LEBEN | MM03, 18.1.2016 | 95 Alle vier Eckzähne sind verletzt: Das 15-jährige Totenkopfäffchen hat wahrscheinlich grosse Schmerzen. Zootierärztin Rauferei mit Folgen Ein Totenkopfäffchen hat sich beim Raufen an den Eckzähnen verletzt und muss operiert werden. Ein für mich nicht alltäglicher Eingriff steht an, bei dem ich etwas lernen kann. Text: Karin Federer Bilder: Walter Zoo I Karin Federer (29) ist Tierärztin und berichtet regelmässig aus dem Walter Zoo in Gossau SG. n der Natur leben männliche Totenkopfäffchen, die sich keiner Gruppe anschliessen können, in sogenannten Junggesellen- oder Bachelorgruppen. Auch im Walter Zoo beherbergen wir eine solche Männergruppe, deren Mitglieder je nach Bedarf durch das Zuchtbuch an andere Zoos weitervermittelt werden. So leisten wir auch hier unseren Beitrag zur Arterhaltung. Die Zähne müssen raus Dass es in dieser Gruppe gelegentlich zu Raufereien mit Folgen kommen kann, ist ganz normal. Das musste auch der Gruppenälteste vor Kurzem schmerzhaft erfahren. Das 15-jährige Äffchen hat sich nämlich an den Eckzähnen verletzt. In diesem Fall sind alle vier Zähne betroffen, das Tier hat vermutlich Schmerzen. Nur ein Röntgenbild kann das Ausmass der Verletzung zeigen. Der Befund ist leider schlimmer als angenommen: Bei allen vier Eckzähnen ist bereits eine Infektion an der Wurzel zu erkennen. Die Zähne müssen raus. Allerdings ist das bei einem 900 Gramm schweren Äffchen nicht so einfach, zumal die Eckzähne tief im Kieferknochen verankert sind. So fahre ich mit dem Patienten in eine Spezialistenklinik nach Herisau AR, wo ein erfahrener Chirurg mich bei dem Eingriff unterstützen kann. Dort ziehe ich unter fachlicher Anleitung und dem geeigneten Instrumentarium die Zähne. Als Tierärztin lernt man nie aus, das ist das Spannende an diesem Beruf. In Zu- kunft werde ich solche Eingriffe hoffentlich in unserer eigenen Veterinärstation durchführen können. Die Natur besorgt den Rest Unser Stammesältester erholt sich nun in einer abgetrennten Anlage vom Eingriff und bekommt täglich Weichfutter in Müesliform, bis er wieder 100-prozentig fit ist. Die Operation an vier vereiterten Zahnwurzeln hat grosse Wunden hinterlassen. Aber diese verheilen zum Glück sehr rasch. Denn die Natur zeigt hier deutlich ihre ausserordentlichen Fähigkeiten zur Regeneration. Ich staune immer wieder: Nach fünf Tagen ist kaum mehr etwas zu sehen. Bald gehts zurück zu den Kollegen in die Junggesellengruppe. MM Tipps Wenn Männchen unter sich sind Nicht bei allen Tier­ arten ist es möglich, reine Männchen­ gruppen zu halten. Kommen in der Natur reine Männchengruppen vor, ist eine solche Hal­ tung aber oft auch in Zoos oder in der Heim­ tierhaltung möglich. Genug Platz und gute Beobachtung der Tiere ist in jedem Fall sehr wichtig. Dennoch kön­ nen Konflikte nicht im­ mer verhindert werden. Bei vielen Tierarten kann eine Kastration das Konfliktpotenzial mindern.