25 Stochastische Prozesse

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§25 Stochastische Prozesse
ô
25.1 Begriffsbildungen
Gegeben sei ein W-Raum HW, L, ein Zustandsraum E und eine Parametermenge T.
25.1.1 Definition: Unter einem stochastischen Prozess versteht man eine Familie T = 8Zt <tœT von Ewertigen Zufallsvariablen Zt auf dem W-Raum HW, L.
Zu dieser Begriffsbildung sind einige Bemerkungen angebracht:
25.1.2 Bemerkung:
a) Ist E eine endliche bzw abzählbare Menge, so spricht man von einem stochastischen Prozess mit endlichem
bzw abzählbarem Zustandsraum.
b) Ist E = , so spricht man von einem reellen stochastischen Prozess.
c) Ist E = , so spricht man von einem komplexen stochastischen Prozess. In diesem Fall lässt sich jede
Zufallsvariable Zt in der Form Zt = Xt + Â Yt schreiben, wobei Xt und Yt reelle Zufallsvariable sind.
d) Ist T = oder T = , so spricht man von einem diskreten stochastischen Prozess.
e) Ist T = + oder T = , so spricht man von einem kontinuierlichen stochastischen Prozess.
f) Ist T Œ k , so spricht man von einem stochastischen Feld.
Im Rahmen der stochastischen Prozesse schreibt man statt Zt @wD oft Z@t, wD und statt Zt damit Z@t, äD. Auf diese
Weise soll ausgedrückt werden, dass wir es mit zwei Variablen zu tun haben - einer Variablen t, welche man als
"Zeit" interpretiert und einer Variablen w, welche den "Zufall" beschreibt. So gesehen kann man einen stochastischer Prozess T auch als Abbildung Z von T µW in E auffassen.
Wir werden im Folgenden nur stochastische Prozesse behandeln bei denen T gleich oder bzw + oder und E
gleich oder ist.
25.1.3 Definition: Sei T = 8Zt <tœT ein stochastischer Prozess.
a) Für jedes w œ W heißt die Abbildung
Zw : T Ø E
mit
Z w @tD = Zt @wD
der zu w gehörige Pfad (Trajektorie) des stochastischen Prozesses T . Statt Z w schreibt man auch Z@ä, wD.
b) Die Menge
W = 8Z w ˝ w œ W< Œ ET
heißt Pfadmenge des stochastischen Prozesses T . Die Pfadmenge eines stochastischen Prozesses ist üblicherweise eine wesentlich "kleinere" Menge als ET .
c) Die Abbildung
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
146
c) Die Abbildung
: W Ø EZ
@wD = Z w
mit
heißt Zufallsfunktion des stochastischen Prozesses T .
Mit der folgenden Graphik soll diese Begriffsbildung verdeutlicht:
Zw
Z
4
6
2
0
0
Zt
4
Zufall W
2
1
Zeit T
2
3
0
plot1 = Plot3D@HSin@yD + 1L Cos@x D + 2.9, 8x, 0, Pi<, 8y, 0, 2 Pi<, Boxed → False,
AxesLabel → 8"Zeit T", "Zufall Ω", "Z"<, DisplayFunction → IdentityD;
plot2 = Plot3D@HSin@yD + 1L Cos@Pi ê 4D + 3, 8x, Pi ê 4, Pi ê 4 + 0.05<, 8y, 0, 2 Pi<,
DisplayFunction → Identity, Ticks → NoneD;
plot3 = Plot3D@HSin@2D + 1L Cos@x D + 3, 8x, 0, Pi<, 8y, 2, 2.1<,
DisplayFunction → Identity, Ticks → NoneD;
t1 = Graphics3D@Text@"Zt ", 80.8, 0, 2.5<DD;
t2 = Graphics3DATextA"Zω ", 80, 2, 5.6<EE;
gr = Show@8plot1, plot2, plot3, t1, t2<, DisplayFunction → $DisplayFunctionD;
ExportA"stoch_bild1.eps", gr, ImageSize → 8550, 250<E
stoch_bild1.eps
Es folgen einige Beipiele für stochastische Prozesse:
25.1.4 Beispiel (Nachrichtenübertragung): Sei = 8Zn <nœ eine Sequenz der Sendesymbole
Zn œ 8-3, -1, 1, 3<. Die Wahrscheinlichkeiten @Zn = zD bestimmen die Verteilung der Zufallsvariablen Z.
