PDF - Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt

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Nordwestdeutsche
Forstliche Versuchsanstalt
- Abteilung Waldschutz -
10.12.2008
9. Waldschutz-Info 2008
- Neuartige Eschenerkrankung / „Eschentriebsterben“ -
Vor einigen Jahren trat ein auffälliges Absterben von Trieben der Esche auf, das zunächst auf eine
Kombination von abiotischen (z. B. Frost, Trockenheit) und biotischen (Pilze) Faktoren zurückgeführt
wurde. Mittlerweile ist bekannt, dass ein neuer Pilz (Chalara fraxinea) maßgeblich am Befall beteiligt ist.
Krankheitsverbreitung
Seit den 1990er Jahren wird von einem zunächst als „Eschentriebsterben“ bezeichneten Schaden berichtet, der
sich aus dem Baltikum und Polen kommend schnell nach Skandinavien und Deutschland ausbreitete. Seit 2002
sind Schäden in Deutschland, Österreich und der Schweiz beobachtet worden. In Deutschland treten derzeit die
stärksten Schäden im Norden auf. Mecklenburg-Vorpommern hat 2005 sogar ein Anbauverbot für die Esche
ausgesprochen (min. 25% der Anbaufläche geschädigt).
Krankheitsbild
Die Erkrankung tritt vor allem in Jungwüchsen (Abb. 1 bis 3) und Stangenhölzern auf, zunehmend aber auch an
älteren Eschen (Abb. 4). Betroffen sind alle Standorte, sowohl Naturverjüngungen als auch Anpflanzungen. In
Baumschulen und außerhalb des Waldes wurde ebenfalls schon Befall beobachtet.
Neben vorzeitigem Blattfall, Welken und Absterben von jungen Trieben und Ästen (hellbraune, violettbraune oder
kupferrötliche Färbung; Abb. 1a, 1b) und Verbuschen der Bäume bei mehrjährigen Schädigungen kommt es an
dünneren Stämmchen auch zu auffälligen, lang gestreckten, schildartigen Rindennekrosen (meist toter
Seitenzweig im Zentrum; Abb. 2 ). Hier können sich später auch krebsartige Verdickungen an den Stämmchen
entwickeln. Das darunter liegende Holz ist bräunlich verfärbt (Abb. 3). Auch im Stammfuß- / Wurzelanlaufbereich
können Rindennekrosen auftreten.
Leichte Schäden an Trieben, wie sie z.B. noch 2004 in Niedersachsen beobachtet wurden, haben sich bis zum
Herbst 2008 erheblich verstärkt.
Krankheitsursachen - der Pilz Chalara fraxinea
Derzeit spricht sehr viel dafür, dass der Pilz Chalara fraxinea als primärer Schädling an der Erkrankung beteiligt
ist und im Leitgewebe der Eschen eine Tracheomykose verursacht. Durch Verstopfung der Wasserleitbahnen
führt der Befall durch C. fraxinea zum Absterben des Baumes. Vergleichbare Zusammenhänge sind für das
Ulmensterben bekannt, das ebenfalls durch einen Pilz (Ceratocystis ulmi) verursacht wird. Es gibt Anhaltspunkte,
dass C. fraxinea eine ungeschlechtliche Form aus der Gattung Ceratocystis ist. Diese Gattung bringt einige
bedeutende Schaderreger hervor (Eichenwelke, Platanenwelke, Ulmensterben) und verschiedene Bläueerreger
an Nadelholz.
Schnelle Ausbreitung oder latente Anwesenheit des Pilzes?
Der neue Pilz an Esche wurde erst 2006 in Polen entdeckt und erstmals 2007 in Deutschland beschrieben und
nachgewiesen. Bei dem derzeit in der NW-FVA eingehenden Probenmaterial zum Eschensterben gelingt
mittlerweile fast immer der Nachweis dieses Pilzes. Unklar ist derzeit noch, wie die Infektion erfolgt, ob sich der
Pilz möglicherweise verändert hat oder ob geänderte Rahmenbedingungen (z.B. Klima, Witterungsextreme) eine
Rolle spielen. Denkbar ist auch, dass der Pilz latent vorhanden ist und nur dann pathogen werden kann, wenn der
Wirtsbaum geschwächt ist. Insofern könnten Witterungsextreme (z. B. Hitze / Trockenheit, starke Schwankungen
in der Wasserversorgung, evtl. auch Spätfrost) prädisponierend wirken.
Möglicherweise sind, wie beim Ulmensterben auch, bestimmte Überträger (Vektoren) erforderlich (beim
Ulmensterben: Ulmensplintkäfer). Ob solche Vektoren auch bei dem Eschenstreben eine Rolle spielen und wenn
ja, welche, ist derzeit noch nicht geklärt.
Die Erkrankung wird schließlich von anderen Pilzen, die als Schwächeparasiten einzustufen sind, begleitet (z. B.
Diplodia spec. oder Phomopsis spec., winzige schwarze Fruchtkörper auf geschädigter Rinde).
Waldschutzinfo der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA)
Abteilung Waldschutz – Grätzelstraße 2 – 37079 Göttingen
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Aggressiver Befallsverlauf
Beobachtungsflächen der NW-FVA in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zeigen, dass der Befall in den
letzten 2-3 Jahren keineswegs nachgelassen, sondern sich schnell ausgebreitet und lokal zu erheblichen
Schäden geführt hat.
Die vorliegenden Informationen lassen den Schluss zu, dass es sich um einen potenten neuen Schaderreger
handelt, der wahrscheinlich primärpathogen an Eschen verschiedener Altersklassen wirken kann. Die
ursprüngliche Hypothese einer singulären witterungsbedingten Schadensauslösung mit begleitenden Pilzarten
wird damit unwahrscheinlicher, die Hypothese einer neuen und gravierenden Erkrankung der Esche aber umso
wahrscheinlicher.
Vorbeugung und Schadensbegrenzung
Wegen der vielen noch vorhandenen Unklarheiten und der fehlenden Kenntnisse über Zusammenhänge im
Befallsgeschehen lassen sich derzeit kaum sinnvolle Empfehlungen zur Vorbeugung oder zur
Schadensbegrenzung geben. Es muss sogar davon ausgegangen werden, dass sich diese Krankheit mehr oder
weniger schnell weiter ausbreitet.
Pflanzgut sollte nach dem Auspflanzen mehrmals jährlich auf Rindenverfärbungen und Zurücksterben kontrolliert
werden (ggf. Entnahme befallener Pflanzen).
Schäden unbedingt melden !
Die NW-FVA bittet alle betroffenen Forstdienststellen und Waldbesitzer, erkannte oder vermutete Schäden durch
Chalara fraxinea an Eschen formlos zu melden. Es ist wichtig, den Verlauf der Ausbreitung zu erfassen und ggf.
Material für verschiedene Untersuchungen zur Verfügung zu haben.
Abb. 1a, 1b: Abgestorbene Eschentriebe (Jungwuchs)
Waldschutzinfo der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA)
Abteilung Waldschutz – Grätzelstraße 2 – 37079 Göttingen
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Abb. 2: Schildartiger Stammschaden an Esche
mit totem Seitenzweig im Zentrum
sowie Triebschaden (Jungwuchs)
Abb. 3: Holzverfärbung unter schildartigem
Stammschaden (Eschen-Jungwuchs)
Abb. 4: Triebschäden an älterer Esche
Waldschutzinfo der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA)
Abteilung Waldschutz – Grätzelstraße 2 – 37079 Göttingen
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