Alrukaba 3/2003

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Ausgabe
3/2003
Magazin der Burgenländischen
Amateurastronomen
http://www.astronomie.at/burgenland
eMail: [email protected]
Burgenländische Amateurastronomen
c/o Parkhotel Neubauer, Postgasse 2
A-7202 Bad Sauerbrunn
Mars beobachten
Seite 5
Mars im
Amateurteleskop
Seite 10
Mars im Blickpunkt der
WebCam
Seite 11
Deep Sky Einstieg
Kugelsternhaufen
Seite 14
Aktuelles
Aktuelles
Editorial
Liebe Leser
Inhaltsverzeichnis:
Die vorliegende Ausgabe der Alrukaba
steht ganz im Zeichen des Mars. Am
27. August hatte er zwar seine größte
Annäherung an die Erde, doch bleibt
er in den Monaten September und
Oktober weiterhin ein lohnendes
Objekt.
Mit Begeisterung haben eine Reihe
von Mitgliedern durch ihre Artikel an
dieser Ausgabe mitgewirkt und dazu
beigetragen, dass sie mit 28 Seiten
zur stärksten Alrukaba geworden ist.
Erfreulich ist auch, dass viele
engagierte Mitglieder auch für die
kommenden Ausgaben zur Verfügung
stehen und Einsteigern und Fortgeschrittenen Interessantes bieten
werden.
Gerhard Eber
Peter Morth
[email protected]
Auf ein Wort
4
Mars Mania
4
Sommerfest in Bad Sauerbrunn
5
Mars beobachten
5
Mars im Amateurteleskop
10
Der Planet Mars im Blickpunkt der
Webcam
11
Die Beobachtung der diesjährigen
Marsopposition
12
Deep Sky Einstieg
Kugelsternhaufen
14
Skywalker
18
Die Sonne beobachten
18
Mondfinsternis am 9. November
2003
20
Astrofotografie mit stehender
Kamera
20
In letzter Minute - 6 Megapixel
22
Selbstbauprojekt motorisierter
Okularauszug (OAZ)
24
Titelbild: Mars, Aufnahme: Robert Schulz
Aufnahmeinstrument: 62 cm RC der Sternwarte der AVK auf der Gerlitzen in 1900m Höhe
(AVK ist die astronomische Vereinigung Kärnten)
Brennweite 10,8m erreicht durch 2x Ultima Barlow
ToUcam, 600 Bilder gemittelt, 60sec zu je 10 B/s.
Webcammodus 320x240, Belichtungszeit 1/100 sek. Verstärkung 0
Impressum
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Urheberrecht:
Herausgeber: Burgenländische
Amateurastronomen
Stefan Salamon, Jürgen Stöger, Erich
Weber, Viktor Wlaschitz, Peter Morth,
Robert Schulz, Gerald Wechselberger,
Markus Vertesich, Ludwig F. Grandy,
Alle in der ALRUKABA erscheinenden
Beiträge sind urheberrechtlich geschützt
und dürfen nur mit Zustimmung der
Redaktion veröffentlicht werden. Alle
Rechte vorbehalten, der Gerichtsstand
ist 7000, Eisenstadt.
c/o Parkhotel Neubauer, Postgasse 2
A-7202 Bad Sauerbrunn
Info-Telefon: 02687/54159
Redaktion:
e-mail: [email protected]
Layout: Gerhard Eber
Erscheinungsweise: unregelmäßig
3 Alrukaba | September 2003
Willst Du auch schreiben?
Artikel und Beobachtungsberichte
werden gerne von der Redaktion
entgegen genommen
(1 A4-Seite =640 Wörter).
Die Meinung der Artikel muss nicht mit
der Meinung der Herausgeber
übereinstimmen. Alle Autoren sind für
ihre Artikel selbst verantwortlich.
Aktuelles
Auf ein Wort
Liebe Sternfreunde
I
n den letzten Wochen und
Monate
gab
es
wieder
zahlreiche Aktivitäten bei den
Burgenländischen
Amateurastronomen, wie unsere Teilnahme
am
Sommerfest
des
ORF
Burgenland in Bad Sauerbrunn und
die zahlreichen Berichte und Bilder
unserer Mitglieder von unserem
Nachbarplaneten
Mars.
Eine
kritische Auseinandersetzung mit
Bereichen, die im Verein vernachlässigt werden, ist aber angebracht,
schließlich stellt Selbstkritik meist
den ersten Schritt zur Verbesserung
dar. Ich meine, dass das Angebot
für
Kinder,
Jugendliche
und
Neueinsteiger nach wie vor ein
Schattendasein im Verein fristet.
In den letzten Jahren wuchs
unser
Verein
ständig,
die
Mitgliederanzahl stieg von 35 im
Jahre 1999 auf derzeit 88 und auch
die
Veranstaltungen
wurden
wesentlich verbessert (Vorträge bei
den Vereinstreffen, Gruppentreffen,
Workshops). Betrachtet man die
Mitgliederstruktur, so ist feststellbar,
dass bei den Neuzugängen nicht
etwa
Neueinsteiger,
sonder
vielmehr erfahrene und teilweise in
ganz Österreich bekannte Amateurastronomen hinzugekommen sind.
Dies ist ein sehr erfreulicher Trend,
der uns innerhalb der letzten
Monate zu einem der Topvereine
für Astrofotografie in Österreich
gemacht hat (siehe Fotogalerie im
Web). Die Inhalte der Vereinsarbeit
wurde professioneller, das Niveau
höher und das Engagement vieler
Mitglieder ist sehr lobenswert.
Ebenso hat die astronomische
Weiterentwicklung der Mitglieder
zugenommen und eine verstärkte
gemeinsame Hobbyausübung ist
feststellbar. Dabei wurden jedoch
die anderen Vereinsaktivitäten, wie
z.B. öffentliche Veranstaltungen
(Beobachtungsabende) und die
Kinder- und Jugendarbeit, vernachlässigt. Es gibt zwar gute Ideen
(Astro-Akademie mit Einsteigerkursen,
Veranstaltungen
und
öffentliche Abendveranstaltungen in
den Gemeinden), jedoch lassen
sich derzeit keine Mitglieder finden,
die bereit wären, die Organisation
und die Durchführung der Kinder-,
Jugend und Einsteigerarbeit zu
übernehmen.
Ich möchte daher einen Aufruf
an alle Mitglieder tätigen, sich nicht
nur mit dem aktuellen Status des
Vereins zufrieden zu geben und nur
auf die eigene Weiterentwicklung zu
achten,
sondern
sich
auch
uneigennützig bei der Verbreitung
unseres Hobbys bei Kindern,
Jugendlichen und Einsteigern zu
engagieren. Ernsthaft interessierte
Mitglieder (auch für die Organisation) bitte ich, sich beim
Vereinsvorstand (eMail, persönlicher Kontakt bei Vereinsveranstaltungen, Infotelefon) zu melden.
Im Namen des Vereins möchte
ich jedoch all jenen danken, die sich
bereits jetzt bei Vereinsaktivitäten
jeglicher Art engagieren und Euch
bitten, dies auch weiterhin zu tun.
► VON ERICH WEBER
Mars Mania
Bilder unserer Mitglieder
Robert Schulz, ,3. August 2003
12,5“ Newton, 5x Televue Barlow,
Philips ToUcam Pro, IR-Sperrfilter.
4 Alrukaba | September 2003
Franz Gruber, 2.August.2003,
5“ Apo-Refraktor bei 3,9 m
Äquivalentbrennweite, Philips ToUcam
Pro, IR-Sperrfilter
Karl Binder, 29.Juni.2003,
12“ Schmidt-Cassegrain, Philips
ToUcam Pro.
Weitere Bilder in den Artikeln
in dieser Ausgabe !
Aktuelles
Sommerfest in Bad Sauerbrunn
S
eit
einigen
Jahren
veranstaltet
der
ORF
Burgenland jeden Freitag
im Sommer ein Fest in
einer burgenländischen Gemeinde.
Auf der Bühne gibt es ein
abwechslungsreiches
Programm,
bei dem sich u.a. lokale Vereine
und Unternehmen. präsentieren
können. Am 18. Juli fand das ORFSommerfest in Bad Sauerbrunn
statt. Wie im Vorjahr waren wir auch
heuer bei diesem Fest mit einem
Interview auf der Bühne vertreten.
Zusätzlich hatten wir dieses Jahr
einen eigenen Ausstellungsstand
eingerichtet. Zuvor wurden Presseaussendungen geschrieben, Mitglieder für den Stand gesucht,
Standutensilien besorgt. Dank der
guten Vorbereitung lief beim ORFSommerfest alles planmäßig. Karl
Klinger sorgte für einen toll
ausgestatteten BAA-Shop, Peter
Morth für zahlreiche Infoprospekte
von AstroExperts GmbH, Optikhaus
Binder, Teleskop-Service GmbH
Ransburg, Vehrenberg KG, und
Foto Holub, Die aufgestellten
Teleskope
unserer
Mitglieder,
Binder (Schmidt-Cassegrain), Morth
(Refraktoren), Wasshuber (Newton)
und Wechselberger (14x80 Orion
Feldstecher mit Sonnenfilter) boten
einen gewaltigen Blickfang, an dem
auch
das
ORF-Kamerateam
Gefallen fand. Der gedrehte Beitrag
wurde am nächsten Tag in
„Burgenland Heute“ gesendet.
Fotos von unseren
zeigen konnten.
Abb. 1: Gruppenfoto (v.l.) G.
Wechselberger, R. Schulz, M. Wasshuber, E. Weber, P. Morth, F. Wechselberger, K. Klinger, E. Binder, K. Binder
und H. Weiss (Foto Gisela Weber)
Um 18 Uhr wurde Erich Weber,
der von Manfred Wasshuber und
dessen Teleskop begleitet wurde,
vom ORF auf der Bühne interviewt
und konnte damit die Zielsetzungen
der BAA einem breiten Publikum
näher bringen.
Abb. 2: ORF interviewt Erich Weber
(Foto Gerald Wechselberger)
Auf unserem Stand fanden sich
immer wieder Interessierte ein,
denen wir neben den Teleskopen
auch die FotoCD der Gruppe
Astrofotografie (zusammengestellt
von Gerhard Eber) sowie zahlreiche
Mitgliedern
Abb. 3: Beratung von Interessenten
(Foto Erich Weber)
Auf
Grund
der
sehr
angenehmen Atmosphäre blieben
wir fast bis Mitternacht. Mit unserem
Beitrag
zum
ORF-Sommerfest
können wir sehr zufrieden sein, es
war für alle Beteiligten sehr
interessantes und unterhaltsames
Beisammensein. Die Stimmung war
bestens., das Medieninteresse hoch
(zwei Radioberichte, ein FernsehBericht, ein Zeitungsartikel). An
dieser Stelle sei im Namen des
Vereins allen Mitgliedern gedankt,
die mitgeholfen haben: Erna und
Karl Binder, Karl Klinger, Peter
Morth, Robert Schulz, Manfred
Wasshuber, Erich Weber, Franziska
und Gerald Wechselberger und
Heinrich Weiss. Auch bei unserem
Ehrenmitglied Günther Neubauer
möchten wir uns für die Runde Sekt
und die gewährte Unterstützung
(Tische uvm.) bedanken.
► VON ERICH WEBER
Mars beobachten
F
rei nach einem Höhepunkt
des heurigen Kinosommers
zitiert: „HE IS BACK!“.
Mars kommt im Durchschnitt etwa alle 2 Jahre in
Opposition zur Erde und erlangt
dann unsere (d.h. die der Amateurastronomen) volle Aufmerksamkeit;
bei Periheloppositionen wie dieses
Jahr, entdecken zudem auch
Medien und Teleskop-Hersteller ihr
5 Alrukaba | September 2003
Interesse am roten Planeten. Da
werden etwa Billig-Teleskope wie
das berühmte „Mars-60“, ein kleiner
60 mm-Refraktor mit wackligem
Unterbau als ultimative „Planetenkiller“ beworben und es vergeht
kaum eine Woche, in dem die
Medien nicht über Mars berichten.
Dieser Artikel enthält einen
kurzen Auszug aus meinem Vortrag
„Mars 2003 – Grundlagen zur
Beobachtung des roten Planeten“.
Ich konzentriere mich bewusst auf
die
visuelle
und
WebCamBeobachtung des roten Planeten,
die wohl von den meisten BAAMitgliedern praktiziert wird; Themen
wie Umlaufbahn, Sichtbarkeitsperioden, Geschichte der Marsbeobachtung, Beobachtung der
Marsmonde, usw. würden den
Rahmen dieses Artikels sprengen.
Mars Mania
Der Planet, auf dem wir bereits
mit kleineren Fernrohren die
meisten
Oberflächeneinzelheiten
sehen können, ist Mars. So steht es
zumindest im Buch „Der Amateurastronom“ von Joachim Herrmann.
Blödsinn werden manche jetzt
denken, und was ist mit Jupiter?
