Quercus polycarpa 01.04.2006 14:50 Uhr Seite 1 Quercus polycarpa III-2 Quercus polycarpa SCHUR, 1851 syn.: Q. dschorochensis C. KOCH, 1840 Siebenbürgische Eiche, Dschoroch-Eiche Serbien: Transilvanski Kitnjak Slowenien: Dub mnohoplod ý Familie: Fagaceae Subgenus: Lepidobalanus Sektion: Roburoides Abb. 1: Quercus polycarpa. Bestand Enzyklopädie der Holzgewächse – 35. Erg.Lfg. 3/04 1 Quercus polycarpa 01.04.2006 14:50 Uhr Seite 2 Quercus polycarpa III-2 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 50 50 40 40 30 30 0 10 500 1000 km 0 10 20 30 40 50 Abb. 2: Natürliches Verbreitungsgebiet; nach [8] Quercus polycarpa, eine bis 25 m hohe Eichenart mit südosteuropäischem Areal, unterscheidet sich von Q. petraea in mehreren Merkmalen der Blatt- und Fruchtmorphologie, wird aber in der waldbaulichen Praxis nicht als separate Art behandelt und genutzt. Bekannt ist ihre Dürre- und Frosthärte. Informationen zur Bewurzelung, über Holzeigenschaften und zur Pathologie fehlen aber fast völlig. Zu Aufforstungen wird Q. polycarpa noch nicht herangezogen. 2 Enzyklopädie der Holzgewächse – 35. Erg.Lfg. 3/04 Verbreitung Q. polycarpa ist eine Baumart der Balkan-Halbinsel, die außerdem an der West- und Südküste des Schwarzen Meeres sowie im Karpatenbecken vorkommt. Die Westgrenze ihres Areals befindet sich am Fuße der Alpen, namentlich im ungarischen Alpenvorland, d.h. im Soproner Gebirge, im Köszeger Gebirge und am Vas-hegy bei Felsöcsatár, die Nordgrenze liegt in Mähren sowie in den Vorbergen der Nordkarpaten [8, 10]. Die Höhenverbreitung der Art verläuft zwischen 200 und 750 m ü. NN. Quercus polycarpa 01.04.2006 14:50 Uhr Seite 3 Quercus polycarpa III-2 Abb. 3: Blattformen; rechts unten: Becher mit auffallend stark gewölbtem Rücken (nat. Größe) Enzyklopädie der Holzgewächse – 35. Erg.Lfg. 3/04 3 Quercus polycarpa 01.04.2006 14:50 Uhr Seite 4 Quercus polycarpa III-2 Beschreibung Q. polycarpa wächst zu mächtigen, bis 25 m hohen Bäumen mit schlanken Stämmen (BHD 35–55 cm) heran. Die Krone wird etwas breiter als bei Q. petraea, hinsichtlich der Borke besteht Ähnlichkeit. Knospen und Blätter Die relativ großen Winterknospen (Länge: Endknospen 15–18 mm, Seitenknospen 10–14 mm) sind länglich oval, laufen allmählich in eine verschmälerte Spitze aus und haben breite Tegmente mit bewimperten Rändern. Die Art ist sommergrün und treibt in der 2. Aprilhälfte aus. Sie trägt wechselständig angeordnete, etwas ledrige, 7–11 cm lange und 5–7 cm breite Laubblätter mit rundlichem Apex. Die plötzlich verschmälerte oder schwach herzförmige Spreitenbasis läuft in einen 14 bis 30 mm langen, oberseits rinnigen, anfangs schwach behaarten, später kahlen Stiel aus. Zwei trockenhäutige, fadige und bewimperte Stipeln fallen früh ab. Die Blätter sind seicht gebuchtet und beiderseits mit je 6 bis 8 rundlichen, relativ breiten Lappen versehen. Oberseits ist die Spreite glänzend dunkelgrün, unterseits gelblich grün oder graugrün. Vollentwickelte