrungen waren besondere Abteilungen der Portugiesen
aufgestellt, die mit Feuerbüchsen und Armbrüsten die Fenster und flachen Dächer
bestrichen und so trotz der Enge der langen Hauptstrasse, welche die Verwendung
in geschlossenen Haufen verhinderte, das Vordringen ermöglichten. Mit
geringerer Mühe, als man erwartete, gelang es auf die Weise den freien Platz vor
dem Hause des Königs zu erreichen, das auf einer Anhöhe an der
entgegengesetzten Seite der Stadt lag. Hier waren zwar die Feinde zahlreicher als
in den engen Strassen, doch der Kampf für die Portugiesen weniger
unbefriedigend, da sie hier freiere Bahn hatten und durch ihre Feuervaffen mehr
Schaden zufügen konnten, als sie selbst erlitten. Dieser Platz war bald von den
Eingeborenen gesäubert. Von den Dächern aber des Königshauses hagelten Steine
in solcher Menge, dass bald der Erdboden davon bedeckt war. Während bisher,
um die Zerstreuung der Mannschaft zu verhindern, strenger Befehl ausgegeben
war, kein Haus zu betreten, wurde jetzt, da sich aussen keine Feinde mehr zeigten,
beschlossen, diesen Hauptpunkt der Stadt zu besetzen. Ein Thor war bald
erbrochen, und in kurzem Kampfe wurden die Verteidiger, unten und oben,
vertrieben. Die Wache über diese Häuser wurde einigen Hauptleuten mit dem
Auftrage übergeben, die Soldaten vom Plündern und dem Eindringen in die an
diesem Platze einmündenden Strassen abzuhalten. Dom Francisco selbst folgte
mit einer Truppe an der Landseite ausserhalb der an dieser Stelle befindlichen
Stadtmauer den Feinden, die ohne sonderliche Eile abzogen.1) Zwischen der Stadt
und einem Palmenhaine, in dem sich der König und die Eingeborenen festsetzten,
nahmen die Portugiesen gegenüber den Feinden Aufstellung.2)
Während dieser Begebenheiten war Dom Lourengo noch im heissen Kampfe an
der Stelle, wo er gelandet war. Geplant war gewesen, dass er ungefähr zur
gleichen Zeit mit seinem Vater bei der Behausung des Königs eintreffen sollte.
Indessen konnte er in dem Strassenkampf keinen Vorteil gewinnen. Fast hatte er
sich darauf zu beschränken, seine Truppe unter den Vorbauten der Häuser gegen
Wurfgeschosse
1) Mayr B1. 8a.
2) Barros 1 1 S. 244-248.
70 Schutz suchen zu lassen, die von den Dächern und aus den Fenstern geschleudert
wurden. Ein deutscher Mitkämpfer erzählt: »als wir in dye engen strassen vnd
gassen der stat quamen also das keiner den andern wol weychen mocht trungen
wir mit gewalt vnuerzegklich dar durch, do wurffen die moren und heyden so
vnmenschlich heraus gegen und off uns: also wo es nit sunderlich gottes wil
gewesen onmuglich das wir in der stat Herren mögen blieben«, ja derselbe
berichtet sogar, dass zwei Elefanten von den Verteidigern »hyn und her trutzlich
zu vertruss« umhergetrieben wurden.1) Eingeengt, suchten die Angreifer
schliesslich bessern Fortgang durch Erbrechung eines Hauses. Doch das
Eindringen oder der Aufstieg auf der engen Treppe wurde erst möglich, nachdem
die eine von zwei Negerinnen, die diesen Aufgang wütend eine Zeit lang mit
Erfolg verteidigt hatten, durch einen ArmbrustSchuss durch den Hals
niedergestreckt war. Auf den Dächern war sodann die Vertreibung der Verteidiger
leichter. Gleichzeitig wurde damit den in den Strassen verbliebenen Portugiesen
Luft gemacht. Noch einmal wurde die Lage der Angreifer dadurch besonders
gefährlich, dass es den Eingeborenen gelang, eine alte Mauer zwischen zwei
Abteilungen der Portugiesen niederzuwerfen und hierdurch einen Teil der
Angreifer abzuschneiden. Die Verbindung wurde indessen durch einige Leute
wiederhergestellt, die aufopfernd durch Häuser und über die Dächer vordrangen.)
Aber der Ausgang des Kampfes an dieser Stelle war noch nicht entschieden und
wäre zweifelhaft geblieben, wenn nicht die Verteidiger in ihrem Rücken die
Trompeten der anderen portugiesischen Abteilung gehört hätten und in der
Befürchtung umzingelt zu werden plötzlich ihre Stellung aufgegeben hätten. Wie
eine Herde konnte nun Dom Lourengo die Feinde vor sich hertreiben und
denselben, die hofften, sich aufs neue in der königlichen Behausung festzusetzen,
bis zu diesem Platze folgen. Doch hier war, wie oben erzählt, der Kampf schon
entschieden. Ja, auf dem Dache des Königshauses war schon von den
Franziskanern, welche die Truppen begleiteten, ein Kreuz als Siegeszeichen
aufgerichtet. Dom Lourengo vereinigte nun seine Abteilung mit der seines Vaters.
Bald auch traf die Meldung ein, dass der Angriff auf die indischen Fahrzeuge
gleichfalls erfolgreich gewesen und durch deren Inbrandsetzung beendigt sei.3)
') Sprenger S. 12. Dieses Halten von Elefanten ist nicht unglaublich; auch in
Melinde wurden im Jahre 1502 nach einem derzeitigen Berichte von Thom6
Lopes zwei Elephanten gehalten (Colleccao de Noticias para a Historia e
Geografica das Nacoes que vivem nos dominios Portuguezes .....Lisboa 1812 II S.
166-167.)
2) Goes S. 301-303.
8) Nach der heutigen Beschaffenheit der Stadt kann mit einiger Bestimmtheit
angenommen werden, dass der ältere Almeida nördlich der Stadt landete und der
Der Erfolg des Tages war hiermit entschieden, denn die Stadt war in den Händen
der Angreifer. Zwei Stunden hatte der Kampf gedauert. Die Portugiesen zählten 4
Tote und über 70 Verwundete,') von denen später noch einige starben. Von den
Wunden erwiesen sich diejenigen als die gefährlichsten, welche von Pfeilen mit
Spitzen aus einem im Feuer gehärteten Holz herrührten, während die Wunden von
Pfeilen mit eiserner Spitze schlimmer aussahen, aber besser heilten. Beide
Pfeilsorten waren vergiftet, und soll die Giftwirkung der Holzspitzen im Holze
selbst gelegen haben.') Auf Empfehlung eines Eingeborenen von Kilva wurden
diese Giftwunden durch stetig frisch wiederholtes Hineinlegen von Speckstücken
erfolgreich behandelt.3)
Während in der entstandenen Waffenruhe die Verwundeten an Bord geschafft
wurden und die Mannschaft mit von den Schiffen herangebrachtem Essen
verpflegt wurde, erschien bei dem erwähnten Palmenhain ein Eingeborener, der
eine weisse Flagge schwenkte und auf Befragen mitteilte, der König wünsche
weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden und sich tributpflichtig zu machen,
und erbitte hierzu eine Unterredung mit dem Befehlshaber. Dom Francisco
übersandte sogleich seinen Streithandschuh und später auch seinen Helm als
Bestätigung freien Geleits, doch trotz Hin- und Hergehens von Botschaftern
erschien der König nicht. Da es den Anschein hatte, dass im feindlichen Lager das
Verlangen nach Friedensschluss noch nicht überwiegend war, teilten die
Portugiesen ihre Mannschaft in zwei Abteilungen. Die erste nahm zur
Beobachtung der Feinde und etwaiger Wiederaufnahme des Kampfes
Aufstellung. Dringend wurde von einigen Ehrgeizigen der erneute Angriff auf die
gegenüberstehenden Eingeborenen gewünscht, doch Dom Francisco erachtete der
Ehre durch Einnahme der Stadt genügt und hielt es für zwecklos, das Wagnis des
Kampfes und der Verfolgung im Gebüsche aufzunehmen. Die zweite Abteilung
der Portugiesen wurde mit der Plünderung der Stadt beauftragt. Zur Vermeidung
von Händeln unter einander wurden den einzelnen Hauptmannschaften getrennte
Stadtteile zugewiesen.4)
Mit Aexten und Sturnböcken wurden die Thüren erbrochen. Zwar war der Befehl
erteilt, nach Möglichkeit das Leben derjenigen zu Punkt, wo der jüngere Almeida
landete, ungefähr dort ist, wo heute der Grottenbrunnen liegt. Weiter darf
angenommen werden, dass das befestigte Königshaus ungefähr dort lag, wo heute
das grosse Fort steht.
') Barros IIt S. 248. Nach Goes I S. 304 5 Toten. Gaspar Correa I S. 551 beziffert
allein den Verlust des Angriffs des jüngeren Almeida's auf 14 Tote und über ioo
Verwundete; S. 555 den Gesamtverlust in Mombasa auf über 30 Tote.
2) Mayr Bl. 9a.
8) Gaspar Correa I S. 556.
4) Barros I II S. 251.
72 schonen, die sich nicht widersetzten, aber vergegenwärtigt man sich, dass auf der
einen Seite eine entfesselte raubgierige Soldateska mit Kriegsgewohnheiten des
Anfangs des 16. Jahrhunderts und auf der andern Seite eine Bevölkerung stand,
die Frauen, Kinder und Eigentum verteidigte, so versteht man, dass nach dem
Abzug der Portugiesen die Stadt ein Leichenfeld war. Reiche Beute an Gold,
Silber, Elfenbein, Ambergris, persischen und besonders indischen Stoffen, dann
auch an Lebensmitteln, wie Reis, Hirse, Honig und Butter, sowie von viel
Grossund Kleinvieh wurde gemacht, auch wurden ausser den bereits in den
Morgenstunden gefangenen 2oo noch fernere I0oo Eingeborene, darunter viele
weisse und schöne Frauen, gefangen.
Mit Einbruch der Nacht liess Francisco d'Almeida die Leute sammeln und
zwischen der Stadt und dem Palmenhain aufstellen, in welchem die Eingeborenen
lagerten. Jeder Schiffskapitän erhielt einen eigenen Standort, den er mit seiner
Mannschaft bewachen musste, denn die Feinde lagen unter ihrem König kaum
einen Flintenschuss weit entfernt.')
Am nächsten Morgen begann die Plünderung aufs neue, die Leute waren jedoch
von der Anstrengung des vorhergehenden Tages und der Nachtwache so
erschöpft, dass nur mit geringem Eifer geraubt wurde. Schon am
vorhergehenden Tage war bestimmt gewesen, dass jeder seine Beute abzuliefern
habe, um demnächst eine allgemeine Verteilung vorzunehmen; die ganze
Behausung des Königs und der Platz vor derselben war auf diese Weise mit dem
zusammengeschleppten Raub gefüllt. Wertvollere Gegenstände wurden indessen
von den Plünderern öfters verheimlicht; will man dem unzuverlässigen Correa
glauben, so wurde in dem Hosenschlitz eines Edelmannes eine Schnur echter
Perlen vorgefunden, deren Raub dieser vorher geleugnet hatte, und wofür er von
dem Oberbefehlshaber eine beschämende Standrede anzuhören hatte.') Die Beute
war so reich, dass man, als die Einschiffung begann, viel zurücklassen musste, um
die Schiffe nicht zu überladen. Auch die Gefangenen wurden aus dem gleichen
Grunde bis auf zweihundert, die Dom Francisco unter die Edelleute verteilte,
freigelassen.') Die Gesamtbeute von Kilwa und Mombasa wurde auf 22000
Crusados (= 217 360 Mark) geschätzt, hiervon hatte die Mannschaft Anspruch auf
den zwanzigsten Teil; eine reiche Tapete (vielleicht ein persischer Teppich oder
eine indische
) Mayr BI. 8b.
2) Gaspar Correa 1 S. 555.
3) Gaspar Correa erzählt 1 S. 555, dass von den vielen Gefangenen nur die Kinder
unter 12 Jahren zurückgehalten wurden, da man hoffen durfte, sie zu guten
Christen zu erziehen, Ausserdem seien 200 ausgewählte kräftige junge Leute als
Ruderer für die Galeeren mitgenommen.
Stickerei) und andere kostbare Gegenstände wurden für den König von Portugal
zurückgelegt. Auch unsere deutschen Landsleute glaubten Anspruch auf einen
Beute-Anteil zu haben. »Hofften die Teutschen Ir gepurend peutt auch zu haben.
Hand die Portogalesen gesagt, die tauben waren zu verstan. Sam ein Rytt auf
Land und nit ain naum (Beute) etc. und haltens dafür, unser 3 nave solten nichts
darvon haben. Aber sie wollen sollichs dem Portogalischen kung haimsetzen, was
der- tett, wer fasten, und irthalb unverhindert. Auf solichs haben die unsern
protestirt um die sum des naums und anders in recht form, das als sie mit in
heruber pracht habend.«') Wie schliesslich dieser Streitgegenstand erledigt wurde,
ist unbekannt.
Schon am Abend des I6. August, nachdem also die Stadt nur
11/2 Tage besetzt gewesen war, rüsteten sich die Portugiesen zur Weiterreise. Da
ein Friedensschluss nicht möglich gewesen, eine dauernde Besetzung nicht
geplant und überhaupt der ganze Angriff hauptsächlich in der Absicht erfolgt war,
die Macht und den Wohlstand Mombasa's zu brechen, um hierdurch der
portugiesischen Niederlassung in Kilwa bessere Vorbedingungen zum
Aufschwung zu verschaffen,2) wurde zur Vollendung des Werks die
Einäscherung der Stadt beschlossen. Das Feuer wurde an verschiedenen Stellen
angelegt und griff durch Wind und bei der engen Bauart der Stadt, sowie durch
die zwischen den Steinhäusern liegenden mit Palmblättern gedeckten Hütten mit
solchem Ungestüm um sich, dass die letzten der Brandleger sich unter
unerträglicher Hitze in die Boote zurückziehen und die Schiffe aus dem inneren
Hafen geflüchtet werden mussten.') Kaum hatten sich die Portugiesen
eingeschifft, als auch schon die Eingeborenen wieder in die Stadt einrückten, um
ihr Unglück zu sehen. In den Strassen und in den Häusern fanden sie 1513
Leichen der ihrigen.4) Wie auf den Eingeborenen die Schreckenstage der
Zerstörung und der Plünderung ihrer Stadt lasteten, davon giebt ein Brief
unmittelbare Kunde, den der König von Mombasa an den König von Melinde
richtete, den er schon vorher zu einem Bündnis gegen die Portugiesen, unter
Vorschlag gegenseitiger Verheiratung von Söhnen und Töchtern, vergeblich
aufgefordert hatte.') Das Schreiben lautet wie folgt:
Gott erhalte dich Syd Ale (Said Ali), ich teile Dir mit, dass
ein grosser Herr zu uns mit Feuerverheerung gekommen ist
1) Aus Dr. Conrad Peutinger's Nachlass, Augsburg 1861, Anton Welser's Kopie
des Berichts einer Reise vom Jahre 1505. SA. S. 169.
2) Lopez de Castanheda (Ausg. 1833) II S. 12.
8) Barros 111 S. 251 u. A.
) Barros I r S. 249.
5) Barros III S. 253.
74 In unsere Stadt ist er mit solcher Macht und Grausamkeit eingedrungen, dass er
niemandem das Leben liess, weder Mann
noch Weib, jung noch alt, noch den Kindern, so klein sie auch waren. Seiner Wut
konnte man nur durch die Flucht entgehen.
Man tötete und verbrannte nicht nur die Menschen, selbst die Vögel des Himmels
wurden zu Boden geworfen. Der Gestank der Leichen ist so gross in der Stadt,
dass ich es nicht wage, sie zu betreten, auch von dem übergrossen Reichtum, den
sie aus der Stadt wegnahmen, kann ich keine Beschreibung geben.
Genehmige die Mitteilung dieser traurigen Neuigkeiten, um Dich
in Sicherheit zu setzen.')
Thatsächlich war auch auf eine Reihe von Jahren der Einfluss, den -Mombasa
bisher an der ostafrikanischen Küste ausgeübt hatte, gebrochen.')
Die Weiterreise des Geschwaders wurde noch einige Tage dadurch verzögert,
dass beim Aussegeln eines der deutschen Schiffe aufstiess und das Ruder verlor.
An dem dann genommenen Ziele Melinde trieben
die Schiffe vorbei, doch wurden von einem wenig nördlicher liegenden
Ankerplatze aus Freundschaftsbezeugungen
mit dem Könige dieser
Stadt ausgetauscht. Er wurde auch für die Treue, welche er den Portugiesen, trotz
der Lockungen und Drohungen seiner Nachbarn, gehalten hatte, durch Uebergabe
eines Teils der Kilwa- und MombasaBeute belohnt. Die Absicht von Francisco
d'Almeida, noch weiteren Plätzen Ostafrikas, insbesondere Mukdischu, die
portugiesische Macht fühlbar zu machen, wurde nicht ausgeführt, da die
vorgeschrittene Jahreszeit und die Befürchtung, den Monsun zu verlieren, zur
sofortigen Weiterfahrt nach Indien drängte.
Diese Aufgabe wurde aufgenommen, als im folgenden Jahre (I5O6) daz
Geschwader von Tristäo da Cunha und unter ihm das Geschwader
) Mayr BI. Ioa ff.
2) Im Gegensatz zu allen anderen Schriftstellern, die nur von der Plünderung
Mlombasa's und dem alsbaldigen Abzug der Portugiesen wissen, erzählt Gaspar
Correa I S. 544-561) weitläufig, dass nach Freilassung der meisten Gefangenen
der König eine bessere M.Neinung von den Portugiesen gewann und sich nach
verschiedenen Unterredungen mit den beiden Almeida's mit einem jährlichen
Tribute von IO ooo Xerafinen, auf so lange Sonne und Mond scheinen, unterwarf,
auch diesen Tribut auf 5 Jahre in voraus bezahlte und dazu Dom Francisco einen
Säbel im Werte von 5o ooo Xerafinen schenkte. Gaspar Correa berichtet auch,
dass der Kampf nach Einnahme des Königshauses sich in die Stadt zurückzog,
dass die Brunnen in der Stadt vergiftet waren, und dass die Portugiesen, um auf
die Dächer zu gelangen, da die Eingeborenen in den Häusern alle Treppen zerstört
hatten, Leitern durch die Schiffszimmerleute anfertigen lassen mussten und erst
die Oberhand gewannen, nachdem sie 'mit vier auf den Dächern aufgestellten
Feuergeschützen *die Dächer bestreichen konnten.
- 75
von Affonso d'Alboquerque, dem später berühmtesten Vizekönige Indiens, dem
die Geschichte den Namen des Grossen beigelegt hat, an der Ostküste Afrikas
erschienen. Durch die Pest, die in der Zeit der Ausrüstung dieser Schiffe in
Lissabon herrschte, hatte sich die Abfahrt der Schiffe derartig verzögert, dass sie
den Indischen Ozean zu spät für die Benutzung des Südwestmonsuns zur
Durchquerung des Arabischen Meeres erreichten. Ungünstiges Wetter hatte ferner
das Geschwader zerstreut und erst in Mozambique fanden sich die Schiffe wieder
zusammen. Anstatt nun die Zeit mit der Uebernvinterung, wie das Abwarten des
Monsums genannt wurde, zu verlieren, beschloss Tristäo da Cunha, die Küsten
Madagaskars zu erkunden. Insbesondere wollte er feststellen, ob die Berichte, die
meldeten, dass auf dieser Insel Nelken, Ingwer und Silber in Menge vorhanden
seien, der Wahrheit entsprächen. Indessen in den verschiedenen Häfen des
Westens Madagaskars, die er anlief, fand er nichts von den erwarteten
Reichtümern, dagegen konnte er feststellen, dass das Land vorwiegend von
barbarischen Negern bewohnt war, aber unter diesen ebenso wie am afrikanischen
Festlande als Herrscher und leitende Klasse muhamedanische Araber hausten, die
nach Kilwa, Mombasa und Melinde Handel trieben und indische Baumwollstoffe
absetzten. Missmutig über den Misserfolg dieser Abschwenkung, die dazu noch
ein Schiff durch Strandung gekostet hatte, wandte sich Tristäo da Cunha nach
Mozambique zurück, besuchte Kilwa und segelte nach Melinde.
Hier zeigte sich der König wieder als getreuer Freund der Portugiesen, klagte
aber, dass seine Treue ihm fortwährende Anfeindungen seiner Nachbarn eintrüge.
Er verheimlichte dabei, dass diese Feindschaften älter waren als das Auftreten der
Portugiesen an dieser Küste,') und veranlasste Tristäo de Cunha zu einem
Rachezuge gegen die Ortschaft Hoja oder Oja,2) die 17 Leguas (= 106,57 km)
nördlich von Melinde lag, Zweifelsohne handelte es sich dabei um einen Platz,
der heute verschwunden ist, nahe der Mündung des Osi-Flusses. Bei seiner
Ankunft vor dieser Stadt sandte der Admiral eine Botschaft des Inhalts an Land,
dass er für seinen Herrn, den König von Portugal, an den
1) Barros II I S. 2o und 25.
2) Barros 111 S. 25. In »The Commentaries of the Great Afonso Dalboquerqueý,
transl. by Walter de Gray Birch, London, Hakluyt Society 1875-1884, 1 S. 35 fr.,
wird der Ort Angoja genannt. Denselben Namen giebt Gaspar Correa I S. 668 und
verlegt den Ort nahe Kilwa. Offenbar liegt hier eine Verwechselung vor mit
Angoja, wenig südlich von Mozambique, wo gleichfalls eine nicht unbedeutende
arabische Niederlassung war, die auch noch heute besteht, und wo
verschiedentlich in dem ersten Jahrzehnt der Eroberung portugiesische Schiffe,
die Mozambique verfehlten, überwinterten. Goes nennt S. 382 den Ort Hoja.
- 76 Häuptling der Stadt eine Bestellung auszurichten habe, erhielt aber von ihm die
trotzige Antwort, er sei ein Schützling des Sultans von Kairo, des Kalifen, und
verweigere die Unterhandlung mit Leuten, welche die Anhänger Mohameds
verfolgten und die Kaufleute Kairos in ihren Fahrten nach Indien hinderten. Diese
feindselige Haltung des Häuptlings wird dadurch erklärt, dass er Unterstützung im
Kampf durch die benachbarten Negerstämme erwartete und hoffte, dass die
portugiesischen Schiffe sich an der hafenlosen Küste nicht lange würden halten
können. Am folgenden Tage beschloss Tristäo da Cunha die Landung. Durch
Beschiessung mit kleinen Kanonen, die in den Booten aufgestellt waren, wurde
der Strand von den Verteidigern gesäubert. In den Booten von der Brandung
gänzlich durchnässt, warfen sich die Portugiesen ins Wasser und stürzten
blutgierig auf die Eingeborenen. Doch diese leisteten kaum Widerstand und
überliessen die an der Seeseite offene, nur an der Landseite durch eine Mauer
geschützte Ortschaft den Angreifern. In einem Palmenhain unfern der Stadtmauer
setzten sich die Eingeborenen, geschart um ihren König, fest, doch auch hier
wurden sie von den Portugiesen mit Ungestüm angegriffen und im Handgemenge
streckte Affonso d'Alboquerque persönlich den König, der ein naher Verwandter
des Königs von Mombasa gewesen sein soll, nieder. Als eine Episode aus der
Verfolgung der Eingeborenen ausserhalb der Stadt ist überliefert, dass, als eine
schöne junge Frau nahe daran war, ergriffen zu werden, sich ein vornehm
aussehender Eingeborener aufopfernd umwandte, um dadurch der Frau Zeit zum
Fliehen zu geben, dass diese die Aufopferung nicht zulassen wollte, sondern
gleichfalls in die Gefahr zurückkehrte; um eine solche gegenseitige Liebe nicht zu
trennen, wurde beiden das Leben geschenkt.') Die Stadt wurde nach Vertreibung
der Verteidiger geplündert, doch ausser reichlichen Lebensmitteln, wie Getreide
und Vieh, war nicht viel zu finden. Da Tristäo da Cunha fürchtete, dass bei
Ausdehnung der Plünderung die beabsichtigte baldige Sammlung und
Wiedereinschiffung der Mannschaft unmöglich sein würde, befahl er, die
Ortschaft an verschiedenen Stellen anzuzünden. Das Feuer griff aber, da nur die
Behausung des Königs aus Stein gebaut war,') mit solcher Schnelligkeit um sich,
dass verschiedene Plünderer von den Flammen umzingelt wurden und elend
umkamen.3) Wer je gesehen hat, mit welcher rasenden Geschwindigkeit
palmblattbedeckte ostafrikanische Häuserviertel verbrennen, wie die Dächer wie
Zunder Feuer fangen und die Funken über ganze Strassenreihen hinwegfliegend
weiter') Barros II 1 S. 28.
2) Commentaries 1 S. 36.
3) Barros III S. 29.
- 77 zünden, wird begreifen, dass so häufig die Portugiesen beim Niederbrennen von
Ortschaften in Gefahr kamen und Schaden litten.
Von Hoja segelte das Geschwader nach Lamu.
Schon vorher
war ein Schiff zur Blockierung dieser Stadt und Insel vorausgeschickt und der
König wählte in der Not den klügsten Weg, indem er sich den Portugiesen unter
Verpflichtung eines jährlichen Tributs von 6oo Metikal (= M. 7200) unterwarf
und sofort diese Summe für das erste Jahr in venetianischen silbernen Marcellos
bezahlte.')
Weiter segelte sodann das Geschwader nach Barawa. Oben ist erzählt, wie einige
der einflussreichsten Bewohner dieser Stadt im Jahre 1503 dem wegelagernden
Ruy Lourenýo in die Hände gefallen waren und die Stadt den Portugiesen
tributpflichtig gemacht hatten. Ohne weiteres darf angenommen werden, dass
diese Unterwerfung nicht sonderlich ernst gewesen ist, sondern, dass das
Unterschreiben der Urkunde als ein bequemes Mittel betrachtet wurde,
augenblicklicher Bedrängnis zu entrinnen. Jedoch zum Ueberfluss wird uns
berichtet, dass jene Häuptlinge von ihren Mitregenten und Mitbürgern wegen
dieser Unterwerfungsurkunde gestraft, sowie der Mitregierung entsetzt worden
seien.') Jedenfalls sandten die Eingeborenen auf die Botschaft des vor der Stadt
ankernden Admirals eine Antwort, wie Leute, die das portugiesische Eisen noch
nicht kennen gelernt hatten, und um den Portugiesen zu zeigen, was ihrer wartete,
zog eine grosse Anzahl Bewaffneter, angeblich über 6ooo Mann, aus dem einen
Thore der Stadt hinaus, längs dem Sandstreifen, der zwischen Strand und
Stadtmauer liegt, und in ein anderes Stadtthor wieder hinein. Die ganze
Streitmacht in so guter Ordnung, dass
es schöner schien, sie anzuschauen,
als zu bekämpfen.') Doch nachträglich schienen die Einwohner zur Einsicht zu
kommen, dass es besser sei, die Feindseligkeiten nicht herauszufordern, denn am
anderen Morgen sandten sie noch vor Tagesanbruch einen angesehenen Mann,
um
mit dem Admiral über
1) Goes S. 383. Noch heute sind in Ostafrika handgreifliche Beweise für die
Vorliebe des Orients in früheren Jahrhunderten für venetianische Prägungen,
Erinnerungen an den levantinischen Gewürzhandel, zu finden. In Zanzibar
gesammelte, von alten Waffen und Frauenschmuck losgelöste Goldmünzen
wurden durch Güte des Herrn Dr. Nützel vom Kgl. Münzkabinet zu Berlin wie
folgt bestimmt: i. Zechine des venetianischen Dogen Aloys Mocenigo IV (17631778), 2. Zechine des venetianischen Dogen Ludwig Manini (1789- 1797), 3.
verschiedene barbarische Nachprägungen von No. i. Alle mit der Darstellung auf
der Vorderseite des knieenden Herzogs vor St. Markus und auf der Rückseite des
Herzogs.
2) Barros III S. 30-31.
8) Barros 111 S. 31-32; Goes S. 384 spricht von 4ooo Bewaffneten, die die Stadt
verteidigten. Castanheda (Ausg. 1833) II S. 124 beziffert die gesamte
Einwohnerzahl Barawa's auf 4ooo Köpfe, darunter 2ooo Kämpfer.
78 Frieden zu unterhandeln. Hin und her gingen einige Tage die Botschaften.
Schliesslich riss Tristäo da Cunha die Geduld und er liess den Unterhändler
greifen und binden. Mit dem Tode durch Ertränken bedroht, bekannte der
Gefangene, dass absichtlich die Unterhandlungen seitens der Stadt hingezogen
würden, da man von Tag zu Tag gemäss der Jahreszeit auf das Einsetzen eines
Sturmes warte, der alle Schiffe auf der Rhede von den Ankern reissen und das
Landen an dem Strande bei der Stadt unmöglich machen würde.') Vara de
Coromandel nennen die Portugiesen diesen Sturm; vermutlich erwarteten die
Barawa-Bewohner das Einsetzen des Südwestmonsuns, der thatsächlich noch
heute das Ankern an dieser Küste und das Landen derartig schwierig macht, dass
monatelang die dortigen. Städte von jedem Verkehr seewärts abgeschnitten sind.
Da das Geschwader im Februar von Mozambique absegelte2) und der Aufenthalt
in Kilwa, Melinde und Hoja dazwischen liegt, scheint wahrscheinlich, dass gerade
gegen Ende März, um welche Zeit der Südwest-Monsun böig einzusetzen pflegt,
die Schiffe vor Barawa lagen.
Da die Melinde-Lotsen die Wahrscheinlichkeit baldigen schlechten Wetters
bestätigten, beschlossen die Portugiesen ohne weiteren Verzug die Landung und
die Erstürmung der Stadt. Am frühen Morgen zwei Stunden vor Sonnenaufgang
waren die Boote mit einer Landungsmannschaft von ungefähr iooo Köpfen am
Strande. Die Hoffnung, die Eingeborenen mit der Landung zu überraschen, erwies
sich als nichtig, denn sie waren auf der Hut; dennoch wurde trotz nachdrücklicher
Verteidigung und trotz der schweren Brandung die Ausschiffung glücklich
bewerkstelligt und die Verteidiger hinter die Mauern der Stadt gejagt. Durch die
Wurfgeschosse von den Mauern und Dächern erlitten die Portugiesen dann viele
Verluste, bald erspähte aber Affonso d'Alboquerque im höchsten Teil der auf
einer Stranddüne liegenden Mauer eine schadhafte und niedrige Stelle, die ohne
Leitern zu übersteigen war, durch die er mit seiner Mannschaft in die Stadt
eindrang. Bald folgte auch die Abteilung von Tristäo da Cunha. Die grössere
Menge der Verteidiger, vermutlich die Sklaven und vielleicht auch die aus der
Nachbarschaft herangezogenen Somali, wandten sich bald zur Flucht, aber die
vornehmeren Eingeborenen der Stadt verteidigten sich mit einem Mute und einer
Beharrlichkeit, wie sie die Portugiesen an dieser Küste noch nicht kennen gelernt
hatten. Auf einem freien Platze, an dem eine Moschee lag, kam es zu besonders
hitzigem Kampfe. Hier waren die Angreifer thatsächlich in Gefahr niedergemacht
zu werden,
1) Commentaries I S. 40.
2) Goes S. 382.
und erst nachdem die zur Bewachung der Boote zurückgelassenen
Mannschaften, worunter deutsche Bombardiere waren,') heranzogen und
Feuerwaffen sowie Handgranaten herbeigeholt waren, gelang es, den Verteidigern
so schwere Verluste beizubringen, dass sie ihre Stellung räumen mussten. Tristäo
da Cunha selbst war durch einen Pfeil am Bein verwundet. Flüchtend zogen sich
die Eingeborenen durch die Strassen aus der Stadt hinaus. Fast nur Weiber
blieben zurück, Um die Mannschaft zusammenzuhalten, liess Tristäo da Cunha
die nach dem Lande zu liegenden Thore -der Umfassungsmauer schliessen.
Darauf wurde die Plünderung der Stadt freigegeben. Fürchterlich scheint hierbei
gehaust worden zu sein, denn selbst ein bemerkenswert nüchterner Chronist
berichtet, dass über 8o0 Weibern am lebendigen Leibe die Hände abgeschlagen
und die Ohren abgeschnitten wurden, um ihnen schneller die Armringe und
Ohrringe rauben zu können.') Auch andere Quellen bestätigen diese
Verstümmelungen. Eine grosse Beute an goldenen und silbernen Schmucksachen,
Gold, Elfenbein,.Ambergris und baumwollenen und seidenen Stoffen wurde
gemacht. Ueber i3o Tote der Eingeborenen lagen in der Stadt, doch auch die
Portugiesen zählten über 5o Tote und viele Verwundete.') Einen x eiteren Verlust
erlitten dig Portugiesen dadurch, dass ein mit Beute beladenes Boot, das nach dem
Admiralschiffe abging, in der Brandung umschlug, wodurch 18 Personen das
Leben verloren. Als Beweis der strafenden Gerechtigkeit Gottes wird berichtet,
dass sich unter diesen Ertrunkenen diejenigen befanden, die sich an den
geschilderten Grausamkeiten besonders beteiligt hatten.')
In gewohnter Weise wurde der Siegestag mit einem Ritterschlag beendigt.
Besonders bemerkenswert ist diese Feier in Barawa dadurch, dass der
Oberbefehlshaber Tristäo da Cunha sich durch seinen Untergebenen Affonso
d'Alboquerque, einem Komthur des Sam Jago-Ordens, erst selbst zum Ritter
machen liess und darauf diese Würde den anderen Erkorenen erteilte. An der
Stelle, wo Tristäo da Cunha seine Wunde erhalten hatte, in derHauptmoschee von
Barawa, erfolgte diese Feierlichkeit.
Noch drei Tage hatte Barawa die grausamen Eroberer in seinen Mauern zu
beherbergen. Diese Zeit war erforderlich, um die Raubsucht der Mannschaft zu
befriedigen und um die reichlich vorgefundenen Lebensmittel an Bord zu
schaffen. Dann wurde in der Stadt Feuer angelegt. Das nächste Ziel des
Geschwaders war das wenig nördlicher
) Gaspar Correa I S. 674.
2) Goes S. 384. Castanheda (Ausg. 1833) II S. 125 giebt dieselbe Zahl. Andere
Chronisten erzählen dieselbe Geschichte ohne Zahlenangabe.
8) Goes S. 385. Barros III S. 33 sagt: 42 Tote und 6o Verwundete, Gaspar Correa
1 S. 677: über 4o Tote.
4) Barros II I S. 33.
liegende Mukdischu, eine Stadt, die als die reichste und mächtigste der ganzen
ostafrikanischen Küste galt. Nach Ankerung vor der Stadt wurde ein Boot gen
Land geschickt und ein Gefangener aus Barawa mit einer Botschaft abgesetzt.
Doch diesem unglücklichen, unfreiwilligen Boten wurde ein schlechter Empfang
bereitet, er wurde sofort in Stücke zerhauen. Der Strand war mit grossen Mengen
Bewaffneter, darunter viele zu Pferde, bedeckt, und auch das portugiesische Boot
musste sich unter Bedrohungen zurückziehen. Tristäo da Cunha beabsichtigte
hierauf, der Stadt dasselbe Schicksal wie Barawa- zu bereiten, aber die Lotsen
warnten der Jahreszeit halber vor weiterem Aufenthalt und drängten zur
Weiterfahrt.')
Der Kurs wurde hierauf auf Sokotra gesetzt. Das auf der Insel gelegene Fort des
Königs von Caxem (Fartache) in Südarabien wurde nach heldenmütigem
Widerstande der arabischen Besatzung, die sich fast bis auf den letzten Mann
niedermachen liess, erstürmt. Die Befestigung wurde darauf ausgebaut und mit
einer portugiesischen Besatzung belegt. Mit dieser Festsetzung war beabsichtigt,
einerseits einen Stützpunkt für die Beherrschung des Zuganges zum Roten Meere
zu schaffen und andrerseits die Bewohner der Insel, die allseitig für verwilderte
Jakobitische Christen gehalten wurden, von dem Joche der Muhamedaner zu
befreien, Dass zu jener Zeit thatsächlich auf Sokotra Reste von christlichem
Glauben vorhanden waren, ist kaum zu bezweifeln,') indessen von der
Neubelebung dieses Glaubens und der Seligmachung durch die portugiesischen
Priester wollten die Eingeborenen nichts wissen. Bald flüchteten sie in die öden
Berge des Inneren, und die portugiesische Besatzung geriet durch die
Unmöglichkeit, Lebensmittel zu erlangen, in die bitterste Not. Lange hat auch die
Besetzung Sokotras nicht gewährt. Dauernd war es schwierig, hier genügende
Lebensmittel nur für die Besatzung zu erhalten, und damit vollends unmöglich,
die Insel und Niederlassung wie geplant zu einer Verpflegungsstation für die vor
dem Roten Meere kreuzenden Schiffe zu gestalten. Schon 1512 wurde daher die
Feste geschleift und die Besatzung zurückgezogen,3) doch ist in dem folgenden
Jahrhundert Sokotra noch oft von portugiesischen Schiffen zur Einnahme von
frischem Wasser benutzt worden.
) Goes S. 385-386.
2) Näheres über das Christentum auf Sokotra ist in ,The Book"of Sir Marco
Polo", transl. and edited by Colonel Henry Yule, CB., London 1871, II S. 340345, Anmerk. zu finden.
8) Cartas de Affonso de Albuquerque, Lisboa 1884, 1 S. 76.
Muhamedanische Kultur.
Aut undenkliche Zeiten zurück gehen die Siedlungen fremder, vorwiegend
semitischer Völkerschaften in Ostafrika. Ebenso wie schon zwei Jahrtausende vor
Christus die assyrisch-arabischen Fahrzeuge nach Indien Handel trieben, werden
sie auch die anderen Küsten des nördlichen Indischen Ozeans besucht haben. Und
wenn, wie es kaum einem Zweifel unterliegt, Phönizier aus dem Persischen Golfe
die trbauer der grossartigen Ruinen in Zimbabje und an anderen Orten im
MIaschonalande, im Hinterlande Sofala's gewesen sind,') so werden sie auch auf
ihren Fahrten nach jenen südafrikanischen Pflanzstätten die nördlichen Küsten
Ostafrikas berührt und dort Zwischenstationen gehabt haben. Im grauesten
Altertum, selbst auf das Jahrtausend unbestimmbar, liegt der Beginn dieses
Verkehrs. Bestimmtere, wenn auch noch in den Einzelheiten vage Nachrichten
über die Besiedlung Ostafrikas durch Semiten sind erst aus der Zeit des Beginns
unserer Zeitrechnung durch den Periplus der erythräischen See vorhanden. Durch
diesen ist die Kenntnis von einer Stadt Rhapta überliefert, deren Lage
verschieden, aber immer in den Küstenstrich zwischen den heutigen Städten Mozambique und Mombasa, gedeutet wird.2) Weit später sodann, fast
gleichzeitig mit zahlreichen Hinweisen arabischer Geographen aus dem 8ten
Jahrhundert n. Chr. ergiebt sich der früheste geschichtliche Beweis der enken
Beziehungen des Südens der arabischen Halbinsel mit Ostafrika aus der Rolle, die
Negersklaven in den Kriegen Südarabiens um das Jahr 75o n. Chr. spielten. Ein
Jahrhundert später, im Jahre 869 und in
') Vergl. J. Th. Bent, The ruined Cities of Mashonaland, Ldn. 1893. S. 95 ff., und
A. Wilmot, Monomotapa, London 1896.
2) Für die zahlreichen Erklärungsversuche vergl. Guillain 1 S. 63 ff., Henry E.
O'Neill, »The ancient civilisation, trade and commerce of Eastern Africa« in
Scottish, Geogr. Magazine, vol II No. 2, February I886, J. W. Mac Grindle, »The
commerce and Navigation of the Erythrean Sea-, Ldn 1879, und besonders M.
Vincent, »The Periplus of the Erythrean Sea-, Ldn I8OO-5.
Strandes, Ostafrika.
6
82 den folgenden Jahren, erschütterten die Aufstände dieser Negersklaven ganz
Südarabien. Unter ihrem Führer Ali ben Mohamed, mit dem Beinamen Herr der
Sentsch (Schwarzen), erstürmten sie das mächtige Bassra, und erst im Jahre 883
gelang es, die Aufrührer niederzuwerfen.1) Eine arabische Chronik, die im Jahre
i5o5 bei der Einnahme von Kilwa in die Hände der Portugiesen fiel'), berichtet,
dass die ersten arabischen Ansiedler in Ostafrika der Sekte der Emosaiden
(richtiger: Ammu Said, Anhänger Said's) angehörten, die der Lehre Said's, eines
Sohnes Hussein's des Urenkels Mohamed's, folgten. Diese ersten Einwohner
sollten zwar in Ortschaften zum Schutze gegen die Eingeborenen
zusammengelebt haben, aber eigentliche Städte sollen sie nicht gegründet haben.
Erst in das zehnte Jahrhundert n. Chr. verlegt diese Quelle die Gründung
muhamedanischer Städte und Oberherrschaft in Ostafrika. Wie nach dieser
Chronik berechnet werden kann, die zwar keine Jahreszahlen, aber die
Regierungsdauer einer langen Reihe von Herrschern angiebt, flüchteten ungefähr
im Jahre 9o8 n. Chr.") vor den Nachstellungen ihrer Feinde eine Anzahl von
Arabern auf drei Schiffen unter der Führung von neun Brüdern aus der Stadt El
Chasa am Persischen Golfe und fasste an der Küste von Ajan (dem Somalilande)
festen Fuss, woselbst sie die Städte Mukdischu und Barawa gründeten. Diese
neuen Ankömmlinge verdrängten die altangesessenen Nachkommen der
Emosaiden, die sich zerstreuten, mit den Eingeborenen vermischten und deren
Sitten annahmen. Ungefähr 70 Jahre nach der Gründung Mukdischu's und
Barawa's soll die Gründung Kilwa's erfolgt sein; der Zeitpunkt ist auf das Jahr
975 n. Chr. berechnet.4) Als Veranlassung der Gründung wird in vorerwähnter
Chronik erzählt, dass Ali, einer der sieben Söhne des Sultans Hassan von Schiras
in Persien, sich als Sohn einer abessinischen Sklavin nicht genug geachtet
glaubte, und dass er mit seinen Frauen, Kindern und Anhängern auswanderte,
weil er gegen seine Brüder, die persischen Fürstentöchtern entstammten, nicht
aufkommen konnte. Von Ormus aus segelte er mit zwei Schiffen gen Ostafrika,
wohin ihn der Ruf des Goldreichtums des Landes lockte. Vor Mukdischu und
Barawa angekommen, konnte er sich als persischer Muhamedaner mit den
arabischen Muhamedanern dieser Städte nicht
) Dr. A. Müller, Der Islam im Morgen- und Abendlande, Berlin 1885, . S. 581
ff.
2) Barros 1 11 S. 211 if., S. 223 ff.
s) Nach Otto Kersten, Tabellarische Uebersicht der Geschichte Ostafrikas,
I.eipzig und Heidelberg 1879, S. 3. - C. P. Rigby, Report on the Zanzibar
Dominions, Bornbay 1861, giebt nach »authentic accounts, 924 n. Chr. als das
Gründungsjahr. Auf den Anfang des Ioten Jahrhunderts deutet auch eine persische
Quelle, erwähnt bei Guillain I S. 6-7.
4) Kersten 1 S. 3.
- 83 einigen. Da ferner sein Sinn auf Unabhängigkeit stand, setzte er die Reise
südwärts fort. Die vom W'asser umgebene Lage Kilwa's veranlasste ihn, diese
Oertlichkeit zur Niederlassung zu wählen und von den Eingeborenen gegen
Zeugstoffe zu kaufen. Gegen die Anfeindungen der in benachbarten Plätzen,
besonders Songo (Songo Mnara) und
Schanga, bereits angesessenen Muhamedaner und gegen die Eingeborenen
verschaffte er seiner Herrschaft bald festen Fuss.') Uebereinstimmend mit diesem
Berichte nennt auch die zweite uns erhaltene arabische Chronik Kilwa's Al, den
Sohn Hassan' ben Ali, eines Königs von Schiras, als den Gründer von Kilwa.
Als Veranlassung der Einwanderung wird hier erzählt, dass jener Sultan von
Schiras eine Vision hatte, in der eine Ratte mit eiserner Schnauze an den Mauern
seiner Stadt nagte, und dass er dadurch den Beschluss fasste, sich und die Seinen
in Sicherheit zu bringen, da er den Traum auf den nahen Untergang seines
Heimatslandes deutete. Er selbst und seine sechs Söhne, jeder auf einem
besonderen Fahrzeuge, verliessen das verhängnisvolle Heimatsland. Das sechste
Fahrzeug mit Al erreichte Kilwa. Weiter wird erzählt, dass bei Ankunft der
Neuankömmlinge Kilwa nur bei Flut eine Insel war. Durch die Vermittelung eines
bereits in Kilwa ansässigen Muhamedaners, der dort auch schon eine Moschee
gebaut hatte, wurde das Land von dem Oberhaupt des benachbarten Neger.
stammes, der Amuli, gekauft. Der Kaufpreis bestand in buntem Zeug, und zwar
war davon soviel zu erlegen, um das gewünschte Land zu umgürten. Als erste
Arbeit sollen die Einwanderer die Vertiefung des seichten Meeresarmes nach'
dem Festlande zu bewerkstelligt und derartig Kilwa auch bei Ebbe zu einer Insel
gemacht haben. ) Die Amuli
) Barros II I S. 224-225.
'>Historv of Kilwa S. 387-8. Während obiges schon in Druck war, sind in der
»Deutsch Ostafrikanischen Zeitung« (1899 No. 30 u. 31) Beiträge zur Geschichte
Kilwa's erschienen, welche Bezirksamtmann von Rode nach den mündlichen
Ueberlieferungen der Eingeborenen aufgezeichnet hat. Hiernach wurde die Stadt
von dem Kimantakata Stamm sowie von den Yassi Leuten von dem
Kinamarango-Stamm gegründet. Bald hinterher riss dann Mzee Mrimba, der
Häuptling der Mschinga, die Herrschaft an sich. Während seiner Regierung
landete, aus Persien kommend, Ali ben Soliman el Schirazi und erhielt gegen
Geschenke einen Platz, wo er sich mit seinen Leuten anbauen konnte. Bald
heiratete er eine Tochter Mzee's Mrimba und konnte sogar diesen ersuchen, weiter
ins Innere zu ziehen und ihm Kilwa allein zu überlassen. Hierzu erklärte sich
Mzee Mrinba unter der Bedingung bereit, dass sein Schwiegersohn den Weg ins
Innere mit Zeug bedecken würde. Sultan Ali erfüllte diese Bedingung. Nachdem
sich Mzee Mrimba im Innern festgesetzt hatte, merkte er bald, dass Sultan All die
alleinige Herrschaft in Kilwa an sich gerissen hatte, und rüstete daher zu einem
Kriege gegen ihn. Zur Abwehr soll sodann Sultan Ali ein grosses unter dem
Wasserspiegel liegendes Thal mit dem Meere verbunden und hierdurch Kilwa und
Songo Mnara vom Festlande getrennt und zu Inseln gemacht haben.
6*
84 werden ausdrücklich als Heiden beschrieben, indessen doch gelegentlich
Angehörige dieses Stammes mit arabischen Namen angeführt. Um was für ein
Volk es sich handelt, ist unklar. Die Wohnsitze werden südlich der Insel Kilwa an
der Mavuji-Bucht gewesen sein, denn dort heisst noch heute das Festland Bar el
Moli.
Gleichlautend sind somit in diesen beiden 400 Jahre alten Quellen Al ben Hassan
und seine persischen Landsleute als Begründer Kilwa's genannt. Auch Mombasa
hat gleichen Ursprung. In einer arabischen Chronik') dieser Stadt werden
schirasische Scheiks als die ältesten Herrscher bezeichnet, und nach der durch die
Portugiesen erhaltenen Kilwa-Chronik ist Mohamed, der Sohn Ali's ben Hassan,
des Begründers Kilwa's, als der erste in ihrer Reihe zu betrachten. Bestätigt
werden diese schriftlichen Nachrichten durch die mündlichen Ueberlieferungen
der Eingeborenen. Manches heute in Trümmern liegende Bauwerk wird als durch
Schirasi erbaut bezeichnet. Ja, schirasischer Abstammung rühmen sich heute noch
die Eingeborenen ganzer Ortschaften, und der Umstand, dass es vorwiegend
gerade die Jumbe, die Dorfschulzen, also die Angehörigen der noch jetzt
herrschenden Familien sind, die sich als Nachkommen jener alten persischen
Einwanderer bezeichnen, verstärkt die Glaubwürdigkeit. Freilich, die
Jahrhunderte und die fortgesetzte Vermischung mit der einheimischen
Negerbevölkerung haben viel von dem Typus der Vorfahren verwischt; aber reine
Bantu sind sie nicht geworden, und geradezu überraschend ist bei vielen von
ihnen die arische Gesichtsbildung und die ganze Gestaltung im Gegensatz zu den
Negern, unter denen sie leben. Auch ein äusseres Merkmal haben diese Jumbe
bewahrt und zwar in den nur von ihnen getragenen hohen dicken Mützen, die
entschieden auf die eigentümliche Kopfbekleidung der Perser hinweisen. Ob die
Ruinen, die von Schirasi und Wadiburi - letztere ein Volksstamm, der gleichfalls
nach der Annahme der heutigen Eingeborenen aus dem nördlichen Persischen
Golfe stammt
- herrühren sollen, wirklich mit persischen Bauten verwandt sind, hat
Hernach soll Mzee Mrimba auf dem Festlande und Sultan All auf den Inseln
geherrscht haben. Später erfolgte wieder eine Vereinigung unter Mohamed, dem
Sohne von Sultan All. - Offenbar liegen dieser mündlichen Ueberlieferung von
den Anfängen Kilwa's dieselben Sagen wie den beiden oben angezogenen
Chroniken zu Grunde. Was sodann nach der Wiedergabe des Herrn von Rode die
Eingeborenen weiter von den nächsten Nachkommen Mohamed's über den
Handel mit den Franzosen und über die Einfälle der Sakalaven aus Madagaskar
erzählen, überspringt in Wirklichkeit viele Jahrhunderte und entfällt schon in die
letzten Jahrzehnte des vorigen und die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts.
1) Von dieser Chronik sind drei Uebersetzungen vorhanden: Dr. L. Krapf,
~Ausland" 1858 No. 36 S. 849 fr.; Guillain I S. 614 fr. und »Owen, Narrative of
Voyages to explore the shores of Africa, Arabia and Madagascar«, London 1833,
1 S. 414 ff.
85 noch kein Kundiger untersucht. Thatsache ist aber und auch dem Laienauge
erkenntlich, dass ihre Bauart durch Wölbungen, Verwendung eines lehmfreien
Mörtels und behauene Steine, sowie durch trockene Einlegung der Deckenbalken
durchaus von der verschieden ist, welche die ostafrikanischen Araber ausübten
und ausüben. Persische Schriftzeichen sind nur durch eine einzige Inschrift, und
zwar auf einer Majolika-Platte, bei Tongoni auf einem Grabmale, sicher
nachzuweisen.') Sehr wahrscheinlich ist aber, dass sich auch die Inschriften der
alten Grabsteine, welche sich besonders bei Mombasa und nördlicher vorfinden,
und welche die heutigen Araber nicht lesen können, als persische Sprache
erweisen werden. Nur die Jahreszahlen, die über 500 Jahre zurückgehen, können
die Araber entziffern.') Auch persische Münzen sind bei Melinde zahlreich
gefunden.
Dass neben, ja vor den Persern auch die Araber Niederlassungen an der
ostafrikanischen Küste hatten, ist bereits erzählt, und es darf als sicher gelten,
dass, wenn auch aus persischen
Familien lange die Sultane und Könige hervorgingen, doch stets die Araber an
Zahl überwogen und bald auch ihr Einfluss der überwiegende geworden ist. Wie
persische und arabische Herrschaft nebeneinander hergingen, dafür hat sich ein
gutes Beispiel bis in die Neuzeit erhalten. In Zanzibar herrschten unbestritten die
arabischen Sultane aus Oman, doch unter ihnen unter dem Titel Muigni Mku (=
grosser Herr) als Oberherr eines grossen Teils der Bevölkerung, und zwar der
Wahadimu und der Watumbatu, die entschieden die Urbevölkerung sind, das
Haupt einer schirasischen Familie. Erst im Jahre 1865 hat dieses eigenartige
Verhältnis durch den Tod des letzten Sprösslings der Familie sein Ende gefunden.
Welchen Anteil persische Einwanderer einerseits und arabische Einwanderer
andererseits auf die Gestaltung der Volksstämme, die wir heute an der Küste und
auf den Inseln Ostafrikas als Suaheli, Wagunja (Bajuni), Komorenser und
sogenannte Küstenleute kennen, sowie auf deren gesamten Gesittungszustand
ausgeübt haben, wird sich schwerlich je klar erkennen lassen.
Die Chroniken von Kilwa geben über diese Entwicklung keine Aufklärung, und
gering ist auch die Ausbeute, die sie über wirtschaftliche Verhältnisse bieten. Im
wesentlichen überliefern sie, wie die meisten arabischen Chroniken, durch eine
Ueberzahl von auftretenden Personen
) Burton, Zanzibar, City, Island u. Coast, London 1872, II S. 134.
2) Richard Brenner (in Petermanns Mitt. 1868 X S. 362) giebt eine nackte
Aufzählung der grösseren Ruinen zwischen Melinde und Kismaju. In G. Revoil's
»Voyage chez les B6nadirs, les (;omalis et les Bayonns en 1882-1883« (in Le
Tour du Monde Bd. 49, 50 u. 56) sind Beschreibungen und gute Abbildungen von
Ruinen zwischen Lamu und Mukdischu zu finden.
- 86 und einen Mangel an Erklärungen ermüdend, die Namen und die Regierungsdauer
der 42 Könige, die in Kilwa seit der Gründung bis zur .Besetzung durch die
Portugiesen herrschten. Kämpfe der verschiedenen Thronbewerber untereinander,
Vertreibung und Ermordung missliebiger Herrscher durch das Volk und die
Nebenbuhler, Angriffe der benachbarten heidnischen Almuli, die verschiedentlich
Angehörige ihres eigenen Stammes als Herren in Kilwa einsetzten, sind das
Hauptsächliche, das erzählt wird.1) Erwähnenswert ist von diesen örtlichen
Kämpfen, dass die Parteien häufig Hülfe von Zanzibar und Mombasa holten. Der
einzige Hinweis zur Bestimmung. der eigentlichen Blütezeit Kilwa's ist durch die
iSjährige Regierung von Soliman Hassan zu finden. Unter diesem Könige, dessen
Regierungszeit auf die Jahre 1178 bis 1195 n. Chr. berechnet ist,') soll sich Kilwa
zur Herrscherin eines grossen Teiles der Küste, sowie des Handels von Sofala
gemacht haben. Auch von einer bedeutenden Bauthätigkeit dieses Königs wird
berichtet. Die bisher nur aus Holz errichtete Stadt soll von ihm durch viele
Steinhäuser verschönert sein, und auch eine grosse Festung mit Mauern und
Türmen soll er errichtet haben.') Naheliegend ist die Annahme, dass diese Festung
die bei der Einnahme der Stadt durch die Portugiesen erwähnte grosse
Königsbehausung ist, und dass es derselbe Bau ist, dessen grosse Ruinen noch
heute bei jedem Besucher Staunen erwecken. Indessen nennen die heutigen
Bewohner Kilwa's einen Schirasi Mfalme Suff (König Jussuf) als Erbauer dieser
Anlagen. Es ist dieses ein Königsname, der in den Kilwa-Chroniken nicht
vorkommt, und da auch die gute Erhaltung des Bauwerks ein Alter von 800
Jahren nicht glaubwürdig macht, ist wahrscheinlicher, dass solches aus der
nachportugiesischen Zeit stammt.4) Eine Bestätigung der Bauthätigkeit in Kilwa
gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts ist auch in der zweiten Chronik zu
finden, nach der unter einem Sultan Hassan Soliman, der wohl als derselbe
angenommen werden darf, der in der anderen Kilwa-Chronik Soliman Hassan
genannt wurde, die Moschee, die längere Zeit in Trümmern gelegen haben soll,
wiederhergestellt wurde. Allerdings stehen die beiden Quellen insofern in
1) In den Einzelheiten der Namen und Regierungsdauer der Herrscher u. s. w.
zeigen die beiden Chroniken untereinander grosse Verschiedenheiten, bringen
aber im grossen und ganzen ein übereinstimmendes Bild der Verhältnisse.
2) Kersten S. 27.
3) Barros I II S. 227.
4) Im Jahre 1723 richtete der König von Kilva, Sultany Ibraymo bun Sultäo O'S
ufo bunn Sultäo Mumady bunn Sultio Auliy einen Brief nach Portugal (Ms. Liss.
Archivo do Conselho Ultramarino. Papeis de Serviýo No. d'ordem 1046). Wenn
dieser Sultan Osufo mit dem von den heutigen Bewohnern Kilwas genannten Suff
identisch ist, wäre diese Königsbeh'äusung Ende des 17. oder Anfang des
18.Jahrhunderts errichtet. Der Erhaltungszustand der Ruinen spricht nicht gegen
diese Zeit.
rk
87 direktem Widerspruche miteinander, dass die eine, wie erwähnt, gerade die
Verwendung von Stein und Kalk hervorhebt, während die andere angiebt, dass es
den Werkleuten unmöglich war, die verfallenen Säulen der Moschee in der
ursprünglichen Steinarbeit zu erneuern, und dass darum Holz verwendet wurde.')
Uebrigens erscheint diese Erneuerung in Holz dadurch als Mythe, dass die
heutigen Ueberreste der Moscheen nur wohlerhaltene Steinpfeiler zeigen und
ausschliessen, dass je an ihrer Stelle Holz gestanden hat.
Bestimmterer Hinweis ist über die Glanzzeit von Mukdischu vorhanden. Zwei
'Inschriften sind an Bauwerken daselbst erhalten. Die eine berichtet, dass der Bau
eines Minarets zu einer Moschee im Stadtteile Hamaruen im Jahre 636 der
Hedschira (1238 n. Chr.) begonnen ist. Die zweite Inschrift mit der Jahreszahl
667 der Hedschira (1269 n. Chr.), vermutlich das Baujahr, befindet sich an einer
in Trümmern liegenden Moschee auf dem freien Platze zwischen den Stadtteilen
Hamaruen und Schangani.2) Freilich ist aus diesen vereinzelten Jahreszahlen
nicht zu schliessen, dass nur in dieser Zeit Wohlstand und Unternehmungsgeist
gross waren. Aber da gerade aus der gleichen Zeit bekannt ist, dass Handel und
Wandel an der Westküste Indiens und überhaupt im Arabischen Meere besonders
rege waren, ist anzunehmen, dass Ostafrika hiervon seinen Teil abbekam. Sehr
wahrscheinlich wurden in dieser Zeit die ostafrikanischen Häfen auch durch
chinesische Dschunken besucht. Marco Polo (1270-1295) berichtet von einer
Entdeckungsreise, die sein
chinesischer kaiserlicher Herr bis nach Madagaskar machen liess. Bis in die ersten
Jahrzehnte des fünfzehnten Jahrhunderts sandten die Chinesen regelmässig ihre
Dschunken nach der Westküste Indiens und nach dem Persischen Golfe, sowie
gelegentlich nach dem Roten Meere.) In Kalekut und anderen Plätzen der
Malabarküste hatten die Chinesen damals Niederlassungen, und da von hier aus
ein stetiger Schiffsverkehr nach Ostafrika bestand, wäre es seltsam, wenn die
Chinesen daran nicht teilgenommen hätten. Ja, aus der Endzeit des chinesischen
Verkehrs im Arabischen Meere aus dem Jahre 1430 ist aus chinesischen Quellen
nachgewiesen, dass eine chinesische Flotte wirklich Mukdischu für
Handelszwecke anlief.4) Greifbare Andenken an diesen direkten und indirekten
Verkehr mit China gelangen noch heute in Ostafrika gelegentlich ans Tageslicht.
Sowohl in Kilwa wie auch in Mukdischu
) History of Kilwa S. 390-391.
) Guillain I S. 613-4.
5) Oscar Peschel, Abhandlungen zur Erd- und Völkerkunde. Die
Handelsgeschichte des Roten Meeres. Leipzig 1877, S. 79 ff.
4) Dr. Friedrich Hirth, Ancient Porcelain, a study in Chinese mediaeval industry
and trade, Leipzig 1888.
- 88 wurden häufiger Einzelfunde von alten chinesischen Münzen gemacht.') Die
Porzellanscherben, die sich überall in den ältesten-Ruinen Ostafrlkas vorfinden,
und unter denen Kenner auch das berühmte Seladon-Porzellan nachweisen, sind
ein fernerer Beweis der alten Beziehungen zwischen Ostafrika und China.') Auch
den chinesischen Schriftstellern des 14. Jahrhunderts war der Abfluss dieses
Erzeugnisses ihres Landes nach der von ihnen Tsang-pat oder Tseng-po
genannten Zanzibar-Küste wohlbekannt. ')
Was in den alten arabischen Erdbeschreibungen über den Gesittungszustand der
ostafrikanischen Städte zu finden ist, giebt eine ebenso dürftige Kunde wie die
Kilwa-Chroniken. Kaum etwas anderes erzählen sie, als dass viele blühende
Städte mit muhamedanischen Bewohnern vorhanden waren, die von heidnischen
Völkerschaften umgeben waren, und dass ein lebhafter Handelsverkehr an der
ganzen Küste bis südwärts von Sofala betrieben wurde.4)
1) Eine Anzahl dieser in Mukdischu gefundenen Münzen hat Herr Professor Dr.
Friedrich Hirth zu München gütigst wie folgt bestimmt:
No. i K'ai-yüan (713-742). Richtiger wohl im Jahre 845 oder wenig später aus
eingeschmolzenen Kloster-Statuen, Glocken, Klangplatteni und Weihkesseln bei
Gelegenheit der grossen Buddhisten - Verfolgung gegossen.
2 T'ien-hi (1017-1022).
3 K'ing-li (Io41-1o49).
4 Schan-schöng (1094-1098).
5 Tschöng-ho (1111-1118).
6 Suän-ho (1119-1126).
7 Schau-hing (1131-1163).
2) Nicht auf diese alten chinesischen Zeiten zurück deuten jene alten
Porzellanund Steinzeug-Geschirre, die heutzutage vielfach von Europäern in
Ostafrika gesammelt werden. Nach gütiger Bestimmung des Herrn Professor Dr.
Brinkmann zu Hamburg sind diese Teller, Schalen u. s. w. chinesische
Exportware, etwa ioo Jahre alt, die für den arabischen und persischen Geschmack
angefertigt sind. Dieses Alter bestätigt eine derartige Schale durch die mit den
Ornamenten eingebrannte Inschrift: Said ben Sultan ben Achmed ben El Iman.
Genannter regierte als Sultan von Oman und Zanzibar von i8o6-1856 und sandte
gelegentlich seine Schiffe für Handelszwecke nach Singapore. Dort hat er
vermutlich die Geschirre mit seinem Namenszuge bestellt. Aehnliche
Porzellansachen, wie in Ostafrika gesammelt, gelangen auch häufiger aus dem
Innern Persiens nach Europa. Ganz vereinzelt sind allerdings auch in Ostafrika
wirklich ganz alte chinesische und persische Geschirre erhältlich, die meistens aus
Grabdenkmälern ausgebrochen sind.
2) Vergl. Dr. Friedrich Hirth's: Die Länder des Islams nach chinesischen Quellen,
Leiden 1894, S. 34, und Chinesische Studien, Berlin 1890, S. 58.
4) Eine erschöpfende Bearbeitung der alten arabischen Geographien über
Ostafrika giebt L.-Marcel Devic in »Le Pays des Zendjs ou la Cöte Orientale
d'Afrique au moyen-age d'aprýs les 6crivains Arabes«, Paris 1888. Auch Guillain
giebt.in I S. 155 bis 304 bezügliche eingehende Auszüge.
Bestimmtere Begriffe, dass sich diese Städte in den Zeiten vor Ankunft der
Portugiesen wirklich auf einer gewissen Kulturhöhe befanden, geben die schon
verschiedentlich erwähnten, zahlreich in Ostafrika anzutreffenden Ruinen.
Ueberall an der Küste, an den Flussmündungen, auf den Inseln, auch an Stellen
am ungeschützten Meeresstrande, wo heute nichts zur Niederlassung zu reizen
scheint, sind mehr oder weniger gut erhaltene Gemäuer und Grabdenkmäler
anzutreffen. Nur in der Nähe grösserer Ortschaften wird man meistens vergebens
suchen, da dort das alte Steinwerk für neue Bauten verwendet worden ist.
Ueberraschend scheint auf den ersten Blick, dass heute diese Ruinen häufig ganz
vereinzelt, nur von Grabdenkmälern umgeben, dastehen. Aber eine ausreichende
Erklärung ist, dass ebenso wie in den heutigen, in den alten ostafrikanischen
Ortschaften nur einzelne Gebäude aus Stein errichtet waren und der Rest
einstmals aus Hütten aus Gestänge und Lehm bestand, die der Zahn der Zeit
gänzlich vernichtet hat. Fast alle alten Ruinen, jedenfalls die bedeutenderen,
zeigen die oben angeführten Merkmale schirasischer Bauart. Besonders
erwähnenswert für den Süden sind von diesen Bauwerken die Ruinen zweier
Moscheen in Kilwa. Von der kleineren derselben ist der gesamte rohe Steinbau,
wenn auch innen und aussen beschädigt, erhalten. Die ganze Anlage besteht aus
neun, in drei Reihen stehenden Kuppeln, die auf vier Pfeilern und den
Umfassungsmauern ruhen. Die mittlere Kuppel wird von einem phallusförmigen
Pilaster überragt. In eigener Art sind die zierlich gerippten Deckenwölbungen und
die Wände mit eingemauerten Tellern, ') die zum Teil noch ihre Farbe und
persische Ornamente zeigen, geschmückt. Auch einige in die Wand eingelassene
Rosetten aus grün gefärbtem Sandstein sind erhalten. Die Pfeiler und die
Einfassung der Maueröffnungen sind aus gehauenen Steinen zusammengesetzt.
Die ganzen Grössenverhältnisse zeigen eine bewunderungswürdige Harmonie.
WýVeniger gut erhalten ist die zweite, wesentlich grössere Moschee in Kilwa.
Von ihr steht nur noch ein Teil, der auf 36 Pfeilern ruht. Die gesamte frühere
Ausdehnung lässt sich nicht mehr erkennen. Auch dieser Bau ist aus Gewölben
zusammengesetzt, doch in geringerer Regelmässigkeit und weniger guter
Ausführung als die erst erwähnte Moschee; auch der Tellerschmuck zeigt sich nur
an wenigen Stellen. Die ganze Anlage beider Moscheen deutet auf einen
Baumeister oder auf ein ge ) Diese Einmauerung von Porzellangeschirren findet
sich ebenso auf vielen anderen alten Bauwerken, besonders auf den Lamu-lnseln.
Auch heute ist die Anwendung dieses eigenartigen Schmuckes noch nicht
erloschen, doch nur an den Gräberaufbauten gebräuchlich; itanches Stück
deutschen Steinzeugs findet auf diese 'Weise eine unvorhergesehene
Verwendung. - Interessant ist, dass eine ähnliche Einniauerung von Porzellan in
Kleinasien vorkommt.
meinsames Vorbild. Dass diese Moscheen nicht aus jüngerer Zeit stammen, ist
dadurch belegt, dass sie schon den portugiesischen Eroberern im Jahre 1505
auffielen. Ihr Anblick verleitete damals den deutschen Besucher Kilwa's sogar zu
einem Vergleiche mit der berühmten Moschee Cordoba's.') Freilich ausser der
gleichartigen Zusammensetzung aus Deckenwölbungen wird es, wenigstens nach
Abbildungen und Beschreibungen der Moschee zu Cordoba zu urteilen, zwischen
den Bauten keine Verwandtschaft geben. Weiter sind im deutsch-ostafrikanischen
Gebiete die ausgedehnten Ruinen auf der Insel Chuani bemerkenswert. Im
Norden sind die Leuchttürme in Barawa und Mukdischu die augenfälligsten
Beweise des Gesittungszustandes früherer Jahrhunderte. Dass diese etwa 12-15 m
hohen Türme thatsächlich als Schiffahrtszeichen gedient haben, darüber ist nach
der Lage und Anlage keinerlei Zweifel. Mukdischu bietet ferner durch die
Ueberreste einer alten, fast an ein Trockendock erinnernden Hafenanlage ein
bemerkenswertes Denkmal bedeutender, dem Gemeinwohl gewidmeter
Thätigkeit. Hinter einem kleinen Vorgebirge, an dem sich tosend die Brandung
bricht, ist ein Bassin von etwa 3o qm Grösse aus dem soliden Korallenfels
ausgetieft; an den Seiten ist der Fels in genügender Grösse zum Aufziehen
kleinerer Fahrzeuge unterhöhlt; eine durch den soliden Fels gebohrte
Wendeltreppe von etwa 8 m Tiefe, die auf diese Aushöhlungen mündet, verbindet
die Anlage mit der Oberfläche. Bei Ebbe läuft das ganze Bassin fast trocken, doch
scheint, da die Flut nur durch ein enges Loch eintritt, ursprünglich eine
Vorkehrung zur gänzlichen Absperrung des Wasserzutritts vorhanden gewesen zu
sein. Der schwierige Zugang von See her lässt allerdings zweifelhaft erscheinen,
ob diese Anlage stetig und allgemein benutzbar gewesen ist. Wahrscheinlich ist,
dass sie für eine Befestigung auf dem Felsvorgebirge als Unterschlupf und als
Notausgang für Fahrzeuge in Kriegszeiten gedient hat. Immer aber bleibt dies
\Verk ein erstaunliches Zeugnis früheren Schaffens. Ausser diesen Bauwerken ist
an greifbaren Beweisen früherer Kultur der Städte Ostafrikas wenig vorhanden.
Erwähnenswert ist, dass in Mukdischu die vollständigen Einrichtungen für die
Herstellung von Glasperlen, als Schmelztiegel, farbige Glasflüsse, Glasstangen
und farbige Perlen, gefunden sind. Diese Perlen ähneln in der olivenartigen Form,
Farbe und rohen Ausführung den noch heutzutage in Ostafrika in grossen Mengen
aus China über Indien zugeführten Sorten, die unter dem Namen Selan gehen.
Bekannter ist die Baumwollenindustrie von Mukdischu, die heute durch
amerikanische und indische Fabrikware hart bedrängt, nur noch ein kümmerliches
Leben fristet, in früheren
1) Mayr BI. 6b.
- 9i
Jahrhunderten aber Erzeugnisse lieferte, die weithin verführt wurden und bis
Aegypten hin einen guten Ruf hatten. Auch Patta hatte einen besonderen Ruf in
der Herstellung feinerer, buntgewebter Zeuge. Hauptsächlich reichere Stoffe
wurden hier gewebt, und die als Geschenke für die Landesfürsten verwendeten
Gewebe wurden allgemein geradezu PattaStoffe genannt. Ferner hatten die
Kerimba-Inseln und die anliegende Küste eine ansehnliche Ausfuhr von
Baumwollstoffen. Dass Spinnerei und Weberei in alten Zeiten längs der ganzen
Küste bis Sofala hinunter betrieben wurden, ist vielfach beglaubigt.
Erwähnenswert ist die Nachricht, dass man in Sofala die Färbung der Garne nicht
verstand, sondern vorwiegend nur weisse Stoffe herstellte, die mit blauen und
andersfarbigen Fäden durchwebt wurden, welche aus Stoffen indischer Herkunft
losgelöst waren.') Unwillkürlich erinnert dieses Verfahren an das Anweben bunter
Borden aus eingeführten farbigen Garnen an gleichfall eingeführte weisse
Baumwollenstoffe, das noch heute vielerorts in Ostafrika geübt wird.
Ob sich die muhamedanische Kultur Ostafrikas bei der Ankunft der Portugiesen
auf der Höhenstufe befand, oder ob bereits ein Rückgang eingetreten war, darüber
ist aus den vorhandenen Quellen keine bestimmte Meinung zu gewinnen.
Jedenfalls waren Zustände vorhanden, welche die Ankommenden mit Staunen
erfüllten. Himmelweit waren sie von denen geschieden, die sie unter denselben
Breiten auf der anderen Seite des Erdteils kannten. Zwar hatte das ganze Land
und der Gesittungszustand derNegerbevölkerungAehnlichkeit mit derWestküste,
aber inmitten dieser barbarischen Verhältnisse befanden sich Städte, deren Anlage
und Aussehen denen Portugals nicht nachstand, und innerhalb dieser Städte eine
Einwohnerschaft, deren Bildung sich gleichfalls mit der der Portugiesen wohl
messen konnte. Das ganze Land wurde Zanzibar und die Einwohner wurden
Sentsch oder Kaffern genannt ) Längs der ganzen Küste, südlich vom Kap
Delgado spärlicher, nördlich davon in dichter Folge lagen Ortschaften und Städte,
als deren bedeutendste Kilwa, Mombasa und Mukdischu genannt werden. Die
Einwohnerschaft von Kilwa wurde auf .4000 Seelen und von Mombasa auf oooo
Seelen geschätzt.') Ueber1) Duarte Barbosa, A Description of the Coasts of East
Africa and Malabar in the beginning of the sixteenth Century, transl. by the Hon.
Henry E. J. Stanley. Hakluyt Society, London 1866 S. 6.
2 ) Barros I I S. 205, Zanzibar bedeutet das Land der Schwarzen (von dem
persischen sentsch = die Schwarzen und bar = das Land), Kaffer bedeutet Heide
(von dem arabischen kafr).
8) Mayr Bl. 4b und iob. Gaspar Correa beziffert allerdings in Three Vo-ages S.
291 die Bevölkerung Kilwa's auf 12 ooo Köpfe, doch ist dem -deutschen
Berichterstatter, der nach eigenem Augenschein erzählt, mehr Glauben zu
schenken, umsomehr da Gaspar Correa, wie bereits erwähnt, stets zu
Uebertreibungen neigt. Diogo da
- 92
wiegend bestand die Bevölkerung aus schwarzen Sklaven, die aber mehr in einem
lockeren Abhängigkeitsverhältnis, als unter schwerem Zwang standen.') Die
herrschende Klasse waren »weisse und schwarze Mauren« d. s. reine Araber und
deren Mischlingsabkömmlinge. Handeltreibende Indier vervollständigten die
Bevölkerung. Alle Einwohner waren mit Baumwollstoffen bekleidet; während die
Reicheren kostbare Gewänder, teils aus Seide, trugen, besassen die Armen und
Sklaven nur ein einzelnes Lendentuch. Die Häuser der Städte standen eng
gedrängt. Die meisten Gebäude waren Lehmhütten, deren Palmblattbedachungen
so dicht aneinanderstiessen, dass die Strassen fast gedeckte Lauben waren. Doch
auch zahlreiche Steinhäuser bis drei Stockwerke hoch waren vorhanden. Auch
diese standen an engen Strassen, sodass in ihnen, besonders, da fast jedes Haus
eine angebaute Steinbank hatte, 'vielerorts kaum zwei Menschen nebeneinander
gehen konnten. Viele dieser Steinhäuser hatten noch über der Steinbank ein
Schutzdach aus Palmblättern. Die Häuser waren mit hübsch gearbeitetem
Holzwerke verziert, worunter wohl die Schnitzereien der Fenster und Thürrahmen
zu verstehen sind. Auch von Bemalung der Häuser innen und aussen wird
berichtet.
Beherrscht wurde fast jede einzelne Ortschaft oder Stadt, so klein sie sein mochte,
von einem besonderen Könige, der seine Machtbefugnisse mehr oder weniger mit
anderen einflussreichen Einwohnern zu teilen hatte. Die Stadt Barawa wurde
sogar geradezu als Republik regiert.') Die Zusammenfassung grösserer Gebiete zu
Staaten scheint ganz gefehlt zu haben, nur vorübergehend gewannen einige Städte
über andere Einfluss. Frieden und Krieg wechselten häufig in den Beziehungen zu
den benachbarten Negerstämmen, und bezeichnend ist in dieser Hinsicht, dass
viele der Städte gegen die See zu unbefestigt waren, dagegen an der Landseite
Umwallungen hatten. An Waffen hatten die Eingeborenen Speere, Bogen mit
vergifteten Pfeilen und Schwerter. Wenig glaubwürdig wird von Mozambique
erzählt, dass dort auch Schleudern gebraucht wurden. Von Kilwa berichtet Hans
Mayr, dass dort vier Kanonen (bombardas) vorhanden waren, fügt indessen hinzu,
dass man nicht recht verstanden habe, mit Schiesspulver umzugehen!') Auch
andereAndeutungen überzeugen, dass man damals in Ostafrika ebenso wie auch
in Indien und im Persischen Golfe wohl Feuerwaffen kannte, ihr Gebrauch aber
Alcocova schätzte einem Berichte vom Jahre 15o6 aus Sofala zufolge die
Einwohnerzahl Kilwa's auf sogar 3oooo Köpfe und berichtet, dass Mombasa noch
volksreicher sei, doch erscheinen auch diese Angaben, da sie nach Hörensagen
gegeben sind, ganz haltlos.
) Mayr BI. 8a.
2) Duarte Barbosa S. 15 u. A.
3) Mayr B1. 5 b.
- 93
eine seltene Ausnahme war.') Der Reichtum des Landes an schönen Früchten,
besonders an Apfelsinen, ist schon erwähnt. Das Vorkommen an Mangos wird
überraschender Weise nicht ausdrücklich berichtet; anzunehmen ist bei den alten
Beziehungen zwischen Asien und Ostafrika, dass diese Frucht auch damals schon
gezogen wurde. Nahe den Städten waren Baumgärten. In Kilwa und Mombasa
wurde, mangels fliessenden Wassers, aus Brunnen bewässert. Die Kultur von
Kokuspalmen war sehr bedeutend. Erst bei ihrer Ankunft in Ostafrika lernten die
Portugiesen diesen Baum kennen. Als Erzeugnisse des Landbaues werden
Negerhirse, Bohnen, Reis und Zuckerrohr genannt. Die Herstellung von Zucker
war nicht bekannt. Auch der Anbau von Tambusträuchern, deren Blätter
zusammen mit Betelnuss gekaut werden, finden Erwähnung Die heute in
Ostafrika allgemein betriebenen und wichtigen Kulturen von Ananas, Mais und
Maniokwurzeln waren damals noch unbekannt. Erst um 1750 ist die
Maniokwurzel aus Brasilien in Mozambique eingeführt und hat sich von dort
weiter in Ostafrika verbreitet. Um welche Zeit sich Ananas und Mais, die
gleichfalls aus Amerika stammen, in Ostafrika eingebürgert haben, ist nicht näher
bekannt. Der Reichtum des Landes an Grossvieh, Ziegen, Fettschwanzschafen
und Hühnern wird gerühmt. Ferner wird von Mombasa das Halten einzelner
Kamele erwähnt. Auch wird von Kilwa berichtet, dass die Bienenzucht eifrig
betrieben wurde.')
Längs der ganzen Küste herrschte ein lebhafter Handelsverkehr. Die hierzu
dienenden Fahrzeuge waren ohne Verwendung von Nägeln gebaut, die Planken
waren mit Kokusgarn zusammengenäht, sie hatten kein festes Verdeck, sondern
ein Dach aus Palmblättern, der eine Mast trug ein grosses Mattsegel, gedichtet
waren sie, mangels Teer, mit Fischöl und mit wohlriechendem Harze (GummiKopal?).") Die grössten der Fahrzeuge glichen an Raumgehalt ungefähr den
portugiesischen Karavellen von 5o Tonnen.4) Die Beschreibung, welche von
diesen Fahrzeugen gegeben wird, entspricht im grossen und ganzen dem heutigen
Mtepe Ostafrikas. Dass das Vorbild dieser Fahrzeuge aus dem Persischen Golfe
stammt, dafür ist ein Fingerzeig, dass Marco Polo von den Schiffen, welche er in
Ormus fand, eine genau gleiche Beschreibung giebt.5) Den Fahrzeugen kann nach
allem nur eine geringe Seetüchtigkeit zugemessen werden. Ueberraschend ist
dagegen, welche weitgehende
) Vergl. R. S. Whiteway, The Rise of Portuguese Power in India 1497-i550,
Westminster 1899, S. 33 ff.
2) Vorwiegend nach Hans Mayr.
8) Barros I I' S. 214, Roteiro S. 28. u. A.
4) Mayr B1. 5 a.
5) Yule's Marco Polo I S. 102.
- 94 Kenntnisse in der Navigation vorhanden waren, denn Kompasse, Seekarten und
Instrumente zur Höhenmessung der Gestirne waren im Gebrauch.1) Die
geographische Breite der Orte wurde nach der Höhe des Kulminationspunktes der
in Sicht stehenden Bärengestirne ermittelt. Die Höhe über dem Horizonte wurde
nach viertel, halben und ganzen Daumenbreiten durch ein einfaches, dem
Jakobsstabe ähnliches Instrument gemessen Die Ortslänge wurde nicht
astronomisch ermittelt, aber Entfernungsangaben und Kompass gaben genügend
sicher die Ausdehnung von Westen nach Osten. Geradezu überraschend genau,
wenigstens in der Breite, sind die derartig gefundenen Kartenbilder.2) Im
Fernverkehre waren Kilwa, Mombasa, Melinde, Patta und Mukdischu mit Aden,
Ormus und besonders mit Kambaja in Verbindung. Allerlei Anzeichen deuten
dahin, dass dieser Fernverkehr und die Navigation mit wissenschaftlichen
Hülfsmitteln nicht durch Ostafrikaner, sondern ausschliesslich durch Araber und
Indier, besonders Guseraten aus Kambaja, betrieben wurden. Ebenso ist
anzunehmen, dass der Grosshandel, gewiss die Einfuhr und Ausfuhr, in den
Händen von Indiern aus Kambaja lag.') Heidnische und muhamedanische Indier
wurden als Händler in allen ostafrikanischen Häfen nördlich Mozambiques von
den Portugiesen angetroffen. Die heidnischen Indier werden Banianen genannt.
Sehr wahrscheinlich gehörten sie zu der noch heute im ostafrikanischen Handel
bedeutenden Kaste der Battia. Wenigstens behaupten Angehörige dieser Kaste in
Zanzibar, dass sie ihre Ansässigkeit in Ostafrika für 300 Jahre aus ihren
Geschäftsbüchern nachweisen können. Welche Sekte der muhamedanischen
Indier zuerst in Ostafrika Handel getrieben hat, lässt sich nicht ergründen. Die
Bahora sind diejenigen, welche selbst diesen Ruhm für sich in Anspruch nehmen,
doch spricht die verhältnismässige Jugend ihrer Kaste dagegen. Die Sekte der
Khoja, welche in unseren Tagen von allen Indiern am zahlreichsten in Ostafrika
vorhanden ist, kommt für diese Frage nicht in Betracht, da sie erst um die Mitte
des 16. Jahrhunderts durch Bekehrung von Battia und Loana zum Islam
entstanden ist. Von den grösseren Häfen aus wurden die Waren in kleineren
Fahrzeugen nach den weniger bedeutenden Küstenplätzen und weit südwärts
vertrieben. Noch südlich von Sofala fanden die Portugiesen kleine
muhamedanische Niederlassungen,
1) Barros 1 1 S. 319-320, Roteiro S. 28 u. A.
2) Dr. Tomaschek und Dr. Bitter, Die topographischen Capitel des indischen
Seespiegels Mohit, Wien 1897, S. 17 ff. Dieses wichtige Werk giebt die
Uebersetzung, sowie wertvolle Erläuterungen samt Kartenbildern eines im Jahre
I54 von einem Türken im Persischen Golfe geschriebenen Segelhandbuches für
den Indischen Ozean. Es umfasst das ganze orientalische Wissen jener Zeit über
dieses Meerbecken mi seinen Inseln und Küsten.
8) Goes S. 84.
02
- 95
wo Tauschhandel mit indischen Baumwollstoffen getrieben wurde. Hundertfach
soll der Gewinn bei diesem Handel gewesen sein. Damals soll in Sofala ein
Centner Elfenbein 3 bis 4 Dukaten = M. 28,30 bis M. 38,gekostet haben.') Heute
kostet er M. 8oo.- bis M. 1400.-. Das nördliche und westliche Madagaskar, von
den Eingeborenen Ostafrikas damals ebenso wie heute Bukin genannt,2) und die
Komoro-Inseln gehörten gleichfalls zu diesem Wirtschaftsgebiete. Dass die
Araber bezw. Guseraten das Kap der guten Hoffnung kannten und den
Zusammenhang des Indischen Ozeans mit dem Atlantischen Ozean ahnten, ist
sehr wahrscheinlich. Die Südgrenze der regelmässigen Schiffahrt ist aber das Kap
Korrientes gewesen; südlich hiervon waren die Fahrzeuge den starken
Strömungen und der hafenarmen Küste nicht gewachsen. Vorwiegend, besonders
in den kleineren Plätzen, wird der Handel als Tauschhandel betrieben worden
sein, Baumwollstoffe und Getreide dienten als Wertmesser, doch dass auch viel
gemünztes Geld gebraucht wurde, dafür zeugen die vielen, besonders in Kilwa
und Mukdischu gefundenen kupfernen und kleinen silbernen Münzen mit
arabischer Prägung. Vielleicht, dass die noch nicht gelungene Bestimmung dieser
Münzen auf Münzherren und Schlagjahre noch einmal neue Fingerzeige für die
Handelsgeschichte des alten Ostafrikas giebt. Aus Mombasa wird berichtet, dass
dort silberne Münzen, ähnlich wie Fischschuppen, also wohl sehr dünn, im
Verkehr waren. Auch der deutsche Berichterstatter über die Fahrt von Francisco
d'Almeida erwähnt, dass in Kilwa Kupfermünzen, in Grösse ähnlich den
portugiesischen Ceptis, umliefen. Aus derselben Quelle ist bekannt, dass Gold
nicht gemünzt vorhanden war, sondern nach dem Gewichte eines Metikal, gleich
460 Reis Wert, von Hand zu Hand ging.' ) Dass das Metikal Gold vielfach die
Unterlage für grössQre Zahlungen war, dafür sind in den vorhergehenden
Abschnitten verschiedene Beläge gegeben. Auf geordnetere Verhältnisse im
Handesverkehr deuten auch die Gewichtsverhältnisse. Sogar ein Aufseher der
Gewichte und Masse, also ein Aichbeamter,
) Duarte Barbosa S. 4-52) Francisco d'Andrada, Chronica do Muyto Alto e
Muyto Poderoso Rey Dom Jo.o o III deste Nome. Lisboa 1613 II S. 145. Die
Portugiesen nannten die Insel auf ihren ältesten Karten gleichfalls Bukin, später
Sam Lorenco. Die heutige Bezeichnung Madagaskar ist zuerst von Marco Polo,
und zwar in der Schreibart Madeigaskar, angewendet. Dieses ist sehr
wahrscheinlich eine Verstümmelung aus Mukdischu. Der Reisende schöpfte seine
Kenntnisse aus Erkundigungen in Ormus. In handg-reiflicher Weise hat er in
seiner Schilderung Nachrichten vermengt, die teils für Madagaskar richtig sind,
teils aber nur für Mukdischu passen, womit auch die falsche Benennung erklärt
ist. Die gleichfalls übliche Aussprache Mukdischu's als Magadascha (die
Portugiesen schrieben-: Magadoxa) macht diesen Zusammenhang noch
wahrscheinlicher. .Vergl. Yule's Marco Polo II S. 347.
8) Mayr BI. 6a.
- 96 wird von Kilwa, in der arabischen Chronik dieser Stadt, erwähnt.') An der ganzen
ostafrikanischen Küste wurde nach Bahar, Frasila und Man das Gewicht
bemessen.
Es gingen an den verschiedenen
Plätzen verschieden 20 bis 25 Frasila auf ein Bahar und IO bis 12 Man auf ein
Frasila. Nach den altportugiesischen Gewichten umgerechnet, ergeben sich
umstehende Vergleichszahlen in metrischem Gewichte :')
r Bahar
i Frasila i Man
in Sofala
247,860 kg 12,393 kg 0,826 kg
Mozambique 229,602 , 11,505 ,
Kilwa
1
u. Monfia
95,075 ,
9,753 , o,813
Zanzibar
235,008 ,
11,750 , 0,940 ~
Mombasa
235,008 ,
9,400 ,
Melinde
243,270 ,
10,136 , 0,935 ~
Selbst nahe bei einander liegende Städte verstanden somit unter gleichen
Bezeichnungen verschiedene Mengen. Die Unterschiede dürfen aber nicht
überraschen, da zusammen mit Gewichtsvergleichungen von bedeutenden
handelsüblichen Gewichtsabschlägen bei einzelnen Waren berichtet wird. Auch
ist wahrscheinlich, dass für manche Artikel, wie Getreide, die Menge eigentlich
nach einem Hohlmass zu ermitteln war, dass aber der bequemeren Handhabung
halber gewogen wurde und für Hohlmass zu Gewicht feststehende Sätze
angewendet wurden, die für die verschiedenen Artikel, entsprechend der Schwere
des Stoffes, verschieden sein mussten. Oberflächliche Erkundigungen über das
Gewicht konnten somit leicht zu Zahlen führen, die zwar für einen einzelnen
Artikel richtig, aber für andere Artikel irrig sind. Aehnliche Zustände haben sich
bis heute in Ostafrika erhalten. So gilt heute -.n Zanzibar ein Djisla Salz 6oo Pfd.
engl., ein Djisla Negerhirse 360 Pfd. engl. und ein Djisla roher Reis 285 Pfd. engl.
Das Bahar ist heute als Gewichtsmesser unbekannt, dagegen hat sich für eine
ähnliche Menge (700 Pfd. engl.) das Kandi eingebürgert. Das Frasila und das Man
sind noch heutzutage überall in Ostafrika die Bezeichnungen für
Gewichtseinheiten und für ähnliche Mengen wie vor 400 Jahren. Uebrigens ist
auch heute noch das Frasila in verschiedenen Gebieten verschieden schwer.
Während es in Zanzibar und Deutsch-Ostafrika 35 Pfd. engl. = 15,876 kg
gerechnet wird, gilt es im englischen und italienischen Ostafrika 36 Pfd. engl. =
16,33o kg. Vollends das Man ist eine unbestimmte
1) The History of Kilwa S. 394.
2) Antonio Nune., Livro dos Pesos da Ymdia e assy Medidas e Mohedas escripto
em 1554. In ,Subsidios para a Historia da India Porttigueza." Lisboa I868. S. 45
ff.
- 97 Einheit; selbst an ein und demselben Orte wird es bald gleich 3 Pfd. engl. = 1,361
kg, bald gleich dem Gewichte von 48 Maria TheresiaThalern = 1,349 kg
angenommen. Der Ursprung von Metikal, Man und Frasila ist in Ormus, der
derzeitigen Handelskönigin des arabischen Meeres, zu suchen; Man, Frasila und
Bahar waren auch im ganzen Westen Ostindiens im Gebrauch.
Ob die ostafrikanischen Küstenstädte stetige Beziehungen zum tieferen Innern des
Kontinentes unterhielten, ist nicht nachweisbar. Aus den ersten Jahrzehnten des
portugiesischen Verkehrs mit dem Osten ist der einzige Hinweis auf solche
Beziehungen eine Stelle in der Geographie von Duarte Lopes. In dieser wird
gesagt, dass die Königreiche Kilwa, Mombasa und Melinde nach dem Innern zu
gegen Westen an das grosse Reich Monemugi (? Uniamesi) grenzen, deren Kaiser
mit den genannten Küstenstädten des Handels und der Verbindung mit dem
Meere halber in Frieden lebe.')
Fast die Grundlage des gesamten Handels bildeten die weissen und bunten
Baumwollstoffe, die von Kambaja eingeführt wurden. Von der Weberei-Industrie
dieser Stadt Indiens wird berichtet, dass sie bedeutender gewesen sei, als die
irgend einer Stadt Europas. Unter diesen Stoffen werden häufig Kanickies
(canaqui) d. h. die blau gefärbten Stoffe genannt, die noch heute im
ostafrikanischen Handel eine bedeutende Rolle spielen. Auch der Name Schadder
(xada) kommt vor, worunter noch heute ein weisser Stoff mit farbigen Kanten
verstanden wird. Ferner finden wir als Einfuhrwaren: Glas- und Achatperlen aus
Kambaja, Rosenwasser, Salz, Glasflaschen und getrocknete Fische aus dem
Persischen Golfe und Kupfer, wahrscheinlich chinesischer Herkunft, angegeben.
Ausgeführt wurden dagegen: Gold aus Sofala, Sklaven, Elfenbein (Elefanten- und
Flusspferdzähne), Schildpatt, Ambergris, Wachs, Harz (zweifelsohne GummiKopal), Weihrauch, Zibeth und Kaurimuscheln.
Indische Baumwollstoffe waren der verbreitetste Artikel. Als der eigentliche
Lebensnerv aber der ganzen muhamedanischen Siedlungen in Ostafrika, wie die
Portugiesen sie fanden, ist fraglos der Goldhandel mit Sofala zu betrachten. Selbst
wenn man annimmt, dass das Vorkommen von Gold die Gewährsleute jener Zeit
gegen alles andere blind gemacht hat, so überzeugen doch ihre Bestimmtheit und
Uebereinstimmung in diesem Punkte, dass dieser Goldhandel thatsächlich
dasjenige gewesen ist, was vorwiegend den Verkehr längs der Ostküste Afrikas
veranlasste, und was in erster Linie die Blüte der an diesem Handel beteiligten
Städte stützte. Der grossartige Reichtum Südafrikas an Gold ist im letzten
Jahrzehnt der Welt aufs Neue durch die Ausbeute in
1) LucianoCordeiro,L'Hydrographie Africaine au XVI me SiMcle, Lisboa 1878,
S. 62.
Strandes, Ostafrika.
7
- 98 Transvaal offenbar geworden. Dass aber früher dieselben Reichtümer bekannt
waren und ausgebeutet wurden, dafür besitzen wir greifbare Beweise in den
unverkennbaren Anzeichen von altem Bergbau und Schmelzstätten sowie in den
Ruinenstädten jener Gebiete, besonders Simbaje. Zwar muss die Zeit, in
welcher jene Bauwerke geschaffen wurden, Tausende von Jahren älter
angenommen werden') als jener Goldhandel, den die Portugiesen im Anfang des
16. Jahrhunderts vorfanden. Dafür spricht neben Wichtigerem der Umstand,
dass die arabischen Goldhändler jener Zeit zwar die alten Bauwerke kannten, aber
auch schon als etwas Erstaunliches und Unerklärliches betrachteten. 2)
Zweifelsohne ist aber dieser Goldhandel des späten Mittelalters eine Erbschaft
jener gleichartigen Unternehmungen, die ins graue Altertum zurückgreifen.
Einerlei, ob Phönizier, Aegypter, Abessinier, Indier, Perser oder Araber jene
ältesten Entdecker und Ausbeuter der Mineralschätze Südafrikas waren, der
Verbindungsweg mit ihrem Heimatslande führte immer längs der Ostküste
Afrikas, und die Fahrzeuge, welche diesem Verkehre dienten, werden schwerlich
die lange Strecke vom Persischen Golfe oder der Strasse Bab-el-Mandeb aus nach
dem fernen Süden ununterbrochen zurückgelegt haben, sondern werden die Häfen
im äquatorialen Afrika angelaufen haben. Mit Sicherheit darf man daher das
Wachsen, vielleicht sogar die Entstehung der Städte im mittleren Teile der
ostafrikanischen Küste mit dem Goldhandel Südafrikas in Verbindung bringen,
und es braucht nicht bezweifelt zu werden, dass für die Städte jener Goldhandel
die Bedeutung hatte, die alle Berichterstatter damaliger Zeit ihm beilegten.
Bedürfte es eines weiteren Beweises, dass thatsächlich Maschonaland und die
mittelafrikanischen Küstenstädte miteinander in Verbindung standen, so wäre ein
solcher daraus zu führen, dass gleichartige antiquarische Funde von Glasperlen,
Glas und Scherben in Kilwa und Zimbabje gemacht sind.') Zuerst mögen die
Städte nur als Zwischenstationen von diesen südafrikanischen Fahrten Nutzen
gezogen haben, dann nach eigener Erstarkung und nachdem aus unbekannten
Gründen die von weiter herkommenden
1) In den Ruinen von Simbabje ist von Dr. Schlichter ein Gnomon, eine
aufrechtstehende Säule, entdeckt, die zur Bestimmung der Jahreszeiten durch
Messungen ihres Schattens diente. An dem gleichen Platze befinden sich noch
Anzeichen für die früheren Messungen. Hieraus konnte die Schiefe der Ekliptik
zur Zeit der Messungen bestimmt werden. Nach den periodischen Schwankungen
der Ekliptik schliesst Dr. Schlichter, dass der Gnomon ungefähr i1oo Jahre vor
Chr. benutzt ist. (Vortrag von Dr. Schlichter am 27. Februar 1899 in der Kgl.
Geogr. Gesellschaft zu London).
2) Barros 1 II S. 378-379.
1) Bent S. 205-2o6.
- 99 Unternehmungen erlahmten, werden sie den gewinnbringenden Verkehr nach den
Goldländern als Eigenhandel an sich gebracht haben.
Die öfters erwähnte Chronik von Kilwa giebt allerdings abenteuerlichere
Erklärungen. Sie erzählt, dass zuerst ein Fahrzeug von Mukdischu zufällig nach
Sofala verschlagen sei, und dass die Kaufleute von Mukdischu den Goldhandel
lange für sich allein ausgenutzt hätten. Dann soll ein Fischer aus Kilwa, der einen
mächtigen Fisch, den er an der Angel hatte, nicht fahren lassen wollte, seinen
Weg verloren haben und schliesslich mehr tot als lebendig bei Sofala gelandet
seien. Durch diesen, der mit einem Fahrzeuge aus Mukdischu in die Heimatstadt
zurückkehrte, sollen sodann seine Landsleute in Kilwa von dem reichen
Handelsgebiete Kunde erhalten haben.') Schon im Anfang des 12. Jahrhunderts n.
Chr. wird Sofala als von Kilwa abhängig in jener Chronik bezeichnet. Durch den
Reichtum, den das Gold Sofalas eintrug, gelang es Kilwa gegen das Ende des
gleichen Jahrhunderts fast die gesamte Küste von Melinde südwärts,
einschliesslich der Inseln Pemba, Zanzibar Mafia und der Komoren, seiner
Herrschaft zu unterwerfen.') Zwar hatte bei Ankunft der Portugiesen Kilwa schon
den nördlichen Teil dieser Besitzungen wieder verloren, aber der ganze Süden,
insbesondere die muhamedanischen Ansiedlungen in Sofala, Mongulo
(wahrscheinlich nahe dem heutigen Quilimane), Angoja und Mozambique waren
noch unter seinem Einflusse und wurden durch Abgesandte Kilwa's regiert. Ueber
den Umfang der Goldausbeute macht Diogo de Alcaýova, der die Verhältnisse an
Ort und Stelle in Sofala studierte, in einem Berichte an den König von Portugal
vom 2o. November 1506 die bestimmte Angabe, dass in Friedensjahren i ooo ooo
bis 1 300 000 Metikal, jedenfalls jährlich über eine Million Metikal Gold zur
Ausfuhr gelangten.') Ueber die Art der Minierung und Ausschmelzung der
goldhaltigen Gesteine, sowie über die politischen Verhältnisse in dem Goldlande
giebt dieser Bericht interessante Einzelheiten. Ebenso findet sich in diesem
Berichte die Bestätigung, dass dieser Handel in den Händen von Kilwa und
Mombasa lag und insbesondere die Herrscher dieser Städte von dem Goldhandel
Nutzen zogen. In Mombasa erhob der König von I000 Stücken Zeug, die dorthin
für den Sofala-Handel gelangten, ein Metikal Gold und behielt ferner die Hälfte
des Zeuges für sich, das er sodann für eigene Rechnung
) Barros I II S. 388-389.
2) Barros II 1 S. 214-215.
5>Unter der Annahme, dass es sich um Feingold handelt, entsprechen i ooo ooo
Metikal (je 4,83 g) M. 13 450 000. Dagegen wertete die Goldausfuhr Transvaals:
1894 M. 156 400 000
1895 , 1748ooooo
1896 ,, 175500000.
- 100 nach Sofala und Kilwa schickte. In Kilwa nahm der König von 500 Stücken Zeug
eine Abgabe von einem Metikal Gold und behielt ausserdem zwei Drittel der
Zeugmenge für sich. In Sofala angekommen, mussten sodann die Händler wieder
ein Siebentel ihrer Zeugbestände an den dortigen Vertreter des Königs von Kilwa
abgeben. Von Sofala zurückkehrend, waren die Händler verpflichtet, Kilwa
anzulaufen und hier von dem eingehandelten Golde 5 0/~ Zoll zu bezahlen;
verfehlten die Händler absichtlich oder unabsichtlich Kilwa und liefen Mombasa
an, so wurde im letzteren Hafen der gleiche Zoll zu Gunsten des Königs von
Kilwa erhoben.1) Die genannten Ausfuhrzahlen erscheinen auf den ersten Blick
hoch, sie gewinnen aber an Glaubwürdigkeit dadurch, dass noch im ersten
Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts die Goldausbeute der Portugiesen aus Sofala,
nachdem ein stetiger Rückgang erfolgt war, auf 200 000 Metikal geschätzt
wurde.') Vollends hat die Höhe der Goldausfuhr Südafrikas in der Jetztzeit jeden
Zweifel zum Schweigen gebracht, ob thatsächlich in früheren Jahrhunderten jene
Gebiete solche Schätze geliefert haben können.
Den gewinnbringenden Goldhandel haben zwar die Städte des äquatorialen
Ostafrikas verloren, aber im übrigen kann es fast wunderbar anmuten, wie die
meisten Zustände vor 4o0 Jahren denjenigen glichen, die noch heute vorhanden
sind. Eine Entwicklung scheint ganz zu fehlen. Nur dort, wo äussee
Gewalteinflüsse nachweisbar sind, erfolgten Aenderungen. Heute wie vor 400
Jahren finden wir die gleiche Bauart der Städte und der Häuser, denselben
Gegensatz zwischen verhältnismässig gesitteten Bewohnern der Städte und
halbwilden Nachbarn. Unverändert sind die Bewohner der Städte »weisse und
schwarze Mauren«, unverändert ist deren Kleidung. Wir sehen viele Sklaven
neben wenigen Freien, und unter ihnen die emsigen handeltreibenden Indier.
Nach wie vor sind die indischen Baumwollenstoffe der hauptsächlichste
Handelsartikel, und der Ausfuhrhandel ist auf die altgewohnten Waren
angewiesen. Dieselben ungefügen Fahrzeuge haben sich erhalten. Auf viele
Kleinigkeiten liessen sich diese Beispiele ausdehnen. Die eine Erscheinung mag
mehr hervor-, die andere mehr zurücktreten, doch im grossen und ganzen tritt das
Unveränderte vor Augen. Bedürfte es eines weiteren Beweises in der Geschichte,
dass islamitische Kultur Stillstand bedeutet, so wäre er in den Zuständen
Ostafrikas zu finden.
1) Alguns Documentos do Archivo Nacional da Torre do Tombo äcerca das
Navegaýoes e Conquistas Portuguezas, Lisboa 1892, S. 153-157.
2) Diogo Couto, Soldado Pratico, Lisboa 1790, S. 155.
Die Räumung Kilwa's.
Die Gründe, die veranlassten, dass gerade Kilwa, obgleich es an Bedeutung gegen
andere ostafrikanische Städte, besonders gegen das naheliegende Mombasa,
zurückstand, zum Hauptorte der Portugiesen an dieser Küste gewählt wurde, sind
darin zu suchen, dass man glaubte, vermöge der bisherigen politischen Oberhoheit
Kilwa's über Sofala den Goldreichtum letzteren Platzes in die Hände zu
bekommen. Die Ansichten waren, dass mit einem Stützpunkte in Kilwa, durch
die Stationierung einiger Schiffe, mittels der Freundschaft des Königs von
Melinde und durch die Errichtung einer befestigten Faktorei in Sofala die gesamte
ostafrikanische Küste in Abhängigkeit erhalten und die kaufmännische Ausbeute
den Portugiesen allein gesichert werden könne.')
Die Verwirklichung dieses Planes war von Francisco d'Almeida mit der
Besetzung Kilwa's und der Zerstörung Mombasa's begonnen. Zur
Vervollständigung segelte wenige Monate nach dem Genannten Pero de Nhaja,
als Befehlshaber von acht Schiffen, nach Ostafrika mit der Aufgabe, vorerst die
Küste zwischen dem Vorgebirge der guten Hoffnung und Sofala zu erforschen
und sodann im letztgenannten Orte eine Feste zu errichten. Bei seiner Ankunft in
Sofala zeigten sich die ansässigen Muhamedaner und Neger eingeschüchtert, da
die Erfolge der Portugiesen in Kilwa und Mombasa bereits bekannt waren. Als
Herrscher des Landes fand man Jussuf ben Mohamed, einen achtzigjährigen
blinden Greis, der sich zwar König nannte, aber ursprünglich nur ein von Kilwa
gesandter Statthalter war, der seinem Oberherrn schon lange den Gehorsam
verweigert hatte. Die Furcht, wegen seiner Auflehnung gegen Kilwa vor den
Portugiesen, den neuen Gewalthabern dieser Stadt, zur Rechenschaft gezogen zu
werden, stimmte ihn zur Nachgiebigkeit. Zwar versuchte er zuerst, den
Potugiesen nur den Handel von den
1) Barros 1 11 S. 361-362.
