Apfelblütenstecher und Schorf auf der Lauer

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OBSTBAU
BWagrar 9 . 2016
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PRODUKTION + TECHNIK
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Apfelblütenstecher und Schorf auf der Lauer
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Der Apfelblütenstecher macht nur bei hohem Aufkommen und gleichzeitig geringem Blütenansatz Probleme. Doch taucht
er einmal in einer Anlage in größerer Zahl
auf, kann sich ein Befall von Jahr zu Jahr
schnell mal nach oben schaukeln. Beim
Schorf dagegen heißt es von Beginn an
auf der Hut zu sein.
Z
ur Überwachung der Einwanderung und
der Befallsstärke des Apfelblütenstechers
erfolgen ab Knospenaufbruch Klopfproben
und Lupenkontrollen. Im Labor werden Knospen auf Eiablagen untersucht. Diese Beobachtungen sind Basis für die Terminierung der
Bekämpfungsempfehlung im Warndienst. Je
nach Vorjahresbefall, der Einschätzung der
Blühstärke und eigener Kontrollen kann der
Praktiker über Behandlungen entscheiden.
Der etwa vier Millimeter große, schwarzgraue Rüsselkäfer ist an der hellen, U-förmigen Binde am Hinterrand der Deckflügel zu
erkennen. Er überwintert überwiegend in
Verstecken außerhalb der Obstanlage. Bei Tagestemperaturen um 15 °C beginnt die Einwanderung. Mit Knospenaufbruch wird der
Reifungsfraß in Form nadelstichartiger Verletzungen am jungen Grün der Blütenknospe
sichtbar. Ab Mausohrstadium beginnt die Eiablage. Es werden 25 bis 30 Eier einzeln tief in
Blütenknospen abgelegt. Die Larven fressen
die inneren Blütenorgane, die Blütenblätter
vertrocknen und bilden das charakteristische
„braune Häubchen“. Hier erfolgt auch die Verpuppung. Ab Mitte Mai verlassen die Käfer
die abgestorbenen Blüten und halten sich
noch bis Juni in der Anlage auf. Wird die Blüte nicht vollständig geschädigt, kann es zur
Ausbildung deformierter, abgeflachter Früchte oder trichterförmigen Einsenkungen im
Bereich der Kelchblätter kommen.
Schadschwelle je nach Blühstärke
Die Schadensschwellen sind mit zehn bis 40
geklopfter Käfer/100 Äste und zehn bis 15
Prozent Blütenknospen mit Reifungsfraß weit
gefasst, um unterschiedliche Blühstärken zu
berücksichtigen. Bekämpft wird der Käfer,
wobei die Eiablage zu verhindern ist. Bei warmer Witterung sind die Tiere aktiv und ein
Insektizid kann seine Kontaktwirkung entfalten. Beim Knospenfraß nimmt der Käfer zu-
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Fotos: Trautmann
Arbeitskalender Obstbau
im März
Links: Der Apfelblütenstecher verlässt den Tatort: Die Früchte sind später deformiert. | Rechts: Zur
Zeit der abgehenden Blüte werden die „braunen Häubchen“ vertrockneter Blütenblätter sichtbar.
sätzlich Wirkstoff auf. Eine effektive Bekämpfung sollte deshalb bei warmer Witterung
(über 15 °C) etwa zum Mausohrstadium erfolgen. Eine eventuelle notwendige zweite Behandlung schließt sich in kurzem Abstand
oder nach einer Schlechtwetterperiode an.
Späte Erstbehandlungen ab Beginn des recht
lang dauernden Grünknospenstadiums können Blütenschäden nicht mehr verhindern.
In mehrjährigen Versuchen erwies sich Calypso (0,1 l/ha/m Kronenhöhe) als das wirkungsvollste Insektizid. Eine einmalige Anwendung war meist ausreichend, um Schäden
zu verhindern. Das biologische Insektizid
Spruzit Neu (2,3 l/ha/m) zeigte ebenfalls
meist gute Wirkung, bei hohem Befallsdruck
sind jedoch zwei Behandlungen angeraten.
Schutz gegen Schorf
Mit Austrieb steigt die Schorfgefahr. Nach Regen werden je nach Temperatur und Sporenflug Infektionen eintreten. Diese sind mit vorbeugenden Behandlungen zu unterbinden.
Zum Austrieb kann ein kupferhaltiges Produkt
wie Funguran progress eingesetzt werden. In
dieser Saison stehen analog der Vorjahre captanhaltige Produkte wie Merpan 80 WDG und
Malvin WG sowie Delan WG zur Verfügung.
Bei zu erwartendem stärkeren Sporenflug sind
düngende Maßnahmen mit phosphonathaltigen Blattdüngern auch laut Empfehlung der
Vermarkter unterstützend als Zumischung etwa zu Delan WG möglich. Künftig wird diese
Substanz nach erfolgter Zulassung in Fertigformulierungen zur Verfügung stehen.
Eine sehr gute Wirkung hat weiterhin Syllit.
Berostungsgefahren sind laut Hersteller nur
bei Golden möglich, Anwendungen auch
nach der Vollblüte bei gängigen Sorten wären
daher möglich. In die abgehende Blüte haben
sich Applikationen mit Consist Plus bewährt,
Solo-Anwendungen mit Flint sind wegen Resistenz dieser Wirkstoffgruppe gegen Schorf
ungünstig. Mit Consist Plus werden nachweislich Kelch- und Kernhausfäulen mit erfasst. Nicht ausreichend könnte die Wirkung
gegen Neonectria in sehr anfälligen Sorten
wie bei Cameo bei ungünstigen Witterungsbedingungen (kühl und regnerisch) sein.
Netzschwefelgaben gegen Schorf mindern
zudem die Gefahr von Rostmilben und Mehltau. Blattreaktionen (punktuelle Nekrosen,
Blattfall) sind aber möglich. Mit zunehmender
Strahlungsintensität sollten die Mengen angepasst werden oder die Spritzung unterbleiben,
um Sonnenbrand an den Früchten zu verhindern. Nach Rückstandsvorgaben der Discounter sollten im Sommer nur noch captanhaltige
Produkte und Delan WG bis 21 Tage vor der
Ernte eingesetzt werden. Zur Abschlussspritzung steht Flint – solo angewendet – bis sieben
Tage vor der Ernte zur Verfügung. Das Produkt hat eine gute Wirkung gegen Lagerfäulen, insbesondere gegen Neofabraea. Nur bei
stark anfälligen Sorten wie Pinova, Golden
und Elstar (standort- und altersabhängig)
kann Switch, ein Doppelwirkstoffprodukt,
eingesetzt werden. Kurative Applikationen mit
Score, Chorus und Scala sind nur zielführend,
wenn eine ausreichende Wirkung zu erwarten
wäre, wovon am Bodensee nicht mehr auszugehen ist. Ob diese Saison erneut Curatio
(Schwefelkalk) nach Artikel 53 zur Verfügung
steht, ist noch offen (bitte Warndienst beachten). | Martin Trautmann, Dr. Christian Scheer, KOB n
02.03.2016 11:08:26
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