Die Signalquelle erzeugt eine Nachricht als Sequenz Zn , die auch als Modulationssymbole bezeichnet
werden. Die so entstehende Zufallsfunktion ZHtL des betrachteten stochastischen Prozesses ist gegeben durch
den Signalverlauf über der Zeit, der sich durch die zufällige Auswahl der Sendesympole Zn ergibt:
ZHtL = ڦ
n=0 Zn rectHt - n TL
ô
Lösung: Verlauf des Signals über der Zeit.
t = 0; state = 0; list1 = 8<;
While@t < 100,
8state −3, a = RandomChoice@8−3, −1, 1, 3<D, stateOld = state, state = a,
list1 = Append@list1, 8t, stateOld<D, list1 = Append@list1, 8t, state<D<; t = t + 2D
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
147
ListPlot@list1, Joined → TrueD
3
2
1
20
40
60
80
100
-1
-2
-3
25.1.5 Beispiel: Sei X1 , X2 , … eine Folge von vollständig unabhängigen, @0, 1D-verteilten Zufallsvariablen
auf einem W-Raum HW, L und seien m : Ø und s : Ø + zwei beliebige Abbildungen. Der diskrete
reelle stochastische Prozess
= 8Zn <nœ
mit
Zn = m@nD + s@nD Xn
beschreibt einen zeitlich diskreten Messvorgang, bei dem die zeitlich variable Messgröße m@nD durch die
normalverteilten Messfehler s@nD Xn verfälscht wird.
Mit dem folgenden Befehl wird ein Pfad eines derartigen stochastischen Prozesses im Bereich 1 § n § nmax
erzeugt. Dazu müssen die beiden Funktionen m und s sowie die Intervallgrenze nmax eingegeben werden:
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
148
mAn_E := Sin@n ê 10D;
m2An_E := Cos@n ê 10D;
m3An_E := Sin@n ê 50D;
m4An_E := Cos@n ê 50D;
σAn_E := 1 ê 5;
nmax = 200;
punkte = Table@8n, m@nD + σ@nD Random@NormalDistribution@0, 1DD<, 8n, 1, nmax<D;
punkte2 = Table@8n, m2@nD + σ@nD Random@NormalDistribution@0, 1DD<, 8n, 1, nmax<D;
punkte3 = Table@8n, m3@nD + σ@nD Random@NormalDistribution@0, 1DD<, 8n, 1, nmax<D;
punkte4 = Table@8n, m4@nD + σ@nD Random@NormalDistribution@0, 1DD<, 8n, 1, nmax<D;
gr = ListPlot@8punkte, punkte2, punkte3<, PlotStyle −> [email protected], RGBColor@1, 0, 0
Frame → True, FrameLabel → 8"t", "Amplitude"<D
Clear@m, σ, nmax, punkteD
gr2 = ListPlot@8punkte2<, PlotStyle −> [email protected], RGBColor@1, 0, 0D, [email protected]
Frame → True, FrameLabel → 8"t", "Amplitude"<, ImageSize → 8350, 90<D
Clear@m, σ, nmax, punkteD
1.5
1.0
Amplitude
0.5
0.0
-0.5
-1.0
-1.5
0
50
100
150
Amplitude
t
1.0
0.5
0.0
-0.5
-1.0
0
50
100
150
200
t
meinpfad = "E:\work\Lehre\Seminar\Stochastische_Prozesse";
SetDirectory@meinpfadD
E:\work\Lehre\Seminar\Stochastische_Prozesse
Export@"sendesignal.eps", gr, ImageSize → 8350, 250<D
sendesignal.eps
200
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
149
ExportA"sendesignal_picture.jpg", gr2, ImageSize → 8350, 90<E
sendesignal_picture.jpg
25.1.6 Beispiel: Seien X1 , X2 , …, Xn paarweise unkorrelierte, quadratisch integrierbare, komplexe
Zufallsvariable auf einem W-Raum HW, L mit @Xi D = 0 und seien l1 , l2 , …, ln paarweise verschiedene
reele Zahlen. Der kontinuierliche komplexe stochastische Prozess
+ = 8Zt <tœ+
mit
Zt = ⁄nk=1 Xk ExpAÂ lk tE
beschreibt die Überlagerung von n unkorrelierten harmonischen Schwingungen mit den Kreisfrequenzen
l1 , l2 , …, ln , den zufälligen Amplituden Abs@X1 D, Abs@X2 D, …, Abs@Xn D und den zufälligen Phasenwinkeln
Arg@X1 D, Arg@X2 D, …, Arg@Xn D.
