Vom Urwald zum Kulturwald

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WALD
Vom Urwald
zum Kulturwald
Der Wienerwald feiert seinen tausendsten Geburtstag
1002 erstmals urkundlich erwähnt,
ist der Wienerwald heute ein
Erholungsgebiet und Wirtschaftsfaktor. Jetzt soll er sogar Biosphärenpark werden.
Die Landschaft des Wienerwaldes präsentiert sich seinen Besuchern mit zwei Gesichtern. Von
unsichtbarer Hand gezeichnet,
Kurz und bündig
Der
Wienerwald
Im Jahre 1002 schenkte der
deutsche Kaiser dem babenbergischen Markgrafen Heinrich
das Gebiet. 135.000 Hektar groß
ist der Wienerwald. Obwohl der
Name anderes vermuten lässt,
liegt der Großteil des Waldes in
Niederösterreich. Nur sechs Prozent befinden sich im Besitz der
Stadt Wien. Knapp die Hälfte
gehört den Österreichischen
Bundesforsten, den restlichen
Besitz teilen sich die Klöster
Heiligenkreuz, Lilienfeld und
Klosterneuburg. Der Wirtschaftsfaktor Wienerwald ist
nicht zu verachten: Die Bundesforste schlägern jährlich
159.000 Festmeter Holz,
170.000 wachsen nach.
Besonders beliebt ist der Wald
heute als Ausflugs- und Naherholungsziel.
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umwelt & bildung 1/2002
zieht sich eine markante Trennlinie durch den Wienerwald und
teilt das Gebiet in ein sanftes Hügelland im Norden und Westen
und eine schroffe Felslandschaft
im Süden: den Flysch-Wienerwald und den Kalkstein-Wienerwald. Die nördliche Flysch-Sandstein-Region kennzeichnet sich
durch sanfte, hügelige Formen
mit Gipfeln, die 500 m kaum
übersteigen, im südlichen Bereich, jenseits der Themenlinie,
überwiegen karge und schroffe
Landschaftselemente. Eine geologische Besonderheit, die sich
natürlich auch in der Pflanzenwelt
widerspiegelt, sodass sich im Wienerwald sehr unterschiedliche
Pflanzengesellschaften etablieren
konnten.
Für die Menschen war der
Wald zunächst etwas Feindliches,
ein unheimlicher Ort der Gefahr,
bevölkert nur von Jägern, Räubern und Außenseitern der Gesellschaft. Nur besonders asketische Orden wie Zisterzienser und
Kartäuser wagten sich in das
Dickicht und bereiteten erste Ansätze der Besiedlung vor, die im
späten Mittelalter einen ersten
Höhepunkt erreichen sollte. Viele dieser Dörfer mussten im Zuge
der beiden Türkenbelagerungen,
die auch das Umland in Mitleidenschaft zogen, wieder aufgegeben werden. Wesentliche Verkehrswege in die Hauptstadt
Wien bahnten sich einen Weg
durch den Wald.
Kulturelle Höhenflüge …
Diese vielfältige Erschließung ermöglichte zu Beginn des
19. Jahrhunderts die Eroberung
des Wienerwaldes durch die Bewohner der Großstadt. Dem Ideal des scheinbar einfachen Landlebens folgend errichteten adelige
Familien wie die Liechtenstein
Landschaftsgärten mit künstlichen Ruinen und Tempeln. Gemeinsam mit ihnen entdeckten
die Künstler die Reize des Waldes:
Musiker wie Mozart, Beethoven
und Schubert, Maler wie Brand
und Waldmüller und Dichter wie
Stifter und Raimund sind ohne
den Hintergrund des Wienerwaldes kaum denkbar.
Bedrohung abgewendet
Mit der Ausweitung der Besiedelung und damit der Nutzung
des Waldes drohte dem wertvollen Baumbestand eine große Gefahr. So sollte 1870 Verkauf und
Ausholzung im großen Stil die Sanierung des Staatshaushaltes bringen. Josef Schöffel, Journalist und
Politiker, der mit einer Artikelserie im Wiener Tagblatt seinen
Kampf aufnahm, erreichte schließlich im Jahr 1872 ein totales Verbot der geplanten Rodung. Viele
Jahre später, im Zweiten Weltkrieg, litten die Wälder unter den
Kampfhandlungen.
