Die Bollinger Sandsteinbrüche Bollingen dürfte sich seit jeher mit der Ausbeutung seiner geschätzten Steinbrüchen abgegeben haben, und das schon vor dem Jahr 1000. S. 19 Am 4. September 1291 sicherte der Bischof von Chur den Zürchern freies Geleite auf der Wasserstrasse zu. Im Wald oberhalb Bollingen wächst der Bollinger Stein. Heute noch sind die abgebauten Steinbrüche von früher zu sehen. In Zürich sind die meisten öffentlichen Gebäude aus Bollinger – Stein, so der Hauptbahnhof, das Stadthaus etc. Die Steine wurden in Ledischiffen auf dem Seeweg transportiert. Von Italien wurden Güter aller Art auf der alten Route über die Bündner Pässe nach Chur und dann auf dem Wasserweg Sargans, Walenstadt, über den Walen- und Zürichsee nach Zürich, Basel und ins Rheinland transportiert. „...... Talabwärts beförderte man Eisenwaren, im weiteren Käse, Anken, Talg, bei Versorgungsschwierigkeiten auch Reis und Korn aus dem Süden, Vieh, grosse Mengen von Bauund Brennholz, auch Holzkohle, Rebstecken, Holzgefässe, Mühl- und Schleifsteine, Schwefel, Salpeter und Wolle aus dem Süden, Rohseide Organzin und Baumwolle. Selbst gewisse überseeische Produkte nahmen ihren Weg von Genua über den Langensee, den San BernardinoPass und Bünden nach den Städten der Eidgenossenschaft.“ Aus: Der alte Güterverkehr über den Walensee von Dr. Walter Bodmer in Terra plana. Blick in den Sandsteinbruch Bollingen: Der Sandstein wird in Blöcke geschnitten und mit Hilfe von Kränen aus dem Steinbruch gehievt. (Bild Christian Beutler) Baumaterial für Zürichs Prunkfassaden In Bollingen wird seit Jahrhunderten Sandstein abgebaut Seit Jahrhunderten sind in der Stadt Zürich zahlreiche Gebäude aus Sandstein erbaut worden. Der Baustoff dazu stammt aus verschienen Steinbrüchen rund um den Zürichsee. Besonders wichtig sind seit langem die Steinbrüche von Bollingen bei Jona. hhö. Senkrecht führt die hohe, glatte Felswand in die Tiefe – nicht an den Fuss des Felsens, sondern in einen riesigen, rund 25 Meter tiefen Schacht. Im kleinräumigen, geheimnissvollen Gebiet unweit der Staatsstrasse Jona-Schmerikon befindet sich der Bollinger Sandsteinbruch Lehholz, wo das Material nicht im offenen Gelände abgebaut wird, sondern in einer nach oben offenen Kaverne. Der relativ kleine Betrieb hat eine lange Geschichte. Graf Rudolf II. Von Rapperswil schenkte dem 1252 gegründeten Kloster Wurmsbach bei Jona diverse Güter in Bollingen und Oberbollingen, unter anderem den ganzen Berg „Oberer Wald“ mitsamt den Steinbrüchen, die sich dort befanden. Für den Bau des Zisterzienserklosters dürften Sandsteinquader aus eigenen Brüchen verwendet worden sein. Jahrhunderte lang wiude danach im klösterlichen Regiebetrieb in mühsamer Handarbeit der qualitative hoch stehende Sandstein gewonnen. Dieser wurde mit Ochsengespann zum nahe gelegenen Lagerplatz am Zürcher Obersee übergeführt, um dann mit Ledischiffen nach Zürich verfrachtet zu werden – dies bis weit ins 19. Jahrhundert hinein. Eisenkeile und Diamantschwersägen Verwendet wurde der braungraue Baustoff in der Limmatstadt für unzählige öffentliche und private Gebäude – beispielsweise die Münstertürme und die Stadbefestigungsanlagen. Das Material stammte auch aus anderen Sandsteinbrüchen rund um den Zürichsee und im Sihltal. Im 16. Jahrhundert betrieb die Stadt Zürich in Bäch bei Freienbach eine Zeitlang eigene Steinbrüche, und es soll in der Limmatstadt sogar eine Sandsteinbörse gegeben haben. Für den Bau des Zunfthauses zur Meisen in Zürich wurde Material vom Buchberg-Steinbruch bei Nuolen verwendet. Im Gebiet zwischen Lehholz und Uznaberg ob Usnach gab es einst über 100 Abbbaustellen, die in Glanzzeiten einigen Deutlich sind in einige Partien der Felswände in Bolligen Spuren früherer Abbaumethoden auszumachen. Damals wurden die zu gewinnenden Blöcke „gespitzt“, sagt Seniorchef Bruno Kuster von der Firma J. & A. Kuster Steinbrüche AG in Bäch, die in Nuolen noch einen Steinbruch und in Bäch einen Steinverarbeitungsbetrieb führt. Vater Kuster erzahlt, wie die Arbeiter früher die Eisenkeile