Mit dem folgenden Befehl wird ein Pfad sowie dessen Realteil und Imaginärteil eines derartigen komplexen
stochastischen Prozesses im Bereich 1 § t § tmax erzeugt. Dazu muss die Liste l = 8l1 , l2 , …, ln < der Kreisfrequenzen sowie die Intervallobergrenze tmax eingegeben werden und eine Liste x = 8x1 , x2 , …, xn < von entsprechend
verteilten komplexen Zufallszahlen erzeugt werden:
λ = 81, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10<;
n = Length@λD;
tmax = 10;
x = Table@HRandom@Real, 8−1, 1<D + I Random@NormalDistribution@0, 1DDL ê Sqrt@iD,
8i, 1, n<D;
ParametricPlot3D@8t, Re@Sum@x@@iDD Exp@I λ@@iDD tD, 8i, 1, n<DD,
Im@Sum@x@@iDD Exp@I λ@@iDD tD, 8i, 1, n<DD<, 8t, 0, 10<, Boxed → False,
PlotPoints → 200D;
ParametricPlot@8t, Re@Sum@x@@iDD Exp@I λ@@iDD tD, 8i, 1, n<DD<, 8t, 0, tmax<D;
ParametricPlot@8t, Im@Sum@x@@iDD Exp@I λ@@iDD tD, 8i, 1, n<DD<, 8t, 0, tmax<D;
Clear@λ, n, tmax, xD
4
2
0
-2
2
0
-2
0
2.5
5
7.5
10
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
150
4
2
2
4
6
8
10
-2
3
2
1
2
4
6
8
10
-1
-2
-3
25.1.7 Beispiel: Sei X1 , X2 , … eine Folge von paarweise unkorrelierten, quadratisch integrierbaren,
2
komplexen Zufallsvariable auf einem W-Raum HW, L mit @Xi D = 0 und ڦ
k=1 @ Xk D < ¶ und sei
l1 , l2 , … eine Folge von paarweise verschiedenen reellen Zahlen. Wegen
M +N X ExpAÂ l tE 2 E § ⁄M +N @ X 2 D
A ⁄k=M
Ÿ
k
k
k
k=M
N @X Exp@Â l tDD=
2
ist die Folge 9⁄k=1
k
k
Nœ eine Cauchyfolge im Hilbertraum @W, D aller quadratisch
integrierbaren komplexen Zufallsvariablen auf dem W-Raum HW, L, welche wegen der Vollständigkeit dieses
Hilbertraums im quadratischen Mittel gegen eine quadratisch integrierbare, komplexe Zufallsvariable Zt
konvergiert HZt ist damit bis auf eine -Nullfunktion eindeutig bestimmt). Der kontinuierliche komplexe
stochastische Prozess
+ = 8Zt <tœ+
mit
N X ExpAÂ l tE
Zt = l.i.m ⁄k=1
k
k
Nض
beschreibt die Überlagerung von abzählbar vielen unkorrelierten harmonischen Schwingungen mit den
Kreisfrequenzen l1 , l2 , …, den zufälligen Amplituden Abs@X1 D, Abs@X2 D, … und Phasen
Arg@X1 D, Arg@X2 D, ….