Heute ist der Wienerwald
das Naherholungsgebiet Wiens,
WALD
Stichwort
Bild: Historisches Museum der Stadt Wien
Biosphärenpark
„Die Rosenzeit“ (1862) von Georg Ferdinand Waldmüller
ein Ort für vielfältige sportliche
Aktivitäten in der Natur. Insgesamt nutzen über eine Million
Personen, vor allem Wiener, das
Naturjuwel zur Erholung. Die
Verbauung traditioneller Ausflugsgebiete in der näheren Umgebung der Stadt Wien und die
gestiegene Ausstattung der Bevölkerung mit PKWs führt zu einer
Verschiebung der Erholungsnutzung auch in das weitere Umland.
Dies kann natürlich auch zu Konflikten führen, da die Erhaltung
des Wienerwaldes als Naturjuwel
unter dieser Entwicklung leidet.
Biosphärenpark als
Zukunftsprojekt
Mit vielen verschiedenen
Strategien wurde schon versucht
diese Herausforderungen zu meistern. So ist der gesamte Wienerwald als Landschaftsschutzgebiet
ausgewiesen. Es wurden vier Naturparks sowie zahlreiche Naturschutzgebiete eingerichtet. Es hat
sich im Laufe der Zeit allerdings
herauskristallisiert, dass ein umfassendes Konzept notwendig ist,
um den unterschiedlichen Bedürfnissen sowohl der Bevölkerung,
der Erholungssuchenden und des
Wienerwaldes als Naturraum gerecht zu werden. Ein Konzept, das
all diese Herausforderungen unter
einen Hut bringen könnte, ist der
Biosphärenpark.
Neben der grundsätzlichen
Überlegung, dass der Wienerwald
weiterhin, nur eben nachhaltiger,
vom Menschen genutzt werden
soll, spricht auch die vorgeschriebene und realisierbare Kernzone
(=Zone mit geringster menschlicher Beeinflussung) von mindestens 3 % des gesamten Gebietes
für den Wienerwald als Biosphärenpark. Da dieses Konzept
sowohl auf die Bedürfnisse der
Natur als auch auf die der Bevölkerung Rücksicht nimmt, wird es
von vielen Seiten positiv bewertet. Der Wienerwald als Biosphärenpark wäre der sechste in
Österreich und einer von weltweit
bereits über 411 Biosphärenparks
in 94 Ländern.
Noch ist es aber nicht so
weit. Bis dahin gibt es jede Menge
Aktivitäten und Festlichkeiten.
Die 56 Wienerwaldgemeinden
sind darin voll eingebunden. Mit
ihrem Programm möchten sie Besucher und Einwohner des Wienerwalds gleichermaßen auf die
Probleme, aber auch die Chancen
des Naherholungsgebiets hinweisen.
Bettina Scheiderbauer/Red.
Dieses Konzept basiert auf dem UNESCOProgramm „Mensch und Biosphäre“ und
sieht die Harmonisierung von Mensch und
Umwelt als oberstes Prinzip. Ein Biosphärenpark soll verschiedene ökologische
Systeme umfassen, bei denen auch der
menschliche Einfluss eine Rolle spielt; er
soll zum Schutz der biologischen Vielfalt
beitragen; er soll die nachhaltige Entwicklung der Region erforschen und er muss ein
genügend großes Gebiet umfassen, um die
Funktionen des Schutzes, der Entwicklung
und der Forschung erfüllen zu können.
Internet-Tipps
Alles rund um den Wienerwald
www.wien.gv.at/wald/wiwald.htm
www.wien.gv.at/wald/wiese.htm
www.wien.gv.at/wald/lainz_tg/
Projekte und Veranstaltungshinweise
www.wienerwald.info
Infos zum Lebensbaumkreis
www.himmel.at
Alles zum Thema Biosphärenpark
www.wald.or.at/
www.umweltdachverband.at
Zum Anschauen
Ausstellung: G’schichten
aus dem Wienerwald
Vom Urwald zum Kulturwald
Kartause Mauerbach
A-3001 Mauerbach, Kartäuserplatz 2
12. Mai 2002 bis 27. Oktober 2002
Gemeinsame Ausstellung des Landes
Niederösterreich und des Landes Wien aus
Anlass des Wienerwald-Millenniums
Die Ausstellung bietet nicht nur dem historisch Interessierten einen Überblick über die
mehr als tausendjährige Vergangenheit dieser Region, oder dem Kunstinteressenten
einen Einblick auf das oft schwärmerische
Verhältnis der Künstler zu dieser nahe gelegenen Waldlandschaft, das Projekt vergisst
darüber hinaus auch nicht auf die Darstellung des Naturraumes und der Bepflanzung.
Mehr im Internet: www.museum-vienna.at/
dynamicPage.asp?MenuID=1984
umwelt & bildung 1/2002
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