Der Tod Offener Sternhaufen 2000 Lichtjahre 30 Bogensekunden Gesteinsproben von Phobos Russland möchte nach langer Pause wieder ein Raumsondenprogramm zur Erforschung des Sonnensystems auflegen. Als erstes Projekt auf der Liste steht die Raumsonde PHOBOS-GRUNT, deren Vorstudien noch zu sowjetischer Zeit begannen. Der Missionsplan sieht vor, im Verlaufe des Fluges etwa 200 Gramm Gesteinsproben vom Marsmond Phobos zur Erde zu transportieren. Die zwei Tonnen schwere Raumsonde soll sich schon im Oktober 2009 an Bord einer SOJUS-Rakete auf den Weg machen und nach elf Monaten Flug zunächst in eine Marsumlaufbahn einschwenken. Nach einigen Wochen nähert sich PHOBOS-GRUNT dann dem Marsmond an, erkundet ihn aus der Nähe und sucht nach einem geeigneten Landeplatz. Ist dieser gefunden, manövriert sich die 12 STERNE UND WELTRAUM Sonde dicht an Phobos heran und setzt sanft auf. Um bei der schwachen Schwerkraft von Phobos (nur ein zehntausendstel der Erdschwerkraft) nicht gleich wieder ins All zu treiben, schießt die Sonde Harpunen zur Verankerung in den Mondboden. Wenn sie sicher vertäut ist, wird der Landeplatz mit mehr als 20 wissenschaftlichen Geräten erkundet. Unter anderem setzt die Sonde einen Kernbohrer ein, der bis einen Meter tief in den Phobosboden eindringt. Nachdem die Proben gesammelt sind, werden sie im Probenbehälter der Rückkehrsonde verstaut. Bald darauf startet diese mit einem kurzen Raketenschub und verlässt danach die Marsumlaufbahn in Richtung Erde, wo sie schließlich nach elf Monaten Flugzeit eintrifft. (Lavochkin/TA) Juni 2007 Eine Forschergruppe um Anne Pellerin am Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore untersuchte mit dem Weltraumteleskop HUBBLE die Galaxie NGC 1313 im südlichen Sternbild Netz (Reticulum). Das Team bestimmte die Verteilung massereicher Sterne des Spektraltyps B in dieser Galaxie, um daraus Rückschlüsse auf die Lebensdauer von Offenen Sternhaufen zu ziehen. Dabei stellte sich heraus, dass die B-Sterne fast homogen über NGC 1313 verteilt sind und sich nicht in der Nähe von kompakten Offenen Sternhaufen befinden. Dies ist überraschend, da diese Sterne nur eine recht kurze Lebensdauer von wenigen zehn Millionen Jahren aufweisen, bevor sie als Supernovae explodieren. Offenbar zerfallen Offene Sternhaufen recht schnell, wahrscheinlich in weniger als 25 Millionen Jahren. Ihr Zerfall wird durch Schwerkraftwechselwirkungen mit benachbarten Sternen verursacht, die mit ihrer Schwerkraft Sterne aus dem Haufen herausziehen und auf andere Umlaufbahnen um das galaktische Zentrum bringen. Eine weitere Beobachtung des Teams stützt diese Vorstellung, denn gleichzeitig wurde nach den noch massereicheren Sternen der Spektralklasse O gesucht. Diese haben eine so kurze Lebensdauer (wenige Millionen Jahre), dass sie bereits als Supernova vergehen, bevor sie sich vom Sternhaufen ihrer Geburt entfernen konnten. Sie fanden sich tatsächlich nur in der Nähe aktiver Sternentstehungsgebiete. Die von ihnen verursachten Supernovaexplosionen blasen durch die Strahlung und die enormen Stoßwellen Gas und Staub aus dem Sternhaufen heraus und senken dabei seine Masse drastisch. Damit verliert der Sternhaufen sehr rasch den durch die Schwerkraft seiner Sterne und Gaswolken aufrechterhaltenen inneren Zusammenhang. Acht neue Nachbarn ... ...des Milchstraßensystems stellten Vasily Belokurov et al. von der Universität Cambridge auf der Tagung der American Astronomical Society (AAS) in Seattle (USA) vor. Es handelt sich um Zwerggalaxien des Typs dSph, von denen sieben gravitativ an unsere Galaxis gebunden sind. Die acht Galaxien wurden in den vergangenen Monaten in einem vom Sloan Digital Sky Survey (SDSS) erfassten Bereich rund um den Galaktischen Nordpol entdeckt. Von den sieben Zwerggalaxien fanden sich zwei in den Jagdhunden