Dieses Beispiel dient als Vorbereitung für die Spektralzerlegung schwach stationärer stochastischer Prozesse. Dort
werden wir nämlich lernen, dass sich jeder schwach stationäre Prozess in gewisser Weise als "Überlagerung" von
unkorrelierten harmonischen Schwingungen mit zufälligen Amplituden und Phasen darstellen lässt.
25.1.8 Beispiel: Wir betrachten ein Zufallsexperiment, bei dem ein gewisses Ereignis A mit der
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
151
Wir betrachten ein Zufallsexperiment, bei dem ein gewisses Ereignis A mit der
Wahrscheinlichkeit p eintreten kann (tritt das Ereignis A ein, so spricht man von einem Erfolg) und
wiederholen dieses Zufallsexperiment unabhängig zu den Zeitpunkten 1, 2, … Den diskreten stochastischen
Prozess
= 8Zn <nœ
Zn = Anzahl der Erfolge im Intervall D 0, nD
mit
mit Zustandsraum E = 0 nennt man Bernoulliprozess mit Parameter p.
Mit dem folgenden Befehl wird eine typische Realisierung eines Bernoulliprozesses mit Parameter p = 0.4 im
Intervall @0, 50D erzeugt. Der zu dieser Realisierung gehörige Pfad besteht dabei aus den in der nach der Zeichnung
angeführten Liste von Punkten.
BernoulliProzess@50, 0.4D
0
10
20
30
40
50
884, 1<, 815, 2<, 817, 3<, 818, 4<, 819, 5<, 821, 6<, 822, 7<, 830, 8<, 832, 9<, 833, 10<,
836, 11<, 837, 12<, 838, 13<, 839, 14<, 840, 15<, 841, 16<, 843, 17<, 848, 18<, 849, 19<<
25.1.9 Beispiel: Wir unterteilten T = + in lauter infinitesimale Intervalle der Länge „ t und wiederholen in
jedem dieser Intervalle unabhängig voneinander ein Zufallsexperiment, bei dem ein gewisses Ereignis A mit
der infinitesimalen Wahrscheinlichkeit l „ t eintreten kann (tritt das Ereignis A ein, so spricht man wieder von
einem Erfolg). Den kontinuierlichen stochastischen Prozess
+ = 8Zt <tœ+
Zt = Anzahl der Erfolge im Intervall D 0, tD
mit
mit Zustandsraum E = 0 nennt man Poissonprozess mit Intensität l. Natürlich könnte man den
Poissonprozess mit Intensität l auch als stochastischen Prozess mit Zustandsraum E = auffassen. In diesem
Fall sind alle Pfade rechtsseitig stetige, stückweise konstante Sprungfunktionen mit Sprüngen der Höhe 1.
Mit dem folgenden Befehl wird eine typische Realisierung eines Poissonprozesses mit Intensität l = 2 im Intervall
@0, 10D erzeugt. Der zu dieser Realisierung gehörige Pfad ist rechtsseitig stetig, beginnt im Ursprung und springt in
jedem roten Punkt um eine Einheit nach oben.
PoissonProzess@10, 2D
0
2
4
6
8
10
25.1.10 Beispiel: Wir unterteilten die Zahlengerade in lauter "infinitesimale" Intervalle der Länge „ t und
beobachten ein Teilchen, welches sich mit der Geschwindigkeit së
„ t auf dieser Zahlengeraden bewegt,
wobei es sich jeweils bei den Eckpunkten dieser "infinitesimalen" Intervalle unabhängig von seinem
bisherigen Weg mit der gleichen Wahrscheinlichkeit für ein Weiterwandern nach rechts bzw links entscheidet
und nehmen an, dass dieses Teilchen mit seiner Wanderung im Ursprung beginnt. Den kontinuierlichen
stochastischen Prozess
+ = 8Zt <tœ+
mit
Zt = Position des Teilchens zum Zeitpunkt t
mit Zustandsraum E = nennt man Brown'sche Bewegung mit Parameter s. Alle Pfade dieses Prozesses
sind stetig (ein wanderndes Teilchen kann nicht springen) aber fast nirgends differenzierbar.