102 Schiffen aus zu gestatten und die Niederlassung am Lande zu verwehren, doch
genehmigte er schliesslich auch, ohne dass zu den Waffen gegriffen werden
musste, die Anlage einer Befestigung. Da in dem Lande Steine und Kalk fehlten,
wurde der Bau vorwiegend aus dem reichlich vorhandenen Mangroveholz
errichtet. Dem Zwecke der Niederlassung nachgehend, wurde der Eintausch von
Gold begonnen. Für diesen Handel hatte man den Schiffen dieselben Waren
mitgegeben, mit denen die Portugiesen im nördlichen Westafrika in Mina Gold
eintauschten. Dieselbe Art des Handels und die Errichtung eines
Regierungsmonopols wie in Westafrika versuchte man auch in Sofala
einzurichten. Indessen dieses Vorgehen zeitigte nur Misserfolge, denn der Handel
dieses Platzes hatte andere Bedürfnisse als Westafrika, und insbesondere ergab
sich bald, dass ohne Anbietung der den Eingeborenen bekannten und von diesen
begehrten indischen Baumwollstoffe nichts auszurichten war. Sehr willkommen
war daher die Ankunft eines von Francisco d'Almeida gesandten Fahrzeuges, das
die landesüblichen Handelsartikel - einen Teil der in Kilwa und Mombasa
gemachten Beute - brachte. Erst mit dieser Zufuhr gelang es, den Handel in
Schwung zu bringen, und die Eingeborenen lobten, dass sie von den Portugiesen
für ihr Gold bessere Gegenwerte empfingen, als vordem von den
Muhamedanern.1) Doch gleichzeitig mit den Erfolgen wurde auch die Eifersucht
der Muhamedaner wach. Sie wiegelten die Eingeborenen auf, und die
portugiesische Feste wurde umzingelt. Obgleich hart bedrängt und durch
allgemeines Darniederliegen an Fieber, sowie Mangel an Lebensmitteln stark
geschwächt, konnten sich die Belagerten doch der Angreifer erwehren.
Schliesslich wagten sogar wenige Mann einen kühnen Streifzug ausserhalb der
Befestigung, durch den es ihnen gelang, den alten König niederzumachen. Dieses
Ereignis wendete die Verhältnisse zu Gunsten der Bedrängten, denn in den
Streitigkeiten, die über die Erbfolge entstanden, brachte es die Klugheit von Pero
de Nhaja zuwege, dem ihm genehmen Thronbewerber die Herrschaft zu
verschaffen und dadurch friedliche Verhältnisse wiederzuerlangen.
Doch das schlechte Klima des Landes und die kümmerliche Lebenshaltung
brachten bald darauf die Besatzung des Platzes in eine schlimme Verfassung, Als
im Frühjahre des folgenden Jahres (I5o6) ein von Portugal kommendes Schiff
Sofala anlief, fand es die meisten Portugiesen, darunter den Kommandanten Pero
de Nhaja, gestorben und die Faktorei und die Feste der Gnade der Muhamedaner
anheimgegeben.
In ähnlich hilfsbedürftigen Verhältnissen fand dasselbe Schiff auf seiner
Weiterreise Kilwa und dessen Besatzung, und dazu die Portugiesen
1) Barros 1 1 S. 396-397.
- 103 unter sich und die Eingeborenen in zwei Lager gespalten. Der Grund dieser
Zwistigkeiten war die Ermordung des von den Portugiesen zum König
eingesetzten Mohamed's Ankoni und der Streit um dessen Nachfolge in der
Herrschaft. Mohamed Ankoni war in eine Falle seiner Widersacher geraten. Ein
portugiesisches Fahrzeug, das an der Küste kreuzte, hatte in einer Dhau, die von
Angoja kam, einen Sohn des Königs von Tirendikunde auf Mafia, einen nahen
Verwandten des vertriebenen Kilwa-Königs Ibrahim, gefangen. Als Preis für
seine Freilassung forderten und erlangten die Portugiesen die Unterwerfung und
die Tributpflichtigkeit Mafia's, sowie der umliegenden Inseln und ein Lösegeld
von 3ooo Metikal Gold (M. 3600o.-). Da indessen der Gefangene diese grosse
Summe selbst nicht aufbringen konnte, war Mohamed Ankoni für ihn eingetreten
und hatte aus eigenen Mitteln das Lösegeld erlegt. Er hatte sich hierzu veranlasst
gefühlt, da er sich als Neuling in der Herrscherwürde und ohne
verwandtschaftlichen Anhang Freunde erwerben wollte. Der Vater des derartig
Freigekommenen schrieb an den Befreier dankerfüllte Briefe und bat ihn, da er
selbst wegen seiner Verfeindung mit den Portugiesen nicht nach Kilwa kommen
könne, ihn zu besuchen, indem er Rückzahlung des Lösegeldes und zur weiteren
Knüpfung der Freundschaft Verschwägerungen in Vorschlag brachte. Trotz der
Warnungen der Portugiesen, folgte Mohamed Ankoni arglos dieser Einladung und
wurde nach seiner Ankunft in Tirendikunde in seiner Dhau im Schlafe ermordet.
Als Entschuldigung für diese Uebelthat führte der König von Tirendikunde, der
der Anstifter gewesen war, an, dass für sein Verhältnis zu dem Ermordeten mehr
seine Verwandtschaft und Freundschaft zu dem vertriebenen Ibrahim, als
Dankesschuld, bestimmend gewcsen sei.
Wegen der Thronfolge standen sich zwei Parteien unter den Portugiesen und unter
den Eingeborenen gegenüber. Der Kommandant Pero Ferreira und einige
angesehene Eingeborene, sowie die Bewohner des benachbarten Songo wollten
einen Verwandten des früher vertriebenen Königs Ibrahim, dagegen die
portugiesischen Faktoreibeamten zusammen mit anderen einflussreichen
Eingeborenen Agi Hussein, den Sohn des ermordeten Mohamed Ankoni, zum
Herrscher eingesetzt haben, während der Kommandant diesen letzteren nur zum
Richter ernannt hatte.') Die Leidenschaften, die durch dieses Getriebe aufgeregt
wurden, veranlassten, dass viele Einwohner ganz von Kilwa verzogen und sich in
Mombasa, Melinde und anderen Küstenplätzen niederliessen, da sie fürchteten
durch die Verhältnisse in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Nicht minder
wurde grosse Unzufriedenheit durch die Folgen
') Alguns Documentos S. 157.
- 104
der portugiesischen Handelspolitik erregt. Um den Goldeintausch in Sofala für
Portugal allein halten zu können, war der Handel in allen denjenigen Waren, die
in Sofala gängig waren, an der ganzen Küste untersagt. Hiermit war insbesondere
der Vertrieb indischer Baumwollstoffe und Perlen, die, wie schon gesagt, fast die
Grundlage. des ganzen ostafrikanischen Handels bildeten und vielfach der
Wertmesser waren, verboten. Zwei an der Küste kreuzende portugiesische
Fahrzeuge hatten die Aufgabe, durch Ueberwachung und Untersuchung der
einheimischen Dhaus das Verbot zur Geltung zu bringen. Die Aufbringung von
Fahrzeugen, die des Schleichhandels verdächtig waren, die Beschlagnahme von
Gütern und die Gefangensetzung der Händler waren häufig. Welche hohen
Gelderpressungen vorkamen, zeigt das Beispiel jenes Königssohnes aus
Tirendikunde, der in einschlägigen Uebertretungen gefangen gesetzt worden war.
Ueber Recht und Gerechtigkeit hinaus benützten die portugiesischen Kapitäne
und Beamten die Verordnung, um sich zu bereichern, und die Folge war, dass die
Eingeborenen sich dem Machtbereiche ihrer Peiniger entzogen und Kilwa sich
zusehends entvölkerte und verödete.
Dom Francisco d'Almeida, der Vizekönig Indiens, dessen Befehlen Kilwa
unterstand, scheint von vornherein den Kommandanten Pero Ferreira nicht für
den geeigneten Mann für den Posten gehalten zu haben. Auf Anklagen des
Faktoreivorstehers und des Civilverwalters hatte er ihn schon wenige Monate
nach Beginn seiner Amtsthätigkeit seiner Befugnisse enthoben. Diesem gelang es
aber, in Lissabon gegenüber der vizeköniglichen Anordnung Oberwasser zu
gewinnen; er wurde - dazu mit einem königlichen Gnadengeschenk von 6o00o
Reis (= M. 1482.-)
- wieder in seine Würden eingesetzt, und es wurden dagegen seine Ankläger
gefangen genommen.') Dennoch blieb Dom Francisco gegen den Genannten
misstrauisch und entsandte Ende des Jahres 15o6 von Indien Nuno Vaz Perreira
mit zwei Schiffen nach Ostafrika, um eine Untersuchung über die Lage
anzustellen und bessernde Aenderungen anzuordnen. Schon bei seiner Ankunft an
der ostafrikanischen Küste in Melinde erhielt dieser Beauftragte Einblick in die
Ursachen des Missstandes und liess sofort an der ganzen Küste bekannt machen,
dass jeder in Kilwa Heimatsberechtigte (natural de Quiloa) wie zu Zeiten vor
Ankunft der Portugiesen in allen Waren Handel treiben dürfe, ohne befürchten zu
müssen, dieserhalb in Ungelegenheiten zu geraten. Auch dem König von Melinde
gab er die Erlaubnis, zwei Frasila Perlen von Kambaja zum Eintausch von Gold
nach Sofala zu senden. Der Erfolg jener Bekanntmachung war ein so grosser, dass
als Nuno Vaz im
1) Lopez de Castanheda (1833) II S. 120.
- 105 Dezember vor Kilwa eintraf, in seiner Gesellschaft schon über zwanzig Dhaus
segelten, die mit Kaufleuten besetzt waren, die sich in Kilwa niederzulassen
beabsichtigten, und die reiches Kaufmannsgut mit sich führten. Freilich hat,
beiläufig bemerkt, diese Handelsfreiheit nicht lange gewährt; bald genug machte
sich wieder die Absicht geltend, die Muhamedaner ganz von dem Handel,
wenigstens mit dem Goldlande Sofala, auszuschliessen. Beispielsweise erwog im
Januar 15o9 ein portugiesischer Kriegsrat in Mozambique, ob ein dem König von
Melinde gehörendes Fahrzeug, das aufgebracht war, trotz seiner portugiesischen
Pässe zu beschlagnahmen sei oder nach Sofala weitersegeln dürfe, und entschloss
sich nur ausnahmsweise zur Freigabe.
Dann widmete sich Nuno Vaz der Untersuchung über die Thronfolge in Kilwa.
Wie oben erzählt ist, war von vornherein bei der Erhebung von Mohamed Ankoni
zum Herrscher vereinbart worden, dass nach seinem Tode die Herrschaft an einen
Anhänger des alten Königshauses zurückfallen sollte, und war demgemäss damals
schon der Sohn des früheren Königs el Fodel feierlich als Thronerbe eingesetzt
worden. Im Sinne dieser Anordnung wurde von dem portugiesischen
Kommandanten Pero Ferreira ein Neffe des vertriebenen Königs Ibrahim,
Mikante mit Namen, als neuer König in Vorschlag gebracht. Es ist nicht
wahrscheinlich, dass dieser Mikante jener damals anerkannte Thronerbe gewesen
ist. Vermutlich war jener inzwischen gestorben. Wahrscheinlicher ist Mikante mit
einem Mohamed identisch, der schon vor Ibrahim vorübergehend im Besitze der
Königswürde gewesen war. Für diesen Bewerber traten viele angesehene
Eingeborene der Stadt ein, und in der öffentlichen Versammlung, in der Nuno
Vaz die Ansprüche der verschiedenen Bewerber anhörte, wurde von Mikante
selbst vorgebracht, dass von ihm als dem Nachkommen derjenigen, die Kilwa
gründeten und gross machten, und als demjenigen, den auch der in der
Verbannung lebende König Ibrahim als Nachfolger wünsche, am ehesten
gedeihliche Herrschaft erwartet werden könne. Als zweitem Bewerber wurde Agi
Hussein, dem Sohne des ermordeten Mohamed Ankoni, das Wort gegeben.
Dieser wurde von den Beamten der griechischen Faktorei unterstützt.
Aufgefordert, seine Ansprüche zu begründen, begann er damit, die Urkunde
vorzulegen, in der Francisco d'Almeida die Verdienste seines Vaters und die
Uebelthaten des alten Königs Ibrahim bescheinigt hatte. Sodann legte er dar, dass
überhaupt Niemand, einerlei wer es sei, als König in Kilwa zu herrschen habe,
sondern, dass die Oberhoheit von dem portugiesischen Kommandanten als dem
Vertreter des Königs von Portugal ausgeübt werde. Jeder, der auf seinen Einfluss
und Macht poche, mache sich hierdurch schon verdächtig, Das Ende dieser
Verhandlung war, dass Nuno Vaz, unter Uebergehung der
- io6 früher über die Thronfolge getroffenen Verfügung, den Agi Hussein feierlich zum
König einsetzte.
In Gutmachung der früheren Uebergriffe liess Nuno Vaz sodann diejenigen,
welche wegen des Handelsverbots gefangen waren, in Freiheit setzen und mit
grosser Freigebigkeit die beschlagnahmten Waren zurückerstatten. Mit dem
Erfolge, dass viele in Kilwa leerstehende Häuser sich wieder bevölkerten und
allgemeine Zufriedenheit zu herrschen schien, konnte Nuno Vaz seine Reise nach
Sofala fortsetzen. Doch nur kurze Zeit herrschte Friede, denn bald nachher
unternahm der neue König, den Mord seines Vaters zu rächen. Verbündet mit
einem mächtigen Negerhäuptling, Munha Monge1) genannt, überfiel er
Tirendikunde, das zerstört wurde, und dessen Bewohner in Gefangenschaft
geschleppt wurden. Dieser Erfolg machte ihn übermütig. Er vergeudete die
Gelder, die er von seinem Vater ererbt hatte, und schrieb anmassende Briefe an
die Könige von Zanzibar, Melinde und anderen benachbarten Städten.
Besonderen Hass hatte er sich ferner dadurch allgemein zugezogen, dass durch
den Ueberfall von Tirendikunde viele Muhamedaner in die Gefangenschaft seiner
Bundesgenossen, der heidnischen Neger, gefallen waren. Von allen
muhamedanischen Fürsten Ostafrikas wurde der Vizekönig in Indien in Briefen
ersucht, zur Aufrechterhaltung des Friedens Agi Hussein wieder abzusetzen und
entweder den alten König Ibrahim, oder falls dieser ablehnen sollte, dessen
Neffen Mikante mit der Herrschaft zu betrauen. Diesen Vorstellungen
nachgebend, wurde der portugiesische Kommandant Pero Ferreira mit der
Beseitigung Agi's Hussein betraut und an seiner Stelle Mikante zum König
Kilwa's eingesetzt. Dem entthronten Agi Hussein wurde, da er sich in Kilwa
seines Lebens nicht sicher fühlte, die Uebersiedelung nach Mombasa gestattet, wo
er bald darauf in Elend und Armut starb.
Doch auch die Herrschaft Mikante's hatte kurze Dauer. Zwar zeigte er sich in den
ersten beiden Jahren als guter Regent, doch führte er sich später so schlecht, dass
das Land mehr Ungemach erlitt als zu den Zeiten Agi's Hussein. Sowohl den
Portugiesen, wie auch den eingeborenen Muhamedanern, die ihn früher als
Herrscher erbeten hatten, machte er sich lästig. Unter dem Vorwande, dass seinem
Leben nachgestellt würde, liess er viele Eingeborene töten. Anderen raubte er die
Frauen und machte sich dazu durch Trunksucht allgemein verächtlich. Leidliche
Zustände scheinen noch solange aufrecht erhalten zu sein, wie Pero Ferreira, der,
wie geschildert ist, von vornherein auf
') Barros 1 I S. 442" giebt als Uebersetzung dieses Namens ~Herr der Welt";
berichtigt auf Muigni Ulimengu würde er im heutigen Suaheli diese Bedeutung
haben.
- 107
Seiten Mikante's gestanden hatte, Kommandant war. Nachdem er aber abberufen
worden war und Francisco Pereira Pestana, ein neu von Portugal
herausgekommener Edelmann, am 21. März I509 diesen Posten übernommen
hatte, entwickelten sich Verhältnisse, dass König und Kommandant sich
gegenseitig vor einander nicht sicher fühlten. Kriegsunruhen traten hinzu. Der alte
Ibrahim machte Versuche, seinen Neffen zu verdrängen. Gegenseitig erfolgten
Ueberfälle, und die Portugiesen, von denen bei stetigem Kranksein nur 40 Mann
waffenfahig waren, kamen in harte Bedrängnis. Zwar konnte ein Einfall, welchen
im Auftrage Ibrahim's, der sich selbst immer vorsichtig zurückhielt, sein Bruder
Mungo Cayde (Muigni Said) und sein Neffe Munha Came mit einer
grossenAnzahl von Negern in die InselKilwa unternahmen, zurückgeschlagen
werden, und die Gefahren, welche König und Kommandant durch diese
gemeinsam ausstanden, verursachten eine Zeitlang ein besseres
Zusammenwirken, aber dennoch reifte die Ansicht mehr und mehr, dass für die
Allgemeinverhältnisse die Absetzung Mikante's und die "Wiedereinsetzung des
alten Ibrahim zum König eine Notwendigkeit sei.')
Inzwischen war auch in Portugal die Ueberzeugung durchgedrungen, dass die
weitere Besetzung Kilwa's zwecklos sei. Schon im Jahre 1506 hatte Pero Ferreira
an den König nach Portugal und an den Vizekönig nach Indien geschrieben, dass
Kilwa keinen Nutzen bringen könne, da der Tribut, sowie der Gewinn, der durch
den Handel erzielt würde, vollkommen durch die Besoldung und den Unterhalt
der Soldaten aufgebraucht würden, und hatte Schleifung der Feste und
Ueberführung der Besatzung nach Indien in Vorschlag gebracht.') Auch frühzeitig
scheint man in Lissabon mit der Entwicklung Kilwa's unzufrieden gewesen
zu sein. Wenigstens antwortete der Vizekönig Dom Francisco d'Almeida in einem
Schreiben vom Jahre i 5o8 auf ihm gemachte Vor würfe oder Klagen über den
Nichteingang des Kilwa-Tributs, dass es keinen Zweck habe, auf den Eingang zu
bestehen, da doch der König Kilwa's ausser Stande sein würde, soviel Geld
aufzubringen, und erinnerte daran, dass die einmal von Vasco da Gama in Kilwa
erpresste und für Tribut ausgegebene Zahlung nach dem wahren Sachverhalt nicht
als solcher betrachtet werden dürfe. In dem gleichen Schreiben macht Francisco
d'Almeida wieder dem Kommandanten Pero Ferreira den Vorwurf, nicht
verstanden zu haben, die Bevölkerung zu behandeln, wodurch sich die Stadt
entvölkert habe, und fügt bitter hinzu, er habe mit Schmerz gehört, dass jetzt der
junge Francisco Pereira Pestana zum Nachfolger bestimmt sei, während der
Posten eines erfahrenen Weissbartes bedürfe.3)
) Barros 11 S. 430 ff.
2) Gaspar Correa I S. 669.
8) Gaspar Correa I S. 897ff.
- IO8
Um dem Drängen von Portugal zur Erzielung von Einnahmen in Kilwa gerecht zu
werden, wurde von Dom Francisco angeordnet, dass der König von Kilwa die
Hälfte seiner Zolleinnahmen abgeben solle. Doch in dem Berichte, den er über
diese Anordnung nach Lissabon sandte, schreibt er selbst, dass es viel wäre, wenn
diese Abgabe ioo Crusados (= Mk. 988.-) jährlich ergeben würde.') Kilwa
erscheint hiernach in gänzlicher Bedeutungslosigkeit Von Anfang an war die
Wichtigkeit des Platzes gründlich überschätzt und das Wenige, was vorhanden
gewesen war, durch unrichtige Politik und die Veränderung der gesamten
Verhältnisse der Küste, besonders im Sofala-Goldhandel, wie sie das Auftreten
der Portugiesen verursachte, zu Grunde gerichtet. Auch die Absicht, Kilwa zu
einer Erfrischungsstation für die von und nach Indien segelnden Schiffe zu
machen, verwirklichte sich nicht. Die wiederholten Befehle an die Kapitäne, auf
der Aus- und Heimreise nach Kilwa zu gehen, sobald eine Ueberwinterung d. i.
das Abwarten des Monsuns notwendig sei, gelangten nicht zur Ausführung, da die
örtlichen Stromund Windverhältnisse und die Lage es mit sich brachten, dass für
den gedachten Zweck immer mehr Mozambique aufgesucht wurde. Dort war
schon im Jahre 1507 durch ein Geschwader, das überwintern musste, ein
zweistöckiger Festungsturm, ein Hospital samt Kirche, sowie für vorkommende
Umladungen ein Lagerhaus errichtet- ), und entwickelte sich schliesslich
Mozambique zu demjenigen Stützpunkte der portugiesischen Macht in Ostafrika,
zu dem eigentlich Kilwa ausersehen gewesen war.
Die Entscheidung über die Räumung von Kilwa scheint hingehalten worden zu
sein, solange Franzisco d'Almeida den Oberbefehl inIndien führte. Im Jahre 1o9
trat an seine Stelle Affonso d'Alboquerque. Die Zwistigkeiten, die zwischen
diesen beiden Männern herrschten, sollen mitveranlasst haben, dass der
Neuernannte, der alle Schöpfungen seines Vorgängers mit missgünstigen Augen
ansah, als einer solchen auch der Beibehaltung Kilwa's entgegen war.') Doch erst
im Jahre 1512 traf der Befehl aus Portugal zur Aufgabe der Festung und
Besetzung von Kilwa ein. Der Kommandant Francisco Pereira Pestana wurde mit
der Besatzung und den Vorräten dieses Platzes nach Indien überführt.4)
1) Gaspar Correa 1 S. 9o4.
Gaspar Correa 1 S. 785 u. A.
) Barros I n S. 445.
4) Barros II 1 S. 169, 17o. Gaspar Correa II S. 29o. Guillain (I S. 347,8) verlegt
irrtümlich, indem er einer Unklarheit von Barros folgt, die Aufgabe Kilwa's in das
Jahr i5o7; doch unterliegt die Beibehaltung bis 1512 keinem Zweifel. In einem
Briefe, geschrieben am 2o. Dezember i5io in Quiloa Castello sul mar de India
confinante alla Aethiopia (wiedergegeben in Angelo de Gubernatis, ,Storia dei
Viaggiatori Italiani nelle Indie Orientali", Livorno 1875) erzählt Piero de Strozi
von seiner Teilnahme an
- io9
Noch in den letzten Augenblicken seiner Anwesenheit in Kilwa gelang es
Francisco Pereira seinen Wunsch, die Entfernung Mikante's, auszuführen.
Vergeblich hatte er wiederholt dem früheren König Ibrahim angeboten, ihn
wieder in die Herrschaft einzusetzen, doch dieser hatte sein Misstrauen gegen die
Portugiesen nicht überwinden können und war nicht in Verhandlungen
eingetreten. Schliesslich aber, als das Schiff, das die portugiesische Besatzung
eingeschifft hatte, schon zum Absegeln bereit war, kam noch eine Unterredung
zwischen den Genannten zustande, als deren Folge Ibrahim wieder als König und
Vasall des Königs von Portugal mit Kilwa belehnt und in diese Würde eingeführt
wurde. Mikante entfloh von Ibrahim verfolgt nach den KerimbaInseln und endigte
hier sein Leben ebenso elend, wie sein Vorgänger Agi Hussein in Mombasa. Von
Ibrahim heisst es, dass er, geläutert durch die sieben Jahre seiner Verbannung,
fernerhin mit Weisheit die Herrschaft ausübte und die Stadt wieder zu einer
grösseren Blüte brachte, als vor Ankunft der Portugiesen. Auch soll er sich
fernerhin als ein loyaler Lehnsmann der Portugiesen bewährt und seinen Söhnen
gleiche Gesinnung gelehrt haben.
Sieben Jahre nur, von 1505-1512, hat demnach die Besetzung Kilwa's gewährt.
Weder den Portugiesen noch den Eingeborenen war sie zum Heile gewesen.
Ebensowenig gedieh die portugiesische Herrschaft im übrigen nördlichen
Ostafrika. Nur stetige Beunruhigung und Not brachte sie dem Lande. So
unternahm im Jahre I5O9 Duarte de Lemos, rückständige Tribute einzutreiben,
die teils aus besonderen Verträgen mit den Portugiesen, teils aus der Oberhoheit
Kilwa's hergeleitet wurden. Mit einem Schiffe besuchte er zuerst Mafia, das
gleich gehorchte. In Zanzibar versuchten die Eingeborenen mutig mit bewaffneter
Hand die Landung zu verhindern, wurden aber in die Flucht geschlagen und
retteten sich in das hüglige Innere der Insel, worauf die Stadt geplündert wurde.
Von Pemba hatte sich der Scheik nach Mombasa geflüchtet, doch nicht alles
Eigentum mitnehmen können, wodurch, wie ein Chronist mit Behagen erzählt,
das Zurückgelassene in ergötzlicher Ruhe, anstatt als Kampfesbeute,
mitgenommen werden konnte.') Selbst der treue König von Melinde erntete
anstatt Dank für seine stete Dienstwilligkeit nur Ungemach. Wie es in Melinde
stand, zeigt am besten ein Schreiben des Vizekönigs Francisco d'Almeida an den
König von Portugal aus dem Jahre I5O8, in dem es wörtlich wie folgt heisst:
»Euer Hoheit sind, wie Sie wissen, dem Könige von Melinde
der kürzlich erfolgten Erstürmung einer grossen Stadt. Die Erzählung ist gegeben
wie auf Kilwa bezüglich, doch ist olýenbar, dass es sich um Ereignisse in Indien,
wahrscheinlich die Eroberung Goas, handelt.
1) Faria y Sousa, Asia Portugueza, Lisboa 1678-i68o, I S. 130.
IO ausserordentlich verpflichtet. Da er Ihren Geschwadern und deren Besatzungen
soviele Aufmerksamkeiten und gute Aufnahme bereitet hat und noch bereitet,
sollte er als Vorbild sehr geehrt und mit Gnadenbeweisen begünstigt werden.
Doch als Entgelt vergingen sich Ihre Kapitäne derartig gegen den Frieden des
Landes und übten so viele Missethaten, dass der König schon nicht mehr im
Lande wäre, wenn ich ihn nicht mit Briefen und leeren Versprechungen, von
denen er nie die Früchte sieht, gehalten hätte. Man sagt, dass Sie dorthin Sancho
de Pedrosa als Faktor senden vollen. Von zwei Ereignissen wird eins eintreten:
entweder werden die Muhamedaner diejenigen töten, die bei ihnen leben, oder der
König wird sich aus dem Lande entfernen.<')
In welcher Unsicherheit sich die ostafrikanischen Scheiks selbst vor den
Uebergriffen der portugiesischen Befehlshaber fühlten, zeigen einige von ihnen
an den König von Portugal gerichtete Briefe. In einem langen Schreiben vom
30. September 1515 singt der König von Melinde seinem portugiesischen Herrn
ein Schmeichellied, wie es eben nur ein Orientale vermag, und ersucht um einen
Geleitsbrief für jährlich eine Reise seines Fahrzeuges nach Goa und Mozambique,
um dadurch Sicherheit zu erlangen, dass keiner ihn vergewaltige; zum Schluss
bittet er den Dolmetscher, der bei dem Könige von Portugal die Uebersetzung
besorge, er möge den Inhalt so vermehren oder vermindern, dass ja alles dem
Könige angenehm klinge! In einem Schreiben vom 27. Mai 1517 wird ebenso
von dem Scheik von Mozambique um einen Schutzbrief für sein Fahrzeug und
gegen Ueberfälle und Feindseligkeiten der portugiesischen Beamten gebeten.')
Nicht einmal Anerkennung ihrer Herrschaft an allen Orten der ostafrikanischen
Küste hatten die Portugiesen mit dem Ablauf des ersten Vierteljahrhunderts ihres
Auftretens in diesen Gewässern erreicht. Mombasa blieb fortwährend feindlich
und vollends Mukdischu konnte dauernd den Eroberern trotzen. Nachdem wieder
einmal im Jahre 15o9 ein portugiesisches Geschwader von 7 Schiffen vor letzterer
Stadt mit Angriffsabsichten gelegen, aber auf einen Kriegsrat der Kapitäne dieses
Vorhaben aufgegeben hatte, da die Grösse der Stadt und die schwierigen
Landungsverhältnisse den Erfolg zweifelhaft erscheinen liessen, blieb sie
verschont.') Auch in denjenigen Gebieten, die thatsächlich unterworfen waren,
beschränkte sich die Ausübung der Oberherrlichkeit auf gelegentliches Eintreiben
des Tributes. Es ist nicht daran zu denken, dass, abgesehen von der siebenjährigen
Besetzung von
) Gaspar Correa 1 S. 912.
2) Joäo de Sousa, Documentos Arabicos para a Historia Portugueza, Lisboa 1790
S. 67 u. 81.
8) Goes S. 375-376.
III Kilwa, irgend etwas wie eine Verwaltung bestanden hat. Nur die Seeschiffahrt
und den Handel versuchte man dadurch zu beaufsichtigen, dass ohne
portugiesischen Pass kein eingeborenes Fahrzeug fahren durfte. Man darf
annehmen, dass die Portugiesen auch dann und in denjenigen Küstenplätzen
Gehorsam ihrer Anordnungen gefunden haben, wo sie es des Aufwandes wert
erachteten, mit Machtmitteln aufzutreten, aber im grossen Ganzen sind die
Eingeborenen sich selbst überlassen geblieben. Wie weit dieses Gehenlassen ging,
dafür sind bezeichnend die Kriege, die, wie erzählt, trotz Gegenwart
portugiesischer Gouverneure und ohne ihr Dazwischentreten der König von
Kilwa und auch der König von Melinde mit ihren Nachbarn führten. Von wenig
häufigem Auftreten der Portugiesen und geringer Angst und Achtung der
Eingeborenen zeugen auch die Behandlung, die Schiffbrüchige fanden und die
Angriffe, die gewagt wurden, wenn man sich des Erfolges sicher fühlte. So lief im
Jahre 5 19 ein Schiff mit 2oo Mann an Bord, von Portugal kommend, das sich von
den Mitseglern verloren hatte und im Arabischen Meere Gegenmonsun antraf,
längs der ostafrikanischen Küste zurück. Bei einem Orte Matua (Marka?) wurde
ein Boot an Land geschickt, um Wasser zu holen. Zuerst in Frieden aufgenommen
und durch das Angebot von Lebensmitteln sorglos gemacht, liess die Bemannung
da s Boot bei eintretender Ebbe trocken laufen, worauf sie von den Eingeborenen
umzingelt und Mann für Mann, darunter der Kapitän, im ganzen 4o Köpfe,
niedergemacht wurden. Ohne Hülfe leisten zu können, verliess das Schiff diesen
Platz und strandete schliesslich nach ferneren Missgeschicken mit seiner
halbverhungerten, kranken Mannschaft auf einer Sandbank bei Kilwa, wo alle,
ausgenommen ein Junge, von den Muhamedanern aus Kilwa, Mafia und Zanzibar
ermordet wurden.1)
Auch die wirtschaftliche Thätigkeit der Portugiesen in Ostafrika scheint in diesen
Jahrzehnten eine ausSerordentlich unbedeutende gewesen zu sein. Das Wenige,
was hierüber in den zugängigen Quellen zu finden ist, sind Andeutungen über den
Vertrieb von indischen Baumwollstoffen und Glas-Perlen und den Ankauf von
Elfenbein und Lebensmitteln. Die Lebensmittel wurden vorzüglich für die
Versorgung der Geschwader, die Mozambique anliefen, und in dem ersten
Jahrzehnt für die Sokotra-Feste verwendet. Dieser Handel wurde von den in
Mozambique und in Melinde ansässigen Faktoren betrieben, die Kronangestellte,
aber vermutlich unter Zahlung einer Abgabe an die Krone selbständige Kaufleute
waren. In Mozambique waren seit den ersten Jahren der Eroberung ein oder zwei
Karavellen stationiert, die diesen Handelszwecken dienten. Melinde scheint für
seinen Verkehr nur auf
') Barros III I S. 328ff.; auch bei Gaspar Correa II S. 575'6 ähnlich.
- 112 die Fahrzeuge, die gelegentlich von und nach Indien die Küste längsliefen, und im
übrigen auf einheimische Fahrzeuge angewiesen gewesen zu sein. Es ist nicht
wahrscheinlich, dass ausser in Mozambique und Melinde an anderen
ostafrikanischen Plätzen in dieser Zeit Portugiesen stetig ansässig gewesen sind.
Weit entfernt war jedenfalls Portugal von der Verwirklichung seiner Absicht, den
Handel an dieser Küste zu monopolisieren. Die unerwartet geringe Ausbeute des
Goldhandels in Sofala wurde mit Bestimmtheit dadurch erklärt, dass nach wie vor
regelmässig die muhamedanischen Fahrzeuge von Kambaja mit Baumwollstoffen
nach Mukdischu, Barawa, Patta, Lamu und Mombasa gingen und von dort diese
Waren in kleineren Fahrzeugen in die Nachbarschaft Sofalas beförderten. Ein
Vorschlag, der im Jahre 15 14 gemacht wurde, diesem Schleichhandel nicht wie
bisher durch Nachstellung jener kleineren Küsten-Fahrzeuge, sondern durch
Abfangen der grösseren Fahrzeuge zu verhindern, die von Indien kamen,') fand
keine Annahme oder wurde wenigstens nicht durchgeführt.
Das erste Vierteljahrhundert seit der Entdeckungsfahrt Vasco's da Gama gilt als
die Glanz- und Blütezeit der Portugiesen im Osten. Dass Ostafrika hiervon so
wenig abbekommen hat, ist damit zu erklären, dass seine Küste verglichen mit
anderen Küsten des Indischen Ozeans gar zu wenig bot, um eingehenderer
Beachtung wert zu sein. Reichtum und Ehre lockten ungleich mehr im ferneren
Osten. In rascher Folge wurden Jahr für Jahr Geschwader mit starken
Besatzungen in die Indischen Gewässer geschickt. Schon in der Regierungszeit
von Francisco d'Almeida (I 5o6-15o9) beherrschten die Portugiesen, wenngleich
ohne bedeutendere Niederlassungen am Lande, ohne nennenswerten Widerstand
die Westküste Vorderindiens. Schon im Jahre I505 hatten portugiesische Schiffe
die Malediven und Ceylon besucht. Ein aegyptisches Geschwader, das im Jahre
15o8 auf die Hülferufe der arabischen Kaufleute und der indischen Fürsten den
Portugiesen entgegentrat, wurde nach anfänglichen Erfolgen gründlich bei Diu
(i5o9) geschlagen. Auf Francisco d'Almeida, der die Aufrechterhaltung der
portugiesischen Oberherrschaft im wesentlichen in der Beherrschung des Meeres
suchte, folgte als Gouverneur des Ostens Affonso d'Alboquerque, der den
gleichen Zweck nicht ohne die Errichtung starker Stützpunkte am Lande und
Landbesitz durchsetzen zu können glaubte. Im Jahre 151o wurde von ihm in
heissem Kampfe Goa, die bedeutendste Stadt Indiens, genommen. Im folgenden
Jahre besetzte er Malakka. Dann, nachdem er schon im Jahre 1508 mit
beispielloser Kühnheit das mächtige Ormus im Persischen Golf angegriffen
hatte, gelang es ihm auch hier, im Jahre 1515 festen Fuss zu
') Cartas de Affonso Albuquerque 1 S. 300-301.
- 1 3
fassen. Unter seinem Nachfolger lief dann 15 16, allerdings ohne bleibendes
Ergebnis, eine Flotte in das Rote Meer ein. Ferner wurde um das Jahr 1523
Sumatra auf kurze Zeit besetzt. Bei Alboquerque's Tode im Jahre 15.15 war
wahrscheinlich der höchste Gipfel des Erfolges erklommen. Nach ihm begannen
schon die Gegenschläge. Damals gehorchte in dem gewaltigen Gebiete von
Ormus im Norden bis Ceylon im Süden an allen Küsten alles dem Befehle der
Portugiesen, und weit landeinwärts erstreckte sich ihr Einfluss. Freundschaftliche
Beziehungen wurden zu den Fürsten der Ostküste Indiens, zu Siam, Java und
selbst zu China unterhalten. Durch Festungen in Ormus, Kalekut, Kochin,
Kananor, Goa und Malakka, eine Flotte von 50 Segeln und 2000-3000 Mann
europäischer Truppen wurde dieser Einfluss aufrecht erhalten. Der
Hauptstützpunkt dieser Macht war Goa, hier befanden sich der Sitz des
Generalgouverneurs, die Kriegsvorräte und Werften. Schon um 1516 lebten hier
über 400, meist mit Indierinnen verheiratete Portugiesen.
Zwar wurde wirkliche Regierung von den Portugiesen in den genannten
gewaltigen Länderstrichen nicht ausgeübt. Selbst in den meisten der mit
Besatzungen belegten Festungen verblieb den eingeborenen Fürsten ein Teil der
Landeshoheit. Aber der Wille der Eroberer hatte in allen den Dingen Geltung, in
denen sie ihn geltend haben wollten. In dieser Beziehung war der Hauptpunkt die
Monopolisierung des Gewürzhandels. Fast alle Massregeln, die von den
Portugiesen getroffen wurden, waren auf die Verwirklichung dieses Zieles
gerichtet. Alle Bestrebungen gipfelten dahin, die Araber von Indien ferne zu
halten und ihnen die Erlangung von Gewürzen, sowie deren Verschiffung auf den
altgewohnten Wegen durch das Rote Meer und den Persischen Golf und Syrien
unmöglich zu machen. Ganz ist freilich dieses Vorhaben nie geglückt, aber
dennoch war der Erfolg soweit vollständig, dass die Araber nur auf
Schleichwegen geringe Mengen nach dem Roten Meere hineinbringen konnten
und Portugal für den ganz überwiegenden Teil die Versorgung Europas mit den
Erzeugnissen des Ostens an sich gerissen hatte. Portugal gelangte hierdurch und
durch die Beute des Ostens in einem Zeitraume von wenigen Jahren zu einem
Reichtume und einer Ueberfülle, die in jenen Zeiten märchenhaft waren. Lissabon
wurde nicht nur der Stapelplatz Europas für die Gewürze, sondern die alljährliche
Ausrüstung der grossen Geschwader, die Lebenshaltung der reich aus dem
Osten Zurückgekommenen und das Zusammenströmen der Edelmetalle wirkten
mit, dass sich diese Stadt zum Haupthandelsplatz auch aller anderen
Industrieerzeugnisse aufschwang.
Leicht und billig waren diese Erfolge nicht errungen. Grosser Wagemut gehörte
zur Aufnahme der Indienfahrten in grösserem Massstabe. Entsetzlich grosse
Opfer an Menschenleben forderten die Seefahrten,
Strandes, Ostafrika.
8
- 114 Kämpfe und Krankheiten. Es wäre Unrecht, die Erfolge der Portugiesen allein
dem zuzuschreiben, dass sie zufällig die ersten Europäer waren, die im Indischen
Ozean erschienen, oder dass sie durchgehends nur schwächlichen Widerstand auf
ihren Eroberungszügen fanden. Im Gegenteil, ein näheres Eingehen auf die
Ereignisse weckt Bewunderung für ihren hohen Unternehmungsgeist und
Heldenmut. In Francisco d'Almeida und besonders in Affonso d'Alboquerque sind
Männer zu achten, die wirklich nicht nur durch ihre Erfolge, sondern auch durch
ihre Thaten und Gesinnung gross waren.
Freilich mit Sanftmut wurde der Osten nicht erobert. Entsetzliche Grausamkeiten,
Habgier und Zügellosigkeiten begegnen einem auf Schritt und Tritt bei der
Verfolgung ihrer Geschichte. Hohe wie Niedrige waren daran beteiligt. Doch bei
diesen Erscheinungen darf man nicht vergessen, dass kaum geringere Gräuel in
der gleichen Zeit überall in Europa in den Kriegen, auch von Christen gegen
Christen, verübt wurden, und dass damals die allgemeine Gesinnung jedes Uebel,
das Heiden und Muhamedanern zugefügt wurde, kaum anders als des Lobes
wert
betrachtete.
Nach Gaspar Correa.
Nuno da Cunha.
Die zweite Zerstörung von Mombasa.
Wie schon öfters durch dieselbe Ursache andere ostafrikanische Orte, geriet
Mombasa im Jahre 1528 in Not, als Nuno da Cunha, ein neuernannter
Generalgouverneur des Ostens, nach einer äusserst ungünstigen Reise von
Portugal zu spät den Indischen Ozean erreichte, um den Südwest-Monsun für die
Durchquerung des Arabischen Meeres zu benutzen, und hierdurch Zeit fand, sich
den ostafrikanischen Angelegenheiten zu widmen.
Mit elf Schiffen und 25oo Mann Truppen hatte Nuno da Cunha am i8. April 1528
Lissabon verlassen. Nachdem verschiedene Schiffe, darunter sein eigenes,
untergegangen waren und sich andere Schiffe von ihm getrennt hatten, befand er
sich erst im September mit nur zwei Schiffen an der Ostküste AfrikaS und suchte
Melinde. Da man von den untergegangenen Schiffen die Ueberlebenden
übergenommen hatte, waren auf diesen zwei Schiffen 1144 Mann
zusammengepfercht. Krankheit und Entmutigung waren allgemein, und dazu
konnten die Piloten nicht ermitteln, in welcher Gegend man sich befand.
Umherirrend wurden in einer Nacht um die Schiffe herum plötzlich Riffe
entdeckt, und um nicht zu scheitern musste Anker geworfen werden. Bei
Tagwerden fand man die Gefährlichkeit der Lage bestätigt. Um zu erkunden, wo
man sei, sowie um möglichst einen Lotsen zu gewinnen, wurde ein Boot nach
einer naheliegenden Ortschaft gesandt, doch die Neger verhinderten mit
Pfeilschüssen und Wurfspeeren die Landung und töteten und verwundeten
mehrere der Bootsbesatzung, Einer zweiten an Land gesandten, stärkeren
Abteilung gelang es zwar, die Verteidiger zu vertreiben, doch wurde damit
gleicher Zeit bewirkt, dass die ganze Bevölkerung der Ortschaft flüchtete, sodass
keine Auskunft über die Gegend, in der man sich befand, erlangt werden konnte.
In der folgenden Nacht wurden nun nochmals Freiwillige mit dem Auftrage an
Land geschicke, sich im Stillen eines Eingeborenen zu bemächtigen. Diese hatten
den guten Erfolg, dass sie einen alten Araber 8*
- II6 ergriffen und ins Boot schleppten, von dem man erfuhr, dass man sich bei der
Insel Zanzibar befand. Dass Glück wollte, dass der Gefangene sich selbst als den
ältesten und erfahrensten Lotsen der Gegend bezeichnen konnte. Unter seiner
Leitung wurden die Schiffe am nächsten Tage glücklich aus den Untiefen
herausgesteuert und vor der Stadt Zanzibar zu Anker gebracht.
Zanzibar war seit einigen Jahren in freundschaftlichere Beziehungen zu den
Portugiesen getreten. Im Jahre 1522 hatten die Portugiesen zu Gunsten der
Herrscher von Zanzibar und Pemba mit der Mannschaft zweier Schiffe, die in
Mozambique überwinterten, einen Kriegszug gegen die Kerimba-Inseln
unternommen. Diese Inseln, die von Zanzibar und Pemba abhängig waren, hatten
sich, durch einen Neffen des Königs von Mombasa aufgewiegelt, erhoben. Durch
das Einschreiten der Portugiesen wurden sie zur Tributzahlung gezwungen und
hierdurch wurde wieder den Herrschern von Zanzibar und Pemba die Erfüllung
ihrer Verpflichtungen gegenüber den Portugiesen möglich.1) Derartig wurde
Nuno da Cunha in Zanzibar gut aufgenommen, und die kranke Schiffsbesatzung
mit Erfrischungen versorgt. Die Annehmlichkeit und die Erholungen, die
Zanzibar bot, waren so gross, dass Nuno da Cunha, als er nach kurzem
Aufenthalte wieder unter Segel ging, hier 2oo Kranke zurückliess, die ihm erst
nach ihrer Gesundung auf einheimischen Dhaus nach Melinde nachgesandt
werden sollten.') Nuno da Cunha selbst erreichte mit seinen Schiffen am 8.
Oktober Melinde. Trotzdem das Ende des SüdwestMonsuns nahe war und die
Sachverständigen abrieten, beschloss er, noch die Ueberfahrt nach Indien zu
versuchen. Er ging hierzu am 14. Oktober unter Segel, doch nach vergeblichen
Bemühungen, gegen den inzwischen eingesetzten Nordost-Monsun aufzukreuzen,
musste er umdrehen und am 6. November wieder vor Melinde ankern.') Er sah
sich damit gezwungen, an dieser Küste die günstigere Jahreszeit abzuwarten.4)
Auf der ungeschützten Rhede und mit den geringen Hülfsmitteln Melinde's
erschien dieses gefährlich und unthunlich, und so fiel denn die Wahl auf
Mombasa als sogenanntes Winterquartier. Indessen der König von Mombasa
zeigte wenig Neigung zur Aufnahme der Gäste. In der Furcht, dass ihm die Stadt
genommen würde, wollte er wohl das Ankern der portugiesischen Schiffe in
seinem Hafen gestatten und die Versorgung mit Lebens1) Barros III S. x85 ff.
2) Diogo do Couto, Da Asia. Dos feitos que os Portuguezes fizeram na Conquista
e Descobrimento das Terras e Mares do Oriente. Lisboa I778 1I S. 5.
8) Dieselbe Erfahrung machten bis in unsere Zeit hinein nicht selten europäische
Kriegs- und Handelsschiffe. Sogar schwache Dampfer haben gelegentlich nach
erfolglosen Bemühungen nach Ostafrika umkehren müssen.
4) Barros IV' S. 272.
- 117 mitteln und Wasser übernehmen, stellte aber die Bedingung, dass niemand von
den Schiffen, ausgenommen die Einkäufer von Lebensmitteln, an Land kommen
sollte.') Zur Bestrafung dieser Ungastlichkeit, und weil er sich thatsächlich für die
Unterkunft auf Mombasa angewiesen fühlte, beschloss Nuno da Cunha, sich,
wenn nötig gewaltsam, Aufnahme zu verschaffen.') Bestärkt wurde dieser
Beschluss dadurch, dass auch die Könige von Melinde und Zanzibar über die
stetigen Feindseligkeiten Mombasa's klagten und als deren einzig Ursache ihre
Freundschaft für die Portugiesen hinstellten.
Für den somit bevorstehenden Angriff auf Mombasa verpflichtete sich der König
von Melinde, mit 8o0 Mann Beistand zu leisten. Da indesserr Nuno da Cunha
fürchtete, dass durch deren Ansammlung der Bevölkerung von Mombasa Zeit zu
Verteidigungsvorbereitungen gegeben würde, begnügte er sich mit ungefähr 15o
Mann, die sofort gestellt werden konnten. Auch die eigenen Hilfsmittel der
Portugiesen waren während der Zeit der Anwesenheit in Melinde bedeutend
gewachsen. Zufällig hatten sie daselbst zwei Schiffe angetroffen, die im Vorjahre
von Lissabon ausgesandt waren, um Madagaskar und die ostafrikanische Küste
nach Schiffbrüchigen abzusuchen. Ausserdem hatte sich ein Schiff, allerdings
mit 15o Kranken an Bord, eingestellt, das zum Geschwader von Nuno da Cunha
gehörte, aber schon als verloren betrachtet gewesen war, und ein fernerer
Zuwachs war dadurch erfolgt, dass I8 Portugiesen mit einem kleinen Schiffe
ankamen und in Gnaden aufgenommen wurden, die sich meuternd von Indien
entfernt und auf eigene Hand Prisen gemacht hatten. Mit der derartig auf sechs
Schiffe und 8oo kampffähige Portugiesen angewachsenen Macht und den
genannten Hülfstruppen ankerte Nuno da Cunha am 17. November 1528 vor
Mombasa. Hier stellt sich ein neuer Bundesgenosse in der Person des Königs von
Otondo ein. Zwar versuchte der portugiesische Befehlshaber diese Hülfe
abzulehnen, doch der Genannte verlangte dringend, an dem Kampfe
teilzunehmen, um Gelegenheit zu haben, sich an dem Könige von Mombasa zu
rächen, da dieser ihn früher verräterisch gefangen genommen und lange in Ketten
gehalten hatte, bis er durch die Hülfe der benachbarten Sopangas (ein heute
unbekannter Stamm) befreit worden war. ')
Unter Voransendung von peilenden und lotenden Booten segelte das Geschwader
in den Hafen hinein. Die Befestigung an der engen Einfahrt, die schon im Jahre
1505 bei dem ersten Angriffe auf die Stadt den Portugiesen einigen Schaden
gebracht hatte, war bedeutend ver1) Gaspar Correa III, S. 312.
2) Couto IV II S. 6.
8) Barros IV S. 277-8.
118 -
stärkt und mit acht grossen Geschützen ausgerüstet, die die Eingeborenen
allmählich aus den an dieser Küste gestrandeten portugiesischen Schiffen
geborgen hatten. Bedient wurden die Geschütze von vier portugiesischen
Renegaten, die ihre Aufgabe derartig gut erfüllten, dass keines der einsegelnden
Schiffe diese Stelle passirte, »ohne Holz und Blut zu lassen«. Doch von den
Portugiesen wurde das Feuer nicht erwiedert, da sie noch hofften, zu einem
friedlichen Einvernehmen zu kommen.') Am späten Nachmittage lag das ganze
Geschwader vor der Stadt vor Anker, indessen die erwartete Ergebungsbotschaft
vom Lande blieb aus, und es wurde offenbar, dass nur mit Gewalt das ersehnte
Winterquartier erlangt werden könne. Eine Erkundungsfahrt im Boote über die
beste Angriffsstelle ergab, dass diejenige Stelle, an der vor 25 Jahren der Sohn
von Francisco d'Almeida gelandet war, durch versenkte Dhaus und Pallisaden
unzugänglich gemacht worden war. Dagegen erkundete ein später in der
Dunkelheit ausgesandtes Boot unter Führung eines arabischen Verräters, der
schwimmend aus der Stadt auf die Schiffe gekommen war, eine Stelle nahe einer
Moschee, oberhalb der Stadt, wo die Landung leicht erschien. Auch hörte man
durch denselben Verräter, das3 zwar 3ooo Bewaffnete in der Stadt ständen, dass
aber grosse Mutlosigkeit herrsche und voraussichtlich der Widerstand gering sein
würde.') In der Nacht wurde die Stadt, um Schrecken zu bereiten, mit den
Geschützen beschossen, wogegen die Eingeborenen, indem sie das Aufblitzen der
Schüsse -zum Ziele nahmen, die Schiffe mit Pfeilen überschütteten, die dicht und
stetig wie Regen fielen.
Im grauenden Morgen landete Nuno da Cunha mit 450 Mann, unter denen 6o
Büchsenschützen waren, an der erkundeten Stelle.') i 5o ausgewählte Leute,
meistens Edelleute, darunter 3o Büchsenschützen, wurden vorangeschickt, die das
Gelände bis zu der Stadtmauer, die etwa ioo Schritte entfernt war, säuberten. Die
Eingeborenen versuchten hier, gedeckt durch zahlreiche Gräber und hinter
Gemäuer, die Portugiesen mit Pfeilschüssen aufzuhalten, wichen aber bald, fast
ohne dass die Büchsen in Thätigkeit kamen, vor dem ungestümen Anlauf der
Angreifer. Von einem Bollwerke, das nahe dem Stadtthore lag, und das mit fünf
eisernen Kanonen besetzt war, welche ein portugiesischer Ueberläufer bediente,
wurden einige Schüsse abgegeben, doch wurde auch diese Stellung bald
geräumt.') Selbst hinter der Stadtmauer hielten
1) Lopez de Castanheda VII S. 211.
2) Couto 1 1n S. 9.
3) Barros IV S. 282. Gaspar Correa giebt Soo Mann, darunter 2o0
Büchsenschützen. Couto IVII S. 9 sagt 6oo Portugiesen, darunter 200
Büchsenschützen und über 3oo Eingeborene.
,) Couto I II S. io.
19 nur wenige Bogenschützen Stand, die aber auch die Flucht ergriffen, als sich die
Angreifer auf die Mauern schwangen. Ohne weiteren nachhaltigen Widerstand
konnten die Portugiesen in der geplanten Ordnung in die Stadt eindringen. Nur
Ueberfälle durch einzelne Eingeborene, die aus den Häusern herausstürzten und
sich geradezu aufopferten, brachten noch Gefahren. Der romantische Sinn jener
Zeit erklärte diese Ueberfälle damit, dass einige angesehene Frauen den Männern
Vorwürfe gemacht hätten, sie gäben mutlos und unritterlich die Stadt preis und
setzten damit Frauen und Geliebten den Unbilden eines Lebens in der Wildnis bei
den Negern aus. Verschiedene »Edelleute« von Mombasa hätten hierauf den
Beschluss gefasst im Kampfe zu sterben und hierdurch wenigstens den Frauen
bessere Ursache zum Weinen zu geben.') Nur 25 Verwundete, von denen später
einige an den empfangenen Giftwunden starben, hatte die Einnahme der Stadt
gekostet. Nuno da Cunha selbst nahm sein Quartier in der festungsartigen
Behausung des Königs. Die umliegenden Stadtteile wurden den verschiedenen
Kapitänen mit ihren Mannschaften zugeteilt. Da die Stadt zu gross war, um sie
mit Sicherheit ganz behaupten zu können, wurde der besetzte Teil durch
Verrammlungen der engen Strassen und durch Wälle und Gräben abgesperrt.
Die
Räumung der Stadt war von den Eingeborenen schon vor dem Angriffe
beschlossen gewesen. Das Beste der Habe war darum schon vorher
in Sicherheit gebracht worden. Dennoch wurden als besonders will. kommene
Beute grosse Vorräte von Getreide gefunden. Auch einzelne bedeutende Schätze
an Gold, die ihre Finder auf Lebenszeit zu reichen Leuten machten, sollen von
den Plünderern entdeckt worden sein. An dem Tage, welcher der Besetzung
der Stadt folgte, wurden 200 Portugiesen zur Einnahme des Festungswerkes
ausgeschickt, das an der Hafeneinfahrt lag. Die Einnahme und die Eroberung der
Geschütze gelangen ohne Schwierigkeit. Bei der Rückkehr aber wurden die Portu.
giesen von zahlreichen Feinden umschwärmt. In der Hitze und auf schlechten
Wegen, und gehindert durch das Mitschleppen der eroberten Kanonen, kamen die
Portugiesen nur langsam vorwärts und wurden dabei aus dem dichten Buschwerke
von den Eingeborenen mit solchem Erfolge beschossen, dass die Abteilung nur
nach einem Verluste von 20 Toten und Verwundeten die Stadt wieder erreichen
konnte.
Dieses war der Beginn des Ungemaches, und auch ferner kamen die Portugiesen
in dem erkämpften Quartiere nicht zur Ruhe. Täglich erschienen die
Eingeborenen zum Angriffe. Durch Beschiessen mit Pfeilen, sogar der Wohnung
von Nuno da Cunha selbst, reizten sie die Portugiesen zum Verlassen der Stadt.
Bei der Verfolgung der
') Barros IV S. 285 u. A.
- 120 Ruhestörer in dem dichten Gestrüpp und Buschwerk der Umgebung der Stadt
waren dann die Eingeborenen stetig im Vorteile und konnten denPortugiesen
Verluste zufügen, ohne solche selbst zu erleiden. Auch das Niederschlagen und
Abbrennen des Baumwuchses brachte keine Ruhe. Scharenweise drangen die
Eingeborenen in den unbesetzten Teil der Stadt ein, um zu rauben, und obgleich
sie stets unter Verlust einiger Toten verjagt wurden, fanden die Scharmützel kein
Ende. Die Portugiesen wussten, dass die Eingeborenen sich etwa eine halbe Meile
vor der Stadt gelagert hatten, indessen hatten sie keine nähere Kunde, wie gross
deren Anzahl war, und in welcher Weise sie sich befestigt hatten. Ein nächtlicher
Weile von einigen Edelleuten gemachter Versuch, nach Heranschleichung an das
feindliche Lager einen Gefangenen zu machen, um durch einen solchen die
erwünschte Aufklärung zu erhalten, misslang. Allerdings glückte es bei diesem
Streifzuge einen Araber dingfest zu machen, doch das Mitschleppen war bei dem
Sträuben und der besonderen Körperschwere dieses Gefangenen unmöglich,
worauf der Unglückliche niedergemacht wurde und ihm ein Arm zur Mitnahme
und zum Beweise einigen Erfolges abgehackt wurde.') Diese nächtliche
Beunruhigung veranlasste aber, dass die Eingeborenen ihr Lager weiter von der
Stadt ab ins Innere der Insel verlegten.
Indessen die Angriffe der Eingeborenen nahmen ihren Fortgang. Auch die
Massregel, dass die Portugiesen in der ganzen Umgebung alle Boote zerstörten,
um den Verkehr zwischen der Insel Mombasa und dem Festlande zu verhindern,
hatte keinen Erfolg, Schliesslich glaubten sie sich nur dadurch Ruhe verschaffen
zu können, dass sie die ganze Insel von den Eingeborenen säuberten. Doch ihre
eigene Mannschaft war hierzu unzureichend, und sie mussten nach Hilfstruppen
Umschau halten. Nur mit Kräften, die den Eingeborenen im Buschkriege
gewachsen waren, war Erfolg zu erwarten. Auf einen bezüglichen Ruf erschienen
500 Mann, die der König von Melinde bereitwillig entsandte. Weiter stellte auch
der König von Montangane, einer Stadt in der Nähe von Mombasa, die
zweifelsohne das heutige Mtangata ist, 2o Mann. Ebenso sandten die Herrscher
von Zanzibar und Pemba Hülfstruppen und dazu reichliche Geschenke. Die ganze
Gegend ergriff freudig die Gelegenheit, sich an Mombasa für früher erlittenes
Ungemach zu rächen und an der Beute, die in Aussicht stand, teilzunehmen.
Schon die Fahrzeuge, die die Hilfstruppen aus Melinde gebracht hatten, kehrten
beladen mit Beute zurück, die aus der verlassenen Stadt zusammengeschleppt
war.
Unterstützt durch die eingeborenen Hilfstruppen gelang es endlich,
) Couto III S. 13.
- 121 die Mombasa-Leute von der Insel zu vertreiben. Jenseits der Makupa-Furt am
festen Lande setzten sie sich fest. Doch auch jetzt fanden die Portugiesen die
ersehnte Ruhe noch nicht. Wieder und wieder erschienen die Feinde, durch die
Furt kommend, auf der Insel, ja in der Stadt selbst. Weniger Kampfeslust als
Hunger und das Verlangen, Nahrungsmittel zu erbeuten, zwang sie zu diesen
Unternehmungen, die den Portugiesen stets neue Opfer kosteten.
Aufs Aeusserste durch diese nicht endenden Kämpfe und Verluste und durch die
zahlreichen Erkrankungen seiner Mannschaft gereizt, beschloss Nuno da Cunha,
an Mombasa weitgehendste Rache zu nehmen. In der Absicht, keinen Stein der
Stadt auf dem andern zu lassen, begann er die Häuser niederzureissen oder zu
verbrennen und die Palmen abzuhacken. Durch diese Massregel in Verzweiflung
versetzt, sandte der König von Mombasa eine Botschaft, dass er, um die Stadt zu
retten, bereit wäre, sich dem Könige von Portugal zu unterwerfen. Durch
Unterhändler kam darauf ein Vertrag zu stande, nach dem der König von
Mombasa sich zum Vasallen Portugals mit einem jährlichen Tribut von 500
Metikal Gold (= M. 6ooo.-) erklärte, alsBrandschatzung fürNichtzerstören der
Stadt eine Zahlung von 12000 Metikal (-= M. 144000.-) versprach und sich
verpflichtete, dem Könige von Portugal zu dienen sowie keine Feinde der
Portugiesen in der Stadt aufzunehmen. Der Tribut für drei Jahre wurde miteins
im voraus bezahlt. Nach Verabredung dieses Friedensschlusses entwickelte sich
einiger Verkehr zwischen den Portugiesen und den Mombasa-Leuten, doch die
Mahnung um Zahlung der Brandschatzung störte bald wieder das Einvernehmen.
Um einen Druck auszuüben, liess Nuno da Cunha aufs neue mit der Zerstörung
von Häusern und Palmen beginnen, und erreichte damit, dass 500 Metikal (= M.
6000.-) auf den schuldigen Betrag angezahlt wurden. In weiteren Verhandlungen
wurde die Loskaufsumme von 12000 (= M. 144000.-) auf 7000Metikal (=M.
84000.-) herabgesetzt. Um festzustellen, in welcher Weise dieser Betrag auf die
Hauseigentümer zu verteilen sei, erschienen einige der angesehensten
Eingeborenen in der Stadt. Es wurde ermittelt, dass noch über 900 grössere
Häuser standen. Doch die Beobachtungen, welche die Mombasa-Leute bei dieser
Gelegenheit machten, veranlassten, dass sie sich der Aufgabe, zu deren
Erledigung sie gekommen waren, nicht ernstlich widmeten. Sie fanden, dass die
Ueberzahl ihrer Peiniger krank war, dass viele schon gestorben waren, und
nahmen an, dass Nuno da Cunha, um mit dem Reste seiner Mannschaft dem
Erliegen durch Krankheit zu entgehen, den Platz bald verlassen würde.
In Wahrheit war die Lage der Portugiesen eine so schlechte, dass jene Annahme
Berechtigung hatte. Krank von den Schiffen gelandet,
122 Tag und Nacht unter den Waffen, ohne Ruhe und auf die ungewohnten
Nahrungsmittel des Landes angewiesen, das nur Hirse und Reis bot, hatten
Krankheiten in erschreckendem Masse um sich gegriffen, und Ende Januar
wurden schon über 200 Tote gezählt. Darunter befanden sich zwei Brüder von
Nunha da Cunha und viele der bedeutendsten Anführer. Wiederholt wurde Nuno
da Cunha gedrängt, sein eigenes Leben für wichtigere Zwecke aufzusparen und
wenigstens selbst einen gesünderen Platz aufzusuchen. Doch er beschloss
auszuharren. Fortwährend wechselten bald Verhandlungen, bald Kämpfe mit
den Eingeborenen. Einen Zug, den die Portugiesen nach Makupa unternahmen,
um wieder einmal den Störenfrieden die Benutzung der Furt zu verleiden, verlief
unglücklich, dagegen gelang es, ein Lager derselben jenseits des Hafens, im
Norden, zu überfallen. Grosse Erleichterung brachte in der unglücklichen Lage
das Eintreffen eines Fahrzeuges, das von dem Gouverneur von Ormus mit
Lebensmitteln gesandt war. Neue schwere Verluste erlitten aber die Portugiesen
wieder dadurch, dass sie Jagd auf eine Dhau machten, die von Kambaja mit
reicher Ladung eintraf. Diese Dhau war vor Mombasa erschienen, und als sie hier
unerwartet Portugiesen traf, wieder nach See zu gegangen. Verfolgt durch ein
kleineres Schiff und zwei Boote der Portugiesen, flüchtete sie wieder nach Land
zu, in einen benachbarten engen Meeresarm hinein, wo sie festlief. Hier
bemächtigten sich die Verfolger, trotz heftigen Widerstandes, der Prise, doch mit
dem Ausrauben der reichen Ladung beschäftigt, versäumten sie, auf die
eintretende Ebbe zu achten, und das Schiff lief trocken. Unglücklicherweise war
die Stelle im Bereiche der Geschütze (?) eines in der Nähe befindlichen Verhaues
aus Palmstämmen. Durch das Feuer dieser, durch Pfeilschüsse vom hohen Ufer
und schliesslich im Handgemenge mit der angreifenden Besatzung der Dhau
sowie der Mombasa-Leute gerieten die Portugiesen in eine solche Bedrängnis,
dass sie das Schiff, das von den Eingeborenen in Brand gesetzt war, aufgaben und
sich unter Zurücklassung von 40 Toten und vielen Verwundeten in die Boote
zurückziehen mussten.') Ja, nach anderen Berichten wurde sogar die gesamte
Bemannung des Schiffes und der beiden Boote, mit Ausnahme nur eines Mannes,
der sich rettete, aufgerieben.2)
Ueber diese Ereignisse war allmählich das Ende des März und der Beginn des
Südwest-Monsuns herangekommen, mit dem das Geschwader die Weiterreise
nach Indien antreten konnte. Schon vor dem Angriffe auf Mombasa hatte Nuno da
Cunha in Erwägung genommen, den König
) Gaspar Correä III S. 315 und 316 u. A.
2) Barros IV I S. 303.
- 123 dieser Stadt abzusetzen und an seiner Stelle einen Angehörigen der MelindeHerrscherfamilie einzusetzen. Er hatte hierzu Munho (Muigni) Mohamed, einen
Neffen des derweiligen Königs und Sohn des früheren Königs erwählt, doch hatte
dieser von vornherein die ihm zugedachte Würde abgelehnt, da er sich als Sohn
einer Negersklavin für ungeeignet erachtete, dagegen einen jüngeren Bruder, mit
Namen Cide Bubac (? Said Abubakr), in Vorschlag gebracht, der mütterlicherseits
von den Kilwa-Königen abstammte und für sich selbst nur, unter seinem Bruder,
die Würde eines Statthalters erbeten.1) Mit der nahe bevorstehenden Abreise
wurden die Beratungen, was mit Mombasa zu machen sei, wieder aufgenommen.
Gemäss den früheren Plänen und in Anerkennung der Dienste, die Melinde stets
geleistet hatte, wurde dem genannten Cide Bubac die Stadt als portugiesischer
Lehn angeboten. Dieser indessen wollte das Geschenk nur dann annehmen, wenn
ihm eine portugiesische Besatzung von 15o Mann belassen würde, da er ohne eine
solche nicht glaubte sich halten zu können. Hierzu konnte' sich Nuno da Cunha
nicht verstehen. Da ferner die vereinbarte Brandschatzung von den MombasaBewohnern nicht gezahlt war, wurde beschlossen, die Stadt gründlich zu
zerstören. Für dieses Vorhaben wurden die verschiedenen Stadtviertel den
eingeborenen Hülfsvölkern zugeteilt. Die Lehmhütten wurden abgerissen und
deren Stangengerippe und Palmblattbedeckung in den grösseren Steinhäusern
zusammengetragen. Dann, während sich die Portugiesen und Bundesgenossen
einschifften, wurde das Ganze angezündet. Der Erfolg war ein vollkommener,
»das Heulen des Feuers, die Rauchsäulen und das Krachen des
zusammenbrechenden Mauerwerks glichen der Hölle«') und von der vor noch vier
Monaten stolzen Stadt blieben nur Asche und Ruinen übrig.
In Befürchtung neuer Angriffe der Eingeborenen waren während der
Niederbrennung der Stadt und der Einschiffung bewaffnete Boote bei der Furt
Makupa stationiert, doch ohne Belästigung konnte der Abzug bewerkstelligt
werden. Das Quartiergeld, das die Portugiesen in Mombasa zurückliessen, war ein
erschreckend hohes. 370 Mann waren ihnen in diesen vier Monaten Aufenthalt,
teils durch Kämpfe, teils durch Krankheiten gestorben.') Unter der begründeten
Annahme, dass die Gesamtzahl der Mannschaften, die in Mombasa waren, unter
i5oo Köpfe betragen hat, ist der vierte Mann gestorben. Als Art der Krankheit
wird nur Fieber genannt. Kaum verständlich sind bei Vergleichung mit dem
jetzigen Gesundheitszustande der ostafrikanischen
) Barros IV S. 270-276.
2) Barros IV S. 305.
8) San Roman S. 452, Couto III S. 13 und Castanheda VII S. 215; Gaspar Correa
III I S. 315 beziffert den Verlust auf 300 Mann.
- 124 Küste, und insbesondere Mombasas, diese Verluste durch Fieber allein, und es
liegt nahe, an andere epidemische Krankheiten zu denken. Doch ähnliche grosse
Sterblichkeit war unter der Mannschaft der in Ostafrika überwinternden Schiffe
keine Seltenheit. Insbesondere Mozambique hat sich den Ruf erworben, dass dort
in den ersten 50 Jahren seit dem Erscheinen der portugiesischen Schiffe im
Indischen Ozean mehr Portugiesen begraben sind, als in demselben Zeitabschnitte
in irgend einer Stadt Portugals. So wird berichtet, dass von zwei Schiffen, die
gleichfalls zu dem Geschwader von Nuno da Cunha gehörten, und die sich in den
letzten Tagen vor der Abreise von Mombasa oder bald darauf in Melinde mit
diesem wieder vereinigten, während des viermonatigen Aufenthaltes in
Mozambique 450 Mann gestorben waren, wogegen man höchstens eine
anfängliche Gesamtbesatzung von 1200 Mann anzunehmen hat.
Für Mombasa bestätigte sich in diesen Monaten wieder einmal die Berechtigung
einer Redensart, welche die Eigenart verschiedener ostafrikanischer Städte
bezeichnen sollte, und welche schon seit den Zeiten von Vasco da Gama gängig
war. Man sprach von »Damas de Melinde, Cavalleiros de Mombaga ) d. i.
»Damen von Melinde und Ritter von Mombasa«, oder freier übersetzt:
Annehmlichkeiten in Melinde und blutige Köpfe in Mombasa. Zwar als
Ueberwinder konnten die Portugiesen äbziehen, doch ohne nachhaltigen Erfolg
gegenüber diesem Platze. Dagegen hatte die Bundesgenossenschaft ihre
Beziehungen zu Zanzibar, Pemba und Melinde fester gekittet und noch andere
ostafrikanische Städte suchten die Freundschaft der Portugiesen, da sie ein
gleiches Schicksal wie Mombasa fürchteten. So war es für Nuno da Cunha eine
besondere Genugthuung, dass nach seiner Ankunft in Melinde, Gesandte aus
Barawa erschienen, das sein Vater Tristäo da Cunha im Jahre i5o6 zerstört hatte,
und ihre Stadt mit einem jährlichen Tribute von 250 Metikal Gold (= M. 3000.-),
ausser sonstigen Verpflichtungen, Portugal unterwarfen, auch miteins den Tribut
auf drei Jahre entrichteten.') Andererseits war die Zerstörung von Mombasa auch
die Ursache weitere Kämpfe in Ostafrika. Nuno da Cunha hatte in den ersten
Tagen des April, nach Ormus segelnd, Melinde verlassen, als sofort Mombasa um
Rache zu nehmen gegen Melinde zog, Nur durch den Umstand, dass von dem
Geschwader 80 Kranke in Melinde zurückgelassen waren, die helfend in die
Verteidigung eintreten konnten, blieb die Stadt von dem gleichen Verhängnis
verschont, das sie der Angreiferin mitbereitet hatte.")
) Goes S. 84.
2) Barros IVI S. 305.
8) Barros.IV I S. 307.
- 125
Dreizehn Jahre später, in den Jahren 1542 und 1543, hatten die Portugiesen
wiederum Veranlassung, in Ostafrika kriegerisch aufzutreten. Türkische
Fahrzeuge aus dem Roten Meere hatten die Portugiesen und deren Freunde an
dieser Küste beeinträchtigt, und um ihnen entgegenzutreten, wurde eine Flotille
von vier kleineren Fahrzeugen mit einer Besatzung von ioo Mann unter Joao de
Sepulveda ausgeschickt. Der einzige über diese Unternehmung erhaltene dürftige
Bericht ist von diesem Befehlshaber selbst geschrieben. Hiernach erreichte das
kleine Geschwader im August 1541 Melinde und wandte sich einige Monate
später, gegen Ende des Südwestmonsuns, durch Melinde-Leute verstärkt, gegen
Mukdischu. Bei dieser volksreichen Stadt will Joäo de Sepulveda gelandet sein
und nicht nur die am Strande aufgezogenen Fahrzeuge, sondern auch die Stadt
selbst zerstört haben. Dann segelte er nach einem sechs Leguas nördlicher
liegenden Wasserplatze (Warschek?), der wegen seines guten Ankergrundes für
kleinere Fahrzeuge viel von arabischen und türkischen Schiffen aufgesucht zu
werden pflegte, um hier gemäss seiner Aufgabe den türkischen Seglern
aufzulauern, die von dem Norden -vor dem Winde steuernd, mit dem ersten
Wehen des Nordostmonsuns zu erwarten waren. Indessen nach einigen Tagen
musste er erfahren, dass in diesem Jahre keine Türken kommen würden, und
segelte darauf mit dem inzwischen eingesetzten Nordostmonsun, im November,
nach Mukdischu zurück. Hier will er jetzt Frieden geschlossen haben. Dann
wandte er sich gegen Barawa. Auch diese Stadt behauptet er, wegen ihrer
freundschaftlichen Gesinnung für die Türken, zerstört, aber auch ihr schliesslich
Frieden gewährt zu haben. Drei portugiesische Ueberläufer sollen ihm hierbei
übergeben worden sein. Weiter südlich segelnd, fand Joäo de Sepulveda die Küste
bis Melinde hinunter friedlich. Auf Veranlassung des Melinde-Königes
unternahm er sodann, unterstützt von 40o bis 5oo Mann Eingeborenen,
verschiedene glückliche Streifzüge, gegen einige dieser Stadt seit Jahren
feindliche Nachbarn. Weiter glaubte er sodann wagen zu können, auch Mombasa
zu brandschatzen. Obgleich er dadurch gewarnt war, dass ihm die MelindeHülfstruppen die Gefolgschaft zu diesem Unternehmen verweigerten, unternahm
er doch mit seiner kleinen Truppe das Abenteuer. Es gelang ihm auch ohne
besondere Schwierigkeiten bis inmitten der Stadt vorzudringen, hier aber fand er
so kräftigen Widerstand, dass er sich unter Zurücklassung von acht Toten und
selbst schwer verwundet zurückziehen musste. Er selbst berichtet, dass
seinRülckzug in schlechtester Ordnung erfolgt sei, und ist hiernach wohl
anzunehmen, dass er sich glücklich hat schätzen dürfen, noch so billig davon
gekommen zu sein. Mombasa soll durch neue lVauern stärker als früher befestigt,
auch durch Ansammlung von Hülfskräften besonders auf die Verteidigung
- 126 vorbereitet gewesen sein. Ein friedlicher Aufenthalt von 40 bis 5o Tagen in
Zanzibar beschloss die Erlebnisse des Geschwaders in diesem Teile Ostafrikas.')
Dieser Bericht ist besonders bemerkenswert, weil er aus der ganzen
Portugiesenzeit das einzige kriegerische Unternehmen gegen Mukdischu
überliefert. Obgleich der Bericht im übrigen, besonders durch das offene
Bekenntnis des Misserfolges in Mombasa, einen glaubwürdigen Eindruck macht,
ist kaum denkbar, dass es wirklich Joäo de-Sepulveda mit seinen schwachen
Streitkräften gelungen ist, gegen die volksreiche Stadt Mukdischu mit seiner
handvoll Leuten einen durchgreifenden Erfolg zu erringen. Wenigstens haben alle
früheren und späteren Geschwader, die -mit Angriffsgelüsten erschienen, an dem
Anblicke der Stadt genug gehabt. Wahrscheinlicher als eine wirkliche Zerstörung
der Stadt ist eine kurze kühne Landung, die bald wieder nach Inbrandsetzung der
auf dem Trocknen liegenden Fahrzeuge') und einiger Häuser endigte. Zu glauben
ist auch, dass Mukdischu, ebenso wie Barawa, eingedenk der portugiesischen
Waffenerfolge in Indien und im Persischen Golfe, einem Friedensschlusse
zustimmte, der ihnen nichts auferlegte und Einstellung der Feindseligkeiten
brachte. Weitere Bedeutung hatten diese Friedensschlüsse nicht. Mukdischu ist
vor und nach diesen Begebenheiten die einzige Stadt in Ostafrika gewesen, die
den Portugiesen dauernd trotzte, und über die sie niemals den geringsten Einfluss
gewannen, ja, die ihnen stets als Feindin gegenüberstand. Als eine gelegentliche
Ausnahme könnte eine Erzählung von Diogo do Couto ausgelegt werden, nach
der im Jahre 1532 Dom Esteväo da Gama, ein Sohn von Vasco da Gama, in
Seenot von dem Könige von Mukdischu und zwar aus Verehrung für seinen
Vater, den Entdecker, ausgezeichnet behandelt worden sein soll.8) Indessen
allein schon die Voraussetzung solcher empfindsamen Denkungsart bei einem
Mukdischu-Könige macht diese Geschichte unglaubwürdig.
1) Ms. Liss. Corpo Chronologico. Parte J a, maýo 72, doc. No. 87, Mocambique
jo. August 1542.
1) Für die Zeit des Südwestmonsuns, während welcher der hafenlose Strand dem
vollen Wogenanprall des Ozeans ausgesetzt ist, werden noch heute in Mukdischu
die Dhaus aufgezogen. Revoil S. 57 bringt eine schöne Abbildung, die das
Zuwasserbringen der Dhaus und die damit verbundenen Spiele gegen Ende dieser
Jahreszeit zeigt.
3) Couto IV I1 S. 227 If.
74
Friedensthätigkeit.
Die Jahrzehnte, welche auf die Begebnisse folgen, die im vorhergehenden
Abschnitte geschildert sind, sind ein Zeitraum, in dem Ostafrika von
bedeutenderen kriegerischen Ereignissen verschont blieb. Zwar wird es an
häufigen kleinen Zusammenstössen kaum gefehlt haben, aber die Chronisten
haben aus dieser Zeit nichts zu berichten, und es darf hieraus angenommen
werden, dass die Portugiesen wenigstens keine Veranlassung hatten, mit
bedeutenderen Machtmitteln aufzutreten.
Das Fehlen aller Berichte über Kriegszüge und Beute könnte auf feste
Begründung der portugiesischen Oberhoheit und ruhiges Gedeihen von Handel
und Verkehr gedeutet werden. Doch auch über friedliche Thätigkeit der
Portugiesen an dieser Küste wird nichts oder wenig erzählt. Dagegen lassen aber
Berichte, nach denen sich häufiger meuternde portugiesische Schiffe gerade
hierher flüchteten und durch Ausplündern einheimischer Fahrzeuge Unheil
anrichteten, und das stetige Erscheinen von handelnden oder seeräubernden
türkischen Fahrzeugen aus dem Roten Meere sicher vermuten, dass die
ostafrikanische Küste nördlich vom Kap Delgado nicht zu den Gebieten gehörte,
in welchen die portugiesischen Machthaber ihre Oberherrlichkeit wirklich zur
Geltung brachten. Eine direkte Bestätigung, wie jammervoll es mit der
portugiesischen Herrschaft an dieser Küste in dem zweiten Viertel des 16.
Jahrhunderts bestellt war, ist aus einer genauen Aufstellung abzuleiten, welche die
staatlichen Einnahmen und Ausgaben Portugals im Osten vom Jahre 1546
wiedergiebt. Während früher noch, wenn auch gewaltsam und unregelmässig, die
Einziehung der Tribute betrieben wurde, ist das einzige, was in jener Aufstellung
über die Finanzverhältnisse des nördlichen Ostafrikas gesagt wird, die
Bemerkung, dass zwar Kilwa zu einer Tributzahlung von 2000 Metikal Gold
(richtiger 15oo Metikal) verpflichtet sei, dass aber hiervon und auch dürch andere
Abgaben nichts eingehe; indessen lebe man in Freundschaft mit Kilwa und
dieser Platz,
128 ebenso wie die Inseln Pemba und Zanzibar, liefere viele Nahrungsmittel, an denen
in Mozambique häufig Mangel sei. Weiter wird von Melinde berichtet, dass auch
von diesem Platze Portugal keine Einnahmen habe, und tadelnd erscheint auch an
dieser Stelle die Klage, dass der König von Melinde für seine stetige Freundschaft
durch die schlechte Behandlung seitens der Kapitäne der portugiesischen Schiffe,
die diesen Platz besuchten, nur Undank und Unrecht ernte.')
Thatsächlich war das einzige staatliche Organ, welches Portugal nach der
Aufgabe von Kilwa im nördlichen Ostafrika unterhielt, die Hauptmannschaft der
Küste von Melinde (Capitania da costa de Melinde) mit dem Sitze in der Stadt
Melinde. Die Anfänge dieser Behörde liegen in der staatlichen Handelsfaktorei,
die schon im April des Jahres 1509 in Melinde errichtet wurde. Ihre Begründung
scheint in Portugal zu einer Zeit beschlossen worden zu sein, als man dort von der
Besetzung Kilwa's noch nichts wusste. Sie sollte insbesondere dem Einkaufe der
Waren dienen, die für den Sofala-Goldhandel notwendig waren.2) Die Aufgaben
dieser Hauptmannschaft von Melinde bestanden zweifelsohne mehr in
allgemeiner Interessenverwaltung Portugals an dieser Küste als in wirklicher
Verwaltung und Hoheitsausübung. Dauernd blieb auch mit ihr eine
Handelsfaktorei verbunden, und es unterliegt keinem Zweifel, dass den Inhabern
der Stellung der Betrieb dieses Handels wichtiger gewesen ist als ihre amtlichen
Aufgaben. Ausser der Ausstellung von Schiffspässen ist über die amtliche
Thätigkeit des Hauptmanns von Melinde nichts bekannt. Ebensowenig ist
eingehender erkenntlich, in welcher Weise der Faktoreihandel betrieben worden
ist. Sicher ist anzunehmen, dass kein direkter Handel mit Portugal bestand, und
dass die Einfuhr und Ausfuhr ganz von Indien abhingen. Allerlei deutet darauf
hin, dass dieser Handel niemals für Staatsrechnung, sondern immer als
Eigenhandel des jeweiligen Amtsinhabers betrieben wurde. Vorwiegend wird der
Posten als eine Gnadenzuwendung der Krone vergeben worden sein, doch auch
die Verpachtung ist vorgekommen. Zu Gunsten dieses halbamtlichen Handels
bestanden gewisse Vorrechte in der Einfuhr und Ausfuhr der wertvolleren Güter.
Insbesondere durften, soweit erkenntlich ist, indische Baumwollwaren von
keinem anderen eingeführt werden; ebensowenig durften Elfenbein, Kokusgarn,
das für die Schiffswerften in Goa ein stets begehrter Artikel war, und GummiKopal ausgeführt werden. Gummi-Kopal ist zwar als solches in den
portugiesischen Quellen nie bestimmt bezeichnet, doch spricht alle
Wahrscheinlichkeit dafür, dass mit dem häufig genannten breu (Harz), genauer
Gummi-Kopal gemeint ist. Wahrscheinlich sind
') Subsidios para a Historia Portugueza. 0 Tombo do Estado -da India para Simäo
Botelho. Lisboa 1868, S. 16 ff.
2) Ms. Liss. Gavetas Antigas 15, Maýo 19 No. 22 und Annaes Maritimas V S.
497- 129 auch Ambergris und Wachs Monopole gewesen. Ambergris, eine Ausscheidung
des Pottwals, wird stets unter den Reichtümern Ostafrikas aufgezählt. Der
ausserordentliche Wert dieses Artikels (noch heute für feine Sorten bis M. 5000
pro kg) und sein zufälliges Antreffen als Seewurf reizten die Phantasie vor
Jahrhunderten ebenso wie noch heute. Oefters wird von den Chronisten von dem
Funde so grosser Stücke erzählt, dass dadurch die glücklichen Finder zu reichen
Leuten wurden, ja, in einem Falle wird ein Stück, das bei Barawa in Ostafrika
gefunden war, als von einer so ungeheuerlichen Grösse beschrieben, dass sich
dahinter ein Mensch verbergen konnte.') Es ist keine Ursache, diese Angaben für
übertrieben zu halten, da auch in der Jetztzeit ähnliche Funde vorkommen. Noch
in diesem Jahrzehnte ist von Australien ein Stück im Gewichte von ungefähr 72
kg und im Werte von etwa M. 200 ooo nach Europa gelangt.) Da der Stoff leicht
ist, ist wohl denkbar, dass sich hinter einem Klumpen ähnlicher Schwere ein
zusammengekauerter Mensch verbergen kann. Ein umfassenderes Monopol als in
den genannten Artikeln hat der Kommandant von Melinde nicht besessen. Neben
ihm trieben portugiesische und indische Kaufleute ihren Handel. Gelegentlich
griffen sie auf die dem Kommandanten vorbehaltenen Handelszweige über. So
erwirkte Manoel Travossas, ein für Melinde neu ernannter Kommandant, vom
Vizekönige von Indien am 27. November I561 eine Verfügung, nach der keiner,
einerlei wer es sei, ohne besondere vizekönigliche Ermächtigung Schiffe nach der
Küste von Melinde schicken durfte und kein Schiff ohne besondere Erlaubnis des
Kommandanten Melinde, südlich gehend, passieren durfte.') In einer ferneren
Verfügung vom 12. Dezember desselben Jahres werden sodann diese
Bestimmungen noch dahin ergänzt, dass Schiffe nach Patta und der Küste von
Melinde nur in Begleitung des neu ernannten Kommandanten und nachdem sie
von diesem nach verbotenen Waren durchsucht worden waren, segeln durften.4)
Für alle Uebertretungen war die Beschlagnahme von Schiff und Ladung, die eine
Hälfte zu Gunsten des königlichen Schatzes und die andere Hälfte für den
Angeber angedroht. Im gleichen Sinne war zur Aufrechterhaltung der Vorrechte
des Melinde-Kommandanten im Jahre 155o in Lissabon in einer Instruktion für
den Vizekönig D. Affonso de Noronha die Vor ) Fr. Joäo dos Santos, Ethiopia
Oriental, Lisboa 1891, 1 S. 158.
*) Handelsbericht von Gehe & Co., Dresden, April 1892, S. 4 ff und April 1895,
S. 3. Das Vorkommen eines noch grösseren Fundes scheint nach dem Titel in
folgender Druckschrift beglaubigt zu sein: Description de la piýce d'ambre gris
que la Chambre d'Amsterdam a reýue des Indes Orientales, pesant 182 livres,
avec un petit traitd de son origine et de sa vertue. Amsterdam 1700.
) Archivo Portuguez Oriental, Nova Goa 1857-1876, V S. 486.
A) xrchivo, V S. 490-491.
Strandes, Ostafrika.
9
- 130 schrift gegeben, Sorge zu tragen, dass der Kommandant von Mozambique und
Sofala seine Fahrzeuge nicht nach Melinde entsende.1) Freilich wenige Jahre
später wehte von Lissabon durch das Aufkommen genau gegenteiliger Ansichten
für den Kommandanten von Melinde ein ungünstigerer Wind, denn unter dem 12.
März 1562 erfolgte ein königlicher Erlass an den Vizekönig mit dem Inhalte, dass
in Zukunft der Gummi-, Kopal- und Kokusgarnhandel an der Melinde-Küste
überhaupt nicht wieder oder nur an den Kommandanten von Mozambique und
Sofala verpachtet werden sollte, da von Melinde aus Ostafrika zu Ungunsten des
Sofala-Handels mit Waren überschwemmt würde und die Eingeborenen durch die
Pächter des Melinde-Handels bedrückt würden.') Offenbar ist dieser Erlass das
Ergebnis der Gegenarbeit des MozambiqueKommandanten in Lissabon auf die
Bevorzugungen, die von dem MelindeKommandanten, wie oben angegeben, in
Goa erlangt waren, denn ausdrücklich wird in dem Erlass aus Lissabon gesagt,
dass die Vorschriften zufolge derWünsche und Vorstellungen eines neuernannten
Kommandanten für Mozambique erfolgt seien. Der Erlass bezeugt in seiner
Fassung im vollsten Masse, dass man damals selbst an der leitenden Stelle in
Lissabon durchaus nicht wusste, welche Anordnungen für den Handel in
Ostafrika geltend waren, und ist es deshalb nicht zu verwundern, dass auch die
Chronisten jener Zeit über diese Zustände keine befriedigende Auskunft
hinterlassen haben. Die vorhandenen spärlichen Angaben lassen nur klar
erkennen, dass das nördliche Ostafrika, ebenso wie die Länder der heutigen
Provinz Mozambique und wie Ormus, eines der wenigen Gebiete des
portugiesischen Kolonialbesitzes gewesen ist, in denen der Handel mehr oder
weniger ein Vorrecht der Staatsangestellten war. In den übrigen Kolonien im
Osten war, ausser der Ausfuhr, zuerst von allen Gewürzen, später nur von Pfeffer,
die lange ein Staatsmonopol blieb, der Handel für alle Portugiesen frei. Nur die
Schiffahrt auf den grossen Strecken war den staatlichen oder privilegierten
Schiffen vorbehalten. Für die Beförderung ihrer Güter auf den Staatsschiffen
hatten die Verlader in der Regel überhaupt kein Frachtgeld zu zahlen, sondern die
Vergütung lag in den Zöllen. Für die privilegierten Schiffe waren staatsseitig
die Frachtsätze festgesetzt. Beispielsweise war auch die Fahrt zwischen Goa und
Mozambique ein Privilegium, das als königliches Gnadengeschenk an Bevorzugte
für eine, zwei oder höchstens drei Rundreisen vergeben wurde, und dessen
Erträgnis um das Jahr 1607 für jede Reise
) Francisco d'AndTada IV S. 72.
2) Archivo V S. 498.
- 131 auf 250oo bis 30000 Pardaos (= ungefähr M. 102 500.- bis M. 123000.-) geschätzt
wurde.')
Mehr noch als über Melinde schweigen sich für diese Zeit die Chroniken und
Urkundensammlungen über die portugiesischen Beziehungen zu den anderen
ostafrikanischen Plätzen aus. _Nur beiläufig wird aus den Jahren 1554, 156o und
1569 erwähnt, dass portugiesische Schiffe in Seenot Mombasa anliefen. Etwas
Einblick in die Verhältnisse gestattet die Erzählung von einer Fahrt längs der
Küste, die Francisco Barreto, ein portugiesischer Kapitän, im Jahre 1547
unternahm. Er hatte sein Schiff, das seeuntüchtig geworden war, in Mozambique
zurücklassen müssen und setzte auf einem kleinen, einheimischen Fahrzeuge die
Reise nach Indien fort. Hierbei weilte er vier Tage in Kilwa, ohne indessen den
König, trotz Bemühungen, sehen zu können. Die oben berichteten
freundschaftlichen Beziehungen der Portugiesen zu dieser Stadt erscheinen
hiernach sehr mangelhaft. Aus einem achttägigen Aufenthalte in Mombasa wird
zwar berichtet, dass ein Geschenkaustausch mit dem Könige erfolgte, doch
scheint auch hier ebensowenig wie in Kilwa der Reisende das Land betreten zu
haben, denn erst bei dem nächstangelaufenen Platze Melinde wird von einem
Besuche am Lande gesprochen. Weiter findet sodann Patta als der Platz
Erwähnung, wo ein grösseres Fahrzeug zur Ueberfahrt ziach Indien gemietet
werden konnte.2)
Weitaus mehr Leben entwickelte sich in dem südlicher liegenden Mozambique
dadurch, dass fast alle Schiffe, die nach und von Indien segelten, diesen Hafen zur
Einnahme von Wasser und frischen Lebensmitteln anlie-fen, und dass hier häufig
einzelne Schiffe und ganze Geschwader zur Abwartuig des Monsunwechsels
monatelang überlagen. Ueber dieses hinaus hatte der Platz nur Bedeutung
dadurch, dass von hier aus der wichtige Handel geleitet wurde, der in Sofala und
den Zambesi-Mündungen mit indischen Baumwollstoffen gegen Gold und
Elfenbein getrieben wurde. Sofala und Mozambique unterstanden einem
Kommandanten, der bis ungefähr 155o mit seinem Wohnsitze zwischen den
beiden Plätzen wechselte, später aber stetig in Iozambique seinen Sitz hatte und in
Sofala einen Vertreter seiner eigenen WVahl hielt, die aber von dem Vizekönige
gebilligt werden musste.
Es war die Absicht, den Handel in Mozambique und Sofala ausschliesslich als ein
Staatsmonopol zu betreiben. Thatsächlich gestaltete sich aber der Handel zu
einem persönlichen Vorrechte des jeweiligen
) Livro da Fazenda S. 125.
2) Bernardo Gomes de Brito, Historia Tragico Maritima, Lisboa 1735, 1 S. 246 7.
9*
- 132 Kommandanten, indem dieser bald für das Monopol eine Pachtsumme bezahlte,
bald wieder nur als Vertreter der Krone den Betrieb leitete und nur einen Anteil
an dem Gewinne oder dem Umsatze hatte. Die Vereinbarungen hierüber haben oft
gewechselt. Neben diesem halbstaatlichen Betriebe suchten am Zambesi
unabhängige portugiesische Händler, wenn auch im stetigen Streite mit dem
Monopolinhaber, ihren Lebenserwerb. Der Posten eines Kommandanten von
Mozambique galt für den besten, der nächst der Vizekönigswürde im
portugiesischen Kolonialreiche erhältlich war, denn auf 200 ooo Dukaten (M. I
840 ooo.-) wurden die Einnahmen des Inhabers während seiner dreijährigen
Amtsdauer geschätzt.') Diese Schätzung erscheint allerdings dadurch sehr hoch
gegriffen, dass im Jahre 1631 der Vizekönig Conde de Linhares eine
Anwartschaft auf diesen Kommandantenposten, die seiner Frau gehörte, nach
seinen eigenen Angaben für nur etwas über 24 000 Xerafinen (= M. 49 68o. -)
verkaufte.') Doch wie dem auch sei, der Posten war immerhin ein fetter, und
sicher sind die Kommandanten mehr für sich als den Staat erfolgreich gewesen,
denn stetig wiederkehrend erscheinen in den amtlichen Erlassen aus Goa und
Lissabon die Klagen, dass der Betrieb des Tauschhandels, der für so gewinnreich
gelte, dem Staate keinen Vorteil bringe. Nichtsdestoweniger war der Aufwand,
der für Mozambique und Sofala gemacht wurde, bedeutend. Nach der bereits
erwähnten genauen Staatshaushalts-Rechnung für 1546 wurden ausser der
Lieferung von Tauschwaren im Werte von 5ooo bis 6ooo Pardaos (M. 33 250.bis M. 39 900.-) und ausser den Kosten, die die alljährliche Reise eines Schiffes
zur Ueberführung dieser Waaren von Goa nach Mozambique machte, für Gehalt
und Unterhalt für die Niederlassungen in Mozambique und Sofala und für die an
der Küste stationierten vier kleinen Fahrzeuge jährlich 5 0344oo Reis (-= M. 127
200.83) verausgabt.') DieseAusgaben verteilten sich auf 172 Personen, die
wahrscheinlich meistens geborene Portugiesen waren. Unter ihnen befanden sich
neben den Militärpersonen und eigentlichen Beamten auch Aerzte, Aderlasser,
Zimmerleute, Maurer, Schmiede und Schneider; sogar ein Ziegelstreicher
erscheint unter den Gehaltsempfängern, und selbstverständlich fehlen auch
Geistliche nicht. Erwähnenswerth sind die Bezüge, auf die die verschiedenen
Stände Anspruch hatten. Es empfingen jährlich:
') Faria y Sousa III S. 515-6. Falao, S. 118, sagt (1607) 2ooooo Crusados (M. 1
547 000.-).
2) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 29 fol 149.
) Tombo do Estado da India, S. 7 ff.
33
an Gehalt
an Kostgeld
der Kommandant S 400.$ 24.der Civilverwalter , I2o.,
15.die Aerzte
, 30., 12.die Kaplane
, 20.- bis $ 25.,
9.die Schreiber , 60., 12.die Schiffsführer , 40.- , , 50.,
9.die Bombardiere , 12.- ,, ,8.6o
, 9.die Handwerker , 18.,
9.die Soldaten
, 12.- , , 18., 9.die Matrosen
, 12., 9.die
Schiffsjungen , 9., 9.Hiernach erhielten beispielsweise die
höchstbezahlten Soldaten jeder M. 628.56 Baargehalt und Verpflegung zusammen
im Jahre. Bei dieser geringen Besoldung ist aber in Betracht zu nehmen, dass
jedenfalls viele der Angestellten Nebenverdienst hatten. Insbesondere die
Schreiber, die die eigentlichen Beamten waren, hatten häufig nach Ausweis ihrer
Bestallungen einen Anteil an dem Tauschhandel, gemäss der Grösse des
Umsatzes.
Irgendwelche direkte Einnahmen durch Zölle oder Abgaben hatte die
portugiesische Regierung gegenüber diesen Ausgaben nicht, und wie kümmerlich
ihr Vorteil aus dem Handelsbetriebe war, ist dadurch angedeutet, dass nach der
Aufstellung, welcher obige Zahlen entnommen sind, Mozambique und Sofala
schon seit zwei oder drei Jahren kaum ein Stück Elfenbein für Staatsrechnung
nach Indien abgeführt haben sollten. Bestimmter noch wird in einem
Finanzberichte aus dem Jahre 1552 geklagt, dass eigentlich Mozambique und
Sofala 120 bis 15o Bahar Elfenbein (= 29750 bis 37 200 kg) alljährlich liefern
sollten, dass dagegen im Vorjahre nur einige 20 Bahar angekommen seien, der
Kommandant aber nichtsdestoweniger Baumwollwaaren und Perlen fordere und
auf das Verlangen nach Abrechnung beleidigende Briefe schreibe und sich
beklage, dass der Vizekönig ihm dasjenige nehmen wolle, was ihm der König
bewilligt habe.') Die Goldausbeute wird in diesen Berichten mit keinem Worte
erwähnt und auch von anderer Seite werden über den Umfang der Goldausbeute
in dieser Zeit keine Angaben gemacht. Alles zusammengenommen lässt sich der
wirtschaftliche und finanzielle Wert von Mozambique für die Krone Portugals für
die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts als nur sehr niedrig veranschlagen. Indessen
Mozambique war wertvoll als Zwischenstation für den Schiffsverkehr zwischen
Europa und Indien, und die Erhaltung dieses Besitzes
') In Subsidios: Cartas de Simio Botelho S. 29 u. 33.
- 134- lag den Portugiesen sehr am Herzen. Insbesondere die Furcht vor den Türken, die
wiederholt durch Angriffe die portugiesischen Besitzungen im Persischen Golfe
und Vorderindien bedroht hatten, veranlasste in ungefähr dieser Zeit, dass für
Mozambique die alten im Jahre 15o6 errichteten Verteidigungswerke, die
ungefähr dort standen, wo sich heute der Gouverneurpalast (ein früheres 164o
erbautes Jesuitenkollegium)) befindet, als unzureichend erachtet wurden und mit
dem Bau der grossen Festungsanlage begonnen wurde, die noch heute an der
Hafeneinfahrt steht. Wann genau dieser Bau begonnen ist, darüber herrscht keine
Sicherheit, denn während von einer Seite berichtet wird, dass er im Jahre 1545
von dem Vizekönige D. Joäo de Castro auf seiner Ausreise nach Indien geplant
und miteins in Angriff genommen sei,2) verlautet aus anderen Quellen, dass erst
im Jahre 1558 der königliche Prinz D. Constantino de Braganga, ein gleichfalls
nach Indien hinausgehender Vizekönig, auf seiner Durchreise in Mozambique mit
grossen Feierlichkeiten den Grundstein gelegt habe, und dass die Pläne von einem
Ingenieur herstammen, der seine Kunst in Flandern erlernt habe.') Vermutlich
liegen zwischen dem ersten Plane und der Vollendung viele Jahre.4)
Die Kommandanten sowohl von Melinde wie auch von Mozambique
unterstanden den Befehlen des Vizekönigs von Indien. Eine im Jahre i 508
getroffene einmalige Anordnung, durch die Jorge d'Aguiar zu einem von Indien
unabhängigen Gouverneur von Ostafrika, Arabien und dem Persischen Golfe
ernannt wurde, trat dadurch nicht in Wirksamkeit, dass der Genannte gleich nach
seiner Ankunft starb. Erst wieder im Jahre 1569 wurde Ostafrika von Indien
dadurch vorübergehend unabhängig, dass sich der junge abenteuerliche König
Sebastian von Portugal hatte überreden lassen, die Eroberung Monomotapa's, des
Goldreiches im Hinterlande von Sofala, aufzunehmen, um die Goldschätze dieses
Landes, die bisher nur spärlich zur Küste abflossen, gründlicher auszubeuten, und
zu diesem Behufe Francisco Barreto, einen früheren Generalgouverneur von
Indien, zum Statthalter von ganz Ostafrika, vom Kap Corrientes bis Kap
Guardafui, mit dem Titel Eroberer der Königreiche von Monomotapa und unter
Gewährung von Ranggleichheit mit dein Vizekönige von Indien, ernannte. Alle
Absicht bestand, dieses Unternehmen
) Jacinto Freire d'Andrade, Vida de Joäo de Castro, Paris 1837, S. 25 u. 317.
2) Sebastiäo Xavier Botelho, Memoria Estatistica sobre os Dominios Portuguezes
na Africa Oriental. Lisboa 1835, S. 331.
8) D. B. Machado, Memorias para a Historia de Portugal 'no tempo del Rey Dom
Sebastiäo, Lissabon 1736, 1 S. 151.
4) Vergl. auch: Joaquim Jos6 Lapa, Paginas de Pedra, Mocambique 1893, Seite ii
fr.
- 135 nachdrücklichst durchzuführen. Dem neuen Gouverneur wurden hierzu alljährlich
bis zur vollendeten Eroberung 50o Mann und IOO ooo Crusados (= M. 785 ooo.-) zugesagt. Mit drei Schiffen und IOOO Mann Truppen erreichte Francisco
Barreto Mozambique, doch da er noch weiteren Nachschub erwartete, beschloss
er, vorerst den nördlicheren Teil Ostafrikas zu besuchen. Eingehendere
Nachrichten über diese im Jahre 1571 erfolgte Fahrt sind nicht erhalten, doch
scheint sicher, dass die Hauptaufgabe war, den König von Patta, der sich in
Empörung befand, zum Gehorsam zurückzuführen und die Tribute, die die
meisten ostafrikanischen Fürsten seit langen Jahren schuldeten, einzutreiben, auch
Lebensmittel für die spätere Expedition in Südafrika zu sammeln. Mit seiner
gesamten Macht besuchte Francisco Barreto alle bedeutenderen Plätze der Küste.
Ueberall fand er Gehorsam, und die rückständigen Tribute wurden bezahlt.') In
Zanzibar hatte er Gelegenheit, zu Gunsten des Königs dieser Insel gegen einen
Widersacher kämpfend einzutreten und ihn in seiner Herrschaft zu befestigen,
wofür er als Dank die Abtretung der Insel an den König von Portugal erntete.
Daheim in Portugal wurde diese Abtretung so ernst genommen, dass darüber eine
Urkunde in dem Staatsarchive hinterlegt wurde. Begeistert schilderte Francisco
Barreto in seinem Berichte die Insel Zanzibar als das herrlichste Land, was er je
gesehen habe, und als das fruchtbarste Stück Ostafrikas; er verstieg sich dahin, zu
behaupten, dass hier jeder Monat des Jahres eine Ernte von dem einen oder
anderen Gewächse bringe, und
Hungersnot nicht eintreten könne. Ausser Körnerfrüchten nennt er Zuckerrohr,
Ingwer, Kokusgarn, Gummi-Kopal und viele Hölzer als Erzeugnisse.') Fast
scheint es, dass er unter dem Banne des in Ostafrika verbreiteten SuaheliSprüchleins: Sengibari bendari akhiari
Kulla shei tajari
d. i. zu deutsch:
Der beste Ort ist Zanzibar,
Er bietet alles immerdar
gestanden hat.
Durch den kurzen Bericht eines Jesuitengeistlichen, der die Fahrt mitmachte, ist
ferner bekannt, dass auf dieser Expedition auch Kilwa, Mafia, das von Kilwa
abhängig war, Mombasa, Melinde und Patta besucht wurden. Von Mombasa wird
in diesem Berichte erzählt, dass die Bevölkerung den Portugiesen stetig feindselig
sei und letztere dort in grosser Gefahr stünden, vergiftet zu werden. In Patta fand
man die Stadt ver ) Couto IX S 154.
2) Ms. Liss. Gaveta 2a, Maýo 6, No. 30.
- 136 ödet, nur der König und einige angesehene Einwohner waren zurückgeblieben.
Unter ihnen wird ein Oberpriester der ganzen Küste, vermutlich ein
Religionsgelehrter, der in besonderer Achtung stand, besonders genannt. Der
Frieden, den sie erbaten, wurde gegen Zahlung von 12 000 Crusados (M. 94 200.) teils in Geld, teils in Zeug und Getreide, gewährt, wofür aber die Patta-Leute
bald nachAbfahrt des Geschwaders durch Ermordung einiger Portugiesen Rache
nahmen.') Mit den eingetriebenen Barsummen und vielen mit Lebensmitteln
beladenen Fahrzeugen kehrte die Expedition nach Mozambique zurück. Auch war
man im stande gewesen, in Kilwa und an anderen Küstenplätzen von
reiseerfahrenen Arabern Nachrichten über die Goldländer des Südens
einzuziehen. Diese Expedition nach der nördlichen Küste Ostafrikas fand
übrigens nicht die Zustimmung des Königs von Portugal, da er sie als eine
Abweichung von der eigentlichen Aufgabe, die Eroberung Monomotapa's,
betrachtete.2) Jedoch Francisco Barreto selbst scheint für die Ausführung dieser
Hauptaufgabe keinen sonderlichen Trieb und jedenfalls keine Eile gehabt zu
haben, denn, nach Mozambique zurückgekehrt, verfolgte er vorerst den Plan, den
Zug nach Monomotapa wieder aufzuschieben und dem gerade in Bedrängnis
befindlichen Vizekönige Indiens mit seinen Truppen zu Hülfe zu kommen.