Man muss Herrmann recht geben;
die Strukturen, die man bei Jupiter
sieht, sind allesamt Wolkendetails
der Jupiteratmosphäre. Polkappen
und großflächige Albedostrukturen
wie etwa die Große Syrte auf Mars
sind Oberflächeneinzelheiten, die
wir bereits in unserem „Mars-60“Killer sehen können.
Wie sieht den Mars im Teleskop
aus? Welche Details kann man
beobachten? Prinzipiell teilt man die
auf Mars sichtbaren Einzelheiten in
Oberflächen- und Wolkenstrukturen
ein. Zu den Oberflächenstrukturen
zählen die Polkappen und die
hellen bzw. dunklen Albedostrukturen. Zu den meteorologischen Erscheinungen zählen
u.a. die Polhaube, weiße Wassereiswolken, gelbe Staubwolken, Reif,
Dunst und Nebel.
Oft sieht man auf beiden Polenden
weißliche Flächen, aber nur eine
der hellen Flächen ist eine echte
Polkappe. Bei der zweiten hellen
Fläche handelt es sich um die
bereits zuvor genannte Polhaube.
Dieses Jahr ist uns die
Südhemisphäre zugewandt und wir
können das „Abschmelzen“ der
Südpolkappe (SPC) verfolgen, die
im
August
und
nach
dem
Oppositionszeitpunkt Ende August
mit anstehendem Sommerbeginn
auf der Südhemisphäre dramatisch
an Größe verlieren wird. Beim
Rückgang der Polkappen können
sich Eisinseln bilden, die sich in
niedrigeren Breiten regelrecht von
der
Restpolkappe
abkapseln.
Aufgrund
ihres
regelmäßigen
Erscheinungsorts haben einige
Eisinseln eigene Namen erhalten.
Berühmt ist etwa die Eisinsel Novus
Mons, auch Mounts of Mitchell
genannt, die beim Rückgang der
Südpolkappe zurückbleibt – vor
allem jetzt ab August beobachtbar
und
bereits
in
mittelgroßen
Instrumenten
gesehen
werden
kann.
Abb. 2: Kasimir Graff, Zeichnung vom
15.7.1924, Ausbildung von Eisinseln in
der SPC. 60cm-Teleskop, entnommen
mit Genehmigung aus interstellarumBegleiter: Mars-Unser Wissen vom
Roten Planeten.
Abb. 1: Alois Virag, Große Syrte.
27.7.2003, 1:02 UT, 10“ Newton,
Rotfilter, Philips ToUcam Pro.
Polkappen
Die Polkappen bestehen zum
Teil aus Wasser- (H2O) und aus
Trockeneis (CO2). Sie zeigen ein
saisonales Verhalten, d.h. sie
gehen im Frühjahr zurück, indem
das gefrorende Kohlendioxid und
Wasser verdampft und sie bilden
sich im Marsherbst unter einer
Wolkendecke, der Polhaube, wieder
zurück. Dieses saisonale Verhalten
bestimmt die meteorologischen
Aktivitäten in der Marsatmosphäre.
6 Alrukaba | September 2003
Beim Rückgang der Polkappen
bleibt ein dunkler „Kranz“ um die
Polkappe zurück, der sogenannte
Polsaum, bei dem es sich um einen
von Staub und Eis freigelegten
dunklen Untergrund handelt. Der
Polsaum an der SPC ist dieses Jahr
bereits in kleinen Teleskopen
einfach zu sehen.
Albedostrukturen
Unter Albedostrukturen versteht
man die hellen bzw. dunklen
Flächen auf Mars, die allerdings
keine
realen
topographischen
Strukturen auf Mars darstellen.
Diese zeigen nur die unterschiedliche Reflektivität des Mars-
bodens.
Oberflächenformationen
wie Senken und Berge können
indirekt nachgewiesen werden;
orographische Wolken bilden sich
z.B. über Gebirgsformationen wie
dem Schildvulkan Olympus Mons.
Das Hellas Becken ist eines der
großflächigen, realen Formationen,
das bereits in kleinen Fernrohren
gesehen werden kann.
Abb. 3: Robert Schulz, 3.8.2003, 1:06
UT, Südpolkappe mit Polsaum sowie
Mare Cimmerium und Mare Tyrrhenum.
12,5“ Newton bei 14 m
Äquivalentbrennweite, Philips ToUcam
Pro, IR-Sperrfilter.
Anfang des 20. Jahrhunderts
wurden die Hell-Dunkelstrukturen
vom
italienischen
Astronomen
Sciaparelli mit eigenen Namen
versehen; diese Nomenklatur ist bis
heute noch gültig und wird von
Amateurastronomen
weltweit
verwendet. Lediglich die Namen der
Marskanäle, die von Sciaparelli
gesehen wurden und mittlerweile
als optische Täuschung angesehen
werden, wurden nicht übernommen.
Eine Gesamtkarte der Albedostrukturen kann von der ALPOHomepage unter
http://www.lpl.arizona.edu/~rhill/alpo
/marstuff/B&WMarsmap.jpg
heruntergeladen werden.
Die wohl auffälligste Dunkelstruktur ist Syrtis Major (Große
Syrte), die mit Mare Tyrrhenum und
Iapagia einen dunklen Dreieckskeil
bildet. Ebenfalls sehr gut sichtbar
sind dieses Jahr Mare Erythraeum
und Solis Lacus, das Auge des
Mars.
Mars Mania
Abb. 4: Jürgen Stöger, 17.8.2003, 0:41
UT, Solis Lacus im Zentralmeridian. 7“
Maksutov-Newton bei 5,3 m
Äquivalentbrennweite, Philips ToUcam
Pro, IR-Sperrfilter
Wolkenstrukturen
Wie bereits erwähnt, besitzt
Mars
atmosphärische
Erscheinungen in Form von Wolken, die
sich mit dem Verdampfen des
gefrorenen Wassers im Frühjahr /
Sommer der betreffenden Hemisphäre aus den Polkappen bilden
und die in gemäßigte Breiten des
Planeten getragen werden.
Die meteorologischen Erscheinungen können in Reif auf der
Oberfläche, Eisnebel dicht über
dem Boden liegend, orographisch
und
topographisch
bedingten
Wolken in einigen Kilometern Höhe
und in Dunst in der Hochatmosphäre eingeteilt werden. Sie
erscheinen ohne Filter weißlich und
können durch die Wahl unterschiedlicher Filter identifiziert werden. Die
am
leichtesten
zu
sehende
Wolkenstruktur ist die Polhaube.
Randdunst ist ebenfalls visuell
leicht zu beobachten; bei einigen
WebCam-Aufnahmen stellen die
hellen Ränder jedoch Artefakte dar,
die von einer übermäßigen digitalen
Bildbearbeitung herrühren.
Visuelle Beobachtung
Der erste Anblick von Mars im
4,5“ Newton war für mich damals
als Astro-Neuling eine herbe
Enttäuschung: ein kleines orangebraunes, zitterndes Scheibchen mit
keinen oder bestenfalls verschmierten Konturen zeigte sich im Okular.
Heute weiß ich, dass die Umstände
der Beobachtung nicht gerade
optimal oder anders ausgedrückt
7 Alrukaba | September 2003
schlicht schlecht waren. Niedrige
Höhe gepaart mit unruhiger Luft, ein
ungenügend justiertes Fernrohr,
schlechte Okulare, kleiner Scheibchendurchmesser usw. lassen nun
mal
kein
besseres
Ergebnis
erwarten.
Die
Luftruhe,
mittlerweile
oftmals synonym als Seeing bezeichnet, ist der limitierende Faktor
bei der Planetenbeobachtung. Die
Auswirkungen schlechten Seeings
sind gemeinhin bekannt; ein
zappelndes
Planetenscheibchen
auf dem keine oder nur sehr grobe
Strukturen gesehen werden können; hohe Vergrößerungen zeigen
nur ein matschiges Planetenbild.
Die Luft(un)ruhe erkennt man an
der Szintillation der Sterne und am
Zitterscheibchen im Fernrohr. Erfahrene Planetenbeobachter wissen
zumeist ganz genau, wann es sich
lohnt,
aufzubauen
und
zu
beobachten. Abende mit ausgezeichneter Luftruhe sind in unseren
Breiten höchst selten, gerade
einmal ein paar Tage im Jahr wird
die Luft hierzulande völlig ruhig sein
und spektakuläre Planetenbilder
ermöglichen.
Zum atmosphärisch bedingten
Seeing gibt es noch das Tubus- und
lokale Seeing, auf die man als
Beobachter aber Einfluss hat.
Lokales Seeing entsteht, wenn man
über aufgeheizte Flächen hinweg
beobachtet und kann durch die
richtige Wahl des Beobachtungsortes vermieden werden. Tubusseeing
entsteht
durch
den
Temperaturausgleich im Tubusinneren zur
Außentemperatur,
wenn man das Teleskop ins Freie
bringt. Es empfiehlt sich, dem
Teleskop die notwendige Zeit zur
Anpassung an die Außenluft zu
gewähren und in der Zwischenzeit
andere Objekte z.B. Deep Sky zu
beobachten.
Der
Durchmesser
des
Marsscheibchens reicht von 14“ bei
Apheloppositionen bis zu 25“ bei
Periheloppositionen. Mars ist daher
bei den günstigsten Periheloppositionen nur etwa halb so groß,
wie Jupiter zum Oppositionszeitpunkt. Das bedeutet, dass man
zur Wahrnehmung feiner, kleiner
Marsdetails, hohe Vergrößerungen
(200 – 400-fach bzw. darüber,
abhängig vom Seeing) einsetzen
muss. Jedenfalls „verträgt“ Mars im
Gegensatz zu Jupiter hohe Vergrößerungen, vorausgesetzt man
besitzt eine gute Optik und hat auch
Glück mit dem Seeing.
Der visuelle Beobachter sollte
vor allem eine Fähigkeit mitbringen,
nämlich Geduld. Er muss auf die
ruhigen seeingbedingten Augenblicke warten können und das kann
mitunter einige Stunden Beobachtung (natürlich mit Pausen) in
Anspruch nehmen. Er muss zudem
die Fähigkeit haben, auf einer
kleinen Scheibe (und das ist Mars
auch noch bei 200-facher Vergrößerung)
kontrastschwache
Details zu erkennen und die erlebte
Beobachtung selbstkritisch hinterfragen; wie wir von Sciaparellis
„Marskanälen“ wissen, muss nicht
jede gesehene Struktur real sein.
Erfahrung im Erkennen und
Vertrautwerden mit den Albedostrukturen erreicht man durch
regelmäßige
Beobachtungsübungen über eine Marssaison hinweg.
Es ist natürlich nicht nach
jedermanns Geschmack, zu Beginn
einer Opposition, wenn Mars am
Morgenhimmel steht, aufzustehen,
die
Gerätschaft
schlaftrunken
aufzubauen und zu beobachten.
Aber genau diese gehörige Portion
Ausdauer und Motivation tragen zur
Routine bei und machen erfolgreiche Marsbilder und -zeichnungen
um den Oppositionszeitpunkt erst
möglich.
Farbfilter
Der Einsatz von Farbfiltern ist
gerade bei Mars ein Muss! Zwar
geht der ästhetische, natürliche
Eindruck verloren, aber durch den
Gewinn an Informationen werden
oft erst wirklich feine Details
sichtbar. Man sollte nur qualitative
Glasfilter wie z.B. von Schott oder
Wratten-Filter namhafter Hersteller
einsetzen.
Empfehlenswert ist ein Satz an
mehreren
Farbfiltern
für
die
Marsbeobachtung. Der Satz sollte
aus Rot (oder Orange), Gelb, Grün
und Blaufiltern bestehen und sich in
erster Linie an der Öffnung des
verwendeten Teleskops orientieren.
Filter mit zu engem Lichtdurchlass
wie z.B. Violett oder Dunkelblau
bringen nur an Fernrohren ab 8“
Mars Mania
Öffnung etwas.
Zeitpunkt eintragen.
Die Filter Orange (W21) und
Hell-Rot (W23A) haben sich für die
Kontrastverstärkung der dunklen
Albedostrukturen
bewährt
und
können aufgrund des größeren
Lichtdurchlasses auch an kleineren
bis mittleren Fernrohren verwendet
werden. Vor allem den W23A setze
ich bei jeder Marsbeobachtung ein.
Für die Beobachtung der Polkappe
und Polhaube empfiehlt sich der
Einsatz eines Hell-Grün- oder HellBlaufilters (W56, W80A). Die geeigneten Filter zur Beobachtung der
atmosphärischen Details können
der Tabelle 1 entnommen werden.
Wem das lästige Umschrauben
der Filter ein Dorn im Auge ist, der
sollte sich ein Filterrad besorgen,
das mehrere Filter aufnehmen kann
und einen schnellen Wechsel von
einem Filter zum anderen erlaubt.
Zeichnen
Die historischen Zeichnungen
der
Planetenbeobachter
des
ausgehenden 19. Jahrhunderts, wie
z.B. Antoniadi, de Vaucouleaurs,
Flammarion, etc., sind legendär und
werden auch heute noch gerne für
Albedokarten herangezogen.
