Rebvirosen in Rheinland-Pfalz

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Rebvirosen in Rheinland-Pfalz
Dr. Ulrike Ipach, DLR – Rheinpfalz, Neustadt/W.
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Erreger und Schadwirkung
Viren nehmen eine Mittelstellung zwischen toter Materie und Lebewesen ein. Im Gegensatz zu Lebewesen haben sie keinen eigenen Stoffwechsel und können nicht wachsen. Eine Abgrenzung zur toten Materie ist jedoch dadurch gegeben, dass sie sich mit
Hilfe anderer Lebewesen vermehren können. Insofern können sie als eine Vorstufe des
Lebens bewertet werden. Viren zwingen die Pflanzen, viruseigenes statt pflanzeneigenes Eiweiß zu produzieren. Diese Umprogrammierung der Pflanze stört in der Regel
deren Stoffwechsel in ganz erheblichem Maße und es kommt zu den beobachteten
Krankheitserscheinungen. Diese wiederum führen zum Leistungsabfall der Rebe.
Weltweit wurden mittlerweile 47 verschiedene Viren aus Reben isoliert, die aber nicht
alle in Deutschland vorkommen. Die wirtschaftlich wichtigsten Rebvirosen im deutschen
Weinbau sind der Komplex der Reisigkrankheit und die Blattrollkrankheit. Alle Viruskrankheiten werden durch Pfropfung übertragen.
Die Reisigkrankheit
Die Reisigkrankheit ist in den deutschen Anbaugebieten die mit Abstand wichtigste Viruskrankheit der Rebe und verursacht bedeutende wirtschaftliche Schäden. Die Erreger
gehören zur Gattung Nepovirus (nematodenübertragbare Viren mit Polyederstruktur).
Die am häufigsten in reisigkranken Reben nachgewiesenen Viren sind:
• Reisig-Virus (Grapevine fanleaf virus, GFLV, fanleaf = „Fächerblatt“)
• Arabismosaik-Virus (ArMV)
• Himbeerringflecken-Virus, cherry-Stamm (Raspberry ringspot virus, RpRSV-ch)
Seltener und auf bestimmte Gebiete beschränkt sind das Himbeerringflecken-Virus,
grapevine-Stamm (RpRSV-g), das Tomatenschwarzringflecken-Virus (ToBRV) und
das Latente Erdbeerringflecken-Virus (SLRV).
Symptome:
Die Symptomausprägung variiert in Abhängigkeit von der Rebsorte, dem jeweiligen Virus und dem Krankheitsstadium. Der Krankheitsverlauf ist in der Regel schleichend, d.h.
in den ersten Jahren nach der Infektion sind die Symptome entweder noch nicht sichtbar oder nur schwach ausgeprägt. Wichtige Symptome sind u.a.: Schwachwüchsigkeit
bis hin zu Kümmerwuchs, Besenwuchs, Verbänderungen, Kurzinternodien, Doppelknoten, fehlende oder verstärkte Blattlappung, asymmetrische Verbildung der Blätter, Raffung der Hauptadern (Fächerblatt), Gelbverfärbung verschiedenster Art (= infektiöse
Panaschüre, Abb. 1), Verrieseln der Gescheine, Jungfernfrüchtigkeit. Die Rebsorte
Kerner reagiert in besonderer Weise auf Befall durch das Arabismosaik-Virus mit
Absterbeerscheinungen (Kernerkrankheit).
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Abb. 1: infektiöse Panaschüre durch das
Grapevine fanleaf virus
Abb. 2: Kernerkrankheit, hervorgerufen durch Arabismosaik-Virus
Fotos: DLR Rheinpfalz, Neustadt/W.
Übertragung
Die Reisigkrankheit wird durch bodenbewohnende Nematoden (Fadenwürmer) der
Gattungen Xiphinema, Longidorus und Paralongidorus übertragen. Außerdem ist sie
pfropfübertragbar und kann daher durch Verwendung virusinfizierter Veredlungspartner bei der Pfropfrebenherstellung übertragen werden. Durch den Rebschnitt werden
keine dieser Viren übertragen!
wirtschaftliche Bedeutung
Alle Europäer- und Amerikanerreben sowie die Hybriden werden befallen. Je nach
Rebsorte, vorhandener Virusart und Jahr sind Ertragsverluste von mehr als 50 % möglich, unter Umständen kann es zu einem leichten Qualitätsanstieg kommen. Virusverseuchte Weinberge haben eine verkürzte Nutzungsdauer und somit eine verringerte
Rentabilität.
