Miteinander Einst war der Margrethenhof ein Bauern­ gut im Zentrum von Ballwil. Jetzt hat sich unter diesem Namen ein kleines Quartier gebildet, das im Ortskern zu einer ungezwungenen Verdichtung führt und zu einem gedeihlichen Mit­einander von neuen und alten Bauteilen. Redaktion Manuel Pestalozzi Fotos Louis Brem Situation 32 Architektur Margrethenhof, Ballwil/LU a+t 8|12 architektur 8 |12 a+ t Margrethenhof, Ballwil/LU Architektur 33 34 Architektur Margrethenhof, Ballwil/LU a+t 8|12 3. Obergeschoss 1. Obergeschoss Kochen im Neu- und im Altbau – zwei Welten an einem Ort, die aber einen vergleichbaren Standard an Komfort bieten. Die Präsenz des Baustoffs Holz prägt nicht nur die Fassaden, sondern auch das Innere des neu interpretierten Margrethenhofs. Margrethenplatz war teils Platz, teils Park­ platz, teils Wiese. Er wirkte zugig und offen. Die im Wettbewerb siegreichen Architekten nahmen sich zum Ziel, den Margrethenplatz als tatsächlichen Platz wieder herzustellen. Er sollte, wie durch seine Lage prädestiniert, sowohl zum Fest- wie zum Wohnplatz mit­ ten in der Gemeinde werden. Die bestehen­ Das realisierte Projekt ist das Resultat eines den Gebäude auf der einen Seite des Platzes Wettbewerbs im Jahr 2004. Der eigentliche sollten zusammen mit den Neubauten auf der Margrethenhof, das alte Bauernhaus, war seit anderen Seite diesen öffentlich zugänglichen Längerem unbewohnt und notdürftig vor wei­ dörflichen Aussenraum bilden und als Ensem­ terem Zerfall geschützt. Auch der zum eins­ ble erkannt werden. tigen Betrieb gehörende kleine Stall und der Spycher waren schon stark angegriffen. Eingepasst Durch den Abbruch der baufälligen grossen Der neue Margrethenhof umfasst zwei neue Scheune hatte das Ensemble seine räum­ Wohnhäuser: das Platzhaus und ein kleineres liche Begrenzung verloren, der sogenannte Mehrfamilienhaus. Der Spycher wurde leicht 8 |12 a+ t Erdgeschoss Margrethenhof, Ballwil/LU Architektur 35 Die Architekten Daniel Lengacher (links) und Hansjörg Emmen­ egger haben beide nach einer Hochbauzeich­ nerlehre an der ETH Zürich Architektur stu­ diert und sind seit 1986 selbstständig. Be­sonders bekannt ist ihr Büro Lengacher Emmenegger Partner AG in Luzern (www. le-ar.ch) für eine moderne und zeitgemässe Interpretation des Bauens mit Holz. Jüngere Projekte 2012 Überbauung Ortskern, Horw/LU 2012 Renovierung ref. Kirchgemeindehaus Lukas, Luzern 2011 Überbauung Minoletti, Kriens/LU Die Fassadenfluchten der beiden Neubauten wurde so ausgerichtet, dass sich die Siedlung optimal ins bestehende Wegnetz des Ortes einpasst. nach Osten geschoben und restauriert. Er raum, und wird weiter­geleitet. Die Fassaden­ dient als unbeheizter Sommerraum für Ver­ flucht folgt der leichten Verdrehung der zwei anstaltungen, Spiel oder Lager. Das ehema­ bestehenden Gebäude, aber nicht parallel lige Waschhaus, zum Schluss als Schweine­ dazu, sondern so, dass sich der Platz gegen­ stall genutzt, baute man zum Kultur­raum um. über dem Kulturraum gegen Süden leicht und Das Bauernhaus wird weiterhin als Wohnhaus gegenüber dem Bauernhaus stärker öffnet. genutzt. Diese Art der Nutzung war durch ver­ Auch die Fassadenhöhe regiert auf die beiden hältnismässig wenige Eingriffe realisierbar. bestehenden Gebäude: Während die Fassade Geometrisch einfache, rechteckige Volumen gegenüber dem niedrigen Kulturraum vierge­ erwiesen sich für die Neubauten in den schossig ist, weicht sie gegenüber dem Bau­ Modellstudien als zu sperrig gegenüber den ernhaus Margrethenhof mit drei Geschossen weichen, barocken Formen der bestehenden zurück. Mit dieser ­differenzierten Form des Gebäude. So ergaben sich mehreckige Volu­ Volumens sollte die Stellung des Bauernhau­ men, mit denen durch die Abweichung von ses Margrethenhof als wichtigstes Gebäude einer strengen Orthogonalität präziser auf des neuen Ensembles betont werden. die Situation reagiert werden konnte. Wie die Wegen eines aufwändigen Bewilligungsver­ Architekten darlegen, entstanden die Fassa­ fahrens – es brauchte eine Zonenplanände­ denfluchten des grösseren der beiden neuen rung und einen neuen Bebauungsplan – und Gebäude ganz pragmatisch aufgrund der einer Einsprache bis vors Bundesgericht unterschiedlichen Anforderungen auf den ver­ konnte erst über fünf Jahre nach dem Wett­ schiedenen Gebäudeseiten: Zum Margrethen­ bewerb mit dem Bauen begonnen werden. n 2010 Bebauungsplan Ortskern, Horw/LU 2010 Umbau Ferienhaus, Chardonne/VD 2010 Neubau Einfamilienhaus, Horw/LU 2010 Bebauungsplan Teiggi/Gemeindehaus / LUPK-Areal, Kriens/LU meint Das, was wir «Leben auf dem Land» nennen, befindet sich seit längerer Zeit in einer Phase der Transformation. Viele Dorfbewohnerin­ nen und -bewohner leben fern des bäuerli­ chen Alltags, welche das Erscheinungsbild von Ortschaften wie Ballwil während Jahr­ hunderten prägten. Bei Projekten in Bauern­ dörfern muss es deshalb darum gehen, die dynamische Gegenwart zu akzeptieren und die Vergangenheit zu respektieren. Im Marg­ platz hin dient die Fassadenflucht hauptsäch­ rethenhof wurde dies diskret und in vorbildli­ lich der Platzbildung, als ruhiger Abschluss cher Manier getan; durch ihre Zurückhaltung einer Raumfolge, die bei der ­Kirche beginnt, bringen die Neubauten (die in der Anlage die sich über den Platz bei der Aussegnungshalle einstige Scheune ersetzen) den historischen fortsetzt und am Margrethenplatz endet. Von Bestand zur Geltung und geben ihm einen der Dorfstrasse her, vorbei am öffentlichen Parkplatz, betritt man den Platz beim ehe­ maligen Schweinestall, dem neuen Kultur­ 36 Architektur Margrethenhof, Ballwil/LU Halt. Manuel Pestalozzi a+t 8|12