6 Thermodynamische Potentiale und Gleichgewichtsbedingungen

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6
Thermodynamische Potentiale und Gleichgewichtsbedingungen
6.1
Einführung
Wir haben bereits folgende thermodynamische Potentiale untersucht:
U(S,V )
S(U,V )
Thermodynamische Potentiale sind Zustandsfunktionen als Funktion ihrer natürlichen Variablen. Sie
haben folgende Eigenschaften:
1 Das Differential eines TD-Potentials ist formal dem Differential einer mechanischen potentiellen Energie ähnlich und hat auf Grund des GFS eine einfache Form.
2 Die Zustandsgleichungen können unmittelbar aus dem thermodynamischen Potential gewonnen
werden.
3 Es können Gleichgewichtsbedingungen für zusammengesetzte Systeme formuliert werden unter der Bedingung, dass die natürlichen Variablen als konstant und gegeben vorausgesetzt werden.
Wir werden folgende weitere Zustandsfunktionen einführen und untersuchen:
F : = U −TS
H : = U + pV
G : = U − T S + pV
6.2
6.2.1
(Helmholz sche) freie Energie
Enthalpie
freie Enthalpie (Gibbs sches Potential)
Die freie Energie
Die natürlichen Variablen
Für ein einkomponentiges System haben wir nach dem Gibbsschen Fundamentalsatz:
dU = T dS − pdV + µdN.
(1)
dF = dU − T dS − SdT = −SdT − pdV + µdN.
(2)
Daraus folgt:
⇒ T,V und N sind die natürlichen Variablen und F(T,V, N) ist ein thermodynamisches Potential. Man
erhält die Zustandsgleichungen aus
−S =
6.2.2
∂F
|
∂T V,N
−p=
∂F
|T,N
∂V
µ=
∂F
| .
∂N V,T
(3)
Gleichgewichtsbedingung
Isotherme Zustandsänderung in einem System mit fester Teilchenzahl N, festem Volumen V und fester
Temperatur T . Aus Gl. (??) folgt
dF = dU − T dS
(4)
und wegen dV = 0 ist δA = 0.
1
Das Gesamtsystem ist abgeschlossen und es gilt
dSges
=
dSres + dS = −
δQ
+ dS > 0
T
δQ
.
(5)
T
Hier ist S die Entropie des Systems und Sges die Entropie des Gesamtsystems (System + Reservoir).
Für irreversible Zustandsänderungen gilt daher
⇒ dS >
dU
=
δQ + δA ≤ T dS + δA
⇒ dF ≤ 0.
(6)
(7)
d. h., wenn V, T und N vorgegeben sind, verringert sich die freie Energie durch irreversible Prozesse
so lange, bis sie ein Minimum hat, mit
dF = 0.
Beispiel
Gasgefüllter Zylinder im Wärmebad.
Der verschiebare Zylinder teilt das Volumen
in zwei Teile V1 ,V2 mit Drücken p1 , p2
Gleichgewichtsbedingung: Die Teilchenzahlen N1 und N2 sowie die Temperatur T liegen fest, F =
F(T1 ,V1 ,V2 )
Setze
F(T,V1 ,V2 )
dF = 0
wegen
d. h.,
V
=
F1 (T,V1 ) + F2 (T,V2 )
(8)
∂F1
∂F2
=
dV1 +
dV2
(9)
∂V1 T
∂V2 T
= V1 +V2 ⇒ dV1 = −dV2 entspricht virtueller Verrückung
∂F1
∂F2
=
−
dV1
(10)
∂V1 T
∂V2 T
dF = 0
∂F1
∂F2
=
⇔
∂V1 T
∂V2 T
p1 = p2
(11)
2
⇒ dF = 0 für alle mit der Bedingung V, T = const. kompatiblen Verrückungen.
6.3
Legendre-Transformation
U(S,V, N) enthält als thermodynamisches Potential alle Informationen zur Beschreibung des thermodynamischen Systems, U(T,V, N) hingegen nicht. Beim Übergang
∂U
U(S,V, N) → U(T,V, N) mit T =
∂S V,N
geht Information verloren. Um ein thermodynamisches Potential von den Variablen T,V, N zu konstruieren müssen wir zur freien Energie
F(T,V, N) = U −
∂U
S = U −TS
∂S
(12)
übergehen. Die letztere Gleichung ist eine Legendretransformation von der Variablen S in U(S,V, N)
auf die Variable ∂U/∂S = T . Die zentrale Frage ist, warum der einfache Übergang U(S,V, N) →
U(T = ∂S/∂T,V, N) mit Informationsverlust verbunden ist und warum die Legendretransformation in
Gl. (??) nicht.
Da V und N bei der Transformation keine Rolle spielen, betrachten wir eine einfache Funktion y(x)
von nur einer Variablen x.
Das Ziel ist die Darstellung der Kurve als Funktion von ξ =
wird vorausgesetzt. Wir könen dann schreiben:
y = y(x)
=
y(x(ξ))
| {z }
⇒
dy
dx .
