2.9. Optische Übergangsraten Wir betrachten optische Übergänge zwischen einem Energieniveaus E2 im Leitungsband (E2>EC) und einem Energieniveau E1 im Valenzband (E1<EV). Die Wahrscheinlichkeiten für die Besetzung der Niveaus mit Elektronen sind durch die (Quasi-) Fermiverteilungen gegeben: f2 = 1 ⎛ E − E F ,C 1 + exp⎜⎜ 2 kT ⎝ ⎞ ⎟⎟ ⎠ und f1 = 1 ⎛ E − E F ,V 1 + exp⎜⎜ 1 ⎝ kT ⎞ ⎟⎟ ⎠ (2.9.1) EF,C bzw. EF,V sind die Quasi-Ferminergien des Leitungs- und Valenzbandes. Zwischen den beiden Niveaus sind die in der foldenen Abbildung dargestellten optischen Übergänge möglich: Absorption: R12 Stimulierte Emission: R21 Spontane Emission: Rsp Abbildung 2.9.1: Optische Übergänge zwischen zwei Energieniveaus im Valenz- und Leitungsband Die Übergangsraten sind durch folgende Ausdrücke gegeben: R12 = Rr f1 (1 − f 2 ) (2.9.2a) Stimulierte Emission: R21 = Rr f 2 (1 − f1 ) (2.9.2b) Absorption: Spontane Emission: Rsp = Rr , sp f 2 (1 − f1 ) (2.9.2c) Rr bezeichnet dabei die strahlende (radiative) Übergangsrate für stimulierte Emission bzw. Absorption. Sie ist für beide Prozesse gleich, da die stimulierte Emission der Umkehrprozess zur Absorption ist. Bei Absorption muss das Niveau im Valenzband mit einem Elektron besetzt sein (Wahrscheinlichkeit f1), das Niveau im Leitungsband muss frei sein (Wahrscheinlichkeit 1-f2). Bei stimulierter Emission gilt das Gegenteil. Die Übergangsrate für spontane Emission ist Rr,sp. - 51 - Die Nettorate der stimulierten Emission Rst erhält man als Differenz von (2.9.2b) und (2.9.2a): Rst = R21 − R12 = Rr ( f 2 − f1 ) (2.9.3) Für das Verhältniss von stimulierter Emission und Absorption ergibt sich: R21 f 2 (1 − f1 ) ⎛ ∆E − ∆E ⎞ = = exp⎜ F ⎟ (2.9.4) R12 f1 (1 − f 2 ) kT ⎠ ⎝ Im Laserbetrieb ist R21>R12 , der Abstand der Quasi-Fermienergien ∆EF = EF,C - EF,V muss also größer als der Energieabstand der beiden Niveaus ∆E=E2-E1 und damit auch größer als die Bandlücke EG sein (siehe Abb. 2.9.2): ∆E F > ∆E > E G (2.9.5) Unterhalb (oberhalb) der Fermienergie ist mehr als die Hälfte der Zustände mit Elektronen (Löchern) besetzt, zwischen den Zuständen 2 und 1 herrscht also Inversion. Abbildung 2.9.2: Energieniveaus eines Halbleiters mit Inversion zwischen den Energieniveaus E2 und E1. Die Darstellung ist nicht maßstabsgetreu, der Abstand der Fermienergie zu den Bandkanten beträgt normalerweise einige 10 meV und ist damit viel kleiner als die Bandlücke. - 52 - 2.10. Besetzungsinversionsfaktor, Spontane Übergangsrate Der Grad der Inversion zwischen den beiden Niveaus wird durch den sogenannten Besetzungsinversionsfaktor nsp beschrieben: nsp = f 2 (1 − f1 ) = ( f 2 − f1 ) 1 ⎛ ∆E − ∆E F ⎞ 1 − exp⎜ ⎟ kT ⎝ ⎠ (2.10.1) Das Subskript ‚sp’ stammt aus der Zeit, als dieser Faktor noch ‚spontaner Emissionsfaktor’ genannt wurde. Es hat sich aus unerfindlichen Gründen erhalten. Abb. 2.10.1 zeigt den Besetzungsinversionsfaktor eines GaAs bzw. InP Quantenfilms als Funktion der Materialverstärkung. Materialverstärkung (cm-1) Abbildung 2.10.1: Besetzungsinversionsfaktor eines GaAs bzw. InP Quantenfilms als Funktion der Materialverstärkung. Die für die Berechnung verwendete Übergangsenergie ∆E ist 11 meV größer als die Bandlücke des jeweiligen