Schliesslich aber entschloss er sich doch, hiervon abzustehen und der Eroberung
der Goldländer nachzugehen. Eine eingehendere Schilderung dieses
Unternehmens würde aus dem Rahmen dieser Arbeit fallen und hier zu weit
führen. Nur kurz sei angegeben, dass das erste Ziel der Unternehmung sein sollte,
den Widerstand zu brechen, den die zwischen der Küste und dem eigentlichen
Goldlande Manica herrschenden Häuptlinge dem direkten Handel
entgegensetzten.') Dennoch nahm Francisco Barreto auf Anraten des ihm
beigegebenen Jesuitenpaters Monclaros, an dessen Zustimmung er gemäss seiner
Instruktion für alle Entschliessungen gebunden war, nicht den näheren Weg nach
dem Innern über Sofala, sondern drang auf dem Quelimane-Flusse und dem
Zambesi vorwärts. Alles nahm einen guten Fortgang, nur erfolgten Störungen
dadurch, dass Monclaros eine friedliche Eroberung wünschte, während Barreto
durch Waffengewalt einen schnelleren Erfolg suchte. Inmitten der Aufgabe wurde
Francisco Barreto durch die Nachricht zur Küste zurückgerufen, dass sich sein
Stellvertreter in Mozambique empört habe. Er starb auf dieser Reise in Sena am
Zambesi. Als Ursache der Erkrankung wird
1) Relacäo da Viagem que fizeram os Padres da Companhia de Jesus com
Francisco Barreto na conquista de Monomotapa no anno de 1569 feita pelo padre
Monclaro da mesma companhia. Boletim da Sociedade de Geographia de Lisboa,
Lisboa 1883, S. 498 ff.
2) Couto VlIS. 154.
1) Santos I S. ioo.
- 137 der Gram genannt, den ihm die Streitigkeiten mit dem Pater Monclaros bereitet
hatten. Vasco Fernando Homem, der nach dem Tode von Francisco Barreto den
Oberbefehl übernahm, führte die Expedition auf Verlangen des genannten
Jesuitenpaters zur Küste zurück und machte im folgenden Jahre einen neuen
erfolgreichen Vorstoss von Sofala aus, auf dem es ihm gelang, Zimbabje und die
ersehnten Goldminen wirklich zu erreichen. Doch dauernder Erfolg wurde hiermit
nicht erzielt, denn anstatt, wie erwartet war, das Gold sackweise einschaufeln zu
können, fanden die portugiesischen Eroberer, dass die Eingeborenen das edle
Metall mühsam und mit Gefahr des Verschüttetwerdens zu graben hatten.') Die
200 Mann Besatzung, die im Lande zurückgelassen wurden, fielen wenige Jahre
später (I575) in einen Hinterhalt und wurden niedergemacht, womit der direkte
Einfluss Portugals in diesen Gegenden vorerst wieder sein Ende fand.
Abschliessend sei hier noch erwähnt, dass auch in dem folgenden halben
Jahrhundert bis ungefähr zum Jahre 163o von Sena und Tete am Zambesi aus die
Portugiesen die Bemühungen zur Eroberung der Goldländer fortsetzten und bald
Erfolge errangen, bald das Errungene wieder verloren, doch dass sie es nie zu
einer dauernden Herrschaft über diese Gebiete brachten und auch nie selbsthätig
die Goldgräberei betrieben. Indessen der Nutzen, der aus dem Goldeintausch
gezogen wurde, ist sicherlich, wenn auch nicht für den Staat, so doch für die
Beamten und Privatleute ein bedeutender gewesen.
Zweifelsohne haben diese Eroberungsversuche des Goldlandes für die gesamte
ostafrikanische Küste durch den Zusammenfluss der vielen Menschen und die
grossen Ausgaben belebend gewirkt. Besonders Mozambique selbst wird davon
seinen Nutzen gezogen haben. Um das Jahr 16oo wurde die christliche
Bevölkerung der Stadt Mozambique auf 2000 Seelen geschätzt, wobei aber alle
getauften Eingeborenen eingerechnet sind. Diese letzteren haben gewiss bei
weitem die Ueberzahl ausgemacht, und viel über 2000 Köpfe hinaus wird auch
die gesamte Einwohnerschaft der Stadt und Insel nicht gewesen sein, da in dem
gleichen Berichte die übrige Bevölkerung als aus wenigen Muhamedanern
bestehend genannt wird, die in einem getrennten Stadtviertel wohnten.') Für den
geringen Umfang derKüstenschiffahrt und des Handels vonMozambique in der
gleichen Zeit ist kennzeichnend, dass der Kommandant alljährlich ein kleines
Schiff nach den Flussmündungen bei dem heutigen Lourengo Marques, eine Dhau
nach Inhambane, ein Fahrzeug nach den KerimbaInseln, ein Schiff nach
Madagaskar und ferner zweimal im Jahre je zwei
1) Santos I S. 1O2.
2) Santos I S. 270.
- 38 Dhaus nach Sofala und nach den Zambesi-Mündungen schickte. Dass neben
diesen Expeditionen irgendwelche andere Schiffahrt bestanden hat, ist bei der
eifersüchtigen Sorge, mit welcher der Kommandant sein Handelsmonopol wahrte,
nicht wahrscheinlich.') Ausser vom Handel ernährten sich in Mozambique selbst
und in der unmittelbaren Nachbarschaft dieser Insel am Festlande portugiesische
Ansiedler mit Hülfe von Sklaven von Viehzucht und Ackerbau, deren
Erzeugnisse von den anlaufenden Indienfahrern gekauft wurden. Irgendwelchen
Einfluss über die Küste hinaus besassen die Portugiesen nicht, ja selbst in der
nächsten Nähe des bevölkerten Mozambique war ihre Herrschaft bestritten. Im
Jahrzehnte I58O bis I59O waren die Makua in der Nachbarschaft von
Mozambique im hellen Aufstande und in Folge dieses Zustandes wurde sogar
eine Expedition von 40 Portugiesen kaum eine Tagereise von Mozambique fast
gänzlich niedergemetzelt, ohne dass Vergeltung geübt werden konnte. Nur auf
den Kerimba-Inseln scheint thatsächlichere Herrschaft und Einfluss geübt worden
zu sein. Hier waren verschiedene Portugiesen als Landeigner ansässig, die durch
ihre Sklaven Ackerbau, darunter Indigokultur betrieben, und denen die freie
eingeborene Bevölkerung Landpacht durch Abgabe von 21 0/0 von den
Erzeugnissen, auser dem Zehnten an die Kirche, zahlte.2) Im grossen und ganzen
scheint hier auch ein glückliches Einvernehmen zwischen den Christen und
Muhamedanern geherrscht zu haben. Es ging dieses so weit, dass sogar die
beiderseitigen kirchlichen Feste gemeinsam gefeiert wurden. Hier auf den
Kerimba-Inseln hatten auch die Missionen Erfolge aufzuweisen. Der Pater Joäo
des Santos, der den Dominikanern angehörte, die seit dem Jahre 1587 in
Mozambique ansässig waren, berichtet in seinem Werke, das für die Kenntnis
Ostafrikas ausserordentlich wichtig ist, dass er selbst in der Zeit von 1593-1594,
während welcher er auf diesen Inseln wirkte, 694 Heiden und Muhamedaner
taufte, und dass die Gesamtzahl der von seinen Ordensbrüdern Getauften die hohe
Zahl von I6ooo Seelen erreichte. Unter seinen Täuflingen nennt er auch einen
Neffen und Erben des Königs von Zanzibar, der in dem Drange nach Bekehrung
als Jüngling seinem Onkel entlaufen war und trotz aller Drohungen dieses Onkels
gegen den Bekehrten und seinen Taufvater im christlichen Glauben, freilich in der
Obhut des Dominikaner-Klosters in Mozambique, beharrte.3)
Südlich des Kap Delgado ist somit in diesem Zeitraume, wenn auch nur für
einzelne Punkte, eine wirkliche kolonisatorische Thätigkeit der Portugiesen
nachzuweisen. Dagegen spricht nichts dafür, dass
1) Santos I S. 332.
2) Santos I S. 275.
8) Santos II S. 255-256.
- 139
nördlich dieses Punktes damals portugiesische Ansiedlungen bestanden haben, die
irgendwie einschneidend die alten Verhältnisse geändert oder gar den
Gesittungszustand der Eingeborenen beeinflusst haben. Ausser der geschilderten
Hauptmannschaft und Faktorei in Melinde, bestand nur eine unbedeutende
Faktorei des Kommandanten von Mozambique auf der Insel Mafia, die sich mit
dem Einkaufe von Gummi-Kopal und Wachs beschäftigte. Ausserdem mögen in
den bedeutendsten Plätzen die Handelsagenten des Melinde-Kommandanten und
ferner vereinzelt andere Portugiesen ansässig gewesen sein, die auf eigene Faust
ihrem Lebenserwerb nachgingen, aber es kann als bestimmt gelten, dass es sich
nur um wenige und zerstreut lebende Personen handelte. Nur von Pemba wird
berichtet, dass daselbst eine grössere Anzahl von Portugiesen lebte, die das
schlechte Klima der Insel willig gegen den Ueberfluss an Lebensmitteln ertrug.
Als ein Beispiel für die Billigkeit wird angeführt, dass hier im Jahre 1611 So
Hühner für einen Crusado (+ M. 7.87) erhältlich waren. Dennoch kann nach
Zahlenangaben, die die portugiesischen Schriftsteller anlässlich der in den
nächsten Abschnitten zu erzählenden Ereignisse anführen, angenommen werden,
dass um 1586, nachdem doch eine lange Zeit der Ruhe gewesen war, die
Gesamtzahl der nördlich vom Kap Delgado in Ostafrika ansässigen Portugiesen
kaum So Köpfe betragen hat. Doch auch diese geringe Zahl war eine Plage für
das Land. Ulter dem beliebten Vorwande, dass sie in Ausführung des königlichen
Dienstes handelten, bedrückten der Kommandant, die Händler und die
Mannschaften der anlaufenden Schiffe die Bevölkerung. Am schlimmsten ist es in
dieser Hinsicht auf Pemba getrieben worden. Insbesondere landstreichende und
müssiggehende ausgediente Soldaten übten hier eine richtige
Schreckensherrschaft. Ein derzeitiger Chronist berichtet zur Kennzeichnung
dieser Verhältnisse, dass den Eingeborenen sogar das Essen von dem Feuer
geraubt zu werden pflegte. Wenn sich ein Huhn oder sonstiges Haustier der
Eingeborenen auf das Grundstück eines Portugiesen verlief, wurde es unter dem
Vorwande zurückgehalten, dass dieses Tier Christ werden wolle! Stolperte oder
stiess sich ein Portugiese auf dem Gewese eines Eingeborenen, so musste der
letztere trotz aller Unschuld Schmerzensgeld bezahlen! In jeder Beziehung wurde
so gehaust, dass an der ganzen Küste in jener Zeit die Ausschreitungen auf Pemba
geradezu sprichwörtlich wurden.1)
Ein Blick auf die sonstigen portugiesischen Besitzungen im Osten zeigt für diesen
Zeitraum zwar nicht denselben glanzvollen Aufschwung wie im ersten
Vierteljahrhundert nach der Eütdeckung des Seeweges
1) Santos 1 S. 384.
- 140 nach Indien, aber noch eine Entwicklung, in welcher die Erfolge die Misserfolge
überwogen. Die eingeborenen Fürsten hatten sich zu kraftvollerem Widerstande
gegen die fremden Eindringlinge aufgerafft, und Eroberungen und
Handelsvorteile mussten ungleich schwerer errungen werden. Zu dem bereits
früher erworbenen Ormus, Goa und Malakka war im Jahre 1530 als weiterer
Hauptstützpunkt der portugiesischen Macht Diu auf der Kambaja-Halbinsel
hinzugetreten, das als der wichtigste Stapelplatz Vorderindiens galt. Die Insel
Ceylon wurde durch die Feste, welche in Colombo errichtet war, unter Einfluss
gehalten. Fortgesetzt unterstanden aber auch in dieser Zeit die ungeheueren
Gebiete, die zum portugiesischen Vizekönigtum Indien zählten, nicht wirklicher
portugiesischer Verwaltung, sondern thatsächlich wurde nur eine Art
Schutzherrschaft ausgeübt, die sich zudem vorwiegend auf die Beaufsichtigung
der äusseren Beziehungen oder noch enger auf die seewärts gehenden
Beziehungen beschränkte, und die in die inneren Verhältnisse nur so weit eingriff,
wie es jene erforderten. Als Hauptaufgabe verblieb dabei immer die
Aufrechterhaltung der staatlichen Monopole der Gewürzausfuhr und der Einfuhr
von Pferden aus dem Persischen Golfe in Indien. Selbst aus den Glanzzeiten der
portugiesischen Macht im Osten sind als unmittelbarer Landbesitz Portugals,
ausser der Nachbarschaft Goas, nur wenige kleine Gebiete zu nennen. Sogar an
verschiedenen Plätzen, in denen die Portugiesen Festungen hatten, waren Zölle
und Einnahmen mit den einheimischen Fürsten zu teilen. Kaum denkbar ist auch,
dass Portugal mit seiner schwachen Bevölkerung und bei der schwierigen und
langwierigen Verbindung mit dem Osten eine durchgreifendere Herrschaft hätte
aufrichten können. Andererseits aber barg das Bestehenbleiben der Macht der
einheimischen Fürsten die Keime zur Auflehnung gegen die fremde
Bevormundung in sich. Die Freiheit, deren sie sich früher erfreut hatte, konnte
nicht vergessen werden. Hauptsächlich waren es die Araber, die die
Einschränkung, die ihnen die Portugiesen auferlegten, schmerzlich empfanden.
Unerträglich war es ihnen zu dulden, dass sie des gewinnbringenden Handels
dauernd verlustig bleiben sollten, den sie früher mit Gewürzen und anderen
Waren von Indien her durch den Persischen Golf und das Rote Meer getrieben
hatten. Unwillig ertrugen sie die Verhinderung ihrer gewohnten Pilgerfahrten und
den Widerstand gegen die Ausübung und Verbreitung ihrer Religion. Zahlreich
ansässig an allen Gestaden des indischen Festlandes und weiter nach dem Osten
hin bis Java, Sumatra und den Gewürzinseln, liessen sie nicht ab, durch
Aufreizung der einheimischen Fürsten und Anrufung fremder Unterstützung zur
Abwerfung des portugiesischen Joches thätigzu sein.
Schon oben ist erzählt, wie auf die Hülferufe seiner bedrängten
- 14'
Glaubensgenossen der Sultan von Aegypten im Jahre 1508 den Portugiesen eine
Flotte an den Küsten Indiens entgegenwarf. Nach dem Untergange der
Mamelukenherrschaft führten die Vorstellungen und Geschenke der Araber und
indischen Fürsten in Konstantinopel bei dem GrossSultan dahin, dass eine
starke türkische Flotte mit zahlreichen Truppen von Suez aus in den Indischen
Ozean geschickt wurde. Diu wurde von ihr im Jahre 1538 belagert, doch in
heldenmütiger Verteidigung von der portugiesischen Besatzung gehalten und
hierdurch diese Gefahr für die portugiesische Herrschaft gebrochen. Im Verfolg
dieser Ereignisse segelte im Jahre 1541 ein portugiesisches Geschwader das Rote
Meer hinauf, um die türkischen Schiffe in Suez zu verbrennen. Zwar wurde dieser
Zweck nicht erreicht, aber doch Achtung vor der portugiesischen Macht verbreitet
und die glaubenseifrigen Teilnehmer der Expedition hatten die Genugthuung, als
die ersten Europäer, die von Süden kamen, ihre Andacht in dem Kloster auf dem
Berge Sinai zu verrichten. In den Jahren 1545-1546 brachte ein von Kambaja
ausgehender Aufstand neue Kämpfe und darunter eine zweite Belagerung von
Diu, die den Verteidigern nicht geringeren Ruhm als die erste eintrug- Dann
wieder in den Jahren I55O-156o bereitete der türkische Sultan Soliman der
Zweite den Portugiesen, von Bassra ausgehend, im Persischen Golfe neue
schwere Beunruhigungen, während derer die Portugiesen zeitweise von Maskat
und anderen Plätzen des arabischen Festlandes vertrieben und in Ormus bedroht
wurden. Geradezu in Gefahr geriet aber die portugiesische Herrschaft in den
Jahren 1570-1571 durch eine umfassende Verschwörung der einheimischen
Fürsten. Auch der Sultan der Türkei hatte versprochen, sich durch Entsendung
von Schiffen und Truppen zu beteiligen, wurde aber von der Verwirklichung
dieser Absicht durch die gleichzeitigen Ereignisse im Mittelmeer, besonders
durch die Folgen der Seeschlacht bei Lepanto, verhindert. Die Hauptstadt Goa
selbst wurde von den Indiern vergeblich belagert, und unter dem kraftvollen
Vizekönig Dom Luiz d'Ataide wurde überall zu Wasser und zu Lande der Sieg
errungen. Doch die Niederwerfung dieses lange vorbereiteten Aufstandes war der
letzte bedeutende, durchschlagende Erfolg, den die Portugiesen im Osten
errangen. Wenige Jahre später, im Jahre 1578, fiel im Verlaufe des
abenteuerlichen Eroberungszuges nach Marokko der junge König Sebastian von
Portugal auf dem Schlachtfelde von Alcacer. Mit ihm fanden 9ooo Portugiesen
und 4200 Mann Hülfstruppen, darunter 300o deutsche Söldner, den Tod oder
Gefangenschaft. Portugal war gründlich erschöpft und konnte in den folgenden
Jahren nur unzureichenden Ersatz an Menschen und Kriegsmaterial nach Indien
entsenden. Auf Sebastian folgte als Herrscher Portugals Dom Henrique, doch da
mit diesem, einem 66 Jahre alten Kirchenfürsten die direkte Nachfolge
- 142 erlosch, hielt Unsicherheit über die Zukunft die Gemüter in Atem und erstickte
den Unternehmungsgeist. Mit dem Tode Dom Henrique's ging die Krone
Portugals im Jahre i58o auf Philipp den Zweiten, den König von Spanien, über.
Zwar hatte sich derselbe bei der Thronbesteigung verpflichtet, die Sonderrechte
Portugals, insbesondere hinsichtlich der Kolonien zu wahren, und diese
Verpflichtungen wurden eingehalten, aber dennoch standen naturgemäss die
Interessen Portugals am spanischen Hofe erst in zweiter Linie und die
Aufmerksamkeit und der Nachdruck, mit dem die portugiesischen Könige die
Angelegenheiten der Kolonien behandelt hatten, gingen mit dem Dynastiewechsel
verloren. Zudem, und dieses war das Schlimmste, wurde Portugal in alle Händel
Spaniens verwickelt.')
Doch bereits vorher, unabhängig von diesen Zeitumständen und äusseren
Einwirkungen, zeigt die portugiesische Herrschaft Spuren des Verfalls. Die kurz
geschilderten stetigen Aufstände und Kriege erschöpften die Kassen. Schon seit
der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts werden die Klagen über Geldmangel
immer regelmässiger. Die Prisen und Kriegsbeute, die in den ersten Jahrzehnten
eine Haupteinnahmequelle gebildet hatten, wurden seltener und kleiner. Durch
weite Umwege, unter Vermeidung der Küsten, verstanden die Araber besser, den
Kreuzern aus dem Wege zu gehen und die verbotenen Gewürzladungen nach dem
Roten Meere zu bringen. Kam es zum Kampfe, so war ihr Widerstand kräftiger,
da die Eingeborenen von der europäischen Kriegskunst gelernt und allmählich
Feuerwaffen angenommen hatten. Zwar bieten auch in dieser Zeit die Kriege noch
bewunderungswürdige Beispiele von Tapferkeit, aber mehr und mehr
verschwinden die anderen Tugenden der Portugiesen. Wie ein einsichtsvoller
Kenner der Geschichte seines Vaterlandes sagt, ermunterte im Anfange alles die
Menschen zum Kampfe, der Reiz der neuen Unternehmung, die Notwendigkeit,
Boden zu gewinnen, die lockenden Auszeichnungen und Vorrechte des
Ruhmes,2) doch mit der Zeit, als diese Triebfedern schwanden, Ruhm und
Kriegsbeute schwerer zu erringen waren, trat gemeine Gewinnsucht überall in den
Vordergrund. Nach dem Vorbilde der Regierung, die selbst einmal keinen
Anstand nahm, im tiefen Frieden einen Tempel zur Raubung des Schatzes zu
überfallen und Kriegszüge nur zur Erlangung von Tributen zu unternehmen,
wetteiferten alle Regierungsangestellten vom Vizekönig herab bis zum geringsten
Soldaten darin, für den eigenen Beutel zu sorgen und sich Wohlleben zu
verschaffen. Inmitten der Ueberzahl von Vizekönigen, Beamten und Soldaten, die
in
1) Vergl. Schäfer IV S. i fr.
2) Schäfer III S. 282.
- 143 Selbstsucht, Habgier und Wohlleben versunken waren, wurden schliesslich
diejenigen, die ihr Amt mit Rechtssinn vervalteten, eine seltene Ausnahme. Der
Einfluss, den noch heute Indien durch die Unterwürfigkeit der Eingeborenen,
durch das Kastenwesen, durch die äusserliche Pracht und vielleicht auch durch
das Klima in der Weise ausübt, dass dort der niedrigste Europäer sich plötzlich
zum grossen Herrn berufen fühlt und selbst der Höherstehende ins Ungemessene
zu steigen scheint, trat bei den Portugiesen auf das Krasseste in Erscheinung.
Zusammen mit der Selbstüberhebung wuchsen die Bedürfnisse in der
Lebenshaltung; da es aber an ausreichendem ehrlichen Erwerb fehlte und die
Skrupellosigkeit der eingeborenen Bevölkerung dazu verführte, wurden Er.
pressungen, Rechtsbeugutigen an den Unterthanen und Raub am Staatsschatze
fast die Regel. Die allgemeine Verschlechterung der Verhältnisse wurde noch
gesteigert durch Vermischung und Heirat von Portugiesen mit Indierinnen
niedriger Kaste. Nicht nur, dass das Ansehen der Portugiesen bei den anderen
Eingeborenen hierdurch litt, sondern in der Verwaltung und unter den Soldaten
entstand eine Ueberhandnahme von Mischlingen, die zwar als Portugiesen galten,
aber körperlich und moralisch kaum höher standen, als die Eingeborenen.
So war zwar im Jahre I58O, als die Krone Portugals an den spanischen König fiel,
der äussere Umfang der portugiesischen Oberherrschaft im Osten noch
ungeschmälert, aber die VerhältnisSe bargen schon den Keim zum schnellen
Verfall in sich.
74
Der erste Einfall der Türken.
Die Angelegenheiten an der Ostküste Afrikas scheinen sich gegen das Jahr I584
zugespitzt zu haben. In einem Schreiben vom 22. Februar 1585 machte der König
von Portugal, in Antwort auf einen ihm zugegangenen Bericht, dem Vizekönige
von Indien Aufmerksamkeit bezüglich der Hauptmannschaft von Melinde
nachdrücklich zur Pflicht. Er befahl, dass alles geschehen müsse, um die durch
die Raubsucht und Tyrannei der Kommandanten gequälten ostafrikanischen
Fürsten zu beruhigen und befahl, dass diese aufgefordert würden, ihre
Beschwerden vorzubringen, auf dass die Schuldigen unnachsichtlich bestraft
werden könnten. In dem gleichen Schreiben wird auf eine Bemerkung des
Vizekönigs Bezug genommen, es liege die Gefahr vor, dass die eingeborenen
Fürsten die Türken zur Hilfe riefen.') Ob dieser Befürchtung eine bestimmte
Warnung zu Grunde lag, oder ob ihm nur die im
Indischen Ozean häufig und noch jüngst an der ostarabischen Küste bekundete
Gegnerschaft der Türken vorgeschwebt hat, ist nicht ersichtlich. Bekannt war
indessen, dass die Türken schon länger ein Auge auf die Ostküste Afrikas
geworfen hatten, da sie hier Holz für den Bau von Schiffen zu erhalten hofften,
welches ihnen im Roten Meere fehlte, und dass sie die Eroberung von
Mozambique und des SofalaGoldhandels planten.
Thatsächlich bewahrheitete sich die ausgesprochene Befürchtung dadurch, dass
im Herbste des Jahres 1585 zwei türkische Galeeren aus der Strasse von Mekka,
wie damals häufig das Rote Meer genannt wurde, unter -Mirale Beque nach
Ostafrika ausliefen. Durch frühere Unternehmungen im Persischen Golfe,
besonders durch den Ueberfall der Portugiesen und deren Vertreibung von Maskat
im Jahre I58I, hatte sich dieser Türke bereits den Ruf eines gefährlichen
Korsaren
') Archivo III 1 S. 46.
- 45 erworben. Rein abenteuernd war dieses Unternehmen, denn das eine Fahrzeug
war so altersschwach, dass es alsbald zurückgehen musste, und das andere war in
wenig besserem Zustande und hatte nur 8o I\Iann an Bord. Aber trotz dieser
schwachen Mittel gelang es der Vermessenheit des Befehlshabers, Erfolge
zuwege zu bringen, die freilich nur durch vollständige Ohnmacht der Portugiesen
an dieser Küste zu erklären sind. Mit seinem einen Schiffe erreichte Mirale Beque
Mukdischu und sandte einen Boten mit der Weisung in die Stadt, dass er als
Vorläufer einer grossen türkischen Flotte mit dem Befehle des Grosssultans
erscheine, alle Fürsten und Städte dieser Küste zu unterwerfen. Er drohte den
Widersachern mit Zerstörung und Unheil und versprach den Unterwürfigen
grosse Vorteile. Seine Kühnheit hatte den Erfolg, dass sich ihm die Stadt
unterwarf, sowie einen Beitrag zu den Kriegskosten zahlte, und dass sich ihm eine
Anzahl Dhaus mit Bewaffneten für die Weiterfahrt anschloss, denen ein Anteil an
der Beute versprochen wurde. In gleicher Weise erklärten sich Barawa, Jugo
(Djumbo), Fasa (von den Portugiesen stets Ampaza genannt) und Patta
bereitwillig zu Vasallen des Grosssultans. In dem letztgenannten Platze hatte
iMirale Beque noch das besondere Glück, ein eben aus Diu angekommenes
Fahrzeug anzutreffen und ohne Widerstand zu nehmen, womit zehn bis zwölf
Portugiesen in seine Gefangenschaft fielen. Wenige Monate vor Eintritt dieser
Ereignisse hatte Roque de Brito Falcäo, der als Kommandant in Melinde gewesen
und von diesem Posten abgelöst war, auf der Rückreise nach Indien eines seiner
beiden Schiffe verloren und sich in einem ihm verbliebenen kleinen Fahrzeuge
mit seinem Gefolge und seinen Gütern nach der Insel Lanýo gerettet. Hier hörte
er von der Ankunft der Türken, und da er sich an diesem Orte nicht sicher fühlte,
setzte er zuerst nach dem Festlande, nach der Stadt Luziwa und später nach Lamu
hinüber, wo ihm der König, der bisher gegenüber den Portugiesen Ergebenheit
gezeigt hatte, Schutz versprach. Doch im Einverständnis mit den Einwohnern der
Stadt landeten 30 Türken, die, unterstützt von den Eingeborenen, das von Roque
de Brito bewohnte Haus überfielen. Gänzlich überrascht, verteidigte sich der
Angegriffene mit seinem Gefolge nach besten Kräften, wurde aber schliesslich
überwältigt und, selbst verwundet, samt seinen dreizehn Begleitern gefangen
genommen. Sein gesamtes Vermögen im Werte von 20000 oder gar 4o00
Crusados (= M. 1570o0.- bis M. 314ooo.-), darunter das Schiff, fiel gleichfalls in
die Hände der Angreifer. Durch die Prisen und die freiwillig zugestossenen Dhaus
war die Macht der Türken -schon auf 20 Segel angewachsen, als ein Fahrzeug mit
30 Portugiesen an Bord zu Anker ging und sogleich von den Feinden umringt
wurde-. Die Mannschaft dieses Schiffes machte zuerst Anstalten zur
Verteidigung, doch verstand Mirale Beque den
Strandes, Ostafrika.
10
146 gefangenen Roque de Brito zu veranlassen, einen Brief zu schreiben, in dem er
von nutzlosem Blutvergiessen abriet und mitteilte, dass Leben und Freiheit der
Schiffsmannschaft gegen Uebergabe des Schiffes und der Ladung geschont
werden sollten, worauf vom Widerstand Abstand genommen wurde und auch
diese Beute in die Hände des Abenteurers fiel. Entgegen demVersprechen wurde
die Mannschaft gefangen genommen.
Inzwischen hatte sich Ruy Lopes Salgado, der Kommandant von Melinde, auf das
Gerücht der Ankunft der Türken an der Küste in Melinde verschanzt. Zu ihm
waren alle sonst an der Küste ansässigen Portugiesen geflüchtet. Unthätig und
nur auf die eigene Sicherheit bedacht, versicherte er sich weder über die Stärke
des Störenfriedes, noch versuchte er, ihm entgegenzutreten. Der Schreckensruf:
Rum! Rum!", wie in Ostafrika, ebenso wie vielerwärts im Osten die Türken
genannt wurden,1) genügte, um die Verschanzten im Banne zu halten. Derartig,
ohne Widerstand zu finden, besuchte und brandschatzte Mirale Beque alle Häfen
jener Gegend. Ueberall wurde er aus Hass gegen die Portugiesen mit offenen
Armen aufgenommen. Insbesondere der König von Mombasa hiess den
neuen Bundesgenossen gegen die
Portugiesen willkommen, unterwarf sich dem Grosssultan und ersuchte ihn durch
Gesandte um eine ständige Besatzung sowie den Bau einer Festung auf seiner
Insel. Bis Ende April 1596 spielte Mirale Beque in Ostafrika den unbestrittenen
HCrrn. Mit einsetzendem SüdwestMonsum kehrte er nach dem Roten Meere
zurück. Mit sich führte er eine Beute im Werte von über 150o0o Crusados (= M. 1
177500.--) und 260 Gefangene, darunter 40 bis 5o Portugiesen. Diese
Portugiesen
wurden in den Küstenstädten des Roten Meeres mit Gartenarbeit
beschäftigt, übrigens gut behandelt und später allmählich wieder losgekauft. Nur
Roque de Brito wurde nach Konstantinopel geschickt, woselbst er starb.2)
Die Nachricht von dem Raubzuge der Türken erreichte Goa erst im August durch
eine Dhau, die der König von Melinde nach dem Abzuge der Türken abgesandt
hatte. Alsbald beschloss der Vizekönig, der Festsetzung der gefährlichen
Widersacher in Ostafrika bei deren erwarteter Rückkehr vorzubeugen und
diejenigen zu züchtigen, die Helfer gewesen waren. Zu diesem Behufe wurde,
sobald es die Jahreszeit
erlaubte, im Januar 1587 ein grösseres Geschwader von 5 grösseren
1) Noch heute werden die Türken von den Eingeborenen Rum genannt. Die
Bezeichnung ist aus dem Arabischen übernommen. Das Wort ist gleichbedeutend
mit Rom oder Römer und war so lange richtig, wie in der heutigen Türkei das
oströmische byzantinische Reich bestand. Später ging fälschlich dieselbe
Benennung auf die Türken als die neuen Machthaber in denselben Gebieten über.
2) Couto VIII S. 18o ff., Santos I S. 387 ff.
- 1,47
und 13 kleineren Schiffen unter dem Befehl von Martim Affonso de Mello, mit
650 Portugiesen an Bord, ausgesandt und erreichte Ostafrika nach schneller
Reise. Die Absicht, zuerst Mukdischu für seine Teilnahme an den
Feindseligkeiten zu bestrafen, wurde angeblich dadurch vereitelt, dass das
Geschwader in der Nacht an dieser Stadt vorbeitrieb, richtiger wird wohl, wie
immer, ein Angriff auf diese Stadt, aus Furcht vor deren Grösse und den
schwierigen Landungsverhältnissen unterblieben sein. Die erste Stadt, vor
welcher das Geschwader ankerte, war Fasa. Drei Tage lang wartete es vergeblich
auf eine Botschaft
-von Land. Unheils gewärtig, da sie die Türken besonders unterstützt und einen
gefangenen Portugiesen ermordet hatten, der von den Türken zur Heilung seiner
Wunden in der Stadt zurückgelassen war, hatten sich die Einwohner in
Verteidigungszustand gesetzt. Viertausend Kampffähige waren in der Stadt
versammelt und durch Mauern und Pallisaden .geschützt. Inzwischen hatten auch
die Portugiesen die Landung vorbereitet, und am vierten Tage nach der Ankunft
erfolgte in zwei Abteilungen, gleichzeitig von der Seeseite und von der Landseite,
der Angriff. Auf der Seeseite scheint von vornherein der Erfolg auf Seiten der
Portugiesen gewesen zu sein, doch die hier vertriebenen Verteidiger warfen sich
auf die an der Landseite Stürmenden und brachten sie eine Zeitlang zum Wanken.
Indessen bald war trotz tapferen Widerstandes der Kampf zu Gunsten der
Portugiesen entschieden. Nur einzelne
Häuser, in denen sich die Eingeborenen verrammelt hatten, mussten noch erobert
werden. Durch angesetzte Leitern wurden die Dächer erstiegen; in die flachen
Dächer wurden Löcher hineingehauen, durch die Pulvergrapen hinabgeworfen
wurden, wodurch die Häuser samt ihren Verteidigern in die Luft gesprengt
wurden.1) Ueberhaupt hat nach der Einnahme der Stadt eine grässliche
Schlächterei stattgefunden. Nach ausdrücklicher Verabredung der Angreifer
wurde nichts Lebendes verschont. Männer, Frauen und Kinder wurden
niedergemacht, und :sogar die Haustiere fanden dasselbe Schicksal. Der Chronist
dieser
-Geschehnisse, der ehrwürdige Dominikaner Pater Joäo dos Santos, nennt diese
Behandlung der Stadt erbarmungslos eine wohlverdiente.)
-Die Zahl der getöteten Eingeborenen wird verschieden auf 400') oder 2ooo')
angegeben; unter ihnen befand sich Stambul, der König der Stadt, der gleich im
Anfange gefallen war. Dagegen hatten die Portugiesen nur vier Tote und achtzig
Verwundete, unter denen vierzig schwerer verletzt
-waren. Mit der üblichen Plünderung und Inbrandsetzung der Stadt
') Couto VI II S. 392-3.
2) Santos 1 S. 396.
8) Santos 1 S. 396.
4) Couto VI II S. 393,
148 wurde der Siegestag beendigt. Nachdem die Portugiesen weggenommen hatten,
was für sie des Mitnehmens wert war, kamen die den Portugiesen befreundeten
Neger, wahrscheinlich Patta-Leute an die Reihe, die schliesslich noch die Thüren
der Häuser, - einen gängigen Marktartikel auch des heutigen Ostafrikas wegschleppten. Doch mit dieser Mörderei und Plünderei war der Rache der
Portugiesen noch nicht genügt. Die im Hafen liegenden 15 bis 2o Boote der
Eingeborenen wurden verbrannt, und weiter gingen sie daran, um dauernden
Schaden zu stiften, die Anpflanzungen in der Umgebung der Stadt zu zerstören.
Volle zehn Tage wurden dieser Arbeit gewidmet und allein IOOOO
Kokuspalmen, die Hauptnahrungsquelle der Eingeborenen, umgehackt.')
Von hier segelte die Flotte nach dem auf derselben Insel liegenden Patta, dessen
König sich über seinen Verkehr mit den Türken dahin auszureden verstand, dass
er mit ihnen nur unter Zwang verhandelt habe, nichtsdestoweniger aber treuer
Vasall des Königs von Portugal geblieben sei. Der nächste Platz, der angelaufen
wurde, war Lamu, wo wegen der verräterischen Uebergabe von Roque de Brito
ein grosses Strafgericht beabsichtigt war. Doch der schuldige König war,
eingeschüchtert durch die Ereignisse in Fasa, geflohen und die einzige Rache, die
die Portugiesen nehmen konnten, bestand darin, dass sie ermittelten, dass dieser
König überhaupt zu Unrecht die Herrschaft übe und dieserhalb sowie wegen
seiner Verbündung mit den Türken des Thrones zu entsetzen sei. An seiner Stelle
wurde die Frau des vorhergehenden Königs, nachdem sie dem Könige von
Portugal ewige Treue geschworen und sich zur Zahlung eines jährlichen Tributs
von IOO Crusados (- M. 785. -) verpflichtet hatte, feierlich zur Herrscherin
eingesetzt.
Hierauf begab sich Martim Affonso de Mello nach Melinde, dessen König
Dankschreiben für seine Treue und Geschenke des indischen Vizekönigs
übergeben wurden. Dann segelte das Geschwader, verstärkt durch Hülfstruppen
aus dieser Stadt, nach Mombasa. Bei der Einfahrt beschossen zwei am
Hafeneingange errichtete kleine Batterien die Schiffe, doch ohne Schaden
anzurichten, und als eine Abteilung gelandet wurde, um diese Batterien zu
erstürmen, waren sie bereits von den Eingeborenen geräumt. Vor der Stadt mit
allen Schiffen geankert, kam von dem Könige von Mombasa an den Befehlshaber
eine Botschaft mit der Bitte um eine Unterredung. Doch obgleich Martim Affonso
zwei Tage wartete, erschien der König nicht; er hatte inzwischen seine Pläne
geändert und vorgezogen, seine Person in Sicherheit zu bringen. Zwar war die
Stadt in Verteidigungsstand gesetzt, und es verlautete, dass über 7000
Bewaffnete, darunter viele mit Feuerwaffen, bereit ständen,
1) Couto VI II S. 392. Santos I S. 397 sagt über 8ooo Palmen.
- 149 doch als schliesslich die Portugiesen ihre gesamten Mannschaften an Land
warfen, war die Stadt geräumt und konnte ohne Kampf besetzt werden. Die
Plünderung ergab keine grosse Beute. Immerhin wurden einige gute Funde von
Elfenbein und Baumwollwaaren gemacht. Sofort nach der Besetzung wurde an
die Häuser Feuer angelegt und mit dem Niederreissen der königlichen Behausung
begonnen, auch die Zerstörung der Pflanzungen durch Umhacken der Palmen und
Fruchtbäume in Angriff genommen. Vermutlich angesichts dieser
Schadenstiftung, schickte der König der Stadt vom Festlande aus Briefe, in denen
er seine Schuld bekannte und flehentlich, als genügend bestraft, um Verzeihung
und Wiederaufnahme in Gnade und Schutzherrschaft der Portugiesen bat. In
Briefen ähnlichen demütigen Inhalts rief er auch den in Mombasa befindlichen
König von Melinde als Friedensvermittler an. Der portugiesische Befehlshaber
legte die Frage einem Kriegsrate zur Entscheidung vor, und dieser kam zu dem
Beschlusse, dass die Bitte zu gewähren sei, da es besser wäre, Versöhnung anstatt
offene Feindschaft zu hinterlassen. Dennoch gingen die Verhandlungen mit dem
Könige hin und her, ohne dass ein befriedigender Schluss gefunden wurde.
Wenigstens erzählt Couto, der Hauptberichterstatter dieser Vorgänge, dass keine
Verständigung erzielt werden konnte,') wogegen aber Joäo de Santos angiebt,
dass dem Könige von Mombasa gegen eine Kriegsentschädigung von 4000
Crusados (= M. 31400.-) Verzeihung und Frieden gewährt wurde.') Zwanzig Tage
hatte der Aufenthalt des Geschwaders in Mombasa gewährt. Mit den
geschilderten Vorgängen war die für Ostafrika vorgeschriebene Aufgabe der
Wiederherstellung derportugiesischen Oberhoheit undBestrafung derAufständigen
erledigt. Um weiteren Beunruhigungen seitens der Türken vorzubeugen, segelte
darauf das Geschwader nach dem Golfe von Aden, wo in Südarabien Nachrichten
über Rüstungen im Roten Meere eingezogen und Vorkehrungen getroffen
wurden, damit Warnungen über erneute Unternehmungen der Türken zeitig nach
Indien gelangten. Dann segelte das Geschwader zur Ueberwinterung nach Ormus.
Von hier aus wurde der Bau einer Feste in Maskat, an Stelle der im Jahre 1581
durch Mirale Beque zerstörten, als eine weitere Massregel zur Sicherung gegen
diese Feinde, begonnen.
Der Kopf des gefallenen Königs von Fasa wurde eingesalzen nach Goa geschickt
und dort, auf eine Lanze gesteckt, unter Vorantritt eines Herolds mit Trommeln
und Trompeten durch alle Strassen herumgetragen, mit dem Ausruf »Strafe des
Königs Stambul von Fasa, des Verräters der Portugiesen und des Freundes der
Türken«.')
1) Couto VI II S. 401.
2) Santos I S. 4o0.
») Santos I S. 400.
- 150 -
Die Gesamtkosten der Expedition nach Ostafrika bezifferte der Vizekönig auf
nahezu 6oooo Pardaos (= M. 246ooo.-), ausser den. späteren Auslagen in
Ormus. Uebrigens gaben diese letzteren nochGrund zu Weiterungen, denn der
Kapitän und andere Beamte dieser Festung benutzten diese Gelegenheit zu einer
kräftigen Bereicherung, indem sie angaben, dass die gesamten Einnahmen durch
das Geschwader verbraucht seien, während der Vizekönig diese Ausgaben auf nur
ein Viertel des Angerechneten veranschlagte.')
In Lissabon erregten die Berichte über den glücklichen Verlauf der
Strafexpedition grosse Befriedigung. Den Königen von Melinde, Kelife und Patta,
die sich der aufständischen Bewegung nicht angeschlossen hatten, wurden vom
Könige von Portugal Dankesbriefe geschrieben. Dem Könige von Melinde
wurden ausserdem Geschenke im Werte von 2000 Crusados, bestehend in Sammt,
Seide und Scharlachtuchen, übersandt. Auch wurde der Vizekönig beauftragt,
diesen Königen die Versicherung abzugeben, dass in Zukunft alle
Ausschreitungen, welche Portugiesen gegen sie verübten, streng geahndet werden
würden.) Dass überhaupt in Europa die Ursachen für die Vorfälle in Ostafrika, bei
denen ein schwaches türkisches Fahrzeug mit nur 8o Mann an Bord die ganze
portugiesische Herrschaft an dieser Küste zum Wanken gebracht hatte, klar
erkannt wurden, zeigt ein Brief des Königs Philipp des Zweiten aus Madrid am
14. März 1588. Es wird darin gesagt, dass zweifelsohne die gute Aufnahme der
Türken ihren Grund in den Quälereien und Belästigungen gehabt habe, welche die
Eingeborenen durch die Kommandanten von Melinde erlitten hätten, und es wird
befohlen, dass nur solche Anwärter auf diesen Posten wirklich eingesetzt werden
sollten, von denen sicher wäre, dass sie das Amt nicht des Gelderwerbs halber,
sondern in dem Verlangen nach Leistung wichtiger Dienste suchten. Erneut wird
eingeschärft, die eingeborenen Fürsten so gut wie möglich zu behandeln und der
freien Schiffahrt kein Hemmnis zu bereiten. Hinzugefügt wird, dass das gute
Verhalten der Kommandanten das beste Mittel sein würde, um der Küste die
Ruhe zu bewahren und die Türken oder andere Feinde fernzuhalten, und dass sich
hiermit die zum gleichen Zwecke vorgeschlagene Errichtung einer Festung
inMombasa würde vermeiden lassen.')
1) Archivo IIII S. 171.
2) Archivo III S. 141.
8) Archivo III S. 146.
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..
.. . . ...
Der zweite Einfall der Türken.')
Den Erfolg, welchen Mirale Beque bei seinem ersten Beutezug längs der Ostküste
Afrikas gehabt hatte, war so bedeutend und leicht gewesen, dass er zu einer
Wiederholung reizen musste.
Mit Verabredungen über sein
Wiederkommen
schon im nächsten Jahre mit
stärkeren Hülfsmitteln war er von den ostafrikanischen Fürsten geschieden, und
schmerzlich empfanden diese, die die schwere Rachehand der Portugiesen hatten
fühlen müssen, das Nichteinhalten dieser Vereinbarungen. Abgesandte, die von
Ostafrika nach dem Roten Meere geschickt wurden, erinnerten an das
Versprechen und unterstützten die Vorstellungen mit Geldgeschenken, und so
richtete denrl Ende des Jahres 1588 Mirale Beque aufs neue mit einem
Geschwader von 5 Schiffen den Kurs nach Ostafrika, um von hier die Portugiesen
ganz zu vertreiben und an deren Stelle türkische Herrschaft zu errichten. Die erste
Stadt, vor der er ankerte, war wieder Mukdischu, und aufs neue wurde er hier als
Verteidiger gegen die Belästigungen der Portugiesen mit Begeisterung
aufgenommen. Weiter die Küste südwärts laufend, gelang es ihm, alle Städte und
Häfen seinen Plänen willfährig zu machen. Teils aus Neigung, teils aus Furcht
und durch Drohungen eingeschüchtert, unterwarfen sich alle dem Eindringling
und zahlten die verlangten Kriegs') Diese Schilderung ist im wesentlichen aus
Santos I Cap 7-12 zusammengetragen. Eine geradezu wörtliche
Uebereinstimmung mit Santos zeigt die Decada XI von Couto. Dieser erst
verblüffende Umstand findet seine Erklärung dadurch, dass Couto's eigene
Bearbeitung dieses Zeitraums verloren gegangen und von späteren Herausgebern
des Gesamtwerks ersetzt worden ist. Auch P. Pierre du Jarric S. J. zeigt in
L'Histoire des Choses plus Memorables advenue tant 6s Indes Orientales,
qu'autres pays de la descouverte des Portugais en l'establissement et progrez de la
foy Chrestienne et Catholique-, Valenchienne i611 in allen Thatsachen eine überraschende Uebereinstimmung mit Santos. Jarric giebt an (S. 220), den Berichten
von Jesuiten-Geistlichen gefolgt zu sein,' die sich auf dem portugiesischen
Geschwader befanden.
- 152 beiträge. Die bedeutenden Summen von 4000 bis ioooo Crusados wurden von den
einzelnen Königen erhoben. Das widerstandslose Vordringen wurde erst in
Melinde unterbrochen. Vor dieser Stadt war das türkische Geschwader eines
Abends spät in der Absicht zu Anker gegangen, am nächsten Morgen den
Angriff zu beginnen. Doch der derzeitige thatkräftige Kommandant Matheus
Mendez de Vasconcellos liess noch in der Nacht zwei Falkonetten auf einer
Sandbank in unmittelbarer Nähe des Geschwaders aufstellen und von hier aus in
der Dunkelheit mit einem solchen Erfolge die Schiffe beschiessen, dass sie in
Ueberschätzung der Stärke des Feindes, der ihnen gegenüberstand, noch vor
Tagesanbruch die Anker lichteten und nach Mombasa weitersegelten, wo sie sich
festsetzten.
Dieses Mal waren die Portugiesen besser auf ihrer Hut gewesen. Noch bevor die
Türken das Rote Meer verlassen hatten, war man in Goa von dieser Expedition
und ihrem Ziele durch Kundschafter unterrichtet, und um ihr entgegenzutreten
ging am 3o. Januar 1589 eine Flotte von 20 grösseren und kleineren Schiffen, mit
9oo Mann Landungstruppen an Bord, unter dem Oberbefehl von Thome de Sousa
Coutinho, einem Bruder des Vizekönigs, von Indien nach Ostafrika unter Segel.
In Barawa, dem ersten -Platze, der in Ostafrika besucht wurde, erhielt das
Geschwader die Bestätigung von der Ankunft der Türken. Weiter nach Lamu
gelangt, wo die Schiffe frisches Trinkwasser einnahmen, da hierzu hier die
bequemste Gelegenheit an der ganzen Küste war, erreichte den Oberbefehlshaber
ein Brief des Kommandanten von Melinde, in dem dieser grösste Eile anempfahl,
da zu fürchten sei, dass die Türken entschlüpfen würden. Nach einem ferneren
kurzen Aufenthalte in Melinde, wo der Kommandant und der König sich der
Expedition mit zwei Schiffen anschlossen, erreichte das Geschwader am
Sonnabend den 5. März Mombasa. Eine blutrote Erscheinung, die sich bei
Sonnenaufgang am Himmel über Mombasa zeigte, wurde als eine gute
Verheissung gedeutet.') Von einer Befestigung aus, die die Türken an der
Hafeneinfahrt errichtet hatten, wurden die Portugiesen höhnend und
herausfordernd durch Flaggenhissen und Salutschüsse begrüsst. Aber auch mit
scharfen Schüssen wurde das ansegelnde Geschwader bald darauf in einer Weise
empfangen, dass es vorerst für besser erachtet wurde, von der Einfahrt abzusehen
und ausser dem Bereiche der Geschütze unter der Insel Zuflucht zu suchen.
Doch nach kurzer Beratung liess der Befehlshaber wieder Anker aufnehmen und
unter Voranschickung der kleineren Schiffe in den Hafen hineinsteuern. Dies
gelang leichter, als es zuerst den Anschein gehabt hatte. Zwar beschossen
) Jarric S. 226.
- 153 die Türken von der Befestigung am Hafeneingange aus heftig das einsegelnde
Geschwader, doch richteten sie keinen Schaden an. Dagegen wurde durch die
ersten Schüsse von den portugiesischen Schiffen der Geschützmeister der Türken
getötet, womit das Feuer aufhörte und die Besatzung flüchtend die Befestigung
verliess. Mirale Beque selbst, der in der Befestigung gewesen war, warf sich auf
ein Pferd und galoppierte nach der Stadt zu. So schmälich und kopflos war diese
Räumung, dass nur fünf portugiesische Edelleute, die sich sofort in einem Boot an
Land warfen, unangefochten in das Verteidigungswerk eindringen konnten, die
allein zurückgebliebenen zwei Türken niedermachten, die wertvollen seidenen
Flaggen der Türken herunterholten und mit dieser Beute an Bord zurückkehrten.
Inzwischen hatten sich die Schiffe, die an der Spitze des Geschwaders
einsegelten, unter dem Befehle von Matheus Mendez de Vasconcellos mit
Ungestüm auf drei türkische Fahrzeuge geworfen, die nahe der Uferböschung
festgemacht waren. Zwei Salven wurden von diesen abgegeben, doch damit der
Angriff nicht abgeschlagen, denn in weniger als fünf Vaterunsern" waren die
Schiffe in dem Besitze der enternden Portugiesen. Die wenigen Türken, die
Widerstand leisteten, wurden niedergehauen. Die grössere Zahl war über Bord
gesprungen und strebte dem Ufer zu, doch
schwimmend wurden sie von den Portugiesen verfolgt und ein portugiesischer
Kapitän musste sich selbst ins Wasser werfen, um seine Mannschaft, die den
Kampf am Lande aufnahm, zu sammeln und zurückzuholen.
In ganz besonderer Lage befanden sich zu dieser Zeit M\ombasa und seine
Verteidiger. Als die Portugiesen von See her erschienen, war die ganze Insel
schon seit einiger Zeit von einem Negerstamm, den Zimbas, belagert. Diese
Zimbas hatten eigentlich ihren Wohnsitz weit im Süden an dem Zambesi, wo sie
den Portugiesen in häufigen Kriegen Schwierigkeiten gemacht hatten. Vieles
deutet darauf hin, dass sie zu den Zulus gehörten. Sie werden als eine
kriegerische, der Arbeit abholde Völkerschaft geschildert, deren einzige Begierde
Rauben, Töten und Fleischgenuss war, ja, will man den portugiesischen
Chronisten glauben, so war unzähmbare Gier nach -Menschenfleisch und
Menschenfresserei ihre Hauptleidenschaft. Seit einigen Jahren schon befanden
sich diese Zimbas auf einem Raubzuge. Ursprünglich schwach an Kopfzahl,
verstärkten sie sich dadurch, dass sie diejenigen anderer Negerstämme schonten,
die sich ihnen anschlossen. Von Süden heraufkommend, hatten diese Banden
raubend und tötend den weiten Weg bis Kilwa zurückgelegt. In einer Stärke von
15 ooo Mann hatten sie einige Monate lang am Festlande vor Kilwa gelagert,
ohne auf die Insel gelangen zu können, bis ihnen durch einen Muhamedaner eine
Furt
- 154 verraten wurde. Auf diesem Wege drangen sie in einer Nacht nach der Insel
hinüber, überfielen die Einwohner im Schlaf und machten deren grösseren Teil
sofort nieder, während sie andere erst gefangen hielten und später allmählich
töteten und verzehrten. Ueber 3ooo Menschen wurden derartig hingeschlachtet
und der Rest des Wohlstandes Kilwa's vernichtet.') Sodann zogen sie nach dem
Norden weiter. Schon vor der Ankunft des portugiesischen Geschwaders hatten
sich ihre Horden am Festlande vor Mombasa gelagert und bestrebten sich gerade
zu der Zeit nach der Insel hinüberzukommen.
Zum Schutze der Insel gegen den Einfall dieser wilden Banden hatte Mirale
Beque zwei seiner Galeeren an der Furt an der Südwestseite der Insel hingelegt,
die mit ihren Geschützen den Uebergang verwehrten. Unbekannt mit diesen
Verhältnissen segelte Mattheus Mendez de Vasconcellos, nachdem er die bei der
Stadt geankerten drei Fahrzeuge genommen hatte, mit seinen Schiffen um die
Insel herum und ging zum Angriff auch auf diesen Teil der feindlichen Seemacht
über. Da die Türken den grössern und bessern Teil ihrer Mannschaft an dieser
Stelle stationiert hatten, war der Widerstand kräftiger als vorher, doch mit einem
Verluste auf Seite der Portugiesen von nur vier Toten und vielen Verwundeten
wurden auch diese beiden feindlichen Schiffe bald genommen. Ungefähr IOO
Türken wurden hierbei getötet und weitere 70 gefangen genommen. Ausserdem
hatten die Portugiesen die Genugthuung, Von den türkischen Schiffen viele
christliche Sklaven zu befreien und eine reiche Beute, darunter 23 bronzene und 5
eiserne Geschütze, zu erobern. In derselben Zeit, während der Kampf bei der Furt
vor sich ging, wurden von einer anderen portugiesischen Abteilung von ioo Mann
die Befestigungen am Hafeneingange niedergerissen und die dort vorgefundenen
türkischen Kanonen eingeschifft.
Angesichts der Erfolge der Angreifer sandte der König von Mombasa noch in der
Nacht einen Boten an Bord zu dem Oberbefehlshaber, um um Frieden zu bitten.
Die Erfüllung dieser Bitte wurde in Aussicht gestellt, wenn sämtliche in der Stadt
befindliche Türken übergeben würden. Doch nachdem die hierfür gestellte Frist
von 24 Stunden verstrichen war, ohne dass Antwort erfolgte, wurden am 7. März
morgens 5oo Portugiesen gelandet, die unter Vorantragung einer Fahne mit dem
Bilde des gekreuzigten Heilands ohne Kampf die Stadt besetzen konnten, da sich
die Einwohner inzwischen ausnahmslos in das Innere
) Santos 1 S. 241 u. f.; Santos nennt diesen -Vflkastamni auch Muzimbas. Jarric
S. 228 1 spricht von Nimbies und erwähnt, dass sie aus der Nähe des Kaps der
guten Hoffnung kamen.
- 55 der Insel geflüchtet hatten. Die Stadt wurde geplündert, Breschen in die
Stadtmauer gerissen und die Häuser samt den am Strande aufgezogenen Dhaus in
Brand gesetzt, worauf noch an demselben Tage die gelandeten Mannschaften
wieder auf die Schiffe zurückgeführt wurden.
Mit Verwunderung hatten die Zimbas vom Festlande aus die Erfolge der
unerwartet erschienenen Bundesgenossen beobachtet. In Erkenntnis der
Sachlage, schickten sie eine Botschaft an die Portugiesen, durch die sie
versicherten, deren Freunde zu sein, und baten, ihnen den Durchmarsch durch die
Furt freizugeben, da sie selbst als Herren des festen Landes ihre Aufgabe erfüllen
wollten, nachdem die Portugiesen als Herren des Meeres bereits das Ihrige gethan
hätten.')
Dieses zu verhindern, sah Thom6 de Sousa Coutinho keine Veranlassung.
Menschenfreundliche Erwägungen für die Feinde werden ihm ferne gelegen
haben, aber dennoch wird versichert, dass er, indem er die von den Zimbas
beantragte Erlaubnis erteilte, der Ueberzeugung war, dass die Türken und
Mombasaner auf der Flucht vor den Grausamkeiten der Wilden bei ihm Zuflucht
suchen würden. Am 15. oder 16. März zogen darauf die Zimbas nach Mombasa
hinüber. Mit Mordgier streiften sie durch das Innere der Insel und trieben die
Eingeborenen vor sich her. Hilfeschreiend näherten sich die Flüchtenden den
portugiesischen Booten, die längs des Strandes lagen, und welche wirklich die
verfolgenden Zimbas beschossen und trotz eines Pfeilschauers über 200 der
Flüchtlinge rettend aufnahmen. Auch Mirale Beque selbst mit einem Gefolge von
30 der vornehmsten Türken flüchtete in der Todesangst vor den erbarmungslosen
Wilden an den Strand. Zu Pferde sitzend, ritt er bis tief in das Wasser hinein und
bat um Aufnahme, die ihm auch mit seinen Begleitern gewährt wurde. Ebenso
fanden ein Bruder und ein Sohn des Königs von Kelife auf diese Weise Rettung,
die freilich gleichzeitig Gefangenschaft bedeutete. Dagegen verloren viele andere
Flüchtlinge, da die Boote überfüllt waren, ihr Leben durch Ertrinken.
Die Türken waren auf diese Weise unerwartet leicht unschädlich gemacht, und ein
weiteres Strafgericht in Mombasa überflüssig geworden. Nur noch auf der nahen
Insel Pemba erforderten die Verhältnisse einen Eingriff. Hier hatten die
Eingeborenen die Aenderung der Machtverhältnisse, die durch das Erscheinen der
Türken an der Küste gekommen schien, benutzt, um sich gegen ihren eigenen, mit
den Portugiesen befreundeten König zu erheben. In einer Nacht hatten sie die
Behausungen ihrer portugiesischen Bedrücker überfallen und viele
niedergemetzelt. Wenigen samt dem König der Insel war es gelungen, auf
') Faria y Sousa III S. 63.
- 156 Dhaus nach Melinde zu entfliehen, wo ihnen Thom6 de Sousa Coutinho die
Wiedereinsetzung in ihre Rechte zugesagt hatte. Zu diesem Behufe wurde
Matheus Mendez de Vasconcellos mit einem Teile des Geschwaders von
Mombasa aus nach Pemba geschickt. Das blosse Erscheinen der Schiffe
zusammen mit dem schon bekannt gewordenen Siege über die Türken genügte,
um die Aufständigen zu unterwerfen und den König wieder in sein Inselreich
einzusetzen. Doch, wie weiter unten erzählt werden wird, ist diese neue
Herrlichkeit von nur ganz kurzer Dauer gewesen.
Ueber weitere Eingriffe der Portugiesen in die Verhältnisse von Mombasa in den
Tagen, die auf den Einfall der Zimbas folgten, und über die Entwicklung der
Dinge, während die Wilden in der Stadt und auf der Insel hausten, ist nichts von
den portugiesischen Geschichtsschreibern angegeben. In den Berichten der
Jesuiten, die als Augenzeugen den Ereignissen beiwohnten, ist allerdings gesagt,
dass der König von Mombasa samt allen bedeutenden Persönlichkeiten sowie der
Mehrzahl der Bevölkerung entweder sofort geschlachtet und verzehrt oder zu
gleichem Schicksal in die Gefangenschaft geschleppt wurden,') doch ist eine
derartige gründliche Aufreibung der Einwohnerschaft wenig wahrscheinlich, da
kaum zwei Jahre später die Mombasaner wieder unternehmungslustig wie immer
im Felde erscheinen. Jedenfalls haben sich aber in diesen Tagen die Portugiesen
nicht weiter in die Begebenheiten am Lande eingemischt, da sie vermutlich der
Freundschaft der Zimbas, denen sie ja auch bei der Aufnahme der Flüchtlinge
feindlich entgegengetreten waren, nicht trauten. Nachdem die nach Pemba
entsandt gewesene Abteilung zurückgekehrt war, nahm das gesamte Geschwader
am 25. März Anker auf und segelte nach Melinde. Hier wurden Siegesfeste
gefeiert. Ueber die Verteilung der Beute entstanden zwischen dem
Oberbefehlshaber Thome de Sousa Coutinho und dem Kommandanten der Küste
Matheus Mendez de Vasconcellos Zwistigkeiten, die durch die Vermittlung der
Geistlichen geschlichtet wurden.') In Melinde blieb Matheus Mendez de
Vasconcellos zurück, und zum Schutze gegen die erwarteten Beunruhigungen
durch die Zimbas wurden ihm einige Soldaten und zwei Schiffe belassen.
Mit dem Rest des Geschwaders segelte der Oberbefehlshaber weiter nördlich, um
zur Vollendung der Aufgabe, die ihm für die Expedition gestellt war, die Helfer
der Türken zu bestrafen. Bei seiner Ankunft in Lamu kam der König Banebaxira
(Buana Baschira), derselbe, der vor zwei Jahren Roque de Brito verräterisch den
Türken überliefert hatte, Unschuld heuchelnd an Bord. wurde aber sofort in Eisen
gelegt. Dann
1) Jarric S. 232.
2) Jarnic S. 233.
- I57 segelten die Schiffe nach Patta weiter. Hier wurden die drei Könige der drei
Städte Patta, Fasa und Sio, die auf dieser Insel liegen, und die gesamte
Einwohnerschaft zusammengerufen. In Gegenwart und unter dem Schutze von
200 Portugiesen, die ausgeschifft waren, erfolgte am Morgen des 6. April 1569
ein furchtbares Strafgericht. Zuerst wurde Buana Baschira, der König von Lamu,
auf ein hohes Schaffot geführt. Durch Herolde wurde in portugiesischer und in
Landessprache sein Todesurteil, als eines Verräters an den Portugiesen und
widerrechtlichen Throninhabers, verlesen. Seine gesamten Besitztümer wurden
für verfallen erklärt und bei Todesstrafe die Bestattung seines Leichnames
verboten. Dann wurde er geköpft und gevierteilt. In gleicher Weise und an
derselben Stelle wurde ein Bruder des Königs von Kelife hingerichtet, der in
Mombasa im Gefolge der Türken gefangen genommen war. Dann kamen zwei
Einwohner aus Patta an die Reihe, welche die Reise nach dem Roten Meere
gemacht hatten, um die Türken herbeizurufen. Für ihr Leben wurde vergeblich
von den Angehörigen viel Gold geboten, doch auch ihre Köpfe fielen, allerdings
nicht oben auf dem Schaffot, sondern am Fusse des Blutgerüstes, um auch bei
dieser Gelegenheit dem königlichen Geblüte einen Vorrang zu lassen Die
gevierteilten Leichname aller Hingerichteten wurden an der Stadtmauer und an
anderen öffentlichen Stellen zur Warnung und Abschreckung aufgehängt. Hierauf
wurden die Einwohner Pattas zur Erlegung eines Strafgeldes von 4000 Crusados
(= M. 31 400.-) verurteilt, da sie den Türken ohne Kampf, wie es die Verträge mit
den Portugiesen erfordert hätten, Zugang zu ihrer Stadt gestattet hatten, und ferner
mussten sie sofort ein Befestigungswerk, das sie errichtet hatten, niederreissen.
Zum Schluss wurde der König von Sio gefangen genommen, weil er erstens auch
die Türken bei sich aufgenommen und ihnen Geld gegeben hatte, und zweitens
der Aufforderung der Portugiesen, Heerfolge gegen die Türken zu leisten, nicht
gefolgt war. Er wurde zu einem Beitrage von 3ooo Crusados (=- M. 23 5.50.-) zu
den Kriegskosten sowie zur Niederlegung der Mauern seiner Stadt verurteilt und
nicht eher in Freiheit gesetzt, bis diese Bedingungen erfüllt waren. Ein weiteres
Strafgericht erfolgte noch gegen die benachbarte Stadt und Insel Mandra, weil sie
lange Jahre mit dem schuldigen Tribute in Rückstand war, und weil sie einem
portugiesischen Schiffe bei der Ankuhft des Geschwaders von Indien das
Wassernehmen mit der schnöden Redensart versagt hatte: nur die Sonne habe
freien Zutritt zu Mandra. Doch die nach dieser Insel von Patta abgesandte
portugiesische Abteilung fand die Stadt verlassen, sodass nur durch Verwüsten
der Häuser und Umhauen von 2000 Palmen, zu welcher Arbeit die Einwohner
von Patta und Sio herangezogen wurden, Rache genommen werden konnte.
- 158 Nochmals versammelte der Oberbefehlshaber, nachdem er mit dem Geschwader
nach Fasa gesegelt war, die Könige von Patta, Sio und Fasa um sich. Den König
von Fasa bestätigte er in seiner Würde, und alle drei mussten auf den Koran
schwören, dass sie bei neuem Erscheinen der Türken oder sonstiger Feinde der
Portugiesen ihnen kein Wasser, keine Lotsen, noch irgendwelche Begünstigung
gewähren, sondern mit ihren Unterthanen den Zugang zu den Häfen der Insel mit
den Waffen bis in den Tod verteidigen würden. Weiter musste sich der
neuernannte König von Fasa verpflichten, alljährlich für die portugiesischen
Staatsschiffe 20 Sklaven zu liefern.
Am 15. April konnte Thomý de Sousa Coutinho befriedigt mit der günstigen
Erledigung seiner Aufgaben von Ostafrika absegeln. Das Paradestück seiner
Erfolge, den Türken Mirale Beque, führte er mit sich. Dieser, der früher schon
einmal im Mittelmeere Gefangener der Spanier gewesen war und sich daher im
Spanischen gut verständigen konnte, scheint seine Lage mit Weltweisheit
aufgefasst und das Beste daraus gemacht zu haben.
Als er dem Könige von
Melinde vorgeführt werden sollte und aufgefordert wurde, mit Würde und
Höflichkeit aufzutreten, erwiderte er richtig, dass es nichts nütze, wenn er
versuche, in seiner eselhaften Lage das Pferd zu spielen, er würde doch als Esel
betrachtet werden. Ebenso antwortete er schlagfertig, als er in Goa dem
Vizekönige vorgestellt wurde, auf dessen Frage, wie er sich befinde, »als Sklave
Eurer Hoheit und als solcher als grosser Herr«. Schliesslich nach Lissabon
überführt, that er das Klügste, was er in seiner Lage thun konnte, und trat zum
Christentum über, wodurch er, wie ein zeitgenössischer Chronist annimmt, für
seine Seele alles dasjenige wiedergewann, was er an irdischen Dingen verloren
hatte.
Kurze Zeit nach den Ereignissen in Mombasa wurde auch Melinde von den
Zimbas in Schrecken gesetzt. Der Küste nach Norden längsziehend erschienen sie
auch vor dieser Stadt. Die gesamte Macht, die Matheus Mendez de Vasconcellos
ihnen nach Zusammenziehung aller portugiesischen Soldaten und Kaufleute
entgegenstellen konnte, bestand aus nur 30 Mann. Viele Wilden, die gegen die
Stadt anstürmten, wurden ,durch die Feuergewehre niedergestreckt, aber
nichtsdestoweniger gelang es ihnen, über die niedrige Umwallung einzudringen.
Ein portugiesisches Verteidigungswerk war schon in Gefahr, genommen zu
werden, als die in der Nachbarschaft Melinde's wohnenden Mosseguejos in der
Stärke von 3ooo Mann erschienen und die Angreifer zurückwarfen. Nach dem
einzigen Geschichtsschreiber, der über diese Vorfälle berichtet, wurde mit dieser
Niederlage die Macht der Zimbas in diesen Gegenden gebrochen. Ueber die
Flüchtenden fielen diejenigen her, die vorher von ihrem Ungestüm und ihren
Grausamkeiten zu leiden gehabt hatten, und
- 159 verlegten ihnen den Weg. Schliesslich sollen nur der Anführer und ioo Mann von
diesem Raubzuge, mit dem in der Luftlinie über 16oo km zurückgelegt waren, in
ihre ferne Heimat am Zambesi zurückgekehrt sein.') Uebrigens war hiermit
keinesweg ihre Macht ganz gebrochen, denn in der Nachbarschaft ihrer Heimat
erwiesen sie sich auch nachher noch als gefährliche Störenfriede und
unüberwindliche Feinde. Beispielsweise wurde von ihnen im Jahre 1592 eine
portugiesische Abteilung von 200 Mann bei Tete gänzlich niedergemacht.
Wie bereits erwähnt, ist über die Begebenheiten in Mombasa, nachdem sich die
Zimbas zu Herren der Insel und wahrscheinlich auch der Stadt gemacht hatten,
keine Kunde überliefert. Auch über die Entwicklung in den nächstfolgenden drei
Jahren herrscht keine Klarheit. Santos erzählt von zwei Siegen, die der König von
Melinde mit Hilfe des portugiesischen Kommandanten über Kelife und Mombasa
errungen haben soll. Die Veranlassung soll gewesen sein, dass sich die
KelifeBewohner schon lange gegen Melinde Uebergriffe erlaubten und
schliesslich in einer Weise zu offenen Feindseligkeiten übergingen, dass sich die
Weiber nicht mehr aus Melinde zum Holzholen herauswagen durften, da sie in
Gefahr waren, beraubt und entführt zu werden. Um diesem Zustande ein Ende zu
machen, soll schliesslich der König von Melinde nach Erschöpfung aller Geduld
mit seiner Mannschaft und mit den ihm befreundeten Mosseguejos ausgezogen
sein und Kelife genommen haben. Der König und die Mehrzahl' der Bewohner
dieser Stadt sollen dabei erschlagen worden sein. Als Verwandter des getöteten
Königs soll sodann der König von Mombasa mit 5ooo Mann gegen Melinde
ausgezogen, aber unterwegs von den Mosseguejos überfallen und samt seinen drei
Söhnen niedergemacht worden sein. Hierauf sollen die Mosseguejos die
Fliehenden bis in ihre Stadt verfolgt und sogar die Stadt Mombasa selbst
genommen haben. Auf zwei Dhaus sollen sodann die Mosse guejos mit den
gefangenen Häuptern Mombasa's nach Melinde gefahren sein. Hier sollen der
König und Kommandant in gänzlicher Unkenntnis dieser Ereignisse noch zur
Abwehr eines Angriffes der Mombasaner bereit gewesen sein und erst ungläubig,
dann erstaunt die Aufforderung entgegengenommen haben, in das eroberte
Mombasa einzuziehen. Erst nachdem die Gefangenen gelandet waren und dem
Könige selbst die Ereignisse bestätigt hatten, ihn auch ihrerseits baten, zukünftig
ihr Herr zu sein, soll die Botschaft geglaubt worden sein.
Kurz darauf soll dann der König von Melinde samt Gefolge sowie auch der
portugiesische Kommandant nach Mombasa übergesiedelt sein.')
1) Santos 1 S. 246-247.
2) Santos I S. 436 ff.
- 16o Santos hebt allerdings hervor, dass die Ereignisse, die er wie oben wiedergegeben
schildert, sich zu einer Zeit abwickelten, während welcher er selbst an der
ostafrikanischen Küste lebte, und es wird richtig sein, dass Kämpfe erst gegen
Kelife und dann gegen Mombasa erfolgt sind, aber dennoch ist Grund zu der
Annahme vorhanden, dass der König von Melinde nicht geradezu gerufen und
fast ohne sein Mitthun zu dem Besitz von Mombasa gelangte. In einem Schreiben
des Königs von Portugal vom 12. Januar 1591 an den Vizekönig von Indien ist
gesagt, dass dem Antrage des Königs von Melinde, mit Mombasa belehnt zu
werden, Folge geleistet werden solle.') In einem anderen Schreiben des Königs
von Portugal vom 15. Februar 1593 wird dasselbe wiederholt und hinzugefügt,
dass die Einsetzung des MelindeKönigs in M\ombasa durchgeführt werden solle,
trotzdem nach den vorliegenden Berichten sich der König von Kelife in Mombasa
festgesetzt habe und diese Stadt nicht freigeben wolle.2) Sehr wahrscheinlich ist
hiernach also, dass im zielbewussten Streit um das von beiden Seiten begehrte
Mombasa die oben wiedergegebenen Kämpfe erfolgten. Sehr wahrscheinlich ist
ferner, dass Mombasa eine Beute seiner Nachbarn wurde, weil es durch die
Verheerungen der Zimbas geschwächt war.
Thatsächlich hörte in diesen Jahren die alte schirasische Dynastie auf, in
Mombasa zu regieren; ihr letzter König ist Schaho ben Mischam gewesen. An die
Stelle des alten Geschlechts trat der König von Melinde, als Vasalle Portugals.
Als Lohn für die stets gegen Portugal bewiesene Treue wurde das Lehn gegeben.
Für Kelife war wahrscheinlich die Zerstörung, die diese Kämpfe brachten, der
Todesstoss, von dem es sich nie erholte. Dichter Buschwald bedeckt heute die
Stelle, wo diese Stadt gestanden hat, nur Ruinen auf der Spitze eines Hügels mit
einem turmartigen Pfeiler und Resten einer Moschee, in der hübsch in Stein
ausgehauene Koransprüche auffallen, deuten auf die frühere Königsbehausung;
weiter unten zeigen sich Ueberreste der Stadtmauer und eines bastionierten
Thores; von der eigentlichen Stadt, die zwischen Königshaus und Umwallung
gelegen haben muss, ist keine Spur mehr vorhanden, da sie vermutlich
ausschliesslich aus Lehmhütten bestand. Auch die geringe Bedeutung, die
Melinde an und für sich besessen hatte, ging mit Verlegung des Königssitzes
sowie der portugiesischen Hauptmannschaft nach Mombasa verloren, und fortan
wurde Melinde von dort aus verwaltet.
Ebenso wie in den Machtverhältnissen der Städte erfolgten auch in dieser Zeit
unter den Negerstämmen der Ostküste Afrikas Ver1) Archivo III I S. 272-273.
2) Archivo III I S. 379-380.
- 161 .schiebungen. Schon die Raubzüge der Zimbas deuten auf weitgreifende
Völkerwanderungen. Aber auch die Mosseguejos, die wie oben erzählt, als
Bundesgenossen Melinde's und der Portugiesen auftraten, waren
Neuankömmlinge in diesem Teile Ostafrikas und von den anderen Negerstämmen
der Küste augenfällig verschieden. Zuerst werden sie im Jahre 1571 erwähnt.') Sie
werden als ein barbarischer kräftiger Stamm beschrieben, der ursprünglich
ausschliesslich von Viehzucht lebte, und dessen hauptsächliche Nahrung aus
einem Gemische von warmem Blut, das sie dem lebenden Viehe durch
Aderlassen abnahmen, und von Milch und Kuhmist (? Urin) bestand. Diese
Gewohnheit, ebenso wie die von ihnen geübte Verstümmelung der im Kriege
erschlagenen Feinde deutet auf Verwandtschaft mit den Massai und den Galla,
doch werden sie von den letzteren von Joäo de Santos, der über sie berichtet,
ausdrücklich unterschieden.') Heute leben geringe Ueberreste dieses
Volksstammes unter dem Namen Wassegeju nördlich und südlich von Tanga. Sie
haben somit ihre Wohnsitze seit der Portugiesenzeit wesentlich weiter nach dem
Süden verlegt. Noch heute ist unter ihnen die Erinnerung erhalten, dass sie vor
langen Jahren fern aus dem Innern (wahrscheinlich aus der Gegend des Kenia) zur
Küste zogen. Heute leben sie zwar noch in eigenen Ortschaften, unterscheiden
sich aber kaum von den anderen Bantustämmen, unter denen sie leben.') Die
Galla werden von den Portugiesen häufiger, doch ohne nähere Schilderung
erwähnt, sie hausten damals ungefähr in denselben Gegenden wie heute, doch
erstreckte sich ihr Gebiet weiter nördlich, wenn auch nicht unmittelbar am
Seestrande, sondern landeinwärts. Die Somali nennen die Portugiesen unter
diesem Namen nicht, sondern als Maracatos. Auch ein Quilmance genannter
mächtiger Volksstamm4) werden Somali gewesen sein. Die Musungulos, die das
Festland in der Nachbarschaft von Mombasa bewohnten und in der Geschichte
Mombasa's eine grosse Rolle spielen, sind dieselben Negerstämme, welche heute
als Wanika bekannt sind und noch dieselben Wohnsitze wie früher haben. Irgend
ein Zweifel hierüber besteht nicht, da die Portugiesen von ihnen seit dem Anfang
des 18. Jahrhunderts als Musungulos oder Wanika sprechen.
Ueberraschender Weise erwähnen die portugiesischen Quellen nirgends die
Suaheli (= Küstenleute, von dem arabischen sahel = Küste)
) Monclaro S. 500.
2) Santos I S. 432 ff. befindet sich eine eingehendere Beschreibung dieses
Volksstammes.
8) Dr. 0. Baumann, Usambara, Berlin 189I, S. 25.
4) Barros III S. 208. Gleichfalls mit Quilmance bezeichnen altportugiesische
Karten auch ostafrikanische Flüsse und zwar verschieden sowohl den Juba, Osi
und Sabaki.
Strandes, Ostafrika.
II
- 162 oder die an der ganzen Küste herrschende Suahelisprache. Fest steht indessen
sogar aus vorportugiesischer Zeit, dass unter diesem Namen ein Stamm oder eine
Völkergruppe in ungefähr denselben Gegenden wie heute ansässig war, denn sie
werden von Ibn Batuta, der diese Küste in den Jahren 1330-1331 n. Chr. bereiste,
genannt.1)
Die gesamte Wissenschaft, die über die frühere Verteilung der Völkerschaften an
der Ostküste von Afrika von den Portugiesen überliefert wird, ist ausserordentlich
dürftig und gewährt kein klares Bild.') Kaum wird etwas anderes berichtet, als
dass es eine Reihe von verschiedenen Völkern gab, die in Sprache und
Gebräuchen von einander abwichen. Das Wesentliche aus diesen
Ueberlieferungen ist oben wiedergegeben. Erwähnenswert ist noch, dass weiter
im Süden, die Gebiete um Mozambique bis zum Kap Delgado ebenso wie noch
heute von den Makua bewohnt wurden.8)
1) Devric S. 73.
2) Auch Alonso's de Sandoval »Natureleza, policia sagrda y profana, costumbres
y ritos, disciplina e catecismo evangelico de todos Etiopes«, Sevilla 1627, auf das
von anderer Seite für die alte Bevölkerung Ostafrikas hingewiesen ist, giebt
keinerlei Aufschluss, sondern nur dürftige Auszüge aus Santos.
3) Santos I S. 257 ff. beschreibt ausführlicher die Makua. Nähere Nachrichten
über die Musungulos sollen sich befinden in: Breve tratado feito por Pedro
Barreto de Rezende, secretario do senhor conde de Linhares vizorey da India. No
anno 1635. Handschriftlich in Lissabon, Paris und London. Für die vorliegende
Arbeit konnte dieses Werk nicht benutzt werden.
Der Festungsbau in Mombasa.
Schon nach dem ersten Einfalle der Türken in Ostafrika war von dem Vizekönig
in Indien die dauernde Besetzung von Mombasa und die Errichtung einer Festung
daselbst in Vorschlag gebracht, doch von Lissabon aus abgelehnt worden. Auch
nach dem zweiten Einfall der Türken und auf die Erneuerung des Vorschlages
ging man an
bestimmender Stelle nur zögernd auf diesen Plan ein. In einem Schreiben, das der
König von Portugal am 12. Januar 1591 an seinen indischen Stellvertreter
richtete, erscheint auf den ersten Seiten die Mitteilung, dass er die MombasaAngelegenheit unter Erwägung habe und den Entschluss nach Anhörung in
Ostafrika erfahrener Personen fassen-, würde. Dann aber in einem späteren Teile
desselben Schreibens wird der Bau einer Festung in Mombasa dem Vizekönige
unter der Bedingung erlaubt und befohlen, dass dessen erneute Erkundigungen
keine gewichtigen Gründe gegen dieses Unternehmen ergeben würden. Mit dem
Entwurfe der Anlage und den Bestimmungen über die Bauausführung wurde Joäo
Baptisto Cairatto, der Oberingenieur des indischen Gouvernements, ein Mann,
dessen Dienste in besonderem Ansehen in Portugal standen, betraut.) Wie die
Uebersiedelung des portugiesischen Kommandanten Matheus Mendez de
Vasconcello und des Königs von Melinde nach Mombasa erfolgte, ist bereits im
vorhergehenden Abschnitte erzählt. Wahrscheinlich ist in gleicher Zeit, also im
Jahre 1593, mit dem Bau begonnen. Jesus von Mombasa war der Name, der der
Festung beigelegt wurde. Um die Arbeiten zu fördern und gegen Störungen zu
schützen, wurde im Anfange ein portugiesisches Geschwader bei Mombasa
stationiert. Aüch im folgenden Jahre 1593 wurde wieder
) Archivo III I S. 272-273.
- 164 auf das Gerücht hin, die Türken beabsichtigten einen Einfall, ein Geschwader
nach Ostafrika geschickt.') Langsam nur schritt der Bau vorwärts, zwar leistete
der König von Melinde durch Herbeischaffung der Bausteine thatkräftigen
Beistand, und schon im Jahre 1595 konnte der Kommandant berichten, dass das
Mauerwerk errichtet sei.') Doch thatsächlich hat der Ausbau und die Vollendung
noch Jahrzehnte gedauert. Insbesondere bereitete die Ausschachtung der tiefen
und breiten Gräben aus dem soliden Korallenfels, auf dem die Festung steht,
grosse Mühe. Von Dezember 1596 bis zum Frühjahr 1597 überwinterte der
Vizekönig, der Admiral Graf Francisco da Gama, ein Nachkomme des berühmten
Entdeckers, nachdem er infolge des Nordostmonsuns nicht hatte nach Goa
aufkreuzen können, in Mombasa. Auf seine Veranlassung wurde eine Quelle, die
15o Schritte von der Mauer entfernt im Vorgelände der Festung bei dem
Ausheben des Grabens gefunden war, durch einen gedeckten Gang mit den
Festungswerken verbunden.8) Von Indien aus wurden Steinmetze und Maurer
nach Mombasa geschickt. Nach einer arabischen Chronik wurde auch ein Teil der
für die Mauern verwendeten Steine fertig zugehauen von Portugal her eingeführt,
doch findet diese Angabe in den portugiesischen Berichten keine Bestätigung. Für
die Baukosten wurden durch einen Befehl von Lissabon vom 28. Dezember I6II
auf fünf Jahre aus den Einkünften von Diu jährlich 2000 Pardaos (= M. 8o8o.-)
angewiesen, und zwar mit der Massgabe, dass diese Summe in Zeugstoffen an
den Bestimmungsort geschickt werden solle, wo auf Verkauf zum doppelten
Werte gerechnet wurde.) Als Diu diese Summe nicht erschwingen konnte, wurde
schliesslich die Entnahme aus den Goa-Einnahmen gebilligt. Auch eine besondere
Vertrauensperson, Antonio Pinto da Fonseca, wurde zur Inspektion der
Bauangelegenheiten von Europa ausgesandt. Stetig wiederkehrend, erschienen
alljährlich in den folgenden Jahrzehnten in den Briefen des Königs von Portugal
an den Vizekönig die Iahnungen, den Bau vorwärtszubringen und namentlich
die Gräben und die Cisterne zu vollenden. Doch nicht nur sachliche
Schwierigkeiten scheinen der Vollendung entgegengewesen zu sein. Vieles deutet
darauf hin, dass die Baugelder andere Wege gingen, als w-ofür sie bestimmt
waren. -So erwähnen die portugiesischen Ansiedler Mombasa's in einem
Schreiben, welches sie im Jahre 1603 an den
i) Archivo III I S. 416.
2) Archivo III 11 583.
1) Couto XII S. 6.
4) Documentos remittidos da India on Livros das MonýÖes publ. da Academia
Real das Sciencias de Lisboa 188o-5. II S. 125.
- 165 König von Portugal mit der Bitte um endliche Vollendung der
Festung richteten, dass für diesen Bau schon 30000 Xerafinen (= M. 121 200.-)
angeblich ausgegeben seien, man könne aber nicht sehen, wo sie geblieben wären,
während doch das Werk in Wirklichkeit mit nur 4000 Crusados (= M. 31 400.-)
vollendet werden könne, wenn diese Summe von einer vertrauenswürdigen
Person verwaltet würde.') Wiederholt hatte man schon in den Vorjahren von
Lissabon aus auf genaue Rechnungslegung und Uebersendung in doppelter
Ausfertigung gedrungen. Dass thatsächlich in dieser Zeit in Mombasa in den
Geldangelegenheiten grosse Unordnung, wenn nicht Schlimmeres, herrschte,
beweist der Umstand, dass im Januar 1614 vom Vizekönig, anlässlich der
Einsetzung eines neuen Kommandanten, nicht weniger als drei Verfügungen für
die Verwaltung und Verwendung der Staatsgelder in Mombasa erlassen
wurden.') Eine scharfe Kontrolle für die Festungsbaugelder wurde dadurch
eingerichtet, dass eine Kommission, bestehend aus dem Kommandanten, dem
Richter und dem Prior der Augustiner, eingesetzt wurde. Von dem Prior, als nicht
Staatsangestellten, wurde die Mitwirkung unter Berufung auf seine bekannten
Tugenden und seinen Eifer und unter dem Hinweis, dass hiermit auch Gott
gedient werde, erbeten. Dieser Kommission wurde auferlegt, der Auspackung der
für den Bau bestimmten Zeugstoffe beizuwohnen und sie dem Rechnungsführer
mit einem Verzeichnis zu übergeben. Dann sollte die Kommission persönlich den
Verkauf der Stoffe zu möglichst hohen Preisen leiten, über das Verkaufte und den
Erlös unter gemeinsamer Unterschrift Buch führen und die Baumaterialien
einkaufen. Ferner sollte sich jede Woche eines der Kommissionsmitglieder von
dem Fortschreiten des Baues überzeugen und schliesslich alljährlich Bericht und
Rechnungsablage erstattet werden. Für den Bau selbst war Vorschrift, dass zuerst
die Festungsmauern derartig zu erhöhen seien, dass sie gegen jedweden Feind
verteidigt werden könnten, dann sollten die Festungsgräben vollendet und zum
Schluss ein Fort bei Makupa - von den Portugiesen meistens ,passo dos Zimbas"
genannt - errichtet werden. Diese Sicherung der Furt (Makupa) als Schlüssel der
Insel war gleichfalls seit Jahren beabsichtigt und angeregt. Ihre Ausführung aber
zog sich sehr in die Länge. Anfänglich bestand die Absicht, daselbst nur eine
kleine Anlage zur Aufstellung von zwei Geschützen zu errichten und die
Bewachung in Friedenszeiten den Leuten des Königs von Melinde zu überlassen.
Hiergegen war das Land um Makupa herum dem Könige
) On Livros das Monýöes III S. 13.
2) Archivo VI S. 1004-1005 u. 1070.
- I66 zum Besitze übergeben. Nur in Kriegszeiten sollte die Verteidigung durch
Portugiesen erfolgen.')
Den Ausschlag bei dem Entschluss über die Errichtung einer Festung von
Mombasa hatten die Aeusserungen von erfahrenen Personen gegeben, die
hervorhoben, dass daselbst ein Zollhaus eröffnet werden könne, das einen Teil der
Ausgaben decken würde.2) Gleichzeitig mit der Niederlassung in Mombasa
wurde demzufolge auch mit der Zollerhebung begonnen. Durch ein Gesetz, datiert
Lissabon, den 20. Februar 1596, wurde dieselbe formell dahin geordnet, dass auf
sämtliche ankommende Waren ebenso wie in den meisten Plätzen Indiens, ein
Wertzoll von 6 pCt. eingeführt wurde.') Weiter bestand eine Zollhausabgabe von i
pCt.) wahrscheinlich noch ausser dem Zolle von 6 pCt., die ebenso wie in allen
anderen Besitzungen der Portugiesen lediglich für den Bau und die Unterhaltung
der Festungswerke bestimmt war. Als eine fernere Abgabe ist ein Ankergeld zu
nennen, das von allen Schiffen, Dhaus und Booten in der Höhe von 50 Reis bis i
Crusado (= M. -.98 bis M. 7.85) erhoben wurde. Die Höhe dieser Gebühren war
in einer Verordnung aus Goa vom 23. Mai 1598 festgesetzt.') Die hieraus
erzielten Einnahmen flossen indessen ebenso wie überall im portugiesischen
Osten nicht in den Staatsschatz, sondern wurden an die Nachkommen von Vasco
da Gama, als eine diesem und seinen Erben auf ewige Zeiten für die
Entdeckungsreise gemachte Zuwendung, abgeführt. Schon im Jahre 1596 konnte
der Kommandant berichten, dass die Zollhaus-Einnahmen im
Vorjahre 5000
Pardaos (= M. 20 200.-) ergeben hätten. Weiter wird öfters in den folgenden
Jahren in Briefen von Lissabon aus der Befriedigung Ausdruck gegeben, dass
diese Einkünfte im Wachsen
begriffen waren. Nie wird dabei unterlassen zu erwähnen, dass unter keinen
Umständen das Zollhaus aufgegeben werden dürfe. In
einer Zusammenstellung über die Finanzen Indiens in den ersten Jahren des
siebzehnten Jahrhunderts (geschrieben 1607) werden die Zolleinnahmen
Mombasa's auf 918o Xerafinen (= M. 37 087.-) angegeben, wovon der König von
Melinde den dritten Teil empfing.')
1) Livros das Monqöes I S. 224.
2) Archivo IIII S. 272.
) Archivo III II S. 582-3.
4) Livros das Monýöes III S. 13. Siehe den betreffenden Erlass im Anhang II.
) Archivo V MII S. 1516.
6) Livro em que se contem toda a Fazenda Real Patrimonio dos Reinos de
Portugal, India e Ilhas adjacentes e outras Particularidades ordenado por Luiz de
Figueiredo Falýäo, Secretario de El Rei Filippe Ii. Copiado fielmente do
Manuscripto Original. Lisboa 1859, A. 78.
- 167 Ueber die dagegen stehenden Ausgaben in derselben Zeit giebt die gleiche Quelle
folgende Uebersicht:1)
Der Kommandant
Gehalt Reis 300.000
IOO Mann Besatzung
, , 930.000
Besatzung des Wachtschiffes gegen die
Türken
.. .. 5I8.760
für dieselben
Unterhalt , 355.500
Ausgaben für das Hospital
), 36o.0o0
Ausrüstung für die Festung
, 120.000
Die Vikare in Lamu, Patta und Fasa
, 90.000
Die Augustiner-Geistlichen
, 40.000
Der Rechnungsbeamte (Feitor)
Gehalt , 68.ooo
Der Sekretär des Rechnungsbeamten
, , 50.000
Der Richter samt Profoss und Gehülfen
, , 162.500
Der Geschützmeister samt Untergebenen
, . 6o.ooo
Der Zollhausvorsteher samt 4 Gehülfen
, , 98.000
Der Pförtner samt 6 Wächtern der Festung , , 82.800
Sämmtliche Beamte
Unterhalt , io2.9oo
oder insgesamt Reis 3338,460 oder 11097 Xerafinen (= M. 44 832.-), womit also
schon die laufenden Ausgaben, ungerechnet die Baukosten, die Einnahmen weit
überstiegen.
Aus dieser Zusammenstellung ist gleichzeitig am besten ersichtlich, welchen
Verwaltungsapparat die Portugiesen unterhielten. Ausserdem stand dem
Kommandanten ein Festungsrat zur Seite, der bei wichtigen Anlässen einberufen
wurde. Es scheint, dass demselben ständig die höchsten Regierungsangestellten
und der Augustiner-Prior angehörten, es wurden aber auch Privatleute durch den
Vizekönig zu Mitgliedern ernannt. Eine weitere Behörde wurde im Jahre 1614
geschaffen. Durch den Vizekönig von Indien wurde von Goa unter dem 16.
Januar des genannten Jahres auf Veranlassung der Mlisericordia, einer
wohlthätigen Brüderschaft von Laien, die Errichtung einer Marktvogtei verfügt,
deren Aufgabe sein sollte, übermässige Preissteigerungen der Lebensmittel zu
verhindern und Kauf und Verkauf zu überwachen. Die Verfügung erfolgte
ausgesprochenermassen, um die Bedrückung der Armen zu verhindern. Die
Misericordia hatte das Recht, für den Posten drei Personen in Vorschlag zu
bringen, unter denen der Kommandant eine zu erwählen und ihre Amtsdauer, die
aber nicht länger als ein Jahr währen durfte, zu bestimmen hatte.') Die Besetzung
aller anderen Posten erfolgte von zwei Stellen. Die wichtigeren Posten wurden
von dem Könige von Portugal selbst und
U) Livro da Fazenda S. 95-96.
2) Archivo VI S. 1007.
- I68 -die geringeren vom Vizekönig des portugiesischen Indiens vergeben. In beiden
Fällen scheint bei der Vergebung weniger Verdienst und Fähigkeit, als Einfluss
und Gunst massgebend gewesen zu sein, und allein schon der Umstand, dass
jedwede Ernennung nur für eine Amtsdauer von drei Jahren erfolgte, musste
allgemeine Stellenjägerei im Gefolge haben. Durchgehends erfolgten die
Ernennungen als Gnadenerweise, und besonders eigenartig sind diese königlichen
Gnadenerweise dadurch, dass fast nie Ernennungen zum baldigen Antritt für
bereits freie oder bald frei werdende Posten, sondern für solche erfolgte, die
voraussichtlich erst in Jahrzehnten frei wurden. Jeder Angestellte hatte dabei so
lange zu warten, bis seine sämtlichen Vordermänner, nach dem Datum der
Ernennung gerechnet, ihre dreijährige Amtsdauer abgedient hatten. Es ist
möglich, dass diese sonderbare Handhabung, die für alle portugiesischen
Niederlassungen seit dem Anfang der Kolonialherrschaft in Gebrauch war, ihren
Ursprung darin hat, dass in der ersten Zeit der Unternehmungen im Osten bei dem
grossen Menschenverbrauch und bei der langwierigen und unsicheren Verbindung
mit Europa vielseitige Vorausbestimmungen über die Wiederbesetzung der Posten
wirklich notwendig waren. Es entsprach daher einem Bedürfnisse, dass in den
ersten Jahrzehnten der portugiesischen Koloniälherrschaft für jeden Posten zwei
oder drei Anwärter vorhanden waren. Bald artete aber der Gebrauch dahin aus,
dass für jeden Posten i8 bis 2o Anwärter vorhanden waren, oder mit anderen
Worten, jeder glückliche Patentinhaber musste darauf gefasst sein, wenn nicht
seine Vordermänner starben, erst nach 5o bis 6o Jahren zum Antritt seines Amtes
zu kommen Sehr richtig beurteilt ein Chronist im Anfange des 17. Jahrhunderts
diesen Missstand dahin, dass man mit leichterem Herzen zum Kampfe gegen
wilde Tiere, als mit solchen Aussichten nach Indien ausziehen könne.') Nicht nur
zur Ausfüllung eines Postens selbst geeignete Personen wurden begnadet, sondern
sogar den Wittwen und Töchtern verdienter oder hochgestellter Männer wurden
A,.wartschaften auf Stellungen für diejenigen geschenkt, die sie demnächst
heiraten würden. Ja, Uebertragungen von Anwartschaften auf Brüder, Schwestern
oder Kinder wurden nicht selten bewilligt. Auch wurden gelegentlich
Stellvertretungen gestattet.2)
Ein erheiterndes Beispiel aus Ostafrika, wie man zu einer Anstellung gelangen
konnte, bietet die Geschichte einer Prinzessin, der Nichte des Königs von Fasa.
Diese Dame, von unbestimmbarer Farbe, war in Mombasa zum Christentum
übergetreten und Dona Maria
getauft. Auf die Vorstellung des Vizekönigs von Indien hin, dass es
1) Couto IV II S. 225.
2) Vergl. im Anhänge II einige einschlägige Erlasse.
- 169 einen guten Eindruck machen würde, wenn man derartig Bekehrte bevorzugte und
dadurch auch einen etwaigen Glaubensabfall verhinderte, beschenkte der König
sie unter dem 17. Dezember 16o5 mit einer Anstellungs-Anwartschaft auf den
Posten eines Sekretärs bei dem Rechnungsbeamten in Mombasa für ihren
zukünftigen Gatten! Bedingung war, dass der zu Beglückende ein Portugiese sei
und die Ehe von dem Erzbischof in Goa gebilligt würde. Für den Fall, dass der
Heiratslustige nach Befähigung und Lebensstellung auf einen besseren Posten
Anspruch habe, wurde auch ein solcher in Aussicht gestellt. Indessen der Erwerb
einer Gattin aus fürstlichem Geschlechte und gleichzeitige Versorgung scheinen
doch keine überwältigenden Verlockungen gewesen zu sein, wenigstens erfahren
wir, dass sich erst am 22. Dezember 1624, also neunzehn Jahre später und zu
einer Zeit, in welcher der erste Jugendreiz der Prinzessin verblüht gewesen sein
muss, ein Gatte und Verwaltungssekretär in der Person von Joäo da Fonseca
Monteiro gefunden hat.') Sehr viele solcher Anwartschaften für zukünftige Gatten
wurden auch an arme verwaiste Töchter von Edelleuten gegeben, die, mit diesem
Lockmittel ausgestattet, von Portugal nach Indien auf die Suche nach Eheglück
hinausgeschickt wurden. Dieser ständige Brauch war eine grosse Plage für die
indische Verwaltung. Auf die Vorstellungen des Vizekönigs, dass es auch in
Indien eine Ueberzahl von versorgungsbedürftigen Waisen gäbe, dass die Aemter
bereits viele Anwärter hätten, und dass ferner der Unterhalt der Waisen, bis sich
endlich ein Gemahl fände, dem Staate grosse Kosten auferlege, wurde
vorübergehend diese Auswanderung aufgegeben. Wie schon gesagt gingen alle
Anwartschaften darauf hin, dass der Anzustellende sein Amt anzutreten hätte,
sobald solches frei würde und keine andere Person mit einer früher gegebenen
Anwartschaft vorhanden wäre. Die Amtsdauer für jeden Posten war dabei fast
stets auf drei Jahre beschränkt. Wenn nicht zufällig ein anderer Anwärter fehlte,
was selten der Fall gewesen ist, oder unter besonderen Umständen eine
Verlängerung bewilligt wurde, erfolgte alle drei Jahre ein Wechsel in der
Besetzung jedes Postens. Allerdings gab es für die Verteilung der Stellen gewisse
Vorbedingungen hinsichtlich Befähigung und Geburt. Beispielsweise konnte
Kommandant von Mombasa nur eine Person werden, die angesehener Geburt war
und lange ehrenvoll als Schiffskommandant gedient hatte.') Häufig wurden auch
die Anwartschaften nur mit dem Vorbehalte erteilt, dass der damit Beschenkte
sich sofort nach Indien einschiffe und dort eine bestimmte Reihe von Jahren
diene, bevor er den Anspruch auf Einsetzung in seine Stelle machen könne. Auch
war
) Livros das Monýöes I S. 50-51 u. III S. 13.
2) Livro da Fazenda S. 119.
- 170 eine oft gestellte Vorbedingung, dass der Anwärter vorerst vier Rundreisen im
Schiffsdienste nach Indien beweisen müsste, doch dieses ändert nichts daran, dass
die Aemter nicht nach Verdienst, sondern lediglich nach Gunst und Einfluss
vergeben wurden. Sehr begründet ist daher die Klage eines Vizekönigs, gerade
bezüglich der ostafrikanischen Kommandanten, dass die Vorbedingung einer
längeren Dienstzeit in Indien für Erfahrung und Tüchtigkeit der Beamten keine
Gewähr biete, da diejenigen, die schon ihre sichere Anwartschaft in der Tasche
hätten, keine Veranlassung fiihlten, sich hervorzuthun, sondern in Musse die Zeit
ihrer Berufung abwarteten, wodurch die ungeeignetsten Personen zu wichtigen
Aemtern gelangten.') Schlimmer aber noch als dieses System der Anwartschaften
war der Brauch, gelegentlich alle Anwartschaften bei seite zu schieben und
sämtliche Aemter an den Meistbietenden zu versteigern! Zuerst im Jahre 1614
wurde durch einen Erlass aus Madrid dieser Aemterverkauf zur Aufbesserung der
Staatsfinanzen und, wie es darin auch heisst, »zum allgemeinen Besten«
angeordnet. Der Verkauf sollte, nur einmal und auf drei Jahre erfolgen, und nach
dieser Zeit sollten die Anwartschaftsinhaber wieder in ihre Rechte treten,') aber
dennoch ist später wiederholt in gleicher Weise verfahren worden.
Wohl sämtliche Stellungen brachten den Inhabern wesentlich grösseres
Einkommen als das Gehalt. Der Verdienst der in Mombasa Angestellten in ihrer
dreijährigen Amtsdauer wurde für den Kommandanten auf 30000 Crusados") (=
M. 2355oo.-), für den Rechnungsvorsteher auf 5ooo bis 6ooo Pardaos (= M.
202oo.- bis 24240.-) und für den Sekretär des letzteren auf 2ooo bis 3000 Pardaos
(= M. 8o8o.- bis 12 I20.-)') geschätzt. Im wesentlichen wurden wohl diese
bedeutenden Einnahmen durch Handelsgeschäfte erworben. Nach wie vor hatten
die Kommandanten hierin monopolartige Vorrechte,') und alles spricht dafür, dass
sie über diese hinaus das Uebergewicht ihrer Stellungen zum Nachteile der
Mitbewerber ausnutzten. In allen bedeutenderen Plätzen unterhielten sie ihre
eigenen Handelsagenten. Und nicht nur legale Geschäfte wurden betrieben. In
einer Verfügung des Königs von Portugal vom 22. Februar 1617 wird
nachdrücklich befohlen, dass sämtliche an der Küste handeltreibenden Fahrzeuge
angehalten werden sollten, sich zur Zollbezahlung nach Mombasa zu begeben;
hinzugefügt wird, dass dieser Befehl notwendig geworden sei, weil die
Zollpächter Mombasa's, worunter nur
1) Ms. Liss. Bibl. Nac. Archivo do Cons. Ultramarino. Papeis de Servi;o No.
1049. Goa, 20. Januar 1729.
2) Archivo VI S. 059.
3) Li-vro da Fazenda S. ir9, Faria v Souza III S. 516 sagt 30000 Dukaten.
4) Livro da Fazenda S. 126.
») Archivo III n S. 850.
- 71 der Kommandant bezw. seine Helfershelfer verstanden sein können, ihrer
Sonderinteressen halber die Abfertigung der handeltreibenden Fahrzeuge in den
Nebenplätzen begünstigten und hierdurch zum Schaden der Staatskasse die
Erlegung des Zolles umgingen.') Geradezu Landesverrat begingen aber die
Kommandanten dadurch, das sie entgegen allen Verfügungen die Verladung von
Holz nach dem Roten Meere gestatteten und den betreffenden Schiffen Pässe
ausstellten. Die Ausfuhr von Holz zu verhindern, hatten die portugiesischen
Oberbehörden vorzüglich im Auge, weil dadurch den Türken und Arabern der
Bau von Schiffen unmöglich gemacht und damit feindliche Angriffe und nicht
minder der Wettbewerb im Gewürzhandel erschwert werden sollte. Die Kunde
von der Nichtbeachtung dieser Gebote seitens des Mombasa-Kommandanten
erregte daher in Lissabon besondere Entrüstung. Unter dem 21. März 16i9 wurde
ein geharnischter Befehl zur Abstellung dieser Uebergriffe erlassen und den
Schuldigen Todesstrafe samt Einziehung des Vermögens nachdrücklich
angedroht. Kein Vorrecht sollte vor solcher Strafe schützen, und es wurde
angeordnet - zweifelsohne ein besonderes Vertrauenszeugnis -, dass dieser Befehl
an den Thoren der Festung von Mombasa anzuschlagen sei.') Dass neben den
stetigen Raubquellen, welche die Festungsbaugelder, Erpressungen und allerlei
Uebergriffe boten, auch gerne eine besondere Gelegenheit zu direkten Diebereien
ausgenutzt wurde, dafür ist ein Beispiel, dass nach der Scheiterung der ,Nossa
Senhora de Guadelupe", die bei Melinde zu Grunde ging, zwar eine an Bord
befindliche grössere Bar3umme
und die Ladung nach Mombasa gerettet, aber beide arg geschmälert nach Goa
weiterbefördert wurden. Die Untersuchung in dieser Angelegenheit und
Erkundigungen über den Verbleib der Festungsbau-, sowie anderer Staatsgelder
bildete einen Teil der Aufgaben, für welche im Jahre 1617 ein Oberrichter von
Goa nach Mombasa geschickt wurde. Doch ist über das Ergebnis seiner
Erhebungen nichts berichtet.3)
Der Amtsbezirk des Mombasa-Kommandanten umfasste die lange Küstenstrecke
von Barawa als nördlichstem Platze bis hinunter zum Kap Delgado; südlich
hiervon begann der Bezirk Mozambique. In seiner ganzen Amtsführung
unterstand der Kommandant unmittelbar den Befehlen des Vizekönigs von Indien.
Aller amtlicher Verkehr zwischen Ostafrika und Portugal ging ausnahmslos durch
diesen über Goa. Dem Vizekönige stand für seine Beschlüsse ein Regierungsrat
zur Seite, an dessen Zustimmung er aber nicht gebunden war. Seinerseits empfing
der Vize1) Archivo VI S. 1197.
2>Archivo VI S. i90o-1.
8) Decada XIII da Historia da India composto por Antonio Bocarro, Chronista
d'aquelle estado. Publ. da Academia Real, Lisboa 1876, S. 667 und_717.
- 172 könig alle Anweisungen direkt vom Könige von Portugal und unter dessen
Namen. Thatsächlich hatte aber in Portugal ein Ueberseerat von 5 Mitgliedern die
Leitung in Händen.') Von diesem wurden die aus Goa eingelaufenen Berichte mit
einem Gutachten und bestimmten Vorschlägen dem Könige unterbreitet, der
sodann die Befehle fast ausnahmslos gemäss diesen Vorschlägen erteilte.