Die eindeutige Auflösbarkeit x = x(ξ)
y = f (ξ)
(13)
f (ξ)
Der entscheidende Punkt ist, dass man aus y = f (ξ) die ursprüngliche Kurve nicht mehr rekonstruieren
kann. Um dieses zu sehen, betrachte
dy
dy
y= f
⇒
= f −1 (y).
(14)
dx
dx
Nehmen wir an, dass y(x) die Lösung ist, dann ist auch y(x+ const.). Dieses wird in der nachfolgenden
Abbildung demonstriert.
3
Um bei der Transformation die gesamte Information zu erhalten, geben wir an
y[l] = y[l] (ξ).
(15)
Hierbei ist y[l] wie in der vorherigen Abbildung dargestellt, der Schnittpunkt der Tangenten der Kurve
y(x) an einem Punkt x(ξ) mit der y-Achse. Wir setzen voraus, dass dieser Schnittpunkt eindeutig ist
und schreiben
y − y[l]
ξ=
⇔ y[l] = y − xξ = y(x(ξ)) − x(ξ)ξ ≡ y[l] (ξ)
(16)
x
Die Funktion y[l] (ξ) ist die Legendre-Transformierte von y(x). Die ursprüngliche Funktion y(x) können
wir durch eine erneute Legendre-Transformation zurückgewinnen:
dy[l] dy dx
dx
=
− ξ − x = −x → ξ = ξ(x)
dξ
dx dξ
dξ
z = y[l] − ξ
6.4
dy[1]
= y[l] + ξx = y.
dξ
(17)
(18)
Das Gibbs sche Potential
G = U − T S + pV
dU
mit
= T dS − pdV + µdN
folgt
dG = dU − T dS − SdT + pdV + dV p
= −SdT +V d p + µdN
(19)
(20)
Wir haben daher die natürlichen Variablen T, p, N, G = G(T, p, N). Weiterhin ergeben sich die Relationen
∂G
∂G
∂G
= −S
=V
=µ
∂T
∂p
∂N
aus denen die Zustandsgleichungen gewonnen werden können. Aus der Eulergleichung
U = T S − pV + µN
4
folgt die wichtige Gleichung
G = µN.
(21)
Wir leiten die Gleichgewichtsbedingung für isotherm-isobare Systeme mit fester Teilchenzahl ab.
Hierfür gehen wir wieder von Gl. (??) aus,
dU = δQ + δA ≤ T dS + δA
(22)
Im isotherm-isobaren System ist
dA = −pdV = −d(pV ) und
T dS = d(T S).
(23)
Somit
dU ≤ d(T S) − d(pV ) ⇒
dG = d(U + pV − T S) ≤ 0.
(24)
⇒ Das Gleichgewicht bei vorgegebenen N, p, T ist durch das Minimum von G gegeben.
Wichtige Anwendung:
Betrachte
System aus zwei homogenen Phasen eines
Stoffes (z. B. Wasser, Wasserdampf), die beide die gleiche Temperatur und den gleichen
Druck besitzen. Die Gesamtzahl der Teilchen
N ist konstant.
Thermodynamische Potentiale sind extensive
Größen
G(T, p, n1 , n2 ) = G1 (T, p, n1 ) + G2 (T, p, n2 )
N = n1 + n2
Gleichgewichtsbedingung:
Bei Austausch einer infinitesimalen Teilchenzahl
zwischen den Phasen bei gegebenen T und p erfolgt
keine Änderung des Gibbs schen Potentials.
5
∂G
dn2
∂n2 T,p,n1
T,p,n2
∂G1
∂G2
dn1 +
dn2
∂n1 T,p
∂n2 T,p
dG = 0
=
=
N
∂G
∂n1
dn1 +
(25)
(26)
n1 + n2 dN = 0 ⇒ dn1 = −dn2
"
#
∂G1
∂G2
⇒
−
dn1 = 0
∂n1 T,p
∂n2 T,n
∂G2
∂G1
⇒
=
∂n1
∂n2 T,p
| {z }
=
(27)
(28)
T,p
⇔
µ1 = µ2
(29)
Das chemische Potential in beiden Phasen ist gleich. Dazu gleichwertig: Aus
G = n1 g1 (p, T ) + n2 g2 (p, T )
(30)
g1 (p, T ) = g2 (p, T )
(31)
folgt
d.h. die molare Enthalpien müssen übereinstimmen. Diese sind oft nicht bekannt.
Verbindung mit messbaren Größen:
dg1 =
∂g1
∂p
= dg2 =
∂g2
∂p
T
T
dp+
∂g1
∂T
dp+
∂g2
∂T
p
p
dT
(32)
dT
(33)
Weiterhin wissen wir, dass:
dp
dT
=
s2 − s1
v2 − v1
∂g
∂T
∂g
∂p
=
= −S
p
= v
(34)
T
q12
T (v1 − v2 )
ClausiusClapeyron
chung
Glei-
s1 , s2 und v1 , v2 sind die molaren Entropien und Volumina der Phasen.
q12 : ist die Umwandlungswärme zwischen den Phasen 1 und 2
T (s1 − s2 ) = q12
6
(35)
Für die Integration dieser Gleichung müssen wir die Umwandlungswärme und die molaren Volumina
als Funktion von p und T bekannt sein.
⇒ Ü b u n g e n!!!
7
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