mit Hämmern in das Gestein trieben. In die Bohrlöcher eingebrachte, mit Wasser getränkte Holzkeile schwollen and und spalteten die rund fünf Tonnen schweren Blöcke. Mit Hilfe einer an einem Holzgerüst befestigten Schiene mit Laufkatze und einfachem Kettenzug wurden die gebrochenen Gesteinsstücke herausgeholt. Heute wird mit moderner Technik abgebaut. Zuerst wird das Gestein vermessen und vertikal mit Diamantschwersägen bearbeitet; dann wird der Quader mit Hilfe von Diamandseilsägen horizontal vom Untergrund getrennt. Wichtig ist, betont Kuster, dass der Block laufend und zum richtigen Zeitpunkt mit Keilen gesichert wird. Die Abbaumethode ist ähnlich wie diejenige, die in den Marmorsteinbrüchen von Carrara in Italien angewendet wird. Gesprengt wird nicht Jährlich werden in Bollingen knapp 2000 Kubikmeter Sandstein abgebaut. Dabei werden meist eineinhalb Meter breite und rund dreieinhalb Meter hohe Blöcke gewonnen, die rund 16 Tonnen wiegen. Kürzlich hievte der gut verankerte Hebekran einen Koloss von 30 Tonnen aus dem 25 Meter tiefen Schacht empor, der für einen Brunnenanlage in Einsiedeln bestimmt war. Sechs Meter lang war ein Steinblock, der für einen Obelisken in Nürnberg gewonnen wurde. Bis in eine Tiefe von 40 Metern wird der Steinbruch genutzt, sofern die Qualität des Materials den Anforderungen entspricht. Der Beton als Spielverderber Das Geschäft mit den Steinbrüchen erlebte auch Krisen. Mit dem Aufkommen des Betons mussten viele Sandsteinbrüche ihre Tore schliessen, auch derjenige von Bollingen-Lehholz. Nach rund 100 Jahren wurde der Bruch 1991 nach umfassender Abklärung reaktiviert, erzählt Bruno Kuster junior, der Mitinhaber der Unternehmung, die gegen 45 Angestellte beschäftigt. Mit der Ortsgemeinde Rapperswil, der Besitzerin des Steinbruchs Lehholz, konnte ein langfristiger Pachtvertrag abgeschlossen werden. Im Steinverarbeitungswerk Bäch werden die gewonnenen Blöcke je nach den Wünschen der Kunden zersägt, gespalten, gefräst oder zu Halfabrikaten verarbeitet. Auch Steinmetzarbeiten werden ausgeführt. Laut Bruno Kuster junior ist Sandstein heute wieder mehr gefragt. So wurde das neue Gemeindehaus von Jona vor einigen Jahren mit dem Bollinger Markenprodukt verkleidet. Der Stein wird oft zur Erneuerung von Sakralbauten verwendet. Demnächst werden zudem die Dachfiguren des Semper-Stadthauses in Winterthur aus Bollingen Sandstein gefertigt. „Man muss in dieses Metier hineinwachsen“, erklärt Werner Müller, der mit seinem Bruder Fritz zusammen das Steinbruchunternehmen von Schmerikon führt, „es braucht viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung, um zu sehen, wie man den Stein nehmen muss“, denn es ist nicht ganz einfach aus den Brüchen am Obersee ein Optimum herzuholen. Oft durchzieht zum Beispiel eine „Scheidung“, eine deutliche Trennfläche, ein ganzes Lager. Schneidet man nun einen Block heraus, durch den die Scheidung verläuft, so fällt dieser auseinander, denn an der Trennfläche ist das Gestein mürbe, oft gelockert und von eingeschwemmtem Humus schwarz färbt. Oder der harte, gute Stein ist von einer dünnen Lage weicherem Materials durchzogen, welches sich nicht verwenden lässt. All das muss berücksigtigt werden: mit viel Gespür ist ungefähr vorzusehen, wo gutes und wo schlechteres Material zu erwarten ist, wie also die Blöcke herausgefräst werden müssen, damit möglichst wenig Ausschuss entsteht. Auch gesprengt wird nach Gefühl. Die tonnenschweren Blöcke werden zuerst auf allen vier Seiten losgefäst (oder mit Bohrlöchern und hyraulischem Druck losgetrennt), danach muss man sie von der Unterlage wegsprengen. Das geschieht möglichst schonend, so dass keine Risse im Stein entstehen. „Die Ladungen dosieren wir nach Erfahrung“, berichten die Brüder Müller, „so einen Block hebt es vielleicht zehn Zentimeter von der Unterlage ab beim Sprengen“. Eine subtile Sache also, denn zum Loslösen der über zehn Tonnen schweren Brocken braucht es ungeheure Kräfte. Bollingen Sandstein – ein Begriff Auch bei fachmännischer Arbeit im Bruch bleibt