Beiläufig erwähnt, haben diese Gutachten des Ueberseerats für die vorliegende
Arbeit viele urkundlichen Unterlagen geliefert, dabei aber keine hohe Meinung
von der Gründlichkeit in der Bearbeitung der behandelten Fragen, und noch
weniger von Sachkunde aufkommen lassen. Vorliebe oder Abneigung gegenüber
den in Betracht kommenden Personen haben zweifelsohne in weitgehendem
Masse die Beschlüsse beeinflusst, und vielfach macht sich Wortgetöse so breit,
dass es der portugiesischen Majestät schwer gewesen sein muss, den Kern der
Sache zu erkennen.
Ebenso wie in allen portugiesischen Plätzen jenseits des Kap der guten Hoffnung
wehte über Mombasa als Hoheitszeichen nicht die portugiesische, sondern die
Flagge des Christus-Ordens. Es war dieses eine Ehrung, die diesem Orden und
seinem einstmaligen Grossmeiser, Prinz Heinrich dem Seefahrer, in dauernder
Anerkennung der Verdienste um die Eroberung des Ostens belassen war. Auch
die gesamte geistliche Gerichtsbarkeit unterstand diesem Orden.
Es ist nicht anzunehmen, dass in den beiden ersten Jahrzehnten des 17.
Jahrhunderts, ausser in Mombasa selbst, irgendwelche staatliche portugiesische
Einrichtungen von Bedeutung an den Küstenplätzen vorhanden gewesen sind.
Die oben wiedergegebene Liste der Angestellten und das gänzliche Fehlen von
Andeutungen über solche Einrichtungen in dem gerade für diese Zeit ziemlich
vollständig vorliegenden Briefwechsel des Königs mit seinen Vizekönigen ist
hierfür beweisend. Die Oberhoheit Portugals an den Küstenplätzen wurde im
wesentlichen nur dadurch ausgeübt, dass von den eingeborenen Königen Abgaben
eingezogen wurden. An gelegentlichen Widersetzlichkeiten
dieser Fürsten hat es nicht gefehlt. So wurde im Jahre 1603 ein König von Patta
verurteilt und geköpft.) Nach dem häufigen Pochen des Königs von Melinde auf
Dienste, die er bei solchen Gelegenheiten geleistet haben will, sind auch
Zusammenstösse mit den Waffen vorgekommen, aber von bedeutenderen
kriegerischen Unternehmungen wird aus dieser Zeit nichts berichtet.
1) Vergl. Schäfer V S. 3 ff.
2) Frei Gaspar de Sao Bernardino, Itinerario da India ate este reino de Portugal
com a descripcam de Hierusalem, Lisboa i6ii, S. 26.
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0
-4
2
bf)~ .b .
:3) 42
- 173 Mit der grösseren Bethätigung des Staates an dieser Küste durch den Festungsbau
in Mombasa erschienen auch portugiesische Ansiedler und Händler in grösserer
Zahl. Gleich bei der Besetzung Mombasa's waren zufolge einer Anordnung von
Lissabon die besseren Ländereien der Insel an portugiesische Ansiedler vergeben
worden, um hierdurch die Versorgung der Festung mit -Mundvorrat zu sichern.')
Unstreitig wird der Acker- oder Gartenbau mit Hülfe von Sklaven betrieben
worden sein. Ueberwiegend werden sich aber dieAnsiedler mitHandel
beschäftigthaben. Die Gesamtzahl der portugiesischen Bewohner Mombasa's,
nicht gerechnet die Besatzung derFestung, wurde imJahre 1615 auf fünfzig
angegeben.) Wie überall in den portugiesischen Kolonien werden die dauernd
Ansässigen - moradores (= Einwohner) und casados (= Verheiratete) genannt Begünstigungen bei den Zollabgaben und Vorrechte in einzelnen Handelszweigen
besessen haben, wogegen sie zu Kriegsdiensten in Notzeiten verpflichtet waren.
Ihre Stellung entsprach durchaus derjenigen von bevorzugten Bürgern in anderen
Ländern zu der gleichen Zeit. Die Einrichtung bestand, um die Ansiedlung zu
befördern und gleichzeitig die Wehrkraft zu erhöhen. Im Jahre 1614 baten diese
Bewohner um die Verleihung von Dorf- oder Stadtrecht für Mombasa"), doch ist
nicht wahrscheinlich, dass das eine oder andere je gewährt worden ist. Nach der
Schilderung eines Augenzeugen bestand im Jahre 16o6 der von Portugiesen in
Mombasa bewohnte Stadtteil aus nur einer langen, engen Strasse von einigen
siebzig Häusern, die von den Bewohnern, offenbar wegen der Enge und Länge,
vielleicht auch in Selbstverspottung ~Fuchsbau" (rapuzeyra) genannt wurde.
Die Strasse mündete nach dem Festungsthore zu, und hieraus lässt sich unschwer
die Uebereinstimmung ihrer Lage mit der noch heute bestehenden Hauptstrasse
MIombasa's erkennen. Die Häuser werden als hoch und alt bezeichnet, und
stammen hiernach zweifelsohne aus der vorportugiesischen Zeit.') Um Reibereien
mit den Eingeborenen vorzubeugen, durften sowohl Portugiesen wie Banianen in
den ersten Jahren nach der Besetzung Momba.a's nur in dieser einen Strasse
wohnen. Vahrscheinlich ist später diese *Verfügung aufgehoben worden.
Unferne der Festung, weiter den Hafen hinauf, lag die Behausung des Königs von
Melinde.
In der ersten Zeit nach der Verlegung des Amtssitzes von Melinde nach Mombasa
durften sich Portugiesen nur in Mombasa selbst niederlassen. Jedwede
Ansiedlung an anderen Plätzen war verboten, und zwar ausgesprochenermassen
zu dem Behufe, um Zwistigkeiten mit den ein ) Archivo I1 S. 273.
2) Antonio Bocarro S. 637."
8) Livros das Moncoes III S. 13.
4) Gaspar de S. Bemardino S. 22.
- 74 geborenen Fürsten zu verhindern, und um diese letzteren gegen Vergewaltigungen
zu schützen.1) Wenige Jahre später befanden sich aber portugiesische Ansiedler
an allen bedeutenden Plätzen der Küste und auf den vorliegenden Inseln.
Namentlich ist dieses von Patta, Fasa, Pemba, Zanzibar, Mafia und Kilwa
beglaubigt. Hauptsächlich in Patta und Fasa sassen viele Händler. Im Jahre I6o6
waren in Patta 16 Portugiesen ansässig. - Eine Beschwerde der Einwohner
Mombasa's, dass die genannten Städte unberechtigter Weise aufblühten und die
Fahrzeuge von Indien anzögen, da sie hier den Zollgefällen entgingen, macht
wahr scheinlich, dass die Schmuggelgelegenheit hier die Anziehungskraft war.
Ueber die Art des Handels ist wenig berichtet. Die Alleinnutzung scheint
zeitweilig den Portugiesen vorbehalten gewesen zu sein, wenigstens war im Jahre
1595 den Banianen der Handel nach dieser Küste verboten, aber schon wieder im
Jahre 16o6 wird die Anwesenheit solcher Indier aus Diu für Handelszwecke auf
der Insel Patta erwähnt. Im wesentlichen werden gegen indische Baumwollstoffe
und chinesische Perlen, wozu auch von Portugal eingeführte Korallen hinzutraten,
GummiKopal, Kokusgarn, Elfenbein, Ambergris, Schildpatt und Sklaven
eingehandelt worden sein. Ein bedeutender Teil der Umsätze wurde wohl in
Lebensmitteln gemacht; insbesondere ist auch die Einfuhr von Reis aus Indien
beglaubigt. Ferner wird, freilich von einem Durchreisenden und damit nicht
verlässlich Kundigen angegeben, dass in Patta Gold eingehandelt wurde.') An
irgendwelchen direkten Schiffsverkehr dieser Küste mit Portugal für
Handelszwecke ist nicht zu denken; selbst Erzeugnisse Portugals, wie Wein, Oel
und Mehl wurden über Indien eingeführt. Ueberhaupt ist der ganze wirtschaftliche
Verkehr in dieser Zeit von Indien, besonders von Diu, abhängig gewesen.
Selbstredend erfolgte zusammen mit der stärkeren Beteiligung der Portugiesen in
Mombasa auch der Zuzug der christlichen Geistlichkeit. Während weiter im
Süden in dem Bezirke Mozambique und Sofala vorwiegend die Dominikaner und
später auch die Jesuiten die Seelsorge und Missionierung ausübten, war das
nördlichere Ostafrika ein Arbeitsfeld der Augustiner. Die erste Niederlassung
dieses Ordens in Mombasa wird als eine Einsiedelei bezeichnet und wird daher
kaum mehr als einen oder zwei Insassen gehabt haben. Schon im Jahre 1598
wurde sie auf Veranlassung des Vizekönigs D. Francisco da Gama auf
Staatskosten zu einem Kloster mit 4 oder 5 Zellen erweitert.') Dieses Kloster
1) Ms. Liss. Bibl. Nac. Cod. Man. No. 1987 fol. 69 ff. Dieses bemerkenswerte
Schriftstück ist vollständig im Anhang II wiedergegeben.
2) Voyage Historique d'Abissinie du R. P. Jerome Lobo de la Compagnie de
Jesus. Traduite du Portugais . . . par M. L. Grand, Paris 1728, S. 20
8) Couto XII S. i1 und Ms. Liss. Bibl. Nac. Cod. Man. No. 1987 fol. 69 ff.
- 175 bezw. Einsiedelei lag hart am Hafen oberhalb und nahe der Festung an einer S.
Antonio genannten Stelle. Im Jahre 16o6 beherbergte es sechs Insassen.')
Ausserdem befand sich in der Festung eine Kirche oder Kapelle. Auch in Fasa
war schon um diese Zeit ein Augustiner thätig, und es bestand hier eine Kirche,
die mit selbstloser oder weltkluger Hülfe des muhamedanischen Herrschers dieser
Stadt errichtet worden war. Im Jahre 1612 scheint auch in Zanzibar eine Kirche
oder doch ein christlicher Geistlicher gewesen zu sein, denn es erscheint in einer
päpstlichen Bulle aus jenem Jahre, welche die kirchlichen Angelegenheiten
Ostafrikas neu ordnete, der Name dieser Stadt. Allerdings kann damit auch die
ganze Küste gemeint sein. Ein reger Bekehrungseifer wurde seitens der
Geistlichkeit entwickelt und allerlei Erfolge scheinen erzielt worden zu sein.
Jeronimo Lobo berichtet, im Jahre 1623 in der kleinen Kirche von Fasa mit vier
Geistlichen und 70 Christen den Ostersonntag gefeiert zu haben. Freilich
bezeichnet er dieses selbst, vermutlich besonders unter Bezug auf die Zahl der
Geistlichen, als eine Ansammlung von Gläubigen, wie sie an diesem Orte nie
vorher stattgefunden habe und wahrscheinlich nie wieder stattfinden werde,') aber
dennoch lässt die angegebene Zahl unter der begründeten Annahme, dass auf der
ganzen Insel Patta höchstens 30 Portugiesen und Halbportugiesen lebten, darauf
schliessen, dass wirklich eine kleine Gemeinde von schwarzen Christen
vorhanden war. Wie allerdings gelegentlich die Zahl der Christen vermehrt
wurde, zeigt eine Erzählung des Franziskaners Gaspar. Dieser weilte im Jahre
16o6 auf der Durchreise in Fasa und hörte in dieser Zeit, dass Araber
Negerjungen zur Ausfuhr nach Arabien ankauften. Um diesen Seelenverlust zu
verhindern, veranlasste er einige Landsleute, sechs bereits in den Händen der
Araber befindliche Jungen zu kaufen, und machte sie ohne Umstände, allerdings
mit ihrer Zustimmung, durch die Taufe zu Christen.') Eine Unterweisung und
Ueberzeugung kann in diesem Falle nicht vorhergegangen sein, denn der
belehrungseifrige Geistliche hatte kaum eine Woche auf der Insel geweilt. Selbst
mit der Herüberziehung von eingeborenen Fürsten und deren Verwandten vom
Islam zum Christentum waren Erfolge zu verzeichnen. Oben ist bereits eine
Prinzessin von Fasa erwähnt. Auch ein König von Pemba trat zum Christentum
über und erhielt in der Taufe den Namen Dom Filippe. Ebenso wird ein Sohn des
Herrschers von Mtuapa als Getaufter genannt. Diese beiden letzteren fielen
indessen in den Islam zurück. Ueberhaupt wurde die Bekehrung und das
Treuhalten im neuen Glauben angesichts des
1) Gaspar de S. Bernardina. S. 22.
2) Lobo S. 26.
8) Gaspar de S. Bernardino S. 22.
- 176 Ueberwiegens des Islams in diesen Gegenden für so schwer gehalten, dass die
Brüderschaft Misericordia von Mombasa um das Jahr 1613 die jährliche
Zuwendung von 300 Säcken Reis aus den Einkünften Pemba's beantragte, um
hiermit Bekehrte und Bekehrungswillige zu fesseln. Ihr wurden auch 200 Säcke
Reis für diesen Zweck bewilligt.') Eine andere Lockung bestand darin, dass im
ganzen portugiesischen Osten Neubekehrte auf 15 Jahre von allen staatlichen und
kirchlichen Abgaben frei waren.') Es ist indessen nicht anzunehmen, dass dieses
Recht in diesem Teile von Ostafrika Wert gehabt hat, da hier, aller
Wahrscheinlichkeit nach, keine persönlichen Abgaben bestanden. Die
geistlichen Angelegenheiten des gesamten Ostafrikas unterstanden bis zum Jahre
1612 dem Erzbischofe und Primas des Ostens in Goa.
Im genannten Jahre
wurde aber durch die bereits oben erwähnte päpstliche Bulle Ostafrika vom Kap
der guten Hoffnung bis Kap Guardafui von jenem Erzbistum getrennt und einer
besonderen Prälatur mit dem Sitze in Mozambique unterstellt.') Neben der
Geistlichkeit wirkte in Mombasa mit halbgeistlichen Aufgaben die bereits
mehrfach genannte Misericordia, eine LaienBrüderschaft der ansässigen
Portugiesen. Ebenso wie in Portugal, bestanden in allen portugiesischen
Kolonialstädten gleiche, teils sehr angesehene und reiche Genossenschaften, die
sich der Wohlthätigkeit auf allen Gebieten widmeten. Zu ihren Aufgaben
gehörten die Fürsorge für Witwen, Waisen und Gebrechliche, Begräbnisse, die
Mitwirkung in Nachlassenschaften und der Loskauf von Gefangenen.
Hauptsächlich wurde auch von diesen Brüderschaften die Krankenpflege in den
Hospitälern besorgt, ja in einzelnen Städten hatten sie, wenn auch gelegentlich
von der Geistlichkeit bestritten, deren gesamte Verwaltung unter sich. Auch
von Mombasa ist das Vorhandensein eines Hospitales erwähnt, indessen ohne,
dass Einzelheiten überliefert sind. Das Hospital in Goa genoss damals eine
berechtigte Weltberühmtheit. Es kann darum auch für Mombasa an einen
einigermassen geordneten Krankendienst, wenn auch nur mit bescheidensten
Einrichtungen, geglaubt werden.
) Livros das Monyöes III S. 12-13.
') Archivo VI11 S. 956-957.
3) Francisco Bordalo, Ensaios sobre a Estatistica das Possessöes Portuguezes.
Livro IV, Estatistica de Moýambique, Lisboa 1859. S. 152 ff giebt den Wortlaut
dieser Bulle. Näheres über kirchliche Angelegenheiten dieser Zeit und die
Thätigkeit der Augustiner dürfte in Fr. Domingos do Espirito Santo ,Breve
relaýäo das christandades que os Religiosos de Santo Agostinho teem a sua conta
nas partes do Oriente ..." Lisboa 1630, zu finden sein. Für die vorliegende Arbeit
war dieses seltene Druckwerk nicht erreichbar.
74
Das Auftreten der Holländer und Engländer im Indischen Ozean.
i
Der Bau der Festung in Mombasa war zuerst allein in der Absicht begonnen, ein
Bollwerk an dieser Küste gegen die Einfälle der Türken zu schaffen. Bald
indessen traten andere Widersacher in den Holländern und Engländern hinzu,
deren Drohungen frischen Antrieb zur Vollendung gaben. Ein volles Jahrhundert
war es den Portugiesen gelungen, die Errungenschaft des Seeweges von Europa
nach dem reichen Osten allein für sich auszubeuten. Durch strenge
Geheimhaltung der Segelanweisungen, durch übertriebene Berichte von den
Gefahren der fernen Reisen und durch möglichste Fernhaltung aller
Nichtportugiesen von dem Osten wurde dieses Monopol aufrecht erhalten.
Hauptsächlich gegen die Italiener, Franzosen und Engländer richteten sich diese
Massregeln gegen Wettbewerb. Weniger fürchtete man naturgemäss die
Holländer und Deutschen. Nach wie vor waren diese die hauptsächlichsten
Abnehmer der nach Lissabon gebrachten Kolonialerzeugnisse. Häufig auch waren
die deutschen Kaufmanns-Vereinigungen in dieser Stadt die alleinigen
Kontrahenten oder wenigstens Teilnehmer an den Verträgen auf Lieferungen von
Pfeffer und anderen Gewürzen, die von der portugiesischen Regierung angebracht
wurden, und dadurch die Vorschussgeber für den Bau und die Ausrüstung der
Geschwader, die nach Indien hinausgingen. Indessen die in einem früheren
Abschnitte erwähnte direkte Teilnahme der deutschen Unternehmer an den
indischen Unternehmungen ist auf die eine Fahrt beschränkt geblieben. Nur
vereinzelt erscheinen deutsche Kaufleute noch in den ersten Jahrzehnten in Indien
als Wahrnehmer ihrer Interessen in den Pfeffer-Kontrakten. Dagegen sind von
allen fremden Völkern die Deutschen diejenigen gewesen, die am zahlreichsten
als Soldaten an den portugiesischen Unternehmungen teilnahmen. Insbesondere
alsBombardiere und Trompeter, beides nur wenig angesehene Beschäftigungen,
fanden sie Verwendung. Aber auch
Strandes, Ostafrika.
12
- 178 unter den Geistlichen findet sich mancher deutsche Name. Nächst den Deutschen
waren die Niederländer diejenigen, die am häufigsten bei den Portugiesen
Anstellung fanden. Nur ganz vereinzelt wurden Engländer und Franzosen
genommen. Zahlreicher indessen erschienen, trotz aller Verhinderungsversuche,
die Italiener. Auf dem alten Ueberlandswege von Aleppo nach dem Persischen
Golfe und Ormus gelangten sie nach Goa, wo eigentlich stets einige von ihnen
ansässig waren. Diese Italiener waren aber fast die einzigen Fremden, die in
selbständigen, wenn auch meist abenteuernden Unternehmungen nach Indien
kamen. Zu grösseren Unternehmungen durch Aussendung eigener Schiffe um die
Südspitze Afrikas hat sich kein fremdes Volk aufgeschwungen; nur ein Versuch
eines französischen Korsaren ist bekannt, der im Jahre 1527, nachdem er auch
Kilwa angelaufen hatte, nach Indien gelangte, aber hier von den Portugiesen
aufgegriffen wurde. Neben der oben angeführten Geheimhaltung schreckte eine
übertriebene Meinung von der portugiesischen Macht und deren Einfluss von dem
Wettbewerbe ab.
Eine Aenderung hierin erfolgte durch die politischen Verhältnisse Europas. Der
Uebergang der Krone Portugals auf den König von Spanien legte die erste
Bresche in diese Monopolstellung. Als Verschiffer und Weiterverkäufer nach
dem europäischen Norden der in Lissabon angebrachten Kolonialprodukte waren
die Holländer, wenn auch indirekt, eine Hauptstütze der portugiesisch-indischen
Unternehmungen gewesen. Seit dem Jahre 1566 kämpften die Holländer den
Befreiungskampf von dem spanischen Joche. Als nun im Jahre I58o die Krone
Portugals mit der Krone Spaniens vereinigt worden war, glaubte der König von
Spanien einen Hauptschlag gegen die verhassten Rebellen zu führen und ihnen
die Quelle des Reichtums abzuschneiden, indem er ihnen den Handel mit Portugal
verbot. Zwar wurde eine Zeit lang dieser Handel erst unter falscher Flagge
fortgesetzt, doch nachdem in dem Jahre 1594 50 verkappte Schiffe in Lissabon
mit Beschlag belegt worden waren, gelang eine vollständige Brachlegung dieses
Verkehrs. Spaniens König ahnte nicht, welchen bedeutenden Dienst er hiermit
den verhassten holländischen Rebellen leistete, und welchen Abbruch er seinen
eigenen Reichen zufügte. Naturgemäss richteten sich die Blicke in Holland auf
Aufnahme der direkten Fahrt nach Indien. Nachdem vorerst vergebliche Versuche
gemacht worden waren, durch Umseglung des Nordens von Europa und Asien auf der Suche nach der nordöstlichen Durchfahrt- die Gewürzländer zu erreichen,
wurde in den Jahren 1595- 1596 die erste erfolgreiche Reise der Holländer auf
dem Wege um das Kap der guten Hoffnung nach Indien gemacht. Thatkräftig
wurde das Unternehmen fortgesetzt und schon in dem kurzen Zeitraum von 159416o2 hatten die Holländer die stattliche
- 179
Zahl von 64 Schiffen in den Indischen Ozean geschickt, die hauptsächlich auf den
Gewürzinseln, in Hinterindien und auf Ceylon Fuss fassten, doch auch die
Portugiesen an der Westküste Vorderindiens beunruhigten. Zuerst war die
Vorschrift für die holländischen Befehlshaber gewesen, niemanden anzugreifen,
nur sich zu verteidigen und hauptsächlich an solchen Plätzen Verbindungen
anzuknüpfen, an denen die Portugiesen keine Niederlassungen hätten. Bald aber,
mit der Erkenntnis der eigenen Stärke und der portugiesischen Schwäche gingen
sie zum Angriff auf die Portugiesen und Spanier in den fremden Ländern über.
Durch Verbote und Kampfmittel versuchte Spaniens und Portugals König
vergebens, das Autkommen der Feinde zu hindern. Doch kaum ein Jahrzehnt
genügte, um die bisherige Alleinherrschaft der Portugiesen, die ein volles
Jahrhundert hindurch aufrecht erhalten worden war, zu brechen. Auch die
portugiesischen Besitzungen in Ostafrika hatten von den neuen Feinden zu leiden.
Wieder und wieder erscheinen in den damaligen Briefen des Königs an den
Vizekönig Mahnungen, wegen der Absichten der Rebellen - wie stets die
Holländer amtlich genannt wurden - auf Ostafrika wachsam zu sein, den Bau der
Festungswerke daselbst im Hinblick auf diese Gefahren zu beschleunigen und
durch Ausrüstung mit Kriegsbedarf und Mundvorrat auf alle Vorfälle vorbereitet
zu sein.
Zur Thatsache wurde diese Gefahr für Mozambique durch zwei Angriffe. Am 29.
März 1607 erschienen vor dieser Insel die Holländer unter Admiral Paul van
Caerden mit 8 Schiffen und O1O Mann. Da sich die Portugiesen in die Festung
zurückzogen, konnten die Angreifer ohne Schwierigkeiten landen. Nachdem sie
vergebens versucht hatten, eine Bresche zu schiessen, begannen sie eine
regelrechte Belagerung. Unter Stützung auf das an der Südseite der Stadt gelegene
Dominikanerkloster schoben sie Laufgräben gegen die Festung vor, doch in dem
sandigen Boden konnten
sie den Wällen nur auf 15-16 Fuss nahekommen und die beabsichtigte
Unterminierung nicht ermöglichen. Einige Monate versuchten sie derartig
vergebens Erfolge zu erringen. Am 29. Juni wurden sie durch zunehmende
Erkrankung ihrer Mannschaften gezwungen, abzuziehen. Vorher wurde, da die
Portugiesen die verlangte Brandschatzung nicht zahlen wollten, die Stadt samt
drei Kirchen eingeäschert. Nochmals erschien einige Wochen später dasselbe
Geschwader, nachdem es sich auf den Komoro-Inseln erfrischt hatte, vor der
Stadt, hauptsächlich in der Hoffnung, ein erwartetes portugiesisches Geschwader
anzutreffen, segelte aber, hierin getäuscht, ohne nochmals zum Angriff
überzugehen, da die Jahreszeit drängte, nach Indien weiter. Im folgenden Jahre
geriet Mozambique wieder in Not, indem am 28. Juni 13 holländische I2*
- I8O Schiffe, mit i8oo Mann an Bord, unter den Befehlen des Admirals Verhoeven, in
den Hafen einliefen. Wieder war die eigentliche Aufgabe dieses Geschwaders,
den portugiesischen Indienfahrern aufzulauern. Rein zum Zeitvertreibe wurden
6oo Mann gelandet und die Belagerung der Festung unter Benutzung derselben
Laufgräben, die noch von der vorjährigen Belagerung vorhanden waren,
begonnen. Doch auch dieses Mal gelang es den Angreifern nicht, die unter Dom
Esteväo d'Ataide von nur 12o Portugiesen1) tapfer verteidigte starke Festung zu
nehmen. Letztere wagten sogar am 8. August einen Ausfall, der den Belagerern
starke Verluste brachte. Im Begriffe abzuziehen, verging sich der holländische
Admiral durch eine hässliche That. Drei seiner Leute waren zu den Portugiesen
übergelaufen und mit offenen Armen aufgenommen worden, da sie angaben,
Katholiken werden zu wollen. Dagegen hatten die Holländer 34 Portugiesen in
ihrer Gewalt, die auf Prisen, die sie in dem Hafen gemacht hatten, gefangen
genommen waren. Unter Androhung, dass im Weigerungsfalle diese Gefangenen
erschossen werden würden, verlangten die Holländer Rückgabe der Ueberläufer.
Doch der portugiesische Kommandant blieb, unter Beruf auf Kriegsbrauch und
religiöse Verpflichtungen, standhaft, worauf die Holländer wirklich die sechs
vornehmsten Gefangenen an Stricken gefesselt aus den Laufgräben hervortreten
liessen und vor den Augen ihrer Landsleute ,arkebusierten". Die Schande dieser
That verblieb den Holländern, doch auch die Portugiesen empfanden bald Reue
darüber, dass sie den Ueberläufern Schutz gewährt hatten, da sie sich als
schlimme Nichtsnutze erwiesen. Am 23. August verliessen die Holländer
Mozambique. Die fruchtlose Belagerung hatte ihnen 40 Tote und IOO
Verwundete gekostet.") Auch im nördlichen Teile des portugiesischen Ostafrika
machten sich die Holländer lästig. In einem amtlichen Berichte aus dem Jahre
1607 von Lissabon nach Goa wird darauf Bezug genommen, dass sie das
aufständische Pemba begünstigt hätten, doch wird Näheres nicht angegeben.')
Mehr als einmal wurden auch die Kommandanten durch Schiffe, die eigens zu
diesem Zwecke hinausgesandt waren, unterrichtet, dass die Holländer Anschläge
auf diesen Platz planten, doch ist er verschont geblieben.
Nicht allein die Holländer thaten den Portugiesen im Osten in diesen
Jahrzehnten Abbruch. Als fernere Widersacher erschienen
1) Antonio Duran, Cercos de Moýambique defendidos por Don Estevan de
Atayde, Capitan general y Gouvernador de aquella Placa, Madrid 1633. S. 9.
2) Hist. Beschreibung der Reise oder Schiffart so die Holländer und Seeländer
unter der Admiralschaft Peter Wilhelm Verhuffen gethan haben. Frankfurt (De
Bry) 1612, IX S. 16 ff.
8) Livros das Monýaes I S. 78.
- I8i jenseits des Kaps der guten Hoffnung auch die Engländer. In dem unrühmlichen
Gewerbe als Kaperer, ausgestattet mit Kaperbriefen, bald von dem Prinzen von
Oranien, bald von der Königin von Navarra, war bei den Engländern im letzten
Drittel des sechzehnten Jahrhunderts durch Angriffe auf spanische Schiffe und
kühne Züge gegen die spanisch-amerikanischen Besitzungen der seemännische
Unternehmungsgeist und die Beutelust erwacht. Obgleich England und Spanien in
Frieden lebten, unterstützten dochRegierung undVolk diese im grossen Stile
betriebene Seeräuberei, da sich Raub und Vernichtung gegen die verhassten
Katholiken richteten. Die Königin Elisabeth nahm keinen Anstand, höchstselbst
durch Beteiligung an der Rhederei von Kaperschiffen aus den fragwürdigen
Unternehmungen Geldgewinn zu ziehen.') Die unhaltbaren Verhältnisse
entwickelten sich schliesslich zum offenen Kriege zwischen England und
Spanien. Die denkwürdige Vernichtung der stolzen Armada am 19. Juli 1588,
wodurch von den 138 Segeln, die zum Angriffe Englands ausgelaufen waren, nur
53 nach Spanien zurückkehrten, brachte den Engländern die klare Erkenntnis,
dass sie eine Uebermacht der Spanier und Portugiesen auf See nicht zu fürchten
hatten. Schon einige Jahre vorher waren im Jahre 1577 unter Francis Drake und
im Jahre i 586 unter Thomas Cavendish die ersten englischen Schiffe im
Indischen Ozean gewesen. Doch auf diesen beiden Reisen waren diese Gewässer
durch die Magelhaens-Strasse und den Stillen Ozean bei Umseglung der Erde von
Westen her erreicht worden, und das ursprüngliche Ziel war nicht auf Indien und
Ostasien, sondern auf Brandschatzungen der Spanier im westlichen Südamerika
gerichtet gewesen. Die erste planmässige Reise der Engländer um das Kap der
guten Hoffnung nach Indien und zwar mit dem ausgesprochenen Zwecke, »gegen
die Portugiesen zu kreuzen«, erfolgte im Jahre 1591. Erst durch diese Reise wurde
man in England aufmerksam, welche bedeutende Vorteile aus einem Verkehre
mit Indien zu erlangen sein würden. Langsam zuerst folgten einzelne Reisen,
doch bald waren die Engländer in den indischen Gewässern ebenso stetige, wenn
auch weniger bedeutende, Unternehmer wie die Holländer.
Schon bei dem angegebenen ersten Zuge der Engländer um das Kap der guten
Hoffnung machten sie Bekanntschaft mit dem äquatorialen Ostafrika. Von drei
Schiffen, die ausgingen, war eines bereits von Südwestafrika aus mit Kranken
zurückgeschickt, und ein zweites ging in einem Sturme bei Kap Corrientes
verloren. Mit dem dritten, allein übrig gebliebenen Schiffe, dem »Edward
Bonaventure«, unter dem Kapitän James Lancaster wurden wenige Meilen
nödlich von Mozambique einige Dhaus gekapert
') W. S. Lindsay, History of Merchant Shipping and Ancient Commerce, London
1874, II. Cap. III u. IV.
- 182 und hierbei ein junger Portugiese gefangen genommen. Auf der Weiterreise fand
es auf einer der Komoro-Inseln zuerst gute Aufnahme und die ersehnte
Gelegenheit zur Einnahme von Wasser, schliesslich indessen wurde eine an Land
befindliche Abteilung von dreissig Engländern von den Komorensern überfallen
und niedergemetzelt; auch ging bei dieser Gelegenheit das einzige Boot, welches
das Schiff hatte, verloren Um Mitte oder Ende November 1591 erreichte das
Schiff Zanzibar. Hier fand es eine kleine portugiesische Faktorei, die durch einen
christlichen Neger einen Brief mit der Frage an Bord schickte, wer die
Ankömmlinge seien, und was sie wollten. Auf die Antwort dass sie Engländer
seien, und auf den gut erfundenen Zusatz, dass sie mit Aufträgen Dom Antonio's,
eines portugiesischen Thronprätendenten, nach Indien gingen, erfolgte keine
weitere Frage seitens der Portugiesen. Es gelang aber den Ankömm. lingen, einen
regen Verkehr mit dem Könige Zanzibar's und den Eingeborenen dadurch zu
eröffnen, dass sie bei der Wegnahme einer Dhau zufällig einen angesehenen
Scherifen in ihre Gewalt bekamen, den sie in guter Behandlung festhielten.
Hierdurch veranlassten sie reichliche Sendungen von Lebensmitteln seitens der
Eingeborenen, die sich um die Sicherheit und Befreiung des Gefangenen stetig
bemühten. Auf den Wechsel des Monsuns wartend, lag der »Edward
Bonaventure« vom November 1591 bis Februar 1592 vor Zanzibar. Nach der
Angabe des Schiffstagebuches, dass in dem Hafen genügender Raum für ein
Schiff von 50o Tonnen sei, und aus anderen Andeutungen ist anzunehmen, dass
das Schiff nicht vor der heutigen Stadt Zanzibar mit seinem grossen Hafen und
jedenfalls nicht ganz nahe dem Wohnsitze der Portugiesen ankerte. Mit
Instandsetzung des Schiffes wurde die Zeit hingebracht. Aus gekauften IOOO
Pfund »weissem und grauem Gummi« (zweifelsohne Gummi-Kopal) wurde durch
Schmelzen ein gleich Teer verwendbarer Stoff hergestellt.') Auch ein neuer Mast
wurde aus einem cederartigen Baume mit rotem und zähem Holze (Kasuarine)
gezimmert. Nebenher wurde auch gelegentlich Jagd auf Dhaus gemacht, doch da,
wie bereits erwähnt, das Schiff das einzige Boot verloren hatte und der in
Zanzibar erbaute Ersatz klein war, sowie schlecht steuerte, scheint der Erfolg in
dieser Beziehung gering gewesen zu sein. Durch die an Bord kommenden
Eingeborenen wurden die Engländer unterrichtet, dass sie von den Portugiesen als
Seeräuber und Menschenfresser verschrieen wurden, auch erhielten sie
verschiedene Warnungen, dass die Portugiesen Anschläge gegen ihr Boot
beabsichtigten; zum Angriff auf das Schiff selbst scheinen den Portugiesen die
Macht1) Noch heute wird in Indien in Cutch aus den geringsten Sorten von
ostafrikanischen Kopalen ein Schiffspech hergestellt. Burton vermutet, dass die
Bezeichnung Jakassi, die in Zanzibar für'eine bestimmte Sorte Gummi-Kopal gilt,
mit Jahasi = Schiff zusammenhängt.
- 183
mittel &und der Mut gefehlt zu haben. Schliesslich gegen Ende des Aufenthalts
gelangte noch ein Brief des portugiesischen Faktors an Bord, in dem er
Freundschaft heuchelte und um ein Fass Vein, ein Fass Oel und einige Pfund
Schiesspulver bettelte. Da die Engländer über derartige Vorräte aus einer in
Westafrika gemachten portugiesischen Prise reichlich verfügten, wurde das
Erbetene gegeben, dagegen aber der Bote gewaltsam festgehalten, weil er
Kenntnisse von Ostindien besass und hierdurch Nutzen für die Weiterreise
versprach. Als kleine Ereignisse während dieser ersten Berührung der Engländer
mit Zanzibar ist noch zu erwähnen, dass der Schiffsarzt während eines
Aufenthalts am Lande beim Einkaufe von Ochsen vom Sonnenstich befallen
wurde und starb, und dass das Schiff vom Blitze getroffen wurde, der zwar den
Fockmast zerschmetterte und die ganze Besatzung niederwvarf, aber niemanden
tötete.') Am 2. oder nach anderen Angaben am 15. Februar verliess der »Edward
Bonaventure« Zanzibar und ging nach Indien weiter.
Schlechtere Erfahrungen machten die nächsten englischen Schiffe, die in
Ostafrika erschienen, Ende des Jahres I6o8 ankerte die »Ascension« unter
Kapitän Sharpeigh in einem Hafen des Südteiles von Pemba. Ihr und den anderen
Schiffen, die in diesen Jahren von England ausgingen, war dringend von Haus aus
empfohlen
gewesen, diese Insel zu
vermeiden,') doch war sie durch Strömung an dem als Erfrischungsort
empfohlenen Zanzibar vorbeigetrieben. Wider Erwarten fand sie zuerst gute
Aufnahme, doch schliesslich wurde eine am Lande befindliche Abteilung des
Schiffsvolkes, die mit Auffüllung der Wasserfässer beschäftigt war, von den
Eingeborenen überfallen, wobei ein Engländer getötet und ein zweiter
verwundet wurde. Zudem verschwand ein Mann, der mit einer Botschaft ins
Innere
der
Insel geschickt war, und eine nachgesandte Abteilung konnte keine Spur von ihm
finden. Da ferner Gerüchte laut wurden, dass die Portugiesen von Mombasa aus
zu einem Angriffe auf das Schiff herüberzukommen beabsichtigten, ging die
»Ascension« in See. Am folgenden Tage kaperte sie drei Dhaus. Ein Teil der
eingeborenen Mannschaft wurde an Bord gebracht und gut behandelt, doch
plötzlich ohne ersichtlichen Grund zogen sie ihre Messer und griffen die
Engländer an. Wie es in dem Schiffstagebuch heisst »wurde auf diesen Vorfall
kurzer Prozess gemacht und die meisten der Eingeborenen auf verschiedenen
Wegen zu ihrer letzten Heimat befördert; Gott wurde für diese Erlösung gedankt
und
) The Voyages of Sir James Lancaster Kt. to the East Indies with abstracts of
Journals of Voyages to the East Indies during the seventeenth Century. Ed. by
Clemens R. Markham, London, Hatuyt Society, 1877. S. 6 fr. und 26.
2) The first Letter Book of the East India Company 16oo-1619. Ed. by Sir George
Birdwood. London 1893. S. 1I8.
- 184 das alte Sprichwort bestätigt gefunden, dass ein Unglück nie allein kommt«. Nach
einem anderen Berichte betrug die Anzahl dieser Eingeborenen einige dreissig
Mann, darunter vornehme Araber, und die verschiedenen Arten der
Heimbeförderung bestanden in Niederstossen und Ueberbordwerfen, sodass nur
fünf oder sechs entschlüpften.') Derartig haben die Engländer mitKämpfen
undUeberfällen auf Pemba und in denPemba-Gewässern, die ihnen und den
Eingeborenen in dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bei Verfolgung von
Sklavenhändlern so viele Tote kosteten, schon frühzeitig begonnen. Die in den
drei Dhaus gemachte Beute bestand vorwiegend aus groben Baumwollstoffen und
hatte nur geringen Wert. Schlimmer noch als der »Ascension« in Pemba erging es
in demselben Jahre der zu demselben Geschwader gehörenden »Union« in oder
bei Zanzibar. Ein mit Lotungen beschäftigtes Boot wurde von den Portugiesen
überfallen und dabei 8-IO Engländer niedergemacht und der Superkargo und ein
Matrose gefangen genommen, die, nach Goa überführt, erst nach Jahren ihre
Freiheit wiedererlangten.') Nochmals machte dasselbe Schiff, als es um Mitte
16io mit Pfeffer beladen von Indien nach England heimsegelte und Zanzibar
anlief, hier wieder schlechte Erfahrungen, indem es durch einen verräterischen
Ueberfall der Eingeborenen den Kapitän und andere Personen der
Schiffsbesatzung verlor2) In allen Fällen wurde das erlittene Ungemach, selbst
wo keine Portugiesen die Thäter waren, deren Aufreizungen zugeschrieben.
Freilich waren England und Portugal damals im Frieden, aber die Sitten jener Zeit
erlaubten starke Mittel gegen Nebenbuhler. Ein Sprichwort, das unter den
Seefahrern aller europäischen Völker im Anfange des 17. Jahr hunderts im
Schwange war, lautete »Jenseits der Linie giebt es keinen Frieden«, und
entsprechend dieser Redensart war Gewalt gegen Europäer und Eingeborene so
lange der gebräuchliche Weg, das Gewünschte durchzusetzen, als nicht ein
Stärkerer gegenüberstand. Eine ständige Festsetzung in dem nördlichen Ostafrika
scheint weder von den Holländern noch von den Engländern bei der Aufnahme
der Ostindienfahrt beabsichtigt gewesen zu sein. Nur die Notwendigkeit der
Einnahme von Wasser, Feuerholz und Lebensmitteln hat bei den ersten Reisen
das Anlaufen von Pemba und Zanzibar veranlasst. Aber schon damals wurden die
Vorzüge Zanzibar's für diesen Zweck von den Engländern erkannt und das
Anlaufen dieser Insel allen in die Nähe kommenden Schiffen wegen
1) Voyages of Sir James Lancaster, S. 121 und 127 und Purchas, His Pilgrims,
London 1625, 1 S. 228.
) Purchas I S. 233 und The Voyage of Fran(ois Pyrard of Laval, transl. by Albert
Gray, London Hakluyt Society 1887 11 S. 264.
') Voyages of Sir Jan:es Lancaster, S. 146.
- 185 -der Güte des Hafens und der Wasserversorgung und wegen des Reichtums an
Gross- und Kleinvieh, Fischen und Früchten empfohlen.1)
Verluste von Schiffen durch Seegefahren und Feinde und von Menschen durch
Krankheit und Kämpfe hatten die Holländer und Engländer bei der Aufnahme der
Fahrt nach Ostindien nicht weniger zu erleiden, wie die Portugiesen. Aber der
Geldgewinn jener Unternehmungen war das Ungemach wert. Bei einer Reise
eines englischen Schiffes, das nach fünfjähriger Abwesenheit im Jahre 1611
zurückkehrte, wurde ein Gewinn von 218 pCt. erübrigt, und eine andere
Expedition der Engländer in ungefähr derselben Zeit brachte sogar, da sie nur
zwanzig Monate gedauert hatte, 340 pCt. Gewinn.') Weniger bedeutend sind die
Gewinnzahlen der Holländer, aber immerhin konnte die holländische ostindische
Kompagnie ihren Anteilhabern im Jahre 16o6 75 pCt. und im Jahre 1607 40 pCt.
als Gewinn ausschütten.') Der Ausfall war aber im wesentlichen von Glück und
Zufälligkeiten abhängig, Gegenüber den ausserordentlich guten Ergebnissen bei
einzelnen Reisen brachten andere Reisen nur Verlust. Frühzeitig führte dieser
Umstand dahin, dass sowohl in England (i6oo) wie auch in Holland (1602) das
getrennte Vorgehen von Einzelunternehmern aufgegeben und zur Verteilung des
Wagnisses sowie Vermeidung des Wettbewerbs grosse Gesellschaften gebildet
wurden, denen das Alleinrecht des Handels und der Schiffahrt, östlich des Kaps
der guten Hoffnung, staatsseitig verliehen war.
Zuerst, solange sich Holländer und Engländer im Osten noch nicht stark fühlten,
vereinigten sie sich häufig zu gemeinsamem Vorgehen gegen die Portugiesen und
Spanier. Bald genug standen sie sich aber nicht nur stetig als WVettbewerber im
Handel, sondern gelegentlich auch mit den Waffen gegenüber. Nicht weniger
monopolsüchtig als die Portugiesen, suchte sich jeder die alleinige kaufmännische
Ausbeutung bestimmter Plätze zu erhalten. Doch der Haupterfolg war lange auf
Seiten der Holländer, und, verglichen mit den Engländern, waren die ersteren bei
weitem die gefährlicheren Widersacher der Portugiesen.
In stetigen Kämpfen waren die Portugiesen und Spanier schon gegen das Jahr
16o5 von den reichen Molukken so gut wie vertrieben und des Handels mit
Hinterindien, Japan und China beraubt. Zwar wurde im Jahre 16o9 ein
zwölfjähriger Waffenstillstand zwischen Spanien und Holland geschlossen, doch
mit Ausschluss aller jenseits des Aequators liegenden Weltteile, sodäss die
portugiesischen Besitzungen im Osten unverändert den feindlichen Angriffen
au.gesetzt blieben.
) Voyages of Sir James Lancaster, S. 8.
2) Lindsay II S. 158 nach M>adows Taylor's Man of India History.
8) K. Th. Wenzelburger, Geschichte der Niederlande, Gotha I886 II, S. 768.
- 186 Weniger nachdrücklich als im Insel-Indien und Hinterindien traten die Holländer
in Vorderindien auf, doch auch hier fassten sie im Jahre 1612 durch einen
günstigen Vertrag mit dem Kaiser Ceylons Fuss, wodurch den Portugiesen der
Handel und die Herrschaft über diese Insel allmählich entrissen wurde. Lange
Jahre hindurch hielten die Holländer selbst Goa, die stolze Metropole des Ostens,
mehr oder weniger blockirt und thaten den Portugiesen durch ein Bündnis mit
dem Samorin von Kalekut in weiteren Gebieten von Vorderindien Abbruch. Doch
die Engländer waren diejenigen, die den Portugiesen im westlichen Teile des
Indischen Ozeans die erste schwere, unheilbare Wunde zufügten. Trotzdem
England mit Portugal und Spanien in Frieden lebte, vereinigten sich im Jahre
1622 englische Schiffe, gegen das Versprechen von Zollfreiheit und anderen
Vorteilen, mit dem Schah von Persien zu einem Angriffe auf Ormus, und Stadt
und Festung fielen in die Hände der Perser.1) Portugal ging damit eines Platzes
verlustig, der ein Hauptjuwel seiner Besitzungen war. Als Umschlagplatz für den
Handel, der von Indien das westliche Asien und den Osten Europas versorgte, war
Ormus unzweifelhaft lange Jahrhunderte der bedeutendste Handelsplatz des
Ostens, wenn nicht der ganzen Welt. Die Zolleinkünfte von Ormus brachten den
Haupteinnahmeposten in der portugiesisch-indischen Verwaltung, und der Verlust
dieses Platzes und seiner Vorteile ist ein Markstein des Verfalls der
portugiesischen Kolonialherrlichkeit.
') Zanzibar birgt in einer Anzahl mächtiger alter Bronzegeschütze, die dem Sultan
gehören, Erinnerungen an dieses wichtige Ereignis. Neben dem portugiesischen,
bei anderen Stücken dem spanischen Wappen ist eine persische Inschrift
eingegraben, die nach gütiger Uebersetzung des Herrn Konsulatsdragomans
Rössler wie folgt lautet: Zur Zeit der mächtigen und starken Herrschaft des
Padiscbah der Erde und der Zeit des Schah Abbas Safawi, im Jahre 1031 der
Flucht des Propheten, hat der Sohn von Allah-wirdi-khan, der ein aufrichtiger
Knecht des Amir el Muminin ist, der Iman Kulikhan, Statthalter von Fars, von Sar
(? Sohar), von Kuh Giluge und Bahrein, die Burg von Ormus genommen, und
dies sind die Kanonen, welche er erobert hat. Auf einem Stücke befindet sich der
Vorsatz: Die Hülfe kommt von Gott, und der Sieg ist nahe, und der Nachsatz: und
verkünde frohe Botschaft denen, welche in der Absicht zu kämpfen ausziehen.
Der Aufstand in Mombasa.
In Freundschaft und Liebe war der König von Melinde, wie oben erzählt,
wahrscheinlich im Jahre 1592, zusammen mit den Portugiesen, als neuer
Herrscher in Mombasa eingezogen. Die höchste Ehre, die Portugals König
nichtchristlichen Fürsten gewährte, war ihm durch Verleihung des Titels
Waffenbruder des Königs von Portugal erwiesen und greifbarere Vorteile waren
ihm dadurch zugewandt worden, das; er einen Teil der Ländereien auf der Insel
und einen Anteil an den Zolleinnahmen erhielt. Bei der Verteilung der Ländereien
zu gleichen Hälften zwischen Portugiesen und dem König von Melinde war
allerdings anfänglich (1594) bestimmt, dass letzterem nur die schlechteren
Strecken im Innern der Insel, unter Ausschluss der Strecken am iMeeresstrande,
zufallen sollten, bei welcher Anordnung vielleicht die misstrauende Vorsicht
mitgesprochen hat, die Verbindung nach der See zu erschweren, doch schon
wenige Jahre später (1596) wurde von Lissabon aus erlaubt, dass dem Könige
auch Ländereien an der der Stadt entgegengesetzten Seite der Insel (dem heutigen
Kilindini oder Makupa) zu eigen gegeben werden dürften.') Hinsichtlich der baren
Zuwendungen war die weise Einrichtung getroffen, dass dem Könige von
Melinde nicht ein bestimmter Betrag, sondern ein Drittel der Zollhauseinnahmen
Mombasa's zugesichert war, um ihn auf diese Weise zur Mitarbeit an der
Vermehrung der Einkünfte anzuspornen. Bei eingetretener Vergrösserung dieser
Zolleinkünfte wurde freilich von dem Vizekönige Indiens in Vorschlag gebracht,
den Anteil auf 15oo Crusados (= M. I 1775.-) jährlich festzusetzen und es bei
diesem Betrage bewenden zu lassen, doch wurde unter dem 2 1. November 1598
von Lissabon verfügt, dass Gerechtigkeit walten müsse und dem Könige das volle
Drittel zu belassen sei.')
) Archivo III I S. 437 und Il II S. 593.
2) Archivo 11111 S. 913.
- I88
Für eines der ersten Jahre des 17. Jahrhunderts wird der derartig zur Auszahlung
gelangte Anteil auf 3060 Xerafinen (= M. 12362.-) angegeben.') Die besten
Beziehungen zwischen den Portugiesen und dem Könige von Melinde bestanden
so lange, wie der tüchtige erste Kommandant Matheus Mendez de Vasconcellos,
über dessen Geschick mit den Eingeborenen umzugehen, nur eine Stimme des
Lobes ist, am Ruder war. Doch nachdem Antonio Godinho de Andrade (auch
Antonio Godinho de Sousa genannt) um das Jahr i596 das Kommando
übernommen hatte, begann eine merkliche Verschlechterung der Beziehungen.
Nicht nur, dass der König von Melinde sich sofort nach Lissabon über das
Gebahren des Genannten beschwerte, da dieser durch die Hindernisse, die er dem
Handel und der Schiffahrt sowohl der Portugiesen wie auch der Eingeborenen
auferlegte, zu Empörungen reize, sondern auch mit seinergesamten Stellung in
Mombasa zeigte sich der König unzufrieden. Unter Pochen auf seine den
Portugiesen geleisteten Dienste und unter Hinweis auf die Beschwerden, die ihm
der Aufenthalt in Mombasa, fern seiner eigentlichen Heimatsstadt Melinde,
auferlege, sandte er nach Lissabon eine lange Wunschliste. Zur Aufbesserung
seiner Finanzen, die nach seiner Angabe durch Ausgaben zur Bekämpfung der
portugiesischen Widersacher aus dem Geleise geraten waren, und für die der
Anteil an den Zöllen nicht genügte, erbat er die Erlaubnis einer Handelsreise nach
China. Es w ar dieses das Vorrecht einer Fahrt von Goa nach China und Japan,
die zu den ständig gebräuchlichen Gnadenerweisen des portugiesischen Königs
zählte, und die dem Begnadeten 8oooo bis IOOOOO Crusados eintrug. Dann
wünschte der König freie Fahrt für seine Fahrzeuge zwischen allen
portugiesischen Besitzungen und Zollfreiheit für seine eigenen Waaren. Ferner
erbat er, ebenso wie es den muhamedanischen Fürsten Indiens gestattet war, die
Erlaubnis, alljährlich ein Schiff nach dem Roten Meere zur Pilgerfahrt nach
Mekka schicken zu dürfen. Sodann empfahl er, den ostafrikanischen Fürsten die
Tribute zu erlassen, die ihnen nach den Einfällen der Türken auferlegt waren, da
die Pflichtigen zu arm zur Bezahlung wären, und erbat, dass man ihm die
Verkündung dieser Befreiung überlassen möge. Dann verlangte er, dass er von
allen Prozessen gegen Muhamedaner in Ostafrika, sowohl in Civil- wie auch in
Strafsachen, unterrichtet würde.2) Am meisten aber lag ihm die Erlangung seiner
Belehnung mit Pemba am Herzen. Welche Entwicklung die Verhältnisse auf
dieser Insel genommen haben, ist aus den vorliegenden Quellen nicht ganz klar
ersichtlich. Wie oben geschildert, war bei den Türkeneinfällen der König von
Pemba von seinen eigenen Unter > Livro da FazendaZS. 78.
2) Archivo IIII S. 849.
- 189 thanen vertrieben gewesen und später von den Portugiesen wieder in sein Reich
eingesetzt worden. Jedoch hat diese neue Herrlichkeit nur zwei oder drei Jahre
lang gedauert. In dem Verlangen, sich bei den Portugiesen Liebkind zu machen,
schrieb er an den Erzbischof in Goa und ersuchte um Entsendung eines
christlichen Geistlichen zu seiner Taufe. Der Ausführung dieser Absicht kamen
seine Unterthanen zuvor, indem sie ihn vergifteten.') Da der Vergiftete keine
Kinder hatte, war der Thronerbe sein Bruder. Dieser befand sich im Jahre 1595/96
als Landesvertriebener in Mombasa und wurde von dem durchreisenden
Vizekönig D. Francisco da Gama mit nach Indien genommen und ihm das
Versprechen gegeben, ihn demnächst wieder mit Waffengewalt in sein Inselreich
zurückzuführen.') Um die gleiche Zeit schon begannen die Ansprüche des Königs
von Melinde auf Pemba. Doch in einem Erlass aus Lissabon vom 21. November
1598 wurde verfügt, dass in Anerkennung der Absichten des vergifteten Königs,
sich zum Christentum zu bekehren, dem Bruder desselben die Herrschaft
übergeben werden solle, wenn auch dieser sich dem wahren Glauben zuwende.3)
Dieses scheint thatsächlich geschehen zu sein, denn in den Briefen des Königs
von Portugal an seinen indischen Statthalter ist in späteren Jahren (1607) die Rede
von Dom Filippe, König von Pemba, der mit einer portugiesischen Waise, Dona
Anna, verheiratet war, zuerst Zufriedenheit bereitete, dann aber zu grösstem
Aergernis dadurch Anlass gab, dass er sich von Mombasa mit seinem Sohne
heimlich entfernte und in den Islam zurückfiel.') Ob dieser König wirklich eine
Zeitlang die Herrschaft in Händen gehabt hat oder immer nur Prätendent war, ist
nicht ersichtlich. Im besten Falle wird er nur kurze Zeit das Regierungsruder
geführt haben. Aber auf ihn und nach seinem Tode, der ungefähr in 16o5 erfolgt
sein muss, auf seinen Sohn Dom Estevan, als Sohn einer Portugiesin, wurde
gegenüber den Ansprüchen des Königs von Melinde grosse Rücksicht genommen.
Von Lissabon wurde befohlen, sich dieses Sohnes zu bemächtigen, ihn nach Goa
zu überführen, dort im christlichen Glauben auf Kosten des Staatsschatzes
erziehen zu lassen und auf den königlichen Dienst vorzubereiten. Es scheint
indessen, dass dieser Plan nicht zu verwirklichen gewesen ist, denn endlich nach
länger als zehnjährigem Begehren wurde unter dem Vizekönige D. Martim
Affonso de Castro, der 16o4-i6o8 regierte, doch der König von Melinde unter
Festsetzung von Pachtabgaben mit der Insel Pemba belehnt. Vielleicht hat bei
dieser schliesslichen Ordnung die Macht der Thatsachen mitgesprochen, denn
1) Archivo I1I n S. 913.
2>Couto XII S. 8.
2) Archivo III S. 914.
*) Livros das'Mon_6es I S. 78 u. f.; III S. 12.
- I90 es wird berichtet, dass der König von Melinde die Insel mit eigenen Machtmitteln
und auf eigene Kosten erobert habe, ohne dass die Portugiesen die versprochene
Hülfe geleistet hatten. Ueber die Höhe der Pachtabgabe ist nichts Genaues
angegeben, vermutlich bestand sie im wesentlichen in der jährlichen Lieferung
von 300 bis 500 Mattsäcken Reis. Lange hat sich der alte König von Melinde,
wahrscheinlich Achied mit Namen, des mühsam erstrittenen Lehens nicht
erfreut. Gegen
Beginn des Jahres 16o9 ist er gestorben, und die Herrschaft ging auf seinen Sohn
Hassani über.
Aufs neue wurden hiermit alle einschlägigen Fragen in den Vordergrund
gedrängt, da die Portugiesen nicht ohne weiteres dem Sohne die dem Vater
gemachten Zuwendungen bestätigen wollten. Auf ein langes Memorandum, das
wahrscheinlich noch von dem alten Könige über seine Dienste und Ansprüche
nach Lissabon gesandt war,') und in welchem insbesondere die Streichung der
Pachtabgaben für Pemba verlangt wurde, erstattete der portugiesische Kronanwalt
(1609) ein Gutachten,') das in folgendem gipfelt:
i. Der Drittel-Anteil an den Zöllen ist zu bestätigen, da der König
ohne diese Einnahme in Mombasa nicht leben kann und beim Fortfall
wahrscheinlich von Mombasa wegziehen würde, was
dieser Stadt zum Nachteil gereichen würde.
2. Das erbotene Recht der Reise nach China ist zu verweigern,
da die Dienste, auf Grund deren sie beantragt ist, nicht von dem jungen Könige,
sondern von seinem Vorgänger geleistet sind und man noch nicht weiss, ob der
junge König einen
solchen Gnadenerweis verdient.
3. Die Belehnung mit Pemba ist zu bestätigen, da nur der König
von Melinde dort regieren kann und die Portugiesen selbst wegen der ungesunden
und sumpfigen Beschaffenheit, die Erkrankungen und Tod verursacht, aus dieser
Insel sonst keinen Nutzen ziehen können. Ein Erlass der Pachtabgabe braucht
nicht gewährt zu werden, da der alte König das Lehn unter ausdrücklicher
Zustimmung ihrer Entrichtung angenommen hat.
4. Die allgemeine Bestätigung aller Vorrechte, welche die Vizekönige
Indiens den Königen von Melinde gewährt haben, ist ohne nochmalige
vorgängige Prüfung auf die Angemessenheit nicht angebracht.
Dieses Gutachten wurde unter dem 29. Oktober 16o9 nach Goa an den Vizekönig
mit dem Ersuchen übersandt, auf Grund desselben
) Livros das Monýoes I S. 258-259.
2) Livros das Moný6es I S. 260.
- 9I die vorliegenden Fragen zu beraten und zur Erledigung bestimmte Vorschläge zu
machen. Doch die Sache blieb lange in der Schwebe und von Goa scheint nicht
durchgehends in Zustimmung jenes Gutachtens berichtet worden zu sein. Erst am
13. Februar 1612 erteilte der König von Lissabon den Befehl, dem Könige von
Melinde, doch nur für sich, nicht auch für seine Erben, die Ueberweisung des
Drittel-Anteils an den Zolleinkünften Mombasa's zu bestätigen. Gleichzeitig wird
wieder erneut die Frage aufgeworfen, was mit Pemba werden solle, und angefragt,
ob sich nicht ein Portugiese oder eine Gesellschaft von Portugiesen finden würde,
die die Pacht der Insel gegen dieselbe Abgabe, die der König von Melinde erlegte,
übernehmen und auch zum Schutze gegen etwaige Einfälle der Türken daselbst
Befestigungen anlegen würde. Erst mangels portugiesischer Unternehmer sollen
die Ansprüche des Königs von Melinde nochmals erwogen werden.')
Inzwischen hatte aber bereits im Jahre I5io an Ort und Stelle in Mombasa die
Pemba-Pachtung zu Misshelligkeiten Anlass gegeben. Ungeachtet die Bestätigung
von entscheidender Stelle fehlte, hatte der König Hassani die Nutzung von Pemba
fortgesetzt, wollte hierfür aber nur eine Abgabe von 300 Säcken Reis als die stets
üblich gewesene Menge erlegen, wogegen der Kommandant eine Abgabe von 500
Säcken verlangte. Ernste Verwicklungen und traurigste Ereignisse wurden hiermit
eingeleitet. In Manuel de Mello Pereira hatte Mombasa im Jahre i6io einen neuen
Kommandanten erhalten, der seine Vorgänger an schlechten Eigenschaften noch
übertraf. Auf Bereicherung bedacht und erpicht, seine Macht fühlen zu lassen,
verweigerte er, weil der König in der Pachtangelegenheit keine Gefügigkeit
zeigte, diesem den stets üblichen Pass für eine Dhau, die er wie alljährlich nach
Barawa zum Einkauf von Ziegen und Butter zu senden pflegte.
Nichtsdestoweniger liess der König die Dhau segeln, doch der Kommandant liess
sie durch das portugiesische Wachtschiff bei Patta aufbringen und
beschlagnahmen. Empört hierüber verweigerte der König weiteren Verkehr mit
dem Kommandanten und unterliess die gebräuchlichen Besuche in der Festung.
Die Missstimmung wurde dadurch vermehrt, dass gleicher Zeit der am Festlande
wohnende Negerstamm der Musungulos, vermutlich angelockt von der Nachricht
des Unfriedens zwischen den Machthabern, einen Einfall auf die Insel machte und
sich König und Kommandant gegenseitig beschuldigten, ihn herbeigerufen zu
haben. Aufs neue wurde im folgenden Jahre (I6I I) der Streit lebendig. Auf Grund
einer Meldung, dass ein holländisches feindliches Geschwader nahe, richtete der
Kommandant an den König die Aufforderung, seine Vorräte von Getreide in die
) Livros das Monýaes II S. 162-3.
- 192 Festung schaffen zu lassen, damit sie im Falle einer Belagerung zur Hand wären,
doch der König lehnte ab, da er fürchtete, sein Eigentum zu verlieren. Zwar
kleidete der König seine Weigerung in die vorsichtige Form, dass er nicht jetzt,
sondern erst wenn die Feinde vor dem Hafen in Sicht wären, sofort selbst mit
allen seinen Mannschaften und seinem gesamten Eigentum als treuer Vasall des
Königs von Portugal in der Festung zur Unterstützung der Verteidigung
erscheinen würde, doch nannte desungeachtet der Kommandant in seiner Antwort
den König einen Empörer. Die Erregung stieg aufs Höchste. Die Zwistigkeiten
der beiden Machthaber machten die Lage in Mombasa äusserst gefährlich. Die in
orientalischen Herrscherfamilien eingebürgerte Eifersucht und Anfeindung der
Familienmitglieder untereinander machten sich auch hier fühlbar, indem
Munganaja (Munie Najer?), ein Oheim des Königs, gegen den König beim
Kommandanten hetzte und ihn anschwärzte, dass er Aufstandsgelüste habe. Doch
dieses Mal gelang es noch den Warnungen und dem Zureden von Antonio da
Cunha, der als Vorsteher des Rechnungswesens und der Civilverwaltung nächst
dem Kommandanten der höchste portugiesische Angestellte in Mombasa war, den
Ausbruch des Sturmes zu verhindern. Unter Verpfändung seines eigenen Lebens
für seine Sicherheit überredete er den König zur Abstattung eines versöhnenden
Besuches beim Kommandanten, und obgleich der Letztere für diese Veranlassung
beleidigende Sicherheitsmassregeln traf, indem er sogar bei Makupa bewaffnete
Boote zur Abwehr gegen einen etwaigen Zuzug von Musungulos hinlegte, verlief
doch die Begegnung ohne Zwischenfall.1) Aber der Friede sollte nicht lange
währen. Schon einmal, während sich die oben erzählten Streitigkeiten ereigneten,
hatte Munganaja, der erwähnte Oheim des Königs, in der Nacht an das Thor der
Festung gepocht und mit der Nachricht Einlass begehrt, dass sich in der Stadt ein
Aufstand vorbereite, und dass man ihm, als Anhänger der Portugiesen, nach dem
Leben trachte. Aufs neue trieb er dasselbe Spiel, indem er wieder im Januar 1612
zum Kampfe gerüstet in der Festung erschien und lügnerisch von dem Nahen der
Musungulos berichtete. Sie seien durch seinen Neffen zum Ueberfall der
Portugiesen gerufen, er selbst aber sei derjenige, der, im Gegensatze zu dem
Haupte seiner Familie, die ein Jahrhundert bewährte Treue der Dynastie gegen die
Portugiesen vertrete. Obgleich der König, zur Rechenschaft aufgefordert, die
gänzliche Unhaltbarkeit der Verleumdungen nachwies und für seine Unschuld
ohnedies das bekannte Streben Munganaja's, Unruhe zu stiften, sprach, glaubte
doch der Kommandant den Anklagen Glauben schenken zu müssen. In höchster
1) Bocarro S. 112-116.
- 93 Erregung, trotz der eindringlichen Warnungen von Antonio da Cunha liess er die
Kanonen der Festung auf die nahe Behausung des Königs richten und dieselbe
beschiessen.') Doch der König liess sich nicht zum Kampfe reizen. Ruhig verliess
er mit seinen Anhängern unter Vorantragung einer Christusflagge, mit der
ausgesprochenen Absicht, dem Kommandanten Zeit zur Abkühlung zu geben, die
Stadt und Insel und liess sich in dem einige Meilen nördlicher gelegenen Kelife
nieder. Munganaja hatte hiermit vorläufig gewonnenes Spiel, denn er wurde in
Abwesenheit des Königs zum Regenten eingesetzt. Auch nachdem einige Monate
später ein jüngerer Bruder des Königs Hassani zu diesem Posten berufen wurde,
blieb doch die Ausübung der Macht in seinen Händen. Weniger ruhig als der
König selbst, trugen seine Anhänger das Unrecht. Trotz des Abratens des Königs
unternahmen die Musungulos, die ihm besonders zugethan waren, einen Einfall
auf die Insel, und wenngleich sie hierbei mit der Absicht vorgingen, jeden
Zusammenstoss mit den Portugiesen zu vermeiden und nur Munganaja aus seiner
zu Unrecht erlangten Stellung zu vertreiben, so kam es doch bei iMakupa zu
einem Kampfe, in dem auch einige Portugiesen fielen. Wahrscheinlich in Folge
dieser Begebenheiten kehrte Hassani, nachdem seine freiwillige Verbannung acht
Monate lang gedauert hatte, nach Mombasa zurück. Ob dieses auf Grund von
Verhandlungen erfolgte, oder ob er hierdurch, was naheliegend ist, einen Beweis
seiner Unschuld an jenem Einfalle geben wollte, ist nicht berichtet. Jedenfalls
scheint ein leidliches Verhältnis zwischen König und Kommandanten
wiederhergestellt worden zu sein. Nur dadurch verblieb eine Trübung, dass der
König auf die Auslieferung von Munganaja bestand, aber seinen Willen nicht
erhielt.
Diese halbwegs befriedigende Ruhe dauerte einige Monate, als im Jahre 1614 ein
Schiff aus Goa eintraf. Beide streitenden Parteien hatten über die Vorfälle,
natürlich jede nach ihrer Auffassung, an denVizekönig berichtet, und beide
erwarteten die Entscheidung und Abhülfe mit diesem Schiffe. Bei den
bezüglichen Erwägungen in Goa hatte die Ansicht überwogen, dass thatsächlich
der König unschuldig sei und die Schuld an den Vorfällen den Kommandanten
treffe. Dennoch aber war der Entschluss gefasst worden, den König vorerst
gefangen zu nehmen und nach Goa zur Aburteilung zu schicken, da man sich
hiervon eine einschüchternde Einwirkung auf ganz Ostafrika versprach. Mit der
Ausführung des Befehles wurde Simäo de Mello Pereira betraut, der mit dem
gleichen Schiffe zur Ablösung von Manuel de Mello Pereira, dessen dreijährige
Amtsdauer
) Unwillkürlich richtet diese Begebenheit die Gedanken auf die am 9. Sept.
1896 erfolgte Beschiessung des Sukanspalastes in Zanzibar durch die
Schutzmacht England. Mutatis mutandis ist die Aehnlichkeit beider Ereignisse so
augenfällig, dass des Weisen Ben Akiba Alles schon dagewesen" hierin einen
trefflichen Beleg hat
Strandes, Ostafrika.
13
- 194 abgelaufen war, als Kommandant nach Mombasa ging. Schon das Ausbleiben
jedweder Antwort auf seine nach Indien gerichteten Briefe hatte den König
misstrauisch gemacht, und als er nun aufgefordert wurde, in der Festung zu
erscheinen, flüchtete er Unheil fürchtend, vielleicht auch gewarnt, nach dem
Festlande. In Arabaja, dem heutigen Rabaia, fand er inmitten der ihm ergeben
gewesenen Musungulos zuerst gute Aufnahme, doch treulos wurde er hier bald
darauf gegen eine Gabe der Portugiesen von 2ooo Stücken Zeug verraten und
ermordet. Zum Beweise der geschehenen That schleppten die Neger die Leiche
nach Makupa. Hier wurde ihr im Auftrage des Kommandanten der Kopf
abgeschnitten und dieser später nach Goa mit einem Aufwande überführt, als ob
es sich um die schwer errungene Trophäe eines bedeutenden Krieges handle.')
Doch dieser feige Meuchelmord fand nicht die von den Thätern envartete
Billigung. Mehr noch, als seine nackte Schilderung der Entwicklung des Streites
rechtfertigt, hebt Antonio Bocarro, dem in obiger Wiedergabe gefolgt ist, und der
während dieser Begebenheiten als staatlicher Chronist in Goa lebte, die gänzliche
Unschuld und die unerschütterliche Lehnstreue des Königs gegenüber den
selbstsüchtigen, sinnlosen und herrschsüchtigen Verfolgungen der beiden
Kommandanten de Mello Pereira hervor. Der offenbar auch zu Tage getretenen
Halsstarrigkeit und Unklugheit des Königs wird kein Gewicht beigelegt. Dieselbe
Auffassung, dass dem Könige Unrecht geschehe, war in Lissabon an
bestimmender Stelle geltend. Schon auf den Bericht des Vizekönigs über die
Absicht der Gefangennahme Hassani's hatte der König von Portugal in einem
Schreiben vom 6. Februar 1615 die Unklugheit jener Massregel getadelt und
dargelegt, dass sie, wenn kein genügender Grund dafür vorhanden sei, den
Betroffenen nur erbittern würde, dass daher die bezüglichen Anweisungen, wenn
noch möglich, zurückgezogen werden müssten, dagegen aber eine
Vertrauensperson nach Mombasa zur Untersuchung zu schicken sei. Die strengste
Bestrafung des Kommandanten von Mombasa wurde für den Fall befohlen, dass
sich dessen Schuld ergeben- sollte. Auch für den Fall der etwa bereits
vollzogenen Gefangennahme wurde alle Rücksicht gegenüber dem Gefangenen
zur Pflicht gemacht. Ja, in etwas scheint man in Lissabon hinsichtlich der Wirren
in Mombasa die eigene Schuld empfunden zu haben, denn der Brief, in dem das
Vorstehende an den Vizekönig geschrieben wird, schliesst damit, dass dem
Könige von Melinde Pemba gegeben werden, sollte, wenn sich kein anderer
Pächter finde.') Doch als diese Befehle geschrieben wurden, war das Unheil schon
geschehen.
') Bocarro S. 237--43.
2) Livros das Monýöes III S. 187- 8.
- 195 Nach Bekanntwerden desselben in Lissabon wurde wieder unter dem 6. März
1616 eine strenge Untersuchung angeordnet, besonders um festzustellen, ob
wirklich der ermordete König ein Empörer gewesen sei. Wäre dies der Fall, so
sei der Bruder des Ermordeten zum König einzusetzen, wohingegen der Sohn des
Ermordeten und eigentliche Erbe Jussuf ben Hassani wegen des Abfalls des
Vaters von der Thronfolge auszuschliessen und in Goa in einem Kloster zum
Christen zu erziehen sei.') In Goa scheinen diese Befehle nicht sonderlich ernst
genommen worden zu sein. Zwar wurde eine Untersuchung eingeleitet, doch da
die Verhöre in Mombasa von Simäo de Mello geleitet wurden, mussten sie zu
Ungunsten des Ermordeten ausfallen. Vollends gingen die Akten noch angeblich
durch den Tod des mit der Aufbewahrung vertrauten Sekretärs verloren, und der
Vizekönig fällte darauf im wesentlichen unter der Begründung, dass der Verrat
des Ermordeten eine offenkundige, nicht weiter zu beweisende Thatsache sei, die
Entscheidung, dass der bereits regierende Bruder Hassani's (wahrscheinlich
Mohamed mit Namen) sich König nennen dürfe, und übergab den berechtigteren
Erben den Augustinern in Goa zur Erziehung. Doch mit dieser Behandlung war
man in Lissabon durchaus nicht zufrieden. Unter dem Hinweis, dass die
Angelegenheit von grosser Bedeutung sei, da es sich um ein ganzes Königreich
handele und der üble Tod des Vaters vor Gott trefflich gesühnt werden könne,
wenn der zum Christen bekehrte Sohn König würde, verfügte der König von
Portugal in Briefen an den Vizekönig vom
17. Januar
und io. März I618 eine erneute eingehende Untersuchung und rücksichtslose
Verfolgung der Schuldigen ohne Ansehung der Person, insbesondere auch die
etwaige sofortige Amtsentsetzung des Kommandanten Simäo de Mello,
vorbehaltlich noch schwererer Bestrafung. ) Inwieweit die hierauf erhobenen
wiederholten Untersuchungen schlagende Beweise für die Unschuld des
Ermordeten und Straffälligkeit seiner Verfolger ergeben haben, ist nicht
ersichtlich.') Jedenfalls fällte aber der oberste geistliche Gerichtshof in Portugal,
dem die Frage zur Begutachtung vorgelegt war, das Urteil, dass die Treue des
Ermordeten mit Unrecht beanstandet sei. Hiermit wurde der Sohn erbberechtigt.4)
In Obhut des Klosters Unserer lieben Frau
) Livros das Monýöes III S. 448.
2) Archivo VI S. 1151-2, S. 1167-8.
s) Wenige Jahre später erreichte Simäo de Mello sein "Schicksal. Er wurde im
Jahre 1622 unter Anklage gestellt, än dem Verluste von Ormus als Kommandant
der Feste dieser Stadt schuldig zu, sein zum Tode verurteilt und, da er in
muhamedanischen Ländern flüchtig war, in effigie hingerichtet.
4) Bocarro S. 243.
- 196 von der Gnade zu Goa und unter dem Einflusse der Augustiner war aus dem jetzt
anerkannten Erben Jussuf ben Hassani, der als siebenjähriger Knabe nach Goa
gebracht war, unter der Patenschaft des Vizekönigs ein Christ mit Namen Dom
Jeronimo Chingulia geworden. Zu seinem Unterhalte war aus dem Staatsschatze
täglich eine Xerafine (= M. 4,04) angewiesen. Für den Fall, dass er sich als
ungeeignet zur Regierung erweisen sollte, war angeordnet gewesen, ihn zum
Eintritt in den Augustinerorden zu bewegen
und nach Ablegung der
Gelübde
nach Portugal zu senden.') Doch der Zögling bereitete seinen Erziehern
Genugthuung und im Jahre 1627 schrieb er an den Papst einen ObedienzBrief."2)
Indessen erst im Jahre 1630, im Alter von 24 oder 25 Jahren,
1) Archivo VI S. 1152.
2) Faria y Sousa S. 391. Einige Jahre später richtete auch der Papst Urban VIII. an
Jussuf ein Schreiben. Den Anlass hierzu gab wahrscheinlich die Thronbesteigung
Jussufs, vielleicht aber auch schon Befürchtung über dessen Wankelmut. Das
Schreiben ist gewiss, durch die Aenderung der Verhältnisse, niemals in den Besitz
dessen gekommen, an den es gerichtet ist. Es hat in der Uebersetzung folgenden
Wortlaut:
Unserem geliebtesten Sohne in Christus, Hieronymus Tangorim, dem
Könige von Mombasa und Melinde in Afrika.
Obgleich die Unterthanen der Reiche dieser Erde die Hoheit des Regierenden mit
Huldigungen und Gaben zu verehren pflegen, können sie doch seiner Seele weder
für das Leben Ruhe, noch für den Tod Glückseligkeit sichern. Die unglücklichen
Könige sollten unter den lügnerischen Schmeicheleien zittern, denn Tugend, nicht
Macht begleitet die Sterbenden auf dem Wege in die
Ewigkeit. Der Gottesdienst ist ein Königreich, und Gott ist so reich an Gnade,
dass, während die Sterblichen denen gehorchen, welche sie fürchten, er selbst, der
unserer Güter nicht bedarf, die Wünsche der Furchtsamen erfüllt. Oh, Du
Glücklicher, der Du im stande bist, wenn Du Gott fürchtest, das Reich Deiner
Vorfahren auf den Himmel auszudehnen. Unstreitig werden Deine Unterthanen
deinen Befehlen freudig folgen, und einem gottesfürchtigen Könige wird der
Allmächtige seine Wünsche erfüllen. Geliebtester Sohn in Jesus Christus, wir
wünschen Deiner Hoheit zu dieser himmlischen Seligkeit Glück. Das Licht des
heiligen Geistes hat Dein königliches Herz erleuchtet und durch das Wasser der
heiligen Taufe hast Du in den Hafen der Hoffnung auf Glückseligkeit einlaufen
können. Dadurch, dass Du Deine Seele und Deine Macht Christus und dem in den
römischen Päpsten fortlebenden heiligen Petrus unterworfen hast, bist Du unter
die Söhne Gottes und die Erben des ewigen Reiches aufgenommen. Möge unter
dem Beifalle des Himmels der Namen Deiner Hoheit in das Buch derjenigen
Irdischen eingetragen werden, denen der römische Einfluss mit den Schlüsseln
der göttlichen Gewalt die Pforten des himmlischen Reiches öffnet. Der Papst und
der apostolische Senat tragen Deinen Namen im Herzen. Die römische Kirche,
welche die Brust der Könige erstarkt und das Erbe der Völker bewacht, verkündet
Gebete für Dein Heil vor den Altären. Von den ostafrikanischen Gestaden ist der
Ruf Deiner Frömmigkeit 'zu dieser Heimstätte des Menschengeschlechtes gelangt.
Diese Frömmigkeit wird voll in den Segnungen des Christentums triumphieren,
wenn Du durch Deine Machtfülle und Anregung zuwege bringst, dass dort die
Völker das Religionsbekenntnis ihres Herrschers nachahmen. Angesichts
- 197 wurde er nach Ostafrika zurückgeführt und in die Herrschaft eingesetzt. Wer
inzwischen die Regentschaft geführt hat, ist nicht berichtet. Nur aus den ersten
Jahren nach dem Tode Hassani's ist bekannt, dass dem Scheine nach dessen
Bruder Mohamed am Ruder war, in Thatsache aber der Unruhstifter Munganaja
die Gewalt in Händen
hatte und
schliesslich auch jenen Neffen durch Mord beseitigte.')
In Dom Jeronimo war ein König zur Regierung gekommen, über dessen wahre
religiöse Gesinnung in der ersten Zeit nach seiner Rückkehr in die Heimat keine
Klarheit herrscht. Während die arabische Chronik Mombasa's klagt, dass er seine
Stammes- und früheren Glaubensgenossen quälte, ihre religiösen Anschauungen
verletzte, und sogar die Muhamedaner zum Essen von Schweinefleisch zwang, ')
klagen die Portugiesen umgekehrt, dass er sich schon anfangs nicht als wahrer
Christ zeigte, sondern christliche und muhamedanische Gebräuche mit einander
verband. Wahrscheinlich trat derartig ein Kampf, den eine unreife Natur in sich
auszufechten hatte, zu Tage. Als Christ im Hass gegen die Muhamedaner erzogen,
lernte er selbst erst Muhamedaner kennen, nachdem er in die Heimat
zurückgekehrt war. Allmählich musste ihm hier klar werden, dass er nicht nur
seiner Abstammung, sondern seinem ganzen Wesen nach zu den letzteren gehöre.
Vielleicht mit hochfliegenden Anschauungen über seine eigene
Königsherrlichkeit angekommen, musste er lernen, dass er von dem
Kommandanten wie ein Sklave behandelt
einer so grossen Aufgabe wird der Teufel, der Feind Deines Ruhmes, nicht
müssig sein, und missgünstige Zungen werden nicht fehlen, die versuchen
werden, Deiner Hoheit von der Hingabe an solches Glück abzuraten. Vertraue aur
Gott und sei stark. Keine Gefahren haben den grossen Konstantin, dessen Namen
im Osten wie im Westen verehrt wird und zu der höchsten Zier gelangt ist,
abgehalten, Christus, den König der Könige, in den Besitz des römischen Reiches
einzuführen. Ziehe zu Felde gegen den Fürsten der Finsternis. Der Himmel wird
Dich begünstigen, und Christus wird zugegen sein und seinen gekrönten König
mit dem Schilde des guten Willens sowie mit dem zweischneidigen Schwerte und
dem Helme des Heiles wappnen. Der heilige Augustin selbst, dieses Licht Deines
Afrikas und der ganzen Kirche, lässt sich bei Deiner Hoheit durch die Geistlichen
des Augustinerordens hören und will in Deinem Reiche das Reich Gottes
einführen und Deiner Macht die Glückseligkeit hinzufügen. Glaube mir, dass
diese Geistlichen nicht weniger -von der himmlischen Heimat als von der
römischen Kirche gesandt sind, um durch die Verkündigung des göttlichen
Wortes den Unglauben aus Deinen Reichen zu vertreiben. Durch alle Wohlthaten,
welche Du ihnen erweisen wirst, wirst Du Dir die Liebe Europas und den Schirm
des Himmels erwerben. Wir hoffen, teuerster Sohn, dass wir bald durch den
Segen von Jesus Christus im stande sind, die Ermahnungen in Lobsprüche zu
verwandeln, und erteilen Deiner Hoheit mit inniger Zuneigung väterlichen
Herzens den apostolischen Segen.
Gegeben am 19. Tage des Zovember 1632 im zehnten Jahre unseres Pontifikates.
Arch. Vatic. Rom. Urbani VIII epistolae ad. principes X fol. 6ab, 7a.
1) Bocarro S. 243.
- 198 wurde und Beleidigungen von ihm hinnehmen musste, ohne dass seine Klagen in
Goa Beachtung fanden.') Bald musste sich ihm aufdrängen, dass trotz seines
Christentums seine richtige Stellung nur auf Seiten der bedrückten Muhamedaner
sein könne, und dass er nur als einer der ihrigen auf eine Befestigung seines
Thrones rechnen dürfe. Erst in die Heimat zurückgekehrt und in dieselbe
bedrückte Lage versetzt, wie sein ermordeter Vater, wird er zur richtigen
Erkenntnis gekommen sein, welchen Verfolgungen dieser ausgesetzt gewesen
war, und was er von denselben Portugiesen und Christen, in deren Verehrung der
Sohn aufaufgezogen war, hatte erdulden müssen. Dass unter solchen Umständen
sein christlicher Glaube ins Wanken kam, ist verständlich. Längere Zeit schon soll
er heimlich nächtlicher Weile das Grab seines Vaters besucht und dort in
muhamedanischer Weise gebetet haben, als er von einem Portugieýen, der an
seiner Gesinnung zweifelte und zur Ausforschung seines Gebahrens ihm schon
länger nachgeschlichen war, bei dieser nächtlichen Gebetsübung beobachtet
wurde. Mit der wichtigen Entdeckung eilte der Späher zum Kommandanten und
dieser äusserte die Absicht, den verdächtigen Beter am nächsten Tage gefangen
zu nehmen und demnächst nach Goa zu schicken. Doch, wahrscheinlich um seine
Entdeckung nach beiden Seiten zu verwerten, verriet derselbe Portugiese die
Absicht des Kommandanten wieder dem Könige. Mit Versprechungen reicher
Belohnungen entliess der König den Verräter, doch bezahlte er ihn in
Wirklichkeit damit, dass er ihn durch nachgesandte Sklaven ermorden liess. Sein
Dasein auf das Spiel gesetzt, die Schrecknisse der Inquisition vor sich sehend, von
der er als Abtrünniger vom Glauben, zu dem er sich bekannt hatte, keine Gnade
erwarten durfte, vermutlich auch mit Rachegedanken für den schmählichen Tod
seines Vaters erfüllt, fasste er Entschlüsse zum schnellen Handeln. Schneller
wahrscheinlich, als er selbst beabsichtigt hatte, wurde er zur Offenbarung seiner
wahren Gesinnung gezwungen. Am nächsten Tage, dem 16. August 1631, feierten
die Portugiesen ein grosses Fest. Wie zur Teilnahme an den Feierlichkeiten begab
sich der König mit grossem Gefolge in die Festung. Dreihundert Anhänger hatte
er in der Eile um sich geschart. Ahnungslos empfing der Kommandant Pedro
Leitäo de Gamboa die Gäste, aber bei der Begrüssung wurde er von dem Könige
mit eigener Hand erdolcht. Die Begleiter des Königs warfen sich auf die
überraschten portugiesischen Mannschaften und machten auch diese nieder. Ohne
Widerstand zu finden, wurde derartig Jussuf Herr des Platzes. Das Schicksal des
ermordeten Kommandanten hatten dessen Gemahlin und Tochter zu teilen. In der
Kapelle der Festung wurden sie bei der
') Arabische Chronik in Owen I S. 422.
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199 -
Messe samt dem amtierenden Priester, einem Goanesen von Geburt, gleichfalls
durch die Hand des Königs erdolcht. Kann man den Berichten des portugiesischen
Chronisten glauben, so fiel die Mutter erst, nachdem sie die Aufforderung des
Königs Muhamedanerin und Königin zu werden, entrüstet abgelehnt hatte. Vor
ihr wurde ihr Kind niedergestreckt und sie selbst empfing, auf den Leichnam der
Tochter zeigend, unter den Worten: »Ich sterbe ruhig, da ich das mitnehme, was
mir Sorge machen könnte,« den Todesstoss.1) Blutdürstig wandte sich nun der
König mit seiner Schar dem von den Portugiesen bewohnten Stadtteile zu. In
schonungslosem Gemetzel wurden alle Aufzufindenden, Männer, Frauen und
Kinder, niedergemacht. Wenige retteten sich in das Augustinerkloster und
verteidigten sich hier tapfer sieben Tage lang. Doch nachdem die Lebensmittel
ausgegangen waren, mussten sie sich den Verfolgern überliefern. Zwar war ihnen
freier Abzug zugesichert, aber das Versprechen wurde nicht gehalten und auch sie
mussten ihr Leben lassen. Entsetzlich haben in diesen Tagen die portugiesischen
Frauen gelitten. In barbarischer Weise wurden sie bedrängt, Glauben und Tugend
zu lassen, aber sie gaben einem qualvollen Tode den Vorzug. Sie sollen
schliesslich in einem Boote im Hafen versenkt worden sein. Als die Führerin
dieser Frauen wird Natalia de Sa, eine ehrwürdige Matrone, genannt, welche die
Leidensgenossen durch Beispiel und Wort zur Standhaftigkeit und zum
Märtyrertode begeisterte und in der Todesstunde Wunder verrichtet haben soll.')
Sechzig Portugiesen, ungezählt die Frauen und Kinder, fielen dem Gemetzel
dieser Tage zum Opfer. Nur vier Augustinern und einem Laien gelang es, dem
Blutbade zu entrinnen und sich in einem Boote nach Patta zu retten. Nur ein
Portugiese, ein Bombardier, der sich dem aufständigen Könige anschloss und
wahrscheinlich zum Islam übertrat, blieb in Mombasa am Leben. Etwas
glimpflicher kamen die eingeborenen Christen davon. Zwar gab es auch unter
ihnen Märtyrer, und sogar ein Onkel des Königs, Dom Affonso mit Namen,
musste seine Bitten für die gefangenen Frauen und seine Weigerung,
Muhamedaner zu werden, mit dem Leben bezahlen, aber die Mehrzahl verstand
sich in Todesnot zur Abschwörung des Glaubens. Diejenigen, die standhaft
blieben, wurden später als Sklaven nach dem Roten Meere an die Türken
verkauft. Ihre Zahl ist, offenbar zu hoch gegriffen, auf 400 angegeben. Auch die
Frau des Königs, eine in Indien geborene Portugiesin, widerstand den Drohungen
ihres Gatten und blieb, wenngleich schlechter als eine Sklavin behandelt,
Y) Faria y Sousa III S. 476.
2) Philippus A. SSma Trinitate, Itinerarium Orientale, Lugduni 1649, S. 222, und
Ms. Liss. Bibl. Nac. de Lisboa, Cod. Man. No. 7640. Mombaýa 12. Januar 1632.
- 200 Christin. Einige Jahre später ist allerdings auch sie zum Islam übergetreten.
Laut bekannte sich der König zum Islam und verkündete, dass er schon lange nur
zum Schein Christ gewesen sei Nicht länger Dom
Jeronimo, sondern wieder Jussuf ben Hassani geworden, wütete er, nachdem er
alles Lebende, was Portugiese gewesen war, vernichtet hatte, noch gegen die
Toten. Auf einem Pferde sitzend, schmähte er die Leichname der Gefallenen, rief
sie bei Namen, höhnte ihrer Ohnmacht, versetzte ihnen Lanzenstiche und hielt
dem toten Kommandanten eine Spottrede.') Dann richtete sich die Wut gegen die
Kirchen. Alles, was zum Gottesdienste gebraucht worden war, die Bilder von
Jesus, Maria und den Heiligen, die Altäre, Gefässe und Gewänder, wurden
entweiht und vernichtet. Eifernd, doch zutreffend, klagt bei Erzählung dieser
Kirchenschändungen der Chronist: Derartig musste die Gottesverehrung leiden,
was die sündhaften Menschen verschuldeten!2)
Weiter versuchte der König auch ausserhalb Mombasa's den verhassten
Portugiesen und Christen den Untergang zu bereiten. Durch Boten an die
benachbarten Städte stellte er die Aufforderung, seinem Beispiele zu folgen. In
Montangante (Mtangata), Tanga und Motone wurde dieser Aufforderung durch
Niedermetzelung der Portugiesen Folge geleistet. Doch nicht überall besassen die
Eingeborenen den Mut und die Kraft, das Joch abzuschütteln. Bestimmt bekannt
ist, dass sich in den beiden Plätzen Zanzibar und Patta, wo nächst Mombasa in
dieser Zeit die stärksten portugiesischen Ansiedlungen an dieser Küste waren, die
Portugiesen halten konnten oder unbelästigt blieben. In Zanzibar ist vermutlich
die stets friedliche Gesinnung der Eingeborenen ein Schirm gewesen, während in
Patta das an dieser Küste dienstthuende portugiesische Wachtschiff lag und wohl
hierdurch vielleicht vorhandene Aufstandsgelüste niedergehalten wurden.
Als geplante, gewollte Rache schildert der König Jussuf in einem Schreiben nach
Goa seine Empörung, wie folgt:
Seit langer Zeit suche ich eine Gelegenheit, um der Regierung des portugiesischen
Indiens eine Gesandtschaft zu senden, und finde sie heute in der Person des
Dominikaners P Frey Antonio de Guadilupe, der dieses Amt übernimmt und der
ausführlich über die Ereignisse und die Zusammenstösse in Mombasa berichten
wird. Alles, was der Genannte thun und vereinbaren wird, billige ich, als ob es
von meiner Person geschehen wäre. Ich erinnere dabei die Regierung daran, dass
) M. de la Clede, Histoire Generale de Portugal, Paris 1735, VI S. 493 u. a.
) Faria y Sousa III S. 480.
- 201 ich als König geboren wurde, dass mein Vater und meine Mutter von den
Portugiesen ungerechter Weise hingeschlachtet wurden. Dieses geschah
ungeachtet dessen, dass mein Vater der Waffenbruder Seiner Majestät war und
ihm stets Treue
erwies. Alles dieses ist offenkundig aus den Akten. Aber niemals wurden die
Mörder bestraft. Als ich selbst König geworden war, habe ich mich häufig über
den Kommandanten Marýal de Maýedo wegen der Beleidigungen beklagt, die
dieser mir in Gegenwart der Meinigen ohne Ursache zufügte. Die Augustiner sind
Zeugen für das, was ich erduldete. Aber nirgends fand ich Abhülfe. Meine Person
fand keine Achtung, und ich wurde nicht als der behandelt, der ich bin.
Beschimpfungen, Beleidigungen und erlittenes Unrecht bewirken viel in der Brust
eines Königs.
Da Pero Leitäo de Gamboa den Fussspuren seines Vorgängers folgte, zwang er
mich, die Genugthuung selbst zu suchen, auf dass S. Majestät desto lauter höre,
wie seine Kommandanten seine königlichen Brüder behandeln. Not aber kennt
keine Tugend,
und dieses trat besonders hervor, da ich Kaffern regierte.
Alles Nähere wird der Geistliche berichten, dem ich meine
Vertretung anvertraue.1)
Dieses Schreiben trägt kein Datum, ist aber, nach dem Zeitpunkte, zu dem der
zum Gesandten gemachte Dominikaner in die Gefangenschaft der Aufständigen
geriet, zweifelsohne im Jahre 1637 geschrieben. Selbstredend versucht Jussuf in
diesem Schreiben seine Unthaten so darzustellen, als ob sie durch Verfolgungen
veranlasst seien, die er selbst erlitten hat. Es muss jedoch zur Ehre der
portugiesischen Regierung in Lissabon angeführt werden, dass die Klagebriefe
über den Kommandanten Marýal de Magedo nicht so unbeachtet geblieben
waren, wie der Aufständige annahm. Wiederholt -erscheint in den Briefen jener
Zeit von Lissabon nach Goa die Aufforderung, in Mombasa Untersuchungen über
die Dom Jeronimo und seiner Frau zugefügten Beleidigungen anzustellen. Aber
diese Aufforderungen wurden von Goa, ohne auf die Sache einzugehen, dahin
beantwortet, dass der genannte Kommandant ein Ehrenmann sei. Auch nachdem
das Unheil in Mombasa geschehen war, legte man in Lissabon noch Wert darauf,
die Vorgeschichte der Ereignisse kennen zu lernen, und forderte wieder
) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 40 fol. 247. Dieser Brief ist in der in
Lissabon befindlichen Abschrift Sultan Muhamady ibun Asultany Assany
unterzeichnet. Da anderweitig immer von Jussuf ben Hassani gesprochen wird, ist
die Nennung mit Mohamed unerklärlich. Meistens wird allerdings der König auch
nachdem er Muhamedaner geworden war, von den Portugiesen Dom Jeronimo
Chingulia oder nur Chingulia genannt.
- 202 eine Klage gegen MarQal de MaGedo, aber von Goa aus wurde jetzt diese
Vorschrift mit der kurzen Antwort abgefertigt, dass der ehemalige König von
Mombasa offenkundig ein Renegat, Empörer und Mörder sei. Alles
zusammengenommen, scheint kein Grund zu der Annahme vorzuliegen, dass
Jussuf und seine Helfer vorwiegend durch religiösen Fanatismus zu der Blutthat
angefacht worden sind. Weit näher liegt die Annahme, dass das Ganze nur eine
wilde Auflehnung gegen lange erduldete Qualen war, und dass Jussuf nur darum
das Glaubensbekenntnis wechselte, weil er so am besten seine Rachepläne
ausführen konnte. Als Christ wäre er hierzu bei der muhamedanischen
Bevölkerung nicht im stande gewesen. Vielleicht war es auch nicht nur Rachsucht
gegen die Portugiesen, die Jussuf zum blutigen Losbruch veranlasste, sondern die
Stimmung der Bevölkerung gegen ihn selbst zwang ihn, Farbe zu bekennen.
Wenigstens geht aus einem Briefe von Lissabon nach Goa hervor, dass Jussuf
wegen seines Christentums Entthronung durch seine muhamedanischen
Verwandten drohte.1)
1) Nis. Liss. Livros das Monýöes No. 3o Fol. 33. Lissabon, 31.Januar 1632.
Die Wiederbesetzung Mombasa's.
Die Nachricht von den geschilderten Ereignissen gelangte im Oktober durch
Briefe des Kommandanten des in Patta stationierten Wachtschiffes, sowie durch
gleichzeitige Meldungen der Könige von Lamu und Patta nach Goa und
verursachte begreiflicher Weise eine grosse Erregung. Sobald es die Jahreszeit
erlaubte, um Mitte Dezember 1631, wurde ein Geschwader von sechs
Staatsschiffen und sieben gemieteten Schiffen, worunter indessen nur zwei grosse
waren, mit 500 Mann an Bord, abgesandt, um an den aufständigen Könige Jussuf
und dessen Anhängern Rache zu nehmen. Die Ausrüstung dieser Macht machte
dem Vizekönige bei dem jämmerlichen Stande der Finanzen so grosse
Schwierigkeiten, dass er selbst es ein Wunder Gottes nannte, damit zustande
gekommen zu sein. Er berichtete nach Lissabon, dass er zur Zusammenbringung
des Geldes sogar sein Silbergeschirr und seine Pferde habe verkaufen müssen und
ferner Schulden gemacht habe, zu deren Deckung er die königliche Erlaubnis zum
Verkauf seiner in Portugal gelegenen Majoratsgüter erbat. Wegen dieser
Expedition musste auch die Entsendung eines Geschwaders, das sonst alljährlich
als sogenanntes Südgeschwader die Häfen des südlichen Teiles Vorderindiens
und Ceylons zum Zusammenholen der für Europa bestimmten Pfeffer-Ladung
besuchte, aufgegeben werden. Der Staatsrat in Goa hatte einstimmig den nur 17I8jährigen Sohn des Vizekönigs zum Admiral und General der Expedition in
Vorschlag gebracht, doch bestimmte der Vizekönig, dass sein Sohn nur als
einfacher Soldat mitgehen solle, und übergab den Oberbefehl an Francisco de
Moura, einen erfahrenen Kriegsmann. Ganz willig scheint dieser die Würden und
Bürden des Amtes nicht auf sich genommen und wenigstens lieber die Bürden
dem königlichen Sohne überlassen zu haben, denn der Vizekönig sah
Veranlassung, die Kosten der Ausrüstung des Genannten aus seiner eigenen
Tasche zu bestreiten.
- 204
Als ersten Hafen in Ostafrika lief das Geschwader in Patta an und zog hier
nähere Erkundigungen über die Zustände in Mombasa ein. Mombasa selbst
wurde am
IO. Januar 1632 erreicht. Hier
wurde die Angriffsmacht durch weiteren Zuzug verstärkt. Der Kommandant von
Maskat hatte aus eigenem Antrieb auf die direkt
erhaltene Benachrichtigung der Ereignisse drei Schiffe mit IOO Mann und ferner
die indischen Städte Bassein und Chaul je ein
Schiff
mit zusammen 80 Mann entsendet.1) Später kamen noch die in Zanzibar
und Pemba ansässigen Portugiesen mit ihren Sklaven hinzu, auch hatten zwei
Privatleute, vermutlich solche, die an dieser Küste Handel trieben, auf eigene
Kosten je ein Fahrzeug gestellt.
Der
Wunsch, für die erlittene Unbill Rache zu nehmen, vielleicht nebenher die
Hoffnung auf leicht zu erwerbende Beute weckte derartige weitgehende
Anteilnahme an dieser Unternehmung. Durch den Zuzug
waren die gesamten Streitkräfte auf zusammen 8oo bis IOOO Mann, Soldaten und
Seeleute zusammengerechnet, angewachsen.
Hierunter
befanden sich nach der amtlichen Meldung 8oo Weisse, während sich, nach den
Angaben von zwei derzeitigen Chronisten die Zahl der an der Expedition
teilnehmenden Portugiesen auf 5oo oder 700 bezifferte. Der Rest bestand aus
Asiaten und Afrikanern.
Doch auch der König Jussuf war durch Heranziehung der benachbarten
Musungulos und durch Instandsetzung der Festung gewappnet. In der Festung soll
er 2oo Neger und 200 Muhamedaner und auf der Insel 5oo bis 6oo Musungulos
unter sich gehabt haben. Seine Bestrebungen, in den Türken mitkämpfende Helfer
zu erhalten, waren gescheitert. Seine nach dem Roten Meere geschickten
Gesandten
brachten ausser guten Versprechungen als greifbares Ergebnis nur eine türkische
Flagge zurück, die ihnen mit der Versicherung übergeben worden war, dass deren
Aufhissung über der Festung ein vollkommener Schutz sein würde.') Doch die
Portugiesen liessen sich durch dieses Zeichen mächtiger Bundesgenossen nicht
abschrecken. Ihre Ueberhebung war so gross, dass, noch bevor die Ausschiffung
begann, durch ein nach Portugal weitersegelndes Schiff ein Bericht abgesandt
wurde, in dem die
1>Ms. Liss. Livros das Monyies No. 29 Fol. 143 u. 147. Goa, I6./8. Dezember
1631.
2) Faria y Sousa III S. 480. - 200 Jahre später leistete eine Flagge in Mombasa
wirklich diese Dienste. Als im Jahre 1824 das gegen Oinan aufständige Mombasa
von einer arabischen Flotte angegriffen wurde, hissten die Mombasaner über dcr
Festung eine englische Flagge und behaupteten ohne eine Spur von Berechtigung,
unter englischem Schutze zu stehen. Wirklich liess sich -hierdurch die feindliche
Macht verblüffen und vom Angriffe abhalten. Der zufällig in der ,Leven"
hinzukomniende englische Commodore Owen übernahm hierauf vorläufig die,
Schutzherrschaft, doch wurde sie, nachdem sie kaum 1'12 Jahre bestanden hatte,
wieder zurückgezogen. (Owen 1 367 ff.)
- 205 baldige Wiedereinnahme der Stadt so gut als sicher hingestellt wurde. Der Angriff
wurde dadurch eingeleitet, dass die Furt (Makupa) durch Boote besetzt wurde und
überhaupt der Versuch gemacht wurde, die ganze Insel zu blockieren. Dieses
gelang aber nur unvollkommen, da Jussuf unter dem Schutze der Kanonen der
Festung stetig die Verbindung mit dem Festlande aufrecht erhielt. Von dem
Könige Mana Chamby Chande von Uumba, einem Nachbarn Mombasa's, der als
grimmiger Feind Jussuf's galt, versuchten die Portugiesen vergebens ein geborene
Hilfstruppen zu erhalten.') Die Wegnahme der im Hafen liegenden Dhaus kostete
den Portugiesen sechs Tote. Weitere vier Tote wurden bei Auskundschaftungen
und dem Versuche, die Stadt in Brand zu setzen, verloren. Vorerst hielten sich die
Portugiesen der Insel fern, nur ein Teil der Mannschaften wurde an einem nicht
näher bezeichneten Punkte des Festlandes ausgeschifft und in Lager gelegt. Am
16. Januar wurde in einem Kriegsrate die Landung der Truppen auf der Insel und
zwar bei Pua ja Mbaraka (damals Nossa Senhora und Tuaca genannt), also auf der
Südwest-Seite der Insel, beschlossen und am 22. oder 25. Januar versucht.
Gleicherzeit wurde zur Verschleierung dieser Landung und zur Ablenkung der
Verteidiger ein Scheinangriff auf die Stadt von dem Hafen her gemacht.
Doch diese List zeitigte das Gegenteil des Beabsichtigten. Von der für diesen
Scheinangriff bestimmten Abteilung liefen mehrere Matrosen zu den
Mombasanern über und verrieten den eigentlichen Angriffspunkt, sodass die
Verteidiger die bedrohte Stelle gut besetzten und durch Kanonen schützten. Da
zudem eine hohe See die Ausschiffung aus den Booten schwierig machte,
mussten die gesamten Landungsmannschaften unverrichteter Dinge auf die
Schiffe zurückgeführt werden. Wenige Tage später wurde allerdings glücklich
die Landung auch an der Kilindini. Seite bewerkstelligt, aber doch wieder eine
Schlappe erlitten. Ohne genaue Kenntnis des Geländes, durch Besteigen von
Bäumen die Richtung erkundend, bahnte sich die Truppe mühsam durch das
Dickicht den Weg, um nach einem Marsche durch die ganze Quere der Insel der
Stadt und Festung nahezukommen, als 3oo Eingeborene durch einen Ueberfall
den Vormarsch aufhielten. Zwar wurde angeblich dieser Angriff siegreich
abgewiesen, aber dennoch durch ihn ein solcher Schrecken und solche Unordnung
unter den Portugiesen verbreitet, dass sie panikartig den Rückzug antraten und
Rettung in den Booten suchten. Sogar die Waffen warfen die Fliehenden von sich.
In den folgenden
1) Ms. Liss. Bibl. Nac. de Lsboa. Cod. Man. No. 7640 »Relaýao da perda e
restauraýao de Mombaýa do que lä aconteceo«. Eine derzeitige Handschrift ohne
Angabe des Verfassers und des Jahres.
- 206 Tagen gelang endlich die Festsetzung auf der Insel, und insbesondere wurde ein
Haus, das indessen der Stadt noch ziemlich fern gelegen haben muss, erstürmt
und als Stützpunkt des weiteren Angriffs besetzt und befestigt. Schon von
vornherein war unter den portugiesischen Anführern über die Zweckdienlichkeit
dieser vorgeschobenen Stellung Zweifel gewesen. Thatsächlich dauerte es auch
nur wenige Tage, bis die Eingebörenen in der Stärke von 900 Mann einen
kräftigen Angriff auf dieses Haus machten und die 70 Portugiesen, die es
verteidigten, in grosse Gefahr brachten, aufgerieben zu werden. Nur durch das
Zuhülfekommen weiterer Streitkräfte- wurde die Räumung und
ein
einigermassen geordneter Rückzug ermöglicht. Immerhin aber verloren die
Portugiesen bei diesem Zusammenstosse 28 Tote und hatten viele Verwundete.
Unter diesen letzteren befand sich auch der Oberbefehlshaber Dom Francisco de
Moura, der nicht weniger als 24 giftige Pfeilwunden empfangen hatte. Durch
Aussaugen dieser Wunden wurde er gerettet, wogegen ein Jüngling, der das
Aussaugen vornahm, sich selbst eine Vergiftung zuzog und sein Leben einbüsste.
Ueber diese Begebenheiten war der Monat Januar hingegangen. In gleich
erfolgloser Weise verging der Februar mit Belagerung und Geplänkel. Von zwei
am Lande errichteten Batterien wurde die Festung allerdings beschossen, doch
unter kräftigem Gegenfeuer der Angegriffenen wenig ausgerichtet. Soweit aus
den vorliegenden unklaren Berichten erkenntlich ist, war bislang der Angriff nur
von der Landseite aus auf die Festung und Stadt erfolgt. Nachdem das gänzlich
Nutzlose dieser Art der Unternehmung endlich eingesehen war, wurde
schliesslich Ende Februar beschlossen, auch von der Wasserseite vorzugehen.