Zeichnungen
stellen
eine
beliebte
und
kostengünstige
Methode zur Dokumentation der
eigenen Beobachtung dar. Als
Zeichenutensilien benötigt man
nicht viel: einen nicht zu harten
Bleistift und eine Zeichenschablone
mit 40 mm Kreisdurchmesser.
Polhaube
Orographische
Wolken
Topografische
Wolken
Eisnebel
Reif
Randdunst
Äquatoriales
Wolkenband
Gelbe Wolken
Abb. 5: Zeichnung des berühmten
visuellen Marsbeobachters Eugenio
Michail Antoniadi, von dem auch die
bekannte Skala zur Abschätzung der
Luftruhe stammt., entnommen mit
Genehmigung aus interstellarumBegleiter: Mars-Unser Wissen vom
Roten Planeten.
Die Schablone sollte auf einer
harten
Mappe
beidseitig
mit
Klammern befestigt sein, um ein
Aufklappen des Zeichenblattes bei
Wind zu verhindern. Bei der
Beleuchtung des Zeichenblatts
empfehle ich eine kleine, mit
dämpfender Folie (rot, gelbgrün)
überzogene Stirnlampe, die bei der
Beobachtung nicht störend ist. Ich
kann mich noch an die Mappe mit
angeflanschtem, drehbaren Licht
von Karl Vlasich erinnern, die eine
exzellente Alternative darstellt.
Beim Anfertigen der Marszeichnung bietet sich folgende
Vorgangsweise an:
•
Vor Beginn der Zeichnung sollte
man die Daten und den
•
Zuerst
sollte
die
Phase
bestimmt und eingezeichnet
werden. Etwa 1 Monat vor und
bis 1 Monat nach dem
Oppositionszeitpunkt kann das
Einzeichnen der Phase vernachlässigt werden (Schritt 1).
•
Dann sollten die Grobstrukturen
vorgezeichnet werden. Die
Umrisse der dunklen Albedostrukturen, die Polkappe werden fein eingetragen (Schritt 2).
Wenn man sich beim Einzeichnen einer Struktur wesentlich in der Position vertan hat,
sollte man auf das Radieren
verzichten. In feuchten Nächten
kann das Papier bei „Radieraktionen“ erheblich leiden.
•
Jetzt können feine Strukturen
wie
z.B.
Trennlinien
der
Polkappen, feine Helligkeitsunterschiede in Dunkelgebiete
etc.
eingezeichnet
werden
(Schritt 3). Verschiedene Filter
sollten
jetzt
angewendet
werden. Weiters wird der
Zeitpunkt der Mitte der Beobachtung notiert.
•
Die Helligkeitsunterschiede der
einzelnen Strukturen können
mit Zahlen aus der Intensitätsskala (0 ... weiß, 10 ...
schwarz) versehen werden.
•
Die
gesehenen
Eindrücke
niederschreiben. Mit welchen
Filtern konnten welche Details
verstärkt gesehen werden?
Waren Wolken, Staubstürme zu
sehen?
•
Es empfiehlt sich die fertige
Reinzeichnung erst zuhause in
Rot
-
Orange
-
Gelb
-
Grün
-
Blau
gut
gut
Violett
sehr gut
sehr gut
-
-
-
gut
sehr gut
gut
gut
-
gut
-
gut
sehr gut
-
sehr gut
gut
-
gut
gut
gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut
sehr gut
-
-
Tabelle 1: Filter zur Marsbeobachtung
8 Alrukaba | September 2003
Mars Mania
Ruhe fertigzustellen. Die Reinzeichnung sollte den Anblick im
Okular realistisch wiedergeben
– jedoch keine Kunstwerke und
nur
wirklich
Gesehenes
einzeichnen!
Abb. 6: Jürgen Stöger,
Zeichnungsschritte
Fotografische Beobachtung
Vor der digitalen Fotografie mit
ihren kurzen Belichtungszeiten galt
der Grundsatz, dass die visuelle,
zeichnerische Beobachtung der
(analogen) Fotografie im Festhalten
kleinster Details überlegen ist. Mit
der Entwicklung der CCD-Kameras
und WebCams hat sich dies
grundlegend gewandelt. Ich kenne
heute - abgesehen von Nostalgikern - kaum noch jemanden, der mit
Okularprojektion auf chemischen
Film Planeten aufnimmt. Der Grund
dafür ist einleuchtend, denn bei der
konventionellen Fotografie werden
in Okularprojektion Belichtungszeiten von mehreren Sekunden
benötigt, wodurch auch bei gutem
bis
mäßigem
Seeing
feine
Einzelheiten verschmieren.
Die digitale Fotografie mittels
CCD-Kameras bzw. das Aufnehmen von Videosequenzen mit
einer WebCam mit extrem kurzen
Belichtungszeiten von 1/10 – 1/100
sec. erlaubt ein regelrechtes
Einfrieren des Seeings und damit
hochauflösende Planetenbilder, wie
sie vor 20 Jahren noch nicht
denkbar waren. Betrachtet man z.B.
die
Marsaufnahmen
von
Ed
Grafton, kommt man aus dem
Staunen nicht mehr heraus, welch
feine Details in seinen Aufnahmen
versteckt sind.
Die Vielzahl der Planetenaufnahmen in den astronomischen
Internet-Foren
werden
mit
WebCams gemacht. Was benötigt
man für WebCam-Aufnahmen?
Zunächst einmal eine WebCam
(wie z.B. die Philips ToUCam Pro
740K), einen kompakten PC,
besser ein Notebook, eine Barlowlinse zur Steigerung der Brennweite, einen Adapter mit einem
9 Alrukaba | September 2003
Filtergewinde zur Befestigung der
WebCam im Okularauszug, einen
Infrarotsperrfilter und natürlich ein
Teleskop mit einem sehr feingängigen Fokusierer.
Meine Vorgehensweise sieht
wie folgt aus. Zunächst zentriere ich
Mars bei sehr hoher Vergrößerung
(bereits mit Barlow-Linse) und
wechsle dann zur WebCam. Ich
nehme nach einem Tipp von Robert
Schulz
nur
mehr
mit
10
Frames/sec. auf. Belichtungszeit,
Helligkeit, Sättigung und „Gain“
werden so gewählt, dass Mars, wie
Michael Karrer gesagt hat, am
natürlichsten und besten aussieht.
Die
einzelne
Videosequenzen
bestehen in etwa aus 1000 Frames,
die anschließend mit Registax
addiert und gemittelt werden. Bei
der
anschließenden
digitalen
Bildbearbeitung kann man dann
noch jede Menge an Details
„herauskitzeln“. Ich darf in diesem
Zusammenhang auf die zweitägigen Kurse von Gerhard Eber im
Oktober hinweisen, in denen der
Umgang
mit
dem
Bildbearbeitungsprogramm
Adobe
Photoshop vermittelt wird.
Mars 2003, Staubsturm?
Alle
sprechen
von
der
Jahrtausendopposition; Mars ist
dieses Jahr so nahe bei der Erde,
wie schon seit mehreren tausend
Jahren nicht mehr und erscheint
Ende August über 25“ groß. Was
hierzulande oft übersehen wird, ist,
dass Mars wie bereits 2001 in
Mitteleuropa nur in geringer Höhe
kulminiert, dieses Jahr nur in 27°
Höhe.
Unangenehme
Begleiterscheinungen
wie
schlechtes
Seeing
und
ein
längliches,
„farbenfrohes“
Marsscheibchen
aufgrund differentieller Refraktion
und atmosphärischer Dispersion
sind die Folge.
Meines Erachtens ist die FastPerihelopposition 2005 um einiges
günstiger für europäische Beobachter. Das Marsscheibchen ist
dann Ende Oktober mit 20“ zwar
etwas kleiner wie dieses Jahr,
allerdings steht Mars bis zu 58°
über
dem
Horizont;
die
horizontnahen Begleiterscheinungen werden wegfallen und ein
ungetrübteres Beobachten des
roten Planeten ermöglichen.
Anfang Juli dieses Jahres hat
es bereits die Entwicklung eines
lokalen, schnell größer werdenden
Staubsturmes in Ausonia Borealis
gegeben, der für Beobachter in
Mitteleuropa nicht sichtbar war.
Staubstürme kommen gehäuft bei
Perihel-Oppositionen
um
den
Oppositionszeitpunkt vor, da hier
die Sonneneinstrahlung am größten
ist. 2001 konnten wir einen
größeren
planetenumgreifenden
Staubsturm miterleben, der große
Teile der Planetenoberfläche in ein
undurchsichtiges Staubkleid für
Monate eingehüllt hat. Mittlerweile
hat sich dieser Staubsturm gelegt,
aber zum diesjährigen Oppositionszeitpunkt Ende August ist es sehr
wahrscheinlich, dass ein größerer
Staubsturm
entstehen
wird.
Beobachtet werden sollten Becken
Abb. 7: Ed Grafton. Detailreiche Mars-Aufnahme vom 17.8.2003, 7:12 UT, ZM 171°,
14“ Schmidt-Cassegrain bei etwa 13,8 m Brennweite, SBIG ST5 CCD-Kamera
Mars Mania
wie z.B. das Hellas Becken, in
denen sich bevorzugt Staubstürme
entwickeln. Staubwolken erscheinen ohne Filter hell gelblich.
Bleibt nur zu hoffen, dass wir
dieses Jahr verschont bleiben und
den August, September und
Oktober
zur
Marsbeobachtung
nutzen können. Ich wünsche allen
Lesern in den nächsten Monaten
viel Erfolg und Spaß bei der
Beobachtung des roten Planeten.
Als kompakte Informationsquelle empfehle ich den Interstellarum-Begleiter
„Mars – Unser Wissen vom Roten
Planeten“,
Abb. 8: Don Parker, Lokaler Staubsturm Anfang Juli 2003.
der über den Oculum-Verlag
(http://www.oculum.de) für € 7,90
direkt bestellt werden kann.
► VON JÜRGEN STÖGER
Mars im Amateurteleskop
U
nser Nachbarplanet Mars
steht heuer im August so
erdnah wie schon lange
nicht.
Mit
einem
Amateurteleskop,
8“
Newton
200/1000mm
können
bereits
deutliche Details erkannt werden.
Wie die nachfolgenden Zeichnungen zeigen, bieten Filter einen
interessanten Vergleich und eine
unterschiedliche Sichtweise. Die
Beobachtung erfolgte am 7.August
in Stegersbach in Zeit von 22:44 bis
23:35 MESZ unter Verwendung
eines
7,5mm
Okulars.
Die
anfängliche Luftunruhe verbesserte
sich gegen Ende der Beobachtung.
mehr oder nur sehr leicht zu
erkennen, es gibt aber auch einige
Stellen, die durch den Filter etwas
dünkler erscheinen.
Albedogebieten (dünklere Stellen)
sind ganz leicht zu beobachten
Abb. 4: Mars mit Apodistionsfilter und
Gelbfilter
Abb. 2: Mars mit Apodisationsfilter und
Blaufilter.
Abb. 1: Mars mit Apodisationsfilter ohne
Farbfiltereinsatz, Süden ist oben
Das obige Bild zeigt deutlich die
Südpolkappe und einige Albedostrukturen. Weiters ist die Polhaube
der nördlichen Hemisphäre zu
sehen. Mit einem Blaufilter sind die
Albedostrukturen teilweise nicht
10 Alrukaba | September 2003
Abb. 3: Mars mit Apodisationsfilter und
Rotfilter
Das
Rotfilter
bringt
den
Polsaum sehr deutlich hervor und
auch einige Strukturen in den
Abb. 5: Mars mit Apodistionsfilter und
Grünfilter
Unter Einsatz eines Gelbfilter
sind die Wüstengebiete sehr gut zu
erkennen. Der Polsaum und die
dunklen Albedogebiete sind nur
Mars Mania - Astrofotografie
noch leicht zu auszumachen. Die
Polhaube ist ganz leicht beobachtbar.
Mit dem Grünfilter sind die
Südpolkappe, die Nordpolhaube
und der Randdunst als helle
bläulich weiße Flecken zu sehen.
Albedostrukturen sind nur leicht
angedeutet.
► VON MARKUS VERTESICH
Der Planet Mars im Blickpunkt der Webcam
D
urch
seine
extreme
Erdnähe im August dieses
Jahres kommt der Mars
wieder stark ins Interesse
der
Amateurastronomen
insbesondere
von
uns
Astrofotografen.
Sein
größter
Durchmesser wird mehrere Wochen
hindurch
auf
über
20
Bogensekunden steigen, mit einem
Höchstwert
von
25.1“
am
27.8.2003. Diese Sichtbarkeit sollte
also genützt werden, um gute Bilder
des
Planeten
mit
unseren
Amateurteleskopen zu erzielen.
Hier nun ein paar Tipps wie der
Mars mit Hilfe einer WebCam
aufgenommen werden kann.
