Johanniskraut, Echtes Hypericum perforatum

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Johanniskraut, Echtes
Hypericum perforatum
allem der äußerliche Einsatz des
Johanniskrautöls zur Wundheilung, so finden sich in Paracelsus
Schriften (16. Jh.) erste Berichte
über die antidepressive Wirkung,
dass nur in dieser Arznei die Kraft
und Stärke gegen die Melancholie
sei: „... und das soll ietlicher Arzt
wissen, das got ein gross arcanum
in das Kraut gelegt hat, allein von
wegen der Geister und dollen fantaseien, die den Menschen in verzweiflung bringen“. Die stimmungsaufhellende Wirkung von
Johanniskraut wurde im frühen
19. Jahrhundert schon genau dokumentiert, und doch dauerte es noch
ein weiteres Jahrhundert, bis Johanniskraut seinen heutigen Stellenwert in der „Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen“ erlangte.
An Johanni, dem Tag der Sommersonnenwende (21. Juni), wenn die
Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, sollten Pflanzen besondere Kräfte in sich bergen: Die
lebensspendende Kraft der Sonne.
Diesen Tag feierten unsere Vorfahren mit großen Feuern; die Frauen
trugen Kränze mit der „Sonnenpflanze“, dem Johanniskraut, auf
dem Kopf und tanzten um das Feuer als Zeichen der Verbundenheit
mit den Lichtkräften.
Botanisches
Geschichte
„Arnika der Nerven“, „Hexenkraut“
und „Teufelsflucht“: Was solche
Namen trägt, muss eine starke
Pflanze sein! Paracelsus (1493–
1541), Arzt, Alchemist und Naturforscher, pries einst das Hypericum:
„Ihre Tugend kann gar nicht genug
beschrieben werden. Es ist nicht
möglich, dass eine bessere Arznei
für Wunden in allen Ländern gefunden wird. Das ist ein Arcanum,
ein Universalmittel mit höchster
Wirkkraft, der sich alle beugen
müssen“. War es in der Antike vor
Johanniskraut gehört zur Familie
der Johanniskrautgewächse (Hypericaceae) mit weltweit etwa
400 Johanniskrautarten – ungefähr
60 davon sind in Europa heimisch,
11 Arten allein in Deutschland. Als
lichtliebende Pflanze ist das Echte
Johanniskraut, auch Tüpfel-Johanniskraut genannt, auf sonnendurchfluteten Wiesen und Waldlichtungen zu finden. Typische
Johanniskraut
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Merkmale sind sein zweikantiger
Stängel und etwas ganz Besonderes: Die Blättchen, gegen Licht gehalten, sehen aus wie mit einer Nadelspitze durchstochen, wie perforiert, daher der Artname
„perforatum“. In Wirklichkeit sehen
Sie winzige Drüsen mit Harz und
ätherischem Öl im Blattgewebe
eingelagert, die lichtdurchlässig
sind. Die dunklen Pünktchen auf
dem Blatt enthalten den roten Farbstoff Hypericin.
Das Echte Johanniskraut wird 50–
90 cm hoch, mit im oberen Teil
reich verzweigten Stängeln. Die
gegenständig angeordneten, 1,5–
3 cm großen Blätter der ausdauernden Staude sind eiförmig,
ganzrandig, kahl und besetzt mit
kleinen hellen und dunklen Pünktchen. Von Juni bis September stehen die Blüten in einem trugdoldigen Blütenstand, 5-zählig, und
besetzt mit schwarzroten Drüsen,
aus denen beim Zerreiben der heilkräftige rote Wirkstoff Hypericin
austritt – neben kantigem Stängel
und getüpfelten Blättern das dritte
Merkmal des echten Johanniskrauts. Die Kapselfrucht springt
bei Reife auf und enthält dunkelbraune, zylindrisch geformte
Samen.