und je eine im Bärenhüter, im Löwen, im Haar der Berenike, im Großen Bären und im Herkules. Ihre Durchmesser liegen unterhalb von 2000 Lichtjahren. Die Massen betragen nach den Berechnungen des Astronomenteams zwischen 10 000 Caltech NASA/ESA/Anne Pellerin VON TILMANN ALTHAUS B RE N N P U N K T N und 100 000 Sonnenmassen. Sie sind Überreste aus der Entstehungsphase des Milchstraßensystems. Ihre Tage sind jedoch gezählt, denn sie werden durch das galaktische Schwerefeld förmlich auseinandergerissen. Die Kleingalaxie im Großen Bären ist bereits in zwei Teile auseinandergebrochen, und auch andere zeigen bereits ungewöhnliche, durch Schwereeinwirkungen hervorgerufene Strukturen. Die achte Galaxie, NASA-GSFC Der Mond passiert die Sonne Ein besonderes Ereignis beobachtete die amerikanische Sonnensonde STEREO–B am 25. Februar 2007: den Durchgang unseres Mondes vor der Sonnenscheibe. Zum Zeitpunkt der Aufnahme befand sich STEREO-B rund 1.6 Millionen Kilometer vom Mond entfernt. Darum erschien er 4.4 mal kleiner als von der Erde aus betrachtet und deckte so nur einen kleinen Teil der hier im extremen Ultravioletten aufgenommenen Sonnenscheibe ab. Vom Erdboden aus gesehen wäre es dagegen bei dieser Konstellation zu einer Sonnenfinsternis gekommen, da uns die scheinbaren Durchmesser von Sonne und Mond nahezu gleich groß erscheinen. Der Mondtransit wurde nicht zufällig aufgenommen. Bereits kurz nach dem Start der beiden Sonden STE- www.wissenschaft-schulen.de REO-A und -B im Dezember 2006 planten Wissenschaftler der NASA, den Monddurchgang zur Überprüfung der Fokuslage der wissenschaftlichen Instrumente Sun Earth Connection Coronal and Heliospheric Investigation (SECCHI), Extreme UltraViolet Imager (LIMSAL) und SECCHI HI (Heliospheric Imager) zu nutzen und die Geräte damit zu kalibrieren. Die Bilder entstanden zwischen 7:56 und 19:57 Uhr MEZ. Im April 2007 stellte die NASA die ersten dreidimensionalen Bilder der Sonne vor, die von beiden Stereo-Sonden aufgenommen wurden. Sie lassen sich als so genannte Anaglyphenbilder mit einer Rot-Grün-Brille betrachten und finden sich im Internet unter: www.nasa.gov/mission_pages/stereo/main/index.html Leo T, ist von völlig anderem Kaliber: Sie steht 1.4 Millionen Lichtjahre tief im Raum und ist somit eigentlich keine Satellitengalaxie der Milchstraße mehr. Sie gehört aber immer noch zur Lokalen Gruppe. Sie beherbergt offenbar wenigstens zwei verschiedene Sterntypen, sowohl sehr alte als auch sehr junge Sterne, sowie einen gewissen Prozentsatz an gasförmiger Materie. Aus dieser bildeten sich wohl die jüngeren Sterne, und es entstehen auch heute noch neue. Die Wissenschaftler hoffen, mit Hilfe des SDSS weitere schwache Begleiter des Milchstraßensystems entdecken zu können. Zwischen 1938 und 1994 wurden insgesamt neun Zwerggalaxien gefunden, mit den Daten des SDSS wurde nun ihre Zahl innerhalb von nur zwei Jahren fast verdoppelt. M. H. Die amerikanische Raumsonde MARS RECONNAISSANCE ORBITER (MRO) kartiert seit September 2006 die Oberfläche des Roten Planeten. Die dabei gewonnenen bestechend scharfen Aufnahmen dienen zurzeit vor allem der Suche nach geeigneten Landeplätzen für die NASA-Sonde PHOENIX. Diese soll im August 2007 mit einer DELTA-II-Rakete von Cape Canaveral in Florida starten und am 18. Mai 2008 in der nördlichen Polarregion des Mars weich aufsetzen. PHOENIX ist die erste der so genannten SCOUT-Missionen, die eine besonders preiswerte Serie von Raumsonden der NASA darstellt. Die Sonde soll mit einem Roboterarm rund dreißig Zentimeter tief in den Permafrostboden des Mars eindringen und dabei nach Wasser und anderen flüchtigen Stoffen suchen. NASA/University of Arizona Auf der Suche nach Landeplätzen für PHOENIX MRO erkundet auch die bisher vorgesehenen Landeplätze im Detail, um festzustellen, ob sie