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
152
Mit dem folgenden Befehl wird ein typischer Pfad einer Brown'schen Bewegung mit Parameter s = 1 im Intervall
@0, 2D erzeugt. Man erkennt an Hand dieser Zeichnung, dass dieser Pfad zwar stetig ist, aber "nirgends" durch eine
Tangente approximierbar ist.
BrownscheBewegung@200D
Ort
20
15
10
5
Zeit
50
-5
-10
100
150
200
25.2 Die Verteilung eines stochastischen Prozesses
Sei T = 8Zt <tœT ein stochastischer Prozess und : W Ø EZ mit @wD = Z w die zugehörige Zufallsfunktion.
25.2.1 Definition:
a) Das W-Maß auf ET mit
@FD = @8w ˝ Z w œ F<D
heißt Verteilung von T .
b) Die Familie
8Zt ,Zt ,…,Zt ˝ n œ ; t1 , t2 , …, tn œ T paarweise veschieden<
n
1 2
heißt Familie der endlichdimensionalen Verteilungen von T .
Wir erläutern den Begriff der Familie der endlichdimensionalen Verteilungen an zwei Beispielen:
25.2.2 Beispiel: Sei + = 8Zt <tœ+ ein Poissonprozess mit Intensität l. Da ein Poissonprozess
unabhängige, poissonverteilte Zuwächse besitzt (das folgt unmittelbar aus der Konstruktionsvorschrift), gilt
für alle n œ , alle 0 = t0 < t1 < t2 < … < tn œ + und alle 0 = k0 § k1 § k2 § … § kn œ 0
Zt ,Zt ,…,Zt @k1 , k2 , …, kn D = @8Zt1 = k1 < › 8Zt2 = k2 < › … › 8Ztn = kn <D =
n
1 2
= ¤ni=1 Exp@-l Hti - ti-1 LD
Hl Hti - ti-1 LLki -ki-1
Hki - ki-1 L !
25.2.3 Beispiel: Sei + = 8Zt <tœ+ eine Brown'sche Bewegung mit Parameter s. Da eine Brown'sche
Bewegung
unabhängige,
normalverteilte
Zuwächse
besitzt,
gilt
für
alle
n œ ,
alle
0 = t0 < t1 < t2 < … < tn œ + und alle 0 = z0 , z1 , z2 , …, zn œ @z1 , z2 - z1 , …, zn - zn-1 D =
Zt ,Zt ,…,Zt @z1 , z2 , …, zn D = Zt ,Zt -Zt ,…,Zt -Zt
n
n
1 2
1 2
1
n-1
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
= ¤ni=1
153
1
2 p s2 Hti - ti-1 L
Exp@-
Hzi - zi-1 L2
2 s2 Hti - ti-1 L
D
ô
Lösung: Die Unabhängigkeit der Zufallsvariablen Zt1 , Zt2 - Zt1 , …, Ztn - Ztn-1 folgt direkt aus der Konstruktionsvorschrift. Gesucht ist daher nur noch die Verteilung von Zt - Zs mit 0 § s < t. Dazu unterteilen wir das
Intervall @s, tD in Ht - sL ê„ t Intervalle der Länge „ t. In jedem dieser Intervalle ist der Zuwachs unabhängig von den
Zuwächsen in den anderen Intervallen mit der Wahrscheinlichkeit 1 ê2 gleich
≤
s
„t
„ t = ≤s
„t
Nach dem zentralen Grenzverteilungssatz ist der Zuwachs Zt - Zs im Intervall @s, tD damit normalverteilt mit dem
Erwartungswert 0 und der Varianz
Hs - tL 2
s „ t = Hs - tL s2
„t
25.2.4 Bemerkung: Die Familie
8Zt ,Zt ,…,Zt ˝ n œ ; t1 , t2 , …, tn œ T paarweise veschieden<
n
1 2