Dass nicht von Anfang an der Angriff durch ein Bombardement von den
Schiffen erfolgte, ist damit zu erklären, dass man sie gegen das starke Fort zu
schwach erachtete und nicht wagte, sie selbst unter das Feuer der mit guter
Artillerie versehenen Verteidiger zu bringen. Auch nachdem der Angriff von der
Wasserseite beschlossen war, wurden die Schiffe selbst, die wahrscheinlich in
Kilindini sicher vor Anker lagen, nicht herangezogen, sondern die Beschiessung
von Booten aus unternommen. Zeitweilig hatten diese durch gute Treffer des
Gegenfeuers der Festung stark zu leiden. Schliesslich gelang es aber den
Portugiesen am I I. März an einer Türkenbastion genannten Stelle am Festlande,
genau derFestung gegenüber, von dieser nur durch den schmalen Meeresarm
getrennt, Fuss zu fassen und zwei Zehnpfünder aufzustellen. Doch auch von
dieser neuen Angriffsstellung aus wurde nichts erreicht. Ja, eines Nachts gerieten
auch hier die gelandeten Truppen durch einen Ueberfall in Gefahr. Nur als letzter
schwächlicher Versuch ist 'diese Veränderung des Angriffspunktes aufzufassen,
denn schon am 15. März wurde der Ent207 schluss gefasst, die Belagerung aufzuheben und wegen des begonnenen
Monsunwechsels die Flotte und Mannschaften nach Indien zurückzuführen. Den
Ausschlag hierfür gab die Unmöglichkeit, genügende Lebensmittel
herbeizuschaffen, und die Furcht, dass in der bevorstehenden Regenzeit die Neger
mit ihren Bogen und Pfeilen den dann weniger brauchbaren Feuerwaffen der
Portugiesen überlegen sein würden. Durch Ueberläufer wurde der König Jussuf
hiervon sofort unterrichtet, und es gelang ihm, den Abzug der Portugiesen noch
dadurch wesentlich zu erschweren, dass er auf dm Dache einer Moschee in der
Stadt ein Geschütz aufstellte und von hier aus den Platz, auf den die Portugiesen
zum Wassernehmen angewiesen waren, bestreichen liess. Die ersten
portugiesischen Schiffe verliessen Mombasa am 20. März, während die letzten
erst Ende Mai absegelten.
Schmählich hatte derartig der Versuch der Rache und der Wiedereinnahme von
Mombasa geendigt. Nicht einmal dem Troste konnten die Portugiesen sich
hingeben, dass ihre Anstrengungen an der Stärke ihres eigenen Machwerkes, der
Festung und deren guter Bestückung gescheitert sei, denn nicht einmal an die
jedenfalls ungenügend befestigte Stadt hatten sie herankommen, geschweige denn
sie nehmen können. Der Uneinigkeit unter den Führern der bunt
zusammengesetzten Streitkräfte wird ein Teil des gänzlichen Misserfolges
zuzuschreiben sein, aber auch jeder Nachdruck hat offenbar in dem Vorgehen
gefehlt. Tadelnd schreibt der portugiesische Chronist dieser Begebenheiten, dass
man sich in diesen Monaten mehr allen schändlichen Lastern als der
Kriegsführung hingegeben habe.')
Gross war auch die Entrüstung in Goa bei der Rückkehr der Streitkräfte. Eine
gerichtliche Untersuchung wurde angestellt und selbst gegen den Vizekönig
richteten sich Vorwürfe wegen der Wahl des Führers. Um sich selbst weiss zu
waschen, versuchte er einen der Unterführer der unglücklichen Expedition zu
bereden, in dieser Hinsicht die Schuld auf sich zu nehmen, und warf ihn, als er
sich weigerte, auf zwei Monate ins Gefängnis. Doch Anklagen und
Untersuchungen scheinen ergebnislos verlaufen zu sein. Bestimmt gelang es dem
Oberführer Dom Francisco de Moura, die Anschuldigungen von sich abzuwälzen,
denn bei seiner demnächstigen Rückkehr nach Europa erntete er von dem Könige
Gunst und Ehren.
Zur Bewachung der Küste und um Zuzug von auswärts zu verhindern, waren zwei
Schiffe unter Pedro Rodriguez Botelho, dem Anwärter auf den
Kommandantenposten, vor Mombasa zur Blockierung zurückgelassen. Eines von
diesen hatte Auftrag, sich bei eintretendem
') Faria y Souza III S. 481-486.
- 208 schlechten Wetter nach Zanzibar und das andere nach Patta zurückzuziehen.
Doch unbegreiflicherweise wurden diese Schiffe von ihren Besatzungen geräumt
und leer zurückgelassen; aus welchem Grunde, ist nicht berichtet. Die einzige
verständliche Erklärung ist, dass vielleicht die Schiffe unvorsichtigerweise
irgendwo in der Nähe vor Mombasa an einer Stelle vor Anker gelegt waren, wo
sie bei Durchbruch des vollen Südwest-Monsuns nicht unter Segel und
wegkommen konnten, und dass aus Furcht vor einem Angriff die Besatzung,
unter Preisgabe der Schiffe, in den Booten flüchtete. Mühelos fielen derartig die
Schiffe den Mombasanern in die Hände. Doch dieses war vorerst die letzte
Fieude, die der König Jussuf erlebte. Kurze Zeit später hat er Mombasa verlassen
und die Stadt wieder den Feinden preisgegeben. Pedro Rodriguez Botelho nahm
den Dank hierfür in Anspruch. In seinen Berichten nach Lissabon behauptete er
von Zanzibar aus, die Aufständigen durch die Musungulos und andere
benachbarte Negerstämme, die er durch Geschenke von Zeugstoffen sowie durch
Aussetzung von Kopfprämien für sich gewonnen habe, bekriegt und hierdurch
den König Jussuf gezwungen zu haben die Stadt und die Festung zu räumen.1)
Ob er wirklich in der von ihm geschilderten Weise den Abzug Jussuf's bewirkte,
erscheint besonders dadurch zweifelhaft, dass der Vizekönig in seiner Antwort
auf den ihm von Lissabon zugegangenen Auftrag, an Botelho den königlichen
Dank für das Geleistete zu übermitteln, von der Notwendigkeit spricht, vorerst die
betreffenden Vorgänge noch prüfen zu müssen, und weiter im allgemeinen
beklagt, dass die Beamten keinen Anstand nehmen, Unwahrheiten nach Haus zu
berichten.2) Richtiger erscheint daher die Lesart eines Chronisten, dass dem
Könige Jussuf ohne weitere fremde Einwirkung der Glaube an seine weitere
Widerstandsfähigkeit gegen die sicher zu erwartenden neuen Angriffe der
Portugiesen ausgegangen sei, dass er dieserhalb die Stadt verlassen habe, und
dass, nachdem Mombasa zwei Monate ohne Herrn gewesen sei, schliesslich Pedro
Rodriguez Botelho, nach Empfang dieser Nachricht, von Zanzibar aus die Stadt
wieder besetzt habe.8) Eine andere Quelle ergänzt diesen Bericht dahin, dass bei
Jussuf das Gefühl der Enttäuschung und der Mutlosigkeit Oberhand gewonnen
habe, weil der sicher erwartete Zuzug türkischer Hülfskräfte aus dem Roten
Meere ausgeblieben sei.') Vielleicht auch, dass die unerwartet in den Besitz
Jussuf's gelangten Schiffe neue Pläne brachten. Jedenfalls boten ihm diese die
Gelegenheit zum Abzuge.
1) Ms. Liss. Livros das Moncöes No. 32 fol. 92. Lissabon, 24. Februar 1635.
2) Ms. Liss. Livros das Moncöes No. 32 fol. 92. Lissabon, 24. Februar 1635.
2) Faria y Souza III S. 481-486.
4) Philippus S. 222.
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- 209 Er schiffte sich auf ihnen mit allen seinen Anhängern und Gütern und dem
grössten Teile der Artillerie der Festung ein und segelte nach Arabien. Die Stadt
und Festung Mombasa soll er vorher zerstört und sogar die Obstbäume
niedergehauen und nichts als eine unbelebte Ruinenstätte hinter sich gelassen
haben.')
Als die Portugiesen aufs neue von der Insel Besitz ergriffen, soll sie eine Einöde
gewesen sein. Es ist zwar nicht anzunehmen, dass der flüchtende König Jussuf
und seine Anhänger thatsächlich die Stadt und Festung in Schutt und Asche
gelegt verliessen, aber glaubwürdig erscheint schon, dass sich wirklich die
gesamte Bevölkerung oder deren ganz überwiegender Teil verzogen hatte. Die
Furcht vor der Rache der Portugiesen wird ein ausreichender Grund hierfür
gewesen sein. Bei dem Einzuge Pedro's Rodriguez Botelho soll sich nur ein
Eingeborener mit Namen Faquevalle eingestellt haben, der als Verwandter der
alten Herrscherfamilie (vermutlich der Melinde-Könige) und wegen seiner Treue,
als einziger, der nicht in den Aufstand Jussuf's verwickelt war, als Gouverneur,
oder richtiger Scheik der Eingeborenen, eingesetzt wurde. Die
Wiederbevölkerung Mombasa's begann damit, dass die bisher in Patta und Fasa
ansässig gewesenen Portugiesen, auch solche aus Zanzibar, angeblich im ganzen
einige zwanzig Familienhäupter, herangezogen wurden. Ebenso wurde die
Ansiedlung von Eingeborenen aus den benachbarten Gegenden veranlasst. Später
wurden auch portugiesische Frauen aus Goa hergeschickt. Uebrigens ist in dieser
Zeit auch die gänzliche Aufgabe von Mombasa und die Verlegung der Feste und
des Regierungssitzes nach Pemba geplant gewesen. Veranlassung hierzu gaben
die steten Belästigungen und Drohungen, die die Musungulos den Portugiesen
bereiteten. Diese Pläne gelangten aber nicht zur Ausführung, weil kein Hafen
Pemba's für die Erfordernisse geeignet erschien und auch die schlechten
Gesundheitsverhältnisse dieser Insel abschreckten.')
Wie sich die Unterwerfung der gleichfalls in Empörung gewesenen Nachbarstädte
Mombasa's gestaltete, ist nicht näher überliefert. Erst im Jahre 1635 standen die
Machtmittel hierfür zu Gebote, als auf das Gerücht, dass die Holländer die
Besetzung Mombasa's beabsichtigen, gegen sie bei Mombasa ein Geschwader
von dreizehn Schiffen zusammengezogen war. Einzelheiten sind nicht bekannt,
nur ist berichtet, dass viele Rädelsführer hingerichtet wurden.')
Indessen der Hauptübelthäter, König Jussuf, geriet nicht in die Hände seiner
Feinde und verursachte an dieser Küste weitere unheil ) Faria y Souza III S. 481486.
2) Guillain 1 S. 440.
) Ms. Liss. Livros das Monýaes No. 36 fol. 125. Lissabon, 30. Januar 1636.
Strandes, Ostafrika.
14
- 210 bringende Verwicklungen. Wie oben erzählt ist, hatte er sich mit seinen Schiffen
nach der Preisgabe Mombasa's nach Arabien gewandt. Hier bestand er im Jahre
1634 bei Schihir einen Kampf mit dem portugiesischen Abenteurer Antonio
Carneiro Sallema Pimenteiro, bei dem er anscheinend den kürzeren zog. Dann
verlor er bei Guardafui ein Schiff. Wieder nach Ostafrika zurückgekehrt, fand er
auf den Suaheli.Inseln Unterstützung von den Königen und Volk. Besonders auf
Patta, das durch die Versetzung der hier früher wohnhaft gewesenen Ansiedler
nach Mombasa von Portugiesen entblösst war, und wo vielleicht gerade eine
besondere Missstimmung dadurch bestand, dass zur Hebung Mombasa's die hier
anlaufenden Schiffe aus Indien u. s. w. ihre Waren nicht mehr landen durften und
nach Mombasa weitergehen mussten, wurde er mit ofnen Armen aufgenommen,
und viele Eingeborene schlossen sich ihm für seine Unternehmungen gegen die
Portugiesen an. Dann kreuzte er in der Nähe von Mozambique und stiftete durch
Beunruhigung von Ortschaften und durch die Aufbringung von Fahrzeugen
Schaden. Schliesslich fand er in der Bucht von Bueni, an der Nordwestküste
Madagaskars, in einem Massalajem genannten Orte, wo ostafrikanische Araber
eine Niederlassung hatten, eine Zufluchtsstätte. Hierhin unternahmen im Jahre
1635 die Portugiesen, von Mozambique ausgehend, einen Zug, um sich des
lästigen Widersachers zu entledigen. Sechzig Portugiesen und hundertzehn Neger
unter Roque Borges machten einen Angriff auf das Dorf, in dem sich Jussuf
verschanzt hatte, doch sie mussten sich, ohne eigentlichen Erfolg, vor den starken
Befestigungen und den zahlreichen Verteidigern zurückziehen. Die
Rachethaten beschränkten sich auf das Verbrennen einiger Fahrzeuge und
Ortschaften, sowie die Tötung einiger Neger und die glückliche Entführung
einiger aus Mombasa stammender Kanonen.')
Die Berichte über diese Begebenheiten hielten die Machthaber in Goa umsomehr
in Atem, als auch Gerüchte umliefen, dass die Holländer mit zwei Schiffen auf
der Suche nach König Jussuf seien, um mit dessen Hülfe Fuss in Ostafrika zu
fassen, ja, dass die Verbindung dieser beiden Feinde bereits erfolgt sei.
Thatsächlich beschränkte sich jedoch dieser Verkehr Jussuf's mit europäischen
Schiffen auf ein kurzes Zusammentreffen bei den Komoro-Inseln mit einem
englischen Freibeuter, von dem er einige Kanonen, Munition und ein grösseres
Beiboot einhandelte. Schliesslich wusste man aber auch in Goa bestimmt, dass die
Nachrichten von der Verbündung des Empörers mit den Holländern unbegründet
seien, und dass dieser zeitweilig zusammen mit seinem Patta-Gefolge ruhig auf
Johanna, einer der Komoro-Inseln, sitze. Beiläufig erwähnt, verdankten
) Faria y Souza III S. 506-507.
- 211 die Portugiesen diese Nachricht dem Präsidenten der Engländer in Surat. Sie war
eine Frucht des im gleichen Jahre zwischen den beiden Nationen in Indien
geschlossenen Abkommens, nach dem die gegenseitigen Befehdungen aufhören
sollten.')
Die Zeit zur Unschädlichmachung Jussuf's schien gekommen, und zur
Ausführung bot sich dem Vizekönige eine besonders günstig erscheinende
Gelegenheit dadurch, dass der obenerwähnte Antonio Carneiro Sallema, der bei
Schihir ein Scharmützel mit dem zu Verfolgenden gehabt hatte, dem Staate anbot,
auf eigene Kosten, mit einer geringen Unterstützung, den Feind aufzusuchen.
Welches die eigentliche Stellung dieses Sallema gewesen ist, lässt sich nicht ganz
klar erkennen. Es scheint, dass er halb Kaufmann, halb Pirat und jedenfalls eine
ganz übelberüchtigte Persönlichkeit war. Schon der Beiname Pimenteiro (=
Pfefferbüchse), unter dem er überall bekannt war, lässt keinen Zweifel an seinem
schlechten Rufe. Doch der Vizekönig nahm hieran, insbesondere da die Ebbe in
der Staatskasse keine eigene Ausrüstung zuliess, keinen Anstoss und schloss
einen Vertrag, in dem sich dieser Privatmann zur Einbringung König Jussuf's, tot
oder lebendig, verpflichtete und dagegen für den Fall des Gelingens die
Vergebung alles desjenigen, was er auf dem Kerbholze hatte, und die Verleihung
der Ritterwürde sowie des Christusordens zugesagt erhielt.?) Das gemäss diesem
Vertrage Antonio Carneiro Sallema unterstellte Geschwader bestand aus dessen
zwei eigenen Schiffen und zwei Staatsschiffen, für deren Bemannung und
Ausrüstung er gegen eine Staatsbeihülfe von 2000 Xerafinen selbst zu sorgen
hatte, und zwei ferneren Staatsschiffen, die zum demnächstigen Verbleiben in
Ostafrika bestimmt waren. Die von dem Vizekönige für dieses Geschwader
erteilte Instruktion gipfelte darin, vorerst nach Patta zu segeln, dort den König und
die Häupter dieser Stadt mit List, unter dem Vorwande königlicher
Dienstangelegenheiten an Bord zu locken, festzuhalten und unter
Todesdrohungen zur Auslieferung König Jussuf's oder zur Beihülfe an dessen
Gefangennahme zu zwingen. Schliesslich sollten, wenn die Kräfte ausreichten,
auch Mtangata, Tanga und Lamu gestraft werden, da diese Städte sich der Tötung
vieler Christen schuldig gemacht hatten. Dagegen wurde die Schonung von Fasa,
Otondo und Zanzibar, als den Portugiesen treue Städte, vorgeschrieben.) Als ein
neues Beispiel dafür, wie häufig in Lissabon die Gesinnung anständiger war, als
in Goa, sei beiläufig erwähnt, dass diese Instruktion in dem Teile, der auf die
verräterische Gefangennahme der Patta-Leute hinzielte, bei ihrem Bekanntwerden
in
) Ms. Liss. Livros das Moqýöes No. 37 Fol. 431. Goa, 3. November 1636.
2) Ms. Liss. Livros das Mon§öes No. 35 Fol. 24. Goa, 18. Februar 1636.
3) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 40, Fol. 280. Goa, 22. Dezember 1635.
14"*
- 212 -
Lissabon aufs schärfste, als gegen Treu und Glauben verstossend, verurteilt
wurde.') Im Anfange des Jahres 1636 ging Antonio Carneiro Sallema unter Segel,
doch er richtete nicht den Kurs nach Ostäfrika, sondern begab sich nach dem
Golfe von Aden und legte sich hier, seiner Piratennatur folgend, erfolgreich aufs
Prisenmachen, wobei er auch solche Fahrzeuge nicht verschonte, die anerkannten
Freunden der Portugiesen gehörten und mit portugiesischen Pässen segelten.
Schliesslich verlor er bei dem Versuche, aus dein südarabischen Hafen Makulla
einige Fahrzeuge räubernd herauszuholen, bei unerwartet starkem Widerstande
zwei seiner Kapitäne und dreissig Mann und begab sich nach Maskat, angeblich
zur neuen Ausrüstung und zur Abwartung des folgenden Monsuns,
wahrscheinlicher aber um einen Streifzug gegen die CutchKauffahrer zu
unternehmen. Die offenbaren Uebergriffe, die er sich erlaubt hatte, und weitere
Ausschreitungen, deren er sich in Maskat schuldig machte, veranlassten zwar,
dass er von dem Kommandanten dieser Stadt gefangen gesetzt wurde, doch
gelang es ihm bald, sich wieder, wahrscheinlich durch Bestechung, zu befreien.
Erst mit dem neuen Monsun, nachdem er ein Jahr verloren hatte, ging er südwärts,
auf der Suche nach König Jussuf, aufs neue unter Segel. )
Inzwischen hatte Francisco Seixas Cabreira, der Kommandant in Mombasa,
während des Nordostmonsuns 1635/6 sehnsüchtig die Ankunft des Geschwaders
unter Sallema erwartet, da das Ausbleiben dieser Hülfsmacht die Gesinnung der
den Portugiesen feindlichen Partei stärkte und dem Könige Jussuf neue Anhänger
zuführte. Neue Sorge wurde Ende des Jahres 1636 dadurch geweckt, dass
verschiedentlich in Sicht Mombasa's vier einheimische Fahrzeuge und auch ein
europäisches Schiff passierten, und dass bestimmte Gerüchte auftraten, nach
denen König Jussuf an der Küste erschienen sei und beabsichtige, sich in Patta
festzusetzen. Um solchen Plänen entgegenzutreten, raffte Francisco Seixas
Cabreira die geringen Streitkräfte, die in Mombasa entbehrlich waren, zusammen
und segelte nach Patta, das er sofort zu Wasser und Lande blockierte. Seine
Erwartung, hier den Empörer zu finden, wurde getäuscht. Auf die Erkundigungen,
die er einzog, versuchten die Eingeborenen, ihm erst vorzuspiegeln, dass König
Jussuf, ohne mit dem Lande in Berührung zu treten, nordwärts nach Arabien zu
vorbeigesegelt sei, dann aber brachte er sicher in Erfahrung, dass der Gesuchte
unverändert auf der Insel Johanna weile.
Indessen Francisco Seixas Cabreira war vor Patta mit Kriegsabsichten erschienen,
als Thatsache bestand, dass der König und
) Ms. Liss. Livros das Mon§des No. 40, Fol. 12 Lissabon, 31. März 16372) Ms.
Liss. Livros das Moncöes No. 37 Fol. 431. Goa, 3. November 1636.
- 213 das Volk von Patta mit dem Gesuchten enge Beziehungen unterhielten, und da
ferner der König von Patta den wiederholten Aufforderungen zum Erscheinen an
Bord der portugiesischen Schiffe leere Ausreden entgegensetzte und sich durch
Heranziehung von Galla zum Widerstande rüstete, bedurfte es nur noch eines
äusseren Anlasses, um den Kampf zum Ausbruch zu bringen. Dieser Anlass liess
auch nicht auf sich warten, indem ein von Marka ankommendes Fahrzeug vor den
blockierenden Schiffen die Segel nicht streichen wollte, wodurch beiderseitig Blut
vergossen wurde. Der Krieg war hiermit ausgebrochen. Aus dem langatmigen
Berichte, den Francisco Seixas Cabreira selbst über die folgenden Kämpfe nach
Goa richtete (Mombasa, den 14. April 1637), ist wenig der Wiedergabe an dieser
Stelle wert. Nur unbedeutendes Geplänkel bei schwächlichem Widerstande der
Eingeborenen hat stattgefunden und als hauptsächlichste Kriegsthaten kann
Cabreira nur die Gefangennahme oder Tötung von 270 Eingeborenen, das
Verbrennen von sieben Dhaus und 78 Booten und das Umhacken von über
IOOOO Kokuspalmen, ausserdem die Zerstörung von Häusern und zwei
kleineren Ortschaften der Marakatos (Somali) nennen. Die Einnahme der Stadt
Patta selbst erwähnt Cabreira nicht, sie bleibt somit zweifelhaft.
Alle benachbarten Städte wurden in diesen Krieg hereingezogen. Namentlich Fasa
w.ar von vornherein ein eifriger Bundesgenosse der Portugiesen, ebenso zeigte
sich Lamu gleich willfährig, während Sio, Mandra und Luziwa zuerst neutral zu
bleiben suchten, aber später doch den Portugiesen Gefolgschaft leisten mussten.
Ausser zwischen den Portugiesen und Patta kam in diesen Tagen ein alter Streit
zwischen Patta und Fasa zum Austrag, in den auch die anderen benachbarten
Städte verwickelt wurden. Ja, manches deutet darauf hin, dass Fasa, welches seit
längerer Zeit von der Nachbarschaft Patta bedrückt und fast untergeworfen
gewesen war, verstanden hat, den Hass der Portugiesen gegen Patta mehr zu
schüren, als den Eigeninteressen der Portugiesen angemessen war. Von
vornherein scheint Patta keinen nachdrücklichen Widerstand mit den Waffen
beabsichtigt, sondern versucht zu haben, mit Geld die Bedrängnis abzukaufen.
Doch eine dem Kommandanten Cabreira angebotene Bestechungssumme von
4000 Pardaos (= M. I i ooo.-) wurde von diesem entrüstet abgelehnt, da er, wie
er selbst nach Goa berichtete, von Gott begieriger nach Ruhm denn nach Geld
gemacht sei.') Triumphierend konnte denn auch Cabreira in dem am 1O./2. Januar
1637 abgeschlossenen Frieden Patta in zwölf Paragraphen die folgenden
Bedingungen auferlegen.
') Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 40 Fol. 257. Mombasa, 14. April 1637.
- 214 i. König und Volk von Patta übernehmen die Verpflichtung, den
aufständigen König Jussuf tot oder lebendig den Portugiesen zu überliefern, und
entsenden hierzu sofort geeignete Leute nach Johanna. Bis zur Erfüllung werden
Geisseln gestellt. Gelingt die Unschädlichmachung des Königs Jussuf, so erhält
Patta Verzeihung, gelingt sie nicht, so werden die Portugiesen andere
Strafen nach ihrem Belieben auferlegen.
2. Bezahlung einer Kriegsentschädigung von 8ooo Pardaos
(= M. 22000.-), von denen die Hälfte gleich zu erlegen ist;
ausserdem Bezahlung der rückständigen Tributgelder.
3. Rückgabe der eroberten Fasa-Besitzungen an Fasa und Versprechen, Fasa nicht
weiter zu beunruhigen, auch Versprechen, mit den Galla, Marakatos und Wagunja
keinen Handel zu treiben.
4. Niederreissung der Mauern der Stadt Patta.1)
In ähnlicher Weise wurde in diesen Tagen Sio zu einer Beisteuer zu den
Kriegskosten von I5OO Pardaos (= M. 4125.-) und Mandra zu einem jährlichen
Tribut von 5o Pardaos (= M. 137,50), und ferner wurden beide Städte zur
Niederlegung eines Teiles ihrer Verteidigungsmauern gezwungen.2)
Weiter versammelte sodann Francisco Seixas Cabreira am 29. Januar 1637 auf
seinem Flaggschiffe, der Galeote ,Nossa Senhora da Es-peran.a", auf der Rhede
von Sirancace die Könige von Patta, Fasa, Sio, Lamu und Mandra um sich und
liess sie einen Vertrag unterschreiben und auf den Koran beschwören, in dem sie
sich alle gegenseitig zum Frieden unter einander und zur Herausgabe des in dem
vorhergehenden Kriege Eroberten verpflichteten, auch zusagten, sich gegenseitig
im Handel nicht ins Gehege zu kommen.
Jedem Friedensbrecher wurde eine
Strafe von IOOOO Pardaos und Verlust seiner Herrschaft angedroht. Allseitig
wurde als Grund der bisherigen Zwistigkeiten der Wettbewerb im Handel
anerkannt und dieserhalb bestimmt, dass jeder Verkehr mit den Galla und
Marakatos aufhören solle, auch kein Unterthan des einen Herrschers in dem
Lande des anderen Herrschers Handel treiben oder dort nur Beziehungen
unterhalten dürfe.') Die weitschweifigen Ausführungen dieses Vertrages geben
leider über die wirtschaftlichen Verhältnisse, die damals auf diesen Inseln
herrschten, keinen Aufschluss. Anzunehmen ist, dass der Vertrag in seiner
Absicht, jeden auswärtigen Handelsbetrieb, ja sogar den Verkehr der
Nachbarstädte untereinander zu verbieten, als undurchführbar, ein totgeborenes
) Ms. Liss. Livros das Monýäes No. 40 Fol. 2672> Ms. Liss. Livros das
Moncoes No. 40 Fol. 257.
2) Ms, Lis;. Livros das Mon;öes No. 40 Fol. 271.
- 215 Kind gewesen ist. Ersichtlich ist aus dem Vertrage, dass die Galla zu Patta und die
Wagunja und Marakatos mehr zu Sio, Fasa, Mandra und Lamu standen, ja durch
deren festländische Besitzungen als Unterthanen und Bundesgenossen der
letztgenannten Städte betrachtet wurden. Die Reihe der Verträge wurde in den
letzten Monaten noch dadurch vervollständigt, dass auch dem Könige von Luziwa
unter dem I6. Februar 1637 ein jährlicher Tribut von 50 Pardaos (= M. 137.50)')
und dem Könige von Jaca unter dem 6. April 1637 ein jährlicher Tribut von 6o
Pardaos (= M. 165.-) auferlegt wurde. ) Die in einem Berichte Cabreira's nach
Goa geäusserte Absicht, in ähnlicher Weise auch die Stadt Hoja heimzusuchen,
scheint nicht zur Ausführung gekommen zu sein. Lamu
entging der Bestrafung dadurch, dass hier zwei Parteien bestanden, von denen die
stärkere zu den Portugiesen in der Absicht hielt, damit ihren unbeliebten König
loszuwerden, und auch wirklich erreichte, dass Cabreira dessen Entthronung in
Goa in Vorschlag brachte. Ausser den Geldstrafen verfügte Cabreira eine Reihe
von Hinrichtungen. Er selbst berichtete an den Vizekönig, dass noch mehr
Hauptpersonen ihre Köpfe verloren hätten, wenn nicht gerade diesen, zur
Verfolgung des Königs Jussuf, besser noch vorläufig das Leben zu lassen wäre.
Anderen Rädelsführern, auf die er fahndete, gelang es, sich in Sicherheit zu
bringen. Insbesondere schmerzlich empfand Cabreira, dass der Thronerbe von
Patta, den er als den Hauptfeind der Portugiesen in diesen Gegenden bezeichnete,
seinen Nachstellungen entging.
In allen Verträgen war als Grund der Bestrafung die dem Könige Jussuf bei
seinem letzten Aufenthalte an der Küste gewährte gute Aufnahme und
Unterstützung angeführt. Strafmildernd erwähnt dazu Cabreira die schliesslich
gegen Patta geleistete Kriegshülfe Die Ergreifung König Jussufs stand auch nach
der Niederwerfung seiner Freunde im Vordergrunde, und so musste denn, gemäss
den übernommenen Verpflichtungen, während Cabreira noch bei den SuaheliInseln ankerte, eine wohlausgerüstete Patta-Dhau unter der Führung von Hassani
Mataca und Chande Mataca, die früher im Gefolge von König Jussuf gewesen
waren, und vielen Angesehenen Patta's (von Cabreira Iupuntos genannt, was er als
»Mitregenten« übersetzt) auf der Suche nach dem Verfolgten nach den KomoroInseln absegeln.
Inzwischen war auch Antonio Carneiro Sallema mit seinem Geschwader auf
derselben Jagd endlich in Ostafrika angekommen. Gerade in den Tagen, in denen
Cabreira das Geplänkel bei Patta begann, war er am gleichen Orte erschienen
und hatte sich miteins mit
) Ms. Liss. Livros das Moný5es No. 40 Fol. 272.
2) Ms. Liss. Livros das Mon 6es No. 40 Fol. 273.
- 216
dem Genannten durch Streitigkeiten über Kommandobefugnisse und
unberechtigte Inanspruchnahme von Prisen verfeindet. Schliesslich gelang es
jedoch Cabreira, ihn zu überzeugen, dass er in Patta nichts zu suchen habe, und
dass er zur Erfüllung seiner Aufgabe nach Johanna zur Verfolgung König Jussufs
zu segeln habe. Doch diese Expedition nahm einen kläglichen Verlauf. Vor
Johanna angekommen, wo sich König Jussuf wirklich aufhielt, beschränkte sich
Sallema darauf, einige Bomben in die Stadt zu werfen, und bewirkte dadurch,
dass die Königin und das Volk dieser Insel, die vorher ganz bereit gewesen sein
sollen, König Jussuf als einen auch ihnen lästigen Störenfried auszuliefern, sich
ihrerseits als Feinde gegen die Portugiesen wandten. Ohne weitere Angriffe auf
Johanna segelte nun Sallema nach dem Nordwesten Madagaskars nach
Massalajem, um die arabischen Fahrzeuge zu berauben, die in diesem Hafen zu
dieser Jahreszeit zu verkehren pflegten. Dann wandte er sich nach Zanzibar. Hier
erpresste er von einem Scherifen Sandarus, der sich geweigert hatte, ihm
schlechte Waren für hohe Preise abzukaufen, 500 Pardaos und kehrte schon im
Mai desselben Jahres nach Mombasa zurück. Seine Schiffe waren in einem
Zustande, dass für unverständlich erachtet wurde, wie sie überhaupt die See
hatten halten können. Beispielsweise führten sie anstatt der eisernen Anker, die
irgendwo verkauft waren, Notanker aus Holz. In Mombasa verursachte er neues
Unheil dadurch, dass er seine Seeleute zum Plündern anstiftete und die Autorität
des Kommandanten bestritt. Er wurde hierfür aber prompt in Eisen gelegt und
demnächst als Gefangener nach Indien geschickt. Hiermit endigte die
geschichtliche Laufbahn dieses Ehrenadmirals. In den giftigen Berichten, die
Francisco Seixas Cabreira nach Indien schickte, klagt er, dass vielleicht Gott nur
darum die Entsendung dieses Mannes nach Mombasa zugelassen habe, um
Mombasa und ihn persönlich für ihre vielen Sünden zu bestrafen, und empfiehlt
dem Vizekönige im übrigen, den Sallema um einen Kopf kürzer zu machen, da
mit ihm die indischen Gewässer von dem schlimmsten Piraten befreit würden.')
Doch auch die Expedition der Patta-Leute nach den KomoroInseln zum Fange
König Jussuf's verlief erfolglos. Auch hierfür will Cabreira die Schuld Sallema
zuschieben, indem er ihm vorwirft, dass er nicht verstanden habe, die bezüglichen
Pläne geheim zu halten, und dass hierdurch der Verfolgte vorzeitig gewarnt
worden sei. Auf das Gerücht von dem Kommen der Patta-Leute und deren
verräterischen Absichten war dem Könige Jussuf der Boden auf Johanna zu heiss
geworden. Fluchtähnlich, unter Zurücklassung von Anverwandten, die
) Ms. Liss. Livros das Moný6es No. 40 Fol. 274 und 279. Mombasa, 14. Mai
1637.
- 217 ihn sonst auf seinen Irrfahrten begleitet hatten, verliess er mit einem Gefolge von
nur 4o Personen Johanna. Sein erster Besuch galt der Insel Lupululu, wo er in der
Osterwoche den Besitzer, einen portugiesischen Afrikaner, ausraubte und damit
5ooo-6ooo Crusados in seine Hände brachte. Hier nahm er auch den
Dominikaner gefangen, den er, wie oben erzählt, als seinen Gesandten nach Goa
schickte. Dann versuchte er in ähnlicher Weise die Insel Amissa beim Kap
Delgado zu überfallen, hatte aber keinen Erfolg. Weiter machte er sich nicht in
Ostafrika bemerkbar, und es ging das bestimmte Gerücht, dass er nach Südarabien
gegangen sei. Da der auf Lupululu Ausgeraubte aus seinen Unterhaltungen mit
König Jussuf bestätigen konnte, dass dieser von der Absicht gesprochen habe, im
nächsten Monsun nach Ostafrika zurückzukehren, und da man wusste, dass König
Jussuf noch ein gutes Schiff in Schihir besass, zu dessen Ausrüstung ihm der
jüngste Raub Geld verschafft hatte, entsandte Cabreira, um weiteren
Beunruhigungen seines Bezirkes vorzubeugen, vier Galeeren aus dem
Geschwader Sallema's unter seinem Bruder als Kommandanten gegen Ende des
Südwestmonsuns nach Guardafui, um sich dort auf die Lauer zu legen und den
mit dem Nordostmonsun erwarteten Empörer abzufangen. Mitbestimmend für
diese Unternehmungen war, die in der gleichen Jahreszeit aus Indien und Maskat
erwarteten Fahrzeuge gegen etwaige Angriffe Jussuf's zu schützen und ferner bei
Ras Afun den Versuch zu machen, aus Mombasa stammende Kanonen, die hier
mit einem Fahrzeuge König Jussuf's untergegangen waren, zu heben.') Hierzu
wurden Taucher aus Barawa mitgenommen. Ueber den Verlauf dieser Expedition
ist nichts überliefert.
Ostafrika blieb von weiteren Beunruhigungen durch König Jussuf verschont, denn
schon im folgenden Jahre fand er sein Ende. Verschiedene geistliche
Schriftsteller lassen ihn an Gewissensqualen wegen Verleugnung des christlichen
Glaubens sterben, glaubhafter berichtet aber der Vizekönig Indiens unter dem 26.
November i638, dass er im Roten Meere von Arabern ausgeraubt und ermordet
worden sei.') Nach der arabischen Chronik Mombasa's ist er in Djiddah gestorben.
Jussuf war der letzte, der als König neben den Portugiesen in Mombasa herrschte.
Später ist diese Würde nicht wieder vergeben worden. Es übten zwar noch ferner
Angehörige des Melinde-Königshauses Befugnisse als Mittelglieder zwischen
Einheimischen und Europäern, doch nur unter dem Titel Scheik und ohne die
ehemalige Bedeutung,')
In Francisco de Seixas de Cabreira hatte Mombasa entschieden einen
Kommandanten von Thatkraft. Seine Berichte bezeugen Schaffens1) Ms. Liss.
Livros das Mon ies No. 40 Fol. 274. Mombasa, 3. August 1637.
2) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 44 Fol. 217. Goa, 26. November 1638.
3) Arabische Chronik in Owen 1 S. 422.
- 218 freudigkeit und Schnelligkeit im Entschluss, und es ist zu glauben, dass ihn mehr
ehrenwerter Ehrgeiz, als Herrschsucht und Habgier leitete. In Mombasa hat
Cabreira der Nachwelt sein Andenken durch folgende noch heute vorhandene
Steininschrift über dem Thore der Festung erhalten:
Im Jahre 1635 ist Francisco de Seixas de Cabreira für vier
Jahre, im Alter von 27 Jahren, Oberkommandant dieser Festung geworden, er
erbaute sie von neuem und errichtete dieses Wachthaus. Er unterwarf aufs neue
Seiner Majestät die unter dem tyrannischen Könige aufständige Küste und machte
ihm
die
Könige von Otondo, Mandra, Luziwa und Jacca tributpflichtig, Er gab persönlich
Patta und Sio eine in Indien nicht erwartete Züchtigung und riss sogar die Mauern
dieser Städte nieder. Er strafte die Musungulos und züchtigte Pemba, und liess auf
seine Verantwortung die aufrührerischen Häuptlinge (regedores')) und andere
Personen von Ansehen hinrichten. Er veranlasste die Zahlung der Tribute, die alle
Seiner Majestät zu zahlen verweigert hatten. Für solche Dienste wurde er zum
Ritter des Königlichen Hauses gemacht, nachdem er schon vorher zum Ritter des
Christusordens mit 5o Milreis (= M. 982.50) Gnadengehalt und zum Gouverneur
von Jafnapatam auf sechs Jahre sowie von Belgaon2) auf vier Jahre
ernannt
worden war,
und zwar mit der Erlaubnis, sowohl während seiner Lebenszeit wie auch für
seinen Todesfall seinen Stellvertreter zu ernennen. Zur Zeit, da Pedro da Silva
Vizekönig war. Im Jahre
des Herrn I639.2)
Der in dieser Selbstverherrlichung beanspruchte Ruhm, Mombasa wieder
aufgebaut zu haben, ist vielleicht Cabreira nicht ganz zuzuerkennen, denn für
dasselbe erntete auch sein Vorgänger Pedro Rodriguez Botelho aus Lissabon
Dank. Ueber die Züchtigung Pemba's und der Musungulos ist in den Berichten
von Cabreira nichts zu finden. Die Unterwerfung Otondo's war schon vor dem
Kriegszuge nachPatta erfolgt; Zanzibar hatte hierbei gute Hülfe geleistet. Otondo,
Luziwa und Jacca sind heute
1) Unter regedores wurden nur die Mitregierenden und Ratgeber, nicht die
eigentlichen Könige, verstanden
2) Jafnapatam ist eine Ceylon benachbarte Insel, die für die Portugiesen eine
wesentliche Bedeutung hatte. Den Namen Belgaon hat sowohl eine Stadt im
Bezirke Goa, wie auch eine Stadt auf Ceylon; der Gouverneurposten beider Plätze
war nicht sonderlich wichtig.
') Nach dem portugiesischen Wortlaute in v. d. Decken, 1. Anhang, Owen,
Guillain und Krapf geben den Wortlaut alle unter einander verschieden- mit
unwesentlichen Abweichungen.
i
Nach v. d. Decken.
Festungsthor in Mombasa samt Inschrift.
I
09-1"8-OCkPITA70-DR-PKCLID-SinA
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G - AOUG FA C läg b - 0 -RD Få -r k W IW TUTZ-SVA-VIDA EMNTe-SeD VKEI-PgDASLLVA-CTADI639ýÅ-
- 219 vom Erdboden verschwunden. Verschiedene alte Karten aus dem 17. Jahrhundert
zeigen einen Platz Otondo gegenüber der Südspitze Pemba's am festen Lande.')
Jacca hat an der Nordseite der Formosabucht gelegen; an diese Stadt erinnert das
nördliche Kap dieser Bucht, das von den Eingeborenen Ras Schakka (auf den
englischen Seekarten Osi Point) genannt wird. Cabreira erwähnt Jacca und Hoja
als zwei Städte, mächtig wie Patta, die man passiere, wenn man von Mombasa
nach den SuaheliInseln segle.2) Die genaue Lage von Luziwa ist nicht zu
ermitteln, doch geht aus einer Bemerkung Cabreira's hervor, dass sie am
Festlande nahe Lamu und Patta lag. Nach noch älteren Berichten war Luziwa
einstmals eine sehr bedeutende Stadt, die die ganze Küste beherrschte, doch schon
zur Zeit der Ankunft der Portugiesen in Ostafrika zur Bedeutungslosigkeit
herabgesunken war. Von den Herrschern von Luziwa leiteten auch die Könige
von Melinde ihren Ursprung ab und begründeten damit ihre Vornehmheit und
ihren Anspruch auf grössere 'Machtfülle. Uebrigens wird auch Quitao, eine heute
gleichfalls verschwundene Stadt, die achtzehn portugiesische Meilen nördlich von
Melinde gelegen haben soll, als alte Oberherrin der ganzen Küste und als
Stammsitz der MelindeKönige erwähnt. )
Ueber die allgemeinen Verhältnisse in Ostafrika in dieser Zeit giebt ein im Jahre
1635 geschriebener Bericht von Pedro Barreto de Rezende, dem Sekretär des
derzeitigen Vizekönigs von Indien, folgende übersichtliche Darstellung.')
Zum Bezirke Mombasa gehörte der gesamte Küstenstrich vom Kap Delgado bis
Kap Guardafui. Die Verwaltung und der Oberbefehl lagen in den Händen eines
Kommandanten, der dem Vizekönige in Goa unterstand.
Mombasa selbst war der Sitz des Kommandanten und Standort für IOO Soldaten.
Ausser der Hauptfeste befanden sich bei der Furt (Makupa) nach dem Festlande
zu drei kleine Festen, die bezweckten, die Inseln vor den Einfällen der
Musungulos zu beschützen. Diese Musungulos waren der Schrecken der Insel.
Trotz der Bewachung der Furt gelangen ihnen häufig in dunklen Nächten
Raubzüge auf der Insel. Vor dem Aufstande hatten die Musungulos gegen ein
jährliches Geschenk von Stoffen an die Häuptlinge die Oberhoheit der MombasaKönige anerkannt; mit der Flucht König Jussuf s gingen Oberhoheit und
Geschenkgebung
') Nach gütiger Mitteilung des Herrn C. A. Hollis in Mombasa soll Oto:-,do ein
alter Name für das heutige Sadani sein.
2) Ms. Liss. Livros das Mon;öes No. 4o, Fol. 259.
9) Barros II S. 22-23.
) Guillain I S. 463-469.
- 220 auf die Portugiesen über. Getreide und Ambergris waren die Hauptartikel, die die
Musungulos zum Verkauf brachten. Die Zolleinnahmen werden bedeutend
genannt, doch waren sie durch den Aufstand verringert.
Auf der Insel Patta befanden sich die drei Städte Patta, Sio und Fasa, die alle
Portugal tributpflichtig waren. Die Oberhäupter dieser Städte waren Araber oder
arabischer Abkunft. Die bei weitem bedeutendste der drei Städte war Patta, deren
Herrscher sich Sultan nannte. Häufig hatte sich Patta gegen Portugal aufgelehnt.
Obgleich der derzeitige König loyal war, versagte er doch die Erlaubnis zum Bau
einer christlichen Kirche. In Patta war indessen ein Nebenzollhaus, dem die
Zollerhebung von solchen Fahrzeugen oblag, die wegen Monsunwechsels oder
anderer Gründe Mombasa nicht erreichen konnten. In Patta war auch ein
Handelsagent des Kommandanten von Mozambique (?) ansässig In Fasa war eine
christliche Kirche, der ein Augustiner vorstand. Alle drei Städte der Insel Patta
waren stark bevölkert und erzeugten viele Kokusnüsse, Getreide und andere
Lebensmittel, sowohl auf der Insel selbst wie auf den am Festlande gelegenen
Pflanzungen.
Lamu war ebenso wie die vorstehend genannte Insel von Arabern und
Muhamedanern bevölkert und zahlte gleichfalls Tribut.
Die Stadt und der Bezirk Melinde brachten den Portugiesen nichts ein und
erforderten im Gegenteil Kosten dadurch, dass alljährlich eine bestimmte Menge
Eisen und Stoffe an die umwohnenden Wassegeju verteilt werden musste, um die
Stadt von deren Angriffen freizuhalten.
P emba war stark bevölkert und zählte vierzehn Dörfer, die 5ooo Bewaffnete
aufbringen konnten. Die Bevölkerung setzte sich aus Arabern (Muhamedanern)
und Negern zusammen, welche letzteren von den ersteren zur Bearbeitung des
Landes herangezogen waren und somit als eingeführte Sklaven zu betrachten
sind.' Es lebten zu dieser Zeit keine Portugiesen mehr auf der Insel, da sie wegen
ihrer Uebergriffe vertrieben waren. Nichtsdestoweniger entrichtete die
Bevölkerung noch nach Mombasa eine jährliche Abgabe von 6oo Mattsäcken (=
ca. 12 000 kg) Reis. Dieser Reis war von hervorragender Güte und besser als der
von Indien. Ausserdem erzeugte Pemba ausgezeichnete Sesamsaat, Kokusnüsse
in grosser Menge, Gemüse, Früchte, Butter und lieferte viel Grossvieh und auch
verwilderte Schweine. Ferner wird Bauholz als ein Ausfuhrartikel dieser Insel
genannt. Mombasa sowohl wie Mozambique bezogen einen bedeutenden Teil
ihrer Lebensbedürfnisse aus Pemba.
Zanzibar war den Portugiesen um diese Zeit weder tributpflichtig noch
unterworfen, doch unterhielt der Herrscher der Insel zu ihnen die
-- 221 besten Beziehungen. Viele Portugiesen lebten hier mit ihren Familien und
bewirtschafteten ihren Landbesitz in vollster Sicherheit. Auch eine christliche
Kirche unter einem Augustiner war vorhanden, und die christliche Religion
wurde von dem Landesherrn kräftig geschützt. Für seine Handelsgeschäfte
unterhielt hier der Kommandant von Mozambique (?) einen Faktor. Zanzibar
lieferte dieselben Erzeugnisse wie Pemba. Besonders wird die Güte des
Bauholzes und die Bereitwilligkeit des Herrschers, es an die Portugiesen
abzulassen, hervorgehoben.
Die Insel Mafia war von dem Sultan von Kilwa abhängig, jedoch war auch hier
ein Faktor des Kommandanten von Mozambique (?) ansässig, der gegen
Baumwollstoffe Landeserzeugnisse, hauptsächlich GummiKopal eintauschte.
Ferner lieferte die Insel viel Grossvieh und Butter. An der Ostküste der Insel')
besassen die Portugiesen ein kleines steinernes Blockhaus, das aber keine
Geschütze enthielt und nur in Kriegszeiten durch von Mombasa abkommandierte
zwölf Soldaten besetzt wurde. Nach anderen Berichten hatte Mafia: alljährlich
eine gewisse Menge Kokusgarn und Gummi-Kopal als Tribut nach Mozambique
zur Ausrüstung der nach Portugal segelnden Schiffe zu entrichten. Die Bewohner
der Mafia benachbarten kleinen Inseln Schole, Juani und Kibondo waren
verpflichtet, die hier landenden Portugiesen den ersten Tag nach ihrer Ankunft zu
ernähren.
Kilwa wird, ausser bezüglich der angeführten Herrschaft über Mafia, nicht
erwähnt, was andeuten kann, dass diese Stadt zu grosser Bedeutungslosigkeit
herabgesunken war.
Auffällig ist in diesem Berichte, dass durchgehends Angestellte des MozambiqueKommandanten als die Handeltreibenden genannt werden, während kein Zweifel
darüber ist, dass der Bezirk dieses Machthabers sich nördlich nur bis zum Kap
Delgado erstreckte. Möglich ist allerdings, dass in der Zeit, über die Pedro Baretto
de Rezende berichtet, der Mozambique-Kommandant, ebenso wie schon in
früheren Zeiten, das Handelsmonopol auch im
Mombasa-Bezirke wirklich an
sich gerissen hatte. Wahrscheinlicher ist indessen, dass mit dieser Angabe nur
ein Versehen vorliegt, denn Pedro Rodriguez Botelho, der derzeitige
Kommandant Mombasa's, petitionierte Jahre lang um Ersatz für die Verluste, die
er dadurch erlitten hatte, dass er durch den Aufstand Jussufs nur zwei Jahre anstatt
der ihm zustehenden drei Jahre im Genusse seines Postens gewesen sei, und alles
spricht dafür,
') Dr. 0. Baumann erwähnt in Die Insel Mafia" (Leipzig 1896) S. 8, dass nach
den Angaben der Eingeborenen ein portugiesisches Fort an der Westküste der
Insel bestand. Vielleicht beruht der Widerspruch auf einer Verwechslung in der
von Guillain benutzten Handschrift zwischen ýste (Osten) und oeste (Westen).
- 222
dass der Ausfall nur in der kürzeren Ausnutzung der Handelsvorteile bestanden
haben kann. Jedenfalls hat auch, wenn Rezende richtig ist, der Handelsbetrieb der
Mozambique-Kommandanten im Mombasa-Bezirke nur vorübergehend
bestanden, denn im Jahre 1637 nennt Francisco Seixas Cäbreira, der Kommandant
Mombasa's, in einem Berichte nach Goa einen Scherifen Alaum in Kilwa, der der
Umtriebe gegen den König von Kilwa beschuldigt war, seinen bewährten
Elfenbeinaufkäufer, und es ist undenkbar, dass, bei der üblichen Vergebung des
Handels als eines Monopols sowohl der Mozambique- wie auch der MombasaKommandant gerade in dem Elfenbeinhandel Wettbewerber gewesen sein sollen.
Das Auftreten Oman's als Seemacht.
In einem früheren Abschnitte ist kurz geschildert, wie schon in den ersten
Jahrzehnten nach dem Auftreten der Holländer und Engländer im Indischen
Ozean diese Nebenbuhler die Macht der Portugiesen geschwächt hatten.
Zwischen Spanien-Portugal und England war zwar in Europa in den Jahren 1604
und 163o Frieden geschlossen, aber dennoch standen sich die Nationen draussen
in den indischen Gewässern mit mehr oder weniger offener Feindschaft
gegenüber, da die Portugiesen aus den Verträgen ableiten wollten, dass nur ihnen
der Handel jenseits des Kaps der guten Hoffnung zustehe. Thatsächlich bestimmt
der Wortlaut dieser Verträge, dass den Engländern der Handel nur nach
denjenigen Häfen offenstehen solle, mit denen sie schon vor dem Ausbruche des
Krieges Verkehr unterhalten hatten, und zu diesen gehörte der Osten nicht. Aber
andererseits konnten die Engländer aus den Protokollen über die
Friedensverhandlungen nachweisen, dass das spanische Ansinnen, den englischen
Handel nach dem Osten als ungesetzlich zu erklären, zurückgewiesen worden
war. Schliesslich kam indessen, freilich erst im Jahre 1635, eine Vereinbarung
zwischen dem Präsidenten der Engländer in Surat und dem Vizekönige in Goa
zustande, die ein leidliches Einvernehmen der beiden Nationen in Indien
begründete. Jedoch die Holländer und Portugiesen blieben nach wie vor
geschworene Feinde, wo immer sie sich trafen. Dauernd litten hierin die
Portugiesen unter der zwischen Spanien und Portugal bestehenden Personalunion,
denn der Kriegszustand war nichts anderes als die Fortsetzung des Kampfes, den
die Holländer in Europa um die Befreiung vom spanischen Joche kämpften,
und Portugal und seine überseeischen Besitzungen kamen einzig und allein als
spanische Anhängsel in Mitleidenschaft.
Fast wichtiger als Indien war für Portugal in der zweiten Hälfte des sechzehnten
JahrhundertA Brasilien geworden. Der Heimat näher, unbehindert durch staatliche
Monopole, auch dadurch für den Europäer,
- 224 im Gegensatze zu Indien, freier und zugängiger, dass hier keine alte fremde
Kultur zu überwinden war, hatten sich in Brasilien blühende portugiesische
Ansiedlungen entwickelt, die hauptsächlich durch ihre Zuckerindustrie bedeutend
waren. Doch zuerst durch erfolgreiche Streifzüge, später in planmässiger
Eroberung wurde das Land den Portugiesen in den Jahren 1621 bis 1636 von den
Holländern entrissen. Auch die für die Versorgung Brasiliens mit Sklaven
wichtigen westafrikanischen Besitzungen Guinea (1637) und S. Paulo da Loanda
(1640) fielen in die Hände der Holländer. Nicht weniger bedeutend waren die
Verluste der Portugiesen im Osten. Aus Japan wurden sie endgültig im Jahre 1639
durch eine Verfügung des Kaisers dieses Landes darum verdrängt, weil ihre
Missionare durch Einmischung in weltliche Angelegenheiten und durch
Anmassung Aergernis gegeben hatten. Die Erbschaft im Verkehre Japans mit der
übrigen Welt übernahmen auch hier, freilich unter bedrückenden und
beschämenden Einschränkungen, die Holländer. Derartig waren die Portugiesen
in dieser Zeit eingeengt, dass sie für die alljährliche Fahrt von Goa nach Macao in
China im Jahre 1635 ein englisches Schiff chartern mussten, da ihnen eigene
geeignete Schiffe fehlten und die fremde Flagge Schutz gegen die Nachstellungen
der Holländer bot. Schliesslich entrissen im Jahre 1641 die Holländer den
Portugiesen nach fünfmonatiger hartnäckiger Belagerung auch den Besitz
Malakka's, der nächst Goa wichtigsten Stadt des Ostens. Ebenso wie der Verlust
von Ormus (1622) ein Merkstein des Niederganges der portugiesischen
Herrschaft im Westen Ostindiens ist, so ist der Verlust Malakka's der Merkstein
des gletchen Niederganges im Osten, denn mit dem Falle Malakka's ging
Portugal des letzten Einflusses über Hinterindien sowie über die Gewürzinseln
und deren reichen Handel verlustig.
Trauernd sah das Volk in Portugal den Verfall der früheren Macht. Jede Kunde
von neuen Verlusten in Brasilien und im Osten weckte die Erinnerung an den
früheren Ruhm und Reichtum. Ohne Erkenntnis der eigenen Schwäche suchte es
die Erklärung für den schmachvollen Rückgang allein in seiner Abhängigkeit von
Spanien. Hohe Steuerauflagen, die Vernachlässigung der portugiesischen
Interessen und die allgemeine Missverwaltung liessen dazu die Herrschaft des
spanischen Königs direkt als drückend empfinden. Durch die Revolution vom
Jahre i64o erzwang Portugal seine Unabhängigkeit von Spanien, in Johann dem
Vierten aus dem Hause Braganza erhielt es, nachdem seine Krone achtzig Jahre
mit der Krone Spaniens vereinigt gewesen, einen eigenen Herrscher wieder, aber
die Zeit der Not war damit nicht überwunden. Noch 28 Jahre musste es mit
Spanien um die Anerkennung seiner Unabhängigkeit kämpfen. Auch die
Beziehungen zu Holland konnte das von Spanien freie Portugal nicht so gestalten,
wie es erwartet hatte.
- 225
Zwar fanden die Anträge Portugals bei Holland auf Bundesgenossenschaft gegen
das beiden Staaten feindliche Spanien sofort Gehör, aber es entwickelte sich das
sonderbare Verhältnis, dass die Holländer und Portugiesen daheim in Europa
wirkliche Kampfgenossen gegen die Spanier wurden, sich dagegen aber draussen
in Brasilien und im Osten unverändert mit den Waffen gegenüberstanden. Die
Ursache dieses Zustandes war, dass laut dem Vertrage, der zwischen den beiden
Staaten am 12. Juni 1641 abgeschlossen wurde, spätestens nach einem Jahre der
Friede auch Uebersee veröffentlicht und in Kraft gesetzt werden sollte, dass aber
die Holländer unter unbilligen Vorwänden die Veröffentlichung hinausschoben
und die Eroberung portugiesischer Besitzungen fortsetzten, da nach einer ferneren
Bestimmung des Vertrages jeder Staat im Besitze derjenigen Gebiete bleiben
sollte, die er vor der Veröffentlichung des Friedensschlusses beherrschte. Aus
Schwäche sowie aus Furcht, mit den Holländern auch in Europa als Gegner
rechnen zu müssen, konnte Portugal diesen Schädigungen nur mit fruchtlosen
Protesten entgegentreten. Portugal war in einer verzweifelten Lage. Daheim von
den Spaniern, in den Kolonien von den Holländern bedrängt, dazu des Handels
beraubt und mit gänzlich zerrütteten Finanzen, war es am Rande gänzlichen
Verderbens, als noch neue Widersacher in den Arabern oder genauer in den
Oman-Arabern hinzutraten. Oman hat schon seit den ältesten Zeiten eine
bedeutende Rolle in der Geschichte Südarabiens gespielt.') Der Schwerpunkt des
Reiches und der Regierungssitz lagen aber nicht an der Küste, sondern im Innern
des Landes. Als die Portugiesen im Jahre 1507 zuerst im Persischen Golfe
erschienen, waren die Küstenstädte Maskat, Matera, Sohar, Kalhat und Kuriate
unter der Oberhoheit von Ormus. Mit blutiger Hand wurden sie von den
Portugiesen erstürmt und geplündert, und nachdem Ormus unter dem beispiellos
kühnen Vorgehen Affonso's d'Alboquerque gefallen war und die Herrschaft
Portugals anerkennen musste, teilten auch die Hafenstädte Oman's dieses
Schicksal. Mit einer kurzen Unterbrechung im Jahre 1552, in dem die Türken die
Stadt erobert hatten, und nochmals im Jahre 1581, in dem der türkische Korsar
Mirale Beque, derselbe, der wenige Jahre später Ostafrika beunruhigte, die
Portugiesen vertrieben hatte, war Maskat stets im Besitz der Letzteren oder
richtiger unter deren Einflusse gewesen. Ueber die Mauern der Stadt hinaus ging
allerdings dieser Einfluss nicht und auch innerhalb der Stadt war er ein
äusserst beschränkter. Selbst im Jahre 1588, als die Portugiesen, als direkte Folge
der türkischen Angriffe auf Ostafrika, die Errichtung von Festungen in Maskat
und
) Vergl. History of the Imams and Seyyids of Oman by Salil-ibn-Razik from A
D 66I - 1856, transl. by George Percy Badger, London, Hakluyt Society 188i.
Strandes, Ostafrika.
15
- 226 Sohar beschlossen hatten, wurde ihnen von dem einheimischen Fürsten oder
Sultan nur die Hälfte der Zolleinnahmen dieser Städte, dazu in der Form einer
freiwilligen Schenkung abgetreten.1) Grosse Bedeutung gewann Maskat für die
Portugiesen nach dem Falle von Ormus im Jahre 1622, da es hiermit ihr Bollwerk
im Persischen Golfe wurde, und von hier aus die Wiedergewinnung Ormus oder
wenigstens die Beibehaltung des wertvollen Handels zwischen Indien und dem
Persischen Golfe versucht wurde. Doch kaum zwei Jahrzehnte bot Maskat diesen
Ersatz. Im Jahre 1624 gelangte in Oman die Dynastie der Jarebu zur Herrschaft.
Durch Niederwerfung der gegnerischen Maliks und Stämme hatte der kraftvolle
Nasir ben Murschid, der erste Ismam aus der genannten Familie, alle Kräfte
vereinigt. Im Jahre 1640 machte er zuerst einen Angriff auf Maskat, der erfolglos
blieb, nahm aber im Jahre 1643 die benachbarte Stadt und Feste Sohar. Aufs neue
erschien er im Jahre 1648 vor Maskat und zwang nach einer Belagerung von drei
Monaten, nachdem er sich der Aussenwerke bemächtigt hatte, die durch Pest und
Hunger entmutigten Portugiesen zu einem Vertrage, in dem sie sich, ausser zu
anderen Demütigungen, zur Schleifung der Festungen von Kuriate, Matera und
Dobera (an der Ostküste des Persischen Golfes) und der Stadtumwallung von
Maskat selbst verpflichten mussten und ferner allen Unterthanen des Imams
völlige Zollfreiheit, sowie freien Handel und Schiffahrt zuzugestehen hatten.
Derartig auf die Forts von Maskat beschränkt, übte Portugal kaum mehr als dem
Namen nach die Oberhoheit über Maskat. Aber auch dieses w-enige ging bald
verloren, denn am 23. und 26. Januar 165o, nachdem die Araber unter Sultan ben
Seif, dem Vetter und Nachfolger Nasir's, nach einer neuen Belagerung in die
schlecht bewachte Stadt eingedrungen waren, mussten das Hauptfort und die
Faktorei kapitulieren.') Die portugiesische Besatzung von siebenhundert Köpfen,
darunter viele arabische Söldner, durfte nach Diu abziehen. Das omanische
Imamat gewann durch dieses Ereignis festen Fuss an der See, und Portugal ging
des letzten Einflusses im Persischen Golfe verlustig- Doch nicht genug, dass hier
mit wieder ein mächtiger Teil des einst allmächtigen Weltreiches abbröckelte, in
Oman und Maskat entstand den Portugiesen ein neuer Feind, der ihnen fast ein
Jahrhundert lang zu schaffen machte, ihnen Verlust auf Verlust zufügte, den sie
nie überwanden und dessen Gegnerschaft eigentlich erst aufhörte, als andere
mächtigere Nationen für Frieden auf dem Meere sorgten.
) Archivo V 1II S. 1251.
2) F. C. Danvers, Report on the Portuguese Records relating to the East Indies
contained in the Archivo da Torre do Tombo etc,, London 1892, S. 121 ff.
- 227 In überraschend schneller Weise entwickelte sich Oman zu einer Seemacht. Die
Grundlagen hierzu waren in der seit Jahrtausenden seegewohnten Bevölkerung
der Küsten des Persischen Golfes vorhanden. Derselbe Menschenschlag, derselbe
Geist, der dereinst Ormus gross gemacht, der in den voreuropäischen Zeiten den
Indischen Ozean belebt und Handel und Islam nach Ostafrika, Madagaskar, dem
fernen Java und China getragen hatte, trat in den Dienst Maskat's. Zwar waren in
den Zeiten, in denen die Portugiesen die Schiffahrt in diesen Gewässern unter
ihrer Aufsicht zu halten suchten, die Eigenunternehmungen der .Araber
beschränkt gewesen. Aber ganz unterdrückt waren sie nie. Unverändert war auch
in diesen Zeiten der Verkehr zwischen den asiatischen Ländern, wenn auch unter
portugiesischer Passkontrolle, überwiegend von einheimischen Fahrzeugen
beschafft worden. Dazu hatten die Portugiesen selbst zur Bemannung ihrer
eigenen in Asien stationierten Schiffe viele Seeleute aus dem Persischen Golfe
verwendet. Erklärlich ist somit, dass für Oman seegeübte Mannschaft in Fülle zur
Verfügung stand. Aber überraschend und in den Einzelheiten rätselhaft bleibt
doch, dass Oman bereits einige Jahre nach der Besetzung Maskat's den
Portugiesen mit wohlgerüsteten Schiffen europäischer Bauart gegenübertreten
und wagen konnte, portugiesische Besitzungen an der Westküste Vorderindiens
anzugreifen. Die Anfänge zu dieser arabischen Flotte wurden durch
verschiedene portugiesische Kriegsschiffe und Kauffahrer gelegt, die schon im
Jahre 1651 in die Hände der Araber fielen, aber die starke Vermehrung der Flotte
lässt bestimmt annehmen, dass nicht nur zufällige Prisen zur Verwendung
europäischer Schiffe führten, sondern dass wirklich einsichtsvoll und planmässig
dieses bessere Material aufgenommen wurde, um den Gegnern gewachsener zu
sein, Dass die Engländer und mehr noch die Holländer willige Verkäufer solcher
Schiffe waren, ist nicht zu bezweifeln, und ebenso sicher ist, dass den Arabern
reichliche Mittel für diesen Zweck aus dem ergiebigen, jetzt von ihnen
beherrschten Handel von Guserat nach Persien zur Ver. fügung standen.
Die in den ersten Jahren nach dem Verluste Maskat's unternommenen Versuche
der Portugiesen, diese Stadt und die im Persischen Golfe verlorene Stellung
wiederzuerobern, blieben erfolglos. Sie hielten zwar noch, nahezu ein
Jahrhundert, eine kleine Faktorei in Kongo, an der persischen Seite der Ormus
- Strasse, doch hatten sie davon keinen Nutzen. Sie hatten ihre Kräfte darauf zu
beschränken, nach Möglichkeit die Araber im Persischen Golfe zu blockieren und
diese Feinde von Angrifen auf ihre sonstigen Besitzungen abzuhalten.
Jahrzehnte hindurch, fast ein Jahrhundert lang, hatten die Portugiesen zu diesem
Behufe jahraus, jahrein ein Geschwader zu unterI5"
- 228 halten. Zwar wurden die Araber, soweit den portugiesischen Berichten zu glauben
ist, immer in den offenen Seeschlachten geschlagen, aber sie zogen sich unter die
Kanonen ihrer Felsnester zurück und erschienen bald neuausgerüstet mit frischen
Kräften zu neuen Streifzügen wieder. Durch Aufbringen von Kauffahrern und
Plündern von Städten stand der nördliche Teil der Wesküste Vorderindiens stetig
unter dem Banne dieser Beunruhigungen, ja Goa selbst, die Hauptstadt, war
mehr
als einmal durch das Erscheinen von arabischen Flotten vor dem Hafen in
Not.
Dass bei den nahen Beziehungen, die zwischen Maskat und
den ostafrikanischen Städten durch Verwandtschaft der Bevölkerung, gleiche
Religion und regen Handelsverkehr bestanden, der Krieg, der im Norden
zwischen Arabern und Portugiesen geführt wurde, sich auch nach Ostafrika
verpflanzte, ist natürlich. Die gewaltsame Beruhigung, die Francisco Seixas
Cabreira im Jahre 1637 zuwege gebracht hatte, war nicht von Dauer. Schon
wieder im Jahre 1645 hatte der König Veranlassung, von Lissabon nach Goa zu
schreiben, dass Klagebriefe der Könige von Patta, Fasa, Sio und Pemba über die
Ausschreitungen und Quälereien des M Iombasa-Kommandanten vorlägen, und
dass strenges Vorgehen zur Befriedigung der Beschwerdeführenden nötig sei.')
Doch vielleicht kamen diese M\ahnungen schon zu spät, denn aus dem Jahre 1648
wird ein abenteuerlicher Vorschlag berichtet, in dem sich der Kapitän Salvador
Correa de Sa erbot, von der Westküste Afrikas auszugehen und den ganzen
Erdteil zu durchziehen, um Patta der Oberhoheit Portugals wieder zu
unterwerfen!') Da dieser Plan in Europa aufgestellt ist und Nachrichten aus
Ostafrika, weil sie immer über Indien gingen, bis zur Ankunft in Europa
mindestens ein Jahr gebrauchten,3) auch länger
) Ms. Liss. Livros das Monýöes No. 55 Fol. 248. Lissabon, 3. Dezember 1645.
2) Os Portuguezes em Africa, Asia, America e Oceania, ohne Namen des
Verfassers, 7 Bde., Lisboa 1848-1850, 1 S. 162. Dasselbe Werk und zweifelsohne
dieselbe Auflage ist, unter Hinzufügung eines achten Bandes und mit neuen
Titelblättern, auf welchen Pinheiro Chagas als Fortsetzer genannt ist, mit der
Jahreszahl i89o zu neuem Leben erweckt.
3) Schon frühzeitig, zuerst 1513, benutzten die Portugiesen bei wichtigen
Anlässen die alten Ueberlandwege durch das Rote Meer und Aegypten, bezw. den
Persischen Golf und Syrien, um Briefe von Indien nach Portugal zu senden, doch
wurde dadurch ein Zeitgewinn selten und gewiss nur dann erzielt, wenn die Boten
im Südwestmonsun, ausserhalb der Reisezeit der um das Kap der guten Hoffnung
segelnden Schiffe, abgingen. Selbstverständlich konnten die Boten nur verkleidet
und auf Schleichwegen nach dem Mittelmeer gelangen, wodurch diese
Beförderungswege so unsicher waren, dasa. sie nur in Ausnahmefällen benutzt
wurden. Es war eine ständige Vorschrift vorhanden, dass auf diesen Wegen nur
chiffrierte Botschaften abgesandt werden durften.
- 229 eingewurzelte schlimme Zustände vorausgesetzt werden müssen, um einen so
eigenartigen Angriffsplan einigermassen zu rechtfertigen, darf bestimmt
angenommen werden, dass sich Patta schon mindestens drei Jahre vor 1648
wiederum im Aufstande befand. Dieser Annahme entsprechend, bestätigt auch ein
Bericht aus dem Jahre 1651, dass sich die Portugiesen schon seit Jahren mit den
in der Nähe von Mombasa wohnenden Stämmen im Kriege befanden.')
Hinzutrat die Gefahr, dass die durch die Einnahme Maskat's (1650) erstarkten
Oman-Araber in diese Kriegszustände eingreifen würden, und so wurde Ende des
Jahres 165o der thatkräftige Francisco Seixas Cabreira, derselbe, der dreizehn
Jahre vorher Patta niedergeworfen hatte, zur Bekämpfung der Notlage nach
Ostafrika entsandt.2) Zweifelsohne beglaubigt diese ausserordentliche Massregel,
dass schwere Gefahren vorhanden waren. Sehr wahrscheinlich sind die Araber
bald nachdem sie Maskat genommen hatten, in Ostafrika erschienen. Zuerst vom
Jahre 1652 ist bekannt, dass sie mit einigen Fahrzeugen Zanzibar verheerend
überfielen und dabei eine Anzahl von Portugiesen, darunter einige
Augustinermönche, töteten.8) Francisco Seixas Cabreira berichtet hierzu unter
dem 3o. August 1653, dass die Könige von Zanzibar, Pemba und Otondo, gegen
das Versprechen von Unterwerfung und Tributzahlung, Hülfe von dem Imam von
Maskat erlangt hätten, und dass hierdurch nicht nur jene Zerstörung der
portugiesischen Ansiedelung in Zanzibar gelungen sei, sondern auch die
eingeborenen Fürsten der Küste, in Furcht vor der arabischen Macht, zur
Auflehnung gegen Portugal veranlasst seien. Zu einem Kampfe zwischen
Francisco Seixas Cabreira und den arabischen Streitkräften ist es offenbar nicht
gekommen. Dagegen berichtet er ausführlich über einen glücklichen Streifzug
gegen Zanzibar. Mit 120 portugiesischen und 40 indischen (Mocoques) Soldaten
und 120 Mann Melinde-Hülfstruppen zog er gegen Zanzibar, vertrieb die Königin
dieser Insel und ihren Sohn, den König von Otondo, und zerstörte die Ortschaft.
Dann ging er der aus zehn Dhaus bestehenden Flotte des Königs von Pemba
entgegen, die von einem Raubzuge von Kwale, Kilwa und Mafia zurückkehrte,
nahm fünf der Dhaus, jagte den Rest bei Zanzibar auf den Strand und
erfocht schliesslich
auch gegen ihre an Land geflüchtete Mannschaft in blutigem Handgemenge einen
vollständigen Sieg. Nachdem er derartig sechzig Tage auf dem Kriegspfade
gewesen war, kehrte er nach Mombasa zurück. Als Hauptbeute dieser
Unternehmung preist er die Befreiung von 400
1) Ms. Liss. Livros das Mornöes No. 61 fol. 337. Lissabon, 4. Februar 1651.
2) Ms. Liss. Livros das Monöes No. 6I fol. 338. Goa, 20. Januar 1651.
') Ms. Liss. Livros das Moncöes No. 56 fol. 466. Goa, 28. Januar 1653.
- 230 christlichen Seelen, die von den Feinden gewaltsam zu Muhamedanern gemacht
worden waren.')
Doch trotz dieser kleinen örtlichen Erfolge darf wohl angenommen werden, dass
der Kriegszustand an fast der ganzen ostafrikanischen Küste weiterherrschte.
Fortgesetzt erscheinen aus diesem Jahrzehnte die Hülferufe der MombasaKommandanten um Verstärkung von Mannschaft und Kriegszeug, und die
Mahnungen von Lissabon nach Goa, solche wegen der Notlage zu beschaffen.
Doch die jämmerlichen Zustände in Goa erlaubten keine ausreichende
Unterstützung. Gelegentlich wurde von der Entsendung einiger Soldaten, in
einem Einzelfalle von vierzig Soldaten berichtet, und ebenso kümmerlich war es
mit der Versorgung mit Kriegsmaterial bestellt. Direkt wurde in einem Falle von
dem Vizekönige dieEntsendung von Kanonen damit als unmöglich hingestellt,
dass es unthunlich sei, zur Ausrüstung Mombasa's die in Goa liegenden
Kriegsschiffe ihrer Kanonen zu berauben.
Kaum mehr als die Insel Mombasa, und auch diese nicht immer ganz, werden die
Portugiesen in dieser Zeit von ganz Ostafrika behauptet haben. In den Jahren i66o
bis 1665 soll sogar Mombasa von der Flotte und den Truppen des Imams von
Omam belagert gewesen sein. Aus den portugiesischen Quellen ist hierüber nur
zu ermitteln, dass Ende des Jahres 166o die Oman-Araber auf den Ruf von Patta
mit einigen grossen und vielen kleinen Schiffen in Ostafrika erschienen, sich
zuerst Fasa's bemächtigten, dann auf Mombasa die Stadt der Eingeborenen
besetzten und die Festung belagerten, und dass die Eingeborenen die Hülfe
\Iaskat's herangezogen hatten, weil sie durch die Ungerechtigkeiten des
derweiligen Mombasa-Kommandanten Joseph Botelho da Silva bedrückt waren.')
Gleiche Klagen gegen den Genannten hatten auch der muhamedanische
Gouverneur Munhos Agro (?) und die Bewohner von Melinde in einem
Schreiben vom 25. August 1662 nach Lissabon gerichtet und dabei angegeben,
dass sie sich nach Mombasa hätten flüchten müssen, weil die Araber die Küste
beherrschten.') Auch ein portugiesischer Geistlicher, der im Jahre 1663 den
Persischen Golf besuchte, spricht oberflächlich von einer Belagerung Mombasa's
durch die Araber.4) Bestimmter erzählt die arabische Chronik Mombasa's, aller')
Ms. Liss. Cons.IUltr. ConsultasdaIndia, Livro 2o Fol. 3o5-6No. d'inventario 211.
Lissabon, 9. Oktober 1654.
2) Ms. Liss. Archivo do Conselho ',Ultramarino. Consultas resolvidas. Maco
d'ordem No. 8i. Lissabon, 30. März I66z.
) Ms. Liss. Archivo do Conselho Ultramarino. India. Registo das Cartas, Livro io
Fol. 310. Lissabon, 7. Januar i666.
4) Relacäo do Novo Caminho que fez por terra e mar, vindo da India para
Portugal no anno de 1663 o Padre Manuel Godinho da Companhia de Jesus.
Lisboa 1842. S. 74.
- 231 dings ohne Ahführung von Jahreszahlen, dass die Bewohner der ganzen Küste
den Imam' Sultan ben Seif (1649-1668) herbeigerufen hätten, weil die
Ausschreitungen und die Tyrannei der Portugiesen alle Grenzen überschritten,
dass nach Kämpfen, die fünf Jahre dauerten, die Portugiesen verjagt worden
seien, und dass die Festung in Mombasa von den Arabern, unter Mohamed ben
Mbarak als Gouverneur, besetzt worden sei.') Nach der gleichen Quelle sollen die
Portugiesen bald darauf zurückgekehrt sein und Mombasa wiedergenommen
haben. Indessen da diese Nachricht des arabischen Chronisten von keiner Seite
bestätigt ist und jedwede Ueberlieferung eines solchen wichtigen Ereignisses in
den portugiesischen Urkundensammlungen fehlt, erscheint es durchaus
unglaubwürdig, dass wirkliche-um das Jahr 1665 herum die Festung Mombasa
den Portugiesen entwunden worden ist. Wenn thatsächlich die Festung von den
Arabern besessen- und wiederverloren worden wäre, so würde wenigstens die
'Wiedereroberung von den Portugiesen nicht mit Stillschweigen übergangen- sein.
Dass dagegen die Stadt Mombasa, aber mit Ausschluss der Festung, im
Nordostmonsun 1660/i in den Händen der Araber war, ist auch aus der oben
angezogenen portugiesischen Quelle, der ein Bericht des Vizekönigs an den
König zu Grunde liegt, bestätigt. Indessen, ungeachtet der Bewahrung der
Festung Mombasa, spricht alles dafür, dass schon in dieser Zeit die Araber mehr
als die Portugiesen die Herren Ostafrikas waren. Sogar südwärts des Kap Delgado
dehnten sie ihre Streifzüge aus. Im Jahre 1669 machten sie mit einem starken
Geschwader einen Angriff auf Mozambique, das, wie sie wussten, durch Kriege
am Zambesi stark entblösst war, und schlossen die Festung eng ein. Doch der
schwachen Besatzung unter Gaspar de Sousa de Lacerda, dem
Rechnungsvorsteher, der in Abwesenheit des Gouverneurs den Oberbefehl führte,
gelang es, die Belagerer zurückzuweisen.') Nach einer örtlichen, mündlichen
Ueberlieferung sollen die Angreifer bereits eine Stelle der Festungsmauer
unterminiert haben, als dieses durch einen Banian den Portugiesen verraten
wurde, die darauf durch Aufstellung von Pfannen mit Wasser längs der Mauer,
aus der Erschütterung des Wassers die genaue Stelle ermittelten, wo unterirdisch
gearbeitet wurde, und eine Gegenmine anlegten, die mit einem derartigen Erfolg
aufflog, dass die Araber eingeschüchtert die Belagerung aufhoben und sich
einschifften. ')
Mit der Zeit beginnend, dass Oman als Kriegsmacht in Ostafrika
i) Chronik in Owen I S. 415.
2) Bordalo S. ii6.
8) Burton I S. 285 fr. erzählt irrtümlich diese Begebenheit als in den Jahren
zwischen i68o und 1698 geschehen.
- 232 auftrat, war Patta immer der Herd, von dem die Anfechtung der portugiesischen
Macht ausging. In einem früheren Abschnitt ist schon kurz erwähnt, dass auf der
Insel Patta die drei Reiche Patta, Sio und Fasa bestanden. Untereinander im
stetigen Streit und häufig mit einander kämpfend, war Patta diejenige Stadt, die
meistens den Portugiesen entgegenstand, während Fasa fast immer zu den
Portugiesen hielt und oft zuwege brachte, diese in die Kämpfe auf der Insel
hineinzuziehen. Ein eigenartiger Stamm, Wagunja oder Baguni genannt,
bevölkerte und bevölkert die Patta-Insel und die benachbarten Bezirke, besonders
am Festlande nordwärts. Wenngleich zu den Suaheli gezählt, sind sie merklich
von diesen durch Beimischung von Somali-Blut, vielleicht auch Galla-Blut
unterschieden. Unruhe und Ränkelust sind ihre hervorstechenden Eigenschaften.
Als mutige Seefahrer sind sie überall an der ostafrikanischen Küste mit ihren
Mtepe's, den ungefügen fast vorsintflutlichen Fahrzeugen, die, anstatt gebolzt,
zusammengenäht sind und noch ein Mattsegel führen, zu finden. Stets auf jede
Art von Erwerb ausgehend, waren sie bis in die Neuzeit der Schrecken aller
Negermütter und Sklavenbesitzer, denen sie mit List und durch offenen Raub
Kinder entführten; ja, es ist noch kein Jahrzehnt her, dass sich von furchtsamen
Tumbatu-Seeleuten bemannte ostafrikanische Dhaus nicht getrauten, in See zu
gehen, wenn eine Mtepe und Wagunja in der Nähe waren. Auch bis in die neueste
Zeit herein haben die Maskat- und Zanzibar-Sultane Patta nie dauernd bezwungen
und sich hier häufig blutige Köpfe geholt. Es ist daher vollständig begreiflich,
dass dieser Geist der Unruhe und Aufsässigkeit auch unaufhörlich den
Portugiesen zu schaffen machte, und Patta zum Stützpunkt der arabischen
Unternehmungen gegen die Portugiesen gestaltete.
Gegen das Jahr 1678 scheint ein Hauptschlag gegen die Feinde in Ostafrika und
insbesondere Patta erforderlich gewesen zu sein, denn der Vizekönig D. Pedro de
Almeida hielt es in diesem Jahre für nötig, in eigener Person mit allen
Machtmitteln, die ihm zu Gebote standen, von Goa dorthin zu ziehen. Er nahm
Mozambique als Basis seiner Unternehmungen, und versorgte sich hier, so gut
wie es ging, mit Lebensmitteln. Zur Bestreitung seiner Bedürfnisse sah er sich bei
dem schwachen Stande seiner Kriegskasse genötigt, eine Zwangsanleihe von 20
000 Crusados in der Weise aufzunehmen, dass er einfach Privatgeld, das sich an
Bord eines von Portugal gekommenen Schiffes als Frachtgut befand, leihweise
wegnahm.1) Von Mozambique segelte er, nächdem er unterwegs Mombasa
verstärkt hatte, nach Patta. Hier gelang es ihm am 12. August und an den
folgenden Tagen die Landung kämpfend zu
) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Mao No. 824. Lissabon, 15. Dezember 168o.
- 233 erzwingen und sich mit seinen Truppen unfern der Stadt zu verschanzen. Durch
den Fürsten von Fasa, der ihm OOO-I2OO Mann Wagunja zuführte, wurde seine
Macht nicht unwesentlich vergrössert, dennoch aber war der Widerstand der
Angegriffenen so nachhaltig, dass er ihnen vier lange Monate in täglichem
Geplänkel gegenüberlag, ohne das Uebergewicht gewinnen zu können. Aus der
Mitteilung, dass die Portugiesen in dieser Zeit nicht weniger als sieben Forts und
vier Wachthäuser errichteten, hat es fast den Anschein, als ob sie sich mehr auf
Verteidigung als Angriff einzurichten hatten. Grosser Mangel an Lebensmitteln
machte sich schliesslich in einer Weise bemerkbar, dass hoch und niedrig volle
sechs Wochen lang nichts anderes als trockenen, mit Salzwasser gekochten Reis
zu geniessen hatte, und weitere Not trat dadurch hinzu, dass unter den
verbündeten Wagunja, trotz der Treue ihres Führers, des Fürsten von Fasa, eine
Meuterei ausbrach, die durch Niedermetzelung von 200 Mann blutig unterdrückt
werden musste. Endlich brachte Anfang Dezember die Ankunft von Schiffen aus
Goa, die Lebensmittel und Verstärkungen zuführten, frischen
Unternehmungsgeist. Ein Angriff auf die Stadt wurde unternommen. Nahezu
überwältigt, baten die Einwohner um Gnade und Frieden, die ihnen gegen das
Versprechen der Auslieferung ihres Königs und der Zahlung einer
Brandschatzung von 30 000 Crusados gewährt wurden. Am 16. Dezember konnte
der Vizekönig in der Hauptmoschee der eroberten Stadt sein Ouartier nehmen.
'Mit dem Falle Patta's unterwarf sich auch die Nachbarstadt Sio und überlieferte
gleichfalls ihren König als Gefangenen. Fernere Streifzüge brachten auch die
Könige von Lamu und Mandra in die Hände der Angreifer. Alle vier gefangenen
Könige wurden von ihren erbarmungslosen Vergewaltigern dem Henker
überliefert und zusammen mit acht weiteren Angesehenen des Landes geköpft.
Die nächsten Wochen beschäftigten sich die Eroberer mit Plünderung und
Einziehung der auferlegten Brandschatzungen. Doch obgleich alle Werte,
gemünzte und ungemünzte, auch Elfenbein und Schildpatt, als Zahlung
angenommen wurden, wollten die vereinbarten Summen nicht
zusammenkommen. Es gelang auch nicht, diese angenehme Arbeit zu Ende zu
führen, denn am ii. oder 12. Januar 1679 erschienen vor der Hafeneinfahrt vier
arabische Schiffe als Rächer. Vergebens versuchten die Portugiesen die Landung
dieser Feinde zu verhindern. Im Gegenteil, schon in den nächsten Tagen waren sie
von den Arabern und den zu ihnen gestossenen Eingeborenen derartig bedrängt,
dass sie die Stadt räumen mussten. In ferneren fünf bis sechs Tagen stetiger
Kämpfe mussten die Portugiesen weiter zurückweichen und sich schliesslich
flüchtend einschiffen und nach Mozambique absegeln. Mit wie grossen
Streitkräften die Portugiesen bei diesen Begebenheiten auf Patta standen, ist nicht
- 234 angegeben, doch werden sie, da ein Vizekönig den Oberbefehl hatte, nicht
unbeträchtlich gewesen sein. Als Beute führte das Geschwader Werte von
zusammen 3oooo Crusados und eine Krone aus Goldblech, zwei grosse
Musikhörner aus Metall und zwei aus Elfenbein mit sich. Das ausserdem geraubte
Elfenbein im Werte von 15 ooo bis 2oooo Crusados hatte bei der schnellen
Räumung der Stadt zurückgelassen werden müssen. Dieser Gewinn für den
königlichen Schatz scheint in Lissabon über das klägliche Ende der
Unternehmung am meisten getröstet zu haben, wenigstens schob der Ueberseerat
in seinem Berichte an den König diese eroberten Gelder, neben den geköpften
vier Königen und den gleichfalls geköpften zweihundert Patta-Leuten, derartig in
den Vordergrund, dass darüber die erlittene Schmach verschleiert wird. Weniger
leicht hat der unglückliche Führer der Unternehmung, der Vizekönig D. Pedro da
Almeida, seinen Misserfolg genommen, denn vier Wochen nach seiner Rückkehr
von Patta ist er in Mozambique gestorben.') Der Eindruck, den die Portugiesen in
Patta hinterliessen, ist am besten damit gekennzeichnet, dass einige Jahre später
die wenigen Ueberlebenden einer handvoll bei Mombasa gestrandeter PattaLeute, die einen aussichtslosen Kampf gegen eine portugiesische Uebermacht
gekämpft hatten, erklärten, dass sie mit den \Waffen in den Händen hätten sterben
wollen, da sie aus dem gnadenlosen Hinschlachten und kaltblütigem i\Iorden
jener Tage die Ansicht gewonnen hätten, dass die Portugiesen überhaupt kein
Quartier gäben.') Erinnerungen dieser Expedition D. Pedro's sind vielleicht die in
der Stadt Patta befindliche grössere Fortruine und ein ähnliches kleineres
Bauwerk bei der Fasa-Hafeneinfahrt, welche beide den Portugiesen zugeschrieben
werden. Sollten diese Bauwerke wirklich von den Portugiesen herstammen, so
müssen sie, wenngleich alles andere dagegen spricht, in diesen -\'onaten um die
Wende des Jahres 1678 errichtet sein, denn die ganzen Beziehungen Portugals zu
dieser Insel machen jede andere Bauzeit noch unwahrscheinlicher.
Neue Kämpfe mit Patta, und zwar als eine Fortsetzung der vorstehend
geschilderten, brachte das Jahre I686. Als eine Folge des unglücklichen
Ausganges der vorstehenden Unternehmung befand sich der Fürst von Fasa mit
seinen Anhängern als Vertriebener in Mombasa und verstand zu erwirken, dass in
dem genannten Jahre von Goa zwei Fregatten gegen Patta geschickt wurden. Der
Unternehmung lag der Plan zu Grunde, dass sich den Fregatten in Schungaja, am
Festlande nördlich von Patta, Wagunha und Marakatos anschliessen sollten.
) Ms. Liss. Consultas da India Livro 30 Fol. 89-92. Lissabon, i8. Juli i68o.
i) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Maýo No. 831. Mombasa, 3o. August I686.
- 235 Thatsächlich setzten nach Ankunft der Portugiesen diese eingeborenen
Bundesgenossen nach Patta in ihren Booten hinüber und machten allein einen
schwächlichen Angriff auf Sio. Doch nachdem sie zurückgetrieben waren,
verlangten sie von den inzwischen nachgekommenen portugiesischen Schiffen
Hülfe, die aber unter dem Vorgeben abgelehnt wurde, dass in den Briefen, auf
Grund derer die Fregatten abgesandt seien, nur ein Beistand von den Schiffen aus,
nicht durch gelandete Truppen verlangt worden sei. Die Schungaja-Leute schoben
die Schuld auf mangelhafte Briefschreiberei, doch der portugiesische
Geschwaderchef Francisco Pereira da Silva erachtete ohne weiteres seine
Aufgabe als beendigt und segelte nach Mombasa. In dem Berichte, den er
hierüber nach Goa erstattete, giebt er zu seiner Rechtfertigung an, dass er wegen
des seichten Fahrwassers nicht nach Fasa, sowie wegen Gegenwindes nicht nach
Patta habe hineinlaufen können, und dass er das Vertrauen verloren habe, dass die
Bundesgenossen Patta einnehmen könnten, nachdem sie vor dem ungleich
schwächeren Sio zurückgewichen seien. Richtiger ist indessen vielleicht, dass ihm
die Anwesenheit von zwei arabischen Fahrzeugen, die nach seinem Berichte in
Patta lagen, die Lust an der Unternehmung verleidet hat. Doch nach vier Wochen
der Ruhe in Mombasa entschloss er sich zur Neuaufnahme seiner Aufgabe. Am
21. April i686 ging er wieder nach Patta in See. Mit sich führte er den Fürsten von
Fasa samt dessen zahlreichen Anhängern. Doch schon in der folgenden Nacht
trieb eine starke Strömung die Schiffe an Patta vorbei und der Geschwaderchef
sah sich genötigt, die Reise nach Goa fortzusetzen, wo er auch glücklich mit allen
ostafrikanischen Hülfstruppen an Bord eintraf. Wie er in seinem Bericht
hierüber sagt, soll dieses das einzige Mittel zur Rettung der Schiffe gewesen
sein.')
In Mombasa hatte man allerdings durch Boten über Land gehört, dass das
Geschwader nicht in Patta angekommen sei, glaubte aber annehmen zu dürfen,
dass der Fürst von Fasa mit seinen Leuten in Schungaja gelandet sei. Dem
derweiligen Kommandanten von Mombasa Joao Antunes Portugal scheint die
Einnahme Patta's sehr am Herzen gelegen zu haben. Ob ihn Ehrgeiz oder
schlimmere Eigeninteressen trieben, ist nicht erkenntlich. In verschiedenen
Briefen, die er im August i686 nach Goa an den Vizekönig richtete, schildert er,
dass als einziges Mittel zur Erhaltung Mombasa's ein sofortiger Angriff auf Patta,
und zwar unter seiner eigenen ' Leitung, nötig sei. Nähere Erläuterungen, warum
gerade von Patta Gefahr drohe, giebt er nicht, sondern redet nur im allgemeinen
davon, dass die verschiedenen erfolglosen Anschläge auf Patta auf die
) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Maco No. 831. Mombasa, 24. April I686, u.
A.
- 236 Aluhamedaner der ganzen Küste einen schlechten Einfluss ausgeübt hätten, und
fügt hinzu, dass Gerüchte umliefen, denen zufolge ein König von Bumba in
Verbindung mit einem flüchtigen Regenten von Pemba, beabsichtige, sich der
Insel Pemba zu bemächtigen, womit Mombasa die Lebensmittelzufuhren von
dieser Insel verlieren und vollständig an den Rand des Verderbens gelangen
würde. Nach anderen Berichten sind thatsächlich um diese Zeit auf Pemba
Unruhen vorgekommen. Als Ruhestörer wird hier aber ein Prinz von Quendoa
genannt, der vom Festlande nach der Insel hinübersetzte und die Königin von
Pemba vertrieb, die auf eine portugiesische Fregatte flüchten musste. Unmittelbar
darauf konnte sie aber wieder als Herrscherin zurückkehren, denn die zu ihrer
Hülfe gelandeten Portugiesen vertrieben ihren Widersacher, der überdies bald
darauf von seinen eigenen Anhängern ermordet wurde. Die Königin muss sich bei
diesen Begebenheiten als besondere Parteigängerin der Portugiesen erwiesen
haben, denn der Vizekönig wurde von Lissabon beauftragt, ihr für die erzeigte
Treue den königlichen Dank auszusprechen. Vielleicht aber geschah dieses mit
einem kleinen Hintergedanken, denn in demselben Schreiben wird die Anfrage an
den Vizekönig gerichtet, ob diese Königin von Pemba dieselbe sei, welche sich in
einem der Jahre 1679-1681 in Goa zum Christentum bekehrt und damals, mangels
direkter Erben, ihr Reich den Portugiesen vermacht habe.') Wo dieses Reich oder
eine Stadt Bumba gelegen haben, ist nicht sicher; der naheliegende Gedanke,
Bumba auf Pemba zu deuten, ist zu verwerfen, da in ein und derselben Zeile des
betreffenden Briefes unterschiedlich von Bumba und Pemba gesprochen wird.
Wahrscheinlich ist Bumba identisch mit einer Stadt Pambuga oder Pambuge,
deren Herrscher im Jahre 1652 als treuer Lehnsmann Portugals genannt wird.
Vielleicht ist die heutige Ortschaft Kipumbue (= Klein-Pumbue) südlich von
Pangani ein Ableger jener verschwundenen Stadt.
Die Notwendigkeit seines sofortigen Vorgehens gegen Patta liess sich Joäo
Antunes Portugal von einigen Einwohnern, die angeblich für die gesamte
Bevölkerung von Mombasa handelten, in der Form eines feierlichen Protestes
vom 6. August i686, beglaubigen. Auch der Festungsrat in Mombasa empfahl die
Ausführung, Um der Sache in Goa eine günstigere Aufnahme zu sichern, wurde
hervorgehoben, dass die gesamten Kosten von dem Kommandanten und den
Einwohnern persönlich, ohne Belastung des Staatsschatzes, bestritten werden
würden, auch die Besatzung der Festung unvermindert zum Schutze Mombasa's
zurückbleiben könne und ein Ausfall an Zolleinnabmen nicht zu befürchten sei,
da, wenn
1) Ms. Liss. Cons. Ultr. Consultas da India. Livro 30 Fol. 168-169. Lissabon,
6. März 1687.
- 237 auch das Zollhaus geschlossen werden müsse, dieses in die geschäftsstille Zeit
falle. Doch schliesslich wurde zur Belohnung des seitens Mombasa's bewiesenen
Eifers gebeten, mit Einsetzen des Nordostmonsuns zwei Fregatten von Goa nach
Patta zu entsenden. Alle diese Berichte stellen als beschlossene Sache hin, dass
Joäo Antunes Portugal im September oder Oktober desselben Jahres auf dieses
Unternehmen ausziehen werde. Hierzu ist es zwar nicht gekommen. Doch das
-Bekanntwerden dieses Planes allein veranlasste den Vizekönig in Goa, dem
Kommandanten unter dem 23. November 1686 eine Epistel zuzufertigen, wie sie
tadelnder und abweisender nicht gedacht werden kann. In jedem Punkte wird
darin dem Kommandanten scharf entgegengetreten. Es wird als ein halber
\Vahnsinn bezeichnet, dass er, um einen neuen Platz zu erobern, einen alten Platz
gefährde. Jedweder vernünftige Mensch in Indien betrachte diesen Zug nach Patta
als den Ruin Mombasa's. Der Kommandant habe in Patta nichts zu suchen, da ihm
nur Mombasa anvertraut sei. \Vahrscheinlich hätten Privatinteressen die
Veranlassung gegeben. Die Eingabe der Mombasa-Einwohnerschaft sei gefälscht
oder jedenfalls Machenschaft, da kaum mehr als zwei Personen unterschrieben
hätten und viele andere, wie aus deren nach Goa gerichteten Briefe hervorgehe,
direkt dagegen gewesen wären. Zur Strafe wurde einem der Unterzeichner seine
Anwartschaft auf die Berufung zum Festungsrat genommen. Ebenso wird der
Beschluss des Festungsrates als wertlos bezeichnet, da ein Hauptmitglied, der
Prior des Augustinerklosters, nicht zugezogen worden und sogar dessen
gegenteilige Ansicht bekannt gewesen sei. Schliesslich wird Joäo Antunes
Portugal eine schwere und exemplarische Bestrafung auch für den Fall in
Aussicht gestellt, dass sein Unternehmen glücklich verlaufen sollte, und ihm
Ersatzpflicht für die Mindereingänge im Zollhause auferlegt. Noch viele andere
Unannehmlichkeiten werden in diesem Schreiben gesagt.
Nichtsdestoweniger aber fühlte sich der Vizekönig veranlasst, der geschaffenen
Notlage dadurch Rechnung zu tragen, dass er eine Fregatte mit 80 Mann
Infanterie an Bord, nach Ostafrika entsendete, von denen 40 Mann zur
Verstärkung der Besatzung Mombasa's bestimmt waren. Für den Fall der
Einnahme Patta's schrieb er vor, dem Fürsten von Fasa, der mit dem gleichen
Schiffe nach Ostafrika zurückging, die Herrschaft und den Schutz Patta's als
portugiesischen Vasallen zu übergeben. Diesem Fasa-Fürsten wird bei dieser
Gelegenheit das Zeugnis ausgestellt, dass er, einerlei wer er sonst sei, einen
treuen, verständigen und fähigen Eindruck mache.') Das Schiff hatte die
Vorschrift, zuerst
1) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Maýo No. 831. Goa, 23. November I686.
- 238 Schungaja und Tula anzulaufen und dann nach Patta zu gehen. Vermutlich ist es
aber, nachdem es an jenen Küstenplätzen erfahren hatte, dass das von Mombasa
beabsichtigte Unternehmen aufgegeben worden sei, ohne selbständig vorzugehen,
nach Mombasa weitergegangen.
Doch Joäo Antunes Portugal wurde durch die hartenWorte seines vizeköniglichen
Vorgesetzten nicht von neuen Anschlägen auf Patta abgeschreckt. Mit Hilfe der
von Goa erhaltenen Verstärkung und des Fürsten von Fasa segelte er im April
oder Mai des Jahres 1687 nach Patta, musste aber unverrichteter Sache nach
Mombasa zurückkehren, da er im Hafen jener Stadt unerwartet arabische
Fahrzeuge fand. Dann aber, nachdem diese Araber abgezogen waren, erneuerte er
das Unternehmen mit dem Erfolge, dass er am i. August desselben Jahres als
Sieger in Patta einziehen konnte. Triumphierend berichtet er über dieses
Unternehmen unter dem 22. August nach Goa, dass er am i i. Juli von Mombasa
mit seiner Fregatte ,Nossa Senhora dos Milagres" und dem Staatsschiffe
Charidade", samt zehn einheimischen Fahrzeugen, mit dem Fürsten von Fasa im
Gefolge, ausgesegelt sei, dass er auf eigene Kosten den Sold der Besatzungen
beider Schiffe auf vier Monate bezahlt habe, dass er Patta erfolgreich blockiert
und schliesslich zur Waffenstreckung gezwungen habe. Wie aus dem langen
Berichte hervorgeht, verdankte er das Gelingen dem Umstande, dass der König
von Patta auf einem Kriegszuge gegen Schungaja am Festland abwesend war, und
dass es ihm gelang, sechzig Galla, die in feindlichen Diensten standen, durch
Bestechung zum Ueberlaufen zu bewegen. Er versäumt dabei nicht
hervorzuheben, dass die Bestechungsgelder aus seiner eigenen Tasche gingen.
Die ganze Sache scheint ohne Blutvergiesen abgelaufen zu sein. Als Kriegsbeute
fielen den Angreifern 6 Geschütze, 2 Mörser und 6o Gewehre in die Hände.
Ausserdem musste sich Patta zu einer Kriegsentschädigung von 17000 Crusados
(= M. 46750.-) v'erpflichten.') Indessen schon kurze Zeit, wahrscheinlich nur
Wochen später, schien es, dass die Patta-Leute den Unterwerfungseid, den sie
eben erst geleistet hatten, brechen wollten. Auf Anzeichen von Aufstandsgelüsten
ergriff Joäo Antunes Portugal den König sowie 12 der Vornehmsten der Stadt und
schickte sie gefangen nach Goa. Hier herrschte über diesen als wunderbar
erachteten Erfolg die hellste Freude. Der Vizekönig, der im Vorjahre in so
absprechender Weise die Pläne auf Patta verurteilt hatte, hatte einem Nachfolger
Platz gemacht, und dieser betrachtete die Geschehnisse mit so günstigen
) Julio Firmino Judice Biker, Collecýäo de Tratados e Concertos de pazes que o
Estado da India Portugueza fez com os Reisse Senhores com quem teve rela§öes
nas partes dg Asia e Africa Oriental desde- o principio da conquista at6 ao fim do
seculo XVIII, Lisboa 1881-1887, IV, S. 230. Patta, 22. August 1689 (richtiger
1687).
- 239 Augen, dass er den früher geschmähten Joäo Antunes Portugal als einen Mann
von grosser Umsicht und Tapferkeit der königlichen Gnade und Auszeichnung
besonders würdig nach Portugal empfahl.') Der in Goa gefangen gehaltene König
von Patta machte selbstredend alle Anstrengungen, um wieder in sein Reich
eingesetzt zu werden. Als das Ergebnis von Verhandlungen sandte er eine lange
Bittschrift (ii. Oktober 1687) nach Lissabon,2) aus der die folgenden
Hauptpunkte, die Aufschluss über die Verhältnisse bieten, wiederzugeben sind:
i. Patta und Patta's König bleiben Portugal unterthänig. Den
Arabern wird Patta gänzlich verschlossen.
2. Patta errichtet auf eigene Kosten in Patta ein Fort zur Aufnahme von hundert
portugiesischen Soldaten und an der Hafeneinfahrt bei Fasa ein Fort für zwanzig
Soldaten.
3. Sämmtliche Zolleinnahmen und Steuern fallen an Portugal.
Falls diese Abgaben zur Bezahlung der Militär und Civilausgaben nicht genügen,
hat Patta jährlich 55oo Crusados (= M.
15 125.-) baar zuzuzahlen.
4. Der Errichtung von christlichen Kirchen innerhalb und ausserhalb Patta's und
dem Uebertritt von Muhamedanern oder Heiden
zum Christentum wird keinerlei Hindernis entgegengesetzt.
5. Patta bittet, dass es nie unter den Fürsten von Fasa gestellt
wird.
6. Aller am Strande gefundener Ambergris wird an die portugiesischen Beamten
abgeliefert.
7. Patta bittet, im Islam weiterleben und die Moscheen beibehalten
zu dürfen.
8. Patta verpflichtet sich, binnen zwei Jahren auf der ganzen Insel
alle hohen Häuser bis auf das Erdgeschoss abzureissen.
9. Patta bittet, dass dem Könige und allen Einwohnern ihr gesamtes
beschlagnahmtes und geraubtes Eigentum zurückerstattet
wird.
Der Vizekönig übermittelte diese Bittschrift nach Lissabon mit einem
Begleitbriefe (24. Januar i688), in dem er ausführt, dass er nicht daran denke, den
König von Patta einzusetzen oder nur in seine Heimat zurückkehren zu lassen,
dass er aber für gut erachte, bei dem Bittsteller und dessen Unterthanen
gegenteilige Hoffnungen wach zu halten, da er hierin eine wesentliche Hülfe zur
Erhaltung der neuen Eroberung sähe.')
) Biker IV S. 225. Goa,24. Januar 1688.
2) Biker IV. S. 219.
3) Biker IV S. 224.
- 240 Zum gleichen Behufe hatte der Vizekönig auch ein kleines Geschwader mit ioo
Mann an Bord entsendet. Doch die Freude über den Besitz von Patta war von
kurzer Dauer. Wenige Tage nachdem mit dem ersten Monsun Mitte Dezember
1687 diese portugiesische Verstärkung vor Patta angekommen war, erschien auch
ein von Patta-Leuten aus Maskat herbeigerufenes arabisches Geschwader, das aus
einem grossen Schiffe und vier kleineren Schiffen mit angeblich 300-400 Mann
an Bord bestand. Die portugiesischen Schiffe hatten sich bei ihrer Ankunft im
Fasa-Hafen verankert, wurden aber dann auf Rat der einheimischen Lotsen, die
vorgaben, dass die Ankerstelle bei stärkerem Winde unsicher sei, kurz vor
Ankunft der Araber weiter hinausgelegt. Hierdurch wurde listigerweise den
Arabern der beste Landungsplatz freigemacht. Offenbar in vollem Einverständnis
mit den Pattaleuten konnten sich die Araber ausschiffen. Irgendwelchen
Widerstand konnten oder mochten die Portugiesen nicht leisten, und Joäo
Antunes Portugal hatte seine Eroberung ohne Schwertstreich aufzugeben. In
derselben Stunde, in der die Araber sich gegen die Stadt in Marsch setzten, kam er
flüchtend mit nur zwei Begleitern an den Strand und wurde hier von einem
Schiffsboote
aufgenommen. Ihm blieb nichts weiteres übrig, als mit dem Geschwader nach
Mombasa abzuziehen. Seine Patta-Unternehmungen gaben ihm reichlich
Gelegenheit zu erkennen, wie in der Welt der Erfolg oder Misserfolg die
Beurteilung beeinflusst. Zuerst geschmäht, dann gelobt, musste er weiter erleben,
dass er wegen des schliesslichen Ausganges seines Vorgehens gegen Patta in Goa
im Juli 1688 unter Anklage gestellt wurde. Hauptsächlich wurde ihm zum
Vorwurfe gemacht, dass er in den fünf Monaten, in denen er im Besitze Patta's
gewesen war, keinerlei Verteidigungswerke errichtet habe und dass er sich
übertölpeln liess, indem er dem Rate der Patta-Leute zum Verholen der Schiffe
nach einem ungeeigneten Ankerplatze folgte. Die umfangreichen Prozessakten
schliessen mit dem Befehle seiner Gefangensetzung. Das gleiche Schicksal
wurde Joäo Perreira de Lemos, dem Chef des Hülfsgeschwaders, beschieden.')