Anbau und Ernte
Johanniskraut ist robust, winterhart und genügsam, es sät sich
auch gerne selbst aus, nur einen
sonnigen Standort und einen gut
durchlässigen Boden benötigt es.
Die Samen sind Lichtkeimer, sie
dürfen bei der Aussaat nur mit
ganz wenig oder keiner Erde bedeckt werden. Setzen Sie vorgezogene Pflänzchen mit einem Abstand von 30–40 cm in die mit etwas Algenkalk vorbereitete Erde.
Jeder warme Standort mit geringem Kadmiumgehalt im Boden ist
gut geeignet: Denn Johanniskraut
nimmt als „Akkumulatorpflanze“
Kadmium aus dem Erdreich auf
und speichert es. Sobald das Johanniskraut voll erblüht ist, ernten Sie
bei sonnigem Wetter kurz vor der
Mittagszeit. Schneiden Sie nur die
oberen blühenden Triebe ab (max.
10–20 cm), und trocknen Sie das
Kraut unzerkleinert im Schatten.
Eine Ernte der oberen 15 cm des
blühenden Krautes während der
Vollblüte verspricht Ihnen den
höchsten Hypericingehalt (der einhergeht mit einem hohen Hyperforingehalt), er ist am höchsten in
den Blüten und nimmt über die
Blätter zum Stängel hin ab. Für das
Johanniskrautöl verwenden Sie
Blüten, Knospen und junge Früchte
(ohne Stängel), die besonders hyperforinreich sind.
Wirkungen
Johanniskraut verbessert im Organismus die Lichtaufnahme und
wirkt dadurch stimmungsaufhellend, quasi als „Lichttherapie von
innen“ oder Sonne für die Seele.
Seit Jahren wird es deshalb nicht
nur als nebenwirkungsfreies Antidepressivum bei leichten und mittleren Depressionen empfohlen,
sondern auch bei der so genannten
„Winterdepression“.
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Heilpflanzen im Porträt
Medizinische Anwendung, innerlich:
Hyperici herba; äußerlich: Hyperici oleum
Inhaltsstoffe: 01–0,3 % Gesamthypericine, 2–4 %
Phloroglucinderivate (u. a. Hyperforin), 2–4 % Flavonoide, Biflavonoide, 6–15 % Gerbstoffe, wenig
Xanthone und ätherisches Öl.
Anwendung, innerlich: Depressive Verstimmungszustände, Ängste, nervöse Unruhe, Erschöpfung,
Schlafstörungen, Wetterfühligkeit, Wechseljahresbeschwerden, Migräne und Reizblase. Äußerlich:
Schnitt- und Schürfwunden, Prellungen, Verstauchungen und Verrenkungen, Verbrennungen
1. Grades, Sonnenbrand, Nervenschmerzen und
Hexenschuss. Bei verspannter Muskulatur, Gürtelrose, zur Vorbeugung gegen Wundliegen im Krankenbett, bei alten Narben und Amputationsbeschwerden und rheumatischen Beschwerden.
Ebenfalls gut geeignet zur Pflege spröder und trockener Haut.
Kommission E, innerlich: Psychovegetative Störungen, depressive Verstimmungszustände, Angst
und/oder nervöse Unruhe. Ölige Zubereitung: Dyspeptische Beschwerden (Verdauungsbeschwerden).
Äußerlich: Ölige Zubereitungen zur Behandlung
und Nachbehandlung von scharfen und stumpfen
Johanniskraut gehört zu den Heilpflanzen, bei denen die Gesamtheit
der Inhaltsstoffe für die Wirkung
verantwortlich ist. Die auffälligste
Substanzgruppe, die Hypericine,
verleihen dem Extrakt ihre rote
Färbung und intensive Fluoreszenz.