der endlichdimensionalen Verteilungen von T erfüllt offensichtlich die beiden Verträglichkeitsbedingungen
von Kolmogorov
a) Für alle n œ , alle paarweise verschiedenen t1 , t2 , …, tn œ T und alle B1 , B2 , …, Bn-1 Œ E gilt
Zt ,Zt ,…,Zt @B1 µ B2 µ…µ Bn-1 µ ED = Zt ,Zt ,…,Zt
@B1 µ B2 µ …µ Bn-1 D
n
1 2
1 2
n-1
b) Für alle n œ , alle paarweise verschiedenen t1 , t2 , …, tn œ T, alle B1 , B2 , …, Bn Œ E und alle Permutationen p der Menge 81, 2, …, n< gilt
Z t
ABp@1D µ Bp@2D µ…µ Bp@nD E = Zt ,Zt ,…,Zt @B1 µ B2 µ…µ Bn D
,Z
,…,Zt
n
1 2
p@1D tp@2D
p@nD
Zentral für die Theorie der stochastischen Prozesse ist der folgende Satz von Kolmogorov:
25.2.5 Satz: Für alle n œ und alle paarweise verschiedenen t1 , t2 , …, tn œ T sei t1 ,t2 ,…,tn ein W-Maß auf
der Menge En . Erfüllt die Familie
8t1 ,t2 ,…,tn ˝ n œ ; t1 , t2 , …, tn œ T paarweise veschieden<
dieser W-Maßen die oben angeführten Verträglichkeitsbedingungen von Kolmogorov (man nennt eine derartige Familie eine projektive Familie), so existiert ein eindeutig bestimmtes W-Maß auf ET mit der Eigenschaft, dass für alle n œ und alle paarweise verschiedenen t1 , t2 , …, tn œ T die Beziehung
Pt ,Pt ,…,Pt = t1 ,t2 ,…,tn
n
1 2
gilt. Mit Pt bezeichnen wir dabei die Projektionsabbildung Pt : ET Ø E mit Pt @ f D = f @tD.
Dieser Satz hat einige bemerkenswerte Konsequenzen:
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
154
25.2.6 Bemerkung:
a) Die Verteilung eines stochastischen Prozesses T = 8Zt <tœT ist durch die Familie
8Zt ,Zt ,…,Zt ˝ n œ ; t1 , t2 , …, tn œ T paarweise veschieden<
n
1 2
seiner endlichdimensionalen Verteilungen bereits vollständig bestimmt. Diese Aussage ist insofern von
besonderem Interesse, da allein aus der Kenntnis, wie sich der stochastische Prozesse in jeweils endlich vielen
Zeitpunkten verhält, geschlossen werden kann, wie sich der stochastische Prozess in den (möglicherweise
sogar überabzählbar) vielen Zeitpunkten t œ T verhält.
b) Analog zu der Tatsache, wonach die Verteilung Z einer Zufallsvariablen Z bereits durch die Verteilungsfunktion Z bzw die Verteilungsdichte Z eindeutig bestimmt ist, ist die Verteilung eines stochastischen
Prozesses T = 8Zt <tœT durch die Familie
8Zt ,Zt ,…,Zt ˝ n œ ; t1 , t2 , …, tn œ T paarweise veschieden<
n
1 2
seiner endlichdimensionalen Verteilungsfunktionen bzw durch die Familie
8Zt ,Zt ,…,Zt ˝ n œ ; t1 , t2 , …, tn œ T paarweise veschieden<
n
1 2
seiner endlichdimensionalen Verteilungsdichten bereits eindeutig bestimmt. (Natürlich ist darauf zu achten,
dass die dabei erzeugte Familie von W-Maßen den Verträglichkeitsbedingungen von Kolmogorov genügt.)