Blätter sind nur entlang der parallel verlaufenden Sekundärnerven behaart. Letztere treten auf der Unterseite stark hervor. Interkalare Nerven fehlen. Vor dem Abfallen im Herbst verfärben sich die Blätter gelblich braun. Abb. 5: Borke eines alten Exemplars Blüten und Früchte Abb. 4: Trieb mit reifender Frucht 4 Enzyklopädie der Holzgewächse – 35. Erg.Lfg. 3/04 Q. polycarpa blüht in der ersten Mai-Hälfte. Die Blüten sind monoezisch verteilt und stehen zu mehreren an Infloreszenzen. Bei den männlichen Blütenständen ist die Achse schwach behaart, die Blüten selbst haben ein Perigon mit 5 bis 7 lanzettlichen, außen schwach, an der Spitze aber länger behaarten Kronblättern sowie 5 bis 7 Staubblätter mit eiförmigen Antheren und gleichlangem Filament. Weibliche Blütenstände mit 2–6 Blüten entspringen den Blattachseln. Die Blüten entwickeln sich zu 1,8–2,5 cm langen Eicheln, die tief in den Fruchtbecher eingesenkt sind. Letzterer wird 0,8 bis 1,2 cm hoch, nimmt einen Durchmesser von 1,5 bis 2,0 cm ein und ist mit breiten Schuppen besetzt, die einen stark aufgewölbten Rand und dünne, behaarte Spitzen aufweisen [1, 3, 4, 7, 10]. Die Eicheln sind Mitte September reif und fallen Anfang Oktober zu Boden. Quercus polycarpa 01.04.2006 14:50 Uhr Seite 5 Quercus polycarpa III-2 Taxonomie, genetische Differenzierung und Artbastarde Vor der Erstbeschreibung durch SCHUR 1851 in Transsylvanien hielt man Q. polycarpa für eine Form der Traubeneiche (Q. petraea). Von dieser unterscheidet sie sich jedoch eindeutig durch: – die kahle, etwas ledrige, seicht gebuchtete Blattspreite mit parallel verlaufenden, unterseits deutlich hervortretenden Seitennerven. – die dickwandige, mit breiten, stark gewölbten Schuppen besetzte Cupula. – junge Triebe mit auffälligen, dichtstehenden elliptischen Lenticellen. Insgesamt variiert die Blattform der Siebenbürgischen Eiche weniger als jene der Traubeneiche. Hinsichtlich der Position der Früchte unterscheidet man zwei Varietäten: – var. polycarpa MÁTY. Früchte in Gruppen angeordnet. Dieser Formenkreis ist im größten Teil des Areals verbreitet. – var. welandii MÁTY. Früchte sind „traubenartig“ an der verlängerten, 25–30 mm langen Blütenstandsachse angeordnet. Vorkommen sporadisch, meist auf trockenen, steinigen Standorten. Q. polycarpa bastardiert häufig mit Eichenarten der selben Sektion. Folgende natürlich entstandene Hybriden wurden beschrieben [5, 6]: Q. dalechampii x Q. polycarpa (= Q. x barnova GEORG. et DOBR.) Q. petraea x Q. polycarpa (= Q. x sooi MÁTYÁS) Q. frainetto x Q. polycarpa (= Q. x tabajdiana SIMK.) Q. pubescens x Q. polycarpa (= Q. x dacica BORB.) Q. robur x Q. polycarpa (= Q. x csatoi BORB.) Ökologie Q. polycarpa ist eine wärmeliebende, dürreharte Baumart, die selbst unter streng kontinentalen Klimaverhältnissen gedeiht und im Hochsommer längere Dürreperioden toleriert. Sie wächst in den Eichenwäldern der Waldsteppenzone, in Karstbuschwäldern wie auch in