Die Juden – Geschichte eines Volkes – »Fall des Tempels« Hintergrundinformationen zu Arbeitsblatt 1 für Lehrende mit Timecodes (TC) zum Auffinden der entsprechenden Stellen im Film Die Thora wurde im Laufe der Zeit (während und nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil, ca. 5. Jh. v. Chr.) zur Verfassung der Juden und des jüdischen Staates (in Israel bzw. Juda, später Judäa). In der Hauptstadt Jerusalem stand der Tempel des einzigen Gottes, dort wurden ihm Opfer dargebracht und dessen Wort wurde aus der Tora öffentlich vorgetragen. Jerusalem und der Tempel waren das Zentrum des Volkes und der Religion. (TimeCode 07:23 – 09:24) Im Jahr 70 zerstörten die Römer den jüdischen Staat und den Tempel. 132 n. Chr. wurden alle Juden aus Judäa vertrieben, der gesamte Landstrich nördlich von Ägypten wurde zur Strafe Palästina genannt (um die Verbindung der Juden zum Land vergessen zu machen). Während des ersten Jahrhunderts musste die Religion reformiert werden, sie musste den neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. Rabbi Jochanan Ben Sakkai gründete ein neues Zentrum der Religion, in dem eine Art Ältestenrat der angesehensten Rabbiner die Fragen der Zeit eruieren sollte. In Ben Sakkais Judentum ersetzten Gebete die Tempelopfer, das Studium der Thora und die Wohltaten. Das Pilgern nach Jerusalem ersetzte das Vortragen der Thora. (TC 11:12 – 14:12) Anstelle des Tempels tritt nun das Versammlungshaus, Beit Knesset oder Synagoge genannt. Die ehemaligen Schulen, Gasthöfe und Gerichte erhalten nun neue Bedeutung als Gemeindezentrum und Ort des Thora-Studiums. (TC 14:12 -15:45) Im Jahr 200 beendete einer der Nachfolger Ben Sakkais, Rabbi Jehuda Hanassi (genannt der Patriarch) ein großes Projekt: Aus Angst, die Juden würden bald die Gesetze und Moral ihrer Tradition vergessen, verfasst und redigiert er alle bekannten, bisher wörtlich tradierten Regeln und Geschichten, die neben der Thora existieren in einem Werk, Mischna genannt (Mischna = Wiederholung, Studium). Der Inhalt gliedert sich in zwei Teile: die Gesetze, Halacha genannt (wörtlich: der Weg, der begangen werden soll), und die Aggada (gesammelte Geschichten, Legenden und Mythen). Die Halacha beinhaltet sozusagen den trockenen Alltag mit seinen Pflichten, die Aggada die Moral und das Lebensgefühl. (TC 20:33 – 22:03) Nach der Vollendung der Mischna wird sie rasch zu einem bedeutenden Grundwerk. Die Gelehrten beschäftigen sich damit und kommentieren den Inhalt. Diese Kommentare werden Gemara (Studium, Vollendung) genannt. Gesammelt und redigiert bilden sie mit dem Ursprungstext den Talmud (Studium, Lehre), das Lehrbuch des Judentums bis heute. Der ursprüngliche babylonische Talmud wurde um das Jahr 500 in Babylonien, dem heutigen Irak, vollendet, damit war er aber noch lange nicht fertig. Bis heute werden Kommentare zu den schon vorhandenen Kommentaren hinzugefügt. Querverweise und Kodives, Auflistungen, Erklärungen und Register aus mehr als tausend Jahren Studium füllen jede der über 6.000 Seiten des Talmuds wie Jahresringe. (TC 23:36 – 25:55) Das Studium des Talmuds ist bis heute Zentrum der jüdischen Religionsausbildung. Die Beobachtung der dort aufgezeichneten Argumentationen und die selbstständige Diskussion erlauben ein tiefes Verständnis und die Möglichkeit, den alten Regeln auch heute nahe zu kommen. Durch ständiges Anpassen sollen sie aktuell und modern gehalten werden, so lange der ursprüngliche Sinn erhalten bleibt. Das kann an jedem Ort der Erde erfüllt werden, deshalb ist die jüdische Religion weder von der Zeit noch vom Raum abhängig, sie kann immer und überall blühen. Die Juden – Geschichte eines Volkes Folge 2: »Fall des Tempels«