Sexsucht: Patienten sind meist schwer traumatisiert und werden

Werbung
Psychologie aktuell: Sexsucht: Patienten sind meist schwer traumatisiert und werden selten optimal therapiert
22-09-14
Sexsucht: Patienten sind meist schwer traumatisiert und werden selten optimal therapiert
Etwa fünf Prozent der Bevölkerung leiden zeitweise unter Sexsucht. Männer sind drei- bis
viermal häufiger betroffen als Frauen. Bei Männern ist die Krankheit häufig mit
Substanzabhängigkeit, bei Frauen oft mit Essstörungen kombiniert, berichten Dr. Christiane
Eichenberg und Dr. Felicitas Auersperg im Lehrbuch "Psychologie in der Gynäkologie". Die
Neuerscheinung wurde am Montag zum Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
in Bochum vorgestellt.
Aus Sicht der Biologie kann ein besonders stark ausgeprägter Sexualtrieb die Krankheit auslösen.
Dies betrifft insbesondere Männer, die physiologisch in der Amygdala eher stark erregbar sind und
gleichzeitig über wenige hemmende Mechanismen des präfrontalen Cortex verfügen. Diese erhöhte
Verletzlichkeit lässt sich über das Belohnungssystem erklären und macht die Kombination mit Alkoholoder Drogenabhängigkeit verständlich.
"Negative Bindungserfahrungen können zu einem Abblocken von Intimität in Beziehungen und zu
einer Entkopplung von sexueller Lust oder Beziehungsbedürfnis führen." Psychische, oft auch
gewalttätige, u.U. sexuelle Traumatisierungen stehen bei Frauen fast immer im Hintergrund der
Sexsucht. Für alle Suchtformen gilt, dass die Mehrheit der Betroffenen in ihrer Kindheit, Jugend oder
in späteren Jahren schwer misshandelt worden sind.
Nach Einschätzung von Eichenberg und Auersperg wird Sexsucht nur in den wenigsten Fällen optimal
behandelt. Betroffene wie Therapeuten tabuisieren das Tema häufig und stellen die Stoffabhängigkeit
- Alkohol, Drogen, Essen - in den Vordergrund. Die Hoffnung, mit der erfolgreichen Behandlung der
anderen Süchte auch die Sexsucht automatisch mitzutherapieren, halten die Wissenschaftlerinnen für
einen Trugschluss. Sie empfehlen Behandlungen mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen und
warnen dringend davor, moralische Urteile anklingen zu lassen.
Johannes Bitzer, Hans-Wolfgang Hoefert (Hrsg.) Psychologie in der Gynäkologie
Pabst 2014, 372 Seiten, ISBN 978-3-89967-985-4
Seite 1 von 1
Herunterladen