anderen kalkliebenden, thermophilen Waldgesellschaften. In extrem trockenen Lagen bleibt sie strauchförmig. Auf kalkarmen Standorten, wo sie gemeinsam mit Quercus dalechampii und Pinus sylvestris vorkommt, kann sie Quercus pubescens ersetzen [2]. Hingegen ist sie auf kalkreichen Substraten oft mit Fraxinus ornus, Quercus pubescens, Q. pedunciflora, Q. cerris und Q. dalechampii, selten hingegen mit Q. petraea gemischt. Hinsichtlich des Boden-pH deckt sie einen Bereich von pH 4,5 bis 8 ab. Verschiedenes Bis heute wird Q. polycarpa von der forstlichen Praxis nicht von Q. petraea unterschieden. Deswegen fehlt es von Grund auf an Informationen über Schäden und Krankheiten, ebenso über Ertragsdaten und Holzeigenschaften. Auch über Standortsansprüche und pflanzensoziologische Zusammenhänge sind wir nur lückenhaft unterrichtet. Literatur [1] BELDIE, A., 1952: Genus Quercus. In: Nyárády, E., (red.): Flora Rep. Pop. Rom. tom. I., Bucuresti, 224–261. [2] BORHIDI, A., 1969: Adatok a koscsánytalan tölgy (Quercus petraea fajcsoport) és a molyhos tölgy (Q. pubenscens facscoport) kisfajainak ökológiai-cönológiai magatartásáról. [Angaben über die ökologisch-zönologischen Verhältnisse der Kleinarten der Traubeneiche (Q. p. agg.) und der Flaumeiche (Q. p. agg.)]. Botanikai Közlemények 56, 155–158. [3] GANC̆EV, I.; BONDEV, I., 1966: Quercus. In: JORDANOV, P. (red.): Flora reipublicae popularis bulgaricae III., BAN, Sofia, 106–145. [4] MAJER, A., 1989: Beteiligung der Kleinarten der Traubeneiche (Quercus petraea (Mattusch.) Liebl.) in den Populationen Ungarns. Folia Dendrologica 16, 179–194. [5] MÁTYÁS, V., 1970: Taxa nova Quercuum Hungariae. Acta Botanica Acad. Sci. Hung. 16, 329–361. [6] MÁTYÁS, V., 1971: A magyarországi kocsánytalan tölgyfajok alakkörének kritikai elemzése. [Kritische Aufteilung des Formenkreises der Traubeneichen-Arten in Ungarn.] Erdészeti Kutatások 67, 43–96. [7] MÁTYÁS, G.; MÁTYÁS, CS.; HORVÁTH, F., 1994: A kocsánytalan tölgy taxonok elöfordulása a magyar tölgyherbárium (HQ) anyaga alapján. [Vorkommen der Traubeneichen-Taxa in Ungarn auf der Grundlage des Ungarischen Eichenherbariums [HQH)]. Botanikai Közlemények 81, 235–248. [8] POŽGAJ, J.; HORVÁTHOVÁ, J., 1986: Variabilita a ekológia druhov rodu Quercus L. na Slovensku. [Beitrag zur Variabilität und Ökologie ausgewählter Arten der Gattung Quercus L. in der Slowakei.] Acta Dendrobiologica, Bratislava. [9] SCHUR, F. 1857: Beiträge zur Kenntnis der siebenbürgischen Eichen. Oest. Bot. Wochenblatt 7(1), 417–420, 7(2), 9–10, 7(3), 17–22. [10] SCHWARZ, O., 1936–39: Monographie der Eichen Europas und des Mittelmeergebietes. Feddes Rep. spec. nov. regni veg. Sonderbeiheft D. Der Autor: Prof. Dr. DÉNES BARTHA Lehrstuhl für Botanik Universität für Forstwissenschaften Bajcsy-Zs. u. 4. H-9400 Sopron Enzyklopädie der Holzgewächse – 35. Erg.Lfg. 3/04 5 Quercus polycarpa 6 01.04.2006 14:50 Uhr Seite 6 Enzyklopädie der Holzgewächse – 35. Erg.Lfg. 3/04