Sie wirken antiviral, außerdem
können sie photosensibilisierend
wirken, das heißt eine Überempfindlichkeit gegenüber Licht auslösen. Die Hyperforine sind für die
antidepressiven, entzündungshemmenden und antibakteriellen Eigenschaften wichtig. Die Flavonoide wirken entzündungshemmend
und das ätherische Öl gilt als das
„beruhigende Prinzip“, dem Hopfen ähnlich. Johanniskraut verfügt
über ähnliche molekulare Wirkmechanismen wie synthetische Antidepressiva, die die Wiederaufnahme von Nervenbotenstoffen wie
Serotonin, Noradrenalin und Dopamin hemmen, es treten jedoch
Verletzungen, Verbrennungen 1. Grades, Behandlung und Nachbehandlung von Myalgien (Muskelschmerzen).
Tagesdosis: 2–4 g Droge oder 0,2–1,0 mg Gesamthypericin. Bei einer diagnostizierten Depression
900 mg Gesamtextrakt pro Tag, bei leichteren depressiven Verstimmungen oder Winterdepression
300–600 mg 3–6 Monate lang einnehmen und im
Winter möglichst nicht absetzen (Lichtmangel !).
Nebenwirkungen: Photosensibilisierung ist möglich (aber äußerst selten !), insbesondere bei hellhäutigen Personen. Intensive Sonnenbestrahlung
sollte während der Anwendungszeit unterlassen
werden, erhöhter Sonnenschutz ist erforderlich.
Wechselwirkungen: Bei gleichzeitiger Anwendung
von blutgerinnungshemmenden Mitteln oder bestimmten Antibiotika (ärztlich abklären !). Das gilt
für standardisierte Fertigpräparate bei einer Tagesdosis von 900 mg Gesamtextrakt. Neue Studien
weisen darauf hin, dass Wechselwirkungen dosisabhängig sind und daher bei den traditionell relativ
niedrigen Dosierungen nicht beobachtet werden
konnten.
Gegenanzeigen: Keinesfalls anwenden bei
schweren, körperlich ausgelösten (endogenen)
Depressionen.
kaum Nebenwirkungen dabei auf.
Praxisstudien haben auch ergeben,
dass Johanniskraut nicht nur die
psychischen Symptome, sondern
auch die körperlichen Begleitsymptome deutlich reduziert, zum Beispiel chronische Rückenschmerzen,
Kopfschmerzen, Müdigkeit, Magenoder Herzbeschwerden.
In der Volksheilkunde wird Johanniskrauttee neben der Behandlung
von Stimmungsschwankungen
schon lange als Tonikum zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und als
Stärkungsmittel bei Schwächezuständen und in der Rekonvaleszenz
empfohlen. Außerdem verwendet
man es bei leichteren Durchfallerkrankungen, bei Bettnässen und
zur Mundspülung bei Mundschleimhautentzündung.
Dass es traditionell bei äußerlicher
Anwendung ein hervorragendes
Wundheilmittel ist, beschrieb
schon Paracelsus: „Kein Kraut ist in
allen Ländern zu finden, das in
Heilung der Wunden diesem beykomme“.
Johanniskraut ist in jeder Hinsicht
ein „Nervenmittel“, sowohl innerlich bei Depressionen als auch äußerlich bei Nervenreizungen wie
Hexenschuss, Schmerzen im Bereich des Ischias-Nerven (Ischialgie), Rheuma und Gicht, und zwar
als Einreibungen mit Johanniskrautöl; es lindert mit überraschendem Erfolg die Schmerzen. Für die
Wirkung werden die wundheilungsfördernden Gerbstoffe sowie
das antibakteriell wirkende Hyperforin im Johanniskraut verantwortlich gemacht, aufgrund seines hohen Flavonoidgehaltes hemmt es
Entzündungen. Johanniskrautöl,
wegen seiner rubinroten Farbe
auch „Rotöl“ genannt wirkt durchblutungsfördernd, schmerzlindernd
und entspannend. Äußerlich wird
das „Rotöl“ bei Gürtelrose, Verlet-
Johanniskraut
zungen, Muskelverspannungen
und Verbrennungen 1. Grades eingesetzt, innerlich bei Reizmagen
und zur Ausheilung von MagenDarm-Geschwüren.
