Jahresbericht 2003 - Forschungszentrum Jülich

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Neue Chopperprojekte
Das Forschungszentrum Jülich erhielt in diesem Jahr neue Aufträge aus der Schweiz, den USA und
Japan mit einem Gesamtvolumen von 1,2 Mio Euro zur Entwicklung von je einer Mehrfach-Chopperanlage für PSI-Villigen und NIST-Gaithersburg sowie eines Röntgenpulsselektors für KEK-Tsukuba.
Der Selektor soll bereits im Januar 2004 ausgeliefert werden. Die Fertigstellung der Chopperanlagen
ist für Ende 2004 bzw. Mitte 2005 geplant. Ausschlaggebend für die Auftragserteilung an das FZ Jülich waren in allen Fällen die spezielle Erfahrung des ZAT-Magnetlagerlabors bei der verlustfreien
permanentmagnetischen Lagerung schnell drehender Scheibenchopper und die unerreicht hohe
Präzision der Jülicher Drehzahl- und Phasensteuerung. Das mit einer in Jülich hergestellten Chopperkaskade ausgerüstete, neue IN5B-Spektrometer am ILL-Grenoble bietet gegenüber der älteren
Anlage einen zehnfach höheren Neutronenfluss.
Röntgenpulsselektor für KEK
Im Anschluss an die Auslieferung eines Röntgenpulsselektors an die japanische Synchrotronstrahlungsquelle Spring-8 im Frühjahr 2002 wurde im Zusammenhang mit der Berufung des für das
dortige Instrument zuständigen Wissenschaftlers auf eine Professur an der Universität Tsukuba ein
weiteres, annähernd baugleiches Gerät geordert. Der neue Selektor soll an dem im Bau befindlichen
Strahlrohr AR-NW12 der von der „High Energy Accelerator Research Organization“ (KEK) betriebenen
„Photon Factory“ eingesetzt werden. Das System (siehe Abbildung) wurde im November 2003 nach
Anpassung auf die speziellen Betriebsparameter des dortigen Synchrotrons (Single-Bunch-Betrieb bei
einer Umlauffrequenz von 795 kHz) fertiggestellt. Die Inbetriebnahme vor Ort erfolgt Mitte Januar
2004. Die neue Beamline wurde eingerichtet für „high-throughput protein crystallographic experiments“. Mit dem neuen Selektor sind weltweit bereits vier Geräte dieser Art im Einsatz. Offenbar gibt
es z.Z. im Hinblick auf die geforderte Synchronisationsgenauigkeit (2 ns) keine Alternative zur Jülicher
Magnetlager- und Antriebstechnik.
Bild: Röntgenpulsselektor
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100-kg Demonstrationslager
Im Rahmen des von der EU geförderten Projekts HTR-E werden unter Federführung der französischen Firma Framatom Möglichkeiten des Einsatzes von Magnetlagern in heliumgekühlten
Hochtemperaturkraftwerken untersucht. Neben einer vorzugsweise mit Elektromagneten bestückten
Lagerung für ein langsam laufendes Hauptaggregat mit 100-t-Rotor werden auch permanentmagnetische Lager für den Einsatz in kleineren, schnell laufenden Nebenaggregaten, wie Verdichtern und
Gebläsen, in Betracht gezogen. Aufgrund der in Jülich beim Bau eines für 40.000 UpM ausgelegten
Schwungrad-Energiespeichers mit 22-kg-Rotor und 50 kW Motorgenerator, sowie von Fermichoppern
mit bis zu 28 kg Rotormasse und 21.000 UpM (siehe aktuelles Projekt SV29) hat sich die ZAT am
HTR-E Projekt mit einer Hardwarestudie beteiligt. Die Studie wurde im November 2003 abgeschlossen und hat gezeigt, dass sich ein Rotor mit 100 kg Masse mittels im wesentlichen permanentmagnetischer Kräfte bei einem Minimum an elektronischem Aufwand und praktisch verschwindend geringer elektrischer Leistungsaufnahme berührungslos lagern lässt. Es wurden nur etwa 0,2 kg
an permanentmagnetischem Material in dem Einzelspalt-Doppelring-Traglager verbaut. Bei einer Erweiterung auf Parallelspalt-Multiringlager können weitaus schwerere Rotoren gelagert werden, wie sie
typischerweise in MW-Turbinen zum Einsatz kommen.
Herzunterstützungspumpen
Nach mehr als vierjährigen Verhandlungen wurde im Oktober 2003 ein Lizenzvertrag über Herstellung
und Vertrieb von implantierbaren Herzunterstützungspumpen mit magnetisch gelagertem Rotor
zwischen dem FZ-Jülich und Berlin Heart AG abgeschlossen. Die unter der Bezeichnung INCOR
eingeführte Pumpe erhielt nach erfolgreichen klinischen Tests im Frühjahr 2003 die europäische CEZulassung, auf deren Basis die Serienfertigung beginnen konnte. Bis November 2003 wurden weltweit
in verschiedenen Herzzentren insgesamt mehr als 80 Herzpatienten mit dem neuen Pumpsystem
versorgt. Die Entwicklung wird als Meilenstein in der modernen Herzchirurgie gewertet.
Sehr erfreulich ist die vielfach bestehende Möglichkeit der Gesundung des kranken Herzens aufgrund
einer zeitlich begrenzten Unterstützung durch die entlastenden Pumpe. So konnten bereits mehrere
Patienten nach einer Laufzeit der Pumpe von nur einigen Monaten wieder replantiert werden. Andererseits besteht aufgrund der berührungslosen und damit verschleißfreien magnetischen Lagerung die
Möglichkeit, solche Pumpen anstelle eines transplantierten Spenderherzens als Dauerimplantat
einzusetzen. Damit könnte der weltweit mit weit über 100.000 pro Jahr bezifferte Bedarf an Ersatzherzen sehr viel weitgehender befriedigt werden als mit den jährlich nur knapp 4.000 verfügbaren
Spenderherzen.
Berlin Heart will bereits 2004 den pulsatilen Betrieb des INCOR-Systems einführen. Das System eignet sich nicht zuletzt aufgrund der speziellen Jülicher Magnetlagerung und des damit verbundenen
geringen Rotor-Träheitsmoments für eine dynamische Antriebssteuerung bei erträglichem Energieaufwand.
Die Entwicklung von Herzunterstützungspumpen findet auch wegen ihrer möglichen wirtschaftlichen
Bedeutung weltweite Beachtung in den Medien (weitere Informationen unter www.berlinheart.de).
(Fremerey, J. K.)
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