Aufgrund
des
geringen
Marsstandes sollte der Kulminationszeitpunkt ausgesucht werden.
Dieser wird ca. um 1h MESZ in
den Tagen um die Oppositionsstellung
erreicht.
Ein
gutes
Programm zur Unterstützung beim
Aufsuchen und Beobachtung ist
Guide 8.0 (www.projectpluto.com).
Es ist hilfreich, wenn man z.B.
wissen möchte, welche Seite des
Mars gerade zur Erde zeigt. In
Österreich beträgt die maximale
Höhe des Mars etwa 26° über den
Horizont.
Die
unvermeidliche,
sogenannte Dispersion beträgt in
dieser
Höhe
etwa
1.5
Bogensekunden. Es handelt sich
dabei um die Brechung der
verschiedenen Wellenlänge durch
die Erdatmosphäre, die besonders
bei Planetenbeobachtung störend
als Farbränder empfunden wird. Für
die Beobachtung mit der WebCam
ergeben sich daher Probleme in der
Bildschärfe, da die einzelnen
Farbkanäle verschieden Positionen
auf dem Chip einnehmen. Durch
geschicktes
Verschieben
der
Farbkanäle in einem geeigneten
Programm (z.B. Photoshop oder
Giotto) kann eine Überdeckung
erreicht werden.
Eine bessere Wirkung lässt sich
11 Alrukaba | September 2003
durch die Verwendung eines
Dispersionskompensators erzielen.
Die Filter einer WebCam haben nur
eine gewisse Bandbreite, es
verbleibt also immer noch eine
Unschärfe, die mit einem solchen
Kompensator
komplett
zum
eliminieren wäre. Leider wurde die
gesamte erste Charge bereits
ausverkauft, sodass mit diesen
Kompensator
für
diese
Marsopposition nicht mehr zum
rechnen ist
http://www.astrovid.com/padc%20c
orrector/avaplanetart%20atmos%20
dispersion%20corrector.htm
Aufnahmen sind bereits mit
kleinen Fernrohren ab 6cm Öffnung
erfolgversprechend, vorrausgesetzt
man beachtet einige Kleinigkeiten.
Da in den meisten Fällen die
Brennweite
unserer
Teleskope
zwischen 500mm und 3000mm
Brennweite liegen dürfte (außer
vielleicht ein paar C14 Anwender
mit 3910mm) sollte die Brennweite
mit geeigneten Mitteln verlängern
werden, um die sogenannte ideale
Abbildungsgröße zu erreichen.
Diese Brennweite ist erreicht, wenn
ein Pixel der WebCam bei ¼ der
Trennschärfe für Doppelsterne liegt
(grobe Abschätzung). Darunter
liegende Brennweiten erreichen
nicht mehr die maximale Auflösung,
darüber
liegende
verschenken
zuviel Licht, das aber beim Mars
reichlich vorhanden ist. Versuche
mit höheren Brennweite sind daher
bei geeigneter Luft durchzuführen.
Dazu ein Beispiel – gegeben sei ein
C8 mit 2030mm Brennweite und
eine Philips ToUcam. Diese Cam
hat Pixel von 0.0056 mm Größe.
Bei 2030mm Brennweite erreicht
man damit 0.56“/per Pixel als
Faustregel. Die Trennschärfe liegt
beim C8 bei 0.6“. ¼ dieser
Auflösung ist 0.2“ was einer
Erhöhung der Brennweite um das
0.56/0.2= 2.8 fache gleichkommt.
Am besten wird daher eine
Barlowlinse
dafür
genommen.
Meistens
werden
2x
Barlow
angeboten. Um auf den Faktor 2.8
zu kommen lässt man sich von
einem Dreher eine Verlängerungshülse von ca. 30mm anfertigen.
Diese Länge ist ein Erfahrungswert,
die von der verwendeten Barlow
abhängt. Gute Erfahrungen wurden
mit der 2x Ultima Barlow von
Celestron gemacht. Diese Barlow
ist dreilinsig und lässt diese
Verlängerung ohne Bildschärfeverlust zu. Alle Hülsen und auch der
WebCam Adapter (20 €, Anfragen
bei
[email protected])
sollte
innen
mit
schwarzen
Stoff
ausgelegt werden, um Reflexionen
zu unterdrücken, die zu Kontrastverlusten führen könnten. Hier hat
sich eine schwarze Samtfolie
(selbstklebend) bewährt. Sie ist nur
0.5mm stark und klebt vorzüglich.
Erhältlich ist sie in Baumärkten und
Geschäften für graphischen Bedarf.
Zum Teleskop ist anzumerken,
dass der Tubus genügend an die
Umgebung anpasst wird, was im
Sommer allerdings kein großes
Problem darstellt Bei angepasstem
Tubus und Spiegel fließen im Tubus
keine Luftmassen, da ein thermisches Gleichgewicht herrscht.
Ideal ist ein offener Tubus, wobei
man allerdings selbst nicht in der
Nähe sein sollte, um dieses
Gleichgewicht durch die eigene
Körperwärme nicht zu stören.
Spiegel können durch einen
Ventilator schneller auf die richtige
Temperatur
gebracht
werden.
Hilfreich beim Fokussieren ist ein
Fokusmotor, damit der Planet am
Monitor nicht durch Berührung des
Fokusknopfes
mit
der
Hand
umherhüpft. Ein bequemes Extra ist
eine digitale Anzeige der Fokussierknopfstellung,
die
unnötiges
Fokussieren erspart. Die Einnordung ist wichtiger als man denkt,
vor allem sollte der Planet während
einer Minute dauernden Aufnahme
Mars Mania - Astrofotografie
nicht aus dem winzigen WebCam
Feld rücken, sondern eher mittig
verweilen. Eine geringe Bewegung
ist aber trotzdem von Vorteil, um
das Rauschen der WebCam bei der
Mittelung in der Nachbearbeitung
weitgehend eliminieren zu können,.
da das Licht durch die Bewegung
dann auf verschiedene Pixel fällt.
Softwareupdates für Philips
WebCams gibt’s auf
http://www.pc-cameras.philips.com
/drivers/.
Diese Treiber sind allen zu
empfehlen, die bereits auf WinXP
arbeiten und schnellere Modi als 5
Bilder pro Sekunde ohne Fehlermeldungen aufnehmen wollen. Am
besten nimmt man im Standardprogramm
Vrecord
in
einer
Bildfrequenz von 10 Bilder pro
Sekunde 1 Minuten lang auf. Die
schnelleren Modi wie 20 Bilder pro
Sekunde und mehr, komprimieren
schon zu viel und führen zu
Bildschärfeverlusten. Den Regler
für die Verstärkung sollte ganz nach
links gestellt werden, also auf
minimale Verstärkung, um das
Rauschen zu senken. Weißabgleich
kurz auf automatisch anklicken und
dann wieder ausklicken (hier habe
ich
bei
Dauerstellung
auf
automatischen Weißabgleich schon
Abstürze erlebt). Damit erhält man
600 Aufnahmen, die dann im freien
Programm Registax
(http://aberrator.astronomy.net/regis
tax/)
abgearbeitet
werden
können.
Typischerweise macht man solche
600er Sequenzen in 5-10 Minuten
Abständen. Die sich ergebenden,
kombinierten und geschärften Bilder
können dann zu interessanten
Zeitrafferfilmen
aneinandergefügt
werden, die schön die Rotation des
Planeten
zeigen.
Durch
die
langsamere Rotation des Mars von
24h37min jedoch nicht in diesen
Umfang, wir zB bei Jupiter mit
knapp 10h, aber der Vorteil des
Films ist die Erkennbarkeit feinerer
Details und die Erkennung, was
noch echtes Detail ist und was
nicht. Interessanterweise befinden
sich auf unseren Bildern mehr
Informationen als man sich vorstellt.
Was üblicherweise früher als
Rauschen abgetan wurde, ist heute
vielleicht als der Marsvulkan
Olympus
Mons
im
Kurzfilm
identifiziert !! Zum Vergleich der
eigenen Bilder und um die eigenen
Bilder ins Netz zu stellen, habe ich
diese japanische Seite gefunden:
http://homepage3.nifty.com/~cmom
k/2003/f_image.html
Was ist auf unseren Bilder zu
erkennen ? Zuerst die südliche
Polkappe, die langsam im Verlauf
dieser Sichtbarkeit kleiner wird.
Dann die dunklen Gebiete, wie z.B.
die Große Syrte, die steinige
Gebiete darstellt und helle Gebiete,
wie Hellas, die hauptsächlich aus
Sandflächen bestehen. Weiters gibt
es Wolken in blauer Farbe, die
hauptsächlich am Morgen und
Abendterminator
sichtbar
sind.
Gelbe Wolken sind besonders
interessant,
denn
sie
sind
Staubstürme, die häufig global
enden können wie letztens 2001.
Wenn man so ein gelbes Wölkchen
entdeckt hat, ist es sinnvoll der
japanischen Marsseite ein Email
([email protected]) zu schicken,
da
dies
andere
Beobachter
vorwarnt die besseres Equipment
und vor allem gutes Wetter haben.
Noch immer ist der Prozess der
globalen Stürme nicht geklärt. Bei
solchen Stürmen sind nur mehr die
Vulkane der Tharsisregion mit ihren
bis zu 25km hohen Gipfeln zu
sehen. Alle anderen dunkle Gebiete
und Details verschwinden beinahe
vollständig und der Mars wirkt wie
eine gelbliche Billardkugel.
Am Beginn der heurigen
Marssaison konnte Damian Peach
bereits am nur 3.9“! großen Mars
Details mit einem C11 feststellen.
Die Atmosphäre des Planeten war
bereits wieder staubfrei. Bilder dazu
gibt’s auf
http://homepage.ntlworld.com/dpea
ch78/.
Zu guter letzt gibt es auch auf der
BAA Gallerie eine kurze Animation
und das beste Marsbild der letzten
Opposition von Herbert Csadek und
mir zu sehen
http://www.astronomie.at/burgenlan
d/galerie/sonnensystemg-alerie.htm
Herbert fuhr damals nach
Namibia und ich regte an, er solle
doch einige Webcamfilme dort
aufnehmen, was sich äußerst
erfolgreich
auswirkte.
Der
Horizontstand des Mars dort war
ideal (Zenitdurchgang) – aber
trotzdem konnte ich nicht sicher
sein, ob Aufnahmen dort gelingen,
da ein ständiger Wind weht, was zu
Schwingungen
der
Montierung
führen konnte und auch das dortige
C8-Teleskop
war
bezüglich
Zentrierung und optischer Qualität
ein Unsicherheitsfaktor. In diesen
Sinn hoffe ich, dass dieses Jahr die
Gallerie im Bereich Mars wieder
erweitert wird.
► VON ING. ROBERT SCHULZ
GRUPPE ASTROFOTOGRAFIE
Die Beobachtung der diesjährigen
Marsopposition
D
ie
diesjährige
Marsopposition muss endlich
einen „weißen Fleck” in
meiner Sammlung von
Beobachtungen und Fotos des
Planeten Mars entfernen. Manche
Fachleute meinen, wer nicht heuer
12 Alrukaba | September 2003
diese Marsnähe zur intensiven
Beobachtung nutzt kann dies erst
wieder in 203 bzw. 284 Jahren in
dieser erstklassigen Qualität tun.
Nun, meine Budgetplanungen und
Hochrechnungen ergaben kein
klares Bild ob ich mir dann noch ein
Fernrohr leisten kann. Also, war
der Plan fix, heuer wird reichlich
Mars beobachtet und dazu auch
eifrig fotografiert. Bisher hatte ich
nur die Möglichkeit mit einem
Meade ETX 5 Zoll Spiegel und
einem kleinen Meade ETX 90mm
Mars Mania - Astrofotografie
Spiegelteleskop den Mars zu
beobachten. Um es ganz klar und
deutlich zu sagen bis vor kurzem
habe ich damit nur winzige
verwaschene orange Wölkchen
gesehen bzw. auf Film und
Digitalkamera einfangen können.
Aber es gibt ja Spezialisten bei uns
bei den BAA – also die Antwort auf
die Frage „wie macht man es
besser” hieß: „Du brauchst eine
WebCam, und einen Infrarotfilter
und einen Grünfilter und einen
Orangefilter und einen Notebook
und ein langbrennweitiges Fernrohr
und eine stabile Montierung und
genügend
Platz
auf
der
Notebookplatte und einen CDBrenner und einen Adapter für die
WebCam und eine Barlowlinse und
Software zum Aussortieren und
„addieren” der Bilder und Software
zum Nachbearbeiten
und, und,
und”.
Zur Zeit gibt es nichts
wichtigeres als Mars zu beobachten
und zu fotografieren also muss,
trotzdem es viel notwendigere Bedürfnisse gäbe, in all diese Geräte
investiert werden. Gesagt - getan
und jetzt weiss ich erst wirklich was
„Marsopposition zuhause” heisst!
Trotz der überzogenen
Investitionen sahen bis Mitte Juni die
Bilder vom Mars wie Bild 1 aus.