Dem Ueberseerate in Lissabon lagen die Patta-Angelegenheiten im Oktober 1688
auf Grund von Berichten zur Beratung vor, in denen nur die Einnahme aber noch
nicht der Wiederverlust dieses Platzes gemeldet war. Nichtsdestoweniger
herrschte hier keineswegs Befriedigung, und klar wurde erkannt, dass die
Eroberung Patta's keinen Zuwachs der Macht Portugals, sondern eher eine
Schwächung bedeute, da die Verteidigung eine Zersplitterung der ohnedies
ungenügenden Kräfte erfordern würde. Einstimmig war der Ueberseerat der
Ansicht, dass es das Beste wäre,
1) Ms. Liss. Conselho Ultramarino. Maýo No. 832. Goa, 30. August 1688.
- 241 wenn die Eroberung rückgängig gemacht werden könnte. Angesichts indessen der
geschaffenen Sachlage war die Quintessenz der nach Goa gegebenen
Vorschriften, dass man besser thue, von einer Besetzung Patta's durch Portugiesen
Abstand zu nehmen und den Fürsten von Fasa als-portugiesischen Vasallen mit
der Herrschaft zu betrauen. Dieses wurde auch darum für nötig erachtet, um sich
nicht in diesem Fürsten einen neuen Widersacher zu schaffen. Gleicherzeit wurde
zugestimmt, dass die von dem Vizekönige begonnene Gaukelpolitik mit dem in
Goa gefangenen König von Patta fortzusetzen sei, und dazu angeordnet, dass das
Endziel sein müsse, die bisherigen Machthaber von Patta als erwiesen feindlich
und unzuverlässig gänzlich zu vernichten. Auch im folgenden Jahre, als die
Nachrichten von der Wiederaufgabe Patta's vorlagen, urteilte der Ueberseerat über
diesen Verlust kühl. Nur ergab sich die Sorge, dass durch die Festsetzung der
Araber in Patta die Lage für Mombasa und Mozambique bedrohlicher geworden
sein könne. Doch die Gesamtbehandlung zeigt, dass sich der Ehrgeiz in Lissabon
vollständig auf die Behauptung des ursprünglichen Besitzes beschränkte.
Dass in diesen Jahrzehnten stetiger Empörungen und Kriege die wirtschaftliche
Thätigkeit der Portugiesen nicht in Blüte gewesen sein kann, geschweige denn
sich ausdehnen konnte, ist sicher anzunehmen. Aus den ausserordentlich dürftigen
Nachrichten der portugiesischen Quellen ist allerdings kein umfassenderes Bild
zu gewinnen, aber die wenigen vorliegenden Angaben und dazu Erwägungen aus
den politischen und allgemeinen Verhältnissen berechtigen zu dem Schlusse, dass
es damit armselig bestellt gewesen sein muss. Schon die stetigen Beunruhigungen
durch die Araber werden ein Hindernis gewesen sein. Freilich liegen .zwischen
den einzelnen grösseren Zusammenstössen der Portugiesen und Araber
Zwischenräume von fünf und zehn Jahren scheinbarer Ruhe, aber alles spricht
dafür, dasA alljährlich mit dem Beginne des Nordostmonsuns im Dezember
arabische Dhaus in Ostafrika erschienen und hier bis zum Ende des
Südwestmonsuns d. i. bis zum August oder September ihr Wesen trieben. Es ist
hierbei nicht an kriegsgerüstete, auf Eroberung ausgesandte Fahrzeuge des Imams
von Maskat, sondern an Kauffahrer zu denken, die vorwiegend friedlichen Erwerb
suchten, aber auch keiner Gelegenheit zum Raub und Kampf aus dem Wege
gingen. Mombasa werden sie vermieden haben, aber sicher haben sie in den
anderen Küstenplätzen den Handel an sich gerissen. Für die ganze zweite Hälfte
des 17. Jahrhunderts ist undenkbar, dass ausserhalb Mombasa's und Zanzibar's
Portugiesen stetig ansässig gewesen sind. Die Gefahren für Leben un4 Eigentum
werden dieses, wenigstens in den Monaten, in denen die arabischen Dhaus an der
Küste waren, unmöglich gemacht haben. Der portugiesische Handel kann im
wesentlichen nur
Strandes, Ostafrika.
16
- 242 von den Schiffen aus und durch eingeborene Agenten betrieben worden sein.
Ausser für Mombasa ist für diese Zeit nur für Zanzibar die Anwesenheit von
portugiesischen Ansiedlern nachzuweisen. Ihre Anzahl ist nirgends angegeben,
doch dürfte die Annahme, dass es vielleicht zehn bis zwanzig Familien waren,
schon hoch sein. Sie fanden durch die meistens treue Gesinnung der Herrscher
dieser Insel Schutz. Insbesondere wird um die Wende des 17. Jahrhunderts eine
Königin von Zanzibar, als den Portugiesen unwandelbar ergeben, häufig gelobt.
Im übrigen ist für die kleinen Fürsten Ostafrikas seit ungefähr 1652 keine andere
Politik denkbar, als das Bestreben, sowohl mit den Portugiesen wie mit den
Arabern Freundschaft zu halten. Demjenigen der beiden idersacher, unter
dessen Banne sie sich jeweilig befanden, werden sie Ergebenheit geheuchelt
haben. Das Jahr 1645 brachte eine Verordnung, die für den portugiesischen
Handel Ostafrikas ausserordentlich wichtig erachtet wurde. Da Angola von den
Holländern besetzt war, wurde die Sklavenausfuhr nach Brasilien, die bisher
ausschliesslich den portugiesischen westafrikanischen Besitzungen vorbehalten
gewesen war, auch für Ostafrika freigegeben. Es sind aber keine Anzeichen
vorhanden, dass sich von Ostafrika aus, Mozambique ausgenommen, ein
bezüglicher Verkehr entwickelte. Ueberhaupt ist nicht anzunehmen, dass die
portugiesische Sklavenausfuhr aus dem nördlichen Ostafrika in diesen
Jahrhunderten je sehr bedeutend gewesen ist. Allerdings waren die
portugiesischen Besitzungen in Indien mit Negersklaven überschwemmt, die aus
Mozambique und Mombasa stammten, aber es ist dabei nicht an
Menschenmengen zu denken, wie sie aus Westafrika nach Amerika verladen
wurden. Auch ist nicht anzunehmen, dass die Portugiesen den Muhamedanern im
Persischen Golfe oder Indien viele Sklaven lieferten. Schon die Inquisition wird
dieses verhindert haben. Sogar den in Mozambique ansässigen Muhamedanern
wurde in den Jahren 1727 und 1728 auf das Einschreiten der Inquisition das
Halten von Sklaven verboten. Sie sah darin eine Schädigung des Christentums, da
die Sklaven die Religion ihrer Herren anzunehmen pflegten.
Menschenfreundliche Erwägungen sprachen bei dieser Verfügung nicht mit, denn
es war den .Muhamedanern ausdrücklich erlaubt, Sklaven aus dem Innern
einzuführen, aber sie waren verpflichtet, sie sofort bei dem Delegierten der
Inquisition anzumelden und binnen sechs Monaten an Christen zu verkaufen.
Später wurde dieses dahin gemildert, dass die Muhamedaner Sklaven von
unzweifelhaft muhamedanischer Abstammung besitzen durften.') Beiläufig
erwähnt, zeigt diese Behandlung in grellem Lichte, welchen Beschwerden die
Muhamedaner, unter portugiesischer Herrschaft ausgesetzt waren,
') Archivo VI S. 286 und 301.
- 243 denn ein solches Verbot muss unter damaligen Verhältnissen der gänzlichen
Abschneidung von Arbeitshülfe gleichbedeutend gewesen sein.
Allmählich, unter dem Drucke der eifrigen Bestrebungen der europäischen
Nebenbuhler, wurde in den meisten portugiesischen Besitzungen der
Handelsbetrieb freiheitlicher gestaltet. Schon 1642 hatte die Regierung alle ihre
Monopole in Ostindien, nur unter Ausschluss des Zimmthandels, fallen gelassen.
Doch wie seit den ältesten Zeiten die ostafrikanischen Besitzungen immer
Ausnahmegebiete im Handel und kaum etwas anderes als den Gouverneuren zur
Ausbeutung überlassene Domänen gewesen waren, so blieben sie es auch weiter.
In Mozambique wurden diese Verhältnisse zuerst unhaltbar. In den Jahren 1671,
1674 und 168o wurde den Gouverneuren das Handelsmonopol stückweise
genommen. Aber in dem nördlichen Teile Ostafrikas, mit der Hauptstadt
Mombasa, ist noch länger alles beim Alten geblieben, d. i. die Kommandanten
hatten gegen eine Pachtabgabe das Alleinrecht auf den gesamten auswärtigen
Handel. Dass dieses Monopol nicht ganz ungeschmälert aufrecht erhalten wurde,
dafür mag als Beispiel dienen, dass der oben viel erwähnte Joäo Antunes Portugal
im Jahre 1687 in Patta eine handeltreibende englische Galeote aus Surat traf,
deren Kapitän er als Boten für einen Brief an die Patta-Leute benutzte, und dass
auch anderweitig aus dieser Zeit ein gelegentlicher Verkehr englischer Schiffe mit
der Mombasa-Küste nachzuweisen ist. Doch diese Eingriffe sind als Ausnahmen
anzusehen. Die Unergiebigkeit Ostafrikas an wertvollen Erzeugnissen wird der
beste Schutz des Monopolinhabers in seinen Rechten gewesen sein. Noch im
Jahre 1689 wurde in dem Ueberseerate zu Lissabon geklagt, dass die
Kommandanten als ihre Hauptaufgabe ihre eigenen kaufmännischen Geschäfte
betrachteten, und dass dieses das grösste Hindernis der Verteidigungstüchtigkeit
Mombasa's sei.1) Verschiedentlich wurden in Portugal und Indien, dem Beispiele
anderer europäischer Völker folgend, Handelsgesellschaften errichtet, die aber
alle nur ein kurzes Leben hatten.') Für Mozambique gewann eine derartige
Gesellschaft (1686) grosse Bedeutung, die ausschliesslich aus Banianen aus Diu
bestand, und die sich der Gönnerschaft der Jesuiten erfreute.') Auch im nördlichen
Ostafrika mit Mombasa wurde schliesslich das Handelsmonopol den
Kommandanten zu Gunsten einer in Goa ansässigen Handelsgesellschaft, der
Companhia da India, genommen. Die endgültigen Privilegien dieser Gesellschaft
datieren vom I6. März 1697,4) doch hat sie ihren Betrieb auf Grund vorläufiger,
in Goa getroffener Vereinbarungen schon ein
) Ms. Liss. Conselho Ultramarino, Maco No. 831.
2>Vergl. Danvers, Recotds S. 13 ff.
3) Bordalo S. 19.
) Danvers, Records S. 14.
- 244 Jahr früher begonnen. Ob die Kommandanten für den Wegfall ihrer Einnahmen
aus dem Handel eine Entschädigung erhalten haben, ist nicht angegeben. Die
Gesellschaft hatte in dieser Beziehung in den Vorverhandlungen bieder der
Erwartung Ausdruck gegeben, dass die bekannte Grossmut seiner Majestät des
Königs von Portugal durch Verleihung von Gnaden und Aemtern einen Ausgleich
finden werde.') Irgendwelche Veränderungen in dem Handelsverkehre
Mombasa's erfolgten durch die Niederlassung der Handelsgesellschaft nicht. Sie
trat einfach an die Stelle des Kommandanten und liess dessen bisherigen Betrieb
durch eigene Angestellte fortführen. Ausdrücklich war in den Vereinbarungen
vorgesehen, dass sie keine anderen Vorrechte geniessen solle, als der
Kommandant vorher besessen habe. Ueber die Art dieser Vorrechte sagen die
Verhandlungen und der Privilegienbrief nur, dass sämtliche anderen Kaufleute
Mombasa's verpflichtet seien, ihren Bedarf an Einfuhrwaren von der Gesellschaft
zu kaufen und gleichfalls an diese sämtliche Ausfuhrwaren zu höchstmöglich
festzusetzenden Taxpreisen zu verkaufen. Namentlich werden hierbei Ambergris,
Elfenbein und Schildpatt genannt. Auch genau dieselbe Pachtsumme, wie bisher
der Kommandant, sollte die Gesellschaft erlegen. Die Höhe derselben ist leider
nicht angegeben.') Eine Vermehrung des Verkehres haben die stärkeren Mittel der
Gesellschaft nicht herbeigeführt, denn nach wie vor wird aus den wenigen Jahren,
welche sie lebte, von der Ankunft des einen alljährigen Schiffes aus Daman in
Mombasa gesprochen. Uebrigens hat es den Anschein, dass die Kommandanten
von Mombasa während der Herrschaft der Gesellschaft nicht ganz auf die
liebgewordene Kaufmannschaft zu verzichten brauchten, denn einer von ihnen
berichtet im Jahre 1697 als sein Verdienst, dass er im stande gewesen sei, anstatt
der von jener eingeführten ungeeigneten Baumwollstoffe, geeignete aus seinen
eigenen Vorräten zu liefern. Die Gesellschaft hat auch kaum Zeit gehabt, sich in
den Mombasa-Handel einzuarbeiten, denn schon Mitte des Jahres 1699 wurde sie
wieder aufgelöst. Der Verlust Mombasa's an die Araber gab hierzu den Anlass.
Obgleich sie von Indien auch nach Mozambique und China Handel trieb und in
der kurzen Zeit ihres Bestehens gute Gewinne ausgeschüttet hatte, sah doch die
Ueberzahl der Gesellschafter in dem Verluste Mombasa's ein Hindernis weiteren
Gedeihens. W7ahrscheinlich ist indessen diese Aenderung der Verhältnisse nur
ein Vorwand für die aus anderen Gründen beliebte Auflösung gewesen. Der
Handelsgesellschaft wurde sogar der Vorwurf gemacht, den Verlust Mombasa's
1) 0 Chronista de Tissuary. Redactor J. H. da Cunha Rivara, Vol. II. Nova Goa
1867. A India no'governo do Vice Rei Conde de Villa Verde, 1693-1698 S. 125.
2) 0 Chronista de Tissuary II S. 124-125.
- 2145 durch rücksichtslose Ausbeutung ihrer Vorrechte verschuldet zu haben, doch
wurde sie hiervon gänzlich freigesprochen, da nachgewiesen wurde, dass schon 6
Wochen nach dem ersten Bekanntwerden ihrer Errichtung die arabischen
Belagerer vor Mombasa erschienen waren, und somit ausgeschlossen war, dass
sie zufolge des Vorgehens der Gesellschaft gerufen sein konnten.')
In den amtlichen Berichten dieser Zeit wird der Handel von Mombasa in
allgemeinen Redensarten, doch nicht überzeugend, als ausserordentlich wichtig
für Portugal gepriesen. Mombasa wird dabei häufig in einem Atem mit
Mozambique genannt. Von Mozambique wird weitergehend häufig sowohl von
Goa wie auch von Lissabon gesagt, dass es die einzige Quelle des Wohlstandes in
den portugiesischen Kolonien des Ostens geblieben sei und durch seine
Einnahmen fast allein die Kosten der indischen Verwaltung aufbringe.') Erklärlich
ist dieses nur durch den gänzlichen Verfall des gesamten anderen portugiesischen
Handels im Osten, wodurch die Mozambique-Gewinne in den Vordergrund
traten. Wie aber über diese Gewinne von anderer Seite gedacht wurde, zeigt eine
Stelle in dem sehr schätzenswerten Werke eines englischen Kaufmanns und
Kapitäns, der 35 Jahre lang (1688-1723) im Indischen Ozean thätig war. Von dem
Handel Mozambique's sprechend, sagt er, es heisse, dass die Portugiesen dort
Goldkörner gegen Glasperlen eintauschten, indem sie ein im Lehmboden
gemachtes Loch mit Perlen füllten und dagegen das gleiche Mass mit Gold gefüllt
empfingen, und dass sie im ähnlichen Missverhältnisse des Wertes
Elefantenzähne eintauschten, indem sie ein der Länge der Zähne gleiches Mass
von geringen, indischen Baumwollstoffen gäben, fügt aber boshaft hinzu, dass,
wenn dieses wahr wäre, die Portugiesen nicht so jämmerlich arm sein könnten,
wie sie es in allen ihren Kolonien im Osten wären!'3)
1) 0 Chronista de Tissuary II S. i8i.
2) Ms. Liss. Cons. Ultramarino. Cons. da India. Livro 40 fl. 198-i99.
3) Alexander Hamilton, A new account of the East Indies, Edinburgh 1727, 1 S.
II.
Dreijährige Belagerung und Fall Mombasa's.')
Die Scheu, welche die Araber trotz ihres Uebergewichtes an dieser Küste vor dem
starken Mombasa einige Jahrzehnte lang gezeigt hatten, ging im Jahre 1696
verloren. Angeblich gereizt durch einige Streifzüge, welche der MIombasaKommandant gegen
verschiedene benachbarte
Orte unternommen
hatte, und zur Rächung
einiger Landsleute, die
als Gefangene in Goa hingerichtet worden waren, sowie durch Ostafrikaner
gerufen, worunter ein König von Lamu genannt wird, rüsteten sie, um auch das
portugiesische Bollherk in Ostafrika in ihre Gewalt zu bringen. Am 13. März
erschienen sie mit zwei grossen und fünf kleinen Schiffen und mit zehn oder elf
Dhaus vor Mombasa. Nachdem sie einige Tage in Sicht gekreuzt hatten, segelten
sie am
I 5. März nach
1) Soweit nicht andere Angaben gemacht sind, stützt sich die in diesem
Abschnitte gegebene Schilderung auf folgende Briefe:
Geschwaderchef Luiz de Mello Sampayo nach Goa,
Barra de Mombaýa, 27. Januar, 28. Januar 1697, Mocambique,
i6. August 1697.
Festungs-Kommandant Antonio Mogo de Mello nach Goa.
Mombaca, fortaleza em cerco, 28. Januar, 5. März, 15. März 1697.
Vizekönig nach Lissabon.
Goa, 23. Dezember 1697, 2o. Januar 1698.
Kapitän-Leutnant Joseph Pereira de Brito nach Goa.
Ohne Ort und Tag.
Kapitän Henrique de Figueiredo nach Goa.
Ohne Ort und Tag.
Kapitän Pereira de Gusmäo nach Goa.
Barra de Mombaca 26. Januar 1697.
Königin von Zanzibar nach Goa.
Zanzibar, 30. März 1697.
Sämtlich in Ms. Liss. Archivo do Cons. Ultramarino, Consultas resolvidas, Ma§o
No. d'ordem 84-.
- 247 Kilindini hinein. Vergebens wurde von der Festung Jesus und von der am
Kilindini-Meeresarme liegenden kleinen Feste St. Joseph versucht, durch
Beschiessen das Einlaufen der Schiffe zu verhindern. Die Schüsse von der
Festung fielen alle zu kurz, und auch von St. Joseph wurde wenig ausgerichtet,
denn der gesamte Verlust der Araber betrug nur zwei Tote. Dagegen brachte das
Feuer der Araber unter der Besatzung des St. Joseph, welche aus 250
Eingeborenen unter nur vier Portugiesen bestand, solche Verwirrung, dass sie
entmutigt den Ort räumten und sich nach Vernagelung der Geschütze nach der
Festung zurückzogen. Gleichzeitig flüchtete dorthin, nachdem sie die Stadt
angezündet hatte, die ganze Einwohnerschaft. Die Gesamtzahl der Portugiesen,
die in der Festung zusammenkam, Soldaten, Beamte und Siedler, betrug wenig
über fünfzig, doch zusammen mit den gleichfalls hier Schutz suchenden anderen
Einwohnern -der Insel, Männern, Frauen und Kindern, alle gezählt, war eine
Menschenmenge von 2500 Seelen auf diesem engen Raume zusammengepfercht.
Ausser in der Festung selbst fanden sie in den trockenen Festungsgräben
Unterkunft. Die Aufnahme der meisten verstiess gegen eine Verordnung, nach der
in ähnlichen Notständen nur Christen, aber nicht Muhamedaner aufgenommen
werden durften. Indessen dieser Verstoss erwies sich zum Heile, denn im Laufe
der Belagerung zeigten sich die aufgenommenen Muhamedaner als die
schätzbarsten Helfer. Da von Patta aus einige Tage vorher Warnungen von dem
bevorstehenden Anzuge der Araber eingetroffen waren, auch das dreitägige
Kreuzen der Feinde vor der Insel weitere Zeit gegeben hatte, waren alle Vorräte
der Stadt an Lebensmitteln in der Festung zusammengeschleppt worden. Auch an
Wasser war kein Mangel zu fürchten, da zwei innerhalb der Festung gelegene
Brunnen und ein dritter, der im Graben lag, aber von der Mauerkrone aus benutzt
werden konnte, eine genügende Menge, wenn auch brackigen Wassers lieferten.
Gleich nach Abzug der Portugiesen hatten die Araber die Stadt und das Fort St.
Joseph besetzt, enthielten sich aber vorläufig der Behelligung der Festung, da sie
ihrerseits befürchteten, angegriffen zu werden, und hiergegen ihre Stellung in
Kilindini verschanzten. Hierdurch fanden die Portugiesen Zeit, einige der Festung
nahe liegenden Häuser niederzureissen. Auch suchten sie eine eigenartige
Schutzmassregel dadurch, dass sie eine Bildsäule ihres grossen Heiligen, des H.
Antonius, der Kirche entnahmen, als Soldaten ankleideten und auf der
gefährdetstei Stelle der Mauer aufstellten. Beiläufig erwähnt, preist der Chronist
der Belagerung, der Schutz, welchen dieser Heilige gewährt habe, sei
unverkennbar und schon dadurch offenbar gewesen, dass sich die Bildsäule,
trotzdem sie ein besonderes Ziel der Feinde gewesen sei, vollko mmen gegen alle
Schüsse gefeit gezeigt habe, während rechts und links das Mauerwerk
zerschmettert worden sei; erst in
- 248 den Tagen völliger Verzweiflung soll auch die Bildsäule durch Niederstürzen in
den Graben die Zwecklosigkeit weiteren Ausharrens angezeigt haben.')
Auch für Hülfe von auswärts sorgten die Portugiesen dadurch, dass gleich nach
Erscheinen der Feinde Joseph Barroza, ein thatkräftiger Schiffskapitän, in einem
kleinen Boote mit wenigen eingeborenen Begleitern, nach Mozambique abging
und wirklich nach Ueberwindung vieler Schwierigkeiten mit einigen 30 Mann im
August zurückkehrte, die er in Mozambique, auf den
Kerimba-Inseln und in
Zanzibar zusammengebracht hatte,
Erst zwei Wochen nach ihrer Landung begannen die Araber nächtlich die Festung
zu umschweifen und die Besatzung zu beunruhigen. Zu den ersten Kämpfen kam
es um zwei vor der Festung liegende portugiesische Fahrzeuge. Einem
derselben, dem Wachtschiffe der Küste, wurden in einer dunklen Nacht von den
Feinden die Ankertaue gekappt, wodurch es auf das Festlandsufer trieb und
genommen wurde. Das zweite, ein kürzlich von Daman gekommenes Schiff der
neuen Handelsgesellschaft, welches der Stadt die alljährlichen Zufuhren von
Handelswaaren und Lebensmitteln brachte und noch unentlöscht war, wurde
glücklich dadurch gerettet, dass es unmittelbar unter der Festung auf den Strand
gesetzt wurde, wo es allmählich zum grossen Nutzen der Belagerten entladen
werden konnte. Inzwischen hatten sich die Araber in der Portugiesenstadt
gegenüber dem Hauptthore der Festung, unter Verschanzung des
Augustinerklosters und Aufstellung eines der Feste St. Joseph entnommenen
Geschützes, einen festen Stützpunkt geschaffen. Drei Ausfälle, die von der
Festung aus hauptsächlich mit eingeborenen Hülfstruppen und nur 12 Portugiesen
unternommen wurden, um die Feinde aus dieser lästigen Nähe zu vertreiben,
hatten keinen Erfolg. Dann trat fast vollständige Waffenruhe ein. Nur
beobachtend standen sich Monate lang die Belagerten und Belagerer gegenüber.
1) Historia da Mombaýa. Ms. Liss. Bibl. Nac. Cod. Ms. No. 584 S. 14. Diese
umfangreiche Handschrift (i81 Abschnitte), deren Verfasser unbekannt ist,
behandelt aussclliesslich die Belagerungszeit von 1696 und 1698 und ist
zweifelsohne zwischen 1698 und 1701 in Goa auf Grund von mündlichen
Berichten und schriftlichen Belegen von Augenzeugen geschrieben. Sie ist aber
im wesentlichen nur für die Monate September bis Dezember 1697 ergiebig und
auch für diese Zeit mit Vorsicht zu benutzen, da sie offenbar der Verherrlichung
des derzeitigen stellvertretenden Kommandanten Joseph Pereira de Brito dient.
Vielleicht ist dieses Werk dasselbe, welches Duarte Barbosa Machado in seiner
Bibliotheca Lusitana . . . (Lisboa 741 1 S. 98) unter dem Titel ,Tragica narra(7äo
de successo do sitio de Mombaýa" anführt und Alexandre Sousa de Castello
Branco zuschreibt. Diese Bibliographie verzeichnet noch eine zweite Geschichte
der Belagerung Mombasa's unter dem Titel ,,Historia do memoravel cerco de
Momlaäýa onde se relata a morte do Vice Rey Francisco Jozd de $ampayo,
succedida em 12 de Jutho de 1723" mit P. Manoel de Sa als Verfasser.
- 249 Auf der Landseite war die Festung vollständig umzingelt, doch von dem kleinen
Strandstreifen aus, der von den Mauern beherrscht wurde und auf den eine
Notpforte der Festung mündete, konnte, da hier der Wachtdienst der Belagerer
lässig war, ein gelegentlicher Verkehr nach der See hinaus aufrecht erhalten
werden, wodurch allerlei Zufuhren von Lebensmitteln hereinkamen. Insbesondere
die Königin von Zanzibar zeigte sich hierin als eine uneigennützige Freundin.
Auch die Musungulos, unter einem Könige von Chone, waren durch diese
Hülfssendungen, allerdings gegen hohe Bezahlung, treue Bundesgenossen der
Portugiesen und erregten hierdurch den Zorn der Araber in einem Masse, dass sie
einen Rachezug nach dem Festlande unternahmen, von dem sie aber mit grossen
Verlusten, angeblich 350 oder gar 420 Toten, zurückkehrten.
Doch an diesen Kämpfen hatten die in der Festung Eingeschlossenen keinen
Anteil und davon kaum Kunde. Ganz ohne Zusam-rnenstösse zwischen
Portugiesen und Arabern, ja wahrscheinlich selbst ohne Kugelwechsel, vergingen
die Monate April bis Juli, und noch harmloser gestalteten sich die Verhältnisse
mit Ende August, da um diese Zeit der grösste Teil der Araber nach Maskat
absegelte, und, hierdurch ermutigt, drei Stämme der Musungulos auf der Insel
erschienen, die die Araber so innerhalb ihrer Verschanzungen in Schach hielten,
dass sogar einzelne Leute aus der Festung am lichten Tage ungefährdet zum
Einsammeln von Brennholz und Früchten ausgesandt werden konnten. Doch was
die Belagerten an Luft am festen Lande gewannen, verloren sie auf See. Zwei von
Kwale kommende Fahrzeuge und kurz darauf eine ganze Flotille, die mit
Lebensmitteln von Zanzibar kamen, darunter ein Schiff, das dem Kommandanten
gehörte, wurden von den Arabern genommen oder zum Sinken gebracht, und die
Belagerten gingen damit der Mehrzahl ihrer Beförderungsmittel verlustig. Eine
weitere Schmälerung der Versorgung der Festung erreichten die Araber dadurch,
dass sie mit fünfzig Mann einen Zug nach Zanzibar unternahmen, hier alles
ausplünderten und verwüsteten und damit die Hülfsthätigkeit der Königin dieser
Insel brach legten. Auch wurde bei dieser Gelegenheit ein kranker Portugiese, der
sich nicht hatte flüchten können, getötet. Mit dem Knapperwerden der Zufuhren
begann sich auch Not in der Festung bemerkbar zu machen. Jedermann musste
sich einschränken, und insbesondere der Mangel an Brennholz wurde so gross,
dass der Reis und andere Nahrungsmittel ungekocht gegessen werden mussten.
Zahlreiche Desertationen und Todesfälle waren die Folge, und auch der
Kommandant Joäo Rodriguez Leäo erlag am 23. Oktober einer ErkrankungAngeblich hatte er sich diese durch die Erregung zugezogen, die ihm das
Weglaufen von zwei Sklaven, bereitete, auf deren Treue er besonders gebaut
hatte. Allgemein wird ihm nachgerühmt, dass er ein tapferer und umsichtiger
Mann gewesen
- .250
sei. Als nach der Beerdigung des Verschiedenen die für alle Fälle stets in den
Festungen hinterlegten versiegelten Verfügungen des Vizekönigs geöffnet
wurden, zeigte sich, dass Antonio Mogo de Mello, der Vertreter der
Handelsgesellschaft und gleichzeitig höchste Civilbeamte des Platzes, zur
Nachfolge im Kommando berufen war. Demselben hatte schon während seiner
Krankheit. der Verstorbene als seinem Nachfolger huldigen wollen, doch er hatte
damals abgelehnt, da er seinen Namen nicht mit dem Unglücke Mombasa's
verbinden wollte. Mit dem Amtsantritte dieses neuen Kommandanten begann in
der belagerten Festung, soweit dessen eigenen Berichten zu glauben ist, ein
frischeres Leben. Durch grosse Anstrengung wurde erreicht, dass die Versorgung,
wenigstens mit frischen Fischen und Brennholz, reichlicher wurde. Alle, auch die
traurigsten Goanesen, selbst die Köche, wurden mit den Waffen ausgebildet sowie
als Soldaten bezahlt, und jedem von ihnen wurde, wie der Kommandant schreibt,
das Gefühl eingeimpft, er sei ein Scipio Africanus.
Am 2. November erhielt der Feind neue Verstärkung durch die Ankunft von elf
Dhaus von Patta, die einige Araber und viele Wagunja, Maracatosund Galla
brachten. Enger wurde damit die Festung eingeschlossen, und die Not der
Belagerten scheint wieder gewachsen zu sein, denn das Weglaufen von
Muhamedanern und Sklaven nahm überhand, und nächtliche Geplänkel um die
Fliehenden waren an der Tagesordnung. Im Lager der Araber war die Meinung
verbreitet, dass kaum noch ein Portugiese überlebe und die wenigen Lebenden
bald an Hunger sterben würden. Um dieser Ansicht entgegenzutreten, benutzte
der Kommandant das Fest Marias Opferung, am 2 I. November, zu einer
Eulenspiegelei, indem er überall auf den Mauern der Festung und in allen
Schiessscharten Gewehre befestigen liess, die gleichzeitig durch Lunten
abgefeuert wurden. Das an Festtagen übliche Salutschiessen wurde hierdurch
ausserordentlich vermehrt und angeblich der Feind über die Zahl der
waffenfähigen Verteidiger getäuscht.
Doch die Hoffnungsfreudigkeit in der Festung nahm mehr und mehr ab. Stetig
war man in Furcht, dass die Belagerer zu einer Berennung übergehen würden, und
sehnsüchtig wurde deshalb nach Schiffen Ausguck gehalten, da jetzt mit dem
Nordostmonsun Hülfe von Indien eintreffen konnte. Wirklich kamen am 13.
Dezember zwei Barken und eine Galeote in Sicht, die zuerst freudig begrüsst
wurden, sich aber bald als Feinde entpuppten und unter Beschiessung der Festung
in Kilindini einliefen. Zwar stellte sich heraus, dass der Zuwachs, den diese
Schiffe gebracht hatten, nicht so bedeutend war, wie man zuerst befürchtet hatte,
aber dennoch machte die Entmutigung in der Festung so grosse FortschNitte, dass
sich der Kommandant veranlasst sah, alle mit ihm eingeschlossenen
Muhamedaner zusammenzurufen und ihnen
- 251
freien Abzug anheimzustellen. Doch nach kurzer Beratung entschlossen sie sich
zum Bleiben, worauf ihnen stetiger thätiger Waffendienst auf den Mauern zur
Pflicht gemacht wurde. Auch der neue Oberbefehlshaber der Araber, General All
genannt, versuchte den Eindruck, den die mit ihm eingetroffenen Verstärkungen
hervorgerufen haben mussten, für sich auszunutzen, indem er in drei
verschiedenen Briefen, in einem an den Kommandanten, in einem anderen an
die Melinde-Muhamedaner
und in einem dritten an die Fasa-Muhamedaner, zur Uebergabe der Festung
aufforderte. Er versprach darin freien Abzug für alle Belagerten, sowie deren
Habe und stellte hierfür Fahrzeuge zur Verfügung und machte überdies den
Muhamedanern für ihre Zukunft die beruhigendsten Zusicherungen. Doch
Antonio Mogo de Mello beantwortete diese Aufforderung stolz mit dem häufig
bei ähnlichen Anlässen angewendeten Worte, dass es Gebrauch der Portugiesen
sei, mit ihren Feinden nicht mit Papier und Tinte, sondern mit Pulver und Kugeln
Verkehr zu pflegen,') und dass ihn nicht ganz Maskat, geschweige denn die kleine
Zahl der Araber schrecke, die vor der Festung stehe.
Doch die Zeiten der Gefahr begannen. Zwar war iil der bisherigen neunmonatigen
Belagerung schon allerlei Ungemach erlebt worden und die Zahl der Belagerten
durch Krankheiten und Flucht auf die Handvoll von 20 Portugiesen und 15oo
Eingeborene, alles gezählt, zusammengeschmolzen, aber in Kämpfen waren doch
nur zwei 'Mann getötet und drei verwundet, während jetzt die Gefahr durch die
Waffen der Feinde in den Vordergrund trat.
Wenige Tage nach der Landung ihrer Verstärkungen machten die Belagerer
nächtlicher Weile unter fortwährendem Schiessen gleichzeitig zwei
Scheinangriffe auf die Festung, und zwar an den beiden Flanken der kleinen
Strandstrecke, die von den Belagerten beherrscht wurde, und verdeckten
hierdurch ihr eigentliches Vorgehen, das darin bestand, an diesen beiden Stellen
mächtige Erdwerke zu errichten. Mit Entsetzen bemerkten die Portugiesen erst im
grauenden Morgen, dass durch diese in der Nacht aufgeworfenen Schanzen ihr
Haupttrost, die freie Verbindung mit der See, gefährdet war. Durch ein drittes
Erdwerk, das die Belagerer wahrscheinlich schon früher am Festlande, nur
getrennt durch den schmalen Meeresarm, genau gegenüber der freien Strandstelle
errichtet hatten, war die Stelle weiter bedroht. Einigen Schutz indessen gegen die
Beschiessungen vom Festlande gewährte das oben erwähnte,
') Unbewusst gab Sayed Burgasch ben Said, Sultan von Zanzibar, im Jahre I885
diese Antwort zurück. Bei Grenzstreitigkeiten um die Tungi-Bucht fusste der
portugiesische Generalkonsul auf alte Abmachungen, worauf ilm' der genannte
ZanzibarSultan erwiderte, die Grenze zwischen seinen und den portugiesischen
Besitzungen sei von seinen Vorfahren nicht mit der Feder, sondern mit dem
Schwerte gezogen.
- 252 nahe dem Lande aufgezogene Wrack des Schiffes der Handelsgesellschaft, das
wie ein Vorwerk diente. Dass eine vierte Verschanzung gegenüber dem
Hauptthore der Festung angelegt war, ist bereits oben erzählt. Ferner wird in
dieser Zeit ein fünftes Erdwerk der Belagerer nahe der dem Thore
entgegengesetzten Festungsmauer erwähnt, das indessen auch wahrscheinlich
schon früher errichtet war. Derartig war diese Festung von fünf gedeckten
Stellungen, aus Karabinerschussnähe, bedroht. Trotz starker Verluste, die ihnen
die Schützen der Festung zufügten, gelang es den Arabern, diese Angriffswerke
auszubauen; insbesondere nennt der Kommandant in einem seiner Berichte die
Art, in der ein Geschütz auf einer der Schanzen durch Erdeindeckung geschützt
aufgestellt war, rein teuflisch ersonnen. Auch die Bereitstellung von Sturmleitern
konnten die Belagerten beobachten. In stündlicher Erwartung einesHauptangriffs stand die Besatzung Tag und Nacht unter den Waffen auf den
Mauern bereit, und alle Vorkehrungen zum Empfang der Stürmenden durch
Entgegenschleudern von Handgranaten und Umwerfen der Leitern waren
getroffen. Ein kräftiges Vorgehen der Araber war in diesen Tagen umsomehr zu
erwarten, da diesen ebensogut wie den Belagerten bewusst war, dass, wenn von
Goa eine Hülfsexpedition abgesendet war, solche in diesen Tagen eintreffen
musste und dass damit die Lage zu Gunsten der Festung verändert werden würde.
Unter dieser höchsten Spannung kam Weihnachten heran. Schon am Heiligen
Abend hatte man in der Festung ferne Signalschüsse gehört, die das Nahen von
Hülfe andeuteten. Schon glaubte man sich getäuscht zu haben, als endlich spät am
Nachmittage des Weihnachtstages wirklich ein Geschwader von vier
portugiesischen Schiffen in Sicht kam. Doch endlos wurde die Geduld der
Belagerten auf die Folter gespannt, denn die Schiffe kreuzten, anscheinend
unentschlossen, hin und her, ohne sich der Insel zu nähern, und schliesslich
musste sich der Kommandant der Belagerten nach zwei Tagen des Harrens
entschliessen, trotz der grossen Gefahr, ein Boot hinauszuschicken, durch das er
den Befehlshaber des Geschwaders um sofortige Hilfe und hauptsächlich um
unverweilte Landung von fünfzig Mann zur Verstärkung der Besatzung der
Festung ersuchte.
Das Hülfsgeschwader war am 24. November zufolge von unbestimmten
Nachrichten, die über die Belagerung Mombasa's von Maskat aus indirekt nach
Indien gelangt waren, von Goa ausgelaufen. Im ganzen bestand es aus zwei
Fregatten und zwei Galeoten mit drei grösseren Beibooten und hatte alles
gerechnet 770 Mann, Seeleute und Soldaten, teils Portugiesen, doch überwiegend
Eingeborene an Bord. Den Oberbefehl führte Luiý de Mello Sampayo mit dem
Titel »General des Entsatzes für Mombasa«. In der gewohnten Geldnot waif die
Ausrüstung
- 253 nur dadurch möglich gewesen, dass der Vizekönig halbwegs zwangsweise eine
Anleihe aus den von der Misericordia in Goa verwalteten Mündelgeldern gemacht
hatte. Beiläufig erwähnt, haben die unfreiwilligen Darlehnsgeber Jahrzehnte
ihrem Gelde nachlaufen müssen, und waren im Jahre 1726, also dreissig Jahre
später, wie aus ihren Beschwerden nach Lissabon hervorgeht, noch nicht
befriedigt.') Die -Mannschaft des Geschwaders war zum Teil gepresst und
durchgehends so ungeeignet, dass einer der Schiffskommandanten berichtet, es
habe kein einziger Mann an Bord verstanden ein Segel zu bergen, und nur die
Schiffsoffiziere seien seeerfahren gewesen. Karten von Ostafrika waren in Goa
nicht aufzutreiben gewesen, und da ferner die letzten, dazu unbestimmten
Nachrichten aus Mombasa schon vier Monate alt waren, beabsichtigte man, vor
der Anseglung Mombasa's andere ostafrikanische Häfen anzulaufen, um vorerst
Lotsen anzuwerben und Erkundigungen einzuziehen. Ein Versuch, bei Barawa zu
landen, endigte mit der Kenterung sowie dem Verluste des Bootes und dessen
ganzer Besatzung. Die Häfen Tula und Schungaja, die dann gesucht wurden, fand
man nicht, ein kurzer Aufenthalt in der Formosa-Bucht war nutzlos, und als
schliesslich die Schiffe bei Mombasa ankamen, scheinen sie ziemlich ratlos über
das zunächst zu Beginnende und in Suche nach einem Ankerplatz umhergeirrt zu
sein.
Die Hauptsorge allerdings, die Frage, ob Mombasa bereits gefallen sei, wurde
bald befriedigend dadurch gelöst, dass ein in der ersten Nacht nach der Stadt
entsandtes kleines Boot, von arabischen Booten verfolgt, mit der Nachricht
zurückkehrte, dass es Kämpfe zwischen den Belagerten und Belagerern
beobachtet habe. Doch
die Grundlage zum Eingreifen wurde erst durch den oben erwähnten, aus der
belagerten Festung gesandten dringenden Hilfsruf gegeben. Um 2 Uhr morgens
am 27. Dezember war das betreffende Boot bei dem Geschwader angekommen.
Noch an demselben Vormittage wurde ein Boot mit dreissig auserwählten
Soldaten und eine der Galeoten mit zwanzig Soldaten, unter Führung der vom
Lande gekommenen Lotsen nach dem Hafen hineingesandt. Ohne Anfechtung
kam das Boot der Insel nahe. Nachdem aber die Araber gemerkt hatten, dass das
Ziel nicht, wie sie erwartet hatten, Kilindini sei, und das Geschwader nicht folge,
nahmen sie das Boot unter ein furchtbares Feuer. In der hierdurch entstandenen
Verwirrung kam es unmittelbar unter einer der feindlichen Schanzen zum
Stranden, und als dann von der Festung Eingeborene gegen das Versprechen
hoher Belohnung zur Hilfeleistung bei der Flottmachung hinausgeschickt werden,
hielt ein im Boote befindlicher Soldat
1) Ms. Liss. Cons. Ultr. Papeis de Servico No. 1046.
- 254 -
die Herankommenden für Feinde und stürzte sich, Rettung suchend, ins Wasser.
Kopflos folgten alle. Mit dem Ertrinkungstode ringend und von allen Seiten
beschossen, strebten sie blindlings dem Ufer zu. Die meisten landeten unmittelbar
in den feindlichen Schanzen, welche die Festung flankierten, ja drei oder vier
überschwammen sogar den schmalen Meeresarm, der die Festung von dem
Festlande trennt, und flüchteten damit gleichfalls den Feinden in die Arme. Nur
zehn Mann retteten sich nach dem von den Portugiesen besetzten Ufer.
Einschliesslich der Matrosenbemannung des Bootes verloren in dieser Stunde
nahezu vierzig Mann, darunter mindestens siebzehn Portugiesen, das Leben. Der
Kommandant der Festung nennt in einem späteren Berichte diese Erlebnisse die
schlimmsten und schmählichsten der langen Belagerung. Das ins Treiben geratene
Boot, das durch Ladung von Munition wertvoll war, wurde schliesslich durch
einige Wagunja der Festung geborgen, die gegen eine Belohnung von 200
Crusados (= M. 550.- ?) schwimmend ein Tau hinausbrachten. Kurz nach dem
Boote segelte auch die Galeote nach dem Hafen hinein und war glücklicher. Zwar
strandete auch sie unter dem Feuer der Feinde und erlitt einige Verluste, doch
wurde sie bald wieder flott und an der von der Festung beherrschten Strandstrecke
aufgezogen, worauf sofort mit der Landung ihrer vorwiegend aus Reis
bestehenden Ladung begonnen wurde.
Inzwischen hatte das Geschwader nach Auslotungen zwischen der Hafeneinfahrt
und Mtuapa, noch in Sicht der Festung, einen Ankerplatz gefunden. Von hier
wurden verschiedentlich erneuert Boote zur Festung hineingeschickt, doch da sich
der Verkehr wegen der Entfernung zu schwierig erwies, wurde wieder unter Segel
gegangen und am Neujahrstage 1697 zwischen der Hafeneinfahrt Mombasa's
und Kilindini's, unter der Kapelle Nossa Senhora das Merces, in
Kanonenschussweite von der Insel, geankert. Mit der gesamten Artillerie wurde
die Festung salutiert. Jetzt erst begann durch Zufuhr von Lebensmitteln der
regelmässige Verkehr mit den Belagerten. In den ersten Tagen versuchten die
Araber durch Angriffe mit armierten Booten diese Zufuhren abzuwehren,
nachdem sie aber stets mit starken Verlusten abgeschlagen worden waren, gaben
sie weiteren Widerstand auf dem Wasser auf. Ein portugiesischer
Fregattenkapitän, der an diesen Begebenheiten teilnahm, schreibt in seinem
Berichte nach Goa, dass man von einem Verluste der Araber von hundert Toten,
darunter drei Hauptleuten, bei diesen Bootskämpfen gesprochen habe, dass es
indessen vorsichtiger sei, an nur fünfzig Tote zu glauben.
Doch unter verderbenbringendem Feuer von den Landbefestigungen der Feinde
hatten die portugiesischen Boote weiter stetig die Landungsstelle zu gewinnen,
und unter den schwierigsten Verhältnissen vollzog sich die
0
- 255 Landung und Aufbringung- der von ihnen angebrachten Mundvorräte. Die
Gesamtlänge der von den Portugiesen behaupteten Strandstrecke ist auf nur 200300 Meter anzunehmen; im Rücken war sie durch die Festung gedeckt, dagegen
aber von beiden Flanken und von der Stirnseite dem Feuer der Feinde aus
allernächster Nähe ausgesetzt. In den Flankenschanzen verfügten die Araber über
nur je ein Geschütz, am Festlandsufer aber hatten sie eine volle Batterie von
Vierzehn- und Sechzehnpfündern. Einigen Schutz gegen die Geschosse von dieser
Seite boten das häufig erwähnte, am Ufer liegende und wie eine Bastion
ausgerüstete Schiff der Handelsgesellschaft, sowie die in diesen Tagen
hinzugekommene Galeote. Immerhin aber ist anzunehmen, dass die Araber ganz
erbärmlich geschossen haben müssen, denn anders ist es nicht zu verstehen, dass
überhaupt ein Mensch an dieser derartig ausgesetzten Stelle am Leben bleiben
konnte. Doch, den Verhältnissen entsprechend, vollzog sich die Landung der
Zufuhren im tollsten Wirrwarr. Von den Seeleuten des Geschwaders wurden die
Säcke, Kisten und Fässer aus den Booten geschleppt und am Strande
niedergeworfen; hier stürzten sich die Festungsinsassen über das Gelandete; da
das Notthor der Festung eng war und um die Beförderung zu erleichtern, wurden
an Ort und Stelle am Strande die Verpackungen aufgerissen; wo die Oeffnung
unnötig war, wurde sie doch betrieben, da dadurch bessere Gelegenheit zum
Stehlen geschaffen wurde und dazwischen sorgte gelegentlich ein feindliches
Geschoss durch Zerschmetterung eines Fasses für weiteres Zerstreuen und
Verzetteln des Gelandeten. In erbitterten Protesten verlangte der Kommandant
Landungslisten und ordnungsgemässe Ablieferung und dagegen der
Geschwaderchef ordentliche Empfangnahme und Empfangsbescheinigungen.
Von den Schiffen
wurde geklagt, dass man den Seeleuten die Landung aufbürde, wozu doch leicht
lOO-I5o Neger oder Negerinnen angestellt werden könnten und von der Festung
wurde geklagt, dass man sich neben den eigenen Sorgen, gemäss dem
schriftlichen Ersuchen des Geschwaderchefs, der Bewachung der unzuverlässigen
Bootsbemannung (wahrscheinlich Indier) widmen müsse. Dass unter allen diesen
Verhältnissen keine Ordnung herrschen konnte, ist begreiflich, und fast
unerklärlich, dass anderes verlangt wurde. Als sicher ist anzunehmen, dass das
Meiste der Zu'fuhren nicht in die Vorratsräume des Kommandanten, sondern in
den Besitz der Eingeborenen der Festung wanderte. Demzufolge zeigt auch die
Bescheinigung, die der Kommandant schliesslich über die empfangenen
Mundvorräte ausstellte, neben unbedeutenden Mengen von allerlei, als die
Hauptposten nur 79 Kandi gesunden und 38 Kandi seebeschädigten Reis
(zusammen etwa 26ooo kg), 30 Säcke Weizen, I6 Fässer Weizenmehl und 8
Fässer geräuchertes Fleisch. Ge;enüber den Anschuldigungen
- 256 des Kommandanten, dass ihm das von Goa Zugedachte vorenthalten sei,
versichert der Geschwaderchef ausdrücklich, dass die Gesamtmenge,
ausgenommen wenige nicht aufzufindende Fässer Zucker, abgeliefert sei, und
fügt hinzu, dass er den Belagerten ferner einen Posten Reis, der im Privatbesitze
an Bord war, zu einem billigen Preise zum Kaufe angeboten habe, dass diese aber
abgelehnt und damit bewiesen hätten, dass sie genügend versorgt seien.
Ein Angriff auf die Hauptstellung und die Schiffe der Araber in Kilindini war
dem Oberbefehlshaber durch die ihm in Goa erteilten Vorschriften verboten.
Nichtsdestoweniger verlangte in einem Kriegsrate vor Mombasa die Ueberzahl
der Versammelten einen solchen Angriff. Doch obgleich der älteste Kapitän
hierbei sogar stichelnd vorbrachte, ein Vorgehen gegen Kilindini sei eines so
berühmten und tüchtigen Soldaten, wie der Oberbefehlshaber sei, würdig, scheint
diesem doch keine Anwandlung gekommen zu sein, derartig auf eigene Faust zu
handeln. Nach den Machtverhältnissen wäre wohl ein solches Vorgehen nicht
aussichtslos gewesen, denn in Kilindini lagen nur drei arabische Schiffe.
Unbegreiflich ist auch, dass die Schiffe nicht in den MombasaHafen einliefen.
Ueberzeugend klagt der Kommandant der Festung in seinen Berichten, dass er
wiederholt hierzu vergebens geraten habe, und dass anzunehmen sei, dass sich bei
einem Angriffe auf die Stadt die Araber von der Festung nach Kilindini
zurückgezogen haben würden. Der Geschwaderchef entschuldigt dagegen sein
Nichteingehen auf diesen Plan damit, dass es nach dem einstimmigen Urteile
der Lotsen unmöglich gewesen sei, mit seinen grossen Schiffen in dieser
Jahreszeit in den Hafen hineinzukommen. Billigen Ruhm fand er dagegen für
seine Berichterstattung darin, dass es den Arabern zur ewigen Schande gereiche,
keinen Angriff auf sein Geschwader gewagt und den Bootsverkehr so wenig
gehindert zu haben. Die einzige Kriegsthat, die von den Schiffen aus schliesslich
verrichtet wurde, ist, dass am 16. Januar durch einen Angriff mit
Landungstruppen eines der arabischen Erdwerke besetzt und hierbei ein Geschütz
vernagelt und eine Flagge erobert wurde. Doch dauernder Nutzen wurde damit
nicht erzielt, denn die Portugiesen nahmen sich nicht einmal die Zeit die
Verschanzungen zu zerstören, und wenige Stunden später waren die Araber
wieder in ihrer alten Stellung. Zweifelhaft bleibt noch, wem der Ruhm für dieses
Vorgehen gebührt, denn der Geschwaderchef schreibt, dass der Kommandant
nicht gewagt habe, die Festungssoldaten dieser Unternehmung auszusetzen, und
deshalb Schiffstruppen abgesandt worden seien, wogegen der Kommandant
diesen Angriff als seine That meldet. Jedenfalls war die Leitung in den Händen
von Festungsoffizieren, wenn auch die Soldaten
-- 257 von den Schiffen gestellt wurden. Uebrigens ist dieses Ereignis kennzeichnend für
die Schlaffheit, mit der die Araber diese Belagerung ausübten, denn die vierzig
bis fünfzig Portugiesen konnten ungesehen am lichten Morgen um IO Uhr in die
Verschanzungen eindringen und die waffenlos überraschten Araber verjagen. Nur
zwei Portugiesen fielen im Handgemenge, und der Eindruck, den dieses
unerwartete Hervortreten der Portugiesen aus dem reinen Verteidigungskriege
machte, war so gross, dass die Araber, als die Portugiesen wieder aus der
genommenen Verschanzung abzogen, auch andere Stellungen räumten, da sie
fernere Angriffe fürchteten.
Bis zum 14. Januar lag das Geschwader, von schönem Wetter begünstigt, an der
beschriebenen Stelle vor Anker, dann zwangen das Stärkerwerden des Monsuns
und hierdurch verursachte Verluste von Ankern und Ankerkabeln, unter Segel zu
gehen und draussen zu kreuzen.
Mit der gelungenen Ablieferung der Zufuhren erachtete der Geschwaderchef Luiz
de Mello Sampayo seine Aufgabe als erledigt. Ausser zum Kommando über diese
Hülfsexpedition war er gleichzeitig in Goa zum Gouverneur von Mozambique
und Sofala ernannt worden. Vielseitig wird ihm vorgeworfen, dass er schon durch
seine ganze Ausrüstung mit Waren für den Sofala-Handel gezeigt habe, dass er
von vornherein die Mombasa Aufgabe als nebensächlich betrachtet habe. In der
Wahl zwischen Kämpfen und Eisen in Mombasa und gewinnbringendem Handel
und Gold in Sofala soll er entschieden zu letzterem geneigt haben. Nicht zum
wenigsten seine eigenen Berichte überzeugen auch, dass ihn alles von Mombasa
weg nach Mozambique zog. Seine Instruktionen, Wassermangel der Schiffe, die
Jahreszeit, willkürliche Annahmen, dass auch Mozambique von den Arabern
bedrängt sein könne, Absichten, von Mozambique und den Kerimba-Inseln Hülfe
herbeizuholen - alles musste herhalten, um seine Abreise zu begründen.
Vergeblich drohte und flehte der Kommandant der Festung, dass die Schiffe bis
Ende des Monsuns bleiben müssten, um neuen Zuzug der Feinde von Maskat und
Patta abzuschneiden, und um ihnen den Verkehr mit Pemba, der sie mit
Lebensmitteln versorgte, unmöglich zu machen. Vergeblich versprach er den
Schiffen Trinkwasser in Sanxo an der Flussmündung bei Mtuapa zu verschaffen.
Vergeblich wies er auf die Bedeutung hin, die es habe, wenn das Verbleiben der
Schiffe den Weg für die weiteren Lebensmittelzufuhren der Musungulos offen
hielte. Ja, selbst auf die Bitte, die Schiffe möchten wenigstens die vielen unnützen
Esser der Festungaufnehmen und in Kilwa oder Zanzibar absetzen, gab er nur
hinhaltende Versprechungen. Ebensowenig vermochten zwei Augustiner
Mombasa's, die persönlich an Bord gingen, den
Strandes, Ostafrika.
17
- 258 Oberbefehlshaber zu überzeugen, dass er einen Angriff auf die Araber machen
oder wenigstens vor dem Hafen verbleiben müsse.
Schliesslich indessen entschloss sich der Geschwaderchef, den beiderseitigen
Wünschen gerecht zu werden. Er selbst verliess am 27. oder 28.Januar mit einer
der Fregatten Mombasa und ging nach Mozambique, liess aber vor Mombasa die
zweite Fregatte und die Galeote, unter dem Befehle von Henrique de Figueiredo
Alargäo, zurück. Die diesem hinterlassenen Vorschriften lauteten: sich so lange
wie möglich vor Mombasa zu halten, bei zunehmendem Monsun aus der Festung
die waffenunfähigen Insassen aufzunehmen, nach Zanzibar zu gehen, von dort mit
der'Festung in Verbindung zu bleiben und die Rückkehr des Oberbefehlshabers
aus MIozambique abzuwarten.') Mit ausgesprochenem Widerwillen, ja sogar
unter Protest hatte Henrique de Figueiredö diese Aufgabe übernommen. In den
Versammlungen des Kriegsrates auf dem Admiralschiffe war es zu scharfen
Auftritten gekommen; insbesondere hatte der Genannte seinem Vorgesetzten
bestritten, dass es angemessen sei, die Fregatte zur Reise nach i\Iozambique zu
benutzen, und hatte ihm hierzu nur die Galeote zugestehen wollen. Unverhohlen
hatte er auch geäussert, dass er vor Mombasa nicht verbleiben würde, und gemäss
diesen Absichten scheint er gehandelt zu haben, denn unmittelbar mit der Abreise
des Oberbefehlshabers gab auch er die Blockierung von Mombasa auf und legte
sich unthätig in Zanzibar vor Anker. Er selbst berichtet zwar nach Goa, dass er
hierzu durch die Witterungsverhältnisse gezwungen gewesen sei, und dass er erst
dann vor dem Winde nach Zanzibar zur Rettung der Schiffe abgehalten habe,
nachdem er dreimal 24 Stunden vergeblich versucht hätte, durch Kreuzen von der
Insel Pemba frei zu kommen und die Lurseite von Mombasa wieder zu
gewinnen.') Auch die Galeote ging ihre eigenen Wege. Sie sollte vorerst unter
dem Kommando von Henrique de Figueiredo bleiben und, sobald es die Jahreszeit
möglich machte, als Aviso nach Goa gehen, zog aber vor, dem Oberbefehlshaber
nach Mozambique nachzusegeln. Auch für sie diente Wind und Wetter als
Entschuldigung, doch beschuldigt Henrique de Figueiredo ihren Kommandanten,
dass er geheimen Aufträgen gefolgt sei.
Die Belagerten in der Festung waren sich hiermit wieder allein überlassen. Ausser
Lebensmitteln und reichlicher Neuausrüstung an Munition hatte ihnen das
Hülfsgeschwader eine Verstärkung von Soldaten gebracht, deren Anzahl auf
höchstens hundert Mann zu veranschlagen ist. Ueber diese Zahl berichtete der
Geschwaderchef, dass er im ganzen I5o Mann
) s. Liss. Cons. Ultr. Cons. Res. No. 848. Barra de Mombaýa, 25. Januar 1697
2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Cons. Res. No. 848. Zanzibar, 29. März 1697.
- 259 abgegeben habe, von denen, nach Abzug der bei der Landung Gefallenen und
Verwundeten, hundert Mann übrig sein müssten, dass indessen der
Festungskommandant die Einreihung von nur neunzig Mann anerkenne.
Doch zusammen mit dieser für die geringen Machtverhältnisse immerhin
bedeutenden Verstärkung war ein böser Gast in der Gestalt einer schlimmen
Krankheit in die Festung eingezogen. Die derzeitigen Briefe aus Mombasa
nennen sie die »Krankheit der Anschwellungen« (inchaGaes) und schildern, dass
die Erkrankten wie Fässer aufýeschwollen seien. Ob sie die Beulenpest oder was
sonst gewesen ist, lässt sich heute nicht ermitteln. Selbst den Belagerten war die
Erkrankung unbekannt. Um zu ergründen, was sie sei, wurde eine Leiche seziert,
wobei sich Leber und Lunge so geschwollen zeigten, dass sie aus dem Körper
hervorquollen. In Goa wurde später von dieser Krankheit als von der Pest
gesprochen, doch kann mit
dieser Bezeichnung ausser der Beulenpest auch jede andere ansteckende Seuche
gemeint gewesen sein. Schon am 28. Januar berichtete der Kommandant, dass
täglich drei oder vier Menschen dieser Krankheit zum Opfer fielen.
Hauptsächlich waren es die echten Portugiesen und zwar vorwiegend die
Männer, die betroffen wurden; das Verschontbleiben der Frauen wurde damit
erklärt, dass sie den Beschwerden des Wachtdienstes nicht ausgesetzt waren. Alle
Arzeneien und Linderungsmittel fehlten. Rühmend wird aber erzählt, dass sich
eine reiche Frau, Aldonýa Gomes, die Witwe von Estaväo Pinto, der Armen und
Kranken annahm. Ueber 15 ooo Crusados soll sie damals bereits angewendet
haben und bereit gewesen sein, auch den Rest ihres Vermögens in Wohlthun zu
opfern. Trostloser und trostloser gestalteten sich die Verhältnisse. Ende Januar
waren nur noch zwanzig Mann zweifelsohne nur die Portugiesen gezählt - in der
Festung unter den Waffen. Ohne Briefe mitzunehmen und ohne, wie versprochen,
die Festung von dem unnützen Menschentross zu befreien, waren die Schiffe
davongegangen. Dagegen konnten, durch das Aufhören der Blockade für die
Feinde am 18. Februar zwei Galeoten aus Indien, die hauptsächlich Munition
brachten, und am 3. März ein Schoner und zwei Galeoten aus Maskat einlaufen.
Am 2o. Februar mussten die Belagerten sehen, dass ein arabisches Fahrzeug vier
Boote, die letzten, über die sie verfügten, aufbrachte und triumphierend
einschleppte. In derselben Nacht setzten die Araber die vor der Festung am
Strande liegende Galeote in Brand. Noch gelang es damals, einen gleichzeitigen
Angriff auf das zweite vor der Festung liegende Schiff und die Strandstrecke
abzuwehren, doch am io. (?) März gingen auch diese letzten Punkte, die die
Portugiesen ausserhalb der Festungsmauern behauptet hatten, in die Hände 17"
- 260 der Araber über. Noch wenige Tage vorher, am 5. März, hatte der Kommandant
in einem Briefe nach Goa seine feste Absicht ausgesprochen, demnächst alle
nichtkämpfenden Insassen der Festung, auf alle Gefahren hin, zu den Musungulos
oder selbst zu den Arabern hinauszutreiben, doch wird dieses mit dem Verluste
des Weges nach der See zu unmöglich geworden sein. Der letzte Brief des
Kommandanten Antonio Mogo de Mello datiert vom 15. März 1697. Am
folgenden Tage richtete noch Faqui Valla de Muinhe Mutamo, der sich
Gouverneur der Muhamedaner der Festung Mombasa zeichnet, einen Brief nach
Goa. Verzweifelnd wird in diesen Briefen über das Wüten der Seuche und des
Hungers geklagt, und alles lässt vermuten, dass Mombasa damals schon nahe vor
der Uebergabe stand.
Doch die Verhältnisse verschlechterten sich noch weiter. Ende Juni waren von
Portugiesen nur noch der Kommandant, der Augustinerprior, welcher übrigens
auch als ein waffenlustiger Mann gerühmt wird, und zwei Soldaten, ausserdem
zwei unmündige Kinder am Leben.
Dennoch gelang es diesen und den wenigen überlebenden eingeborenen
Hilfstruppen, am 2o. Juli einen nächtlichen Leiterangriff der Belagerer
zurückzuschlagen. Sogar bewaffnete Negerweiber mussten hierbei mithelfen und
thaten tüchtig ihre Schuldigkeit. Wenige Tage später schlossen wieder drei
Portugiesen die Augen. Nur der Kommandant Antonio Mogo de Mello war noch
am Leben. Aber auch seine Stunde hatte geschlagen. In Voraussicht seines Endes
liess er am 24. August sein Grab in der Festungskirche ausheben. Am 28. August
erlag er seinem Leiden.')
Ueber ihn berichtete der Geschwaderchef Luiz de Mello Sampayo
- zweifelsohne unter dem Einflusse der Zwistigkeiten und in der Absicht, ihn
herabzusetzen -, dass er kein Kriegsmann sei, keine andere Neigung habe, als
Rechnungssachen hübsch zu bearbeiten und mit Geistlichen Verkehr zu pflegen,
und dass er durch seinen Geiz, der ihn sogar verführe, mit eingemachten
Süssigkeiten Handel zu treiben, durchaus ungeeignet sei, mit den Eingeborenen
des Landes gute Beziehungen zu erhalten. Andere Berichte sagen, dass er zwar
tapfer und klug, doch nicht wagemutig gewesen sei, und dass ihm das nötige
Ansehen bei seinen Untergebenen gefehlt habe. Die Federgewandtheit und das
gelegentliche Vorkommen von klassischen Anklängen in den Briefen des
Verstorbenen selbst machen allerdings wahrscheinlich, dass er kein Haudegen
war, dennoch aber erweckt alles, was vorliegt, den Eindruck, dass Mombasa in
ihm einen tüchtigen, zielbewussten Verteidiger hatte.
') Historia de Mombaca S 81-84.
- 261 Mit seinem Tode ging dem Namen nach die höchste Gewalt auf einen kranken
Goanesen, mit Namen Pascoal Diniz, über. Eigentlich ist er die wenigen Tage,
welche er noch lebte, nur der Bewahrer der Schlüssel der Festung gewesen.
Thatsächlich war der siebzehnjährige Buana Daud ben Scheck, Fürst von Fasa,
der Oberbefehlshaber der Festung. Als Nachfolger seines in den ersten Monaten
der Belagerung gestorbenen Vaters, der nach den Patta-Ereignissen im Jahre 1688
ein treuer Lehnsmann der Portugiesen geblieben war, war er der Anführer der
muhamedanischen Belagerten gewesen. Ihm hatte der sterbende Antonio Mogo de
Mello, da kein erwachsener Portugiese verblieben war, die Bewahrung der
Festung und die überlebenden zwei portugiesischen Kinder anvertraut, und dieses
Vertrauen wurde nicht getäuscht. Wirklich hat er drei Wochen lang, ohne dass
ihm ein Portugiese zur Seite stand, die Festung für Portugal gehalten. Nur wenige
Stammesgenossen (Araber oder Halbaraber), einige Wagunja, neun Neger und
ungefähr fünfzig Negerinnen unterstützten ihn.') Glänzend wurde hiermit
gerechtfertigt, dass entgegen den bestehenden Vorschriften, beim Beginne der
Belagerung, auch Nichtchristen in der Festung aufgenommen worden waren. Oft
genug waren auch im Laufe der Belagerungen Verdächtigungen gegen die
Zuverlässigkeit der Muhamedaner laut geworden, doch sie hatten stets
verstanden, in einer solchen Weise durch Eifer und Waffenthaten ihre Treue zu
beweisen, dass schliesslich sogar der Kommandant bei Todesstrafe jede derartige
Anschuldigung verboten hatte. Ungerne zollte die Gesinnung jener Tage den
Tugenden von Muhamedanern Anerkennung. Indessen das Lob der Treue des
Fürsten von Fasa und seiner siebzehn Gefährten wurde überall gesungen. Auch
war in diesem Falle die Dankbarkeit der Portugiesen von Dauer. Noch im Jahre
1768, also siebzig Jahre später, wurde von Lissabon aus angeordnet, dem in
Mozambique lebenden Fürsten von Fasa die monatliche Pension von IOO
Xerafinen, in Anerkennung seiner eigenen und der Verdienste seines Vaters und
Grossvaters, weiterzuzahlen. Wahrscheinlich genoss damit der Sohn, was Buana
Daud in jenen MombasaTagen erworben hatte.')
Während in Mombasa die Verhältnisse einem jämmerlichen Ende nahe waren, lag
Henrique de Figueiredo mit seinem Schiffe unthätig, von der stets hilfsbereiten
Königin verpflegt, in Zanzibar und segelte von dort, nach zwei Monaten
beschaulichen Ausruhens, Anfang April mit dem ersten Einsetzen des
Südwestmonsuns, ohne sich weiter um
1) Historia da Momba§ § iio.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Ordens Regias. Livro 27, Fol. 133, Lissabon, 28. März
1768.
- 262 Mombasa zu kümmern, nach Goa. Für die erforderlichen Entschuldigungen hatte
er durch Bescheinigungen seiner Offiziere, dass das Schiff wegen schlechten
Zustandes kaum über Wasser zu halten sei, und dadurch gesorgt, dass er mit der
Mannschaft an den Pumpen in Goa einlief.
Ernstlicher nahm der nach Mozambique gesegelte General Luiz de Mello
Sampayo seine Verpflichtungen. Aus drei umfangreichen Berichten, die er über
den gleichen Gegenstand nach Goa richtete, und aus den darin enthaltenen
geflissentlichen Entschuldigungen, ist klar zwischen den Zeilen zu lesen, dass er
sich voll bewusst gewesen ist, welchen Vorwürfen er sich mit dem Preisgeben
Mombasa's ausgesetzt hatte, ja dass er das Unangemessene seiner
Handlungsweise nachträglich wohl erkannt hat. Seine Erklärungen für die Reise
nach Mozambique gipfeln schliesslich darin, dass er, in Uebereinstimmung mit
den schon in Goa empfangenen Anleitungen, geplant habe, in Mozambique die
von Portugal fälligen Schiffe abzuwarten und mit diesen und weiteren auf den
KerimbaInseln zu sammelnden Mannschaften neuerdings und mit grösseren
Aussichten auf Erfolg dem bedrängten Mombasa zu Hülfe zu ziehen. Wirklich
entsandte er sofort als ersten Notbehelf ein kleines Fahrzeug mit vierzig Mann,
die aber vorläufig Mombasa nicht erreichten, sondern dienlicher fanden, in
Zanzibar längeren Aufenthalt zu nehmen. Auch das beabsichtigte Aufgebot auf
den Kerimba-Inseln erwies sich als gänzlich zwecklos, da ihr Kommandant
versicherte, dass auf der Insel die gesamte portugiesische Bevölkerung nur 37
waffenfähige Männer zähle, von denen aber nur sechs oder sieben Gewehre
besässen.
Nach langem Zögern und Warten setzte sich endlich am 22. August Luiz de Mello
Sampayo selbst nach Mombasa in Bewegung. An Streitkräften verfügte er über
seine Fregatte mit 250 Mann und über eine von der Handelsgesellschaft
entliehene Galeote mit fünfzig Mann. In'Zanzibar wurde er durch die vor
Monaten vorausgeschickten vierzig Mann und ein Beiboot, welches Henrique de
Figueiredo zurückgelassen hatte, verstärkt. Den Willen zu einer ernsthaften
Hilfeleistung für das bedrängte Mombasa soll er auch jetzt noch nicht gehabt
haben. Er soll die Reise nur begonnen haben, um Anschuldigungen zu entgehen,
im Geheimen aber geplant haben, Mombasa und alle Kriegsgefahren zu
vermeiden. Schon sein ganzes Gebahren und seine Vorbereitungen sollen
angedeutet haben, dass er nur an eine direkte Reise nach Goa gedacht habe.
Unverblümt wird ihm sogar in der »Historia da Mombaga« nachgesagt, dass er in
Gemeinschaft mit Domingo Pereira de Gusmäo, dem Kommandanten seiner
Fregatte, ein gemeines Spiel gespielt habe, indem er Soldaten und Seeleute durch
Schilderungen von dem sicheren Tode, dem alle in Mombasa entgegengingen,
entmutigte und aufwiegelte. Dann soll er sogar selbst durch Helfershelfer eine
Meuterei angestiftet haben, die
- 263 den Vorwand liefern sollte, um anscheinend gezwungen von Mombasa
abzustehen und nach Indien weiter zu segeln. Nur dadurch, dass die im übrigen
ganz willfährigen Seeleute und Soldaten sich gegenseitig die Verantwortung für
den ersten Losbruch aufbürden wollten, und dass der Kapitän-Leutnant Joseph
Pereira de Brito die Schliche seiner Vorgesetzten aufdeckte, soll das Spiel
vereitelt worden sein.')
Halb gewaltsam soll es dieser Letztgenannte im entscheidenden Augenblick am
15. September 1697 zuwege gebracht haben, dass die Schiffe in den Haupthafen
von Mombasa hineinsteuerten. Erfolgreich wurde die Verschanzung,~ welche die
Araber unterhalb der Festung bei der Ermida da Nossa Senhora das Merces
errichtet hatten, beschossen. Von den zwei Beibooten, welche die Schiffe
begleiteten, wurde das eine mit zwanzig Mann von den Arabern zum Sinken
gebracht, von dem zweiten konnte sich die Mannschaft in die Festung retten.
Unmittelbar zwischen der Festung und der arabischen Festlandsbatterie gingen
die Schiffe zu Anker, und es entspann sich ein Geschützkampf aus nächster Nähe,
bei dem sogar die Geschützpfropfen Schaden anrichteten, und den erst die
Dunkelheit beendigte. Erst um Mitternacht erhielten die Schiffe durch einen Brief
von Buana Daud die überraschende Kunde, dass die ganze portugiesische
Besatzung der Festung ausgestorben sei und die Verteidiger nur Muhamedaner
seien. Obgleich diese Nachricht von den aus den Beibooten gelandeten
Portugiesen brieflich bestätigt wurde, wollte man doch nicht daran glauben. Man
argwöhnte, dass vielleicht auch die Festung von den Arabern besetzt sei, dass die
am Vormittage gelandeten Portugiesen gefangen, unter Todesdrohungen zum
Schreiben falscher Nachrichten gezwungen wären, und dass man versuche,
weitere Portugiesen in einen Hinterhalt zu locken. Schliesslich indessen
entschloss sich Joseph Pereira de Brito mit siebzig Mann zu landen, was ohne
wesentliche Schwierigkeiten durchgeführt wurde. Der nächste Tag brachte wieder
unaufhörlichen Geschützkampf zwischen den Schiffen und den arabischen
Batterien. Unter grossen Anstrengungen glückte es sodann, die Galeote unter der
Festung aufzuziehen und aus ihr und der Fregatte die Lebensmittel in die Festung
zu landen. Alles und jedes Verdienst hierbei will die »Historia da Momba§a« dem
Kapitän-Leutnant Joseph Pereira de Brito zuschreiben. Rein verräterisch soll der
Kommandant Domingo Pereira de Gusmäo mit seinen Leuten geplant haben, mit
der Fregatte aus dem Hafen zu flüchten, jedwede Hülfe soll er verweigert und
jeden guten Plan durchkreuzt haben. Bunt genug hat es in jenen Tagen
zweifelsohne in und vor der Festung mit den untereinander streitenden
portugiesischen Anführern, der betrunkenen aufsässigen Bemannung der
1) Historia da Mombaýa S 94-97
- 264 Fregatte und dem Geschiesse und Geschimpfe zwischen den nur aut Rufweite von
einander getrennten fein dlichen Parteien ausgesehen,') doch es ist nicht wert,
die Einzelheiten wiederzugeben. In ein ruhigeres Geleise kamen die
Angelegenheiten erst, nachdem am 2o. Oktober die Fregatte nach
Durchscheuerung ihrer Ankertrossen auf dem steinigen Grunde gestrandet war
und sich ihre Mannschaft unter Kämpfen in die Festung geflüchtet hatte. Aus den
nächsten Tagen sind einige glückliche Ausfälle gegen die der Festung nahen
arabischen Erdwerke und erfolglose Versuche verzeichnet, mittels der
Musungulos die besonders schädigende Schanze am Festlande gegenüber der
Festung zu nehmen. Am
18. November verstarb der General
Luiz de Mello Sampayo. Schon seit dem Tage, an dem er, vielleicht widerwillig,
nach Mombasa hineinsegelte, wurde er so gut wie vollständig von seinem oft
genannten Kapitän-Leutnant beherrscht. Die »Historia da Mombaýa« lässt an ihm
kein gutes Haar, und sogar die Berichte, die er selbst geschrieben hat, lassen wohl
glauben, dass er keineswegs Neigung hatte, sich zum Besten von Mombasa zu
opfern. Auch in den gericht. lichen Untersuchungen, die später gegen ihn in Goa
angestrengt wurden, wurde er als mitschuldig an den Misserfolgen der von ihm
befehligten Expeditionen erachtet. Vielleicht haben seine Erben dieses noch
büssen müssen, denn es wurde noch nach Jahr und Tag von Lissabon angeordnet,
zu untersuchen, ob der Fiskus für den durch den Verstorbenen verschuldeten
Geldschaden gegen seinen Nachlass vorgehen könne.') Es waren dieses Prozesse,
die in der portugiesischen Kolonialgeschichte keineswegs selten waren.
Da keine Verfügungen über die Nachfolge des Verstorbenen im Oberbefehle
vorlagen, wurde Joseph Pereira de Brito durch allgemeine Wahl der Belagerten
zu diesem Posten erhoben. Es wurde ihm aber hierbei nur der Titel »Hauptmann
und Gouverneur der Portugiesen« zugelegt, und dem Fürsten von Fasa in
Anerkennung seiner Verdienste der Titel »Hauptmann und Gouverneur der
Festung« belassen. Wenn die »Historia da MombaFa« getreu die Wahrheit
erzählt, so sind die kurzen zwei Monate, welche der neue Gouverneur im Amte
war, eine Zeit ausserordentlichen kriegerischen Wagemutes gewesen, in der die
Portugiesen aus ihrer Verteidigungsstellung heraustraten und grosse Heldenstücke
verrichteten. Sie berichtet von einer ganzen Zahl von Ausfällen, bei denen
schwache Truppen von Portugiesen am hellen Tage die feindlichen Schanzen
angriffen, Handgranaten hineinwarfen,
) Historia da Monbaýa S io8-II5.
2>A India no Governo do Vice-Rey Conde de Villa Verde 1693-1698. Cap. IX.
Cousas de Mombapa. 0 Chronista de Tissuary III, Nova Goa i868, S. 6.
- 265 im Nahkampfe Hunderte von Arabern töteten und immer ohne eigene
nennenswerte Verluste in die Festung zurückkehrten.') Doch da die »Historia da
Mombaga« sich in augenfälliger Weise bemüht, Joseph Pereira de Brito zum
unvergleichlichen Helden und tüchtigsten Mann zu stempeln, überzeugen ihre
Erzählungen nicht. Als Kern mag wahr sein, dass häufige Ausfälle erfolgten, und
dass die Araber den Gefahren der Handgranaten aus dem Wege gingen, indem sie
bei Angriffen ohne vielen Widerstand die Verschanzungen räumten, die sie
ohnedies sicher waren, in wenigen Stunden wieder besetzen zu können. Man
braucht keineswegs an dem Mute der Portugiesen zu zweifeln, um es für
höchst unwahrscheinlich zu halten, dass eine Handvoll von ihnen im
Handgemenge die in Ueberzahl hinter Verschanzungen stehenden Araber stetig
mit grossen Verlusten zurückgeworfen haben sollen. Neben sonstigem spricht
hiergegen schon die damalige Gleichwertigkeit der Bewaffnung beider Parteien.
Doch wenn diese Waffenerfolge auch wahr sind, die Verhältnisse in der Festung
waren keineswegs rosige. Unverändert forderte die »Krankheit der
Anschwellungen« grosse Opfer. Am 14. bis 17. Dezember erhielten die Araber
Verstärkungen mit vier Schiffen europäischer Bauart. Sehnsüchtig sahen auch die
Belagerten nach der in dieser Zeit fälligen Hülfe aus, und es muss dieserhalb
schon helle Verzweiflung und jedenfalls grosse Sorge geherrscht haben, denn der
Gouverneur sah sich veranlasst, bei Todesstrafe jedwedes Gerede über das lange
Ausbleiben des Hülfsgeschwaders zu verbieten. Endlich am 28. Dezember
erschien dasselbe vor der Insel.')
In Goa hatte man schon Mitte Mai durch die Rückkehr von Henrique de
Figueiredo Kunde von der misslichen Lage Mombasa's erhalten. Die erste Absicht
war gewesen, sofort eine kleinere Fregatte zur Hülfeleistung abzuschicken, doch
war dieser Plan unausgeführt geblieben, da man den Verlust des Fahrzeuges
sicher voraussah. Dann beabsichtigte der Vizekönig in Person ein neues
Geschwader nach Ostafrika zu führen, doch musste er hiervon auf das Verlangen
des Gouvernementsrates abstehen, der seine lange Abwesenheit von Indien
bedenklich erachtete. Unter den üblichen Finanznöten wurde endlich durch ein
von der Munizipalität Goa's gewährtes Geschenk von 5o ooo Xerafinen die
Ausrüstung eines kleinen Geschwaders ermöglicht, das am 3o. November unter
dem Kommando von Francisco Pereira da Silva nach Ostafrika auslief.
Sein Erscheinen vor Mombasa brachte ähnliche Verhältnisse, wie sie schon in
denselben Tagen des Vorjahres erlebt worden waren. Zuerst be1) Historia da
Mombaca S i28 ff.
2) Historia da Mombaýa S 33 f.
- 266 stand die Absicht, wieder die Galeote mit Lebensmitteln in den Hafen
hineinsegeln und unter der Festung stranden zu lassen, doch wurde hiervon auf
die Vorstellungen des Festungskommandanten Abstand genommen und der erste
Entsatz durch drei Beiboote hineingesandt. Ebenso wie im Vorjahre strandete
hiervon ein Boot unmittelbar unter einer arabischen Verschanzung, und ihre
Besatzung konnte nur durch einen kühnen Ausfall der Belagerten in die Festung
in Sicherheit gebracht werden. Nicht weniger als hundert Araber, gegen nur fünf
Portugiesen, sollen hierbei ihr Leben verloren haben. Die in den nächsten Tagen
fortgesetzte Landung von Lebensmitteln vollzog sich einigermassen geordnet. Es
wird indessen geklagt, dass von 200 Kandi, welche in Goa durch Sammlungen für
die Notleidenden Mombasa's zusammengebracht waren, nur 43 Kandi geschälter
und 4o Kandi roher Reis (zusammen ca. 18 400 kg) zur Ablieferung gelangteji.
Der Rest soll von Gunstlingen des Vizekönigs gestohlen worden sein.
Wieder betrachtete der Befehlshaber des Hülfsgeschwaders die Neuversorgung
der Festung mit Lebensmitteln als seine hauptsächliche, wenn nicht einzige
Aufgabe. Schon bei seiner Ankunft hatte er geäussert, dass er sich wegen des
zunehmenden Monsuns vor dem Hafen nicht werde halten können, und dass er
deshalb nach Zanzibar weitergehen müsse. Vergeblich versuchte ihn der
Festungskommandant zu einem nachdrücklichen Angriffe auf die Araber zu
bewegen. In leidenschaftlichen Briefen, deren Wortlaut die »Historia da
Momba§a« wiedergiebt, legte er dar, dass die Rettung Mombasa's, das Ansehen
und die Waffenehre Portugals einen entscheidenden Kampf erfordere. Er
schilderte überzeugend, dass das Geschwader den schwachen in Kilindini
liegenden arabischen zwei Fregatten von 28 und 22 Kanonen und zwei Galeoten
von je sechs Kanonen voll gewachsen sei, dass ebenso die arabischen
Strandbatterien in Kilindini wenig gefährlich seien, und dass, wenn dennoch die
Ueberwindung der Araber nicht gelingen sollte, das portugiesische Geschwader
im Kilindini-Hafen einen geschützten Ankerplatz finden würde, von wo es, durch
Unterhaltung der Verbindung mit den Musungulos und durch Zufuhren von
Lebensmitteln wirksam zur Verteidigung der Festung beitragen könne. In gleich
geharnischten Darlegungen versuchten auch die anderen Belagerten, insbesondere
die Muhamedaner, mit Buana Daud an der Spitze, den
Geschwaderkommandanten zu einem Angriffe auf Kilindini zu bewegen. Sie
gingen soweit, zu drohen, dass sie sich anstatt der Portugiesen thatkräftigere
Schutzherren suchen und die Festuijg verlassen würden. Ja, in verschiedenen
dieser Briefe wird sogar dem Geschwaderkommandanten der Vorschlag gemacht,
vorübergehend mit seiner Mannschaft- die Festung zu besetzen und dagegen der
Festungsmannschaft eine Fregatte zu über- 267
lassen, damit sie einen Angriff auf Kilindini machen könnte. Aber alles war
vergebens. Francisco Pereira da Silva liess sich auf nichts ein. Er verschanzte sich
hinter von Goa gegebenen Vorschriften, die das Einlaufen in Kilindini verböten,
und schützte als ferneres Hindernis seinen Glauben an eine Mär vor, nach welcher
der breite Kilindini-Meeresarm durch eine Kette von den Arabern gesperrt sein
sollte. Selbst die Bitte, wenigstens hundert Mann zeitweise zu landen, um eine
arabische Schanze nehmen zu können, welche die Festung besonders bedrohte,
wurde von ihm abgelehnt. Wirklich überliess er Mombasa der Not und segelte
schon am 19. Januar 1698 nach Zanzibar und von dort nach dem Monsunwechsel
im März oder April nach Goa zurück. Mit ihm hatten mit wenigen Ausnahmen die
treuen Muhamedaner, darunter selbst Buana Daud, die belagerte Festung
verlassen. Ob sie damit thatsächlich die früher ausgesprochene Drohung
verwirklicht haben, oder ob ihnen überhaupt der Boden in Mombasa zu heiss
geworden war, ist nicht ausgesprochen. Auch der bisherige Kommandant, Joseph
Pereira de Brito, hatte sich eingeschifft. Er hatte in Leandro Barbosa Sotto Major
einen Nachfolger erhalten. Eigentlich war ein gewisser Jacome de Moraes vom
Vizekönige zu diesem Posten bestimmt gewesen. Da ihm aber seine Ernennung
erst vor Mombasa bekannt gegeben wurde, und er bei seinen früheren
Bewerbungen um diesen Posten in Goa schnöde abgewiesen worden war, hatte er
abgelehnt. Zur Kennzeichnung der Allgemeinverhältnisse sei kurz erwähnt, dass
er nach Ablehnung des Gouverneurpostens, um nicht den Verdacht aufkommen
zu lassen, dass er die Gefahren vor dem Feinde scheue, als einfacher Soldat in
Mombasa an Land ging. Er soll während der drei Wochen, die das Geschwader
hier weilte, Wunder der Tapferkeit verrichtet haben, und sich sogar, um sich
besonders auszusetzen, bei den Kämpfen in auffälliger Weise, tags rot und nachts
weiss, gekleidet haben. Er soll dieses für nötig erachtet haben, um den
Machenschaften des Vizekönigs, seines Feindes, zu entgehen. Indessen alle diese
Veranstaltungen nützten ihm nichts, denn er wurde nach seiner Rückkehr in Goa
gefangen gesetzt, und zwar nicht, wie es seinem Stande zukam, in der Festung,
sondern im Gefängnisse. Dort hatte er Gesellschaft in der Person von Joseph
Pereira de Brito. Diesem wurde vorgeworfen, dass er unrechtmässiger Weise in
Mombasa das Kommando an sich gerissen hätte. In Wirklichkeit aber soll er
verfolgt worden sein, weil er ein Widersacher des verstorbenen Generals Luiz de
Mello Sampayo gewesen war, auf den der Vizekönig nichts kommen lassen
wollte, da er für dessen verfehlte Wahl zum Oberbefehlshaber die Veranewortung
trug.
Ob Francisco Pereira da Silva Mombasa neuerdings mit Mannschaften versorgt
hat, ist nicht berichtet, doch wahrscheinlich, denn bei seiner Ankunft waren die
Portugiesen, welche in der Festung überlebten, auf
268 wenig über hundert Köpfe zusammengeschmolzen, und täglich erlagen damals
vier bis fünf Mann der tKrankheit der Anschwellungen«. Ein Versprechen dieses
Geschwaderkommandanten, nochmals bei seiner Rück. fahrt von Zanzibar nach
Indien Mombasa anzulaufen, hat er nicht erfüllt. Er liess aber in Zanzibar zwei
Schiffe mit dem Befehle zurück, mit den Belagerten in Verbindung zu bleiben.
Dass dieses erfolgte, ist nicht wahrscheinlich, da jeder Bericht darüber fehlt.
Ueberhaupt ist in vollkommenes Dunkel gehüllt, was noch die Belagerten nach
der Abfahrt Francisco's Pereira da Silva erlebten und erlitten. Die letzten
verlässigeri Nachrichten von ihnen sind die, welche die Schiffe des Genannten
nach Goa brachten.
Noch einmal rafften sich die Behörden in Goa auf, der bedrohten Festung Rettung
zu bringen. Hals über Kopf wurde Ende des Jahres 1698 ein drittes
Hülfsgeschwader - dieses Mal mit von dem Vizekönige persönlich angeliehenem
Gelde - ausgerüstet. In der Stärke von vier Fregatten und einer Galeote mit 5oo
Mann Landungstruppen und nahezu 700 Mann Besatzung an Bord, unter
demselben Kommandanten, der auch die zweite Expedition geführt hatte,
erreichte dieses Geschwader am 13. oder 14. Dezember 1698 seinen
Bestimmungsort. Doch vergebens war diese Anstrengung gewesen, denn über der
Festung Mombasa wehte bereits die rote arabische Flagge. Wenige Tage,
vielleicht nur einen Tag vorher war sie gefallen. Ohne die Araber anzugreifen und
gar ohne sich dem Lande zu nähern, versegelte das Geschwader nach Zanzibar.
Hier war über den Fall Mombasa's nichts bekannt. Doch vergebens versuchten die
Königin dieser Insel und Buana Daud, der Fürst von Fasa, der mit dem
Geschwader von Goa zurückgekehrt war, den Oberbefehlshaber zur Rückkehr zu
bewegen, um wenigstens bestimmt das Schicksal Mombasa's festzustellen. Ausser
zu einem, dazu schmählich verlaufenen Zuge gegen arabische Händler in Otondo,
konnte er sich zu nichts aufraffen und kehrte mit dem Monsunwechsel Anfang
April ruhmlos nach Goa zurück.')
Eine arabische Ballade bezeichnet den 9. Dschamada Elachher des Jahres iIIo, d.
i. den 12. Dezember 1698, als den Tag der Eroberung Mombasa's. Eine
Bestätigung dieses Datums in den derzeitigen amtlichen portugiesischen
Berichten ist nicht zu finden. Kein Portugiese war entkommen, der über die
Schlussereignisse Auskunft hätte geben können. So gross war die Unklarheit, dass
in Goa ernstlich die Frage aufgeworfen wurde, ob beim Erscheinen des letzten
Hülfsgeschwaders vor Mombasa die Festung wirklich schon in den Händen der
Araber gewesen sei, und ob nicht etwa die arabische Flagge, welche
1) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 848. Lissabon, 4. Februar I701.
man gesichtet hatte, auf einem Angriffswerke, und nicht auf der Festung selbst,
geweht hätte. Ja, von Lissabon wurde dieserhalb noch ein Jahr später eine
Untersuchung angeordnet. Erst zwei Jahre später wurde dieses Dunkel gelichtet.
Am 29. September 1701 erschien in Goa ein Indier, mit Namen Braz Fialho, der
als Diener auf der Fregatte von Luiz de Mello Sampayo gewesen war. Er kam als
Flüchtling aus Maskat und gab an, die letzten Tage in Mombasa miterlebt zu
haben. Kurz wiedergegeben war seine Erzählung die folgende. Am Vorabend des
Tages der H. Luzia, am 12. Dezember 1698, schickte der kranke Kommandant
Leandro Barbosa einen Negerjungen aus der Festung, um frische Blätter zum
Auflegen auf Wunden zu holen. Dieser wurde gefangen genommen und verriet
den Arabern die Schwäche der Verteidiger. Nur acht Portugiesen, drei Indier und
zwei Frauen- waren in der Festung am Leben. In derselben Nacht machten die
Araber an zwei Stellen, an der Flaggenbastion (Stadtseite) und an der
Notpfortenbastion einen Angriff und erstiegen die Mauern. Die wenigen
Verteidiger zogen sich in die Kavalierbastion St. Antonio zurück und verteidigten
sich hier mit umgedrehten Geschützen bis zum Nachmittage des nächsten Tages.
Nachdem aber der Kommandant, der einige Schritte vorgetreten war, durch zwei
tödliche Schüsse kampfunfähig geworden war, streckten die übrigen Verteidiger
die Waffen. Sie wurden gefesselt abgeführt und geschont, da die Araber hofften,
von ihnen die Verstecke vermeintlicher Schätze zu erfahren. Nur zwei
Portugiesen waren schliesslich am Leben, die den Arabern als Führer in der
Festung dienten, aber unter dem Vorgeben Schätze aufzudecken, der eine in der
Kirche, der andere in dem Lagerhause, die Pulvervorräte anzündeten und sich und
zweihundert Aräber aufsprengten.) Diese Geschichte wurde damals in Goa nicht
geglaubt, da der Erzähler zuviele Einzelheiten von Gesprächen mit dem
Kommandanten und zwischen den Arabern und den Gefangenen wiederzugeben
wusste, bei denen er, seinem Stande nach, unmöglich gegenwärtig gewesen sein
konnte. Doch trotz des damaligen Unglaubens liegt kein Grund vor, dem Kerne zu
misstrauen. Schon der Umstand, dass das Datum, welches dieser Gewährsmann
angab, mit der arabischen Quelle stimmt, giebt Anlass, seine Erzählung nicht ganz
zu verwerfen. Dass er viel hinzufügte, um sich wichtig zu machen, ist begreiflich.
Gewiss ist auch das heroische Ende mit Aufsprengung der Feinde übertrieben.
Wenigstens spricht die eine Thatsache dagegen, dass die Portugiesen
zweiunddreissig Jahre später, als sie nochmals für kurze Zeit Mombasa besetzten,
die Kirche unversehrt fanden. Indessen, schon Jahre vor dem Auftauchen diesQs
Augenzeugen, hatte der Vizekönig beiläufig
') A India etc. 1693-1698. 0 Chronista de Tissuary III S. 8 ff.
- 270
nach Hörensagen von Eingeborenen nach Lissabon berichtet, dass sich die letzten
portugiesischen Verteidiger mit dem Pulvermagazin in die Luft gesprengt hätten.
Aehnliche Absichten hatte auch schon der Kommandant Antonio Mogo de Mello
im Jahre 1697 dadurch geäussert, dass er nach Goa schrieb, er werde als
Numantiner die Festung den Feinden überliefern. Ein Engländer, der damals in
Indien lebte und auch in Maskat war, berichtet nach Erzählungen von
Eingeborenen, dass bei der Erstürmung der Festung noch zwanzig Portugiesen
von den Arabern niedergemacht worden seien. Auch will er wissen, dass die
Araber zweihundert Tons Elfenbein im Werte von £ 125 000.-- erbeutet hätten.1)
Dieser Zahl ist aber schwerlich Glauben beizumessen.
Da die Umzinglung Mombasa's am 13. März 1696 begann und erst am 12. oder
13. Dezember 1698 durch den Fall der Festung endigte, hat die Belagerung volle
dreiunddreissig Monate gedauert. Als Grund des traurigen Ausganges bezeichnet
der Vizekönig in einem Berichte nach Lissabon: Hunger, Seuche und nahezu
gänzliches Aussterben der Besatzung, Als feststehende Thatsache stellt er hin,
dass die lange Belagerung mindestens iooo Portugiesen und io ooo einheimischen
Unterthanen Portugals das Leben gekostet habe. ) Hinsichtlich der Eingeborenen
ist diese Zahl gewiss stark übertrieben. Auch hinsichtlich der Portugiesen scheint
sie auf den ersten Blick hochgegriffen, doch gewinnt sie an Wahrscheinlichkeit,
wenn man bedenkt, dass nicht nur die in Mombasa selbst, sondern die auf den
Schiffen während der Hülfsexpeditionen Umgekommenen hinzuzurechnen sind.
Allein das letzte, zu spät angekommene Geschwader hatte zweihundert Mann, die
durch Krankheit hingerafft waren, in Zanzibar begraben müssen. Auch von
anderer Seite werden diese hohen Verlustziffern bestätigt. Schon im Januar 1698,
also noch elf Monate vor dem Falle der Festung, wurden die Menschenverluste
auf 8oo Portugiesen, 25oo kämpfende und 3000 nichtkämpfende Eingeborene
geschätzt.) Neben der verschiedentlich erwähnten, ansteckenden »Krankheit der
Anschwellungen« werden auch die Pocken als Todesursache genannt. Verglichen
mit den Opfern, welche diese Krankheiten forderten, ist sicherlich die Zahl
derjenigen, die durch die Waffen der Feinde fielen, verschwindend klein.
Wieviel Araber vor Mombasa gelegen haben, ist natürlich auch nicht annähernd
mit Bestimmtheit zu ermitteln. Allgemein war auf dem ersten Hülfsgeschwader
die Annahme gängig, dass die Araber zuerst in einer Stärke von 3000 Mann
gelandet seien, doch wollte ein gefangener
1) Hamilton I S. ii.
2>Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 848. Lissabon, 4. Februar 1701.
3) Historia da Mombaýa S 163.
Nach Guil.ain.
Arabische Soldaten.
- 271 Araber nur die Hälfte dieser Zahl zugeben. Auch Nachrichten, die von Maskat
nach Goa gelangten, sprachen nur von 15oo Mann. Da die Araber in nicht
geringerem Masse als die Portugiesen durch Krankheiten litten, wird ihre Zahl,
trotz der häufigen Nachschübe, nie bedeutend grösser gewesen sein. Ja, im
Südostmonsun, während dessen die Schiffe und auch viele von der
Belagerungsmannschaft nach Arabien gingen, werden noch wesentlich weniger
Araber vor der Festung gestanden haben. Im Januar 1697 schätzte sogar der
Festungskommandant die feindlichen Streitkräfte, nachdem sie eben erst durch
ein Geschwader verstärkt waren, auf nur 400 Araber, 400 Patta-Leute und wenige
Neger. Diese Zahlen waren aber aufgestellt, um dem Befehlshaber der
portugiesischen Schiffe die Aussichten für einen Angriff leicht erscheinen zu
lassen und waren daher wohl möglichst niedrig gegriffen.
Ungefähr in allen benachbarten Gebieten scheint die Liebe für die beiden
Kriegsführenden geteilt gewesen zu sein, und beide scheinen Helfer gefunden zu
haben. Dass die Musungulos überwiegend zu den Portugiesen hielten, ist bereits
angeführt. Es standen indessen auch von ihnen einige Stämme auf Seiten der
Araber. Zanzibar scheint unwandelbar zu den Portugiesen gehalten zu haben.
Auch der König von Tanga, mit Namen Guaba de Muizabo, ist, wenn man einem
Briefe von ihm vom I8. Schaban ohne Jahreszahl (= 12. März 1697) glauben
will, ein Freund der Portugiesen gewesen. In kindlichem Portugiesisch, auf
abgerissenem Papiere, schrieb er an den in Zanzibar ankernden Henrique de
Figueiredo, dass er Vasalle des Königs von Portugal sei, und dass er vor
wiederholten Verfolgungen seitens der Araber in den Busch geflüchtet sei, und
betonte schliesslich, mit richtigem Negerverstande an das naheliegend Praktische
denkend und damit den nackten Kernpunkt des Streites um die Herrschaft in
Ostafrika wahrscheinlich richtig erkennend, dass nur die Portugiesen, nicht die
Araber, in seinem Lande Handel treiben dürften!
Dass auf beiden Seiten während der Belagerung jedwede nachdrückliche,
entschlossene Kriegsführung fehlte, ist unverkennbar. Insbesondere haben die
Araber, wenn sie auch schliesslich die Sieger waren, in diesen drei Jahren wenig
geleistet, was ihren Kriegsruhm vermehrt. Alles zusammengenommen darf man
überzeugt sein, dass ihre Streitkräfte nichts anderes waren, als was man sich
ohnedies unter arabischen Streitkräften vorstellt, nämlich rohe, zuchtlose und
schlechtbewaffnete Scharen, und dass sie ohne einheitliche Führung, dazu ohne
Kenntnis vom Belagerungskriege und ohne genügende Kriegsmaterialien vor der
Festung lagen. Beispielsweise ist ganz offenbar, dass ihre Angriffswerke nur
Schanzen und Verschanzungen ohne jeden Zusammenhang waren, die in keiner
Weise den Anforderungen geschulter Kriegskunst entsprachen. Ebenso wird
- 272 ihr Mangel an dem Notwendigsten für die Einnahme einer Festung dadurch
gekennzeichnet, dass zwei Geschütze, welche sie erst im Fort St. Joseph
genommen hatten, diejenigen Angriffswaffen waren, welche den Belagerten die
meiste Gefahr bereiteten. Dennoch bleibt überraschend, dass sie bei der grossen
Uebermacht, über die sie gewiss verschiedentlich verfügten, und bei ihrem nicht
zu bezweifelnden persönlichen Mute keine schnellere Entscheidung durch einen
Sturm herbeiführten. Die Stärke der Befestigung ist keine ausreichende
Erklärung.
Dass die in der Festung eingeschlossenen Portugiesen zu schwach waren, um an
anderes als die Verteidigung denken zu können, ist verständlich. Dagegen sind
kaum Entschuldigungen zu finden, dass in den Zeiten, in denen starke
Schiffsbesatzungen zur Stelle waren, kein durchgreifeder Angriff auf die Feinde
zum wirklichen Entsatz der bedrohten Festung gemacht worden ist. Der stetige
Zwiespalt und Hader unter den Anführern, unzweckmässige bindende
Vorschriften von Goa und die unzureichende Ausrüstung an Mannschaft und
Kriegszeug werden Hindernisse gewesen sein. Doch dem jämmerlichen Zustande
der gesamten portugiesischindischen Kolonialwirtschaft mit seiner lähmenden
Einwirkung auf jedes Unternehmen ist gewiss mehr Schuld zuzuschreiben als
einzelnen Personen. Mombasa musste als ein Glied des Kreises fallen, zu dem es
gehörte. Unrecht wäre es, an der Tüchtigkeit und dem persönlichen Mute aller zu
zweifeln. Selbst in den Zeiten schlimmsten Verfalls hat es unter den Portugiesen
Männer gegeben, die den alten guten Geist bewiesen. Die Wiedereroberung
Brasiliens (1653) und die Verteidigung Malakka's (1656) bieten hierfür glänzende
Beispiele, und auch in Mombasa wird es daran nicht gefehlt haben. Jedenfalls darf
den Belagerten das Lob standhafter Ausdauer gespendet werden.
74
Wiedereinnahme und endgültiger Verlust Mombasa's.
Der Entsatz des belagerten Mombasa's war auch durch eine direkt von Portugal
ausgehende Streitmacht geplant gewesen und zu diesem Behufe im Frühjahre des
Jahres 1699 von Lissabon ein Geschwader von fiinf Schiffen mit 9oo Mann an
Bord unter dem Oberbefehle von Henrique Jacques de Magalhäes ausgelaufen.
Doch als diese Expedition in Mozambique angekommen war, erklärten sich ihre
Navigationskundigen mit dem Zanzibar- und Mombasa-Küstenstriche unbekannt
und deshalb unfähig, die Schiffe dorthin zu führen, worauf die bedrängten
Landsleute ihrer Not überlassen wurden, und die Schiffe, ohne überhaupt einen
Versuch zur Erreichung dieses Platzes zu machen, nach Goa weitersegelten.
Vergebens hatten einige thatkräftigere und pflichtbewusstere Edelleute gegen
diesen schmählichen Beschluss Widerspruch erhoben, aber derartig war der
Unternehmungsgeist der Nachkommen der Gefährten von Diogo Cäo,
Bartholemeu Dias und Vasco da Gama gesunken, dass sie nicht durchdrangen!
Richtig beurteilte der dermalige Vizekönig Indiens in einem Schreiben vom 20.
Dezember 1699 dieses dahin, dass mit Navigationskundigen, Instrumenten und
Kompassen an Bord, dazu mit dem Monsune im Rücken, nichts anderes als der
Wille zur Erreichung des Bestimmungshafens gefehlt habe.') Selbst der Umstand,
dass auf den Schiffen derartig Krankheiten gewütet haben, dass bei der Ankunft
in Goa 300 Mann gestorben waren und 36o Mann in die Krankenhäuser geschickt
werden mussten, von denen binnen kurzem noch fernere ioo Mann starben, giebt
keine Entschuldigung für diesen Mangel an Thatkraft. Aus den Trümmern dieser
Streitmacht und ferneren Nachschüben, die von Portugal und Brasilien
eingetroffen waren, wurde mit Mühe und Not im Herbste des Jahres 1701 ein
Geschwader
1) A India 1693-1699, 0 Chronista de Tissuary, III S. 25 ff.
Strandes, Ostafrika.
18
- 274 zusammengestellt, das Mombasa wiedernehmen sollte. Auf weitere Verstärkung
durch Schiffe der Nordflotte wartend, lag dieses Geschwader segelfertig auf der
Rhede von Goa vor Anker, als es in der Nacht vom 9. auf IO. Dezember i7oi von
einem kurzen, heftigen Orkane überfallen wurde, in dem einige Schiffe mit Mann
und Maus untergingen und der Rest zerschellte.
Das portugiesische Indien war hiermit des besten Teiles seiner Seestreitkräfte
beraubt, und die Wünsche nach Wiedergewinnung Mombasa's traten vorerst in
Goa und Lissabon gegen die Sorge in den Hintergrund, dass die Araber ihre
Eroberungszüge auch gegen die weiter im Süden von Ostafrika liegenden
Besitzungen der Portugiesen ausdehnen würden. Dass in dieser Beziehung
geradezu Nervosität geherrscht haben muss, zeigt ein Brief, den der Erzbischof
von Goa am 15. Januar 1703 nach Lissabon richtete. Er fihrt darin aus, dass bis
zum Vorjahre auf dem Schiffe, das den regelmässigen Verkehr zwischen Goa und
Ostafrika zu vermitteln pflege, immer eine Anzahl von Muhamedanern angestellt
gewesen wäre, nun aber entlassen sei, da man ihren religiösen Einfluss auf die
heidnischen Neger fürchte, dass er indessen für ausserordentlich wichtig erachte,
sie wieder in Dienst zu nehmen, da sonst zu besorgen sei, dass sie mit dem
Verluste ihres gewohnten Lebensunterhaltes zu den Arabern gehen und diesen als
Lotsen für die ostafrikanischen Häfen, insbesondere Sofala und Quilimane,
dienen würden!') Wirklich empfahl hierauf der Ueberseerat die Wiederanstellung
der Entlassenen, doch mit der Einschränkung, dass, um Meutereien vorzubeugen,
ihre Zahl immer geringer sein müsse, als die der christlichen Schiffsbesatzung)
Dass gerade der Erzbischof in dieser Sache vorging, hat wahrscheinlich seinen
Grund darin, dass sie sein geistliches Gebiet streifte. Ganz unbegründet war auch
die Furcht wegen Absichten der Araber auf die südostafrikanische Kolonie nicht,
denn wirklich bedrohten sie im Jahre 1704 mit einem Geschwader
Mozambique.3) Ob sie thatsächlich mit Angriffsplänen vor diesem Platze
erschienen sind und ob es zu Kämpfen gekommen ist, darüber ist nichts zu
ermitteln.
