Sachrechnen/Größen WS 14/15- 2.3 dreimal Handeln: Vergleichen, Messen, Rechnen Maximilian Geier – Institut für Mathematik, Landau – Universität Koblenz-Landau Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Didaktische Stufenfolge Tätigkeit 1. direkter Vergleich von zwei Repräsentanten 2. indirekter Vergleich von zwei Repräsentanten Kopien für direkte Vergleiche herstellen Lernziel Erarbeitung des Repräsentantenbereichs und der Relationen 3. indirekter Vergleich: selbstgewählte Einheiten abtragen, erstes Messen erstes Messen 4. indirekter Vergleich über Messen Vergleich von Maßzahl und Maßeinheit 5. Normierung der Einheit beim Messen Größe = „Maßzahl + Einheit“ = Eigenschaft des Repräsentanten 6. Makro- und Mikroeinheiten Messtechniken, Herstellen überschaubarer Maßzahlen, Rechnen 7. Messgeräte, Messtechniken, Messfehler Flexibilität im Handeln, Umweltbezug 2 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Kinder vergleichen Repräsentanten intuitiv: „Paul ist größer als Karl.“ „Der rote Stab ist so lang wie der blaue.“ Maßzahlen und Maßeinheiten werden dazu nicht benötigt 3 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Größenbereich Gewichte Vergleich von Repräsentanten mittels Balkenwaage „A ist leichter als B“ Übergang von der Ebene der Repräsentanten zur Ebene der Größen „Das Gewicht von A ist kleiner als das Gewicht von B“ Auf der Ebene der Größen werden die entsprechenden Zeichen genutzt: <, >, verschiedene Arten von Waagen arbeiten nach dem Vergleichsprinzip, z.B. die Balkenwaage = 4 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Größenbereich Gewichte „Das Gewicht von A ist kleiner als das Gewicht von B“ strenge Ordnungsrelation: a < b auf der Menge der Gewichte Eine strenge Ordnung (Striktordnung) ist transitiv und asymmetrisch. Asymmetrie Ebene der Repräsentanten Ebene der Größen wenn das Objekt A leichter als das Objekt B ist, dann ist B nicht leichter als A Wenn das Gewicht a kleiner Als das Gewicht b ist, dann ist b nicht kleiner als a 5 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Asymmetrie Ebene der Repräsentanten Ebene der Größen wenn ein Objekt A leichter als ein Objekt B ist, dann ist B nicht leichter als A wenn ein Gewicht a kleiner Als ein Gewicht b ist, dann ist b nicht kleiner als a Die Eigenschaft Asymmetrie vereint die beiden Eigenschaften Irreflexivität und Antisymmetrie Irreflexivität jedes beliebige Objekt ist nicht leichter als es selbst jedes beliebige Gewicht ist nicht kleiner als es selbst Eine Relation, die transitiv und antisymmetrisch ist, nennen wir Halbordnung (zB „≤“ ~ „…kleiner/gleich…“ ~ „…nicht größer als…“ ist reflexiv) Antisymmetrie ´ wenn ein Objekt A nicht schwerer als ein Objekt B ist, und B ist nicht schwerer als A, dann muss A=B sein ! wenn ein Gewicht a nicht kleiner als ein Gewicht b ist, und b ist nicht kleiner als a, dann muss a=b sein 6 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Größenbereich Gewichte Wir wollen vier Objekte (A,B,C,D mit Gewichten a,b,c,d) ihrem Gewicht nach anordnen. Experimente an der Balkenwaage zeigen: a<b b<c d<c b=d Hasse-Diagramm (Ordnungsdiagramm): Zwei Elemente x,y der Menge werden durch eine Linie verbunden, wenn x < y gilt, und es keinen Knoten z gibt mit x < z < y. c C B D A Ebene der Repräsentanten b a Ebene der Größen 7 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Das alles gilt für andere Größen analog. Auf der Ebene der Größen beobachten wir… 1. …eine totale Ordnung (auch lineare Ordnung; alle Objekte sind in einer Reihe angeordnet) 2. …das sogenannte Trichotomiegesetz: Für zwei Größen x und y gilt stets genau einer der drei Fälle: (i) x<y (ii) y<x (iii) x=y 8 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Sortieren und Ordnen Schipper: • erste Größenvorstellungen von Kindern sind noch nicht relational • sie sind qualitativ und dichotom: der Mann ist groß oder der Mann ist klein • Verständnis für Beziehungen zwischen Größen muss sich erst entwickeln Die große Schwester ist größer als man selbst, aber kleiner als der Vater (=> Transitivität) 9 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Sortieren und Ordnen Aufgabe zur Transitivität (Schipper): Kinder stellen sich Rücken an Rücken auf. Peter ist „größer“ (genauer: ‚länger‘) als Maike, diese aber „größer“ als Ines. Kannst Du jetzt schon sagen, wer länger ist, Peter oder Ines? Ruwisch: Transitivität wird bereits in der ersten Klasse beherrscht, wenn es um das Ordnen von Stäben oder Stiften geht. Es gibt aber kein analoges Vorgehen bei Gewichten. 