sich für die geplante Mission überhaupt eignen. Sie dürfen nicht zu steil abfallen und zu viel grobes Geröll enthalten. Einige der bisher vorgesehenen Landeplätze erwiesen sich schon als zu rauh für PHOENIX, sodass nun nach neuen besser geeigneten Regionen gesucht wird. M. H. STERNE UND WELTRAUM Juni 2007 13 ATF beobachtet Saturn ESO Das Projekt »Atacama Large Millimeter Array (ALMA)« ist wieder einen wichtigen Schritt weiter gekommen: Am 2. März 2007 beobachteten die beiden Zwölf-Meter-Antennen der ALMA Test Facility (ATF) in Socorro (New Mexico) den Planeten Saturn bei der Frequenz 104 Gigahertz. Die Radiowellen stammen von der Oberfläche des –150 Grad Celsius kalten Ringplaneten. Dabei gelang es erstmals, die beiden Antennen zu einem 14 STERNE UND WELTRAUM Interferometer zusammenzuschalten und Interferenzstreifen eines astronomischen Objekts aufzunehmen. Beide Antennen in New Mexico sind reine Prototypen zur Erprobung des Konzepts, denn wie der Name schon andeutet, soll ALMA selbst in der Atacama-Wüste im nördlichen Chile errichtet werden. Diese Region gehört zu den trockensten unserer Erde, sodass die Beobachtungen von ALMA kaum durch den Wasserdampfgehalt unserer Atmosphäre beeinträchtigt werden. ALMA wird im Endausbau im Jahre 2012 aus 66 Einzelantennen bestehen, die zu einem leistungsstarken Interferometer zusammengeschaltet werden. Mit der gelungenen Zusammenschaltung der beiden Testantennen wurde bewiesen, dass das Konzept wie erhofft funktioniert. Juni 2007 Die beiden Exoplaneten HD 209458b und HD 189733b enthalten in ihren Atmosphären große Mengen an Silikatstaub, die dort sehr dichte Wolken bilden. Das Weltraumteleskop SPITZER beobachtete die beiden Exoplaneten im Infraroten, um mehr über ihre chemische Zusammensetzung herauszufinden. Beide Planeten sind so genannte Heiße Jupiter und umrunden ihre sonnenähnlichen Muttersterne in sehr geringem Abstand. Daher liegen ihre Oberflächentemperaturen im Bereich von 1000 Grad Celsius. In ihrer Größe und Masse ähneln sie sehr dem Planeten Jupiter in unserem Sonnensystem und sollten ihm auch in der chemischen Zusammensetzung gleichen. Das Forscherteam um Jeremy Richardson vom Goddard Space Flight Center der NASA untersuchte HD 209458b, während eine Gruppe um Mark Swain vom Jet Propulsion Laboratory sich HD 189733b annahm. Beide Teams verwendeten das gleiche Messverfahren und kamen bei den weit voneinander entfernten Exoplaneten zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Bereits im Jahre 2005 konnten mit SPITZER bei HD 209458b die Elemente Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff und Natrium in der Atmosphäre nachgewiesen werden. Gleichzeitig beobachtete man, dass dieser Exoplanet aufgrund der großen Hitze pro Sekunde etwa 10 000 Tonnen Wasserstoff verliert. Nun gelang es aber erstmals, auch Verbindungen aus mehreren Atomen, also Moleküle, bei Exoplaneten nachzuweisen. Neben den stark dominanten Silikatmineralen ließen sich auch Spuren von Wasserdampf in den Atmosphären nachweisen. Sie bestätigten damit die bisherigen theoretischen Vorhersagen und Modelle der chemischen Zusammensetzung von Exoplaneten des Typs »Heiße Jupiter«. Rätselhafter Gasstreifen Bei einer Beobachtung des Koma-Galaxienhaufens im Sternbild Haar der Berenike (Coma Berenices) stieß eine Forschergruppe um Masafumi Yagi vom Nationalen Optischen Observatorium von Japan (NAOJ) auf einen eigenartigen Strich am Himmel. Er befindet sich in der Nähe der 300 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie D 100. Der Strich entpuppte sich als ein Streifen ionisierten Wasserstoffs und ist etwa 200 000 Lichtjahre lang, aber nur 6000 Lichtjahre breit. Ein derart langer und eng begrenzter Gasstrom war bislang nicht bekannt. Untersuchungen mit der SUPRIMECAM des 8.2-Meter-Teleskops SUBARU auf dem