Die ersten Pläne, die zum Wiedererwerb Mombasa's hervortraten, dienen nicht
zum Ruhme Portugals. In einem Schreiben vom 7. Dezember 1703 berichtet der
Vizekönig nach Lissabon, dass er, angesichts ,der Schwierigkeiten, Mombasa
mitWaffengewalt wiederzunehmen, nach anderen Mitteln Umschau gehalten und
gefunden habe, dass auch auf Seiten der Araber Neigung zum Friedensschlusse
vorhanden sei, und dass ein solcher
1) Ms. Liss. Conselho Ultramarino No. 852, Goa 15. Januar 1703.
2) Ms. Liss. Conkelho Ultramarino No. 852, Lissabon 25. Februar 1-704.
3) Bordalo S. 119.
- 275
Frieden wohl durch den Nabob von Surat (den Grossmogul) vermittelt werden
könne, dass aber mit den Arabern nur durch grosse Freigebigkeit zu einer solchen
Verständigung zu kommen sei, die den Hauptzweck, nämlich die
Wiedergewinnung Mombasa's, einschlösse. Mit anderen Worten empfahl also der
Vizekönig, den Frieden und die Rückgabe Mombasa's von den Arabern mit Geld
zu erkaufen. Zu diesem Behufe erbat er die Erlaubnis, über die Einkünfte des
Tabaksmonopols verfügen zu dürfen. Auf das Entgegenkommen der Araber
rechnete er unter der Annahme, dass diesen bewusst sei, wie leicht die
Portugiesen ihnen die unentbehrlichen Zufuhren von Reis abschneiden könnten.')
Im Ueberseerate in Lissabon fanden diese Anregungen ungeteilten Beifall, nur
wurde dem Vizekönige auferlegt, mit allen Mitteln geheim zu halten, dass das
Geld der Friedensvermittler sei, um das portugiesische Ansehen im Osten
nicht zu schädigen; ferner wurde empfohlen, einzurichten, dass die Anträge zum
Friedensschluss von den Arabern ausgingen, damit auch auf diese Weise ein
besserer Schein erweckt würde. Im übrigen tröstete sich der Ueberseerat damit,
dass eine einmalige Ausgabe besser sei, als die jährlich wiederkehrenden
Ausgaben für das vor dem Persischen Golfe unterhaltene Geschwader.) Zu der
gewünschten Vereinbarung ist es aber nicht gekommen; wahrscheinlich haben
nicht einmal Verhandlungen zwischen den Feinden stattgefunden.
Wenige Jahre später (1705) verlautete in Goa vielseitig, dass die Eingeborenen in
Ostafrika der arabischen Herrschaft überdrüssig seien und die Portugiesen
zurücksehnten, da sie unter diesen weniger Gewaltthätigkeiten erfahren hätten
und der Handel freier gewesen wäre. Auch einige ostafrikanische Fürsten baten in
Goa um Vertreibung
der Araber. Auf den Vorschlag aber, sich selbständig zu erheben und dadurch die
Verzeihung für die frühere Unterstützung der Araber zu erwerben, lehnten sie ab
und forderten thätigen Beistand der Portugiesen, den diese aber zu leisten
unmöglich fanden.') Doch in Lissabon gaben diese Nachrichten den Mut,
ernstlicher an den Wiedererwerb der verlorenen Herrschaft zu denken, und es
wurden Anweisungen erteilt, zur Ermittlung einer geeigneten Gelegenheit die
Gesinnung der ostafrikanischen Fürsten sowie die Verhältnisse genau zu
erkunden und in Verbindung mit jener Küste zu bleiben. Als ein Mittel hierzu
wurde empfohlen, die von Goa nach Mozambique gehenden Schiffe regelmässig
Zanzibar, unter dem Vorwande der Pflege der alten Freundschaft mit der Königin
dieser
1) Ms. Liss. Conselho Ultr. No. 855, Goa, 7. Dez. 1703.
2>Ms. Liss. Conselho Ultr. No. 855, Lissabon, 13. Nov. 17o6.
8) Ms. Liss. Conselho Ultr. No. 855, Goa, 27. Dezember 1705.
- 276 Insel, anlaufen zu lassen.') Als eine Frucht dieser Mahnungen konnte der
Vizekönig im Jahre 171o einen Bericht einschicken, der als Ausbeute eines von
Mozambique ausgesandten eingeborenen Kundschafters in der Hauptsache das
Folgende enthält:
In Kilwa liegen fünfzig Mann unter dem Anführer Che Nasiri (Schirch
Nasir), der als tapfer und unternehmend gilt. Das Haus des eingeborenen
Muhamedaners Manabacare (Manna Bakari) ist zur Feste eingerichtet. Nur zwei
Kanonen kleinster Sorte sind vorhanden, die bei Fahrten an der Küste
mitgenommen werden.
Zanzibar hat eine Besatzung
von fünfzig Mann unter dem
Kommandanten Said. Ein lächerliches Fort ist unter Benutzung der
Kirche und des Hauses von Joäo Nunes errichtet. Von
den drei
Thoren mündet das eine nach dem Fischerdorfe Schangani, das zweite nach dem
Brunnen und das dritte nach dem Hause der Königin zu.2) In jedem Thore steht
ein kleines Geschütz. Die Königin steht unter strenger Bewachung, und es ist ihr
unmöglich
gemacht, Briefe nach
Mozambique zu schicken. Sie war zuerst nebst ihrem Sohne Mfalme (König)
Sane, einem Prinzen Sagafo und dem Scherifen Made gefangen nach
Maskat abgeführt worden, ist aber im Vorjahre (1709) zurückgekommen.
Auf Pemba liegen dreissig Mann, welche die Bevölkerung zwingen, Holz zu
schlagen und nach Mombasa zu bringen, von wo es nach Maskat für
Schiffsbauzwecke befördert wird.
Mombasa hat eine Besatzung von fünfzig Mann unter Ma de Rasul (Mahamadi
Rasul). Die Festung
ist unverändert wie zu Zeiten
der Portugiesen, doch voll von Gestrüpp. Tagsüber ist sie unbesetzt,
nur in der Nacht werden fünf Mann als Wache hineingelegt. Das Fort
') Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 855, Lissabon, 5. Dezember 1707.
2) Diese Stelle, insbesondere die Erwähnung des Fischerdorfes Schangani und der
Kirche, scheint zusammen mit einer Hafenkarte Zanzibar's aus dem Jahre 1774
(Dalrymple, »A Collection of Charts, Plans etc. in the Indian Navigation« v. 0. u.
J.) zu beweisen, dass die Stadt Zanzibar von Alters her, jedenfalls seit über 200
Jahren, auf derselben Stelle gelegen hat, wo sie heute liegt. In einer Legende auf
dieser Karte wird von dem Fort gesagt, dass es einer zerfallenen Kirche ähnlich
sei, was mit obiger Textangabe stimmt. Dieses alte Fort lag dort, wo das im
Anfang dieses Jahrhunderts errichtete, noch heute vorhandene, Fort steht.
Schangani ist noch heute die Bezeichnung für das benachbarte Stadtviertel. Die
heutzutage in Zanzibar oft vertretene Annahme, dass die Hauptstadt der Insel
früher an einer anderen Stelle gelegen habe, hat wahrscheinlich keinen anderen
Grund, als dass es im Süden der Insel einen Bezirk und Dorf Unguja Ukuu = AltZanzibar giebt. Nach Dr. Oskar Baumani (Die Insel Z anzibar, Leipzig 1897, S.
39) fehlen auch in Alt-Zanzibar Ruinen u. dgl. gänzlich, die auf eine frühere
grössere Bedeutung des Ortes schliessen liessen.
- 277 St. Joseph ist gänzlich unbesetzt. Nur in den drei Forts in Makupa und in Nossa
Senhora werden aus Furcht vor den Musungulos stetig Wachen unterhalten. Der
Kommandant wohnt in den Häusern von Miguel de Faria, die Soldaten in
Palmblatthütten zwischen den in Ruinen liegenden Steinhäusern in der Rua do
Padre Julianes bis zur Cajueiro (Branntweinbrennerei von Akajufrüchten). Die
Stadt ist entvölkert und mit Gestrüpp bewachsen, insbesondere die Hauptstrasse.
Die Kette, welche die Araber zur Sperrung des Hafens von Maskat gebracht
haben, liegt, weil zu kurz, unbenutzt im neuen Hause der Misericordia. Mit den
Musungulos hatten die Araber, trotz reichlicher Geschenke an Zeugstoffen, die sie
ihnen gaben, wiederholte Zwiste. Insbesondere haben sie sich den Häuptling
Mamalaya, auch Bana Mocadomo genannt, zum Feinde gemacht.
Im allgemeinen fügt der Bericht noch hinzu, dass die Araber sich an der ganzen
Küste durch Beraubung der Wohlhabenden und Verhinderung des freien Verkehrs
verhasst gemacht hätten. Auch erwähnt er, dass von der kleinen Zahl der Araber
noch viele durch Krankheit untüchtig wären, und dass der ganze Zuzug aus
Maskat im Vorjahre aus nur drei handeltreibenden Dhaus bestanden habe.1)
Diese verführerischen Nachrichten über die Schwäche der Araber in Ostafrika
waren auch durch Erkundigungen bestätigt worden, die der in Goa lebende Fürst
von Fasa, Buana Daud, eingezogen hatte. Unverweilt beschloss der Vizekönig die
günstige Gelegenheit zur Wiedergewinnung der verlorenen Herrschaft
auszunutzen. Einige einheimische Lotsen, die von Mozambique geschickt waren,
schienen eine weitere Gewähr für das Gelingen. Unter Ueberwindung der
grössten Schwierigkeiten wurden vier Fregatten ausgerüstet und Baumwollstoffe
in grossen Mengen, die zur Gewinnung der Eingeborenen bestimmt waren,
angeschafft, doch als im November 17io alles bereit schien, zeigte sich, dass das
Pulver fehlte und die Expedition dieserhalb unterbleiben musste.2) Jammervoll
traurig, nannte es der Unterseerat, dass auf eine solche Weise ein
,ruhmversprechendes" Unternehmen verspielt worden sei, und dass zudem durch
die nicht zu verheimlichenden Rüstungen der Feind zur Verstärkung seiner
Stellung gewarnt sei.')
Der oben wiedergegebene Bericht des Spions über die Schwäche der Araber in
Ostafrika und ihre Unbeliebtheit bei den Eingeborenen braucht keineswegs als
eine den Portugiesen liebdienende Darstellung aufgefasst zu werden. Die
Anhäufung grosser Streitkräfte bei der Belagerung
) Ms. Liss. Cons. Ultr..No. 854, Mozambique, io. August 171o.
) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 854, Goa, 12. Dezember 1710.
8) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 854, Lissabon, 31. August 1711.
278
und schliesslichen Eroberung Mombasa's entspricht durchaus der auch in Arabien
selbst immer geübten Art der Kriegsführung, nach der, solange es nichts zu thun
giebt und Beute in Aussicht steht, grosse Menschenmengen zusammenströmen,
die sich aber bald genug wieder verlaufen. Dass sogar während der Belagerung
Mombasa's mit Ende der Reisezeit der grösste Teil der Belagerer abzuziehen
pflegte, ist oben ,erzählt. Und so ist es durchaus verständlich, dass in dem
eroberten Ostafrika nicht mehr Menschen standen, als unbedingt zur notdürftigen
Verteidigung erforderlich waren. Ebenso verständlich ist, dass viele der
Eingeborenen die portugiesische Herrschaft zurücksehnten. Zur Erklärung braucht
keineswegs angenommen werden, dass die Araber schlimmere Bedrücker und
Ausbeuter als die Portugiesen gewesen sind. Allein in den konservativen oder
richtiger trägen Sinnen des Negers, dem jede Neuerung und Aenderung eine Last
ist, liegt eine ausreichende Erklärung. Ueberdies aber wird jeder, besonders von
den Reichen und Mächtigen, der Grund zur Unzufriedenheit, einerlei ob mit den
Arabern oder mit seinen Stammesgenossen, hatte, eine Wendung zu seinen
Gunsten
von der Wiederkehr der Portugiesen erwartet haben. Ohne weiteres darf
vorausgesetzt werden, dass in diesen Jahrzehnten alle Beschwerden aus dem von
den Arabern besetzten Ostafrika nach Goa und Mozambique getragen wurden.
Unablässig wurde an diesen Plätzen und in Lissabon die Wiedergewinnung des
Verlorenen geplant. Zuerst in Goa, dann seit 1717 oder 1718 vorübergehend in
Mozambique, lebte Buana Daud ben Buana Schek, der Fürst von Fasa, der durch
seinen den Portugiesen geleisteten Beistand sein Reich verloren hatte und dafür
aus dem Staatsschatze die ansehnliche monatlichePension von zweihundert
Crusados (= M. 5 So.-?) bezog. Gleichfalls als Staatspensionäre lebten in Goa und
Mozambique verschiedene andere, hochklingend »Edelleute von Melinde«
genannte Ostafrikaner.') Sie alle werden das Andenken an den früheren Besitz
wachgehalten haben. Aus Bittgesuchen, d4e ein Kerimbamann wegen Belohnung
seiner Dienste nach Lissabon richtete, ist ersichtlich, dass er in den Jahren 17191721 zweimal Gesandtschaftsreisen von Mozambique zum König von Kilwa
machte.') In einem anderen Berichte ist angegeben, dass es ungefähr in denselben
Jahren dem Könige von Kilwa, durch die von Mozambique erhaltenen
Unterstützungen, gelang, die Araber aus seiner Stadt zu vertreiben. ) Hierbei ist
aber nicht an Hülfe durch Waffengewalt zu denken. Fraglich ist auch, ob nicht der
Mozambique - Kommandant als sein Verdienst
1) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 861, Lissabon, 31. März 17,7.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1047, Goa, 13. Januar 1724.
) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1049, Goa, 15. Januar 1726.
in Anspruch nahm, was einfach Verhältnisse brachten, auf die er keinen Einfluss
hatte. Stetige Bürgerkriege um das Imamat, die ganz Oman seit dem Jahre 1718
beschäftigten und in dem folgenden Jahrzehnt bis zum Jahre 1728 sechsmaligen
Herrscherwechsel brachten, machen es wahrscheinlich, dass die Araber in dieser
Zeit ihre ostafrikanischen Besitzungen ganz vernachlässigten. Ohne Zweifel
waren es diese Wirren im Feindeslande, die den Portugiesen den Gedanken
an die Wiedernahme Ostafrikas aufs neue nahelegten.
Im
Anschluss an früheren Briefwechsel wurden von Lissabon abermals im Jahre
1727 nachdrückliche Mahnungen erteilt, eine sich bietende günstige Gelegenheit
zur Ausführung nicht unbenützt vorübergehen zu lassen.')
Schon im Jahre 1724 war über Surat kommend ein MombasaMann Muinha
Hameth Vanaquipay in Goa erschienen und hatte,
indem er seinen Kopf zum Pfande setzte, versprochen, dass sich
Mombasa ohne Schwertstreich übergeben würde, wenn nur ein portugiesisches
Schiff vor dieser Stadt erschiene. ) Noch günstigere Gelegenheit brachte das Jahr
1727 dadurch, dass Parteiungen in Oman auch unter den Arabern in Ostafrika
zu blutigen Verwicklungen führten. Die Araber von Mombasa zogen kämpfend
gegen die Araber von Zanzibar. Nach fünfmonatiger Belagerung unterlagen die
letzteren und erhielten freien Abzug, segelten aber nicht, wie vereinbart worden
war, nach Arabien, sondern landeten in Patta, wo sie unter der Bedingung von
dem Könige aufgenommen wurden, dass sie die
hier stehende arabische Besatzung, mit welcher der König im Streit lag,
bekriegten und vertrieben. Der Bedingung wurde entsprochen, doch Patta hatte
mit dem Wechsel nichts gewonnen, denn nach
wenigen Monaten erwiesen sich die neuen Araber ebenso lästig wie die alten.
Kämpfe waren die Folge, in denen die gesamten Araber niedergemacht wurden.
Damit hatte sich der König von Patta in die Lage gebracht, dass er von beiden
arabischen Parteien Rache zu fürchten hatte. Ausserdem bedrängt durch
Nebenbuhler in der Herrschaft sandte er in seiner Not nach Goa um Hülfe und bot
dafür als Preis die Uebergabe seines Landes und seine Feindschaft gegen die
Araber.')
1) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. io49, Lissabon, 26. März 1727
2) Restauraäo de Mombaýa ou Relacäo Historica, Panegirica, descriptiva
discursira dos progressos nauticos, dos successos bellicos da Armada, que da
Barra de Goa sahio aos 24 de dezembro de 1727, por o Capitäo de mar e guerra de
Coroa Sileno Taleane Felma (richtiger: Manul Felix Valente de Azevedo Cotrim)
Anno MDCCXXVIII. 0 Chronista de Tissuary. II. Nova Goa 1867, S. 259.
') Ms. Liss. Cons. Ultr. No. io49, Goa, 15. Januar 1726.
280 Der unter dem 27. Dezember 1727 in Goa zwischen dem Gesandten Patta's,
Banamade Bonu Molimo Bacar, und dem Vizekönig unterzeichnete Vertrag hat
im wesentlichen folgenden Inhalt:
i. Der König von Patta Sultan Abu Bacar Banu Sultan Humade
(richtiger Buana Tamu Abubakr ben Mohamed, gewöhnlich Buana Tamu Mku
genannt) unterwirft sich Portugal und erhält dafür
Schutz gegen die Araber.
2. Jedweder Verkehr mit den Arabern ist verboten.
3. Falls der König von Patta die nach Patta zu legende portugiesische Besatzung
bezahlt, verbleiben ihm die Zolleinnahmen, dagegen gehen die Zolleinnahmen an
die Portugiesen über, wenn diese selbst die Besatzung zu unterhalten haben. Das
jährlich
zu sendende portugiesische Schiff bleibt zollfrei.
4. Die Häfen Cavo (?) und Tucuto (?), welche von Patta an die
Araber abgetreten sind, werden portugiesischer Besitz.
5. Jedwede andere Nation ist von dem Handel und Verkehr in
Patta ausgeschlossen. Die Schiffe von Surat (Engländer) können mit
portugiesischen Pässen zugelassen werden, zahlen aber vollen
Zoll.
6. Die Schiffe Patta's können mit portugiesischen Pässen überall
hin, ausgenommen nach den Besitzungen des Imams von Maskat,
Handel treiben.
7. In Kriegen in Ostafrika hat Patta den Portugiesen Hülfe zu
leisten und erhält dafür Geldentschädigung.
8. Patta hat vollständige Religionsfreiheit, darf aber keinen Christen
und keinen heidnischen portugiesischen Unterthan zum Muhamedaner machen.
Die Inquisition soll sich nicht um die Handlungen der Patta-Bewohner kümmern.
Falls aber christliche Renegaten nicht freiwillig zur wahren Religion
zurückkehren wollen, sollen sie gezwungen werden können, Belehrung
anzuhören, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihren Irrthum einzusehen
und sich mit der katholischen Kirche auszusöhnen.
9. Sobald die portugiesische Flotte in Patta ankommt, ist Patta
verpflichtet, sich ihr mit dreissig wohlbesetzten Fahrzeugen zur Eroberung von
Mombasa anzuschliessen. In Mombasa haben die Patta-Leute, vor der Landung
der Portugiesen, diejenigen Stellen und Zugänge zu besetzen, die der
portugiesische Oberbefehlshaber anweist. Die vornehmsten Patta-Leute machen
die Fahrt nach Mombasa an Bord der portugiesischen
Schiffe.')
') Vollständig in Biker VI S. 32-35.
Auf dieser Unterlage glaubte der Vizekönig den Versuch zur Vertreibung der
Araber aus Ostafrika wagen zu können.
Das stets
dem Staatsschatze fehlende, und doch unentbehrliche Geld wurde dieses Mal zum
grössten Teile durch eine Anleihe der Jesuiten beschafft, welche gegen
Verpfändung der Pachteinnahme der Inseln Panete und Corjue bei Goa und eine
Zinse von 8 pCt. ein Darlehn von 125000
Xerafinen gewährten. Zur weiteren Sicherheit wurden die Darlehnsgeber sofort in
die Verwaltung -der Inseln eingesetzt, auch wurde bestimmt, dass, falls die
portugiesische Krone dieses Faustpfand durch Krieg oder sonstvie verlieren
würde, an dessen Stelle die Einnahmen aus dem Tabaksmonopol und den
Zolleinnahmen von Daman und Bassein treten sollten.') Wie es in dem amtlichen
Bericht heisst, war dieses Geld von den Jesuiten selbst angeliehen, da die
Kapitalisten solches lieber diesen als dem Staate anvertrauten.') Mit dieser Hülfe
wurden die Fregatten:
Nossa Senhora da Penha da Franýa 70 Kanonen
Nossa Senhora da Madre de Deos
56
Santo Francisco Xavier
56
die Schoner:
Nossa Senhora de Monserrate
16 Kanonen
Nossa Senhora de Assumpgäo
16 ,
und eine Galeote mit 3 Kanonen ausgerüstet. Alles gezählt, wurden
1647 Mann, darunter 8oo Mann Infanterie unter 38 Offizieren, eingeschifft.3)
Auch Buana Daud, der vertriebene Fürst von Fasa, der treue Lehnsmann der
Portugiesen, befand sich an Bord. Die Mobilmachung hatte:
für Gehalte
56356 Xerafinen
~ Lebensmittel
107778
»
~ Schiffsausrüstung 73793 ,
~ Sondervergütungen 9390
,
zusammen 247327 Xerafinen (= M. 289373.--) gekostet. Die Sondervergütungen
wurden für Ausrüstungszulagen, u. A. an den kommandierenden General (2000
Xerafinen), den Admiral (i 5oo Xerafinen), den Fürsten von Fasa (iooo
Xerafinen) und für Geschenke für den König von Patta und andere ostafrikanische
Häupter (2685 Xerafinen) verausgabt4), den Oberbefehl erhielt der General Luiz
de
) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1049, Goa, 23. Oktober 1727.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1049, Goa, 15. Januar 1728.
s) D. Luiz Conde de Ericeira (depois Marquez do Lourical), Noticias da India
desde o fim do Governo de Vice Rey Vasco Fernandez Cesar (1712-1717) äthe o
fim do anno de 1738 an que goierna o Vice Rey Conde de Landemil. Bibl. Nac.
de Lisboa. Codice manuscripto No. 465 S. 98 ff.
4) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 1049, Goa, 20. Januar 1728.
282 -
Mello Sampayo.') Der 21. Dezember, der Namenstag des Heiligen Thomas, des
Apostels Indiens, wurde zum Auslaufen des Geschwaders gewählt und in
feierlichster Weise wurde an diesem Tage jedes Schiff durch einen besonderen
Besuch des Vizekönigs und des Erzbischofs mit Versprechungen,
Segensspendungen und Ablassverheissungen verý abschiedet. Doch erst einige
Tage später, am 24. Dezember 1727, gingen die Schiffe unter Segel.
Durch einen Sturm getrennt, erreichten nur vier Schiffe, dazu in längeren
Abständen, Patta, während die ferneren zwei Schiffe überhaupt verschwanden,
nach Mozambique oder sonstwohin weitersegelten und an den folgenden
Geschehnissen nicht teilnahmen. Wie der Oberbefehlshaber Luiz de Mello
Sampayo in seinen Berichten behauptet, sollen ihn diese Schiffe willkürlich,
einem bereits in Goa abgekarteten Spiele zufolge, in Stich gelassen haben, um
ihm das Gelingen und den Ruhm der Unternehmung zu rauben.2) Die
Aufnahme, welche die Schiffe in Patta fanden, entsprach keineswegs den
Erwartungen, die nach dem in Goa mit dem Gesandten des Königes von Patta
geschlossenen Vertrage gehegt werden durften. Der Gesandte war zuerst heimlich
gelandet, um, da er nahezu zwei Jahre abwesend gewesen war, die Verhältnisse
zu erkunden. Seinem Auftraggeber, dem Könige Buana Tamu Abubakr ben
Mohamed, gewöhnlich Buana Tamu Mku genannt, stand sein Vetter Buana
Makua Ndogo (der Kleine) feindlich und als Nebenbuhler um die Herrschaft
gegenüber. Die unter Muhamedanern häufige Unsicherheit über die Erbfolge kam
damit zum Ausdruck, denn Buana Makua war ein Sohn des letzten Königs Buana
Minhomuy und Buana Tamu Mku der Sohn von dessen älterem Bruder und
Vorgänger Buana Minhogombe. Während Buana Tamu Mku zur
Aufrechterhaltung seiner Herrschaft bei den Portugiesen Hülfe gesucht hatte,
erwartete sein Vetter Unterstützung durch die Araber. Die Rückkehr des an Land
gegangenen Gesandten liess derartig lange auf sich warten, dass schon auf den
Schiffen an Verrat und Weiterreise nach Mombasa gedacht wurde, als endlich der
Erwartete wieder erschien und meldete, dass zwar sein König und Herr bereit sei,
den eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, dass indessen die Grossen
des Landes in ihrer Ansicht geteilt seien, und dass zur Unterstützung des Königs
die Landung einer Abteilung Portugiesen erwünscht sei. Kaum waren aber,
diesem Verlangen folgend, 120 Portugiesen gelandet, als sie sich auf den Rat des
Königs wieder einschiffen mussten, denn auf der Rhede
1) Nicht zu verwechseln mit dem General genau des gleichen Namens, der im
Jahre 1696 gleichfalls ein Geschwader nach Mombasa geführt hatte und dort
gestorben ist.
2>Ms. Liss. Cons. Ultr. Consultas resolvidas. Maio No. 863. Lissabon, I8. August
1729.
von Fasa waren zwei arabische Fahrzeuge geankert, deren Vertreibung als die
wichtigere Aufgabe hingestellt wurde. Indessen mit dem Gewahrwerden der
Portugiesen verliessen diese Fahrzeuge flüchtend ihren Ankerplatz. Unschlüssig
oder nasführend scheinen die Patta-Bewohner weiter die Portugiesen Wochen
lang hingehalten zu haben, als neuerdings vier arabische Fahrzeuge, darunter ein
Schoner, unter dem Sirdar Abdallah Monsaide erschienen und bei der kleinen
Insel Daupate ankerten. Hier wurden sie sofort von den Portugiesen angegriffen.
Da sie nach See zu nicht entkommen konnten, liessen die Araber ihre Fahrzeuge
auf den Strand laufen und flüchteten an Land, wo sie von den nachsetzenden
Portugiesen und von den zur Hülfe herbeigekommenen FasaLeuten, unter Buana
Gogo, dem Sohne ihres Königes Buana Makua Mkuba (des Grossen), gänzlich
aufgerieben wurden. Als ein glänzender, ruhmreicher Sieg werden die Ergebnisse
von den Portugiesen gepriesen, doch lässt der Umstand, dass sie dabei nur einen
einzigen Toten verloren und wahrscheinlich auch keine Verwundeten hatten, nicht
an rechtes Kämpfen glauben. Immerhin bewirkte diese Niederlage, dass die
arabischen Parteigänger im Lande ihren Widerstand aufgeben mussten und der
Oberbefehlshaber Luiz de Mello Sampayo durch einen der Landesprache
kundigen Augustinermönch, einen Armenier, der einige dreissig Jahre früher in
Mombasa gewesen war, die nachdrückliche Aufforderung an den König von Patta
richten konnte, ihm endlich zu huldigen. Noch immer scheint der König sich
unsicher und unschlüssig gefühlt zu haben, denn anstatt selbst zu kommen,
ersuchte er den General um seinen Besuch. Mit einer Abteilung von 200
Portugiesen entsprach dieser der Aufforderung. Zuerst ging der Zug nach Sio, wo
von Buana -Makua MIkuba, als dem Bevollmächtigten seines Vetters, des
Königes Buana Tamu Mku, der in Goa geschlossene Vertrag ratifiziert und von
den Portugiesen auf der Bibel und von den Muhamedanern auf den Koran
beschworen wurde. Dann ging der Marsch nach Patta weiter, wo endlich die
portugiesische Flagge gehisst werden konnte und die erste Zusammenkunft mit
dem Könige erfolgte. Fünfzig Tage lang, von dem Erscheinen des Geschwaders
an gerechnet, hatten die Eingeborenen verstanden, die Entscheidung hinzuhalten.
Hier in Patta stellte der König dem Generale gegenüber die überraschende
Behauptung auf, dass er, und nicht die Araber, im Besitze der Hauptfestung von
Mombasa sei. Die Entwicklung der Dinge war gewesen, dass während Amade
Bunzayde, der eigentliche Statthalter von Mombasa, auf einer Pilgerfahrt nach
MIekka abwesend war, sich die Besatzung der Festung, die hauptsächlich aus
Negern, Sklaven des Imams von MIaskat, bestand, auf Veranlassung von Alifan,
einem Bruder von Amade Bunzayde, gegen den stellvertretenden Gouverneur
- 284 Schirch Nasor ben Abdalla (? el Musrui) empört und zum Herrn des Platzes
gemacht hatte. Im entscheidenden Augenblicke war aber Alifan nicht zur Stelle
gewesen. Später hatten ihn die meuternden Soldaten nicht zulassen wollen und
hatten den König von Patta um Hülfe angerufen. Dieser hatte der Aufforderung
durch Entsendung von sechzig Mann entsprochen und leitete hieraus ab, dass er
der thatsächliche Herr von Mombasa, oder wenigstens der Festung von Mombasa,
sei. Als Preis für die Uebergabe an die Portugiesen forderte er, dass sämtliche
Araber dieses Platzes vernichtet würden. Weiter verlangte er, dass sein
Nebenbuhler Buana Makua und dessen Anhänger gefangen nach Indien abgeführt
würden, und empfahl, dass die bisher in Patta ansässig gewesenen Araber, die
nach Lamu geflüchtet waren, verfolgt würden. Diesen Wünschen konnte indessen
Luiz de Mello Sampayo nicht entsprechen. Die Vernichtung der Araber in
Mombasa scheint er allerdings halbwegs versprochen zu haben, dagegen lehnte er
einen Verfolgungszug nach Lamu wegen Zeitmangel ab und nahm sogar
Buana Makua in Gnaden auf, da er Treue schwor und ihm
keine
Machenschaften gegen die Portugiesen nachgewiesen werden konnten. Die
Verhandlungen hierüber scheinen zu keinem rechten Abchluss gekommen zu
sein, nichtdestoweniger aber schloss sich der König von Patta mit vielen Dhaus
und 5oo von den Portugiesen in Sold genommenen XVagunja den Portugiesen an,
als sie endlich Ende Februar zur Weiterreise rüsteten.
Hoffnungsfreudig konnte der Kurs auf Mombasa gesetzt werden, denn die
zweifelsohne bestehenden Spaltungen an diesem Platze und die offenbare
Strömung, die vielerorts gegen die Araber herrschte, versprachen ein leichtes
Gelingen. Nach verhältnismässig langer Reise liefen die portugiesischen Schiffe
am IO. oder ii. März unter Beschiessung der Feste St. Joseph, welche das Feuer
erwiderte, in Kilindini, dem Südhafen der Insel Mombasa, hinein. Ohne
nachhaltigen Widerstand wurden von den Verteidigern nach kurzem
Geschützgefecht, in dem sie zwei Tote und einen Verwundeten zählten, St. Joseph
und die sonstigen hier befindlichen Befestigungen geräumt und darauf von
hundert Portugiesen 'besetzt. Sodann vorgeschickte Patta-Leute fanden zuerst
wenig Widerstand, wurden aber später zurückgetrieben, worauf ihnen eine
Kompagnie portugiesischer Grenadiere zur Hilfe geschickt wurde, die den Strand
säuberte, sodass sofort dreihundert Portugiesen mit vier Geschützen als Herren
des Uferstreifens unbelästigt bei Kilangane ein Lager beziehen konnten. Noch
denselben Abend erschienen fünf Araber und Eingeborene der Stadt und baten um
Frieden und zur Vereinbarung der näheren Bedingungen um dreitägigen
Waffenstillstand. Sie machten sich dabei anheischig, sofort 15o0 Musungulos, die
sie
- 285
als Hilfstruppen herangezogen hatten, nach dem Festlande zurückzusenden. Sie
erhielten indessen nur einen Tag Waffenstillstand gewährt. Am folgenden Tage
wurden die portugiesischen Truppen weiter nach der Stadt zu vorgeschoben und
ein Schiff in den Mombasa-Hafen entsendet. Neuerdings machten jetzt zwei
Araber Friedensvorschläge, worauf ein portugiesischer Unterhändler in das
feindliche Lager ging') Die als Ergebnis dieser Verhandlungen dem Schirch
Mohamed Abeen Zaide, »General der Araber auf der Insel und in der Festung
Mombasa«, auferlegten Uebergabebedingungen hat der portugiesische
Oberbefehlshaber Luiz de Mello Sampayo in eine Kapitulation, datiert Mombasa
12. März 1728, zusammengefasst, die im wesentlichen folgenden Inhalt hat:
i. Am 15. März verlässt die Besatzung mit gestreckten, ungeladenen
Waffen, ohne Mitführung von Pulver und Blei, die Festung und wird von den in
Schlachtstellung aufgestellten portugiesischen Streitkräften empfangen, vor denen
sie die Waffen vor der portugiesischen Standarte niederzulegen hat.
2. Alle Araber samt Frauen und Kindern bekennen sich als unterthänige Sklaven
des Königs von Portugal. Aus besonderer
Gnade wird ihnen Leben und Freiheit geschenkt.
3. Fünfzehn Fahrzeuge, die im Rio de Antonio (Hafen von Mombasa) liegen,
sowie Lebensmittel für einen Monat werden den Arabern zur Rückfahrt in die
Heimat übergeben. Aus besonderer Gnade %verden ihnen einige Waffen zur
Verteidigung auf der Reise überlassen und dem General und den Anführern
gestattet, einige bewegliche Habe mitzunehmen.
4. Alles sonstige arabische Eigentum in Mombasa und an der
Küste, als Waren, Fahrzeuge, Artillerie und Munition, ebenso die Gefangenen und
Sklaven, verfallen dem königlichen Schatze.)
Im grossen und ganzen gleichlautend, nur mit dem Zusatze, dass den Arabern
auferlegt' worden sein soll, vor der portugiesischen Standarte drei Verbeugungen
zu machen, erzählt auch Manoel Felix Valente de Azevedo, ein
Kriegsschiffskapitän, der an diesen Ereignissen teilnahm, in seiner »Restauraýäo
de Momba§a« die Uebergabebedingungen. Indessen, während die amtliche
Beurkundung des Oberbefehlshabers den Eindruck erweckt, und vielleicht
erwecken will, dass derartig auch die Festung Mombasa übergeben wurde, geht
aus der Erzählung des genannten Kapitäns klar hervor, dass diese schmähliche
Waffenstreckung nur seitens der ausserhalb der Festung stehenden Araber
erfolgte, die zwar im Besitze der Werke in Kilindini und Makupa gewesen waren
und auch das
) Restauraýäo de Mombaýa. 0 Chronista de Tissuary III S. i iff.
2) Vollständig in »Os Portuguezes em Africa, Asia etc.« VII S. I9Iff.
- 286 frühere Augustinerkloster in der Stadt in Verteidigungszustand gesetzt hatten,
denen aber die Besatzung der Festung mehr oder weniger in Feindschaft
gegenüberstand.
Nach dem gleichen Gewährsmanne und anderen Berichten, hatte sich der König
von Patta bis zu diesem Zeitpunkte von den Begebenheiten fern gehalten und war
an Bord eines portugiesischen Schiffes geblieben. Der nachdrücklichen
Forderung, nun die Festung zu übergeben, setzte er den Einwand entgegen, dass
die Portugiesen ihren Versprechungen nicht treu geblieben seien und die Araber,
anstatt sie zu töten, frei hätten ziehen lassen. Es sei hierdurch die Gefahr
heraufbeschworen, dass sie verstärkt zur Rachenahme zurückkehrten, was
vermieden worden sei, wenn durch ein Blutbad Schrecken verbreitet worden
wäre. Ferner schützte er vor, dass aus gleichem Grunde die Besatzung der
Festung die Uebergabe ablehne und es auf einen Kampf ankommen lassen werde.
Doch nachhaltig ist dieser Widerstand des Königs von Patta nicht gewesen. Auf
die ersten Vorbereitungen zur Landung von Belagerungsmaterial, besann er sich
eines besseren.
Schon am 16. März, nachdem die Araber tags zuvor, von portugiesischen Booten
nach See zu geleitet, abgesegelt waren, konnte der Auszug der bisherigen
muhamedanischen Besatzung und der Einzug der Portugiesen, mit dem Könige
von Patta und dem treuen Buana Daud, Fürsten von Fasa im Gefolge, in die
Festung erfolgen. In der schnell gereinigten Kirche, welche die Araber als einen
Lagerraum benutzt hatten, vor einem rohen Holzkreuze, wurde durch ein
Hochamt, die Wiederbesetzung gefeiert, unter Zugrundelegung von Jesaia 66, IO:
»Freuet euch mit Jerusalem, und seid fröhlich über sie, freuet euch mit ihr, alle,
die ihr über sie traurig gewesen seid.« Als ein göttliches Wunder wurde
betrachtef, dass sich eine Kiste mit Kirchenornamenten anfand, welche in den 29
Jahren arabischer Herrschaft unversehrt geblieben war.') Die den Arabern
abgenommene und bei der Plünderung der Stadt gewonnene Beute wird reich
genannt, doch gleichzeitig geklagt, dass der Staatschatz hieraus keinen Nutzen
gezogen habe, da zufolge Ungehorsam und Selbstsucht alles in unberechtigten
Händen geblieben sei. An der Beute in der Festung hatten die Portugiesen keinen
Anteil, da sie solche von vornherein dem Könige von Patta überlassen hatten.
Aber auch dieser erlebte hieran keine Freude, da sich nur ganz geringe Vorräte,
die kaum für eine zehntägige Belagerung genügt haben würden, vorfanden, und
da insbesondere die wertvollen Bronzegeschütze, welche dreissig Jahre früher den
Arabern in die Hände gefallen waren, inzwischen
') Restauraýäo de Mombaýa. 0 Chronista de Tissuary III S. 64.
Cd
Cd
n
- 287 durch eiserne Geschütze ersetzt worden waren. Als glänzender Gewinn konnte
aber verzeichnet werden, dass 500 den Arabern abgenommene Sklaven sofort
durch das Wasser der heiligen Taufe dem Christentume zugeführt wurden.')
Durch Boten wurde die Wiedererrichtung der portugiesischen Herrschaft allen
Fürsten der Küste verkündigt und ihr Besuch in Mombasa zur Huldigung
verlangt, worauf binnen vierzehn Tagen
Muinha Macombe
König von Oacone (Wassin?)
Mana Chame
, , Vumba (Umba)
Muinha Macuma
. . Pangani
Macamerumba
, , Mtangata
Ben Sultan Alauya
, , Tanga
Muinha Moýu für seinen
Vater Aufulumen Assane
(Mfalme Hassani)
, , Zanzibar
erschienen und sich Portugal unterwarfen. Ueber das Verlangte hinaus machte
sich Pemba sogar tributpflichtig. Dass die Portugiesen in wirkungsvollerer Weise,
durch Entsendung von Schiffen, die beanspruchte Oberherrschaft an den andern
Plätzen zur Geltung brachten, ist nicht berichtet und auch schon darum
unwahrscheinlich, weil inzwischen der Südwestmonsun eingesetzt hatte, der den
Verkehr nach dem Süden schwierig machte.
Kurze Zeit später verliess auch Luiz de Mello Sampayo mit zwei Schiffen
Mombasa und segelte nach Persien. Zwei weitere Schiffe liess er vorläufig in
Mombasa zurück. Als Gouverneur in Mombasa war Alvaro Caetano de Mello e
Castro mit 120 Mann Garnison eingesetzt. Vielerlei deutet an, dass zwischen dem
Oberbefehlshaber und seinen Untergebenen alles eher als gutes Einvernehmen
und Einverständnis über die getroffenen Massregeln geherrscht hat, und so
erachteten auch gleich nach seiner Abreise die Zurückgebliebenen es für nötig,
den bisher von ihrem Vorgesetzten geschützten Buana Makua Ndogo, den
Nebenbuhler des Königs von Patta, gefangen zu setzen, da er angeblich
Unzufriedenheit schürte und der Verdacht bestand, dass er sich nach Barawa oder
Maskat entfernen würde. Mit dieser Massnahme flüchteten viele Eingeborene, die
ein gleiches Schicksal fürchteten, von der Insel. Mit dem Gefangenen an Bord
verliess, nach Goa bestimmt, die von Manoel Felix Valente de Azevedo
befehligte »Nossa Senhora de Assumpgäo« zwischen dem I 5.-20. August
Mombasa. Zusammen mit dem Gouverneur von Mombasa scheinen dieser
Kapitän und ein spanischer Edelmann D. Alvaro Joseph Marques de Cien Fuegos
1) Ms. Liss. Cons. Ultr. No. 863, Lissabon, 18. August 1729.
- 288 einen Freundeskreis gebildet zu haben, welchem die von dem Oberbefehlshaber
getroffenen Anordnungen nicht genügten, oder welcher Sonderruhm einheimsen
wollte, denn anstatt direkt nach Goa zu segeln, lief das Schiff, angeblich durch
Wind und Wetter gezwungen, doch offenbar geplanter Weise, Patta an und fand
die wahrscheinlich gesuchte Gelegenheit zum Eingreifen. Wenigstens schildert
der Kapitän, dass er in Patta den König in neuer Bedrängnis durch seine
Widersacher gefunden habe, weil Luiz de Mello Sampayo, seinem Versprechen
untreu, Patta nicht nochmals besucht hätte, und dass er durch sein Erscheinen und
Vorgehen Beruhigung gebracht habe.
Ferner nahmen der Kapitän und der genannte Marquis Veranlassung, gleichfalls
vorgeblich in Gutmachung eines Versäumnisses des Oberbefehlshabers, das
Verhältnis zwischen Portugal und'Patta in einem langen Vertrage, datiert Patta,
den 24. August 1728, festzulegen. Die hauptsächlichen Bedingungen der 22
Paragraphen sind die folgenden:
i. Zwischen Portugal und Patta sollen ewiger Friede, Freundschaft
und Bundesgenossenschaft herrschen. Die Araber werden gänzlich
von Patta ausgeschlossen.
2. Patta entrichtet an Portugal einen Tribut, dessen Höhe der
Vizekönig von Indien festsetzt.
3. Patta gestattet die Errichtung eines portugiesischen Zollhauses
sowie einer portugiesischen Festung und ihre Belegung mit i5o portugiesischen
Soldaten. Von den Zollhauseinnahmen
erhält der König von Patta ein Viertel.
4. Patta überlässt an den König von Portugal das Monopol im
Elfenbeinhandel.
5. Patta gestattet den Bau einer katholischen Kirche und die Zulassung von
Geistlichen und verpflichtet sich, alle Renegaten,
einerlei ob Portugiesen oder Eingeborene, auszuliefern.
6. Portugal verspricht Patta und den jetzigen König und dessen
Nachkommen zu schützen und baldmöglichst hierzu eine Besatzung nach Patta zu
legen.
7. Portugal verspricht die Ansprüche Patta's auf einen Teil Pemba's
wohlwollend zu prüfen.
8. Dem Vizekönige wird empfohlen, in Goa den gefangenen Buana
Makua Ndogo, wegen seiner Verrätereien und Anfechtungen des
herrschenden Königs, hinrichten zu lassen.')
Insbesondere die Verpflichtung der Tributzahlung und die Ueberlassung des
Elfenbeinhandels sollen dem Könige schwer geworden sein. Ohne durch
Hinterlassung einer Besatzung oder sonstwie die
) Vollständig in Restauracäo de Momba§a, 0 Chronista de Tissuary III S. 84ff.
und Biker VI S. 55 ff.
- 289 Verwirklichung dieser Vereinbarung gesichert zu haben, setzten die Portugiesen
ihre Reise nach Goa fort, wo sie am 23. September, stolz auf ihren papiernen
Erfolg, eintrafen.')
Zweifelsohne konnten sich die Portugiesen nach den Ergebnissen der ganzen
Expedition, hauptsächlich nach der Besetzung von Mombasa, wieder als die
Oberherren von Ostafrika, wenigstens in dem gleichen Umfange wie früher,
betrachten. Doch weit über das Erreichte hinausgehend, prahlen die amtlichen
Berichte jener Zeit, dass das Kreuz des Erlösers und das geheiligte Wappenbild
Portugals wieder an allen Plätzen zwischen Kap Delgado und Barawa errichtet
sei. Ja, gelegentlich wird dieser vermeintliche Machtbereich auch bis zum Kap
Guardafui hinauf angenommen. Luiz de Mello Sampayo war zum gefeierten
Helden geworden. Vielleicht selbst berauscht von dem leichten Erfolge, plante er,
die Araber in ihrem eigerren Lande anzugreifen, und träumte von dem
Wiedergewinne Maskat's, Ormus' und neuer Vorherrschaft der Portugiesen im
Persischen Golfe. Im gleichen Taumel pries der Ueberseerat in Lissabon die
Einnahme von MIombasa als eine That, welche den gefeiertsten Heldenthaten aus
der portugiesisch-indischen Eroberungszeit gleich zu erachten sei. Thatsächlich
unterbreiteten vier Mitglieder dieser Behörde dem Könige einen Bericht, in dem
sie diese Auffassung zum Ausdruck brachten, und nur das fünfte Mitglied
bewahrte sich seine nüchterne Auffassung und fügte dem Berichte in einem
Nachsatze
hinzu, dass angesichts des geringen Opfers von nur einem Toten
und zwei Verwundeten, den diese Rückeroberung Ostafrikas gekostet habe, der
Erfolg richtiger günstigen Verhältnissen und Zwiespalt unter den Feinden
zugeschrieben werden müsse.2) Mit grossen Ehren, mit einem feierlichen Einzuge
mit Triumphbögen und Tedeum wurde Luiz de Mello Sampayo in Goa
empfangen, als er Ende des Jahres von seinem Abstecher nach dem Persischen
Golfe zurückkehrte, und Anordnungen für Ostafrika traten vorerst bei den
Machthabern in Goa und Lissabon in den Vordergrund. Als eine wirklich
vernünftige, Erfolg verheissende Massregel wurde von Portugal aus, einer
Empfehlung des Vizekönigs folgend, verfügt, dass alle bestehenden
Anwartschaften auf Regierungsämter in Ostafrika erloschen seien, und dass keine
derartigen Anwartschaften neu vergeben werden würden, sondern alle Aemter
lediglich mit erfahrenen und geeigneten Personen besetzt werden sollten.') Ebenso
hatte der in Lissabon erwogene Plan, dass aus Ostafrika ein besonderer von Goa
unabhängiger Regierungsbezirk zu bilden sei,4) sein
) Restauracäo de Mombaýa; 0 Chronista de Tissuary III S. 89.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr..863, Lissabon, 18. August 1729.
8) Ebendort und Cons. Ultr., Papeis de Serviýo No. 1049, Goa, 20. Juni 1729.
4) Erst im Jahre 1753 wurde diese Absicht für Mozambique durchgeführt.
Strandes, Ostafrika.
19
290 gutes, umsomehr da damit die Absicht verbunden war, ständig in Ostafrika ein
Geschwader zu halten. Reine Phantasterei war es allerdings wieder, dass diesem
Geschwader als Hauptaufgabe das Kreuzen gegen die Muhamedaner zugewiesen
werden sollte, wovon man reiche Prisen und Aufbesserung der Staatsfinanzen,
ähnlich wie zu den fernen Zeiten des ersten Erscheinens der Portugiesen im
Indischen Ozean, erwartete. Auch die Bildung einer Handelsgesellschaft für
Ostafrika wurde von Goa in Vorschlag gebracht. Ferner ist erwähnenswert, dass
dem Gouverneur von Mombasa seitens des Vizekönigs ein jährliches Gehalt von
Sooo Crusados (= M. 936o.-), zahlbar in Elfenbein zu Mombasa-Preisen,
zugebilligt wurde, dass aber der Ueberseerat hiergegen Einspruch erhob und die
Gleichstellung mit dem bedeutenderen Mozambique-Posten beantragte, der 5ooo
Xerafinen (= M. 5850.-) in Baargeld eintrug, worauf der König persönlich die
vorläufige Festsetzung auf 6ooo Xerafinen (= 1N1. 7020.-) in Bargeld verfügte.')
Nach dieser hohen Bemessung ist wahrscheinlich, dass dem Gouverneur das
Handelsmonopol nicht neuerdings verliehen wurde. Vielleicht war hier die Not
die Mutter der Verbesserung, denn in gleicher Zeit klagte der Vizekönig, dass sich
unter den sonst für den Gouverneurposten von Mombasa geeigneten Personen
keine befinde, die im Stande oder gewillt sei, die Pachtsumme von 13 OOO
Xerafinen zu erlegen, da ihre Wiedereinbringung aus Handelsgeschäften bei den
neuen ungeordneten Verhältnissen zu unsicher sei.')
Mit gleichem Eifer wurde in Goa zur Sicherung der Neuerwerbungen in Ostafrika
mit der Hülfe von Anleihen, die bei Privatpersonen, der kaufmännischen
Vereinigung von Banianen und bei den Jesuiten aufgenommen waren, ein
Geschwader ausgerüstet, das bereits am 6. Januar 1729 abgehen konnte. Als
hauptsächliche, wenn nicht einzige Aufgabe war dieser Expedition zugewiesen,
den mit Patta geschlossenen Vertrag durch Anlage einer Festung u. s. w. zur
Ausführung zu bringen.
In den ersten Tagen des Februars konnte Antonio de Albuquerque Coelho, als
erster portugiesischer Gouverneur Patta's, mit den ihm unterstellten 300 Mann
Truppen und Handwerkern auf der Insel landen, und sein Empfang scheint
nicht unfreundlich gewesen zu
sein. Feierlich konnte er dem Könige Buana Tamu Mku den Schutzbrief Portugals
überreichen, der ihm alles Gute verhiess und insbesondere seinen direkten
Nachkommen auf ewige Zeiten die Thronfolge zusicherte,') und am 25. März
wurde unter dem Beistande
aller Grossen des Landes der Grundstein für die Festung gelegt
) Ms. Liss. Cons. Ultr., Consultas resolvidas No. 863, Lissabon, 31. August
1729.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr., Papeis de Serviýo No. 1049, Goa, 20. Januar 1729.
3) Ms. Liss. Cons. Ultr., Papeis de Servico, Maco No.- 1049, Goa, 3. Jan. 1729.
- 291 und gleichzeitig die portugiesische Flagge gehisst. Fernere Freude erlebten die
Portugiesen dadurch, dass ungerufen Gesandte aus Barawa erschienen, welche
ihre Stadt, in der Hoffnung, dadurch Schutz gegen die Galla zu finden,
unterwarfen. Als aus ungefähr achtzig Steinhäusern bestehend wird bei dieser
Gelegenheit diese Stadt geschildert.
Doch hiermit war die Herrlichkeit zu Ende. Schon von Anfang an machte sich
störend bemerkbar, dass die von dem Könige gestellten Arbeiter lässig und
unregelmässig zur Arbeit kamen und gleichzeitig Gerüchte umliefen, dass die
Portugiesen in Mombasa in Schwierigkeiten seien. Das entstandene Misstrauen
verstand der König dadurch zu beschwichtigen, dass er eine auf gelbem Papier
geschriebene Prophezeiung eines bewährten Weisen vorwies, die dauernde
Freundschaft in Aussicht stellte, und dass er zur weiteren Sicherung des
Einvernehmens die gemeinsame Opferung von zwei weissen Kühen in Vorschlag
brachte, was allerdings entrüstet als heidnische Götzendienerei von den
Portugiesen zurückgewiesen wurde. Inzwischen war mit Mühe und Not der
Festungsbau kaum zwei Fuss über den Grund erhoben worden. Schon länger war
eine neue Stockung durch das Ausbleiben der Arbeiter bemerkbar, als am 13.
Juni, dem Tage des H. Antonius, des vornehmsten Schutzheiligen der
Portugiesen, die Stadt Patta in Flammen aufging. Hiermit wurde ein unheilbarer
Bruch in den Beziehungen zum König offenbar, denn durch geheime
Mitteilungen von eingeborenen Freunden wurde bekannt, dass der König selbst
die Einäscherung seiner Stadt angeordnet habe, um hierdurch die Portugiesen
weiterer Hülfsmittel zu berauben und sie zum Abzuge zu zwingen. Ausserdem
vor Angriffen gewarnt, verschanzten die Portugiesen in der Nacht ihr Lager, doch
blieben sie vor weiterem Ungemach dadurch bewahrt, dass ihre alten Freunde, die
Wagunja, bis zu einem gewissen Grade zu ihnen hielten und damit den König von
Patta brach legten. Einiges Geplänkel ist allerdings vorgekommen, und
insbesondere rühmen sich die Portugiesen, in die halbverbrannte Stadt
eingedrungen zu sein und dort fünfzig (?) Geschütze vernagelt zu haben, doch im
wesentlichen standen sich die Feinde nur kampfbereit gegenüber. Da auch seine
eigenen Freunde unter den Eingeborenen hierzu rieten, scheint Antonio de
Albuquerque Coelho recht bald die Unhaltbarkeit seiner Stellung eingesehen und
die Räumung beschlossen zu haben. Vorerst .erwog er, sich mit Mombasa in
Verbindung zu setzen, musste aber diesen Plan aufgeben, da er, wahrscheinlich
überlistet, die Ueberzeugung gewann, dass in dieser Jahreszeit dorthin, gegen
Monsun und Strömung, nur die Patta-Leute die Fahrt ermöglichen könnten, die
als seine besonderen Feinde dazu nicht zu haben sein würden. Dann hatte er die
Sorgen wegen Ueberführung seiner Truppe nach Indien. Allerdings stand ihm 19*
292 -
hierzu ein eigenes Fahrzeug zur Verfügung, doch reichte solches nicht zur
Aufnahme aller Menschen. Vollends war er für Lebensmittel, Wasser und
Brennholz auf den guten Willen seiner Feinde angewiesen. Weidlich wurde von
diesen seine Notlage ausgenutzt. Verschiedentlich wurden getroffene
Vereinbarungen nicht eingehalten und damit neue Erpressungen durchgesetzt.
Schliesslich verstanden sich aber die Eingeborenen zur Lieferung von 140
Mattsäcken Getreide, und der König gegen Zahlung von 3ooo Rupies (= M.
65oo.-) zur Uebergabe einer ihm gehörenden Galeote, womit sich die Portugiesen
einschiffen und, unter Zurücklassung von sechzehn vernagelten Kanonen, am 14.
August nach Goa ruhmlos absegeln konnten. Knappe sechs Monate nur hat somit
die Besetzung Patta's gedauert. Als Grund ihrer Treulosigkeit sollen der König
von Patta und seine Unterthanen angegeben haben, dass sie durch das von den
Portugiesen errichtete Handelsmonopol in Elfenbein und durch den Zwang, alle
Stoffe, dazu beschädigte und landesunübliche, in der portugiesischen Faktorei
kaufen zu müssen, bedrückt gewesen wären.1) Vergegenwärtigt man sich, dass
die Portugiesen im Jahre 1505 nach ihrer Niederlassung in Kilwa gleichfalls die
grössten Ungelegenheiten durch Monopolwirtschaft und Aufdrängen ungeeigneter
Waren heraufbeschworen, so ergiebt sich, dass Anfang und Ende der
portugiesischen Kolonialherrschaft in Ostafrika durch ganz ähnliche Missgriffe in
der Handelspolitik gekennzeichnet sind.
Ebenso schlecht wie in Patta, wenn nicht noch schlechter, erging es den
Portugiesen in Mombasa.
Schon kurze Zeit nach dem Wiederbeginne ihrer Herrschaft sollen Gelüste der
Eingeborenen zu einem Ueberfalle der Festung bestanden haben, aber durch die
Wachsamkeit des treuen Fürsten von Fasa, Buana Daud, unterdrückt worden
sein.2)
Hiernach scheint ein volles Jahr lang die Ruhe äusserlich bewahrt worden zu sein.
Doch unter der Decke muss Zündstoff angehäuft gewesen sein, denn am 25. oder
26. April 1729 überfielen die Stadtbewohner mit Hülfe der Musungulos plötzlich
mordend die ausserhalb der Festung befindlichen Portugiesen und bemächtigten
sich des kleinen Forts bei Makupa, welches der einzige besetzte Aussenposten
war. Auch die in der Stadt liegende Faktorei wurde gleichzeitig von den
Eingeborenen besetzt, doch gelang es sofort einer aus der Festung vordringenden
Abteilung von nur acht Portugiesen, dieses Gebäude wiederzunehmen *und auch
das Hospital und die Kranken vor Angriffen zu beschützen. Als Haupt der
Aufständigen hatte sich Muinhe Hamed Buana Kipai, derselbe, welcher zwei
J.ahre
1) Noticias da Inla S. 98 ff.
2) Ms. Liss. Cons Ultr. Cons. Res. Maýo No. 863. Mombasa, 28. August 1728.
S293
früher die Portugiesen aus Goa herbeigeholt hatte, aufgeworfen. Welche Stellung
sonst dieser Mann eingenommen hat, ist nicht überliefert. Die Mombasa-Chronik
nennt ihn einen Patta-Mann und sagt, dass er auch im Auftrage Patta's in Goa
gewesen sei, doch ist dieses nach den portugiesischen Berichten zweifelsohne
unrichtig, denn er wird immer aus seiner Goa-Zeit als Abgesandter Mombasa's
bezeichnet, und unabhängig von ihm handelte ein anderer Abgesandter für Patta.
Offenbar ist er ein thatkräftiger Ränkeschmied gewesen, welcher, nachdem er mit
den Portugiesen seine Rechnung nicht gefunden hatte, nun gegen sie arbeitete.
Als Gründe des Ausbruches wurden von einem zeitgenössischen
portugiesischen Chronisten angegeben, dass die Gefangennahme eines
angesehenen Eingeborenen das Volk verbittert habe, und dass unter den
Musungulos oder Wanika viel böses Blut gewesen sei, weil sie von den
Portugiesen nicht genügend Geschenke von Baumwollstoffen, die ihnen
zugesichert gewesen waren, erhalten hätten.') Allgemeiner, doch wahrscheinlich
richtiger, überliefert die Mombasa-Chronik, dass die Portugiesen das Volk in
grausamer Weise behandelt hätten und die Grossen zu Dienstleistungen
gezwungen hätten. Sie sollen nach den Betenden mit Steinen geworfen und den
Eingeborenen ihre Weiber und Häuser gewaltsam genommen haben, sodass
schliesslich allgemeine Verzweiflung geherrscht habe, und man auf Befreiung
von den Unterdrückern gesonnen habe. Weiter erzählt die Mombasa-Chronik
richtig im Geiste der Suaheli, welche ihren Stammesnamen gerne auf Watu wa
hila (die listigen Menschen) deuten, dass vor dem Beginne der Feindseligkeiten
die Portugiesen überlistet worden seien. Es soll ihnen vorgelogen worden sein,
dass eine arabische Flotte nahe, und dass es geraten sei, den in der Festung als
Mundvorrat aufgespeicherten rohen Reis in der Stadt zur Enthülsung zu verteilen.
Dieses sollen die Portugiesen gethan und sich dadurch gegen eine längere
Belagerung widerstandsunfähig gemacht haben. Dann sollen an einem Festtage
die PortugiesetLausserhalb der Festung überfallen worden sein. Hierbei soll ein
Sohn des Gouverneurs gefangen genommen und durch Todesdrohungen gegen
ihn der Gouverneur zum Abzuge gezwungen worden sein.') Die einzige
vorliegende portugiesische Quelle, die einen durchsaus glaubwürdigen Eindruck
macht, bestätigt eine derartige Entwicklung der Dinge nicht. Sie erzählt von einer
langen, sechsmonatigen Belagerung, die allerdings, näher besehen, kaum als eine
Belagerung zu betrachten ist. Meistens verhandelnd, wenig kämpfend, standen
sich die Feinde gegenüber. Wie wenig Unternehmungs- und Kampfeslust bei den
Aufständigen herrschte, geht am klarsten daraus
1) Noticias da India S. 98 ff.
2) Chronik in Owen I S. 416 ff.
294 hervor, dass sich die schon oben erwähnten wenigen acht Portugiesen volle 33
Tage lang in der Faktorei und in dem Hospitale, ausserhalb der Festung, halten
konnten. Von vornherein legte sich der Gouverneur Alvaro Caetano de Mello e
Castro aufs Verhandeln. Hauptsächlich suchte er Lebensmittel zu erhalten, doch
musste er wieder und wieder die Erfahrung machen, dass er betrogen wurde, und
für bedeutende Mengen Stoffe nur Kleinigkeiten von Getreide erhielt. Weiter
sorgte auch Buana Daud, obgleich er gleich im Anfange der Bewegung von den
Aufständigen gefangen gesetzt war, für seine portugiesischen Freunde, indem er
Lebensmittel nach der Festung hineinschmuggelte. Doch es muss eine heillose
Wirtschaft unter den Festungsinsassen geherrscht haben, denn die mühsam
zusammengebrachten Lebensmittel wurden wieder von denen, zu deren Rettung
sie bestimmt waren, nach aussen hin verschleudert. Auch der obenerwähnte, von
der Mombasa-Chronik geschilderte Hauptstreich mit dem rohen Reis, wird von
dem portugiesischen Geschichtsschreiber, wenigstens eingeschränkt, dahin
bestätigt, dass man die Dummheit begangen habe, den eingeborenen Christen in
der Stadt Getreide zum Enthülsen zu übergeben, dass solches aber nie
zurückgekommen sei, weil diese erst seit kürzester Zeit Bekehrten, mit der
Wendung der Verhältnisse, dem Glauben abtrünnig geworden wären. Mehr oder
weniger scheint dieser verderbenbringende Verkehr die Folge von
Weiberwirtschaft gewesen zu sein. Schliesslich sah sich der Gouverneur genötigt,
alle schwarzen Konkubinen aus der Festung auszutreiben, doch erreichte er auch
hiermit keine Besserung, sondern stiftete nur böses Blut unter seinen
Untergebenen, und der Verkehr mit der Stadt blieb nach wie vor im Gange. Von
welcher Gesinnung ein Teil der Belagerten war, zeigt folgende Geschichte: Einer
dieser Ehrenleute hörte von seiner Geliebten, dass er bei den Aufständigen als
thatkräftiger Widersacher besonders verhasst sei, und ging darauf zu Buana Kibai,
dem Haupte der Aufständigen, nicht nur um sich von diesem ehrenvollen
Verdachte weiss zu brennen, sondern auch um einen seiner Kameraden
anzuschwärzen. Später verlockte er sogar diesen Kameraden, unter dem
Vorwande, dass es sich um die begehrten Getreidelieferungen handle,
verräterisch zu einem Besuche bei Buana Kibai, wo der Unglückliche schmählich
ermordet wurde!
Gleichzeitig mit Mombasa hatten sich auch an den anderen Plätzen Ostafrikas die
Eingeborenen erhoben und die Portugiesen, die sich neuerdings bei ihnen
niedergelassen hatten, ermordet oder vertrieben. Andere verleugneten ihren
Glauben und wurden Muhamedaner. Namentlich werden von diesen Plätzen
Zanzibar, Mafia und Pemba angeführt. In Zanzibar soll sich der Faktor Joachim
da Costa Ribeiro mit sieben Gefährten, da er keine Rettung sah, aufgesprengt
haben. Ein im August von
Mozambique aus unternommener Versuch, den bedrängten Landsleuten Hülfe
zuzuführen, misslang vollkommen. Das hülfebringende Schiff landete südlich
von Mombasa und kehrte, da es hier keine Nachrichten über die Belagerten
erlangen konnte, unverrichteter Dinge nach Mozambique zurück. Bereits auf der
Hinfahrt hatte es in Zanzibar böse Er fahrungen gemacht. Ohne zu wissen, dass es
hier schon mit der portugiesischen Herrlichkeit zu Ende war, war ein Teil der
Mannschaft arglos gelandet. Anscheinend friedlich wurden sie von den
Eingeborenen empfangen und mit Kokusnüssen zum Trinken bewirtet, doch
hierbei verräterisch überfallen, wobei der Kapitän und ein Mann das Leben
verloren. Nur dem Mute des Schiffskaplanes, der mit einem vorher unter dem
Talar verborgenen Schwerte ungestüm vordrang, verdankte der Rest der
Gesellschaft seine Rettung.
Nähere Einzelheiten über die Entwicklung der Dinge in Mombasa hat der
Chronist nicht überliefert. Höchstwahrscheinlich waren auch grosse Erlebnisse
nicht zu verzeichnen. Der Zustand wird gewesen sein, dass die Portugiesen
eingeschlossen in der Festung sassen und keine Kraft hatten, die Verhältnisse zu
ändern, und dass die Eingeborenen als Feinde, doch ruhig, in der Stadt lagen und
keinen Drang fühlten, durch Daranwagen ihres Blutes den Dingen ein Ende zu
machen. Vollständig ist auch aus der Natur der ostafrikanischen Eingeborenen
verständlich, dass sie, trotz geschworener Feindschaft, den Belagerten
Lebensmittel lieferten, solange sie dagegen gehörige Gegenwerte erhielten.
Schliesslich indessen sollen die Festungsinsassen durch Hunger die schwerste
Drangsal erlitten haben, und derselbe Grund war es, welcher sie zur
Waffenstreckung oder wenigstens zur Uebergabe der Festung an die Feinde
zwang. Das Ende vom Liede war, dass sie von Mombasa am 26. November 1729
auf zwei Dhaus, welche ihnen die Eingeborenen überlassen hatten, nach
Mozambique absegelten. Jeder durfte nur das mitnehmen, was er tragen konnte.
Es war dieses der Abschied auf Nimmerwiedersehen und der Schlussstein der
portugiesischen Herrschaft im nördlichen Ostafrika. Erst am 3. Februar 1730
erreichten die Vertriebenen Mozambique. Ausser dem Gouverneur hatten sich
nur der Faktor, drei Hauptleute, fünf Unteroffiziere und zwanzig Mann gerettet.')
Bei etwas grösserer Thatkraft der Beauftragten hätten die Portugiesen sofort das
Verlorene wiedererobern können, denn gleich nachdem der aus Patta vertriebene
Gouverneur in Goa angekommen war, hatte der Vizekönig in Goa mit
Anspannung aller Kräfte ein Geschwader von 5 Schiffen mit 1215 Mann an Bord
ausrüsten lassen, welches schon
') Noticias da India S. 98 ff.
- 296 am 2. Januar 1730 nach Ostafrika ausgelaufen war. Thatsächlich waren in dieser
Expedition die ganzen Machtmittel des portugiesischen Indiens vereint, und Goa
war durch dasselbe so von Soldaten entblösst, dass die Wachen durch .bewaffnete
Geistliche bezogen werden mussten. Beiläufig erwähnt, trug diese Entblössung
Goa's später dem Vizekönige einen schweren Tadel ein.') Wieder war der
Oberbefehl dem General Luiz de Mello Sampayo anvertraut.
Bemerkenswerterweise befand sich auch Buana Makua, der im vorhergehenden
Jahre zur Hinrichtung nach Goa geschleppte Patta-Kronprätendent, an Bord. Der
Vizekönig hatte ihm damals das Leben gelassen, da er sich nie gegen die
Portugiesen vergangen hatte, und um ihn gelegentlich gegen den König von
Patta auszuspielen.') Zweifelsohne sollte seine jetzige Rückbeförderung solchen
Zwecken dienen.
Noch vor der Ankunft des Geschwaders bei den Patta-Inseln kamen ihm Boote
entgegen, welche die schlimme Botschaft brachten, dass Mombasa gefallen sei,
und dass wenig später ein arabisches Geschwader von fünf Fahrzeugen in
Ostafrika angekommen sei, welches in Patta 15o Mann zurückgelassen habe und
sodann nach Mombasa weitergegangen sei. Gleichzeitig brachten aber dieselben
Boote auch die hoffnungerweckende Nachricht, dass sie auf Veranlassung des
immer treuen Buana Daud ben Buana Scheck gekommen seien, der aus Mombasa
nach Fasa geflüchtet sei, und der nun, vereint mit Buana Makua (dem Grossen),
dem Könige von Sio und 4000 Wagunja, der Ankunft des Geschwaders harre, um
den Portugiesen bei der Wiedernahme MIombasa's zu helfen. Auch als das
Geschwader am 23. Januar vor Fasa ankam, bestätigten Briefe von Buana Daud
und persönliche Versicherungen der Häupter der Wagunja ihre Lehnstreue; es
wurde indessen ein mündlicher Verkehr mit Buana Daud, unbekannt aus welchen
Gründen, nicht ermöglicht. Ebensowenig gelang es dem an Bord befindlichen
Thronprätendenten Buana Makua, nachdem sich das Geschwader vor Patta gelegt
hatte, eine Verbindung mit dem Lande anzuknüpfen, und so beschloss denn Luiz
de Mello Sampayo, trotz des zweifelsohne bedeutenden Anhangs, welchen die
Portugiesen hier hatten, in die Verhältnisse Patta's nicht einzugreifen, und segelte
nach Mombasa weiter. Aber auch hier begnügte er sich bei seiner Ankunft am i.
Februar damit, aus grösstmöglicher Ferne die rote arabische Flagge, welche über
der Festung wehte, zu betrachten, sowie durch ein näher gesandtes kleines
Fahrzeug erkunden zu lassen, dass thatsächlich einige grössere arabische Schiffe
im Kilindini-Hafen lagen, und ging noch an
) Ms. Liss. Cons.Ultr., Consultas da, India, Livro 40 Fol. 27 ff.
) Ms. Liss. Cons. Ult., Papeis de Serviýo, Maýo No. I149,G.oa, 2o. Januar I729.
297
demselben Tage unbedenklich und schamlos, trotz seiner den Arabern gewiss
bedeutend überlegenen Streitkräfte, nach Mozambique weiter. In diesem Hafen
traf er zwei Schiffe, welche in Voraussehung von Schwierigkeiten, von Portugal
mit einem neuen Gouverneur und Besatzungstruppen für Mombasa und Patta
abgesandt worden waren. Verstärkt durch diese ging Luiz de Mello Sampayo
neuerdings Ende Februar in See, um nun wirklich einen Angriff auf MIombasa zu
machen, doch die Schiffe konnten gegen Monsun und Strömung nicht
aufkommen und kehrten nach wenigen Tagen nach Mozambique zurück.
WVeitere Erwägungen führten dahin, dass die Gedanken an die \Viedereroberung
Mombasa's vorerst aufzugeben seien, weil Goa durch die längere Abwesenheit
der hauptsächlichsten Streitkräfte zu sehr gefährdet sei. Luiz de Mello Sampayo
scheint indessen wenig geneigt gewesen zu sein, sich diesem Beschlusse des
Kriegsrates zu unterwerfen. Er scheint die Dinge so haben wenden zu wollen,
dass es den Anschein erweckte, als könnten die Schiffe vorerst Goa nicht
erreichen und würden durch Wind und Wetter gezwungen, nach dem Persischen
Golfe abzulenken. Wenigstens wird ihm der Vorwurf gemacht, dass er, nachdem
das Geschwader am 23. März von Mozambique abgegangen war, diesen Plan
dadurch verfolgt habe, dass er um die Jahreszeit zu verpassen, absichtlich die
Schiffe ungemein langsam habe segeln lassen. Schliesslich nötigten ihn indessen
Wassermangel und Krankheiten, wodurch beispielsweise allein auf einem Schiffe
140 Mann starben, mit allen Segeln Goa zuzustreben. Doch am 17. Mai überfiel
ein Orkan aus Nordost bis Ostnordost das Geschwader und entmastete alle
Schiffe. Zwei Schiffe, darunter das Admiralschiff, die »Nossa Senhora de
Franýa«, das wertvollste Schiff des portugiesischen Indiens, das 70
Bronzegeschütze führte und 557 Seelen an Bord hatte, blieben verschollen. In ihr
verlor auch der Oberbefehlshaber dieser unglücklichen Unternehmungen, Luiz de
Mello Sampayo, sein Leben.')
Das übliche Nachspiel aller derjenigen Geschehnisse, bei denen die Portugiesen
die Verlierenden gewesen waren, fehlte auch hier nicht. Mehrere Jahre hindurch
beschäftigten Prozesse gegen die Haupt. beteiligten die Gerichte und deren
Oberbehörden. Der Exgouverneur von Mlombasa hatte sich gleich nach seiner
Ankunft in Mozambique als Gefangener in der Festung gemeldet, und seinem
Patta-Kollegen wurde auch ohne eigene Meldung ein ähnliches Quartier in Goa
angewiesen. Gegen beide richtete sich die Anklage, dass sie die ihnen gegebenen
Vorschriften nicht befolgt und die Eingeborenen zum Aufstande gereizt hätten.
Besonders erschwerend wurde erachtet, dass ebendieselben Neger, welche eben
erst die portugiesische Herrschaft
1) Noticias da India S. 79 ff.
erbeten hätten, derselben sobald wieder überdrüssig geworden seien. Die erste
Instanz in Goa kam
zu einem verurteilenden, die zweite
zu einem freisprechenden Spruch. Nichtsdestoweniger hielt der Vizekönig, der
wahrscheinlich Sündenböcke brauchte, die Freigesprochenen gefangen, und erst
Jahre später wurden sie auf Empfehlung des Unterseerates und Befehl des Königs
in Freiheit gesetzt. Man war hierbei der Ansicht, dass zwar die Beschuldigten
wenig Klugheit und Umsicht gezeigt hätten, aber dennoch nicht strafbar
wären.') Von Alvaro
Caetano de Mello e Castro wird bei dieser Gelegenheit erwähnt, dass er zwar,
seinem edlen Blute entsprechend, tapfer, aber notorisch dumm wäre. Auch
gegen den zweiten Befehlshaber der Flotte, den Fiscal Joseph Barbosa Leal,
richtete sich eine Anklage, weil er entgegen der vizeköniglichen Instruktion, in
dem Kriegsrate gegen die Angriffe auf Patta und Mombasa gestimmt hatte. Auch
er wurde von den Gerichten freigesprochen, dennoch aber von dem
Vizekönige seiner Aemter beraubt, schlieslich jedoch von Lissabon wieder, unter
rücksichtsloser Blossstellung des Vizekönigs, in seine Würden eingesetzt.2 )
') XIs. Liss. Cons. Ultr.., Consultas da India, Livro 40 Fol. 286, Lissabon, Febr.
J734 u. A.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr., Consultas da India, Livro 40, Fol. 244-247, Lissabon, 24.
Januar 1732.
Schluss.
Ueber die Lage der Dinge im nördlichen Ostafrika während der nächsten zwei
Jahrzehnte, welche auf die Vertreibung der Portugiesen folgen, geben die
portugiesischen amtlichen Berichte so gut wie keine Auskunft, und es scheint,
dass die Portugiesen in diesem Zeitabschnitt jede Verbindung mit dem
Küstenstriche, den sie früher besassen, verloren hatten. Nach der arabischen
Chronik Mombasa's war in dieser Stadt die Oberherrschaft des Imams von
Maskat, oder vielleicht richtiger gesagt, seiner Statthalter, keineswegs eine
unbestrittene. Insbesondere unter dem Gouverneur Saleh ben Mohamed el
Hasram, der durch tyrannisches Wesen die Bevölkerung gereizt hatte, kam es zu
wiederholten Aufständen und langwährendem Kriegszustande, die noch dadurch
verwickelter wurden, dass ein Teil der Mombasa-Bevölkerung, die Stämme der
Wamwita, d. i. der Bewohner von Alt-Mombasa, zu den Arabern hielt, und ihm
ein anderer Teil, die Wakilindini-Stämme, verbündet mit den Wanika, den
Bewohnern des Festlandes, unter einem Schirch von Melinde, gegenüberstand.
Erst im Jahre 1739 wurden diese Verwicklungen durch die Abberufung von Saleh
ben Mohamed beseitigt. Als sein Nachfolger wurde von Maskat Mohamed ben
Osman el iMusrui entsendet, welcher die verschiedenen Parteien auszusöhnen
verstand.I) Das Auftreten dieses neuen Statthalters ist besonders bemerkenswert,
weil sich in ihm der erste aus der Familie der Msara oder, wie sich ihre
Angehörigen nach einem älteren Stammvater lieber nennen hören: der Ben el
Kehelani in Ostafrika sesshaft machte, die ein Jahrhundert lang Mombasa so gut
wie selbständig, wenn auch nur unter dem Titel von Statthaltern, regierte, und die
bis in die neueste Zeit hinein auf das Geschick des Mombasa-Küstenstriches
einen wesentlichen Einfluss ausübte. Entgegen der mündlichen Ueberlieferung in
Mombasa, welche
1) Chronik in Owen 1 S. 419.
- 300 diesem Mohamed ben Osman rühmend die endgültige Vertreibung der
Portugiesen zuteilen will, ist nach der geschriebenen Mombasa-Chronik daran
festzuhalten, dass er erst zwölf Jahre später in Mombasa erschien. Möglich ist
indessen, dass einem anderen Musrui, Nasir ben Abdallah, vielleicht einem Onkel
des Genannten, ähnlicher Ruhm gebührt, denn er war der erste Statthalter Oman's
in Mombasa nach dem Falle dieser Stadt im Jahre 1698 und hat somit
wahrscheinlich schon als Oberbefehlshaber bei der Belagerung und Besiegung der
Portugiesen mitgewirkt.
Wichtige Aenderungen in Oman brachten die Msara in Mombasa in den
Vordergrund. In dem Imam Sef ben Sultan hatte Oman den letzten Herrscher aus
der Dynastie der Jarebu. Unter ihm war fast das ganze Land von den Persern
besetzt. Nur Sohar hatte sich unter dem
Gouverneur Achmed ben Said Albu Said gehalten, und demselben gelang
es durch Thatkraft und List schliesslich, auch das übrige Gebiet von den Feinden
zu befreien. Schon seit längerer Zeit thatsächlicher Machthaber des Landes,
beseitigte er verschiedene Kron. prätendenten aus der alten Herrscherfamilie und
setzte endlich (I74I? durch, dass er selbst zum Imam erwählt wurde.') Mit ihm
gelangte die noch heute in Oman und Zanzibar regierende Familie der Albu Said
ans Ruder. Indessen in Ostafrika wurde der neue Herrscher nicht anerkannt. Auf
die Anzeige seiner Thronbesteigung sandte der Gouverneur
Mohamed ben Osman die Antwort, dass er sich als Musrui einem Albu Said
gleichwertig erachte, und dass, nachdem jener sich gewaltsam zum Oberherrn von
Oman aufgeschwungen habe, er selbst sich als Herrn von Mombasa betrachte,
denn sie beide wären im Grunde nichts anderes als Gouverneure. Die Rache
hierfür blieb nicht lange aus, denn von Maskat Entsandte, die sich in Mombasa
unter der Maske von Feinden des Imams eingenistet hatten, ermordeten Mohamed
ben Osman (1746) und setzten auch seinen Bruder Ali ben Osman gefangen. Mit
Hülfe der Wamwita wurde derartig Mombasa unter dem Gouverneur Sef ben
Kalfan wieder von Maskat abhängig, Doch dieser Zustand währte nur kürzeste
Zeit. Der gefangene All ben Osman erlangte seine Freiheit wieder, indem er sich
flüchtend an einem Ledertaue von der hohen Festungsmauer herunterliess. Bald
darauf wagte er, unterstützt von den ihm ergebenen Kilindini-Stämmen, dazu mit
Rat und Hülfe eines englischen Kapitäns Musugh Kighugh (? Msungu =- der
Europäer Cook), der mit seinem Schiffe, zweifelsohne einem Kauffahrer, im
Hafen von Kilindini lag, eine Ueberrumpelung der Festung, welche gelang. Sef
ben Kalfan
1) Salil ibn Razik S. I53. Vergl. auch Carsten Niebuhr, Beschreibung von
Arabien, Kopenhagen 1772, S. 301 ff.
hielt sich zwar mit seinen Anhängern noch drei Tage in einer Bastion, musste sich
aber schliesslich, nachdem sein Bollwerk durch eine von dem Engländer
entliehene Kanone, zusammengeschossen war, ergeben. All ben Osman war
hiermit im Besitze der Macht.') Ebenso wie
Mombasa hatte auch Patta den neuen Imam nicht anerkannt und hatte die auf der
Insel lebenden Araber getötet und vertrieben. Mehr als zweifelhaft ist indessen,
ob dieses wirklich eine Auflehnung gegen einen als unberechtigt erachteten
Oberherrn war, oder ob nicht vielmehr nur aus dem Dynastiewechsel in Maskat
Veranlassung genommen wurde, die häufigen Nebenbuhlerschaften um die Macht
in Patta auszufechten, denn im Verlaufe dieser Ereignisse erfolgte
verschiedentlich ein Thronwechsel. Eine Schilderung dieser, ohnedies
uninteressanten Wirren würde hier zu weit führen. Kurz sei nur angegeben, dass
auf den ungefähr im Jahre 1733 gestorbenen Buana Tamu Mku sein Sohn Fumo
Bakari, dann im Jahre 1745 Buana Makua, dann in kurzer Folge Muana Mimi,
eine Tochter von Tamu Mku, zusammen mit ihrem
Wasir Fumo Omari,
dann Fumo Alute (176o?), sämtlich aus der Nebahani-Familie, sich nacheinander,
zufolge von Parteikriegen und Meuchelmord, Könige von Patta nennen konnten.
Wechselseitig griffen die Patta-Leute in Mombasa und die Mombasaner in Patta
ein, wobei nicht nur Parteinahmen, sondern auch Grenzstreitigkeiten,
hauptsächlich um Pembi, die Veranlassung gaben, und verschiedentlich von
Maskat der Versuch gemacht wurde, die alte Oberherrschaft über Ostafrika
wieder zur Geltung zu bringen.')
Inzwischen hatte aber auch Portugal seineAnsprüche auf diese Gebiete mit
Zähigkeit festgehalten. Frankreich war bereit gewesen, diese Erbschaft
anzutreten, doch fortgesetzte, von dem Pariser Hofe unterstützte Werbungen der
Compagnie des Indes auf Abtretung der Anrechte auf Mombasa und Patta, welche
ihr Arbeitsfeld von Madagaskar auf das ostafrikanische Festland auszudehnen
wünschte, wurden hartnäckig u. a. in den Jahren 1739 und 1744 zurückgewiesen,
und mehr als einmal wurden die Vizekönige gewarnt, gegen einen gewaltsamen
Einbruch der Franzosen in diese vermeintliche portugiesische Domäne auf der
Hut zu sein.') Aehnlich regte sich häufig die Furcht, dass die Engländer oder die
Holländer versuchen würden, unberechtigt diese Erbschaft anzutreten. Die
Engländer scheinen in diesen Verdacht besonders dadurch geraten zu sein, dass
sie stetig gute Beziehungen zu den Arabern unterhielten. Unverkennbar helle
) Chronik in Owen I S. 419 ff.
2) Siehe ausführlich bei Quillain S. 546 ff.
3) Instruccäo de Sua Magestade dada ao Marques de Castello Nero, Lissabon, den
25. März 1744. 0 Chronista de Tissuary II S. 156.
- 302
Wut über dieses Verhältnis verleitete beispielsweise im Jahre 1758 einen
Gouverneur von Mozambique in einem Berichte nach Lissabon die Engländer
bestimmter Absichten auf Mombasa zu bezichtigen. In drastischen Worten klagt
er, dass die Araber durch den ihnen in Bombay und Surat gestatteten Bau von
Schiffen und durch die englischen Lieferungen von Kriegsmaterialien und
Mannschaften stark geworden seien und spricht die Befürchtung aus, dass,
nachdem die Engländer sich Mombasa's und seines Handels bemächtigt haben
würden, die Engländer und Araber als Verbündete Weiteres in Ostafrika
unternehmen würden. Er fleht dabei zu Gott, dass das Ziel dieser
Unternehmungen nicht Mozambique sein möge, obgleich dieses befürchtet
werden müsse, da unter den Arabern die Redensart gängig sei, sie möchten nicht
sterben, bevor sie nicht die Gebeine ihrer Vorfahren in Mozambique besucht
hätten.') Wie bereits erwähnt, scheinen die Portugiesen in den zwei ersten
Jahrzehnten nach ihrer letzten Vertreibung aus Mombasa (1728) jedwede Fühlung
mit jenem Gebiete verloren zu haben. Doch gegen Mitte oder Ende der vierziger
Jahre begannen sich die Mombasa- und Patta-Leute, offenbar durch die bei ihnen
herrschenden Wirren, der Portugiesen als eines in den Parteiungen zu
gebrauchenden Machtfaktors zu erinnern. Fortgesetzt berichten in den folgenden
Jahrzehnten die Gouverneure von Mozambique über das Erscheinen von
»Gesandten« aus Mombasa und Patta, welche die Abschüttelung des arabischen
Joches und Rückkehr unter die portugiesische Herrschaft anboten. Richtiger
werden diese Gesandtschaften dahin zu verstehen sein, dass bald die eine und
bald die andere Partei Hülfe von den Portugiesen zu erlangen suchte, um dadurch
gegen die Widersacher Oberwasser zu gewinnen. Zweifelsohne liessen sich die
Portugiesen dieses Buhlen um ihre Gunst gerne gefallen, doch weitere Folge
gaben sie ihm vorerst nicht. Nur dazu reizten diese Lockungen, dass die
Gouverneure in Mozambique und Ibo angewiesen wurden, die etwa aus dem
nördlicheren Ostafrika eintreffenden Fahrzeuge gut zu behandeln, um durch
dieselben nähere-Nachrichten über die Verhältnisse zu erlangen und
Verbindungen anzuknüpfen.2) Doch Erfolg scheint damit nicht erzielt worden zu
sein, denn in verschiedenen portugiesischen Berichten aus diesen Jahren wird
offen bekannt, dass nicht in Erfahrung zu bringen sei, ob die Araber oder
einheimische Fürsten im Besitze von Mombasa seien. Doch allmählich wurde das
Interesse für den ehemaligen Besitz wieder reger. Vielleicht als eine Folge des
grösseren Lebens, das der thatkräftige Minister Pombal in dem zerrütteten Por )
Ms. Liss. Cons. Ultr., Registo das Cartas da India, Livro io Fol. 73 f-,
Mozambique, den 27. Dezember 1758.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr., Correspondencia para os Portos de Goa, Livro 6 Fol. 53,
Mozambique, den 12. Mai 1754.
tugal weckte, wurde der Gouverneur von Mozambique im Jahre 1756 angewiesen,
in Mombasa und Maskat Spione zu unterhalten, um die Gesinnung der
Bevölkerung dieser Plätze für Portugal zu erkunden. Zwar wurde dieser Befehl
noch mit der gleichzeitigen Benachrichtigung erteilt, dass man zeitweilig nicht an
die Wiederausdehnung des portugiesischen Machtbereiches denke,') doch nur
zwei Jahre später gingen die Machthaber in Lissabon schon einen Schritt weiter,
indem sie auf einen Bericht aus Mozambique, dass wieder einmal ein Gesandter
Patta's die Uebergabe Mombasa's angeboten habe, die Anweisung gaben, ganz im
Stillen, unter strenger Geheimhaltung, die Widersacher des arabischen Statthalters
in Mombasa mit Waffen und Pulver zu unterstützen und die Zwistigkeiten zu
schüren, doch offen keine Partei zu nehmen, um die Araber nicht zu reizen.')
Weitere Anregung wurde den Portugiesen von Kilwa aus gegeben. Zweifelsohne
hat ein mehr oder weniger offener Handelsverkehr zwischen diesem Platze und
den portugiesischen Besitzungen nie ganz aufgehört, doch wurden so zu sagen
amtliche Beziehungen erst im Jahre 1759 dadurch wieder eröffnet, dass im April
jenes Jahres ein Gesandter des Königs von Kilwa Sultan Hassani ben Sultan
Ibrahim ben Sultan Jsufu mit einem Briefe in Mozambique erschien, in dem
Nachrichten über den Krieg zwischen Mombasa und Patta und Maskat gegeben
und freundschaftliche Gesinnung versichert wurde.') Auch im folgenden Jahre
wurden diese Beziehungen durch einen Briefwechsel erneuert, in welchem dem
Könige von Kilwa ungehinderte Zulassung seiner mit Pässen versehenen
Fahrzeuge und Getreideladungen in der Provinz Mozambique versprochen wurde.
Dass, wie ein portugiesischer Geschichtsschreiber angiebt, über dieses hinaus im
Jahre 176o ein thatsächlicher Handelsvertrag zwischen dem Gouverneur von
Mozambique und dem Könige von Kilwa abgeschlossen worden ist, lässt sich
nach der in Lissabon vorhandenen Abschrift des bezüglichen Briefes des
Gouverneurs nach Kilwa nicht annehmen.') Indessen ein regelmässiger Verkehr
und ein gewisses Mass von Vertrauen waren angebahnt, und als im April 1765 ein
Gesandter mit einem Briefe des Königs von Kilwa in Mozambique eintraf, mit
dem zwei Eingeborene Mombasa's, Hamisi Abibo und Vanasere, als die
angesehensten Männer dieser Stadt, sowie ferner ein Muinhe
) Ms. Liss. Cons. Ultr, Cartas Regias, Livro 3 No. 49, Belem, den 16. April
1756.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr., Cartas da India, Livro No. io, Fol. 47 if., Belem, den io.
März 1758.
') Ms. Liss. Cons. Ultr., Cartas da India, Livro No. io, Fol 98 fr., Mozambique,
den 24. Juli 1759.
1) Ms. Liss. Cons. Ultr., Cartas da India, Livro No. 17 Fol. 215, Mozambique, 12.
Mai 176o.
304
Combo, wahrscheinlich ein Kerimba-Mann, eingeführt wurden, und in dem der
König versicherte, dass die Bewohner der ganzen Küste der arabischen Herrschaft
überdrüssig seien, sowie unter ihre angestammten Herren, die Portugiesen,
zurückzukehren wünschten, glaubte der Gouverneur von Mozambique diese
Anregung nach Lissabon zur Beachtung empfehlen zu dürfen.') An
thatsächlichen Vorschlägen, wie die portugiesische Herrschaft wieder aufgerichtet
werden könne, und überhaupt über die Verhältnisse in den zu besetzenden Plätzen
enthalten dieser Brief des Königs von Kilwa und der Bericht des Gouverneurs,
mit dem er nach Lissabon befördert wurde, nichts. Ganz angemessen wurde daher
in Antwort hierauf von den Heimatsbehörden (1767) die Weisung nach
Mozambique erteilt, vorerst eine ganz vertrauenswürdige Person zu entsenden,
um in Kilwa die wahre Gesinnung des Königs und in Mombasa die Verhältnisse
zu erforschen und dann, falls alles versprechend gefunden sei, mit dem Könige
von Kilwa über die beste Art der Einnahme Mombasa's zu beraten. Weniger
lobenswert wurde sodann ferner vorgeschrieben, dass der König von Kilwa die
Streitkräfte für die Unternehmung, doch unter portugiesischem Oberbefehl,
stellen müsse, und dass höchstens zwanzig bis dreissig portugiesische Soldaten
helfen dürften, sowie dass nach der Einnahme Mombasa's sofort die Festung
daselbst zu sprengen sei, um den Arabern jede Hoffnung zu nehmen, dass sie hier
neuerdings ein Bollwerk finden könnten. Weiter wurde sodann angeordnet, dass
die Stadt einem eingeborenen Fürsten als Vasallen Portugals zu übergeben sei,
und dass mangels eines geeigneten Lehnsmannes nur eine einfache portugiesische
Faktorei, mit zwei bis drei Kanonen und einer geringen Anzahl Soldaten, zum
Besten des portugiesischen Handels zu errichten sei. Als zukünftiger
Vasallenfürst wurde der König von Kilwa doch mit der Warnung in Vorschlag
gebracht, ihn lieber nicht zu wählen, wenn die Gefahr bestände, dass er durch den
Zuwachs von Mombasa zu mächtig würde.') Bedenken, kraftlose Wünsche und
Mangel an Selbstvertrauen hatten in einer für Portugal wenig schmeichelhaften
Weise diese Vorschriften erteilt, und auch ihr vernünftiger Teil fiel ins Wasser,
denn als sie, stark verspätet, im März des Jahres 1769 in die Hände des
Gouverneurs von Mozambique gelangten, beschloss dieser, ohne die befohlenen
weiteren Erkundigungen einzuziehen, sofort das Unternehmen zu beginnen. Die
einzige Erklärung, die er für diese Nichtachtung der Befehle angiebt, besteht in
der Befürchtung, dass bei einer Verzögerung die des
1) Ms. Liss. Cons. Ultr. Mozambique. Officos dos Governadores. Maco No. 2889.
Mozambique, den 19. August 1765.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Avizos, Provizöes e Cartas. Livro 28 No. 328. Lissabon,
den i. Mai 1767.
- 305 arabischen Joches müden Ostafrikaner sich einer anderen europäischen Nation
zuwenden würden.')
Noch im Juli 1769 zogen von Mozambique eine Fregatte und ein Schoner unter
dem Befehle des Oberstleutnants Caetano Alberto Judice auf die Einnahme
Mombasa's aus.
Gleich im Anfange entstanden Schwierigkeiten dadurch, dass
sie auf den Kerimba-Inseln, angeblich durch Gegenarbeit der Muhanredaner, die
erwartete Versorgung mit Lebensmitteln und Verstärkung durch einheimische
Fahrzeuge nicht fanden und erst am 18. September die Reise fortsetzen konnten.
Welche Abenteuer sie weiter auf dieser Fahrt erlebt haben, ist nicht überliefert,
doch jedenfalls ist ein gänzlicher Misserfolg das Ende gewesen, denn im Januar
des folgenden Jahres (1770) waren die Schiffe nach Mozambique zurückgekehrt,
und der unternehmungslustige Gouverneur hatte nach Haus zu berichten, dass die
niederträchtigen Kanaillen von Muhamedanern, die z.um Ruin Gottes und der
portugiesischen Majestät Ostafrika bevölkerten, trotz ihrer vorherigen Hülferufe
und Versprechungen nicht zu bewegen gewesen seien, irgend etwas gegen die
Araber in Mombasa zu unternehmen. Schwachen Trost fand er darin, dass er im
stande gewesen war, dem Muinhe Combo, einem
der Anstifter der
Unternehmung, auf den Kerimba-Inseln Werte im Betrage von i5ooo Crusados zu
beschlagnahmen.') Nach einer anderen kurzen Erwähnung dieser Begebenheit
verloren die portugiesischen Schiffe in Mombasa einige Boote und schätzten
sich im übrigen glücklich, grösserem Ungemach entgangen zu sein.')
Hiermit endigt die Geschichte der Beziehungen Portugals zu dem nördlicheren
Ostafrika. Schwerlich ist ein jämmerlicheres Selbstbekenntnis von Schwäche und
Mangel an Selbstvertrauen denkbar, als es in der oben wiedergegebenen
Instruktion für diese Unternehmung enthalten ist. Thatsächlich hatte Portugal
schon seit mehr als einem Jahrhundert aufgehört, in dem Indischen Ozean ein
nennenswerter Machtfaktor zu sein. Fast unmittelbar mit dem Beginn der
Indienfahrten der Holländer und Engländer war das vielbewunderte Gebäude der
portugiesischen Oberherrschaft in diesen Gewässern erschüttert, und der Verlust
von Malakka (1656) und Ceylon (1658) bezeichnen in der Hauptsache ihr
gänzliches Ende. Wie man in Portugal selbst schon lange über die portugiesische
') Ms. Liss. Cons. Ultr. Correspondencia para o Corte. Livro 35 Fol. 30.
Mozambique, den 20. Juli 1769.
2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Correspondencia para o Corte. Livro 35 Fol. 48 ff.
Mozambique, 20. Januar 1770.
8) Francisco da Costa Mendes, Catalogo dos Capitaes Generaes e Governadores
da Provincia de Moýambique desde 1752, epoca de sua separapio do Governo de
Goa. Mocambique 1892 S. 14.
Strandes, Ostafrika.
20
- 306 Stellung im Osten dachte, zeigt am besten eine Unterredung, die der König
Johann IV. (1640-1656) mit einem französischen Gesandten
führte, und in der er klagte, dass Ostindien ein Besitz sei, der ihm nichts eintrüge
und flur durch Menschen- und Geld-Opfer schwäche. Wollte Gott, rief er aus,
dass ich Ostindien mit Ehren aufgeben könnte! Der einzige Grund, der ihn davon
abhalte, sei das Interesse des Christentums, und er zittere, wenn er daran denke,
dass an die Stelle der katholischen Religion die Ketzerei der Holländer und
Engländer treten würde.1)
Als kümmerliche Reste verblieben schliesslich den Portugiesen in Asien nur der
Besitz des kleinen Gebietes von Goa und der Städte Diu und Daman in
Vorderindien, sowie der Stadt Makao in China und eines Teiles der Insel Timor
im Malaiischen Archipel.
Kaum sind, wenn auch die Verherrlichung und die Schmähung als übertrieben
anerkannt werden müssen, in der Weltgeschichte grössere Gegensätze zu finden,
als sie der glänzende Aufschwung und der trübe Niedergang der portugiesischen
Kolonialherrschaft bieten, und diese Gegensätze treten noch besonders scharf
dadurch in die Erscheinung, dass gewöhnlich der Umfang, oder richtiger die
Ausgestaltung des portugiesischen Kolonialreiches wie überhaupt der ganzen
portugiesischen Unternehmungen im Osten, auch für die Blütezeit, bei weitem
überschätzt werden. Richtig ist ja, dass der portugiesische Einfluss die ganzen
nördlichen Küstenländer des Indischen Ozeans von China und Japan bis nach
Arabien umfasste. Aber damit wurden diese Länder noch lange nicht beherrscht.
Selbst der Ausdruck portugiesisch-indisches Kolonialreich ist missleitend. denn in
Wirklichkeit besassen die Portugiesen nur eine kleine Anzahl recht zerstreuter
Besitzungen. Im Anfange des 17. Jahrhunderts, als sie noch nichts an andere
europäische Nebenbuhler eingebüsst hatten, zählten sie selbst auf der genannten,
ungeheuer grossen Küstenstrecke nur 12 Städte und 33 Orte, in denen sie
Besatzungen unterhielten), und auch diese Zahl schmilzt noch auf 16 bis 18
zusammen, wenn man die ganz unbedeutenden Plätze und Vorwerke ausscheidet.
Dazu war fast durchgehends, ausgenommen eigentlich nur das Gebiet um Goa
und einen Teil der Insel Ceylon, der thatsächliche Besitz und die stetige
Hoheitsausübung auf diese mit Festungen besetzten Ortschaften beschränkt. Ja,
innerhalb derselben war vielerwärts die Macht mit den eingeborenen Fürsten zu
teilen. Genauer genommen, darf man nicht von einem portugiesischen Reiche,
sondern nur von einer portugiesischen Vorherrschaft im Osten, aufrechterhalten
durch das Uebergewicht auf
1) Schäfer IV S. 582 ff.
2) Livro da Fazenda S. ii4.
- 307 der See, sprechen. Und ebenso wie von der Machtfülle sind gewöhnlich die
Ansichten von dem Umfange des portugiesischen Verkehrs mit Asien übertrieben.
In der eigentlichen Glanzzeit, in den Jahren 15oo bis 1528, gingen von Portugal
im ganzen 299 Schiffe, oder, im Durchschnitte gerechnet, alljährlich nur IO
Schiffe nach Indien. In den Jahren 1529 bis 1612 betrug die Gesamtzahl 505, also
im Durchschnitte alljährlich sechs ausgehende Schiffe. Unter Abrechnung einiger
grösserer Armadas verringert sich die alljährliche Ausrüstung sogar auf nur drei
bis fünf Schiffe. Im ganzen sind von diesen in 113 Jahren ausgegangenen 802
Schiffen 423 Schiffe, d. i. alljährlich nur ungefähr vier Schiffe, nach Portugal
zurückgekehrt. 285 Schiffe sind im Osten stationiert geblieben, und der Rest ist
auf die eine oder andere Weise verunglückt.') Später wurde dieser Verkehr noch
beschränkter, und es sind Zeiten vorgekommen, in denen zwei und drei Jahre lang
überhaupt keine Schiffe aus Portugal in Indien eintrafen. Der Gesamtaufwand für
den Bau und die Ausrüstung einer ganzen Armada von fünf Schiffen von je 550
Tonnen, einschliesslich Besoldung und Unterhalt für je 123 Mann Besatzung für
18 Monate, doch ohne Bewaffnung, betrug in den Jahren 1588 bis 1592, und zwar
bei dem Abgange von Lissabon, nur ungefähr 142000 bis 168ooo Milreis') (=
M. 1117540.- bis M. 1322 16o.-). In guter Uebereinstimmung hiermit beziffert
auch eine Aufstellung vom Jahre 1633 die Kosten für ein Schiff von 550 Tonnen,
einschliesslich der Artillerie, Heuer und Unterhalt auf zehn Monate für 114 Mann
Besatzung, sowie einschliesslich des Unterhaltes für 151 Mann Truppen auf sechs
Monate, auf 26 925 Milreis 520 Reis') (= M. 211 904.-). Ferneren Anhalt zur
Erkenntnis der verhältnismässigen Bedeutungslosigkeit der portugiesischen
Kolonialunternehmungen gewährt, dass in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts
die jährliche Einfuhr in Portugal an Pfeffer, dem Haupteinfuhrartikel, auf 240
000 Milreis (= M. i 888800.-) bewertet wurde, und dass damals die in Portugal
zur Erhebung gelangenden Zölle auf die Einfuhr von Indien zu 30 000 Milreis
für jedes Schiff, oder, da fünf Schiffe ankommen sollten, zu jährlich 150 000
Milreis (= M. I 18o 500.-) verpachtet waren.4) Alle diese Zahlen beweisen zur
Genüge, dass der Verkehr mit Indien wesentlich unbedeutender gewesen ist, als
die gewöhnliche, oberflächliche Anschauung annimmt. Einerlei welchen
grösseren Wert das Geld früher hatte, auch in jener Zeit waren diese Zahlen ver1)
Livro da Fazenda S. 137.
2) Livro da Fazenda S. 198 ff.
8) Ignacio da Costa QWintella, Annaes da Marinha Portugueza, Jahrgang II.
Lissabon i84o. S. 291. Ebendort alle Einzelheiten.
4) Livro da Fazenda S. 6.
308 hältnismässig klein. Selbstredend ist die Wichtigkeit der ehemaligen
portugiesisch-asiatischen Besitzungen nicht lediglich nach den Beziehungen zum
Mutterlande zu beurteilen, aber da eine Staatshaushaltsrechnung aus dem Jahre
1607 alle staatlichen Brutto-Einnahmen in allen portugiesischen Besitzungen
jenseits des Kaps der Guten Hoffnung auf'einen Gesamtbetrag von nur 477450
Milreis 300 Reis') (= M. 3757534--) beziffert, ist auch für das Ganze die
verhältnismässige Unwichtigkeit belegt. Krasser noch kennzeichnet diese Zahl
dadurch, dass von ihr 243779 Milreis 40o Reis, oder mehr als die Hälfte, allein
auf die Einnahmen aus dem Goa-Gebiete entfällt.
Im Reize des Neuen, auf der Jagd nach unermesslich grossen Vorteilen, getragen
von dem erregten Unternehmungsgeist der ganzen Nation, war in kühnen
Entdeckungsfahrten und Kämpfen der Osten unterworfen worden. König,
Geistlichkeit, Adel und Volk waren gleichmässig beteiligt gewesen. Doch nur
mit höchster Kraftanstrengung hatte das kleine Portugal mit seiner damaligen
Bevölkerung von nur 1300000 Seelen,') die Tausende von Menschen aufbringen
können, die der Osten alljährlich, Jahrzehnte hindurch, wegraffte. Naturgemäss
machte sich bald genug eine Erschöpfung der Kräfte geltend, auch eine
Erlahmung des Eifers blieb nicht aus, als mit den grossen Errungenschaften die
Hauptaufgaben erledigt schienen, und weiter verfehlten sodann Uebersättigung
und Verweichlichung nicht ihre verderbliche Wirkung. Insbesondere aber ist vor
Augen zu behalten, dass diejenigen Tugenden, welche den hohen Ruhm der
Eroberungszeit begründen und welche den Erfolg bewirkt hatten, nämlich
Unternehmungsgeist und Mut, keineswegs genügten, um auch die friedliche
Nutzbarmachung und Erhaltung des Gewonnenen zu sichern. Fast gänzlich
hat das
Lob der portugiesischen Thaten, selbst in den besten Zeiten, dort zu schweigen,
wo nicht nur rücksichtsloser Wagemut den Ausschlag gab, und es ist kein
Wunder, dass dieser Wagemut schwand oder nicht zur Geltung kam, als weniger
glänzender Lohn winkte, und die traurigen Allgemeinverhältnisse
durchgreifenden Erfolg aussichtslos machten. Und so wird auch von den
portugiesischen Geschichtschreibern als eine der Hauptursachen des Verfalles
der Kolonialherrlichkeit ihres Volkes erachtet, dass fast durchgehends tüchtige
und gewissenhafte Männer an der Spitze fehlten. Hundertfältig liessen sich die
Beispiele aufzählen, wie selbst höchstgestellte Beamte in geheimer oder gar
offener Scham1) Livro da Fazenda S. 75 fr. Als Gesamtzahl wird hier
unerklärlicher Weise 35556o Milreis 6oo Reis genannt, während die
Zusammenziehung der einzelnen Einnahmeposten die oben angenommene Zahl
ergiebt.
2) Luiz Augusto Rebello da Silva, Historia de Portugal nos Seculos XVII e XVIII
Lisboa 186o-i87I. IV S. 621.
