Architektur –8– Haus-in-Haus-Prinzip neu interpretiert 1/2017 1/2017 Architektur –9– D In einem kleinen Dorf inmitten der Uckermark – nördlich von Berlin wurde ein großer Stall in einen Landsitz mit einer separat zu nutzenden Ferienwohnung umgewandelt. Gemäß dem Haus-im-Haus-Prinzip stellten die Architekten einen Holzbau in den Bestand. er Stall wurde vor 140 Jahren in einer Mischkonstruktion aus Ziegelsteinmauerwerk und Holzgebinde errichtet. Zu seiner Zeit war dies ein hochmoderner Funktionsbau. Nachdem in Zeiten der gesellschaftlichen Umformung der Junker vertrieben und das Land zerteilt war, wurde die Anlage baulich für zwei Siedlerfamilien samt Vieh in eine Doppelhaushälfte umgenutzt. Das bestehende Gebäude wurde jahrelang als Kuhstall genutzt. Nachdem diese Nutzung aufgegeben wurde, stand der Ziegelbau lange Jahre leer. Die eine Hälfte wurde nun von Thomas Kröger, Architekt, für eine junge Familie so umgestaltet, dass die Sprache des Hauses adaptiert wurde, um es mit seinen eigenen Mitteln und Regeln neu zu erfinden. Dieser ehemalige Kuhstall mitsamt der Scheune ist ein äußerst stabiles Gebäude mit dicken Steinmauern, kleinen Fenstern im Obergeschoss und großen Holztoren unten. Die eigene Schönheit des rohen Tragwerks und die Großräumigkeit des Raumes wurden jedoch erst durch die Entkernung wieder erlebbar. Das Pfettendach wurde hierzu komplett freigelegt und in den schadhaften Bereichen ergänzt. Der längliche Baukörper weist zwei Stockwerke auf. Das bestehende Mauerwerk ist im unteren Bereich stärker dimensioniert als im oberen Bereich. Ein kleiner Kriechkeller befindet sich in einem Teilbereich unter dem Gebäude. Eingebettet in eine ländliche Umgebung offenbart sich dem Besucher auf den ersten Blick eine einfache Scheune mit Satteldach und einer Fassade aus rotem Backstein, wie sie typisch ist für die bäuerlichen Nutzbauten in der Uckermark. Erst bei Betreten des Gebäudes offenbart das Gebäude sein Geheimnis. Im Inneren entpuppt sich das Raumkonzept als eine moderne Weiterentwicklung der vorgefundenen Architektursprache und vorhandener Bauelemente. Das Zentrum des Hauses bildet eine doppelhohe Wohnhalle mit Feuerstelle. Diese Wohnhalle geht über beide Etagen. Die Wohnhalle gilt als Treffpunkt und gemeinschaftlicher Wohnraum. Drei große neue Bogenöffnungen, die sich durch massive Holztore verschließen lassen, geben von dort den Blick ins grüne Land mit den vielen Obstbäumen frei. Das Haus ist so konzipiert, dass die große Halle unbeheizt ist und von einem geschlossenen beheizten Raumkörper umfasst wird. So können zu kalten Jahreszeiten nur die kleineren und geselligeren Bereiche des Hauses ähnlich wie Vogelnester genutzt werden. Im Hausinneren angekommen macht das hier angelegte Raumkonzept neugierig, die Wohnräume zu erkunden. Architektur – 10 – 1/2017 1/2017 – 11 – Architektur Architektur Regionales Wohnen wird als Haus-imHaus-Prinzip mit Verwendung von Holzelementen neu interpretiert. Das Thema Scheune greifen die Planer auf und lassen die Idee der alten Tenne sich wiederholen in der Fensterfront, die sich zur Wohnhal- – 12 – le hin über mehrere Zimmer öffnet. Blickfang ist stets der offene gemütliche Kamin der Wohnhalle, der eingesetzt wurde in einen wärmespeichernden Kern. Direkt neben der Halle befinden sich leicht erhöht der Wohnraum nebst frei- 1/2017 stehender Küche. Die Erhöhung ergab sich aus der Geometrie des Bestandes. Der Essplatz daneben wird von einer Holzpyramide gekrönt. Einzelne zusammengesetzte Holzbohlen beschreiben einen hohen Raum, der lichtdurchflutet wird. 1/2017 – 13 – Architektur Architektur Im Obergeschoss wird die Halle wie eine Klammer von drei Schlafzimmern, zwei Badezimmern, zwei Studierzimmern und einer Loggia umfasst. Für Gäste befindet sich an der Giebelseite eine Ferienwohnung. Die Wohnung ist separat erschlossen und zusätzlich an die zentrale Halle angebunden. Im Erdgeschoss ist der Wohn- und Essbereich untergebracht, im Obergeschoss zwei Schlafräume und ein Badezimmer. Auch an der Gebäudehülle fand eine Verwandlung statt. Der Eingriff in die Struktur ist straßenseitig kaum ablesbar. Die repräsentative Geste zeigt sich mit neuen Öffnungen zum privaten Garten hin und 1/2017 – 14 – bringt erst die gewünschte Verzahnung von Innen- und Außenraum mit sich. Das gesamte Gebäude wurde bei dieser behutsamen Sanierung auch energetisch ertüchtigt. Die Wände der beheizten Räume wurden innen gedämmt und mit einer Wandheizung und Lehmputz versehen. Alle Räume weisen, ob beheizt oder unbeheizt, die gleiche Oberflächenqualitäten auf. Alle Holzbauteile weisen Sichtflächen auf. Deren Oberflächen wurden naturfarben belassen. Der Bereich der Wohnhalle ist gepflastert und zieht den Außenraum so nach innen. Die tragende Konstruktion besteht immer noch aus Konstruktionsvollholz. Helle Holzböden korrespondieren mit den weißen mit Lehm verputzten Wänden. 쐽 Autorin: Kristin Kurczinski Planung: Thomas Kröger Architekten Schöneberger Ufer 59 10785 Berlin Bauherr: privat Wohnfläche: 320 m2 Gästewohnung: 97 m2 Zusätzliche unbeheizte Fläche: 439 m2 Fertigstellung Juli 2017 Fotos: Thomas Heimann, Berlin