Tee & mehr
Johanniskrauttee
1–2 TL (2–4 g) Johanniskraut mit
150 ml kochendem Wasser übergießen und 7 Minuten ziehen lassen. 2–5 Monate lang 2- bis 3-mal
täglich 1–2 Tassen trinken.
Teemischungen
Tee gegen Wetterfühligkeit
(Aufguss)
Je 20 g Johannis-, Schafgarbenund Passionsblumenkraut, Melissenblätter und Lavendelblüten.
7 Minuten ziehen lassen. Bei Bedarf 3-mal täglich 1 Tasse trinken.
Tee gegen Wechseljahresbeschwerden (Aufguss)
Je 20 g Kraut von Johanniskraut,
Weißdorn und Schafgarbe, Blätter
von Löwenzahn, Melisse und Salbei, sowie Hopfenzapfen. 7 Minuten ziehen lassen. 6 Wochen lang
3-mal täglich 1 Tasse lauwarm trin-
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ken; nach einer 6- bis 12-wöchigen
Pause erneut.
Weitere Zubereitungen
Johanniskrautöl (Rotöl)
Füllen Sie ein sauberes Glas locker
mit frisch geöffneten Blüten, Knospen und jungen Früchten und übergießen Sie sie mit einem guten,
kalt gepressten Olivenöl. Setzen
Sie die Mischung eine Woche lang
unverschlossen der Sonne aus, nur
mit einer Kompresse bedeckt, damit die Feuchtigkeit entweichen
kann. Danach verschließen Sie das
Glas und lassen es weitere 5 Wochen in der Sonne stehen, wenn
möglich draußen, bis der Inhalt
eine rubinrot leuchtende Farbe angenommen hat. Das rote Öl gießen
Sie vorsichtig durch einen Teefilter oder Stoffsieb ab; nehmen Sie
kein grobes Sieb, das die Staubgefäße durchlässt; diese kratzen
auf der Haut ! Füllen Sie das Öl in
kleine dunkle Fläschchen (100–
200 ml) und bewahren Sie es kühl
auf. Es ist 1 Jahr haltbar und kann
äußerlich und innerlich angewendet werden: Bei Gürtelrose können Sie ein mit Johanniskrautöl
getränktes Läppchen auflegen
oder die betroffenen Stellen behutsam damit abtupfen. Innerlich angewendet hilft „Rotöl“ bei Reizmagen oder zur Ausheilung von Magen-Darm-Geschwüren (mehrere
Wochen lang 3-mal täglich 1 TL
einnehmen).
Johanniskrauttinktur
Blühende Triebspitzen in ein helles
Schraubglas geben und mit Alkohol
(45%) übergießen. 4 Wochen an
der Sonne stehen lassen, abgießen
und in dunkle Tropffläschchen füllen. 2–3 Monate lang 3-mal täglich
20 Tropfen vor den Mahlzeiten einnehmen.
Schlafkissen
Eine Baumwollhülle (15 × 15 cm
für etwa 150 g Kräuter) innen mit
Rohwolle auskleiden und mit einer
Kräutermischung aus getrockneten
Pflanzen mit beruhigender Wirkung auffüllen: Je 3 Teile Johanniskraut, Melissenblätter, Hopfenzapfen und je 1 Teil Honigklee- und
Beifußkraut und Lavendelblüten.
Neues Wissen
Hyperforin ähnelt in gewissen
Anteilen bekannten Antibiotika.
In Studien wurde der Einfluss von
Hyperforin auf das Wachstum verschiedener Bakterien untersucht.
Während bei bestimmten Bakterien
und dem Pilz Candida albicans kein
nachweisbarer Effekt festgestellt
wurde, wurden andere Bakteriengruppen, darunter der gefährliche
Staphylokokkus aureus, deutlich in
ihrem Wachstum gehemmt.
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