- 309
losigkeit den Staatsschatz und die Unterthanen beraubten, für sich selbst oder ihre
Freunde das Recht beugten und als ihre hauptsächliche Aufgabe betrachteten, sich
zu bereichern. Der Staatschronist Diogo do Couto sagt in seinem im Jahre 16II
geschriebenen Werke über die Ursachen des Verfalles der portugiesischen
Kolonialmacht: Die Alten glaubten, dass die Menschen das Gedächtnis verlören,
wenn sie den Lethe-Fluss überschritten, aber thatsächlich verlieren die meisten
unserer Vizekönige das Gedächtnis und dazu die Furcht vor Gott und dem
Könige, sobald sie das Kap der guten Hoffnung passiert haben. Und weiter klagt
er, dass diejenigen, welche mit guten Vorsätzen in Goa anlangten, binnen vier
Tagen in dem allgemeinen Pfuhl der Verderbnis gleich falls gewissenlos
würden.') Wirklich waren die Vizekönige und ihre Kreaturen die eigentlichen
Besitzer oder richtiger Ausbeuter Indiens, und mit ihnen wetteiferten an den
Nebenplätzen die Gouverneure und Beamten im Raube am Staatsgelde und
Privatbesitz. Zu ungeheuerlichen Preisen wurden dem Staate von den eigenen
Beamten die Kriegsbedürfnisse und andere Dinge verkauft, für Bestechungen
wurden die einträglichen Aemter vergeben und Prozesse gegen Recht
entschieden, hunderte von Soldaten, die längst gestorben oder ausgeschieden
waren, wurden in den Lohnlisten weitergeführt, die Waisengelder wurden
unterschlagen und für Geld war überhaupt alles zu
erreichen. Dass
neben diesen rein landesüblich gewordenen alltäglichen Veruntreuungen,
Unterschleifen und Betrügereien, auch jedwede besondere Gelegenheit zum Raub
ausgenützt wurde, ist selbstverständlich. Als nur ein Beispiel dafür, mit welcher
Unverschämtheit gestohlen wurde, sei angeführt, dass ein Vizekönig (I -44), der
den Schatz eines indischen Fürsten im Werte von 500 000 Pardaos geraubt hatte,
davon nur 300000 Pardaos an die Staatskasse abführte und den Rest für sich
behielt und dieses nach Lissabon offen damit begründete, dass er im stande
gewesen sei, das Ganze für sich zu behalten!') Wer weitere Belege sucht, wird sie
in dem angeführten Werke von Diogo do Couto finden. In der Form von
Gesprächen, die zwei hohe Beamte mit einem alten erfahrenen Soldaten führen,
dem eine freie Sprache gestattet ist, werden darin alle Schliche aufgedeckt, durch
die Staat und Nebenmenschen hintergangen wurden. Was die Grossen im Grossen
trieben, trieben die Kleinen im Kleinen, und so bieten die Schilderungen von
Augenzeugen von der portugiesischen Soldateska des Ostens ein Bild, welches
Verächtlichkeit und Lächerlichkeit vereinigt. Ohne stetigen
1) Observaýöes sobre as principaes causas de decadencia dos Portuguezes na
Asia, escriptas por Diogo doCouto em forma de dialogo com o titulo de Soldado
Pratico. Lisboa 1790 1 S. 41.
') Luiz Augusto Rebello da Silva V S. 151.
- 310 Dienst und ungenügend bezahlt, führten sie ein Dasein, in dem die Erlangung von
Lebensunterhalt durch Bettelei und Diebstahl die Hauptaufgabe war, in dem aber,
ungeachtet der Bettelhaftigkeit, eine wunderbare Renommisterei und Sucht nach
Erlangung von Ehrenbezeugungen nebenher ging. Gegenseitige äussere
Ehrerbietung und das Eingehen auf die eingebildete und behauptete Grösse des
Anderen waren unumgängliche Erfordernisse für den Verkehr. Wer besitzend
war, konnte nicht umhin, um Feindschaften zu vermeiden, für den Aermeren
offenen Tisch zu halten. Der Holländer Linschoten, der in den Jahren i583-i589 in
Goa lebte, erzählt als Beispiel der hohlen Prunkerei und als eine gewöhnliche
Sache, dass zehn oder zwölf Soldaten, die zusammenwohnten, gemeinsam nur
einen oder zwei gute Anzüge ihr eigen nannten, welche von den jeweilig
Ausgehenden stolz getragen wurden, während die anderen Mitbesitzer inzwischen
daheim in Lumpen sassen.') Die Erteilung von Ehren entartete derartig, dass nach
jedem, auch dein unbedeutendsten Zusammenstoss, die Soldaten sich um die
Führer zur Erlangung des Ritterschlages drängten und schliesslich sogar
gelegentlich Küchenjungen dieser Ehre teilhaftig wurden.2) Das ganze Leben der
Soldaten gipfelte schliesslich darin, für geleistete und angebliche Dienste
schriftliche Beglaubigungen zu sammeln, auf Grund deren sie einmal ein Amt
oder eine Pension zu ergattern hofften. Dieses Ansammeln von Zeugnissen war
überhaupt eine Aufgabe, der Gross und Klein huldigte und die für alle eine
bedeutende Rolle spielte. Wer eine eingehende Schilderung des Privatlebens der
Portugiesen in Indien wünscht, wird sie in kräftigster Sprache und belegt mit der
Erzählung vieler Geschichten in dem Reisewerke des französischen Apothekers
Mocquet finden, der in den Jahren 16o9-i6io in Mozambique und Goa weilte.
Sein Gesamturteil über die indischen Portugiesen fasst er in den Worten
zusammen: Man findet unter ihnen anders nichts, als Lüge, Betrug, Geiz,
Wucher, Hass, Zorn, Zank, Neid, Missgunst, Hoffart, Uebermut, Mord,
Totschlag, Fressen, Sauffen, Ueppigkeit, Sodomitterey, Unzucht, Hurerey,
Ehebruch, Gotteslästerung, Fluchen, Schwören, Sacramentieren und alle Sünden
in vollem Schwange, dass einem, wer es höret, alle Haare dafür zu Berge stehen
und man sich über Gottes Langmut dieser böser Menschen nicht genug
verwundert.') Trotz des Wunsche1, nicht
1) The Voyage of John Huygen van Linschoten to the East Indies. From the old
English Translation of 1598, London Hakluyt Society 1878 1 1 200.
2) Linschoten VI S. 189.
a) Wunderbare, jedoch gründlich- und warhaffte Geschichte und Reisebegebnisse
in Africa, Asia, Ost- und West-Indien von Jan Mocquet aus Frankreich. Aus dem
Französischen in Hochteutsche Sprache übersetzet und entdecket durch Johann
Georg Schochen, Lüneburg o. J. (1688?), S. 244.
zu verallgemeinern und nicht mit den Lastern einiger die Gesamtheit zu belasten,
gelangt man durch die Uebereinstimmung aller Berichte zu der Ueberzeugung,
dass wirklich in der überwiegenden Mehrzahl der indisch-portugiesischen
Gesellschaft eine weitgehende Zerrüttung der Ehrlichkeits- und
Sittlichkeitsbegriffe geherrscht haben muss. Selbst im mildesten Lichte
betrachtet, lässt sich nicht leugnen, dass Gelderwerben auf alle Weise,
Skrupellosigkeit und Herrenspielen massgebend die Verhältnisse regierten.
Schwer ist auch zu glauben, dass in der allgemeinen Verderbnis die Geistlichkeit
ihre Reinheit bewahrte. Gewiss hat es an frommen, hingebenden Geistlichen
nicht
-gefehlt, doch ebenso gewiss werden viele nicht im stande gewesen sein, sich den
Einflüssen zu entziehen, von denen sie umgeben waren. Auch direkt trug die
Geistlichkeit zu der Verschlechterung der Verhältnisse dadurch bei, dass sie sich
mit ihrem Einflusse ungebührlich in die weltlichen Dinge einmischte und durch
ihre allmählich erworbenen ungeheuren Reichtümer, durch ihre Unabhängigkeit
von der weltlichen Gerichtsbarkeit, durch ihre Zoll- und Steuerfreiheit einen
schädlichen Staat im Staate bildete. Ueber achtzig Kirchen und Klöster und
dreissigtausend Geistliche und Mönche sollen in Goa sogar noch in der Zeit des
Verfalles gewesen sein.') Diese Zahl mag übertrieben sein, aber es war eine stetig
wiederkehrende Klage der Vizekönige, dass die Klöster durch ihren Reichtum
und das MWohlleben, das sie bieten konnten, die rüstigsten Arme an sich zögen
und die von Portugal auf Staatskosten ausgesandten Soldaten ihrem Berufe
entfremdeten. So jammerte in einem Schreiben vom i. Dezember 1633 der
Vizekönig dem Könige, dass die Zahl der Geistlichen wachse, dagegen aber die
Zahl der Soldaten abnähme, dass die Schiffe ungenügend bemannt, dagegen aber
die Strassen mit Ordensbrüdern gefüllt seien, und dass er als reine Wahrheit
versichern könne, es gäbe in Indien mehr Geistliche und Ordensbrüder als
Soldaten. Alle Schuld hierfür schiebt er dem Reichtume der Kirche zu und
beklagt ferner seine Ohnmacht als Staatseinnehmer gegenüber diesem Besitze.')
Schon im Jahre i59i hatte der König von Portugal den geistlichen Orden jeden
weiteren Erwerb von Land in Indien untersagt, da hierdurch der dem
Christusorden zustehende Zehnte, worüber er verfügte, geschmälert wurde.')
Auch gegen das Gebahren der einzelnen Geistlichen wurden oft Klagen laut.
Beispielsweise schreibt ein Gouverneur von Mozambique im Jahre 1758, dass alle
Missionare ein zügelloses Leben führten und
, Hamilton 1 S. 251.
2) Vollständig in Chronista de Tissuary IV S. 97.
s>Archivo V S. i28o.
312 nichts anderes als Händler seien.') Anderweitig wird über dieselben gesagt, dass
sie kein anderes Bestreben gehabt hätten, als durch Handel ein Vermögen von
20ooo bis 50000 Pardaos zusammenzubringen, zum Genusse dieses Besitzes nach
Indien zurückzukehren und es schliesslich der Kirche zu vermachen.') Nicht
minder wirkte die 1560 gegründete Inquisition zum Verderben der
portugiesischen Besitzungen. Zwar war den Muhamedanern und Heiden
durchgehends das Verbleiben bei ihrem Glauben gestattet, und das Wirkungsfeld
der Inquisition sollte eigentlich auf diejenigen beschränkt werden, die sich einmal
zum Christentum bekannt hatten, aber nichtsdestoweniger verstand es die
Inquisition, auch Andersgläubige vor ihr unduldsames, unerbittliches Forum zu
ziehen. Der Verdacht eines ketzerischen Einflusses auf die Christen, die
Uebertretung derjenigen Vorschriften, welche die öffentliche Ausübung anderer
Religionen verboten, und die Einziehung zur Zeugnisablegung boten dazu
mannigfaltige Gelegenheit. Geradezu eine lähmende Furcht muss vor der
Inquisition geherrscht haben. In dem Schreiben eines Vizekönigs an den König
vom 19. Dezember 1729 wird diese Furcht als eine der hauptsächlichsten
Ursachen des Rückganges des Handels der portugiesischen Besitzungen
bezeichnet, da die heidnischen und muhamedanischen Kaufleute diese Plätze
mieden, weil sie nicht nur die leidenschaftlichen Beleidigungen der Inquisition
gegen ihre Religion, sondern auch Gefangensetzung in deren Kerker fürchteten, in
denen es in Kost und Absonderung der Kasten keine Rücksichten auf die für
Andersgläubige heiligen Gebräuche gäbe. Unverhohlen wird weiter in diesem
Schreiben der Inquisition der Vorwurf gemacht, dass sie durch die
ausserordentliche grosse Zahl von Einkerkerungen den Nordbezirk entvölkert und
dadurch veranlasst habe, dass die wichtige Seidenindustrie nach dem englischen
Gebiete übergesiedelt sei.')
Und wie die kirchlichen, so entsprachen auch die weltlichen Einrichtungen in
keiner Weise den Verhältnissen und waren eher geeignet, zu hemmen als zu
fördern. Undenkbar wäre es auch, wenn überwiegend minderwertige Einzelne
ihre Gemeinschaft und Staatsordnung besser gestaltet hätten. Allein schon das an
anderer Stelle eingehender behandelte System der Vorausbesetzung aller höheren
Stellungen auf Jahre im voraus, dass den ungeeignetsten Leuten zu Aemtern
verhalf, das keinem Beamten länger als drei oder vier Jahre denselben Dienst
beliess, und das mit sich brachte, dass stetig eingearbeitete Männer den uner1)
31s. Liss. Cons. Ultr. Cartas da India. Livro io Fol. 47 ff. Mozambique, 20. Juli
1758.
2) Joäo de Andrade Conro, Estudos sobre as Provincias Ultramarinas. II
(Moýambique), Lisboa 1883 S. 108.
') Vollständig in Biker VI S. 172 ff.
- 313 fahrenen zu weichen hatten, dazu dann der verderbliche Gebrauch, dass die
Staatsangestellten gleichzeitig Kautleute waren, ja dass vieler wärts, wie in
Ostafrika, der Amtsbezirk gleichzeitig ein den Beamten zur kaufmännischen
Ausbeutung gesetzlich zugewiesenes Arbeitsfeld war, konnten keine gute
Verwaltung bringen. Ueberall ist sichtbar, dass nicht für die Gesamtheit, sondern
vorwiegend zum Nutzen von einzelnen Bevorzugten gearbeitet wurde. Man geht
nicht zu weit, wenn man annimmt, dass die Kolonien nicht für die Nation,
sondern fast ausschliesslich zu Gunsten derer gehalten wurden, die durch Geburt,
Gunst und Einfluss eine Anwartschaft auf hervorragende Stellungen und damit
Vorteile hatten. Es mag dieses nicht die Absicht gewesen sein, aber gewiss war es
das Ergebnis. Dutzende und hunderte versorgungsbedürftiger Edelleute wurden
alljährlich hinausgeschickt und fielen der Verwaltung zur Last. Beispielsweise
gab es im Jahre 1730 in Goa nicht weniger als dreiundsechzig Marinekapitäne
und zweiundfünfzig Kapitänleutnants, die Gehalt bezogen oder auf Anstellung
warteten,') während gewiss gleicherzeit die Staatsflotte nicht mehr als höchstens
14 Schiffe, grosse und kleinste, alle eingerechnet, zählte. Nur im geringsten
Masse zogen weitere Kreise des Volkes aus den Kolonien Nutzen. Zuerst waren
alle wertvollen Handelszweige reines Regierungsmonopol. Doch auch nachdem
allmählich der Handel freier geworden war, konnten daran private Unternehmer
nur geringsten Anteil nehmen, da bis in die spätesten Zeiten hinein die Schiffahrt
von Portugal nach dem Osten auschliesslich von der Regierung selbst, entweder
durch eigene oder von Kontraktoren gestellte Schiffe, und ähnlich im Osten die
wichtigsten Verbindungen durch privilegierte Schiffe betrieben wurde.
Schliesslich konnte auch dieser Handel, selbst wenn er bedeutender gewesen
wäre, der Gesamtheit nicht von Wichtigkeit werden, weil Portugal keine
Handelsbeziehungen im weiteren Europa besass, durch die es zum Nutzen
anderer Kreise seiner Bevölkerung die eingeführten Erzeugnisse des Ostens hätte
vertreiben können. Ebenso brachte der Ausfuhrhandel dem Lande nur den
geringsten Vorteil, da es vollkommen an einer Industrie zur Erzeugung der
Ausfuhrwaren fehlte und alles, was für den Handel mit den Eingeborenen nötig
war, vom Auslande gekauft werden musste. Dass die zu gleichen Zeiten
getriebene Monopolwirtschaft, sowie die Verschmelzung von Obrigkeit und
Kaufmannschaft bei den Holländern und Engländern, im Gegensatze zu den
Portugiesen, zur Blüte führten, hat seinen offenbaren Grund darin, dass bei ihnen
privater Unternehmungsgeist die Angelegenheiten regierte und geeignete Leute
wählte, während in Portugal in erster
') Ms. Liss. Cons. Ultr. Cons. da India. Livro o Fol. 223.
314 Linie hohe Geburt und Beziehungen zum Hofe zu leitenden Stellungen verhalfen.
Auch brachte bessere Erfolge, dass die Holländer und Engländer ihre Angestellten
auf hohe Gehalte anwiesen, aber streng eigene Geschäfte untersagten, wogegen
die Portugiesen ihre Beamten ganz ungenügend bezahlten und dagegen
Nebenerwerb freigaben. Dann aber kamen auch in Holland und England die
Errungenschaften der Unternehmungen nach dem Osten durch die Aktionäre, auf
die sich der Gewinn verteilte, die Industrie, welche die Ausfuhrartikel erzeugte,
und den Zwischenhandel, welcher die Einfuhr vertrieb, der Gesamtheit ganz
anders zu gute. Vielfach ist als eine der Ursachen des Verfalles der
portugiesischen Kolonien im Osten die merkwürdige Verquickung von
krassem Materialismus im rücksichtslosen Gelderwerb mit weitgehendem
Idealismus in gleich rücksichtslosem Vorschieben des Christentums betrachtet.
Zweifelsohne ist es eine augenfällige Thatsache, dass bei der Eroberung des
Ostens diese beiden Triebfedern so Hand in Hand gingen, dass es häufig schwer
ist, zu erkennen, wo die Wirkung der einen aufhört und die Wirkung der anderen
beginnt. Auch in den späteren Zeiten hat viel der Einfluss der Geistlichkeit und
der Wunsch das Christentum zu verbreiten, bei wichtigen Entscheidungen den
Ausschlag gegeben und insbesondere bei den Verfügungen, welche von Portugal
aus erfolgten, stand häufig das Interesse der Kirche im Vordergrunde, aber
nichtsdestoweniger ist unverkennbar, dass materielle Interessen das Uebergewicht
hatten und nicht etwa allzu grosse religiöse oder kirchliche Gesinnung weltliche
Erfolge unmöglich machten. Derartige Religiösität wäre auch bei der Unmoralität,
die zweifelsohne unter den portugiesischen Machthabern im Osten vorgeherrscht
hat, unverständlich. Zur Erklärung, warum so häufig, oberflächlich betrachtet, die
Religion der Ansporn zum Handeln war, dient auch, dass von Anfang an die
Araber und Türken die mächtigsten Widersacher und Nebenbuhler der
Portugiesen im Indischen Ozean, sowohl im Handel wie in Macht, waren, und
dass der Kampf gegen diese Wettbewerber gleichzeitig ein Religionskrieg war.
Der Dank, der den Portugiesen gebührt, weil sie verhindert haben, dass türkischmuhamedanische Herrschaft in Ostafrika und Indien Fuss fasste, wird durch diese
Auffassung nicht geschmälert. Von ideellen Triebfedern haben den Portugiesen
wahrscheinlich Nationalstolz und Ehrgeiz, mehr als Religionseifer, geschadet.
Gewiss ist anerkennenswert, dass sie des Ruhmes ihrer Vorfahren gedachten
und erhalten wollten, was jene ihnen erobert hatten, und dass die Erinnerung an
die alte Glanzzeit desto lebhafter wurde, je misslicher sich die Gegenwart
gestaltete, aber dieses Gedenken verleitete zur Ueberschätzung der KTäfte.
Unverkennbar ist, dass der Wunsch, die grosse Herrschaft ganz zu erhalten, durch
die Zersplitterung der
- 315 Kräfte, zum Verderben beitrug. Gerade das Gedenken an den Ruhm und die
Thaten der Vorfahren verführte zu einem neuen Misskennen der Verhältnisse. In
der Grösse des für das kleine, arme Portugal von vornherein übermässigen
Besitzes liegt ein Hauptgrund für die geringe Entwickelung und den späteren
Verlust. In allem und jedem zeigen sich die ungenügenden Kräfte. Häufig wird
der Geldmangel Portugals als eine hauptsächliche Ursache des frühen Verfalls
genannt. Dass wirklich die ewige Oede im Staatsschatze die grössten
Verlegenheiten brachte, dafür geben die vorstehenden Abschnitte aus der
Geschichte Ostafrikas allerlei Beispiele, doch dieser Geldmangel sollte nur als
eine Erscheinung der allgemeinen Schwäche aufgefasst werden. Auch er zeigt,
dass das Wollen grösser war, als das Können. Nur mit Mühe und Not *war selbst
in den Zeiten, als noch europäische Gegner fehlten, die Herrschaft
aufrechterhalten worden. Es war eine Herrschaft, die nicht durch VerschnKlzung
mit den Interessen des Landes, nicht durch Hebung der Kultur und
Leistungsfähigkeit der Kolonien und nicht durch Verdrängung der Eingeborenen
oder deren Hinüberziehung zu den Anschauungen der Herrscher Wurzel
geschlagen hatte. Nur an wenigen einzelnen Punkten, wie Goa, Diu und Daman,
wo eine Vermischung mit den Eingeborenen stattgefunden hatte, und wo sich die
portugiesischen Eroberer durch Beteiligung am Bodenbau und an Handarbeit
wirklich dingesiedelt hatten, konnte ihre Herrschaft weiter bestehen. Gewiss
trugen die Verhältnisse, nicht zum mindesten die alte eingewurzelte Kultur des
Ostens, an den geringen Erfolgen einen grossen Teil der Schuld. Dass die
Portugiesen anderswo verstanden haben, wirklich zu kolonisieren, dafür ist
Brasilien ein glänzender Beweis.
Was von den portugiesischen Besitzungen im Osten im allgemeinen gesagt
worden ist, gilt unverändert für Ostafrika. Auch hier folgen auf die ersten Jahre
der nachdrücklichen Besitzergreifung zwei Jahrhunderte schlaffen Erhaltens, die
nur selten durch kraftvollere Thätigkeit unterbrochen wurden. Auch für hier ist
die Bedeutung der ehemaligen portugiesischen Herrschaft bei weitem überschätzt.
Im wesentlichen beschränkte sich die ganze thatsächliche Hoheitsausübung auf
die Verwaltung der Stadt Kilwa während der Jahre 1505-1512 und der Stadt
Mombasa während der Jahre 1591-1697. Ausserdem sind vielleicht, abgesehen
von
vorübergehenden Besetzungen infolge kriegerischer Ereignisse, gelegentlich für
kürzere Zeit portugiesische Beamte in Patta, Zanzibar und Pemba stationiert
gewesen, aber die anderen Städte und die übrige Küste haben kaum anders als
dem Namen nach unter portugiesischer Herrschaft gestanden. Nicht anders als
durch Einschränkungen im Handelsverkehr und durch die Verpflichtung, Tribut
zu zahlen, merden sie dieselbe
- 316
bemerkt haben. Ja, es sind Reihen von Jahrzehnten vorgekommen, während
welcher grosse Teile der Küste durch nichts an ihre Abhängigkeit erinnert wurden
und ihre Selbständigkeit behaupteten. Vollends haben die fernerliegenden, auch
damals mit dieser Küste in stetigen Verkehrsbeziehungen stehenden Länder, wie
Madagaskar, Südarabien und sogar die Komoro-Inseln immer ihre
Unabhängigkeit bewahrt.
Und ebenso unbedeutend wie die Machtausübung, war die wirtschaftliche
Thätigkeit der Portugiesen. So lückenhaft auch die Berichte hierüber sind, so steht
doch insbesondere fest, dass von einer irgendwie bedeutenden kultivatorischen
Kolonisation durch die Portugiesen keine Rede sein kann. Es mögen auf den
Inseln Mombasa, Zanzibar und Pemba von einzelnen oder auch von einem
Dutzend Portugiesen Versuche mit Anpflanzungen gemacht worden sein, die sie
durch Sklaven bearbeiten liessen, aber eine irgendwie ausgedehntere, mit
Landbau verbundene Besiedelung hat nie stattgefunden. Schon die zu belegende
Thatsache, dass in den beten Zeiten kaum hundert Portugiesen (ausser der
Besatzung von Mombasa) im ganzen Ostafrika nördlich des Kaps Delgado
wohnten, und dass meistens ihre Zahl ganz wesentlich geringer war, ist hierfür ein
Beweis. Ebenso ist an einen umfangreichen Handel nicht zu glauben. Sein
wichtigster Teil wurde durch das einmal alljährlich zwischen Indien und Ostafrika
verkehrende Schiff bewältigt. Für den jeweiligen Mbonopolinhaber, den
Kommandanten, wird er gewinnbringend gewesen sein, und ausserdem mag er
zwanzig bis dreissig Portugiesen ernährt haben, aber damit ist seine Bedeutung zu
Ende. Er beschränkte sich auf einen lebhaften Küstenverkehr, einen Austausch
von Waren mit Arabien und war im übrigen ganz von Indien abhängig. Von dem
ganz Unbedeutenden und nur vorübergehend Wichtigen abgesehen, verdient von
ganz Ostafrika nur die Stadt Mombasa als eine ehemalige portugiesische Kolonie
betrachtet zu werden. Aber auch ihre Bedeutung ist bei weitem überschätzt
worden. Häufig findet man als einen Massstab ihrer früheren Grösse angegeben,
dass sie zwanzig Kirchen besessen habe. Aber jeder beglaubigte Nachweis hierfür
fehlt, und die eingehendere Betrachtung der Gesamtverhältnisse lässt daran
keinen Glauben. Sollte die Zahl dennoch richtig sein, so ist sie missleitend, denn
sie wird nicht für Kirchen, sondern nur für bescheidenste, christliche
Andachtsstätten gelten, die -vielleicht Religionseifer aus elenden
muhamedanischen -Moscheen schuf. Dagegen sind aus allen Zeiten der
portugiesichen Herrschaft Belege zu bringen, welche dem portugiesischen
Mombasa jeden Glanz nehmen. Ausschlaggebend wäre schon, auch hier, die
geringe Zahl der portugiesischen Ansiedler, die sich wahrscheinlich nie übe4
fünfzig Familien erhoben hat. Aber auch kleine Dinge, wie z. B. dass im Jahre
1637 kein Zimmermann zurr Erneuerung
- 317
des Festungsthores') und im Jahre 1686 kein Schmied und kein Maurer zur
Ausbesserung der Cisterne in Mombasa') aufzutreiben waren, sodass dringliche
Gesuche um Entsendung solcher Handwerker nach
Goa
gerichtet werden mussten, lehren die wahre Beschaffenheit der Verhältnisse.
Und ebenso bestehen vielerseits übertriebene Vorstellungen von der
gleichzeitigen muhamedanischen Kultur. Gewiss hatten die portugiesischen
Entdecker nach den ersten Umseglungen des Kaps der guten Hoffnung alle
Ursache verwundert zu sein, an dieser Küste blühende Städte mit gesitteten
Einwohnern zu finden, wo sie eine von barbarischen Negern bevölkerte Wildnis
erwarteten. Aber die damalige Ueberraschung verleitete zu übertriebenen
Berichten, und diese wieder noch heute zu Trugschlüssen. Unstreitbar war Kilwa
eine betriebsame, ansehnliche Stadt, aber doch nicht bedeutender als andere
ostafrikanische Städte, wie sie in der Neuzeit vor zwei Jahrzehnten vor dem neuen
Eingreifen der Europäer dastanden, und unstreitbar gehört Kilwa »die
Herrscherin« mit seinen hunderten von Moscheen in das Reich der Fabeln. Das
Gleiche gilt von den anderen Städten. Ihre Ueberreste und die Prüfung der
ursprünglichen Berichte lassen daran keinen Zweifel. ') Der bekannte
portugiesische Geschichtsschreiber Barros sagt einmal geringschätzig mit Bezug
auf Ostafrika: wie die Staaten, so die Könige,4) und kaum bedarf es hier noch der
Schlussziehung, dass auch der Nimbus, welchen willkürliche Verherrlichung und
Sage den ostafrikanischen Herrschern, insbesondere den Melinde-Königen
beigelegt hat, vor der näheren Untersuchung schwindet, und dass sie zu
machtlosen und oft bettelarmen Stadthäuptern und Dorfschulzen
zusammensinken. Richtig sagt auch ein Beobachter im Jahre 1571, dass sie nicht
den hohen Titel von Königen, nur von Scheiks verdienten.')
In das Innere des Erdteils sind die Portugiesen von dem nördlichern Ostafrika aus
nie eingedrungen. Ueber einen frühen, derartigen
) Ms. Liss. Livros das Moncaes No. 40 Fol. 257- Mombasa, 14. April 1637
2) Ms. Liss. Cons. Ultr. Cons. R\es. No. 831. Goa, 23. November 1686.
3) Für Melinde könnte der Glaube an ehemalige Grösse dadurch aufrecht erhalten
werden, dass P. Monclaio (157i) nach eigenem Augenschein erzählt, dass viele
Häuser durch das Meer zerstört wären und die Reste noch alte Pracht zeigten. Es
könnte hiernach an eine verheerende Sturmflut gedacht werden. Indessen alle
anderen Berichte lassen keinen Zweifel, dass Melinde, auch früher und in den
besten Zeiten, zu den kleinsten ostafrikanischen Städten gehörte. P. Monclaio
suchte wahrscheinlich eine Erklärung, als die vielgerühmte Stadt in voller
Bedeutungslosigkeit vor ihm lag. Boletim da Soc. de Geogr. de Lisboa 1883. S.
5oo.
4) *Barros III S. 21.
5) Boletim da Soc. de Geogr. de Lisboa 1883 S. 501.
318
Versuch berichten Jesuitenbriefe, dass ungefähr um das Jahr 1523 zwei
Portugiesen von Melinde mit dem kühnen Vorsatze aufbrachen, den
gerüchtsweise bekannten, grossen innerafrikanischen See und die Quellen des Jub
zu erreichen, doch schon nach elf Tagen entmutigt zur Küste zurückkehrten.') Um
mit Abessinien und dem Priesterkönig Johannes in Verbindung zu treten, waren
schon auf der Entdeckungsfahrt an dieser Küste verbannte Portugiesen gelandet
worden, die einen Ueberlandweg suchen sollten, doch blieb natürlich dieses
Beginnen erfolglos. Fünfzig Jahre später, nachdem die Portugiesen durch das
Rote Meer und über Massaua Abessinien längst erreicht hatten, ihnen dieser Weg
aber durch die Türken wieder verlegt worden war und 400 Portugiesen unter D.
Christaväo da Gama, die abenteuerlich ritterlicher Weise den christlichen
Abessiniern als Hilfstruppen zugesandt gewesen waren, in diesem Lande
zurückgeblieben waren, wurde der Gedanke an die Herstellung einer Verbindung
auf dem Ueberlandwege von den ostafrikanischen Häfen aus wieder lebendig.
Unablässig wurde seit dem Jahre 1546 daran gedacht, jenen Portugiesen und ihren
Nachkommen Seelsorger zuzusenden, um sie im katholischen Glauben zu
erhalten. Wieder und wieder wurde nach der Besetzung Mombasa's im Jahre 1592
von Lissabon und Goa der Befehl erteilt, von Mombasa, Melinde oder Barawa aus
den Weg zu eröffnen. Von Mombasa wurde damals berichtet, dass zwar die Wege
von Barawa nach Abessinien bekannt und auch in früheren Zeiten begangen
seien, doch dass derzeit die Reise wegen der zwischenwohnenden Galla
unmöglich sei.') Beiläufig erwähnt ist diese damalige Wissenschaft nicht
unglaubwürdig, da auch heute noch die Einwohner der SomaliStädte die Lage von
Abessinien in ihrem Hinterlande kennen. Wirklich versuchte im Jahre 1623 der
Jesuitenpater Jeronimo Lobo diesen Weg zu nehmen. Von Patta segelte er in
einem Boote nach dem Jub, den er hinaufzufahren beabsichtigte, aber seine
Erkundigungen an Ort und Stelle überzeugten ihn von der Unmöglichkeit, sein
Vorhaben durchzuführen. Auch er sah in den nomadisierend und raubend
umherziehenden Galla das Haupthindernis.") Die einzige bedeutende
Binnenlandsreise in dem nördlicheren Ostafrika, über die berichtet wird, ist eine
Reise, die Gaspar Bocarro im Jahre I616 ausgeführt haben will. Er behauptet, in
53 Tagen von Tete am Zambesi nach Kilwa gezogen zu sein. Er will diesen Weg
gewählt haben, um Feindschaften in Sofala
') Le R. P. Brucker, Ddcouvreurs et Missionaires dans l'Afrique Centrale au XVI
et au XVII Siýcle. Lyon 1878, SA- S. 787.
2) Archivo Oriental III S. 443.
8) Lobo S. 26.
319 und Mozambique zu entgehen, und es wäre eine Leistung, welche noch jetzt am
Ende des 19. Jahrhunderts Anerkennung finden würde. Doch da er keine
Einzelheiten giebt, durch welche die Wahrheit seiner Behauptung zu ergründen
ist, und da weiter die angebliche Veranlassung dieser Reise, nämlich die
Endeckung von reichen Silberminen am Zambesi und die Ueberbringung von
Erzproben aus diesen Minen,') offenbarer Schwindel ist, hält es schwer, an das
Ganze zu glauben. Wahrscheinlicher ist, dass die Eingeborenen der Küste tief in
das Innere hinein Züge machten. Hierfür spricht, dass unzweifelhaft eine sichere
Kenntnis der innerafrikanischen Seen vorhanden war. Ausdrücklich verzeichnen
auch Legenden auf alten Karten bei diesen Seen, dass die Mauren von Melinde,
worunter alle arabischen oder halbarabischen Küstenbewohner zu verstehen sind,
hierher Handel trieben.') Diese Angaben sind allerdings in erster Linie auf den
bekannten Verkehr von der Sofalaküste nach dem Nyassa zu deuten, der auch
anderweitig beglaubigt ist. Auch ist wohl möglich, dass die Kenntnis von den
innerafrikanischen Seen nicht durch Reisende, die von der Kiste aus ins Innere
gingen, sondern durch binnenländische Negerstämme erworben ist, die bei den
derzeitigen Völkerwanderungen oder auf regelmässigen Handelsreisen, wie sie
noch heutzutage gemacht werden, zur Küste gelangten. Das weitere Wissen der
Portugiesen von dem Innern beschränkte sich auf eine vage Kenntnis eines
hohen Berges, des Kilima-Nscharo, im Hinterlande von Mombasa. Der einzige
Beleg hierfür ist eine Stelle in der Geographie von Fernandez de Enrico (1519), in
dem von einem Mons Olympius gesprochen wird, und der Umstand, dass
nirgendswo sonst auf Karten dieser Berg verzeichnet wird, lässt nicht
ausgeschlossen erscheinen, dass hier Willkür und blinder Zufall das Richtige
getroffen haben. Ueberraschend gering zeigen sich auch nach den derzeitigen
Seekarten und Berichten die Kenntnisse der Portugiesen von der Küste und ihren
Häfen. Mehr oder weniger scheint die Schiffahrt geradezu stetig von einigen
erfahrenen Lotsen abhängig gewesen zu sein. Es sind dieses Mängel, die nicht nur
nach den gesteigerten Ansprüchen der Neuzeit hervortreten, denn sie wurden auch
schon in den Jahren 1698-17oo, als für die Hilfsexpeditionen nach Mombasa in
Goa keine Karten der ostafrikanischen Küste und keine Lotsen aufzutreiben
waren, bitter beklagt, und ebenso wurde auf den Schiffen, welche im Jahre 1698
vor Mombasa lagen, die Unzuverlässigkeit der Karten und Segelanweisungen
beschämend empfunden. Zweifelsohne vorwiegend auf portugiesischen Angaben
fussend, zeigen auch die
) Bocarro S. 598ff.
2) U. A. Karte in Lobo.
- 320 bekannteren Landkarten früherer Jahrhunderte über die geographische Lage
wichtiger Orte grosse Unsicherheit. So erscheint Melinde nach den Karten:
Südbreite
Ostlänge von Kap Verde
von Ruysch v. J. 15o8 auf 30 30'
680
Gastaldi 1, 564 , - 40'
690 io'
Mercator , 1569 ,
20 30'
640 30'
Dudley , i647 ,
2045'
58045'
Scherer , [703 ,, 20
620 45'
während nach den Feststellungen der Neuzeit
30 12'
570 45'
das Richtige ist.') Bei dieser Vernachlässigung naheliegender wichtiger Fragen
bedarf es kaum der Erwähnung, dass auch keinerlei eingehendere Untersuchungen
über Land, Völker und Natur erfolgt sind.
Als greifbare Erinnerung an die zweihundertjährige Herrschaft der Portugiesen
über diese Küste ist heutzutage wenig geblieben. Ausser dem Vasco da GamaPfeiler bei Melinde, den geringen Ueberresten der Festung auf Kilwa, der stolzen
Festung Jesus von Mombasa und einigen sonstigen Befestigungen auf der Insel
Mombasa ist kaum etwas zu
nennen. Bemerkenswerter Weise überliefern diese steinernen Zeugen die
Hauptabschnitte aus der Geschichte ihrer Erbauer an dieser Küste. Sie erinnern an
die ruhmreiche Entdeckungsfahrt, an den verfehlten Versuch der Niederlassung in
Kilwa und erzählen schliesslich, wie mit höchstem Kraftaufwande in Mombasa
ein Bollwerk gegen auswärtige Feinde und eine Zwingburg gegen die
Eingeborenen geschaffen wurde. Fast ohne andere Spuren zu hinterlassen, sind
diese zweihundert Jahre entschwunden, und hauptsächlich sucht man heute
vergebens nach Eindrücken, die in der geistigen Entwicklung des Volkes
zurückgeblieben wären. Ausser einem halben Dutzend Wörtern, welche aus der
portugiesischen in die Suaheli-Sprache übergegangen sind,2) wäre nichts zu
nennen. Vollends von dem Christentume, was damals eingeführt wurde, ist nichts
geblieben. Es musste schwinden, weil nicht Belehrung und Ueberzeugung,
sondern Bekenntnis und Taufe das Hauptziel waren. Nicht einmal die
Ausbreitung des Islam unter den Heiden hat durch die glaubenseifrige christliche
Herrschaft verhindert werden.können. Sogar in
) A. E. Nordenskiold, Periplus, an Essay on the early History of Charts and
Sailing Directions. Stockholm 1897, S. i6i.
2) Nach oberflächlicher Durchsicht gehören hierher die Worte: mesa- Tisch,
bendera Flagge, maschela--- Sänfte, gueresa = Festung (von igreja = Kirche) und
lilam - Versteigerung. Bei vielen anduren Worten ist zweifelhaft, ob sie direkt,
oder auf dem Umwege durch das Portugiesische aus dem Arabischen in das
Suaheli gelangt sind.
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, u Id VIII. Vascorfe dan a stfionen er Mline. -est
- 321
MAZE
der Provinz Mozambique wuchs die Zahl der Muhamedaner, und der König sah
sich veranlasst, dagegen im Jahre 1741 strenge Massregeln anzuordnen.') Es
klingt fast wie ein Hohn, dass ein von den Portugiesen zurückgelassenes
Marienbild noch um das Jahr 1840 von den heidnischen Negern bei Mombasa als
Kriegsgott verehrt wurde.2)
Ebensowenig wird die Portugiesenherrschaft die materielle Entwicklung des
Landes gefördert haben. Zwar entfällt in diese Zeit die Einführung der wichtigen
Kulturpflanzen Maniok, Mais und Ananas, sowie auch von Tabak (zuerst erwähnt
1698), doch ist nicht anzunehmen, dass die Portugiesen bei ihrer geringen
kultivatorischen Thätigkeit zu deren Anbau besonders angeregt haben. Von
Maniok ist dazu bekannt, dass er erst um 1750 von Brasilien nach Mozambique
eingeführt worden ist und sich von dort allmählich weiter verbreitete. An seiner
Einführung in dem nördlicheren Ostafrika haben somit die Portugiesen nur ein
indirektes Verdienst. Dagegen sind die Nachteile offenbar, die jedem einzelnen
Eingeborenen aus den Beschränkungen des Handels, Frohnden und
Tributzahlungen erwuchsen. Undenkbar ist auch, dass unter Machthabern, von
denen die Beamten zur Ausnutzung ihrer kurzen Amtszeit auf schnellen
Gelderwerb angewiesen waren, und von denen die Privatleute, wie ein derzeitiger
portugiesischer Geschichtsschreiber sagt, zu einer Menschenklasse gehörten,
welche überall, wohin sie kommt, Aergernis erregt,') Glück und wirtschaftliches
Gedeihen der Unterthanen geherrscht haben können. Auch liegen keinerlei
Anzeichen vor, dass die portugiesische Herrschaft neue Wege oder Waren für den
Handel oder eine Vergrösserung der Menge der Bodenerzeugnisse brachte. Im
Gegenteil, die Hauptquelle des ehemaligen Wohlstandes der Städte, der
Goldhandel von Sofala, wurde verschlossen, und nichts an seine Stelle gesetzt. Es
kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Eingeborenen durch die portugiesische
Herrschaft die Verlierenden waren. Ebenso aber unterliegt es keinem Zweifel,
dass dem portugiesischen Volke und Reiche in seiner Gesamtheit die Herrschaft
über das nördlichere Ostafrika keinen Nutzen, sondern nur fortdauernde Opfer an
Menschen, Geld und dazu Verlegenheiten eingetragen hat.
Für die Gegenwart ergeben sich aus den Erfahrungen der Portugiesen kaum
nutzbringende Lehren. Zu sehr haben sich die Verhältnisse auf allen Gebieten
menschlicher Thätigkeit verändert. Unendlich hat sich durch die Fortschritte der
Neuzeit die Kluft zwischen Naturvölkern und Europäern, zum Uebergewicht der
letzteren, erweitert. Im Kampfe
) Archivo VI S. 589.
2) Krapf II S. 475.
8) Couto XII S. 8.
Strandes, Ostafrika.
21
322
stehen sich nicht mehr Mann gegen Mann, sondern vorwiegend die; Güte der
Waffen gegenüber. Durch die Telegraphen und Dampfschiffe sind die
Entfernungen verringert, und der Europäer kann sich in ganz anderem Masse als
früher bei seinen Unternehmungen im fernen Osten auf die Hülfsmittel der
Heimat stützen. In allen Zweigen der Kolonisationsthätigkeit sind diese
Aenderungen zu bedeutend, als dass die Erfahrungen früherer Jahrhunderte heute
einen grossen Nutzwert haben könnten. Auch in der Behandlung der
Eingeborenen braucht der Europäer nicht mehr aus früheren Jahrhunderten zu
lernen. Von wirtschaftlichem Nutzen ist es vielleicht nur zu wissen, dass die
Portugiesen in dem alten Ostafrika nichts ausgebeutet haben, was nicht auch die
Neuzeit kennt, und dass es ununterbrochen und unerschütterlich seit vielen
Jahrhunderten von Vorderindien wirtschaftlich abhängig ist. Schliesslich könnte
auch, wenn es hierfür weiterer Bestätigungen in der Weltgeschichte bedürfte, die
Geschichte der Mombasa-Küste den Beweis liefern, dass kein Kolonialbesitz
gedeihen und dauernd bestehen kann, bei welcher Herrschaft und Ausbeute
desjenigen, was die Eingeborenen erzeugen, die Hauptsache ist, und in welchem
die Entwicklung des Landes und die Vermehrung der Erzeugnisse durch eigene
Unternehmungen, ebenso wie die Herüberziehung der Eingeborenen zur
Gesittungsart der Herrschenden, fehlen.
Die Portugiesenherrschaft Ostafrikas war eine Herrschaft fremdbleibender
Eroberer, die nur auf Waffengewalt gestützt war, und die weichen musste, als
Mächtigere erschienen. Sie hat auf die Gestaltung des Landes und seiner
Bewohner auch nicht den geringsten nachwirkenden Einfluss gehabt und
Ostafrika würde heute unverändert aussehen, wenn in seiner Vergangenheit die
Portugiesenzeit fehlte.
ANHANG.
ANHANG 1.
Geld und Geldeswert.
Vergleiche zwischen früheren Jahrhunderten und der Jetztzeit über den
wirtschaftlichen Wert von Geldbeträgen sind bekanntlich ausserordentlich
schwierig. Nur umständliche Ermittlungen würden für den Einzelfall
einigermassen verlässige Ergebnisse bringen. Aber selbst wenn es gelänge, für
zwei zu vergleichende Perioden die gesamten Lebensbedürfnisse für eine
grössere, alle Stände umfassende Gemeinde zu berechnen, so würden die
gefundenen Vergleichungszahlen doch ohne weiteres kein richtiges Bild geben,
da in weit auseinanderliegenden Zeitpunkten dasjenige, was als
Lebensnotwendigkeit gilt, gWvaltig wechselt. Aus dem gleichen Grunde sind
auch die meisten vielseitig gemachten Aufstellungen, die aus den Getreidepreisen
den jeweiligen wirtschaftlichen Wert des Geldes ermitteln wollen, nicht
weitergehend stichhaltig. Wenngleich zugegeben ist, dass der Aufwand für Brod
und Getreide, als Hauptposten für den Lebensaufwand des
Durchschnittsmenschen, einen vorzüglichen unabänderlichen Wertmesser
abgiebt, so verbietet doch der Gedanke an den Wechsel und die Verschiedenheit
der sonstigen Lebensbedürfnisse den Glauben an volle Gültigkeit. Verlässigere
Schlüsse wären bestimmt aus der Vergleichung der Mindestlöhne einer
bestimmten Klasse von Arbeitern, am besten der ländlichen Arbeiter, zu ziehen.
Jeder Versuch aber in dieser Richtung wird wahrscheinlich auf unüberwindbare
Schwierigkeiten dadurch stossen, dass in früheren Perioden der reine, volle
Arbeitslohn gar nicht festzustellen sein wird, da ausser Baarlohn weitere
Leistungen in Naturalien gemacht worden sein werden, deren Geldwert nicht
greifbar ist, und ausserdem für weiter zurückliegende Zeiten
Hörigkeitsverhältnisse, obrigkeitliche Lohngesetze u. dgl. die richtige Erkenntnis
unmöglich machen.
Jedenfalls muss man darauf verzichten, diese Fragen mit anderen, als bedingten,
überaus mangelhaften Zahlen zu beantworten. Immerhin
- 326 kann man sich aus den Preisen, welche die wichtigsten Lebensbedürfnisse in
früheren Perioden gehabt haben, einen annähernden Begriff von der Kaufkraft des
Geldes in derselben Periode bilden. Aus umfassenden, verlässigen
Untersuchungen, die über die Preise der verschiedensten Lebensbedürfnisse im
Elsass angestellt worden sind,') ergeben sich die folgenden Schlüsse:
Perioden Preise im allgemeinen 1 Kaufkraft des Geldes
Prozentverhältnis Prozentverhältnis
I50--1525 1526-1-330 55 -575 I576-i6oo 16oi-i625 1626-i65o 1651-i675
1676-1700 1701-1725 1726-1750
175 1-1775 1776-I8OO
1801-1825 i826-ir85o I85I-I875
100
100.0
132
75.4
I86
53.8
237
42.2
246
40.6
Preisangaben wegen Kriegszustand nicht massgebend
222 315
237 235
236 348 486 478 578
45.0
31.8 42.2
42.6 42.4 28.7 20.6 20.9 17.3
Diese Angaben beziehen sich nur auf das untere Elsass. An ähnliche Aenderungen
in der Kaufkraft des Geldes in ganz Mitteleuropa kann geglaubt werden, da
wirklich beständig gewordene, nicht nur örtliche, vorübergehende
Wertänderungen auch in grösseren Ländergebieten eingetreten sein müssen.
Weniger sicher ist anzunehmen, dass die gleichen Verschiebungen auch sofort
und in gleichen Abständen in überseeischen Ländern erfolgt sind. Aber selbst
unter voller Würdigung des Umstandes, dass in früheren Zeiten der Austausch der
Güter zwischen Europa und den anderen Erdteilen, insbesondere Ostasien,
unvergleichlich geringer gewesen ist als heute und hauptsächlich der Austausch
von Getreide und damit der Wertausgleich dieses in erster Linie bestimmenden
Artikels kaum der Rede wert war, ist unabweisbar,'dass dennoch, wenn auch wohl
langsam folgend, die Hauptursache der Wertveränderung oder durchgehenden
Warenentwertung in Europa, nämlich die Zunahme der Produktion der
Edelmetalle, auch im fernen Osten gewaltige
1) Göttingische gelehrte Anzeigen 1879 Stück 12 S. 382 fr. nach ,Etudes
dconomiques sur l'Alsace ancienne et moderne" par l'Abb A. Hanauer, Paris
1876-8.
- 327
Wirkungen auf die Kaufkraft des Geldes ausgeübt haben
muss.
Unablässig beglich Europa den grössten Teil seiner Einfuhren aus Indien mit
Baargeld. Jedem portugiesischen Geschwader wurde ein »Kapital« zur
Bezahlung der Gewürzladungen mitgegeben. Beispielsweise wurden derartig im
Jahre 1578 13oo ooo Dukaten = ungefähr M. 12 350000,(Rebello da Silva IV S.
571) in Silber verschifft. Ganz bestimmt muss Indien den Einfluss dieser
grösseren Zufuhren von Edelmetall durch Geringerwerden der Kaufkraft des
Geldes verspürt haben. Zusammen mit Indien wird die ostafrikanische Küste, als
wirtschaftliches Anhängsel Indiens, das Gleiche erfahren haben. Dass dennoch für
Europa anzuerkennende summarische Zahlenvergleiche nicht ohne weiteres auf
Indien und Ostafrika übertragen werden dürfen, bedarf keines Hervorhebens.
Der jeweilige innere Goldwert der portugiesischen und indischportugiesischen
Währung hat sich nur umständlich bestimmen lassen. Trotz endlos wechselnden
Gehaltes sind in Portugal seit dem im. Jahrhundert stetig unverändert die alten
Bezeichnungen Milreis und Reis beibehalten worden. Hierdurch irregeleitet,
haben die Bearbeiter altportugiesischer Verhältnisse fast durchgehends den
Milreis ihrer Zeit auch für frühere Zeiten zu Grunde gelegt.') Um zu richtigeren
Werten zu kommen, ist im Nachfolgenden der Goldgehalt, den die Münzen bezw.
die Währung haben sollten, nach den jeweiligen Münzordnungen, und wo
angängig, nach Vergleichung mit fremdländischen bekannten Münzen
ausgerechnet:
Königreich Portugal.
Gewicht und Feingehalt nach den Angaben in Manuel Bernardo Lopes
Fernandes,Memoria das Moedas Correntes emPortugal, Lisboa 1856-1857
Grundlagen: i altportugiesische Mark - 229.5 Gramm, i Kilogramm Feingold
- M. 2784.-.
ui Milreis i Crusado
Um-UmJah N ru- Rauh- Fein- Gold- i Gold Jahr Name der Münzeagewicht
gehalt
laufswert gräos
wert wert wert
Reis gräos quilates Mark Reis Mark
1499
Crusado
390 71/4' 24 25.33 390 9.88
1517
,
400 711/ 24 24.70 400 9.88
1538
,,
400 711/ 225/s 23.28 400 9.31
1555 S. Vincente i OOO I53/5' 221/~ 19.63 400 7.85
1) Rühmliche Ausnahmen hiervon sind: Henry Yule & A. C. Burnell,
HobsonJobson, being a Glossary of Ajnglo-Indian Colloquial Words and Phrases,
London 1886, und E. G. Ravenstein, A. Journal of the first Voyage of Vasco da
Gama, London, Hakluyt Society 1898.
- 328
i Crusado
Umi Milreis
r
Rauh- Fein-UmJahr Name der Münze laufs- Rauh- Fein
Goldwert igewicht gehalt wert l wert wert
Reis gräos quilates Mark Reis Mark
1578-8o Cinco Testöes 1584
Crusado
1 598- I62 1 Quatro Crusados
1642
,,
1646 1662 1668 1672 1688 1718 1721
1722
777-99
1302 1818
1826 1838
1847 1847
I854
Moeda de Ouro
Crusado Novo
Dobrao 24
Escude Peýa
500,
400 i 6oo. 3 000
3 500; 4 000
76'/5>
246 /,3 246 246 246
4 400 246 4000 216 4800 216
480 2I /5
000 io8o
i6oo 72 6400 288
Engl. Guinee 3 733
Peýa
6400
Engl. Sovereign
Coroa
288
7 500 288
4 120
4 500
5 000 Isa Io ooo 177,3 g91
2'/s 19.63 2 21/8 19.67 221/8 19.67 22 10.42 22
8.93
22 7.82
22 7.11
22 6.86
22
22 5.72 22
5.72
22 5.72
22 5-72
22 5.72
-- .74
Gold-
u-
22 5."72
22 4.88
4.96
- 4.54
22 4.58
62/3/1000 4.54
Seit 1891 entwertete Papierwährung, selbst die Scheidemünze zum Teil
durch Papier ersetzt. Kurswert 1899 1 Milreis = M. 3.20.
An merkung~ Die gesetzlichen Zahlmittel sind immer gleichzeitig Gold und
Silber gewesen, doch hat der Verkehr dasjenige Metall benutzt, das jeweilig
gegen das andere Metall Vorteil bot. Hierin musste die Gesetzgebung und
Prägung durch Umwertung und neue Wertverhältnisse zwischen Gold und Silber
folgen. Derartig erklärt die stetige Verringerung des Geldwertes des Silbers, die
im Laufe der Jahrhunderte erfolgte, einen Teil der Entwertung des Milreis, indem
den Goldstücken ein höherer Nennwert in Silberreis beigelegt wurde. Andere
Neubewertungen waren rein fiskalische Massregeln. Wenn man einige Jahre
herausgreift, zeigt sich in den portugiesischen Prägungen der Wert von Gold zu
Silber wie folgt: 1499 1 :10.78, 158o i:Io. 1646 1:15.2, 1688 I: 16, 1750 1:13.6 (?)
und 1835 1:15.5.
400 400
400 750 875
1000
480 480 480 480 480 480 480
7.85 7.87
7.87 7.82 7.82
7.82 7.82
2.75 2.75 2.75 2.75 2.75
2.75
2.34
329
Portugiesisch-Indien (Goa).
Gewicht und Feingehalt, soweit keine andere Quelle angegeben
ist,
nach J. Gerson da Cunha, Contributions to the Study of Indo-Portuguese
Numismatics, Bombay I88O-i883.
Grundlagen wie oben, ausserdem: i venet. Zechine = 3.485 Gramm Rauhgewicht
ca. 977'1o0o Feingehal == NI. 9.5o.
I Silberpar-'
ilMildao oder
i Goldpardao Xerafine tz Umlaufs-' Rauh- Fein- reis Gomdaardaool erai Jar
Name der
i UmlaufsJ Gold-,-'
Iünze wert "gewicht.gehalt !Gold
Reis
wert wert ei
wert
SReis
gräos quil. Mk. Reis M.Reis NIk.
1548:9i S. Thomas 1554 Crusado de
Portugal de
lei novo
:Ven. Zechine 1582
vor i618
1631 S. Thomas
Pagoda
1713 S. Thomas
1003 193'14 ' 20'/2 22.88
420 420
6oo
690-720
912 1 S52 1500
i 711
22 22.16!
ý22.62i 15.83:
7.98 300 6.65 8.14 3oo 6.78
13 47;320-340 4.45 300 4.04
663 4 561/2
I790 ~6.91 i8 3.91
300 2.07 300 1.17
Anmerkung. Ueberwiegend bestanden die Umlaufsmittel in Silber und die
Goldstücke hatten einen schwankenden Kurswert. Neben dem in Goa geprägten
portugiesischen Gelde waren viele Sorten einheimisch-indischer Münzen im
Verkehr. Vorwiegend wurde nach Silberpardao, auch Xerafinen benannt, mit der
Unterabteilung von fünf Tanga, gerechnet. Als Scheidemünzen waren Bazarucos
im Verkehr, die aus Kupfer, Zinn und Blei allein, oder aus einer Mischung dieser
Metalle geprägt oder gegossen waren. Der Umlaufswert dieser Scheidemünzen
schwankte nach dem Werte der Metalle und nach der Willkür der Vizekönige
zwischen einem und tier Reis. Im Jahre 1598 wurde in den portugiesischen
Staatshaushaltsrechnungen (nach Falcäo) der europäische Milreis dem indischen
Milreis gleichwertig erachtet. In den Jahrzehnten vor und nach 16oo erscheinen
häufig in den Berichten allgemein gehaltene Klagen über Schwankungen der
Währung und grossen Minderwert der Münzen. Schliesslich ist um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts aus einer DoppelXerafine oder Doppel-Pardao die Rupie
geworden.
)Antonio Nunes JS. 32.
iArch. Or. 1 S. 519
nach
mittlerem jUmlaufsý wert
330
Nördliches Ostafrika.
Während für die Provinz Mozambique schon 1646 ein besonderer Silbercrusado
(400 Reis) und später verschiedene Kupfermünzen geschlagen worden sind, darf
als sicher angenommen werden, dass für das nördliche Ostafrika von den
Portugiesen nie besondere Münzen gebraucht wurden, und dass diese Gebiete in
ihrer Währung im wesentlichen dem portugiesischen Indien folgten. Als einziger
in Ostindien nicht vorkommender Wertmesser ist für ganz Ostafrika (auch
Mozambique) das Metikal, ein Gewicht ungemünzten Goldes, zu nennen.
Dieses Metikal ist ein altarabisches Goldgewicht, das schon für das Jahr i 144 im
Königreich Portugal nachgewiesen-ist (Fernandes S. 27), sehr wahrscheinlich
aber auch in Ostafrika, schon vor Ankunft der Portugiesen, gebräuchlich war. Der Wert stellt sich wie folgt: nach Gaspar Gama (ioo)
(Peschel »Das Rote Meer«.
Deutsche Vierteljahrsschrift 1855 III S. 71)
i Metikal = I1/4 Zechine zu M. 9.5o =- i Zechine nach Hans Mayr Bl. 6a (15o5)
i Metikal = 46o Reis zu M. 25.33 = i Milreis nach Barros III S. 31 (1552)
500 Metikal = 584 Crusados zu M. 23.28 I Milreis nach Antonio Nunes S. 55
(I554)
47;/2 Metikal = i Marco = i Metikal.= 4.83 Gramm
Gold ... .......... .. (falls Feingold)
nach demselben S. 63 in Melinde
i Metikal = 360 Reis ...... ......
nach demselben S. 64 in Sofala
i Metikal = 467 Reis .... ...........
nach Damiäo Goes 1 S. 79 (I558)
i Metikal = 420 Reis zu M. 23.28 = i Milreis nach San Roman S. 69 (1603)
2000 Metikal = 328o Dukaten 6 Reales kast. Währung
zu M. 9.23 = i kast. Dukaten.. . . . .. . .
nach Fernandes S. 333 (? 1843)
Barrinhas de Ouro von 21/2 Metikal werten in Mozambique 66oo Reis zu M. 4.54
= i Milreis ....
- M. I1.88
- M. I1.65
- M. 10.78
- M. 13.45
- M. 8.38
- M. 10.87 = M. 9.78 = M. 15.13 = M. 11.98
Diese stark von einander abweichenden Angaben finden zum Teil ihre Erklärung
darin, dass der Wert an den verschiedenen Plätzen verschieden war. Dieses
scheint wenigstens aus den verschiedenen Angaben von Antonio Nunes, der
gewiss als verlässig zu betrachten ist, hervorzugehen. Die Abweichungen für ein
und denselben Platz bleiben aber unverständlich. Man w-ird nicht zu weit
fehlgehen, wenn man für Kilwa
- 331
dem deutschen Kaufmann Hans Mayr folgt und den Wert eines Metikal mit
ungefähr M. 12.- annimmt. Hierfür spricht auch, dass die Mehrzahl der anderen
Angaben dieser Zahl nahekommt.
Der Pardao ist diejenige Münzeinheit, in der in den portugiesischen Angaben über
Ostafrika die Geldbeträge hauptsächlich ausgedrückt werden. Ebenso wie in
Indien wird, wo nicht ausdrücklich vom Goldpardao gesprochen wird, der
Silberpardao oder Xerafine (= 3oo Reis) gemeint sein. In Berichten aber, die im
Jahre 1637 aus Mombasa geschrieben sind (Ms. Liss. Livros das Monröes No. 4o
Fol. 274), werden die den Suaheli-Inseln auferlegten Strafgelder besonders als
Pardao-Pattageld (Pardao moeda de Patta) und ebendort an anderer Stelle als
Pardao de cinco Larims näher bezeichnet. Hiernach wäre in Ostafrika stellenweise
der Pardao des Persischen Golfes gängig gewesen oder hat wenigstens als
Wertmesser gedient. Der Larim war eine weit verbreitete Werteinheit in der
seltsamen Form eines zum Doppelringe gewundenen bleistiftdicken Silberdrahtes,
der an beiden Enden gestempelt war. Das Gewicht eines solchen Silberringes wird
auf 4.883 Gramm (Antonio Nunes S. 61) oder 4.439 Gramm bis 4.665 Gramm
(Cunha III S. 44) angegeben. Im Jahre 1684 wurde ein Larim in Goa für 75 bis 8o
Reis angenommen (Cunha III S. 65). Ein Pardao von fünf Larim wertete somit
ungefähr 4oo Reis. Dieses wird auch dadurch bestätigt, dass in den angezogenen'
Mombasa-Briefen vom Jahre 1637 in einem Atem von denselben Beträgen bald
als Pardao, bald als Crusado, die auch im Sprachgebrauche 4o0 Reis galten,
gesprochen wird. Für die in Rede stehende Zeit wäre hiernach ein Patta-Pardao
wahrscheinlich 4o0 Reis oder M. 2.76 wert gewesen.
Bazarucos, die schon oben genannten potugiesisch-indischen Scheidemünzen
aus Zinn, Blei etc., waren auch in Ostafrika im Umlauf. U. a. wurde im Jahre
1633 von Goa nach Mombasa der Betrag von 25oo Xerafinen in diesen kleinen
Münzen geschickt, da sich nach der Wiedereinnahme Mombasa's eineErneuerung
der Umlaufsmittel erforderlich gezeigt hatte (Ms. Liss. Livros das Monýöes No.
3o, Goa, 4. Febr. 1633). Auch eine Zurücksendung in Mombasa überflüssiger
Bazarucos scheint um das Jahr 1687 vorgekommen zu sein (Cunha IV S. 88). Der
Name Bazaruco hat sich übrigens noch heute in der Verstümmelung Basurku in
Mombasa erhalten. Ja, unter dem gleichen Namen wurden sogar Blei- oder
Zinnmünzen in Mombasa selbst 3vährend der Regierung von Hammis ben
Hammed (ungefähr im Jahre 1836) geprägt, bezw. richtiger gegossen. Neben
Bronzemünzen, die gleichfalls in Mombasa unter Salem ben Hammed (18251835) angefertigt sind (Guillain II II S. 269), werden sie wahrscheinlich die
einzigen Münzen sein, die jemals in dem nördlicheren Ostafrika gepräet wurden.
Alles Metallgeld hat indessen in Ostafrika eine irgendwie verbreitetere
Anwendung nicht gefunden. Die
332 portugiesisch-indische Währung war allerdings der Wertmesser, und im
beschränkten Kreise waren ihre Ausprägungen im Umlaufe, als das eigentliche
Zahlmittel sind aber Baumwollenstoffe zu betrachten. Aus der ganzen
Portugiesenzeit, vom Anfange bis zum Ende, finden sich zahlreiche Belege, in
denen Baumwollstoffe als das eigentliche Geld Ostafrikas erscheinen. Bei allen
Ausrüstungen der Portugiesen für Ostafrika war die Beschaffung dieser
Baumwollstoffe zur Verwendung als Geld ein Haupterfordernis. Sie wurden
ausschliesslich in Kambaja hergestellt und aus Diu und Daman bezogen. Dass
noch heute Baumwollstoffe im weiteren Innern Ostafrikas recht und schlecht Geld
sind und erst in diesem Jahrzehnte durch die rührigeren europäischen
Unternehmungen in Gebieten, welche der Küste nahe liegen, durch gemünztes
Metallgeld verdrängt werden, ist bekannt. In welchem Masse aber in garnicht
fernliegenden Zeiten auch an der Küste selbst noch Baumwollstoffe als Geld
betrachtet und verwendet wurden, zeigt eine Auslassung Guillain's (II 1 S. 398)
aus den Jahren 1846- 1848, in der er angiebt, dass es in Kilwa eine
Rechnungsmünze Doti gäbe, ohne zu wissen, dass dieses Doti nichts anderes, als
ein Mass von Baumwollstoffen ist, das in Ostafrika überall gebräuchlich ist.
Neben Stoffen wird zweifelsohne in den alten Zeiten auch Getreide, und zwar
Negerhirse als Geld für den kleinsten Verkehr gedient haben. In Zanzibar wurde
dieser Wertmesser erst im Jahre 184o durch die Einführung englisch-indischer
Kupfermünzen abgelöst, und in den Städten der Somali-Küste dient noch
heutzutage Hirse, in der hohlen Hand gemessen, als Zahlmittel.
Die vorstehenden Angaben über Geld- und Währungsverhältnisse machen
selbstredend auf Vollständigkeit keinen Anspruch. Sie sind nur zum besseren
Verständnis der in vorliegender Arbeit vorkommenden Geldangaben
zusammengestellt. Viele Lücken sind offenbar, doch war ihre Ausfüllung mit dem
zugängigen Material nicht möglich. Zudem ist der Gegenstand ein Studium für
sich. Weitere Unterlagen dürften aus den Werken:
A. C. Teixeiria de Aragäo
Descripýäo geral e historica das Moedas de Portugal,
Lisboa i88o-i88i.
F. N. Xavier
Memoria sobre as Moedas Cunhadas em Goa,
Nova Goa I866.
zu erlangen sein, die leider für den vorliegenden Zweck nicht erreichbar waren.
Eine erschöpfende Behandlung ist aber nur von Forschungen in den Archiven
Portugals zu erwarten.
ANHANG II.
Urkunde über die Uebergabe der Festung Kilwa an den neuen Kommandanten
Francisco Pereira.
(Ms. Liss. Archivo da Torre do Tombo. Corpo Chron. Gaveta 15.
Mago 19. No. 22.)
Im Namen Gottes Amen. Wissen alle die, welche diese Huldigungsurkunde
sehen, dass im Jahre 15o9 nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus, am 21.
Tage des März, dem in dieser Stadt Quylloa und in der Festung S. Jago hier
gegenwärtigen Herrn Pero Ferreira, Ritter des Hauses und Komtur der Pu§os e
Maýäas sowie Kommandanten seiner Hoheit für diese genannte Festung, durch
Francisco Perreira, Ritter des Hauses der genannten Hoheit, ein Brief des
Königes, unseres Herrn (gesiegelt mit dem runden Siegel seiner Hoheit),
übergeben wurde, wovon das Folgende die Abschrift ist:
Wir, Dom Emanuel, durch die Gnade Gottes König von
Portugal und von Algarbien, diesseits und jenseits des Meeres in Afrika, Herr von
Guinea und der Eroberung und der Schifffahrt und des Handels von Aethiopien,
Arabien, Persien und Indien, befehlen Euch, Pero de Ferreyra, Ritter unseres
Hauses und Kommandanten unserer Festung von Quylloa, dass Ihr sofort,
nachdem Euch dieser Brief vorgelegt ist, die genannte Festung und Burg, mit
allem, was darin uns gehört, an Francisco Perreira übergebt. Dieser wird darin als
Kommandant verbleiben und wird sie genau so bewachen, wie Ihr sie innegehabt
und bewacht habt. Alles gemäss den Befehlen und Anleitungen unserer
Instruktion, die Ihr ihm gleichfalls zu übergeben habt.
Und sofort nacIdem Ihr ihm die genannte Burg übergeben habt, und er sie von
oben bis unten in Besitz genommen hat, soll darüber eine öffentliche Urkunde
aufgenommen werden.
- 334
Durch diesen gegenwärtigen Brief entheben wir Euch und erklären Euch für
enthoben der Huldigung und des Gelöbnisses, das Ihr geleistet hattet. Wir
befreien und entlasten Euch, dass Ihr keiner Zeit wegen dieser Huldigung und
dieses Gelöbnisses angeklagt und zur Rechenschaft gezogen werden könnt. Und
zur Sicherheit dieses, befehlen wir, dass Euch dieser Brief zur Aufbewahrung
übergeben wird, der von uns unterzeichnet und mit unserem runden Siegel
gesiegelt ist. Und dazu die vorgedachte Urkunde. Gegeben zu Almejarim am 21.
Tage des
Februars im Jahre i5o8 unseres Herrn Jesus Christus.
Nachdem der genannte Kommandant diesen Brief gelesen hatte, sagte er gleich,
dass er dem Briefe und dem, was darin von dem Könige, unserem Herrn, befohlen
sei, gehorche. In Erfüllung übergab er sofort die Festung dem genannten
Francisco Perreira und übergab ihm die Schlüssel und die Instruktion seiner
Hoheit. Und jener vollzog die Uebernahme von unten bis oben derartig und so
vollständig, wie es in dem Briefe enthalten ist. Und Francisco Perreira leistete
dem genannten Kommandanten die Huldigung in folgender Weise: ,Ich,
Francisco Perreira, leiste hiermit dem Könige unserem Herrn, in die Hand von
Euch Pero Ferreira, Ritter des Hauses des genannten Herrn, Komtur der Pu§os e
Maýäas die Huldigung und das Gelöbnis für die Festung S. Jago in der Stadt
Quylloa, die ich von Euch übernahm. Dieses geschieht gemäss einem Befehle des
Herrn Duarte Lemos, des Hauptkapitäns von Arabien etc., der als der
Hauptkapitän seiner Hoheit Euch dazu beauftragte. Und ich verspreche und
beteure ein-, zwei- und dreimal, entsprechend den Rechten und den Gesetzen
Portugals, dass ich, so lange ich in der Festung bin, sie für seine Hoheit, soweit
mir möglich ist, halten, behaupten, bewachen und verteidigen werde. Seinem
Namen werde ich immer gehorchen. Ich werde die Schlüssel und die Festung, von
unten bis oben, seiner Hoheit, wenn er selbst kommt oder auf seine sichere
Botschaft, übergeben und überliefern. Und ebenso wie seiner eigenen Person,
auch seinem Hauptkapitän.
Ich schwöre auf diese heiligen Evangelien, dass mir von Euch die genannte
Festung von oben bis unten mit allem, was darin ist, in voller Erfüllung übergeben
ist, ebenso wie sie von mir übernommen ist. Als Zeugen waren gegenwärtig:
Antonio Ferreyra, Kapitän des Schiffes Santa Maria da Juda, Joam Lopez,
Oberamtmann, (alcaide. mor) der Festung, Heitor Amriquez, Faktor der Festung,
Joam Gomes, Kammerjunker seiner Hoheit, Mestre Antonio und Jacome.
Fernandes, frühere Schreiber der Festurtg,: Lujs Martynio, früherer.
Zolleinnehmer-derselben Festung, und andere. Ferner ich, Jorje.:Bode, Schreiber der Festung,
- 335 welcher diese Urkunde für Herrn Pero Ferreira und eine andere ebensolche, des
gleichen Inhaltes, für Herrn Francisco Perreira schrieb, und die ich zusammen mit
den Zeugen unterzeichnete, und zwar mit meiner einfachen Unterschrift, da ich
keine öffentliche habe.
Ich, Francisco Perreira, erkläre, dass mir diese Festung Sam Jago von Quylloa
von Herrn Pero Ferreira, Ritter des Hauses des Königs unseres Herrn und Komtur
der Puýos e Ma§äas übergeben worden ist. Zu seiner Sicherheit und für ihn zur
Aufbewahrung übergebe ich ihm diese meine Unterschrift. Geschehen in der
genannten Festung am 21. Tage des März 509.
Verfügung über das Zollhaus in i\Iombasa.
(Archivo Oriental III II S. 582.)
Ich, der König, thue hiemit allen denen kund, welche diese Verfügung sehen, dass
ich den Befehl gegeben habe auf der Insel Mombasa, an der Küste von Melinde,
eine Festung zu errichten, da solches meinen Diensten nützt und der Küste sowie
den Schiffen meiner Unterthanen, die dorthin fahren, Sicherheit bietet. Und in
Anbetracht der vielen Kosten, welche bereits entstanden sind, und welche zur
Erhaltung der Festung fortdauern werden, sowie der grossen und stetigen
Ausgaben des Indischen Staates, für welche die Einnahmen nicht reichen, habe
ich für angemessen erachtet, dass sofort in der genannten Festung Mombasa ein
Zollhaus errichtet werde, wie sie ähnlich in anderen Festungen Indiens bestehen,
auf dass durch Einnahmen ein Teil der gewöhnlichen Kosten dieser Festung
gedeckt werde. Dieserhalb erachte ich für gut und befehle, dass dieses Zollhaus
sofort in Wirkung trete und niemals aufgehoben werde, und dass in ihm Zoll auf
alle Waren, welche dorthin kommen, zum Satz von sechs Prozent entrichtet
werde, ebenso wie er in den meisten Zollhäusern Indiens entrichtet wird. Hierin
soll keine Ungewissheit und keine Aenderung sein und die Einnahmen des
Zollhauses sollen von dem Faktor der genannten Festung als eine :Beihülfe und
zur beckung der vorerwähnten Kosten verwendet werden. Und ich befehle
meinen gegenwärtigen, wie auch zukünftigen
- 336
Vizekönigen und Gouverneuren Indiens, dass sie diese meine Verfügung erfüllen
und beachten, und sie durchaus erfüllen und beachten lassen, wie sie geschrieben
steht. Und dieses gilt wie ein in meinem Namen geschriebener und in der
Staatskanzlei ausgefertigter Brief, selbst wenn er, ungeachtet des Erlasses 2ten
Buches Titel XX, welcher das Gegenteil anordnet, nicht durch die Staatskanzlei
gehen sollte. Er soll in den Büchern meiner Finanzverwaltung, in den Büchern des
Schatzamtes in Goa und in den Büchern des genannten Zollhauses eingetragen
werden. Ambrosio d'Aguilar schrieb dieses in Lissabon am 20. Februar 1596. Und
ich, der Sekretär Diogo Velho, habe es ausfertigen lassen.
gez. der König
gez. Miguel de Moura.
Instruktion, welche Rui Soares de Mello, Kommandant der Festung Mombasa,
mitnahm.
(MIs. Liss. Bibl. Nac. Cod. Man. No. 1987, Fol. 69ff.)
Ich, Dom Francisco da Gama, Graf von Vidigeira, Admiral und Vizekönig von
Indien, thue Euch Ruy Soares de Mello kund, dass ich für gut befunden habe,
Euch, der Ihr jetzt zur Uebernahme der Euch von Seiner Majestät in Gnaden
verliehenen Festung Mombaga abgeht, in dieser Instruktion bestimmte Befehle zu
erteilen, da auf der Reise Fälle eintreten können, über die Ihr unterrichtet sein
müsst. Sowohl während der Reise, wie auch beim Anlaufen der Küste und später
nach der Ankunft in der genannten Festung habt Ihr alles zu befolgen.
Zuerst, beim Versegeln von dieser Stadt, haltet gute Gesellschaft mit den andern
Schiffen, die mit Euch abgehen, und wenn Ihr auf See ein Parao (indisches
Fahrzeug) seht, versucht es zu nehmen, aber versäumt nicht darüber Eure Reise,
und im Falle Ihr Schiffe der Engländer antrefft, bereitet ihnen alles Böses und
jeden Schaden, gemäss den Gelegenheiten, die sich bieten, und gemäss den
Mannschaften und den Machtmitteln, die ich Euch anvertraue. Und zu diesem
Behufe empfehle ich Euch grosse Wachsamkeit und Ordnung unter den Soldaten
zu halten.
Dann suchet Bandel Velho, das mit anderem Namen auch Vrixeque (Warscheik)
genannt wird, das zwölf Leguas von Magadaxo (Mukdischu) liegt, anzulaufen,
denn hier solltet Ihr das Wachtschiff gegen die Türken antreffen. Es soll an den
Mastspitzen, an den Raaen und am Hecke blau und weisse Wimpel haben und soll
dort, wie es Gebrauch ist, bis Ende Januar liegen. Sollten zufälliger Weise in
dieser Zeit (türkische) Galeeren gekommen sein, so wisset, dass das Wachtschiff
darüber Nachrichten in Borava (Barawa) in den Händen von Genis, einem der
Regierenden dieser Stadt, zurückgelassen haben muss. Nachdem Ihr das Schiff
gesichtet und seine Merkmale erkannt habt, habt Ihr die Segel zu streichen und
zwei Schüsse abzufeuern, worauf es mit zwei Schüssen zu antworten hat. Darauf
haltet auf die Küste zu, um mit ihm zu sprechen, aber nehmt Euch in Acht, dass
es kein Schiff der Feinde ist. Es wird ein leichtes Fahrzeug aus dem Hafen
heraussenden, um Neuigkeiten mit Euch auszutauschen. Falls Ihr Brava anlaufen
müsst, ohne Bandel oder das Wachtschiff gesehen zu haben, habt Ihr hier
Nachrichten in der Hand desselben Genis über diejenigen Neuigkeiten
zurückzulassen, welche Ihr ermittelt habt, damit kein Unheil für diejenigen
entsteht, die nach Euch kommen. Und beachtet, dass Ihr denselben Befehl an das
Wachtschiff erteilt.
Den Regierenden von Brava habt Ihr meine Empfehlungen auszurichten und
kundzuthun, dass ich ihr Freund bin und dass Ihr angewiesen seid, sie zu
begünstigen, und Ihr nicht gestatten werdet, dass ihnen Gewalt angethan wird.
Dieses gilt zur Mitteilung für jene, und als Eure Verpflichtung.
Den Königen und Herren der Küste habt Ihr dasselbe kundzuthun, und ihnen von
meiner Seite für ihr gutes Benehmen zu danken, sowie ihnen Treue, Friede und
Ruhe zu empfehlen. Und dieses im besonderen dem König von Ampaza (Fasa)
und dem König und Fürsten von Pate (Patta) die Ihr um Bezahlung der Tribute zu
ersuchen habt und die Briefe übergebt, die Ihr für sie mitnehmt. Der Königin von
Lamo (Lamu), welche in Freundschaft mit der Festung (Mombasa) lebt und
solche auch gezeigt hat, helft Ihr in allem, und ebenso den Häuptlingen von Sio
und den Königen von Pate, Oja, Quiloa und Zanzibar, wegen der alten
Freundschaft, die sie mit dem Staate verbindet.
Die Insel Pomba (Pemba) und ihre Beruhigung empfehle ich Euch sehr, weil von
dort die Bewegung gegen die Festung ausgeht. Dieserhalb habt Ihr anzuordnen,
dass der neue König eingesetzt und so in allen Dingen unterstützt und begünstigt
wird, wie ich es von Euch erwarte.
Den König von Mehinde behandelt mit ausgesuchten Ehren und begünstiget ihn.
seine Edelleute und Unterthanen. Erinnert ihn- auf gute
Strandes, Ostafrika.
22
Weise an seine Pflichten und mischt Euch nicht in die Gerichtsbarkeit der
Muhamedaner, seiner Unterthanen. Falls irgend einer von ihnen etwas thut oder
verbricht, wofür er verdient, bestraft zu werden, mahnt ihn, und wenn er
ausweicht, was ich von seiner Treue, Einsicht und Eifer nicht erwarte, habt Ihr
mich, oder denjenigen, der an meiner Stelle sitzt, zu unterrichten, damit er an
seine Verpflichtungen erinnert wird. Und wenn er in der Zeit des Westwindes
nach Melinde will, und im Anfang des Ostwindes zurückkehren will, lasst ihn
ziehen, aber erinnert ihn daran, dass die besten Mauern, Befestigung und
Artillerie, welche Seine Majestät auf jener Insel hat, seine Treue sind. Und dieses
sagt mit allen Worten, welche Euch nötig erscheinen, und dazu, dass für das
Gedeihen der Insel und Festung seine Gegenwart daselbst erwünscht ist. Und
beachtet ihm mitzuteilen, dass er die Furt, die nach dem Festlande führt, befestigt,
denn mit dieser Bedingung wurde sie ihm gegeben. Auch muss er dort gute
\Vache halten, damit nicht dort Neger, noch Räuber zum Stehlen eindringen, noch
andere Feinde.
Ich empfehle Euch, dass Ihr Euch bemüht, die Freundschaft mit Antonio Godinho
d'Andrade') zu bewahren und ihn mit allem zu unterstützen und zu begünstigen,
was Recht ist. Aber tretet der Gerichtsbarkeit nicht entgegen, wenn Jemand gegen
ihn in Civilsachen vorgeht. In seiner Strafsache wird im Obergericht entschieden
werden.
Den Faktor und die anderen Angestellten Seiner Majestät habt Ihr zu begünstigen
und zu unterstützen, damit sie die Zölle im Zollhause einnehmen können. Und Ihr
habt zu veranlassen, dass alle Schiffe nach der Festung gehen, damit sie gedeiht,
und damit nicht die Zölle auf die Waren umgangen werden, die von Indien
eingehen, und auf die Waren, die in denselben Schiffen verladen werden. Denn
wenn es anders geht, wird die Festung nicht fertig gestellt werden, und es würde
nicht verwirklicht werden, was Seine Majestät zu thun befahl. Noch weniger dürft
Ihr gestatten, dass sich irgend ein Verheirateter, Portugiese, Mestize oder Christ,
der mit seiner Frau lebt, in Quiloa, Monfias, Utondo, Zamzibar, Pemba, Melinde,
Pate, Lamo, Ampaza, Brava noch in irgend einem anderen Hafen dieser Küste
aufhält, da dieses weder Gott noch Seiner Majestät dient. Auch die
muhamedanischen Fürsten und Herren der Küste beklagen sich über die
Gewaltthätigkeiten, die ihnen angethan werden.
Ich ermahne Euch, dass Ihr Euch bemüht, die Soldaten zu einem friedlichen
Leben anzuhalten, dass sie die christlichen Ansiedler und die Muhamedaner nicht
vergewaltigen und nicht gewaltsam in deren
1) Dieser war der bisherige Kommandant Mombasas, der wegen seiner
Amtsführung unter Anklage gestellt war. Vergl. Archivo Oriental II1I S. 85o.
- 339
Gärten und Pflanzungen (Xambas) eindringen. Dieses gilt auch bezüglich ihrer
Sklaven. Und Ihr dürft nicht erlauben, dass sie mehr als das Schwert tragen,
ausgenommen im Kriege. Wenn Ihr hört, dass sie Streit oder
Meinungsverschiedenheiten unter sich haben, habt Ihr Euch zu bemühen, sie in
Schranken zu halten und sie zu Freunden zu machen, auch Parteiungen nicht
zuzulassen. Den Handel und die Kaufleute und die Unterthanen der Könige habt
Ihr zu begünstigen und nicht zuzugeben, dass ihnen Gewalt angethan wird. Ihr
habt ihnen die Schiffspässe mit der Bedingurng zu geben, dass sie dorthin
kommen und die Zölle bezahlen. Seid dabei vorsichtig, die Lebensmittel für die
Festung in der Weise zu sammeln, dass Euch nichts für den Fall fehlt, dass Feinde
Euch bekriegen und belagern.
Ich lege Euch auf, dass nachts in der Festung Wache gehalten wird, und dass
dieses nicht vernachlässigt wird, und dass das Thor vor dem Ave Maria
geschlossen wird.
Ihr dürft nicht gestatten, dass nahe der Festung Häuser aus Steinen erbaut werden,
noch sonstwo, von wo aus die Türken Schaden anrichten könnten, wenn sie, was
früher schon geschehen ist, kommen sollten.
Ich empfehle Euch, dass die Steinbrecher und Maurer, die dort sind, gut bezahlt
und behandelt werden, und dass sie immer mit denjenigen Arbeiten an der
Festung beschäftigt werden, die am nötigsten sind. Dieselbe Aufmerksamkeit
wollt Ihr üben, dass die Gräben der Festung vollendet werden, und dass die
Munition nicht mit Salutieren und bei Festen verbraucht wird, denn wenn Ihr so
handelt, werdet Ihr sie in Notzeiten besitzen und Eure Pflichten besser erfüllen
können.
Und erlaubt nicht, dass die Soldaten hierherkommen, damit nicht die Festung
ohne solche und Bombardiere bleibt. Strebt immer, dass ihre Zahl den
Instruktionen gemäss vollständig bleibt, denn im gegenteiligen Falle gilt für Euch
keine Entschuldigung.
Ihr müsst bedacht sein, anzuordnen, dass die Geschütze und ihre Holzwagen
bedeckt sind, damit ihnen die Sonne und der Regen nicht schade. Ihr habt zu
befehlen, dass sich innerhalb der Festung genügend Wasser für die Versorgung
der Menschen befindet, welche sich hier für die Verteidigung zusammenzufinden
haben. Ich ermahne Euch, dass Ihr keine unnütze Menschen hineinlasst, sondern
nur vertrauenswürdige. Wenn Ihr gegen Jemand Verdacht habt, so habt Ihr ihn
nach einer benachbarten Insel zu einem befreundeten König, oder nach dem
Festlande zu senden.
Das Wachtschiff entsendet Anfang Oktober. Es muss ein leichtes kleines
Fahrzeug nach Bandel Velho mit sich führen, damit es die Galeeren der Türken
guts beobachten kann. Gebt ihm Instruktion über das, was es zu thun hat, und
über die zu zeigenden Signale. Im Mai
22*
340 und im September habt Ihr den Vizekönig dieses Staates und die Festungen im
Norden von der Vorschrift und den Signalen zu unterrichten, die Ihr ihm gegeben
habt. Und dass sie (die Signale) nicht immer die gleichen sind, und dass Ihr ihm
grosse Umsicht und Geheimhaltung auferlegt, damit, wenn es genommen würde,
was Gott nicht zugeben möge, die Feinde die Signale nicht kennen, die Ihr
vorgeschrieben habt. Es könnten dadurch alle Schiffe von dort genommen
werden, was ein fühlbarer Schaden und Verlust der Unterthanen Seiner Majestät
und seiner Festungen wäre. Und es muss Euren Auftrag haben, dass es, wenn
Feinde kommen, die Instruktionen, ohne dass es jemand weiss, bricht. Immer habt
Ihr Euch zu bemühen, dass der Kapitän, dem Ihr diese Aufgabe übergebt, sehr
vertrauenswürdig ist, und Ihr habt ihn anzuweisen, dass er, wenn er Feinde
gesichtet hat, davon, wenn er kann, in Brava und in anderen Häfen Nachricht
giebt, und dass er sich bestrebt, die Portugiesen aufzunehmen, wenn dort welche
sind.
Den Kommandanten von Mozambique habt Ihr durch ein leichtes Fahrzeug zu
unterrichten, wenn Ihr wisst, dass Galeeren kommen. Ebenso von bestimmten
Nachrichten, die Ihr habt, damit er nicht bei Zeiten in Unwissenheit gelassen wird
und sich vorbereiten kann.
Ferner habt Ihr immer die Vizekönige von dem Stande der Dinge zu unterrichten,
damit sie die Vorkehrungen treffen können, welche ihnen für Seine Majestät am
dienlichsten erscheinen.
Ich empfehle Euch die Geistlichen, die in Eurer Gesellschaft reisen, zu
unterstützen und zu begünstigen. In der Klausnerei, welche in S. Antonio errichtet
ist, habt Ihr ihnen vier oder fünf Zellen einrichten zu lassen, wo sie Unterkunft
finden, ausserdem eine Küche und ferner einen Abort, und eine Umzäunung
ringsherum, damit sie abgeschlossen bleiben. Und hierzu befehle ich dem Faktor,
dem, der es heute ist und dem, der es später sein wird, auf Eure Anweisung das
nötige Geld zu zahlen und in Rechnung zu stellen, doch unter der Bedingung,
dass es nur auf Eure, des Faktors und des Pfarrverwesers Auftrag verwendet wird.
Ich ermahne Euch, dass Ihr Euch bestrebt, durch Euer Leben und Gewohnheiten
ein gutes Beispiel zu geben und nicht zuzulassen, dass Euer Gefolge und Eure
Sklaven Gewaltthätigkeiten verüben. Lasst Euch auch nicht durch böse Begierden
verleiten, Dinge gegen die Seele, gegen den Dienst Seiner Majestät, sowie gegen
Ehre und Pflicht zu begehen. Auf diese Weise habt Ihr vollständig zu erfüllen,
was hierin enthalten ist. Geschrieben in Goa, 6. Januar 1598. Joäo d'Abreu,
Sekretär des Staates, liess es schreiben.
N.S. Ihr habt allen Steinbrechern und Maurern, die es wünschen, die Erlaubnis zu
geben, mit den ersten Fahrzeugen hierherzukommenIhr führt für sie andere mit
Euch. Und aus den Zollhauseinnahmen
habt Ihr einige Neger (cafres) kaufen zu lassen und ihnen diese Arbeit zu lehren.
Dieserhalb sind sie gut zu behandeln und zu bewachen, damit sie nicht fliehen,
denn durch sie können die Arbeiten, welche ich anordnete, insbesonders der
Festungsgraben, mit weniger Kosten für die Finanzen Seiner Majestät vollendet
werden.
Ich empfehle Euch die gute Behandlung des Richters. Ihr' habt ihm in meinem
Namen den Auftrag zu geben, dass er eine Untersuchung gegen den Schreiber und
den Faktor anstellt, dessen Dienstzeit endigt, und ebenso gegen den Gerichtsvogt.
Gleichfalls habt Ihr anzuordnen, dass kein Portugiese oder Muhamedaner in der
Stadt anderswo als in der Raposeira') lebt, und zu Gleichem habt Ihr die Banianen
anzuhalten. Auf diese Weise werden sie keine Belästigungen erleiden.
Wiederholt komme ich darauf zurück, Euch den König von Pemba dahin zu
empfehlen, dass Ihr ihm alle erforderlich werdende Hülfe zu der Besitzergreifung
jener Insel leistet. Falls er in Mombasa leben will, habt Ihr ihm eine Wohnung
innerhalb der Festung einzurichten, weil es so sicherer ist.
Falls Ihr Pandeiro antrefft, habt Ihr ihm gute Behandlung zu gewähren, weil er
Seiner Majestät gut gedient hat. In gleicher Weise erweiset Eure Gunst dem
alten Kadi (Casis Velho) von Mombasa, ebenso Facga Vane Munganante,
Häuptling von Pemba, Mungana Amite von Lamu, und Imocory von Patta. Dort
in Patta habt Ihr unter keinen Umständen zuzugeben, dass Steinmauern errichtet
werden, auch dann nicht, wenn sie sagen, dass es ist, um sich gegen die
Vanagunes (Wagunja) zu verteidigen.
Das Geld, was Ihr von hier zur Bezahlung der Soldaten mitnehmt, und das, was
im Zollhause eingenommen wird, habt Ihr in einem Kasten mit drei Schlüsseln zu
hinterlegen. Davon habt Ihr einen, und der Faktor und der Schreiber die anderen
aufzubewahren. Mit dem Reis, den Luiz Alvarez Camello vom Norden (Indiens)
zur Versorgung der Festung schicken wird, lasst sehr sparsam umgehen. Hierin
und in Allem habt Ihr die Instruktion zu erfüllen, die der Vizekönig Mathias de
Albuquerque erteilte, und das, was ich ihr hinzufügte. Das Zollhaus ist in der Art
zu vollenden, wie ich es befahl. Zu diesem Werke hat der König von Melinde den
dritten Teil der Kosten beizutragen, die aufgewendet werden.
) Der damaligen Hauptstrasse Mombasa's.
- 342
Patent für Francisco Lopez Giräo
zum Kommandanten der !Festung von Mombasa.
(Archivo Oriental. VI. S. 756.)
Ich Dom Philipp, von Gottes Gnaden König von Portugal u. s. w. thue hiermit
allen denen kund, welche diesen Brief sehen, dass ich in Anerkennung der
Dienste, welche mir Francisco Lopez Giräo während eines Zeitraumes von elf
Jahren auf Flotten, in Grenzfestungen, bei der Hülfsexpedition nach Chaul und
bei der Einnahme von Morro, wo er durch einen Gewehrschuss verwundet wurde,
geleistet hat, für gut erachte und als mein Vergnügen empfinde, ihm in Gnaden
die Hauptmannschaft von Momba;a zusammen mit der der Küste von Melinde für
drei Jahre zu verleihen, und zwar nach Erledigung der vor dem 9. Februar des
vergangenen Jahres 1602 vergebenen Anwartschaften, von wann diese
Verleihung gilt. Zur Verwirklichung dieser Ernennung ist Bedingung, dass er in
diesem Jahre, 1603, nach Indien geht und anders nicht, auch soll sie andernfalls
nicht erneuert werden. Diese Hauptmannschaft soll er zusammen mit der der
Küste von Melinde für die genannte Zeit einnehmen und dafür das Gehalt
beziehen, welches seine Vorgänger haben oder haben werden. Dieses ungeachtet,
dass hier nicht die Höhe dieses Gehaltes angegeben wird, was darum nicht
geschehen kann, weil diese Angabe für die Festung Mombaýa in dem von Indien
gekommenen Gehaltsbuche fehlt, und unbeschadet der gegenteiligen
Bestimmungen. Auch soll er alle diejenigen Vorteile und Niessnutze haben,
welche ihm direkt gehören. Dieserhalb befehle ich meinem Vizekönige oder
Gouverneur in den Gebieten Indiens, sowohl dem, der es jetzt ist, wie dem, der es
sein wird, und meinem dortigen Finanzverwalter, dass sie, sobald dem genannten
Francisco Lopez Giräo zukommt, diese Hauptmannschaft anzutreten, ihn davon
Besitz ergreifen und dienen lassen, sowie das Gehalt, die Vorteile und Niessnutze
zukommen lassen, welche ihm zustehen. Hierüber soll kein Zweifel und
Hindernis aufgeworfen werden. Und er soll in meiner Kanzlei auf die heiligen
Evangelien schwören, dass er gut und treu dienen wird, und in allem, unabhängig
von seinen Rechten, meinen Nutzen wahren wird.
Hierüber soll eine Anmerkung auf der Rückseite dieses Briefes gemacht werden,
welcher binnen vier Monaten nach Ausstellung im Indischen Hause (Lissabon)
einzutragen ist. Bevor der genannte Francisco Lopez Giräo die gedachte
Hauptmannschaft von Mombasa antritt, hat
er mir für sie vorerst das Gelöbnis und die Huldigung, gemäss Gebrauch und
Gewohnheiten dieser Königreiche, zu leisten und darüber eine Beglaubigung von
Diogo Velho, meinem Sekretär, beizubringen. Belchior Pinto schrieb dieses in
Lissabon am 3. Januar des Jahres 16o3 nach der Geburt unseres Herrn Jesus
Christus. Janalvres Soares lies es schreiben.
(gez.) der König.
Gnadenverleihung wegen Verdienste des Vaters.
(Archivo Oriental. V I S. 332.)
Auszug aus einem Briefe des Königs.
In Anbetracht der Dienste von Pedro Homem, seinem Kammerjunker, verleiht der
König in Gnaden an Diogo Homem, seinen Kammer junker, den Sohn von Pedro
Homem, den Schreiberposten der Faktorei in Baýaim. Der Antritt hat zu erfolgen,
nachdem die vorher erteilten Verleihungen aus irgend einem Grunde erledigt sind.
Lissabon, Io. Januar 1558.
Gnadenverleihung an eine Wittwe als Heiratsgut.
(Archivo Oriental. V III S. 1493.)
Auszug eines Briefes des Staatssekretärs an den Vizekönig.
An Dona Maria de Mello, die Frau von Dom Aleixo de Menezes, verleiht seine
Majestät in Gnaden, als ihr Heiratsgut für die Verheiratung mit einem verdienten
Edelmann, die Hauptmannschaft von Chaul für die Zeit von drei Jahren,
beginnend nach Erledigung der vor dem 29. Januar d. J. erfolgten Ernennungen.
Dieses erfolgt in Anbetracht, dass die genannte Hauptmannschaft durch den Tod
ihres Gatten frei wurde.
Lissabon, i. April 1597.
344 Uebertragung einer Gnadenverleihung.
(Ms. Liss. Livros das Mon öes No. 59, Fol. 134.)
Auszug eines Briefes des Vizekönigs an den König.
Donato de Moraes Sapico, ein Ritter- des Hauses Eurer Majestät, schilderte mir
die grosse Hülflosigkeit, in welcher seine Tante Dona Maria de Caceres, die
Wittwe von Joäo Dazavedo und von Luiz de Rego de Nigreiros lebe, und dass sie
durch den Tod der Genannten in grosser Not für ihren Lebensunterhalt sei. In
Mitleid mit ihrer Armut und da ihre verstorbenen Männer im Dienste Eurer
Majestät wohlverdient waren, und da sie auch zu alt ist, um sich nochmals wieder
verheiraten zu können, habe ich ihr, unter Zustimmung des Kronanwaltes, die
Erlaubnis gegeben, auf die Hauptmannschaft von Mombaýa, welche die ihr
zugehörende Mitgift ist, zu Gunsten des genannten Donato de Moraes zu
verzichten. Ich habe ihm darüber eine Bestallung für dieselbe Zeit und dasselbe
Freiwerden erteilt, wie sie die Verzichtleistende besass.
Goa, 9. Januar 1649.
Namen- und Sach-Verzeichnis.
Abessinien 7. 42. 317.
Fasa 145.
Affonso d'Alboquerque 75 ff. 1O8. 114. 220. 2
Albu Said 300.
338.
Alvaro Cactano de i\lello e Castro 287 ff. 298. Francisco Ambergris 29. 72. 97.
128. 174. 244. Francisco Ampaza siehe fasa.
Francisco
Antonio Carneiro Salema 210. 215 ff. Francisco Antonio de Albuquerque
Coelho 290 ff. 298. Francisco Antonio Mogo de MelIo 250 ff. 260.
Franzosen
Araber 1. 7 18. 53. 82 ff. 98. 113. 223 ff.
239. 241. 246 f. 270 f. 278. 283. Gaar 161. Astronomische Instrumente 9. 21. 93.
Gaspar Ga Augustiner 174. 175. 196. 257. 260. 340. Glasperlen
Bartholemeu Dias 8. 13. 38. Barawa 52. 77 ff. 90. 92. 124. 125. 290.
318. 337. 338.
Baumwollen-Industrie 90. 97. Bev6lkerungs-Zahlen 67. 91. 137. 139. 246.
316.
Buana Daud ben Buana Scheck 261 ff.
277. 281. 292. 294.
Buana Kibai 279. 293. 294. Bumba 235.
Chinesen 87.
Christoph Columbus 9. Christusorden 2. 35. 172.
Deutsche 32. 56 ff. 79. 177. Domingo Pereira Gusmio 262.
Elfenbein 29. 50. 72. 94. 128. 174. 233.
244. 245.
Elephanten 70. Emanuel, Dom 12. 43. Engl~.nder 18o ff. 211. 223. 24 . 301. 314.
Ernennungen 167. 342 ff. Erzpriester Johannes 4. 6. 32. 317.
147- 149. 157. 158. 209. 213.
28. 231. 232. 239. 277. 296. 337d'Almeida 55 ff. 68 ff. io8. 114. de Moura 203 ff.
Pereira Pestana 1O8. 333. Pereira da Silva 265. Seixas Cabreira 212 ff. 228 ff.
178. 301.
214. 215. 232. 250. ma 32.
90. 174.
Gela siene AxUunzen.
* Gold und Goldhandel 29. 49. 97 ff. 128.
174. 245.
Gummi Kopal 29. 97. 128. 174. 182.
Handel 5. 19. 40. 43. 45. 53. 54. 55. 75.
94. 97. 104. io6. 128 ff. 137. 214. 221.
241 ff. 243 ff. 292. 313. 316. Harff, Ritter Arnold von 56. Henrique de Figueiredo
258 ff. Hoja 75 ff. 215. 337 Holldnder 178 ff. 209. 225. 314.
Ibo 302.
Ibrahim ben Soliman 39. 57 ft. 6o ff. 1O9. Indier 19. 27. 29. 30. 94. 174. InnerAfrika 96. 317Inquisition 198. 242. 280. 312. Italiener 54. 56. 178.
Jaca 215. 218. 219. Jeronimo Chingulia siehejussuf ben Hassani. Joao Antunes
Portugal 225 ff. Jo~o da Nova 42. Jogo Machado 42. 45. Joao Rodriguez Ledo
249.
- 346 Joseph Pereira de Brito 263 ff. Jugo 145.
Jussuf ben Hassani 195. 197 ff. 204. 208 ff.
210. 211. 215 ff.
Kaurimuscheln 97. Kelife 159.
Kerimba-Inseln 116. 138. 262. 278. 305. Kilwa 20. 25. 38 ff. 42. 43. 45 ff. 49- 57
ff.
62. 63. 81. io8. 127. 131. 135, 153.
221. 229. 276. 278. 303. 304. 315. 317.
318. 320. 333. ff. 338. Kleidung 21. 29. Kokusgarn 128. 174. Kokuspalmen 21.
92. Komoro-Inseln 94. 211. 316. Krankheiten 123. 259. 270. 273.
Kulturgewachse 92 ff. 321. Kwale 249.
Lamu 77 112. 145. 148. 156. 203. 220.
246. 337- 338. 341.
Leandro Barbosa Sotto Major 267. Lourenqo d'Almeida 58. 68 ff. Lotsen 31. 35.
Luiz de 3lello Sampayo (I) 252 ff. 262.
264.
Luiz de Mello Sampayo (II) 281 ff. 289 ff.
296 ff.
Luziwa 145. 215. 218. 219.
Masse und Gewichte 95 ff. Madagaskar 5. 7. 75. 94. 117- 210. 316. Mafia 25.
103. 109. 135. 221. 229. 294. 338. Makua 138. 162. MIakupa 68. 121. 123. 155.
T65. 187. 192.
277. 292.
Mandra 157. 214. 218. MNanuel de Mello Pereira 191. 193. Maracatos I61. 214.
250. AMarcal de Macedo 201. Marka i i i.
Martim Affonso de Mello 147. Maskat 225 ff. 277. Matheus Mendes de
Vasconcellos 152.
163. 188.
Mayr, Hans 56. Melinde 27 ff. 33. 38. 40. 41 ff. 51. 73.
74. 75. lo9. Iii. 116. 123. 124. 125.
128. 135. 146. 148. 152. 156. 158. 159.
187 ff. 318. 319. 320. 337. 338.
Mirale Beque 144. ff. 154 ff. Misericordia 167. 176, Missionsthatigkeit 137. 138.
175. 287. 311.
320.
Mohamed Ankoni 42. 45. 47. 49. 58. 6o ff.
103.
Mombasa 5. 25 ff. 51. 66 ff. 113. 116. 125.
131. 135. 146. 148. 152. 154. 156. 158.
159. 163 ff. 204 ff. 219 ff. 229 ff. 232.
241. 246 ff. 274. 275. 276. 279 ff. 283 ff.
292 ff. 299. 302. 303. 305. 315. 316.
317. 318. 319. 320. 335. 336 ff. Monomotapa 134. 136. Mosseguejos i59. 16I.
Motone 200.
Mozambique 20 ff. 44. 131 ff. 138. 179.
221. 242. 245. 274. 278. 297. 302 ff.
305. 311. 312. 321. 339. 340. Mtangata 34. 120. 200. 211. 287. Mtuapa 175. 254.
Miinzen 77. 85. 88. 95. 323 ff. Mukdischu 5. 32. 74. 8o. 87. 110. 125. 126.
145. 147.
Musrui 284. 298 ff. Musungulos 161. 193. 194. 249. 257. 271.
277. 292. 293.
Nicolao Coelho 14. Nuno da Cunha I 15.
Oja siehe Hoja. Oman (siehe auch Maskat) 223 ff. 279.
300.
Otondo 117- 218. 219. 229. 268. 338.
Pangani 287.
Patta 33. 129. 135. 148. 157. 158. 175. 200.
203. 204. 209. 210. 213 ff. 218. 220.
228. 231. 232 ff. 236 ff. 247 250 257.
276 ff. 282 ff. 288. 290 ff. 296. 301.
302. 315. 337. 338. 341. Paulo da Gama 14. 19. 35. Pedro Alvares Cabral 37 if.
Pedro de Covilhgo 6. Pedro de Almeida 232 ff. Pedro Leitio de Gamboa 198.
Pedro Rodriguez Botelho 207. 2 8. Pemba 25. io9. 116. 120. 128. 139. 155.
176. 183. 188. 191. 194. 209 220. 235.
257- 276. 294. 315. 316. 337. 338. 341. Pero Dalanquer 14. Pero Ferreira Foga;a
64. 333.
- 347 Perser 82. 85. 98. Ph6nizier 1. 81. Porzellan 88. 89. Prinz Heinrich 2.
Quendoa 235. Quitao 219.
Rabaia 194. Renegaten 66. 67. 118. 199. Rhapta 81. Ruinen 63 ff. 84. 86. 89. 234.
Ruy Lourenco Ravasco 49 if.
Sanxo 257.
Schiffe 13. 20. 21. 93. 130. Schildpatt 97. 174. 233. 244. Schungaja 237. 253.
Simio de Mello Pereira 193. Sio 214. 218. 220. 228. 231. 283. 296. 337. Sklaven
92. 97. 174. 175. 242. 341. Sofala S. 7 38. 44. 82. 98 ff. 101. 112. 274. Sokotra
So. Somali 161. 232. Sopanga 117. Suaheli 85. 16I. 320. Sprenger, Balthasar -6.
Tanga 200. 211. 271. 287. Thomas-Christen 22. 29. 80.
Thom6 de Sousa Coutinho 152. Tirendikunde 103. Tristao da Cunha 74 ff.
TUrken 125. 141. 144 ff. 164. 2c Tula 237. 253.
Uumba 205. 287.
)4.
Vasco da Gama 14 ff. 44 ff. Verwaltung 113. 128 ff. 134. 166. 289 ff.
308. 312. 335 if. 338 ff. Vdlkerschaften 16o.
Wachs 29. 97. 129. Wagunja 85. 215. 231. 250. 261. Wappenpfeiler 8. 33.
Waffen 67. 71. 92. Wanika siehe Musungulos. Warscheik 125. 337. 339.
Weihrauch 97. Wassin 287.
Zanzibar 5. 25. 34. 50 ff. 109. 116. 120.
126. 128. 135. 182. 184. 186. 193. 200.
204. 216. 221. 229. 241. 249. 261. 275.
276. 279. 287. 294 ff. 315. 316. 337.
338.
Zibeth 97.
Zimbabje 81. 98. Zimbas 153. 155.
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