Wir machen nun ein wichtiges Beispiel, bei dem die Verteilung eines stochastischen Prozesses durch Angabe der
Familie der endlichdimensionalen Verteilungen bestimmt ist. Dazu benötigen wir zuerst die
25.2.7 Definition: Die Abbildung c : T µ T Ø heißt positiv definit, wenn für alle n œ und alle paarweise
verschiedenen t1 , t2 , …, tn œ T die Matrix
c@t1 , t1 D c@t1 , t2 D … c@t1 , tn D
c@t2 , t1 D c@t2 , t2 D … c@t2 , tn D
ª
ª
∏
ª
c@tn , t1 D c@tn , t2 D … c@tn , tn D
symmetrisch und positiv definit ist (eine symmetrische Matrix heißt positiv definit, wenn alle Hauptminoren
positiv sind).
25.2.8 Beispiel: Die Abbildung c : T µT Ø sei positiv definit. Unter einem Gauß'schen Prozess mit
Kovarianzfunktion c versteht man einen rellen stochastischen Prozess T = 8Zt <tœT mit der Eigenschaft, dass
für alle n œ und alle paarweise verschiedenen t1 , t2 , …, tn œ T
c@t1 ,
c@t2 ,
Zt ,Zt ,…,Zt = @80, 0, …, 0<,
n
ª
1 2
c@tn ,
t1 D c@t1 , t2 D
t1 D c@t2 , t2 D
ª
t1 D c@tn , t2 D
… c@t1 , tn D
… c@t2 , tn D
D
∏
ª
… c@tn , tn D
gilt (die Familie dieser endlichdimensionalen Verteilungen ist auf Grund der Eigenschaften der
Multinormalverteilung offenbar konsistent).
25.2.9 Beispiel: Eine Brown'sche Bewegung + = 8Zt <tœ+ mit Parameter s ist ein Gauß'scher Prozess
mit der Kovarianzfunktion c : + µ+ mit c@s, tD = s2 Min@s, tD.
25_Stochastische_Prozesse_n.nb
155
ô
Lösung: a) Die Abbildung c : + µ+ mit c@s, tD = s2 Min@s, tD ist postiv definit. Für alle n œ und alle paarweise
verschiedenen 0 < t1 < t2 < … < tn œ + ist die Matrix
t1
Min@t1 , t1 D Min@t1 , t2 D … Min@t1 , tn D
…
t
Min@t
,
t
D
Min@t
,
t
D
Min@t
,
t
D
n
2
1
2
2
2
s2
= s2 1
∏
ª
ª
ª
ª
t1
Min@tn , t1 D Min@tn , t2 D … Min@tn , tn D
t1
t2
ª
t2
… t1
… t2
∏ ª
… tn
nämlich positiv definit. Subtrahiert man zuerst die erste Spalte dieser Matrix von allen folgenden Spalten, dann die
zweite Spalte der so entstehenden Matrix von allen folgenden Spalten dieser Matrix, …, so erhält man die Matrix
t1
0
0
t1 t2 - t1
0
s2 t1 t2 - t1 t3 - t2
ª
ª
ª
t1 t2 - t1 t3 - t2
…
…
…
0
0
0
∏
ª
… tn - tn-1
welche offenbar positiv definit ist.
b) Wir berechnen die gemeinsame Verteilungsdichte der Zufallsvariablen Zt1 , Zt2 , …, Ztn . Dabei beschränken wir
uns auf den Fall n = 2 und zeigen für alle 0 < s < t
Zs ,Zt @x, yD = Zs ,Zt -Zs @x, y - xD =
1
2 p s2 s
Exp@-
1
x2
D
2 s2 s
2 p s2 Ht - sL
Exp@-
Hy - xL2
2 s2 Ht - sL
D=
1
=
2p
1
Exp@- 8x, y<ÿS-1 ÿ8x, y<t D
2
Det@SD
Dabei haben wir zur Abkürzung S = s2 K
ss
O gesetzt und die Gleichheit mit Hilfe von Mathematica überprüft:
st
FullSimplifyBPDFAMultinormalDistributionA80, 0<, σ2 K
x2
1
ExpB−
2 π σ2 s
2 σ2 s
F
1
ExpB−
2 π σ2 Ht − sL
Assumptions −> 80 < s < t, σ > 0<F
True
s s
OE, 8x, y<E ==
s t
Hy − xL2
2 σ2 Ht − sL
F,
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