Mauna Kea, Hawaii, zeigten, dass sich der Gasstreifen in derselben Entfernung wie die Galaxie D 100 befindet und offen- SUBARU/NAOJ NASA/JPL-Caltech/T. Pyle Staubige Exoplaneten bar von ihr ausgeht. Schon seit langem sind bei aktiven Galaxien so genannte Jets bekannt, die durch ein extrem massereiches Schwarzes Loch im Zentrum erzeugt werden. Allerdings besitzt D 100 keinen aktiven Kern. Daher ist die Entstehung dieses Gasstreifens rätselhaft. Möglicherweise entstand er während einer Phase intensiver Sternentstehung vor 250 Millionen Jahren, als D 100 mit einigen Nachbargalaxien im Koma-Haufen in Wechselwirkung stand. 40 000 Lichtjahre ESO 1.6 Bogenminuten Eine Rose in der Jungfrau Dieser purpurfarbene Sternenwirbel ist die Spiralgalaxie NGC 5584 im Sternbild Jungfrau. Schön zu erkennen sind zwei dominante Spiralarme, die direkt vom Zentrum ausgehen. In ihnen befinden sich Tausende bis Millionen junger, massereicher Sterne. Schon nach wenigen Millionen Jahren blähen sich die massereichsten von ihnen zu Roten Riesen auf. In diesem Bild ist ein sterbender Stern zu sehen (Pfeil), es ist die Supernova SN 2007af. Sie wurde am 1. März 2007 von dem japanischen Amateurastronomen Koichi Itagaki entdeckt. Es handelt sich um eine Supernova vom Typ Ia. Diese entstehen in engen Doppelsternsystemen, in denen eine Komponente ein Weißer Zwerg ist. Dieser kann durch seine Schwerkraft seinem Begleiter Materie entreißen, wodurch seine Masse langsam aber stetig anwächst. Überschreitet die Masse des Weißen Zwergs rund 1.4 Sonnenmassen, so kann die entartete Materie (überwiegend Kohlenstoff) im Kern den dort herrschenden Druck- und Temperaturbedingungen nicht mehr standhalten. Schlagartig setzen Kernfusionsreaktionen ein, und der ganze Himmelskörper vergeht in einer gigantischen thermonuklearen Explosion. Dabei wird so viel Energie freigesetzt, dass der explodierende Stern so hell wie die gesamte Galaxie mit ihren mehr als hundert Milliarden Sternen leuchtet. Im November 2006 verlor die US-Raumfahrtbehörde NASA den Kontakt zu ihrer überaus erfolgreichen Raumsonde MARS GLOBAL SURVEYOR (MGS). Die Ursache für den Verlust war ein Batterieausfall, ausgelöst durch eine »komplizierte Abfolge von Ereignissen«, die wiederum durch eine Softwarepanne hervorgerufen wurde. Dies geht aus einem vorläufigen Untersuchungsbericht hervor, den die NASA am 13. April veröffentlichte. Am 2. November 2006 verlor die NASA den Kontakt, als MARS GLOBAL SURVEYOR ihre Solarzellenausleger neu ausrichten sollte. Eigentlich ein Routinevorgang. Doch eine Reihe von Alarmsignalen war das letzte, was die Sonde übermittelte. Offenbar hatte sich MARS GLOBAL SURVEYOR da- nach so gedreht, dass eine der beiden Bordbatterien der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt war. Die Folge: Die Batterie überhitzte sich, was innerhalb weniger Stunden zum Ausfall der gesamten Stromversorgung führte. Wegen einer Missweisung der Richtantenne konnte die Raumsonde ihren prekären Zustand nicht an die Bodenkontrolle übermitteln und über die Notfall-Rundstrahlantennen wurde kein Signal ausgesendet. Ohne irdische Hilfe aber war das Schicksal der Sonde besiegelt. Denn ihr automatisches Sicherheitsprogramm an Bord sah keine Mechanismen vor, die ihre Ausrichtung auf thermische Stabilität überwachte. Die Fehlerkette hatte offenbar ein falscher Computerbefehl NASA/JPL MARS GLOBAL SURVEYOR: Verlust durch Softwarepanne ausgelöst, der bereits fünf Monate vor dem Versagen der Sonde an diese übermittelt worden war. Der Untersuchungsausschuss der NASA bereitet nun Empfehlungen vor, die ähnliche Pannen bei anderen Missionen verhindern sollen. Insbesondere sollen alle nicht-routinemäßigen Veränderungen der Bordprogramme im Vorfeld intensiver auf ihre Folgen überprüft werden. U. R. STERNE UND WELTRAUM Juni 2007 15