Geliebt, dann ausgesetzt

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LEBEN | MM27, 4.7.2016 | 101
Tipps
Vor dem Kauf
gut überlegen
Wie vor jeder Anschaffung eines
Haustiers ist auch
beim Kauf einer
Schildkröte folgendes zu überlegen:
Habe ich genügend
Platz? Kann ich die
Kosten für Futter
und Tierarzt übernehmen? Habe ich
genügend Zeit?
Und falls sich meine
Lebenssituation verändert: Wer schaut
dann zum Tier?
Schildkröten sind
beliebte Haustiere,
Ausbruchsichere neue Heimat: Die Tierärztin Karin Federer bringt die Gelbwangen-Schmuckschildkröte in die Aussenanlage.
Zootierärztin
Geliebt, dann ausgesetzt
Schildkröten werden älter und grösser, als manchem Tierhalter lieb ist.
Die unliebsame Folge: Viele Tiere werden ausgesetzt und bedrohen einheimische Arten.
Text: Karin Federer Bilder: Walter Zoo
S
Karin Federer
(30) ist Tier­ärztin
und berichtet
­regelmässig aus
dem Walter Zoo
in Gossau SG.
childkröten findet
man in der Schweiz
nicht nur in Zoos
und privaten Haltungen. Auch in der Natur
leben verschiedene Arten.
Das tönt gut, ist aber ein
Problem. Denn heimisch ist
bei uns nur die Europäische
Sumpfschildkröte. Und sie
wird je länger, je mehr
durch eingeschleppte
Schildkrötenarten bedroht.
So etwa durch Rotwangenoder Gelb­wangenSchmuckschild­kröten, die
in Nordamerika leben.
Bei den fünfliber­grossen
Jungtieren kommt mancher Tierfan ins Schwärmen, schafft sich solche
Schildkröten an, denkt
aber nicht an die Folgen:
Die ­Tiere werden bis zu
30 Zentimeter lang und bis
zu 80 Jahre alt. Das wird
­vielen Tierhaltern zu viel.
Sie setzen die Tiere kurzerhand aus. An die Auswirkungen denken sie nicht.
Doch die beschriebenen
Arten verdrängen die ein­
heimische Europäische
Sumpfschildkröte. Zusätzlich gefährden eingeschleppte Schildkröten die Arten­
vielfalt, indem sie Amphi­
bien, Insekten, Fische und
Vogeleier fressen. Wird eine
solche Schild­kröte gefunden, darf man sie nicht in
der ­Natur lassen.
Polizei bringt Schildkröte
Heute brachte die Polizei
einmal mehr eine Gelb­
wangen-­Schmuckschild­
kröte zu uns in den Zoo.
­Solche Funde erhalten wir
mehrmals pro Jahr.
Wie bei allen Neuankömmlingen führe ich
­zuerst einen Grundcheck
durch. Das Tier ist gesund,
doch können sie
sehr gross und vor
­allem sehr alt werden. Dies muss in die
Über­legungen vor
der Anschaffung mit
einbezogen werden.
Das Aussetzen von
Heimtieren, wie
zum Beispiel einer
Schildkröte, ist verboten, auch wenn
der Lebensraum
grundsätzlich für das
Tier stimmen würde.
Die Auswirkungen
auf die einheimische
Tierwelt können verheerend sein.
Die Rotwangenschmuckschildkröte darf in privaten
Schöner Fremdling: Gelbwangen-Schmuckschildkröte.
wir können es in unsere
Aussenanlage aufnehmen.
Dort halten wir – mit
­Ausbruchsicherung und
Sonderbewilligung – derzeit
zirka 40 Schildkröten. Und
wir klären die Besucherinnen und Besucher dort auch
gleich über das Problem der
eingeschleppten Arten auf.
Auch das ist eine Aufgabe
unseres Zoos. MM
Aquarien, Teichen
und Gärten grundsätzlich nicht mehr
gehalten werden.
Bei Fragen zur
Haltung, Vermeh-
rung oder dem Artenschutz von Landoder Sumpfschildkröten kontaktiert
man am besten die
Schildkröten-Inter­
essengemeinschaft
Schweiz: www.sigs.ch
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