10 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Sortieren und Ordnen OTZ (Osnabrücker Test zur Zahlbegriffsentwicklung): Aufgabe zur Seriation: „Hier siehst du Hunde. Jeder Hund soll einen Stock holen. Ein großer Hund holt einen großen Stock und ein kleiner Hund holt einen kleinen Stock. Kannst Du Linien zeichnen von den Hunden zu den Stöcken, die sie holen?“ 11 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Vergleichen Schwierigkeiten Zeitspannen direkter Vergleich nur möglich, wenn Vorgänge gleichzeitig ablaufen Flächen-/ Rauminhalte direkter Vergleich sehr schwierig bei unterschiedlichen Formen Geldwerte Situation Tauschgeschäft: Preise vergleichbar, aber: Wert von Waren wird individuell eingeschätzt (nur Münzen und Scheine sind „gute“ Repräsentanten) Gewichte & Längen direkte Vergleiche sind einfach, aber nur innerhalb eines gewissen Spektrums 12 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen indirektes Vergleichen Motivation: direktes Vergleichen nicht möglich z.B. weil die zu vergleichenden Repräsentanten orts- oder zeitgebunden sind Es gibt zwei Arten des indirekten Vergleichs 1. Objekt als beweglicher Vergleichsrepräsentant (Kopie) => Kopie wird für direkten Vergleich genutzt 2. Objekt als ausmessender Vergleichsrepräsentant => erstes „Messen“ => selbstgewählte Einheiten => standardisierte Einheiten 13 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen indirektes Vergleichen mit selbstgewählten Einheiten erste Beobachtungen: • Je größer die Maßeinheit, desto kleiner die Maßzahl • Je kleiner die Maßeinheit, desto genauer das Messergebnis • Vergleichbarkeit stark eingeschränkt Motivation für standardisierte Einheiten Weitere Einsichten für das Messversändnis: • Aufbau von Skalierungen auf Messgeräten • Besondere Bedeutung der 0 • Angemessenheit von Messinstrument, Maßeinheit 14 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen n Messgeräten, n in 2.1! äte mitbringen! Was genau ist eigentlich dieses „Messen“? Für ein umfassendes Messverständnis beschäftigen wir uns nun zunächst mit dem Rechnen mit Größen. Denn erste Messerlebnisse zeigen: Das Vervielfachen einer Einheit entspricht der Skalierung eines Messgeräts für Größen 15 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen Addieren auf der Ebene der Repräsentanten Zwei Längen werden addiert, indem man z.B. zwei Stäbe aneinanderlegt. Zwei Flächeninhalte werden addiert, indem man zwei Flächenstücke aneinanderlegt. Zwei Geldwerte werden addiert, indem man zwei disjunkte Geldmengen vereinigt. Zwei Kardinalzahlen werden addiert, indem man disjunkte Mengen vereinigt. 16 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen Addieren auf der Ebene der Repräsentanten Operationen: z.B. Aneinanderlegen, Vereinigen Die Operation, auf welcher die Addition beruht, muss mit der Äquivalenzrelation, mit deren Hilfe eine Größe erklärt wird, verträglich sein.“ Wenn X und Y zwei Repräsentanten eines Größenbereichs sind, dann gilt: Größe(X) + Größe(Y) = Größe(X + Y) 17 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen Addieren auf der Ebene der Repräsentanten die Operationen mit Repräsentanten erhalten für die Addition von Größen das Assoziativgesetz und das Kommutativgesetz. Das führt uns zu einer formalen Definition: Sei G eine Menge, auf der eine innere Verknüpfung + und eine strenge Ordnungsrelation < erklärt sind. Man nennt (G,+,<) einen Größenbereich, wenn für alle x,y,z ∈ G die vier folgenden Gesetze gelten: (i) Assoziativgesetz der Addition (ii) Kommutativgesetz der Addition (iii) Trichotomiegesetz (iv) Lösbarkeitsgesetz: es gibt ein z ∈ G, für das x + z = y gilt, genau dann, wenn x < y gilt 18 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen Subtraktion Das z aus der Gleichung x + z = y ist eindeutig und beschreibt genau die Differenz zwischen x und y. Beispiel: Bezahlen mit einem Geldschein, es gibt Restgeld Es gilt: Preis der Ware + Restgeld = Wert des Geldscheins Restgeld = 0 0 < Restgeld <=> <=> Preis der Ware = Wert des Geldscheins Preis der Ware < Wert des Geldscheins ⇒ Es gibt ein Kriterium für die Lösbarkeit einer Gleichung der Form x + z = y ⇒ Subtraktion als Umkehrung der Addition: Wert des Geldscheins – Preis der Ware = Restgeld 19 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen Subtraktion zwei Vorstellungen der Subtraktion: - Wegnehmen: Von einem Stock (Länge bekannt) wird ein Stück (Länge bekannt) abgesägt - Unterschied: Um wie viel ist der eine Stock länger als der andere? 