Abb. 1: Mars bei 7820mm Brennweite,
Mitte Juni 2003
Die Ursache das Mars auf Bild 1
nur wie eine faule Marille aussieht,
war natürlich - zuwenig Ausdauer.
Zu dieser Jahreszeit beginnt die
Marsbeobachtung kurz vor Sonnenaufgang. Wer vorher fotografiert
und beobachtet erlebt den Mars nur
tief am Horizont wabbernd und
unscharf. Mittlerweile wissen meine
Nachbarn auch was Marsopposition
bedeutet: „Gerald klappert um 5 Uhr
in der Früh mit seinem Astroklump
13 Alrukaba | September 2003
im Garten”. Manche haben sich
gefreut, dass sie bei herrlichem
Wetter so bald geweckt wurden
manche sind seither in Marsopposition zu mir.
CD-Lager mit Marsvideos soviel wie
möglich gute Bilder zu erzeugen.
Abb. 3: Mars mit 7820mm Brennweite
am 6. August 2003
Abb. 2: Mars mit 3910mm Brennweite
und Webcam am 22.Juni 2003
Der Morgen des 22. Juni
brachte die erste große Freude in
der Reihe der zahllosen Versuche
den Mars zu beobachten. Man
konnte Oberflächendetails wie die
große Syrte erstmals genauer
sehen und auch fotografieren. Das
war natürlich Motivation für mich die
folgenden 2 Monate die Marsbeobachtungen zu intensivieren.
Auch die nachfolgenden Wochen
bis auf heute den 13. August
brachten tägliche Verbesserungen
der Marssichtbarkeit und die
Details, die man sehen konnte und
auch fotografieren konnte, wurden
immer besser. Trotzdem sind die
Bilder noch immer weit hinter dem,
was Spezialisten aus den Geräten
und
Rohbildern
herausholen
können. Das heißt man braucht zur
Ausrüstung sicher auch noch „die
Jahre” um klare und scharfe
Marsbilder zu erzeugen. Grundsätzlich muss ich aber sagen dass
die Bilder mit der WebCam
wesentlich mehr Details zeigen als
ich am Okular mit eigenem Auge
sehen konnte.
Auf Bild 3 und Bild 4 hat der
Mars eine Größe von ca. 24
Bogensekunden, aus dieser fast
Maximalgröße ergibt sich natürlich
auch eine bessere Sicht aller
Oberflächendetails. Bis jetzt hat es
unheimlich Spaß gemacht den Mars
zu beobachten und zu fotografieren.
Ich freue mich aber trotzdem schon
auf die nächste große Regenperiode, dann kann ich in der
digitalen Dunkelkammer versuchen
aus meinem mittlerweile großen
Abb. 4: Mars mit 7820mm Brennweite
am 12. August 2003
Mittlerweile ist
es mir mit
entsprechender
Übung
und
Bildnachbearbeitung gelungen auch
mit dem 90mm Spiegelteleskop den
Mars erkennbar abzulichten..
Abb. 5: Mars mit ETX 90mm Spiegel
1250mm Brennweite am 22.6.2003
Bleibt nur zu hoffen dass sowie bisher - keine größeren
Staubstürme am Mars die Sicht auf
die Marsoberfläche beinträchtigen.
Wenn wir diese Ausgabe der
Alrukaba in der Hand halten werden
wir mehr wissen. Bis dahin
wünsche ich mir „mehr Durchblick”
und auch Euch klare Nächte zur
Marsbeobachtung.
► VON G.WECHSELBERGER
Deep Sky
Deep Sky Einstieg
Kugelsternhaufen
K
ugelsternhaufen sind jene
Sorte Deep Sky Objekte,
welche auch dem astronomischen Laien immer
wieder
Freudenrufe
entlocken,
wenn er sie in einem mittelgroßen
Amateurteleskop bestaunen kann.
Nicht ohne Grund, denn einige
Standard- oder „Vorzeigekugelsternhaufen“ am Nordhimmel wie
etwa M13 oder M3 sind sehr
auffällig und hell. Sie stehen dem
Anblick einer gelungenen Fotografie
oft kaum nach; das ist allerdings
leider die Ausnahme.
Allgemeines
Bei Kugelsternhaufen handelt
es sich um gravitativ gebundene
Ansammlungen von an die 10.000
bis eine Million Sterne. Entsprechend der Kompaktheit und der
Sternanzahl bewegen sich die
Durchmesser zwischen 50 und 300
Lichtjahren. Kugelsternhaufen bewegen sich in einem Halo um die
galaktische Scheibe, wobei die
Umlaufbahnen um das Milchstrassenzentrum nicht unbedingt
der Hauptdrehrichtung der Galaxie
folgen.
Abb. 1: Halo
Kugelsternhaufen durchstoßen
bei ihrer Umkreisung des Milchstraßenkerns auch die galaktische
Scheibe und sind dabei gravitativen
Kräften ausgesetzt, die zu interessanten Effekten - meistens Verformungen - führen können. Einen
Extremfall stellt der Kugelsternhaufen Palomar 5 dar; er hat beim
Durchgang durch die galaktische
Scheibe offenbar wiederholt eine
Menge Sterne „verloren“ und zieht
14 Alrukaba | September 2003
sie nun in einem Lichtjahre langen
Schweif hinter sich her.
Abb. 2: Palomar5
Eine spektroskopische Untersuchung von Kugelsternhaufen hat
gezeigt, dass die Häufigkeit von
schweren Elementen deutlich unter
der von Sternen in der galaktischen
Scheibe liegt (wie zum Beispiel
unserer Sonne). Daher nimmt man
an, dass Kugelsternhaufen sehr alt
sind und durch eine frühe
Generation von Sternen gebildet
wurden.
Neuere
Schätzungen
liefern Altersangaben zwischen 14
und 16 Milliarden Jahren. Da die
Altersbestimmung
eine
große
Bedeutung für den unteren Grenzwert für das Alter des Universums
hat, ist die Altersbestimmung seit
Jahrzehnten Gegenstand lebhafter
und kontinuierlicher Diskussionen.
Zu unserer Galaxie gehören um
die 200 Kugelsternhaufen, von
denen sich die meisten auf sehr
exzentrischen Bahnen bewegen,
die sie weit von der Milchstraße
wegführen. Auch andere Galaxien
besitzen natürlich einen Schwarm
von Kugelsternhaufen, in einigen
Fällen - beispielsweise bei M87 konnten sogar einige tausend
dieser
Objekte
nachgewiesen
werden! Unser Nachbar M31 dürfte
um die 450 Kugelsternhaufen
besitzen.
Klassifikation
Die Konzentrationsklassen wurden erstmalig von Shapley und
Sawyer zugewiesen. Kugelstern-
haufen sind in 12 Klassen,
basierend auf sinkender Konzentration der Kernregion eingeteilt.
Kleinere Nummern geben größere
Konzentrationen an. Karkoschka
beschreibt das im „Atlas für
Himmelsbeobachter“
überblicksmäßig so: 1-4: Kern hell, klein, konzentriert, 5-8: mittelmäßig konzentriert, 9-12: gleichmäßig ohne
erkennbaren Kern.
Die Klassifizierung ist nicht
immer einfach. Ein typisches
Beispiel hierfür ist M71, dessen
Zugehörigkeit zu den Kugelsternhaufen immer noch ungewiss ist.
Viele Astronomen hielten ihn für
einen sehr dichten offenen Sternhaufen, vergleichbar mit M11.
James Cuffey vom Kirkwood
Observatory, hat beide Sternhaufenarten untersucht und fand
heraus, dass M71 mehr einem
lockeren Kugelsternhaufen gleicht;
als er allerdings später ein FarbenHelligkeitsdiagramm aufnahm, wies
dieses wiederum mehr Ähnlichkeiten mit dem eines offenen
Sternhaufens auf. Andere Kriterien
wie die Radialgeschwindigkeit und
die Häufigkeit schwererer Elemente
(Metallizität) halfen in diesem Fall
ebenso wenig: Der Wert der Radialgeschwindigkeit ist ausgesprochen
ungenau, die Quellen variieren von
einer Annäherung mit 80 km/sec bis
zu 80 km/sec Fluchtgeschwindigkeit; der neueste Wert beträgt um
die 23 km/sec Annäherung. Dieser
Wert ist nicht sehr groß und mit
beiden Sternhaufentypen konsistent. Das Rätselraten geht also
weiter. Wir haben natürlich die
Möglichkeit einmal selbst nachzugucken - M71 ist einfach zu finden
zwischen den Sternen Delta und
Gamma im Sternbild Pfeil. Mit einer
Helligkeit von 8,5mag sieht man ihn
schon mit dem Fernglas, für eine
Auflösung sind allerdings Teleskope
ab 6 Zoll nötig. Aufgrund der
geringen Konzentration kann M71
bei
milchigem
Himmel
fast
verschwinden - ein dunkler Standort
ist gerade bei diesem Objekt von
Deep Sky
großem Vorteil.
Abb. 3: M71
Beobachtung
Die
Beobachtung
von
Kugelsternhaufen beginnt mit dem
Fernglas. Das Aussehen ähnelt
meist einem kleinen Bällchen mit
größerer Helligkeit zur Mitte.
Betrachten wir den berühmten M13
im Herkules, so ist er bei gutem
Himmel schon ohne Hilfsmittel zu
erkennen - im 7x50 Fernglas
präsentiert er sich als heller, kleiner
verwaschener Fleck. Die Auflösung
in Einzelsterne ist naturgemäß nicht
möglich. Trotzdem sind auch die
meisten Anfänger von der Helligkeit
überrascht. Überhaupt sind die 19
von
Messier
verzeichneten
Kugelsternhaufen alle mit einem
guten Fernglas bei dunklem Himmel
sichtbar - die sehr weit entfernten
KS, wie M 54 im Schützen
(80.000Lj) oder M 72 im Wassermann (60.000Lj) unterscheiden sich
im Fernglas allerdings kaum mehr
von einem Stern - nur mehr der
Kern ist dann punktförmig zu sehen.
M 54 ist übrigens ein sehr
spezielles Objekt. Der KS gehört
nicht unserer Milchstraße an,
sondern einer Zwerggalaxie, die
gerade von unserem Heimatsystem
verschluckt wird.
Mit einem 3 Zoll Refraktor
beginnen die Kugelsternhaufen ihre
Formenvielfalt zu offenbaren. Was
im Feldstecher oft noch als perfekt
rund gesehen wird, zeigt im 3 Zöller
Ecken und Kanten - die exakt runde
Form wird seltener. Einige wenige
Kugelsternhaufen beginnen einen
graupeligen Halo zu zeigen - ein
erster Ansatz zur Randauflösung.
Der 5 Zoll Refraktor löst die
Randpartien der helleren KS schon
recht schön in Einzelsterne auf und
lockerere Kugelsternhaufen wie
15 Alrukaba | September 2003
M10 oder M12 zeigen Einzelsterne
bis ins Zentrum. Auch so manche
Besonderheit, wie der zentrale
Balken von M4 (Sco) kann erkannt
werden. M4 war übrigens der
einzige Kugelsternhaufen, in dem
Messier Einzelsterne erkennen
konnte. Der Grund ist die relative
Nähe: Mit rund 7.000 Lichtjahren
Entfernung ist M4 wahrscheinlich
sogar der nächste Kugelsternhaufen überhaupt. Eine weitere
Besonderheit von M4 ist der 1987
entdeckte
erste
Millisekundenpulsar; ein Neutronenstern der rund
300 mal pro Sekunde um seine
eigene Achse rotiert.
mm Öffnung oder mehr beobachtet
hat, wird den beeindruckenden
Anblick tausender Einzelsterne auf
engstem
Raum
nicht
mehr
vergessen.
Leider
sind
nicht
alle
Kugelsternhaufen
so
einfache
Objekte wie M13. Ein Beispiel für
eine fotografische Aufnahme des
Kugelsternhaufens NGC 2419 und
zum Vergleich seine visuelle
Erscheinung im typischen 4,5 Zoll
Newton:
Abb.4b: NGC2419visuell
Abb.4°: NGC2419fotografisch
Bei zunehmender Öffnung steigt
der Detailreichtum und M13 ist mit
150mm Öffnung bereits bis ins
Zentrum hinein aufzulösen. Viele
Sternketten
scheinen
wie
Tautropfen auf einem Spinnennetz
verteilt zu sein. Wer diesen
Höhepunkt einer sommerlichen
Beobachtungsnacht jemals mit 200
Abb. 5: M53 Finderchart
Enttäuschend? Vielleicht, aber
dafür ist NGC 2419 der am
weitesten von der Milchstraße
entfernte Kugelsternhaufen, je nach
Quelle gewaltige 200.000 bis
300.000 Lichtjahren weit weg. Er ist
damit mindestens so weit entfernt
wie die Magellanschen Wolken und
könnte das Milchstraßensystem
eventuell in Zukunft sogar ganz
verlassen. Da er anders als die
Magellanschen
Wolken
die
Milchstraße nicht zu umkreisen
Deep Sky
scheint, sehen manche NGC 2419
schon jetzt als extragalaktisches
Objekt an.