Die Blattrollkrankheit
Die Erreger der Blattrollkrankheit werden den Gattungen Closterovirus (griech. Closter
= Faden, Spindel) und Ampelovirus (griech. Ampelos = Rebe) zugeordnet. Weltweit
wurden mittlerweile 9 verschiedene diese Krankheit verursachende Viren gefunden,
bezeichnet werden sie als Grapevine leaf roll associated virus (GLRaV, engl. leaf roll =
Blattrollen) und durchnummeriert. Im deutschen Weinbau wurden bis jetzt die beiden
Viren GLRaV-1 und –3 gefunden, wobei aber GLRaV-1 eindeutig stärker verbreitet ist.
Symptome:
Auffälligstes Symptom ist das starke Blattrollen. Unter den bei uns herrschenden
Klimabedingungen rollen sich etwa ab Ende Juli, beginnend an der Basis der Triebe,
die Blätter zur Blattunterseite hin ein. Gleichzeitig setzt eine verfrühte Herbstverfärbung
ein, die Blattadern bleiben jedoch grün (Abb. 3). Wuchsschwäche tritt oft erst einige
Jahre nach der Infektion auf. Die Pflanzen zeigen eine erhöhte Blütenempfindlichkeit.
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Deutliche Symptome zeigen die
Burgunderarten, Silvaner, MüllerThurgau und Portugieser. Alle Ertragssorten und Unterlagsreben
können infiziert werden, wobei
Unterlagsreben selten Symptome
ausprägen. Die Stärke der Symptomausprägung scheint außerdem
von der Art des infizierenden Blattrollvirus abzuhängen.
Abb. 3: Blattrollkrankheit an Spätburgunder
Übertragung
Als Überträger der Blattrollviren GLRaV-1 und –3 in Bestand wurden verschiedene
Schmier- und Schildlausarten nachgewiesen. Bisher ist man davon ausgegangen,
dass diese Art der Übertragung für die deutschen Weinbaugebiete keine Rolle spielt. In
jüngster Zeit scheint sich die Blattrollkrankheit jedoch auch bei uns auszudehnen. Erste
Untersuchungen ergaben, dass in einigen dieser Anlagen Schildlausarten vorkommen,
von denen man weiß, dass sie Blattrollviren übertragen können.
Blattrollviren werden nicht durch Nematoden, sind aber ebenso wie die Viren des
Reisigkrankheitskomplexes pfropfübertragbar und werden ebenfalls nicht durch den
Rebschnitt übertragen.
wirtschaftliche Bedeutung
Die verminderte Wüchsigkeit führt zu einer geringeren Nutzungsdauer und Rentabilität
der kranken Anlagen. Durch die verfrüht einsetzende Herbstverfärbung ist die Assimiliationsleistung infizierter Reben herabgesetzt, was die Reife verzögern bzw. zu einem
geringeren Mostgewicht führen kann. Erhöhte Blütenempfindlichkeit kann zu Ertragsminderungen in Abhängigkeit von Jahr, Sorte und Befallsgrad führen.
Bekämpfung der Viruskrankheiten
Da keine direkten Bekämpfungsmöglichkeiten bestehen, bleibt deshalb nur die indirekte
Bekämpfung (Gesundheitsselektion) in Form von
• Ausschalten der Überträger
• sorgfältige Kontrolle der Vermehrungsbestände
• Verwendung von gesundem Pflanzgut.
Weitere Informationen zu Nematoden und der Gesundheitsselektion finden Sie in der
Homepage des DLR Rheinpfalz, Phytomedizin. Die Dateien sind dort auch im pdfFormat zum Herunterladen (s. Download) verfügbar!
aktualisiert am 08.01.2015
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