Blüten aus Beton

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News_02_2013_Ausgabe 19 26.06.13 19:09 Seite 1
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02 | 2013
Blüten aus Beton
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Blüten aus Beton
Der Neubau zur Museumserweiterung des Voralberger Landesmuseum Bregenz.
Fertigstellung der Fassadengestaltung. Wiedereröffnung des Museums am 21.6.2013
„Durch die vorgesehene Ergänzung entsteht ein in Summe
monolithisches Bauwerk, dessen eigenständige Präsenz
ebenso wie die vielfältigen kontextuellen Bezüge überzeugen. Es hält kraftvoll Balance zwischen Einfügung und
Autonomie“, so begründet die Jury ihre Entscheidung zur
Umsetzung des Entwurfs des Büros Cukrowicz Nachbaur
Architekten für die Erweiterung des Vorarlberger Landesmuseums in Bregenz.
Das Konzept baut die Stadt und in ihr die Kulturzone zwischen dem Ufer des Bodensees und der kompakten
Bregenzer Innenstadt weiter, indem es den denkmalgeschützte Gebäudebestand der historischen Bezirkshauptmannschaft, die das Museum beheimatet, aus Denkmalschutzgründen in wesentlichen Teilen erhält und den
gesamten Komplex verdichtet. Das bestehende Gebäude
wird mit zwei Geschossen und das Museum durch einen,
der Innenstadt zugewandten fünfgeschossigen Neubau
erweitert. „Gebäudebestand, Aufstockung und Neubau bilden mit einer klaren und kompakten Gebäudefigur eine
neue Großform. Durch das Freihalten der bestehenden spitzen Südecke des Landesmuseums und das Knicken der
Südwestfassade im Übergang zwischen Alt und Neu generiert sich eine neue städtebauliche Situation. Das Gebäude
ist nicht mehr nur reine Platzbegrenzung, es wird integrierter Bestandteil der Platzsituation. Der See wird im Bereich
Rathausstrasse/Kornmarktplatz durch erweiterte Blickbeziehungen erlebbarer und präsent und wirkt wieder positiv
ins Stadtgefüge“, so Andreas Cukrowicz. Die Eigen-
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ständigkeit des Baukörpers verdeutlicht möglicherwiese noch etwas: sehr
subtil und fast symbolhaft repräsentiert
sie die doch sehr eigenständige
Sonderrolle Vorarlbergs im Konzert
der Österreichischen Bundesländer.
Kunst am Bau
Die verschiedenen Bauabschnitte werden durch unterschiedliche Fassadenstrukturen und Oberflächentexturen
sichtbar gemacht und gleichzeitig
durch die einheitliche Farbgebung zu
einer Einheit geformt, auch hier liegt
die Interpretation der symbolhaften
Anbindung der Vergangenheit an die
Gegenwart des Landes nahe, ohne
sich hierbei jedoch dem Verdacht der
Plumpheit auszuliefern.
Die wohl beeindruckendste dieser
Oberflächen ist ein Betonrelief auf der
Fassade des Neubaus mit einer
Größe von ca. 1.300 m2, das vom
Südtiroler Künstler Aloir Mayr in
enger Zusammenarbeit mit den
Architekten Andreas Cukrowicz und
Anton Nachbaur entstand. Das Relief
besteht aus 16.656 Betonblüten, die
aus einer glatten, fugenlosen Sichtbetonfläche herauswachsen. Die
Blüten selbst sind aus Abdrücken von
Böden von handelsüblichen PETFlaschen entstanden, die seit den
1970er Jahren verwendet werden.
Der Künstler ließ sich dabei von Fundstücken und Sammlungsteilen aus dem
Fundus des Vorarlberger Landesmuseums selbst inspirieren; die
Sammlung enthält eine große Zahl an
historischen Behältern und Gefäßen
aus Ton oder Glas, die von den
Römern teilweise in Massenproduktion hergestellt wurden. Die Anbindung des Museums an die Gegenwart mittels einer Massenware aus
Kunststoff ist eine ebenso naheliegende wie geniale Idee des Künstlers
Mayr und die Realisierung des
Entwurfs in Beton eine logische Folge
dieses gedanklichen Ansatzes.
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Geniale Umsetzung eines genialen Entwurfs
Die am Fassadenbau beteiligten Firmen, die in Herne
ansässige Firma RECKLI lieferte die Matrizen und die
Bauunternehmung Hiliti & Jehle aus Feldkirch in Vorarlberg
stellte die Fassade vor Ort her, kennen so gut wie alle
Ansprüche und Ideen im Zusammenhang mit individuellen
Gestaltungen von Baumaßnahmen. Doch die Fassade des
Bregenzer Landesmuseums war auch für diese eine besondere Herausforderung, die am Ende jedoch perfekt gelöst
werden konnte.