Eine
besonders
schöne
Konstellation bilden die beiden
Kugelsternhaufen M53 und NGC
5053. Beide befinden sich unweit
des Sterns Alpha Comae und
stehen am Himmel nur ein knappes
Grad weit auseinander. Mit einer
Entfernung von etwa 60.000
Lichjahren
vom
galaktischen
Zentrum gehört M53 zu den weiter
draußen liegenden Kugelsternhaufen. Er ist nur wenig weiter von
unserem Sonnensystem entfernt.
M53 ist ein absolut problemloses
Objekt mit einem hellen Kern von
etwa 2 Bogenminuten Durchmesser
und einem flach abfallenden
Helligkeitsprofil. Schon der 10x50
Feldstecher zeigt den Kugelsternhaufen deutlich, sogar unter
Stadtbedingungen.
Nur ein Grad östlich entfernt
liegt der viel schwächere und sehr
lockere Kugelsternhaufen NGC
5053 - fast in der gleichen
Entfernung wie M53 (55.000Lj); er
enthält so wenige Sterne, dass die
Klassifikation als Kugelsternhaufen
lange Zeit unsicher war. Sir William
Herschel entdeckte ihn 1784 und
beschrieb
ihn
als
„Very
Compressed and Rich Cluster of
Stars“. NGC5053 ist ein schwierigerer Vertreter seiner Gattung: vier
bis fünf Zoll Öffnung und ein sehr
guter Himmel sind schon nötig. Im
20x100 Fernglas ist er aber
machbar und bietet dann gemeinsam mit M53 einen wunderbaren
Anblick. Die Auflösung ist für den
Vierzöller leider unmöglich, weil die
hellsten Einzelsterne nur 14-15mag
erreichen und der Durchschnitt bei
16mag liegt. Damit brauchen wir
etwa 10 Zoll, um Einzelsteren
aufblitzen zu sehen. Selbst in
großen Teleskopen gleicht NGC
5053 aber eher einem offenen
Haufen - er ist eben sehr massearm
und die zentrale Verdichtung ist
ungemein gering.
Kugelsternhaufen haben immer
zwei Beobachtungskriterien, die
nicht zu 100% Hand in Hand gehen:
Die Gesamthelligkeit und die größte
Helligkeit der hellsten Einzelsterne.
Nachstehende Liste gibt darüber
Auskunft. Interessanterweise stellt
16 Alrukaba | September 2003
sich der beliebte M13 dabei gar
nicht als der beste Kugelsternhaufen der nördlichen Hemisphäre
dar. So ist ihm z.B. M22 in Flächenund Einzelsternhelligkeit haushoch
überlegen. M22 im Schützen ist
jedoch schwieriger wegen der
Horizontnähe. Hat man jemals das
Glück einen wirklich transparenten
Hochsommerhimmel zu erleben,
sticht M22 den Herkules-Sternhaufen tatsächlich locker aus. Tipp:
Kugelsternhaufen vertragen hohe
Vergrößerungen - also wenn die
Atmosphäre es zulässt - ruhig
einmal an die Grenzen des eigenen
Gerätes gehen.
tischen Halo ihren Reiz aus. Wie
das Beobachten offener Sternhaufen benötigt auch die visuelle
Beobachtung von Kugelsternhaufen
zunächst kein allzu aufwändiges
Instrumentarium. Viele Kugelsternhaufen sah und fand ich zuerst in
meinem 11x80 Fernglas und war
von der Verschiedenartigkeit ihrer
Erscheinung durchwegs fasziniert.
Mittlere Beobachtungsbedingungen
sind natürlich von großem Vorteil
und fördern die Beobachtungsfreude ungemein. Will man die
Vielfalt und den Formenreichtum
der Kugelsternhaufen in ihrer
ganzen Ästhetik erleben so ist man
ab 6-8 Zoll Öffnung mit dabei.
Kleine Kugelsternhaufen-Liste
Rangordnung nach Flächenhelligkeit
N5139=Omega Cen; 3.9m,
N 104=47Tuc;
4.0m
N6656=M22;
5.2m
N6397;
5.3m
N6752;
5.3m
N6121=M4;
5.4m
N5904=M5;
5.7m
N6205=M13;
5.8m
N6218=M12;
6.1m
N2808;
6.2m
N6809=M55;
6.3m
N6541;
6.3m
N5272=M3;
6.3m
N7078=M15;
6.3m
N6266=M62;
6.4m
N6ü41=M92;
6.5m
N6254=M10;
6.6m
N7089=M2;
6.6m
Rangordnung nach den hellsten
Einzelsternen
N6397;
10.0m
N6752;
10.5m
N6656=M22;
10.7m
N6121=M4;
10.8m
N6809=M55;
11.2m
N5139=Omega Cen; 1.5m
N3201;
11.7m
N 104=47 Tuc;
11.7m
N6205=M13;
11.9m
N6254=M10;
12.0m
Fazit
Kugelsternhaufen
sind
anspruchsvolle
Objekte
und
benötigen daher auch Beobachtungserfahrung. Allerdings macht
genau das und dazu das Wissen
um die Vielfalt und Besonderheiten
dieser Objektgruppe im galak-
Postscriptum - ein extragalaktischer Kugelsternhaufen
Noch zu Beginn der neunziger
Jahre zählte die Beobachtung
extragalaktischer Kugelsternhaufen
zu den exotischten Zielen der
Amateurastronomen. Dies hat sich
geändert!
Beobachtungen
und
Fotografien der M31-Kugelsternhaufen aus dem Amateurlager sind
keine Seltenheit mehr. Unter den
Kugelsternhaufen in Mü1 dürfte
Mayall II (G1) der bekannteste
Vertreter sein. Seine Helligkeit
beträgt erstaunliche 13,5mag im
visuellen - seine absolute Helligkeit
liegt gut eine Größenklasse über
dem hellsten Kugelhaufen unserer
Heimatgalaxie. Er übertrifft dabei
die Masse unseres galaktischen
massereichsten Kugelsternhaufens
O Centauri mindestens um den
Faktor drei. Mayall II hat - je nach
Messung - zwischen 7 und 17
Millionen Sonnenmassen!
Nun wurde weiter oben im Text
bereits
festgestellt,
dass
Kugelsternhaufen sich im GalaxienHalo befinden. Man sollte daher
meinen, dass sich ein extragalaktischer Kugelsternhaufen aus
perspektivischen Gründen zwangsläufig in der Nähe seiner Muttergalaxie aufhält. Sucht man Mayall II
auf, fällt indessen sofort seine
isolierte Lage weit außerhalb der
Andromedagalaxie auf. Mit 3°
Distanz zum Zentrum ist seine
Kerndistanz so groß wie bei keinem
anderen der Kugelhaufen in M31.
Deep Sky
Diese 3° scheinbare Distanz zum
Zentrum entsprechen etwa der
Entfernung unserer Heimatgalaxie
zu den Magellanschen Wolken.
Abb. 6: mayall2hst
Mayall II weist noch weitere
Eigenheiten auf: Er ist für einen
Kugelsternhaufen extrem elliptisch
geformt. Es gibt nur wenige
Kugelsternhaufen, deren Gestalt
noch extremer in die „Länge“
gezogen ist. Noch nicht genug der
Seltsamkeiten? In klassischen alten
Kugelsternhaufen ist die Metallizität
(d.i. der Anteil von Elementen
schwerer als Wasserstoff oder
Helium) gering, da zu ihrer
Entstehungszeit keine schwereren
Elemente vorhanden waren. Mayall
II weist aber eine recht große
Spreizung der Metallizität auf. Die
Sterne in diesem System sind
offenbar nicht alle gleich alt - und
das widerspricht der gängigen
Meinung, dass Sterne in einem
Kugelsternhaufen selben Alters
sind. Gründe für diese Verteilung
der Metallizität könnten eine
Selbstanreicherung durch Sternkollision oder dunkle Materie sein,
eine inhomogene Verteilung in der
Protohaufenwolke oder - ein sehr
interessanter Aspekt - die Zuordnung als Kugelsternhaufen ist
falsch.
Dies könnte bedeuten, dass
Mayall II gar kein Kugelsternhaufen
ist, sondern vielmehr der Überrest
bzw. Kern einer Zwerggalaxie,
welche Massenanteile in ihrer
Peripherie bereits an M 31 verloren
17 Alrukaba | September 2003
Abb. 7: G1 Finderchart
hat. Diese Art von Kannibalismus ist
nicht ungewöhnlich. So wird z.B. die
Sagittarius Dwarf Elliptical Galaxie
(Sag DEG) derzeit von unserer
Milchstraße „verspeist“.
Zur Beobachtung: In der
Amateurszene habe ich schon von
Sichtungen mit 6 Zoll-Geräten
gelesen. Ab 7 Zoll sollte man auf
jeden Fall einmal einen Versuch
wagen und mit einem 8 Zoll Spiegel
ist er bei 100fach schon relativ
einfach. Die Fotografie gestaltet
sich besonders für CCD Kameras
unkompliziert. Ab 7 Zoll ist schon
der non-stellare Charakter erkennbar. Immer im Bild und zur
Orientierung
dienen
zwei
schwächere
Vordergrundsterne
unserer eigenen Galaxie, die mit
Mayall
II
ein
enges
etwa
gleichschenkeliges Dreieck bilden
(Position (2000): RA 00:32:47 Dec
+39:34.41).
Bleibt nur noch zu sagen, dass
es mich sehr freuen würde, wenn
Ihr nun auf den Geschmack
gekommen seid, Euch einmal ins
galaktische Halo zu begeben und
diese einmalige Objektgruppe zu
studieren - oder sogar einen
extragalaktische Kugelsternhaufen
zu beobachten, der vielleicht gar
keiner ist...
►VON STEFAN SALAMON
Pegasus
►ZEICHNUNG
VIKTOR WLASCHITZ
Skywalker
Skywalker
I
m Herbst, wenn Pegasus über
den nächtlichen Himmel zieht,
kommt den meisten gleich die
Andromedagalaxie,
vielleicht
noch M33, in den Sinn. In dieser
Ausgabe gibt’s aber eine etwas
härtere Nuß zu knacken. Die
Galaxiengruppe namens Stephans
Quintett ist auch unter den
Bezeichnungen Hickson 92, Arp
319 oder VV 228 zu finden. Ich hab
mich ein bisschen durch die
Literatur gewühlt und die hellste
dieser Galaxien sollte unter sehr
gutem Himmel mit 6“ Öffnung zu
sehen sein, unter den üblichen
guten Bedingungen werden’s wohl
8 bis 10 Zoll sein müssen. Wer
mehr über Galaxiengruppen und
wechselwirkende Galaxien lesen
möchte, wird u.a. im Interstellarum
fündig,
welches
vom
Verein
abonniert ist – hier sind besonders
die Ausgaben 17, 18 und 19 zu
erwähnen. In den diversen Artikeln
gibt’s weitere Literaturverweise.
In der Übersichtskarte vom
nordwestlichen Teil des Pegasus
findet man zur Galaxie NGC 7331.
Wenn man die hat, braucht man nur
mehr einen halben Grad südlich zu
suchen. Selbst hab ich die Gruppe
nur einmal im 18“-Dob vom Howdii
gesehen. Mit der Öffnung war es
sogar knapp überm Horizont
einfach.
Auf
der
Homepage
von
unserem Mitglied Jürgen Stöger.
unter „Links“ sind die Karten zum
Downloaden und Selberdrucken
bereitgestellt.
►VON VIKTOR WLASCHITZ
Daten zu Stephans Quintett
Bezeichnung
Helligkeit
Ausdehnung
Durchm.
Rekt.
Dekl.
NGC 7331
9.50
10.2’ x 4.2’
22h37m06.00s
+34°25’00.0”
Galaxie
hat
zwar
nur
13,3
mag
Flächenhelligkeit, aber unter gutem Himmel ist
sie bereits mit 6 cm Öffnung einfach zu sehen.
Die Gx gehört nicht zu Stephans Quintett –
bildet mit ein paar schwachen Galaxien eine
eigene Gruppe
NGC 7317
13.60
0.7’ x 0.6’
22h35m54.00s
+33°57’00.0”
Hier die erste Gx von Stephans Quintett –
Flächenhelligkeit 13.80 mag
NGC 7318A
13.40
1.2’ x 1.0’
22h35m54.00s
+33°58’00.0”
Flächenhelligkeit 13.00 mag
NGC 7318B
13.10
1.6’ x 1.1’
22h36m00.00s
+33°58’00.0”
Flächenhelligkeit 13.90 mag – das ist die Gx
inmitten der vier anderen
NGC 7319
13.10
1.4’ x 1.1’
22h36m06.00s
+33°59’00.0”
Mit einer Flächenhelligkeit von 13.80 mag die
schwächste Gx der Gruppe
NGC 7320
12.60
2.3’ x 1.4’
22h36m06.00s
+33°57’00.0”
Flächenhelligkeit 13.50 – hellstes Mitglied der
Gruppe
►VON VIKTOR WLASCHITZ
Die Sonne beobachten
B
eim Beobachten der Sonne
kam mir die Idee ein
Sonnenfleckenbeobachtungsprogramm ins Leben
zu rufen. Diese Idee wurde vom
Verein sehr positiv aufgenommen.
