Kurzinformationen der FES Indien Die Landtagswahlen im indischen Bundesstaat Karnataka Ein Richtungssignal für die nationalen Wahlen in 2014? Am 05. Mai 2013 fanden im südlichen Bundesstaat Karnataka die viel beachteten Landtagswahlen statt. Mit einer Einwohnerzahl von über 61 Millionen Menschen ist Karnataka etwa so groß wie Großbritannien, entsprechend bedeutsam sind die politischen Machtverhältnisse dort für die Bundespolitik. Da zu erwarten war, dass die regierende Bharatiya Janata Party (BJP) die Wahl verlieren und damit ihre einzige Machtstellung im Süden Indiens verlieren würde, wurden die Ergebnisse mit Spannung erwartet. Am 08. Mai wurden die Wahlergebnisse offiziell verkündet. Die Verluste der BJP übertrafen auch die negativsten Prognosen. Sie verlor 70 Sitze und liegt mit nunmehr nur noch 40 Sitzen gleichauf mit der Regionalpartei Janata Dal (Secular), die zwölf Sitze hinzu gewinnen konnte. Goßer Wahlgewinner ist die Kongresspartei (INC), die 41 Sitze hinzu gewann und mit 121 der insgesamt 224 Parlamentssitze eine bequeme Mehrheit besitzt. Sie kann nun alleine regieren, ohne mühsam nach Koalitionspartnern suchen zu müssen. In Indien gilt das Mehrheitswahlrecht. Betrachtet man den prozentualen Anteil der Stimmen, ist das Ergebnis für den INC weitaus weniger beeindruckend. Die 41 zusätzlichen Sitze konnten mit nur 1,8% mehr Wählerstimmen als bei den letzten Wahlen vor fünf Jahren gewonnen werden. Bei einigen Sitzen waren es nur wenige hundert Stimmen, die den Ausschlag zugunsten des Kongress-Kandidaten gaben. Die BJP verlor 13,9%. Neu in den Landtag eingezogen ist mit sechs Sitzen und 9,8% der Stimmen die Karnataka Janata Paksha (KJP) des von der BJP ausgeschlossenen früheren Ministerpräsidenten Karnatakas, B S Yeddyurappa. Wie ist es zu diesem Machtwechsel gekommen? Ausschlaggebend waren die massiven Korruptionsvorwürfe gegen die BJP, die sich in der vergangenen Legislaturperiode schamlos bereichert hatte, sowie deren interne Machtkämpfe. Ein Gerichtsverfahren gegen den Ministerpräsidenten führte nach zähem Ringen zu dessen Parteiausschluss, woraufhin er seine eigene Partei gründete, deren Zulauf sich jedoch vorwiegend auf Yeddyurappas Heimatwahlkreis beschränkt. Insgesamt bestätigen die Wahlergebnisse in Karnataka einen in Indien derzeit zu beobachtenden Trend: Der Wähler lockert seine Bindung an bestimmte Parteien und erwartet vor allem eine gute Regierungsführung. Ob der Wahlsieger, die Kongresspartei, dieses Versprechen einlösen kann, wird sich nun zeigen. Der neue Ministerpräsident, der in den nächsten Tagen bestimmt werden wird, weiß, dass er diesen Wählererwartungen gerecht werden muss. Hat diese Wahl auch Auswirkungen auf die anstehenden nationalen Wahlen im Frühjahr 2014? Zweifellos bekommt der INC durch diesen hohen Wahlsieg Rückenwind für 2014. Angesichts der allgemein vorherrschenden Unzufriedenheit mit dem INC auf Bundesebene und seiner von vielen Bürgern als ungenügend wahrgenommenen Regierungsführung, besonders im vergangenen Jahr, hat er diese Stärkung bitter nötig. Des Weiteren sollte nicht unterschätzt werden, dass die besonderen Verhältnisse auf Landesebene die entscheidende Rolle für das Wählerurteil gespielt haben. Und der INC ist auf nationaler Ebene ebenfalls mit großen Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Auch hier droht die Bestrafung durch den Wähler. Wenn man außerdem berücksichtigt, dass der Zuwachs des INC mit 1,8% vergleichsweise klein ist, wird es wohl noch erheblicher Anstrengungen bedürfen, sodass sich dieser Rückenwind bis zu den Wahlen 2014 von einem eher lauen Lüftchen zu einer wirklich steifen Brise entwickelt. Wirklich gewonnen hat der INC nicht, sondern eher vom schlechten Abschneiden der BJP profitiert. Da es aber 2014 ebenfalls um ein Rennen zwischen INC und BJP gehen wird, haben sich die Startbedingungen doch zugunsten des INC verschoben. Vor allem kann sich Narendra Modi, der Hoffnungsträger der BJP, nun nicht mehr als derjenige verkaufen, der eine nationale Alternative zu Rahul Gandhi, dem jungen Gesicht des INC, darstellt. Der gesamte Süden des riesigen Landes dürfte für die BJP nur sehr schwer zurückzugewinnen sein. Sie ist wieder auf die Rolle der Partei des konservativen HinduNationalismus im sogenannten „Hindu Belt“ zurückgeworfen worden. Ein weiterer Faktor muss der BJP im Hinblick auf die nationalen Wahlen zu denken geben. Der aggressive rechtskonservative Hindu-Nationalismus, den die Partei vor allem in den Küstenregionen Karnatakas zur Schau stellte, hat sich nicht ausgezahlt. Im Gegenteil - vor allem jüngere Wähler halten wenig von diesem rückwärtsgewandten sowie regressiven Ansatz. Es scheint, die Wähler in Indien haben eine aufgeklärtere Haltung eingenommen als manche ihrer Parteien. Ein Befund, der Anlass zur Hoffnung auf die Zukunft des Landes gibt. Dr. Felix Schmidt Landesvertreter FES Indien New Delhi, den 09. Mai 2013