Halbleiters . Für einen ungepumpten Halbleiter (g << 0) im thermodynamischen Gleichgewicht ist ∆EF=0, ∆E ist wesentlich größer als kT und nsp nimmt einen sehr kleinen (negativen) Wert an. Für ∆EF=∆E ist g=0 (Transparenz) und der Ausdruck für nsp divergent. Für ∆EF>>∆E nähert er sich eins an. - 53 - Komplette Inversion wird durch nsp=1 beschrieben, in diesem Fall ist der oberste Zustand komplett besetzt (f2=1) und der untere Zustand völlig leer (f1=0). Neben der Quantifizierung des Inversion stellt der Besetzungsinversionsfaktor einen Zusammenhang zwischen der stimulierten (Rst) und der spontanen Emission (R’sp=βRsp) in die Lasermode dar. Spontane Emission wird in der Quantenelektrodynamik (QED) als stimulierte Emission beschrieben, die durch ein virtuelles Photon ausgelöst wird (siehe Abb. 2.10.2). Abbildung 2.10.2: Quantenelektrodynamische Beschreibung von spontaner Emission: Ein virtuelle Photon löst einen stimulierten Emissionprozess aus. Die Herleitung dieses Zusammenhangs ist relativ kompliziert und nicht Teil dieser Vorlesung. Der wesentliche Gedankengang soll aber kurz skizziert werden: In der QED werden die elektrischen und magnetischen Felder analog zum harmonischen Oszillator in der Quantenmechanik beschrieben. In Anlehnung an die Auf- und Absteigeoperatoren des harmonischen Oszillators definiert man sich Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren, die die Anzahl der Photonen in einer optischen Mode um eins erhöhen bzw. erniedrigen. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem optischen Übergang die Anzahl der Photonen um eins zu erhöhen, ist proportional zu n+1 (n-Anzahl der Photonen in der Mode). Die Rechnung mit klassischen Feldern liefert eine Proportionalität zu n. Für Prozesse mit großen Photonenzahlen, z.B. Absorption (von vielen Photonen wird eins absorbiert) oder stimulierte Emission (eines von vielen Photonen löst einen Emissionprozess aus) ist der Unterschied nicht von Belang. Anders bei der spontanen Emission, hier ist n=0. Ohne Quantisierung der Felder gibt es daher keine spontane Emission! Die Rate der stimulierten Emission ist proportional zur Anzahl der Photonen (ob n oder n+1 spielt hier keine Rolle) und damit proportional zum Quadrat der Feldstärke im Resonator; die Rate der spontanen Emission ist proportional zum Quadrat der Feldstärke eines virtuellen Photons. - 54 - Für das Verhältniss der Übergangsraten können wir daher unter Verwendung von (2.9.2) ansetzen: r 2 r 2 Evirt . f (1 − f ) Evirt . 1 = r2 2 = r 2 nsp ( f 2 − f1 ) Rst E E Rsp' (2.10.2) r r E ist dabei die Feldstärke des realen Photonenfelds, Evirt . die Feldstärke des virtuellen Photons. r Bezeichnet man mit E1 die Feldstärke eines Photons im Resonator, so ist: r 2 r 2 Evirt . = E1 und r2 r 2 E = VP N P E1 (2.10.3) Unter Verwendung von Rst = v g gN P erhält man aus (2.10.2) folgenden Ausdruck für die spontane Emissionsrate in die Lasermode: r 2 E nsp Rst v g gnsp Γv g gnsp 1 Rsp' = r 2 nsp Rst = = = VP N P VP V E (2.10.4) Aufgrund dieses Zusammenhangs hatte nsp früher den Namen ‚spontaner Emissionsfaktor’. Die Formel gilt auch für g<0, in diesem Fall ist nsp<0 (siehe Abb. 2.10.1) und R’sp bleibt positiv. - 55 -