Über das Internet wurde ein E-Mail
mit allen für dieses Programm
notwendigen Angaben versendet.
Die beobachteten Sonnenflecken
werden Jahr für Jahr grafisch
dargestellt, um über mehrere Jahre
hinweg die Sonnenaktivität zu
18 Alrukaba | September 2003
dokumentieren. Sowohl die Anzahl
der Einzelflecken als auch Anzahl
der Flecken in einer Gruppe sollen
dabei festgehalten werden. Dafür
sind folgende Angaben erforderlich:
Datum, Uhrzeit der Beobachtung,
Beobachtungsort,
Name
des
Beobachters, Instrument, Okular
und Filter sowie Angaben über die
Wetterbedingungen
und
die
Beobachtungen von Protuberanzen.
Granulation und Lichtbrücken. Zur
Datensammlung werden benötigt:
Anzahl der Fleckengruppen, die
Anzahl der Flecken in einer Gruppe
und der Einzelflecken, Fackelgruppen mit und ohne Flecken
sowie die Gesamtzahl aller Flecken
auch in Gruppen.
Interessierte werden gebeten,
sich mit Fragen und weiteren Ideen
zu
diesem
Programm
an
[email protected] zu wenden.
► VON MARKUS VERTESICH
Skywalker
19 Alrukaba | September 2003
Skywalker
Mondfinsternis am 9. November 2003
W
Zu fotografischen Erinnerungen
eignen sich auch kleine Fernrohre
(im Gegensatz zu Marsaufnahmen)
sowie Digitalkameras und WebCams. Zur leichteren Schärfebestimmung eignen sich Scheinerblenden sowie eine 6fach Lupe am
Kameramonitor
er die Mondfinsternis in
den frühen Morgenstunden des 16. Mai
2003 verschlafen hat,
kann in der Nacht vom 8. auf den 9.
November, sofern das Wetter
mitspielt, alles nachholen. Die
Totalität dauert in der Zeit 2:06 bis
2:31 Uhr rund 25 Minuten und wird
zur Gänze sichtbar sein.
►VON PETER MORTH
Abb: 16.Mai.2003 Sofienalpe (Wien),
Genesis Refraktor (f500mm, F5), 40mm
Okular mit 2fach-Barlow, Coolpix 4500
Astrofotografie mit stehender Kamera
E
s hat Sie immer schon
fasziniert, wenn Sie in der
Nacht den Sternenhimmel
über sich betrachtet haben.
Unzählige Sterne flimmern Ihnen
entgegen. Sternbilder erscheinen
am Horizont, sind über Ihnen und
gehen unter. Eine Beschreibung mit
Worten ist kaum möglich. Wie
können Sie diese Erlebnisse
einfangen und anderen mitteilen?
Astrofotografie!
oder Sucherkameras, ob Kleinbild-,
Mittel- oder Großformatkameras.
Abb. 2: (links) Agfa Isolette II Bj. 1956
(rechts) Voigtländer Perkeo, I Bj. 1951
beide: Mittelformat 6 x 6 cm
Strichspuraufnahmen
Abb.1: Strichspuren um den Polarstern
Nikkormat mit 3,5/50mm MikroNikkor
Emberger Alm 27.03.2003, 30 Minuten
auf Kodak E200 Diafilm
Wenn Sie im Besitz einer „alten“
mechanischen Kamera oder einer
Kamera mit Langzeitbelichtungsmöglichkeit
(„B“
oder
„T“Einstellung), einen Drahtauslöser
sowie über ein Stativ verfügen,
steht Ihren ersten astronomischen
Fotos
und/oder
Dias
nichts
entgegen. Es eigenen sich alle
Kameramodelle, ob Spiegelreflex20 Alrukaba | September 2003
beide: Kleinbildformat 24 x 36 mm
(Foto: Manfred Fischer)
Abb. 5 Nikon F2, Nikkormat, Nikon F,
vorne Sechsfachlupensucher ,
Kleinfbildformat 24 x 36mm
Abb. 3: Kiev Mittelformat 6 x 6 cm mit
Weitwinkelobjektiv 3,5/30mm
Abb. 6: Linhof Kardan Standard, Bj
1974-1984 Großformat 9 x 12 und 10 x
15 cm
Abb. 4: (links) Olympus OM2 Bj. 1975
(rechts) Olympus OM1 Bj. 1972
Film einlegen, Kamera aufs
Stativ,
Langzeitbelichtung
einstellen, auslösen. Fertig. Und Spaß
macht es auch mit Vaters oder
Großvaters Kamera zu fotografieren. Weniger geeignet für
Strichspuraufnahmen
sind,
auf
Grund kurzer Langzeitbelichtungs-
Astrofotografie
möglichkeiten, digitale Kameras.
Je dunkler die Nacht, je weniger
Streulicht (Himmelsaufhellung in
Städten), umso länger können Sie
belichten. Die ersten Strichspuren
von Sternen werden sichtbar.
Beziehen Sie auch terrestrische
Objekte (z.B. Berge, Bäume,
Häuser) mit ein, entstehen sehr
anspruchsund
eindrucksvolle
Aufnahmen, die Sie sicherlich
begeistern werden. Die Belichtungszeiten
und
damit
Ihre
Aufnahmen können Sie beliebig
gestalten. Je länger Sie belichten,
um so länger werden die Lichtspuren, die Sterne auf Ihrem Film
hinterlassen. Dieser Umstand hat
mit der Umdrehung der Erde
(Rotation) zu tun (einmal pro rund
24 Stunden - exakt 23 Stunden 56
Minuten und 4 Sekunden - dreht
sich die Erde um sich selbst).
Üblicherweise
betragen
die
Belichtungszeiten für Strichspuraufnahmen zwischen 15 Minuten
und zwei Stunden. Bei diesen
langen Belichtungszeiten macht
sich störendes Streulicht (z.B.
Straßenlaternen, Vollmond) und –
vor allem in der zweiten Nachthälfte
– die meist große Luftfeuchtigkeit
(Taubeschlag auf dem Objektiv)
bemerkbar. Diesen Umständen
können Sie mit
• einer Gegenlichtblende,
• einer selbst gebastelten Taukappe oder
• einem Haarfön (aus dem Camperzubehör) entgegenwirken.
Besonders
gefällig
werden
kreisrunde
Strichspuraufnahmen,
wenn Sie Ihre Kamera einfach nach
Norden auf den Polarstern (Polaris,
Hauptstern im Sternbild kleiner
Wagen) ausrichten. Da dieser Stern
sehr nahe beim Himmelsnordpol
steht, kreisen scheinbar andere
Sternbilder, wie z.B. großer Wagen
und Kassiopeia (Himmels-W) das
ganze Jahr sichtbar um den
Polarstern.
21 Alrukaba | September 2003
Abb. 7: unterschiedlich lange
Strichspruren,
Nikkormat mit 3,5/50mm Mikro-Nikkor,
Emberger Alm 27.03.2003, 30 Minuten
auf Kodak E200 Diafilm
Sterne
nahe
dem
Himmelsnordpol werden kürzere,
Sterne nahe dem Himmelsäquator
werden längere Strichspuren auf
Ihrem Film erzeugen. Sie können
die Strichspurlängen nach folgender
Formel berechnen:
f x t x cos δ
s = --------------13750
s=
Strichspurlänge in mm
f=
Brennweite der
f=
Aufnahmeoptik in mm
t=
Belichtungszeit in Sekunden
d=
Deklination des Aufnahmeobjekts in Grad
(Formel entnommen aus: Das KosmosHandbuch Astrofotografie: Ausrüstung,
Technik Fotopraxis, Wolfgang Schwinge,
Stuttgart 1993, Franckh-Kosmos
(Die Zahl 13750 entspricht den
Tagessekunden dividiert durch 2
mal π = 84600/2 x 3,1415926) Die
Bewegung eines Sternes in einer
Stunde ist abhängig von der
Deklination: τ = cos δ x 15
Für Strichspuraufnahmen sind
besonders Weitwinkel- und Normalobjektive geeignet. Als Filmmaterial
können sowohl Scharzweiß-, Farbals auch Diafilme Verwendung
finden. Diese Form der Astrofotografie ist auch für die Metorfotografie
(Sternschnuppenfotografie)
geeignet.
Sternfeldaufnahmen ohne
Nachführung des
Aufnahmeobjektivs
Selbstverständlich können Sie
auch Sternfeldaufnahmen oder
Aufnahmen
der
einzelnen
Sternbilder
anfertigen.
Dabei
müssen Sie die Belichtungszeiten
jedoch relativ kurz halten, um
Strichspuren zu vermeiden.
Auch für diese Art der
Astrofotografie benötigen Sie keine
teure Ausrüstung. Digitale Kameras
sind
bei
Sternfeldaufnahmen
selbstverständlich
verwendbar
(siehe Alrukaba 1-2/2003, Digitale
Astrofotografie
mit
einfachen
Mitteln).
Abb. 8: Hale-Bopp am 2.4.1997, ca. 21
Uhr, auf Kodak Royal Gold 1000, 8
Sekunden stehende Kamera, Nikon F2
mit Spiegelvorarretierung und Nikkor
2,8/180mm, bei Blende 2,8)t
Abb. 9: Nikonobjektive
(l.o.) Nikkor 300mm/f4,5,
(l.u.) Mikronikkor 55mm/f3,5,
(r.o.) Nikkor180mm/f2,8,
(r.u.) Nikkor 35mm/f3,5
Verstärkt
ist
jedoch
Ihr
Augenmerk auf die Belichtungszeit,
auf die Brennweite und das
Öffnungsverhältnis
Ihres
Fotoobjektivs zu legen. Die Ermittlung
der Belichtungszeit, ohne dass
nennenswerte Strichspuren entstehen, erfolgt nach folgender
Formel
t=
t=
AE =
86400 x AE
------------------2 x π x f x cos δ
Belichtungszeit in Sek.
Auflösungsvermögen der
Emulsion in mm
Astrofotografie
f=
δ
(AE für 400-ASA-Film
beträgt 0,03 mm)
Aufnahmebrennweite in mm
=
Deklination in Grad
(Formel entnommen aus: Das KosmosHandbuch Astrofotografie: Ausrüstung,
Technik Fotopraxis, Wolfgang Schwinge,
Stuttgart 1993, Franckh-Kosmos
Die Zahl 86400 entspricht den
Sekunden eines Tages: 24 Stunden
mal 3.600 Sekunden pro Stunde,
exakt beträgt die Erddrehung
jedoch 23 Stunden 56 Minuten und
4
Sekunden
Die
scheinbare
Bewegung der Sterne macht sich in
Polnähe weniger, in der Nähe des
Himmelsäquators stärker bemerkbar. Daraus folgt, dass die
Belichtungszeit möglichst kurz zu
halten
und
daher
bei
den
verwendeten
Objektiven
die
größtmögliche Öffnung (kleinste
Blende 1:1,2, 1,4, 1,8, 2, 2,8)
einzustellen
ist.
Bei
sehr
lichtstarken Objektiven kann – wenn
Randunschärfen und Vignettierungen störend sind – eine Reduktion
um 1 bis 2 Blendenstufen sinnvoll
erscheinen. Einen Anhaltspunkt
kann die nachfolgende Belichtungszeitentabelle bieten:
(Deklination Objektivbrennweite in
mm)
0°
10°
20°
30°
40°
50°
60°
70°
80°
35
50
135
200
12s
12s
13s
14s
15s
18s
24s
34s
68s
8s
8s
9s
10s
11s
13s
16s
24s
48s
3s
3s
3s
4s
4s
5s
6s
9s
18s
2s
2s
2s
2s
3s
3s
4s
6s
12s
(Tabelle entnommen: Das KosmosHandbuch Astrofotografie: Ausrüstung,
Technik Fotopraxis, Wolfgang Schwinge,
Stuttgart 1993, Franckh-Kosmos
Unumgänglich ist jedoch die
Verwendung eines Drahtauslösers,
um Erschütterungen beim Auslösen
des Kameraverschlusses zu vermeiden. Erschütterungen können
durch die Verwendung einer
Spiegelvorarretierung deutlich reduziert werden. Sollte Ihre Kamera
über keine Spiegelvorarretierung
(auch nicht über des Selbstauslöser) verfügen, so können Sie
mittels der „Hutmethode“ trotzdem
Ihre Kamera verwenden. Bei der
„Hutmethode“
wird
vor
dem
Auslösen des Kameraverschlusses
das Kameraobjektiv abgedeckt und
rund 10 Sekunden nach dem
Auslösevorgang die Abdeckung für
den Belichtungszeitraum entfernt.