Alleine die Erhebungen der Fassade, aus der die Abdrücke
der Flaschenböden bis zu 45 mm herausragen, ließ die
übliche Vorgehensweise bei der Herstellung der Negativabdrücke für den Guss der Matrizen bei der Firma RECKLI
gar nicht erst zu. Üblicherweise werden die Negativabdrücke der Matrizen mit der CNC-Maschine aus MDFPlatten gefräst, bevor sie mit Elastomeren gegossen werden. Die schiere Größe der Erhebungen erforderte jedoch
besondere Kreativität; so nahm Volker Urmoneit, Leiter der
Modellbauabteilung bei RECKLI die abgeschnittenen
Böden der 8 vom Künstler ausgewählten PET-Flaschen und
stellt daraus durch Ausgießen einen Positivabdruck der
Flasche her. Diese wiederrum wurden mit Holzzapfenverbindungen anhand der Pläne des Künstlers auf einer
MDF-Platte montiert. „Unserer hochpräzisen CNCMaschine oblag bei diesem Projekt lediglich die millimetergenaue Bohrung zur manuellen Anbringung der
Kunststoffblüten. Es ist schön, dass man als Mensch selbst
bei solch hochtechnologisierten Prozessen und Projekten
noch immer nicht vollständig zu ersetzen ist“, berichtet
Urmoneit. Anschließend wurden die Matrizen in individuell
hergestellten Schalungen in mehreren Schritten gegossen.
Die Pläne für die Matrizen waren durch Alois Mayr sowie
den Zürcher Künstler und Mathematiker Urs Beat Roth derart ausgeklügelt angefertigt worden, dass pro Geschoss
nur drei miteinander kombinierbare Hauptmatrizen und die
für Ecken und Leibungen notwendige Zusatzmatrizen ausreichten, um die gesamte Fassade mit dem unregelmäßigen Muster zu gestalten, das das Konzept von Mayr vorsah.
Die Hauptherausforderung vor Ort war die Anforderung
von Bauherren und Künstler, die Fassade fugenlos zu
gestalten. Die Firma Hiliti & Jehle stellte die 17 cm dicke
Betonscheibe mit den Blüten daher stehend vor Ort her;
sie wurden in einem Verlauf vor 25 cm Wärmedämmung
und 30 cm Stahlbetonwänden gegossen. „Die stehende
Herstellung machte die Entlüftung der Ausstülpungen erheblich schwieriger als es bei einem liegenden Guss der Fall
wäre. Um ein perfektes Resultat erzielen zu können, haben
wir in etlichen Vorbereitungsschritten verschiedenste
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Betonmischungen ausprobiert, bis die richtige gefunden
wurde“, so Eberhard Fiel, Bauleiter bei Hiliti & Jehle. Zum
Einsatz kam für die Herstellung der Fassade schlussendlich
selbstverdichtender Beton mit einer extrem hohen Viskosität
und einem maximierten Anteil an weißen Pigmenten, um
der Farbgebung des Gesamtkomplexes entsprechen zu
können. Dieser wurde völlig blasenfrei und mit größter
Vorsicht in die hochdruckfesten und perfekt dichten
Schalungen gefüllt, die dem enormen Innendruck in den
sechs Meter hohen Schalungselementen standhalten mussten.
Beton, der Baustoff der Gegenwart
Das Kunst am Bau Projekt am Vorarlberger Landesmuseum
Bregenz ist nicht nur Beweis für die nahezu unbegrenzten
gestalterischen Möglichkeiten, die Beton bietet, sondern
auch Beweis, dass Beton als Repräsentant zum Kulturgut
der Gegenwart geworden ist. Obwohl es vielleicht schwer
vorstellbar ist, dass er als Baumaterial einmal von etwas
anderem übertroffen werden könnte, ist ihm schon jetzt ein
Platz in der Menschheitsgeschichte sicher, ebenso, wie
dem historischen Ton und Glas, das die Vitrinen im inneren
des neuen Museumsbaus füllt.
Benjamin Anders
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Bautafel
Architektur:
Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH
A-Bregenz
www.cn-architekten.at
Kunst am Bau (Fassade):
Manfred Alis Mary, I-Bozen
Fassadenherstellung:
Arbeitsgemeinschaft Landesmuseum Bregenz
Schertler-Arge GmbH, A-Lauterbach
Hilti & Jehle, A-Feldkirch
Rhomberg Bau GmbH, A-Bregenz
Jäger Bau GmH, A-Schruns
Individualmatrizen:
RECKLI GmbH, D-Herne
Strukturmatrizen
Abformtechnik
Formen- und Modellbauharze
Betonveredelung
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