20 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen Vervielfachen & Teilen von Größen Vervielfachen von Größen wird mit Hilfe der Addition definiert Für einen Größenbereich (G,+,<) definieren wir für eine natürliche Zahl n und ein x aus G: n∙x = x + ... + x n Summanden Rekursive Definition: 1∙x = x, 2∙x = x + x, 3∙x = 2∙x + x, 4∙x = 3∙x + x … => (n+1)∙x = n∙x+ x Man erhält also das (n+1)-fache einer Größe, indem man zum n-fachen noch einmal x addiert 21 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen Vervielfachen & Teilen von Größen Vervielfachen auf der Ebene der Repräsentanten Längen: mehrmaliges Aneinanderlegen von Stäben derselben Länge Sind das noch viele Stäbe oder schon ein skaliertes Lineal? 22 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen Vervielfachen & Teilen von Größen Rechenregeln für das Vervielfachen von Größen: Sei (G,+,<) ein Größenbereich und seien x,y,z aus G und m,n natürliche Zahlen, dann gelten: m∙(x+y) = m∙x + m∙y (m+n)∙x = m∙x + n∙x m∙(n∙x) = (m∙n)∙x (“Distributivgesetz”) (“Distributivgesetz”) (“Assoziativgesetz“) x+z = y+z => x = y m∙x = n∙x => m = n n∙x = n∙y => x = y (Streichungsregel) (1. Kürzungsregel) (2. Kürzungsregel) Zu jeder Größe x und jeder natürlichen Zahl n>0 gibt es eine Größe y mit y = n·x 23 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen Vervielfachen & Teilen von Größen Es gilt auch eine besondere Form des Kommutativgesetzes: 5 ∙ 2m = 2 ∙ 5m zwei grundsätzlich verschiedene Vorstellungen der Division als Umkehroperation der Multiplikation 10m : 5 = 2m 10m : 5m = 2 24 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen Vervielfachen & Teilen von Größen Es gilt auch eine besondere Form des Kommutativgesetzes: 5 ∙ 2m = 2 ∙ 5m zwei grundsätzlich verschiedene Vorstellungen der Division als Umkehroperation der Multiplikation Division als Teilen einer Größe in eine gegebene Anzahl gleich großer Teile → gesucht ist die Größe der einzelnen Teile Division als Messen einer Größe mit einer anderen Größe → gesucht ist die Anzahl der „Mess-Schritte“ (vgl. Auf- und Verteilen) 25 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen Vervielfachen & Teilen von Größen Kann man Größen eigentlich beliebig teilen? genauer: Gibt es zu jeder Größe x eines Größenbereichs G und jeder natürlichen Zahl n>0 immer eine Größe y aus G, deren n-faches genau x ist? oder: Gibt es zu jeder Größe x aus G auch immer einen n-ten Teil in G? Definition: Ein Größenbereich G heißt divisibel, wenn es zu jeder Größe x aus G und jeder natürlichen Zahl n>0 eine Größe y aus G gibt, so dass gilt: n·y=x (auch: die Teilbarkeitseigenschaft eines Größenbereichs) In einem divisiblen Größenbereich lässt sich jede Größe beliebig teilen. 26 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen Ein Größenbereich G heißt divisibel, wenn es zu jeder Größe x aus G und jeder natürlichen Zahl n>0 eine Größe y aus G gibt, so dass gilt: n·y=x In einem divisiblen Größenbereich gelten folgende Regeln für Größen x, y und natürliche Zahlen m, n: 27 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen Eine Größe x hat die Maßzahl wenn 𝑚 𝑛 𝑚 𝑛 bezüglich der Einheit e genau dann, ∙ 𝑒 = 𝑥 ist. (𝑚, 𝑛 ∈ ℕ) In einem divisiblen Größenbereich lässt sich jede Größe durch eine hinreichend feine Unterteilung der Einheit beliebig genau messen Aus der Teilbarkeitseigenschaft eines Größenbereichs folgt NICHT, dass bei beliebiger Wahl der Einheit stets jede Größe des Größenbereichs genau gemessen werden kann. 28 Sachrechnen/Größen WS 14/152.3 Vergleichen, Messen, Rechnen Rechnen – Messen In welchen Größenbereichen kann man beliebig messen? genauer: In welchen Größenbereichen kann man eine beliebige Größe stets als rationales Vielfaches einer gegebenen anderen Größe (Einheit) darstellen? Definition: Ein Größenbereich (G,+,<) heißt kommensurabel, falls es zu zwei beliebigen Größen x und y aus G stets eine Größe e aus G gibt, so dass x und y ganzzahlige Vielfache von e sind In einem kommensurablen Größenbereich lässt sich eine gegebene Größe stets mittels jeder anderen Größen messen. 29 Sachrechnen/Größen WS 14/15Lösungen der Größenumrechnungen in den Übungen (Übung1Aufgabe2) 2a) 1 a = 100.000.000 mm² 1 l = 1 dm³ = 1.000 cm³ Höhe (Schwimmbeckenrand) = 1 mm 1.000.000 s = 10.000/36 h < 1000 h 2b) 8.060.000 cm 77.843.000.000 mm² 0,0023 kg 30 dm 0,00019 m³ 0,05 t 0,000086…km² 0,07 m³ 0,00063 kg 482°F