Bei
langbrennweitigen
Fotoobjektiven (f = 135, 180, 200 und
darüber) sollten Sie die Unendlicheinstellung Ihres Objektives testen,
da nicht immer die kleinste
Sternabbildung
am
Unendlichanschlag
eintritt
(temperaturabhängig). Dazu kleben Sie bei
dieser Entfernungseinstellung einen
Streifen Millimeterpapier auf und
ermitteln durch Probeaufnahmen
die punktförmigste Abbildung oder
die schärfsten (feinsten) Strichspuren.
Bei
Digitalkameras
empfiehlt es sich den Autofokus
auszuschalten und die Entfernung
manuell auf unendlich zu stellen.
Diese
einfache
und
kostengünstige Art der Astrofotografie können Sie auch für die
Sonne-, Mond- und Planetenfotografie einsetzten. Es lassen sich
damit auch schöne und Mond-,
Planeten- und Sternkonstellationen
fotografieren.
►VON PETER MORTH
GRUPPE ASTROFOTOGRAFIE
In letzter Minute - 6 Megapixel
W
aren bisher Nikon
Coolpix und OlympusDigitalkameras in der
Amateurastrofotografie
führend
vertreten,
boten
die
Modelle Canon D60 und 10D
bereits einen, wenn auch teuren
Einstieg in die digitale SLRFotografie,
mit
eindrucksvollen
Astrofotos,
so
beginnt
mit
20.08.2003 eine neue Ära.
Im
September 2003 wird von Canon
eine 300D SLR mit 6,52 Megapixel
um € 1.099, im Set mit einem 1855mm f3,5-5,6 EF-Objektiv um €
1.199 erhältlich sein.
Die Verschlusszeiten der 300D
werden von 1/4000 bis 30 Sek.
reichen. Laut Pressemeldung bleibt
die 10D weiter im Programm von
Canon. Die Custom Functions und
das Magnesiumgehäuse bleibt der
10D vorbehalten. Technische Daten
22 Alrukaba | September 2003
der 300D sind unter www.canon.de
abrufbar.
Abb. von Canon genehmigt: Canon
300D
►VON PETER MORTH
GRUPPE ASTROFOTOGRAFIE
Planetarischer Nebel M57
Digitalkamera CANON 10D
13 x49 sek. bei 3200 ASA
Aufnahmeinstrument:
Celestron C14 bei f/6.7 auf Gemini 41
Montierung
Foto: Gerald Wechselberger
23 Alrukaba | September 2003
Selbstbau
Selbstbauprojekt motorisierter
Okularauszug (OAZ)
T
uning ist eine feine Sache nicht nur beim fahrbaren
Untersatz - jedoch betragen
die
Kosten
einer
kommerziellen OAZ Motorisierung
jenseits der 200 Euro. Soviel wollte
ich für einen kleinen Motor und ein
paar Elektronikteile nicht ausgeben.
Internetrecherchen zum Selbstbau
waren
erstaunlich
unergiebig,
jedoch fand ich letztlich eine Seite,
die Schaltplan, Bauteile und
Motorbefestigung auch für einen
kompletten Laien wie mich hinreichend genau erklärt.
Für mich war besonders die
Elektronikmaterialliste wichtig und
ein nicht zu komplizierter Schaltplan, denn ich hatte so etwas noch
nie zuvor gemacht. Wenigstens den
mechanischen Teil traute ich mir
aber auch so zu. Das ganze Teil
sollte schließlich folgendermaßen
aussehen und arbeiten: Eine Stromversorgung (in diesem Fall ein 12V
Steckernetzgerät) und eine Handsteuerbox treiben den Motor
links/rechts mit zwei Geschwindigkeiten per Umschalter und zwei
Tastern. Beim Okularauszug des
Teleskops muss dazu ein Handrad
entfernt und gegen das Zahnrad
eines Schneckenradsatzes getauscht werden. Der Motor verbleibt
fix am Teleskop, die Handsteuerbox
wird strom- und teleskopseitig
abnehmbar mit Anschlusssteckern
versehen.
Teile bestellen
Leider stellte sich heraus, dass
die
auf
den
Internetseiten
angegebenen Bauteilsätze nicht
komplett waren. Ich hatte einige
Mühe den genauen Materialbedarf
zu ermitteln (für mich als kompletten Elektronik-Blinden klingen
Namen wie "1N4148 100V 150MA"
so aussagekräftig wie ein BantuDialekt. Ich hatte schon Probleme
das Wort Motorumpolrelais korrekt
auszusprechen!).
Schließlich
konnte ich doch eine vollständige
Liste der Komponenten zusammenstellen. Für alle Interessierten ist
hier die komplette Komponentenliste mit den Artikelnummern von
Conrad-Electronic.
Gesamtsumme ca. 50 Euro!
Men- Produktge
bezeichnung
1
Getriebemotor
1:50
227552-hk
1
Schneckenradsatz+
236900-hk
1
Motorumpol
Relais 12V
505013-hk
1
Softlinegehäuse
541214-hk
1
Zener Diode
1,3W 6,2V
180599-hk
5
1N4148 100V
150MA
162280-hk
1
EL Kondensator
220uF 16V
468312-14
1
Kondensator
0,1uF
453099-14
1
WMA MKS4
0,1uF
455270-13
1
Drucktaster Grün 701116-hk
1
Drucktaster Rot
701115-hk
1
Mini
Schiebeschalter
708046-14
2
2 Buchse 2,1mm
733180-13
1
Stecker 2,1mm
733164-13
1
Steckernetzgerät
510200-14
PA 300
1
Lochrasterplatte
50x100
528404-13
Artilelnummer
Die Elektronik
Schaltplan
Bezeichnung der Teile
D1, D2, D4, D5, D6=Dioden
1N4148 100V 150MA
D3=Zener Diode 1,3 WATT 6.2V
C1=Elko 200uF / 16V
C2=Keramikkondensator 100nF
C3=1 Folienkondensator
100nF/100V
SW1, SW2=Taster
SW3=Schalter
Re1=Motorumpol Relais 12V
24 Alrukaba | September 2003
Selbstbau
Weiters werden benötigt: Die im
Schaltplan nicht bezeichneten Komponenten lt. Materialliste, Laubsäge, Lötkolben, Abisolierzange,
Seitenschneider,
kleine
Flachzange, ein paar dünne Drähtchen...
und jetzt kann´s losgehen
Der Zeitaufwand betrug für mich
als blutigen Anfänger bis hierher ca.
2 Stunden; ich musste aber
zwischendurch
den
Schaltplan
immer wieder sehr genau unter die
Lupe nehmen und lange nachdenken wie´s weitergeht. Alles in
allem: Ich hab´s mir schlimmer vorgestellt als es war. Die Fotos zeigen
recht gut, wie toll ich mit dem
Lötkolben umgehen kann - aber
schlussendlich
hat
das
Teil
funktioniert.
1) Löcher ins Gehäuse schneiden
für Motoranschluss und Stromversorgung.
2) Löcher in den Gehäusedeckel
schneiden für die beiden Taster
und den Schalter.
3) Wenn´s daneben gegangen ist neues Gehäuse kaufen :-)
4) Lochrasterplatte mit der Laubsäge zuschneiden, dabei auch
ein passendes Rechteck für
Re1 ausschneiden, sonst passt
das Relais nicht ins Gehäuse.
5) Platte mit Dioden und Kondensatoren bestücken. Das ist der
schwierigere Teil. Hier muss
man genau überlegen, damit
nicht anschließend zuviel über
Kreuz verlötet werden muss.
6) Löten lt. Schaltplan (eine
Handvoll dünner Drähtchen
bereithalten)
7) Probelauf (aufpassen auf die
Polung bei der Stromversorgung - der Elko explodiert
wenn man die Spannung
verkehrt herum anlegt (woher
ich das wohl weiß...:-).
8) Wenn alles funktioniert aufatmen
und
Gehäuse
schließen.
Am Ende habe ich die Drähte
für
die
Spannungsversorgung
verkehrt herum eingelötet, worauf
der C1 Elko hin war! Als
Folgeschaden war auch die Zener
Diode (D3), die ziemlich knapp
neben dem Elko lag hinüber. Der
Fehler ließ sich aber schnell
beheben und wo bezahlt man sonst
noch so geringes Lehrgeld (65
Cent).
25 Alrukaba | September 2003
Kabelplan
Noch ein Wort zur Geschwindigkeitsumschaltung: Strom nimmt
immer den bequemsten Weg. Ist
der Speed-Schalter geschlossen,
fließen daher ungehindert 12V in
den Motor. Öffnet man den SpeedSchalter, wird der Strom gezwungen, den Weg über die Zener
Diode zu nehmen. Bei der angegebenen 6V Zener Diode kommt
eben nur mehr die halbe Spannung
durch und der Motor dreht sich
auch nur mehr mit der halben
Geschwindigkeit. Selbstverständlich
ist auch das Anlöten einer 8V statt
der 6V Zener Diode möglich.
Die Steuerung bewirkt außerdem, dass der Motor keinerlei
Nachlauf hat - er stoppt sofort beim
Loslassen der Taster. Wichtiger
Tipp: Nicht versuchen gleichzeitig
den Motor laufen zu lassen und die
Geschwindigkeit umzuschalten das zerstört die Zener Diode.
Gehäuseboden und Platine
Plattenbestückung
Unterseite mit Motorumpolrelais
Stecker für Motor und Ausschnitt für
Stromkabel
Der Motor und die
mechanischen Teile
Bei Motor und Schnecke
besteht leider ein DurchmesserProblem. Die Motorwelle muss erst
von 6mm auf ca. 3mm abgedreht
werden (z.B. bei laufendem Motor
mit einer Schleifscheibe).
Das Zahnrad des Schneckenradsatzes hab ich einfach statt des
rechten Handrades des Okularauszuges angeschraubt. Es gibt
aber auch schlauere Lösungen, wie
die von Uwe Hübler, der eine
Kupplung mit Flügelmutter bastelte:
"Wenn man die Flügelmutter
anzieht, dann ergibt sich eine fixe
Klemmung des Zahnrades mit der
Selbstbau
Fokussierwelle des Okularauszuges. Löst man das Ganze, kann
man ganz normal konventionell per
Hand fokussieren - einfach super!
Die
Befestigungsschraube
des
Fokussierknopfes
wird
hierzu
entfernt und durch eine lange M4Maschinenschraube ersetzt. Der
Fokussierknopf wird wieder durch
Anziehen der M4 Mutter (mit
Unterlegscheibe) fest mit der Welle
fixiert. Darüber befindet sich lose
eine Unterlegscheibe, darüber dann
das
Zahnrad
(dessen
Innendurchmesser über ein kleines
Stück Messinghülse reduziert auf
4mm Durchmesser, damit es auf
die M4-Schraube passt). Gegen
dieses Zahnrad drückt dann im
angezogenen Zustand über eine
weitere
Unterlegscheibe
die
Flügelmutter."
Als
nächstes
muss
ein
Metallstreifen rechtwinkelig gebogen werden. Der wurde anschließend vor der Okularauszugwelle angeschraubt. Im Inneren
des Synta-OAZ ist hier mehr als
genug Platz für zwei Schräubchen.
Für die Motorbefestigung am
Metallwinkel gibt es sicherlich
26 Alrukaba | September 2003
mehrere gute Möglichkeiten - ich
entschied mich für Kleben. Zuerst
den Motor in der richtigen Lage mit
Kontaktkleber fixieren, dann mit
Füllkleber einzementieren. Sitzt passt - hält! Zeitaufwand für die
Mechanik: 10 Minuten Welle
abdrehen, 15 Minuten Metallstreifen
zurechtschneiden und biegen (bin
halt langsam :-), 5 Minuten fürs
Bohren zweier Befestigungslöcher
in den OAZ des Refraktors.
Alles in allem war es eine
lohnenswerte Erfahrung für einen
kompletten Elektronik-Laien und
letztlich funktioniert das ganze
wunderbar. Allein der im Vergleich
zu
käuflichen
Motorisierungen
äußerst günstige Preis und der
bastlerische Zeitaufwand von lediglich ca. 3 Stunden rechtfertigt das
Selbstbauprojekt. Seine größten
Stärken spielt der Fokussierer
natürlich bei der Fotografie mit
WebCams oder Digitalkamera aus,
weil jedwedes Zittern beim Fokussieren entfällt. Bei normaler Geschwindigkeit fährt der Okularauszug übrigens mit ca. 1,8mm/sec,
bei niedriger Geschwindigkeit mit
0,9mm/sec und das ist eine
ziemlich feinfühlige Angelegenheit.
Alles komplett ...
Quellen:
André Müller: http://www.kleinerastronom.de
Uwe Hübler: http://uhuebler.bei.tonline.de/
Peter Katreniak:
http://www.pk3.host.sk/Astro/astrophoto
_ef.htm
Jan Timmermans:
http://www.pk3.host.sk/Astro/astrophoto
_ef_jt.htm
(Speziellen Dank an Peter Katreniak für
den Schaltplan und seine
Ausführungen)
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27 Alrukaba | September 2003
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und
einer
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