der Sandsteinabbau immer ein wenig Glücksspiel. Ob ein Block wirklich fehlerfrei ist, weist sich erst bei der Verarbeitung. Da können kleine, dezimeterlange Risse zum Vorschein kommen oder schwarze Flecken oder dunkelgrüne, die „Leberli“ heissen und aus Lehm entstanden sind, statt aus Sand wie der gute, gleichmässig gekörnte Sandstein. Die Leberchen verwittern sehr rasch und hinterlassen Löcher im Sandstein. Darum verarbeitet die Schmeriker Firma ihren Stein gerne selber bis zur entgültigen Form. Denn wenn ein Kunde einen rohen Block bezieht und dann beim Verarbeiten einen Fehler entdecken muss, so gibt das Rückfragen, Transporte, Zeitverlust. Das will die Firma Müller konsequent vermeiden und hat es zum Beispiel auch in Kauf genommen, einen wichtigen Kunden in Lausanne zu verlieren. Dieser wollte nur noch rohen Stein beziehen, weil er selber die Einrichtungen zur Verarbeitung hat. Andernorts zeitigte die qualitätsbewusste Politik dafür Erfolge. So zum Beispiel beim Kloster Einsiedeln, das die Reparaturen an seinen historischen Gebäuden zwar von einem eigenen Steinmetz ausführen lässt, aber mit Schmeriker Sandstein, seit der klostereigene Bruch of ob St. Meinrad am Etzel zu arbeitsaufwendig wurde. „Bollinger Sandstein“ ist im Sprachgebrauch der Architekten ein Oberbegriff für die Sandsteine vom Obersee, auch wenn sie in Schmerikon oder am Buchberg abgebaut werden. Es gibt allerdings für den Kenner lokale Nuancen in Eigenschaften wie Härte oder Färbung. Mit diesem Stein werden vor allem historische Gebäude und ihr Fassadenschmuck renoviert, die unter der Einwirkung der heutige Auto- und Heizungsabgase zum beschleunigten Zerfall neigen. Nutzung der alten Brüche Für den Fall, dass in einem Steinbruch unerwartet das abbauwürdige Gestein zu Ende wäre – es könnten irgenwo Mergeloder Tongesteinlagen den Sandstein ablösen -, haben die Gebrüder Müller mehr als ein Eisen im Feuer. Letztes Jahr kamen die Blöcke aus dem Bruch in unmittelbarer Nähe des Betriebs, vorher aus dem Bruch Im Moos ob Bollingen. Obwohl dort noch einiges herauszuholen wäre, wird zurzeit der Abbau im Klosterwald forciert, an einer Stelle übrigens, wo schon vorher ein alter Bruch lag. Dieser war mit Wasser gefüllt, und beim Bewilligungsverfahren für den neuerlichen Abbau stellte sich heraus, dass der Kanton St. Gallen und die Genossengemeinde Schmerikon den Weiher unabhängig voneinander verpachtet hatten: Der Kanton an einen Fischfutterhersteller, der dort nach Kräften den Planktonwuchs förderte, die Gemeinde an einen Fischer, der sich vermutlich nicht über zu geringes Wachstum der in den Weiher eingesetzten Flossentiere zu beklagen hatte ....... 25 Millionen Jahre Knochen ohne Fleisch Der Bollinger Sandstein, von dem im Artikel die Rede ist, gehört zur oberen Süsswassmolasse. Das sind die Gesteine, die in grossen Teilen von Mittelland und Voralpen den felsigen Untergrund bilden: Nagelfluh, Mergel, verschiedene Sand-steinarten, aber auch „Spezialitäten“ wie der rötliche Hombrechtiker Wetterkalk zählen dazu. Sie entstanden aus Kies, Sand oder Ton, der von den Alpenflüssen in einem grossen Süsswassersee abgelagert wurde, welcher damals – im Falle des Bollinger Sandsteins vor 20 bis 25 Millionen Jahren – das Gebiet des Mittellandes bedeckte. Im Gegensatz dazu entstand Meeresmolasse in Zeiten, wo der See Verbindungen zum Meer hatte und Salzwasser enthielt. Wervoll am Bollinger Sandstein ist seine Härte, die ideal für die Bearbeitung ist, und seine gleichmässige feine Körnung. Partien mit Kies oder Lehm sind eher selten; sie entstanden, wenn sich die Wasserführung der Urflüsse änderte, so dass – bei stärkerer Strömung – plötzlich auch Kies ins Sandablagerungsgebiet hinaustransportiert wurde, oder aber umgekehrt nur noch feine Lehmpartikel. Im Bild (neben) ist ein besonders interessanter Einschluss zu sehen: Dunkel hebt sich ein Röhrenknochen vom Umgebungsgestein ab, mit knapp zu erkennender Markhöhle. Neben Knochen sind manchmal auch gefiederte Blätter von Farnen oder Palmen im Stein erhalten, die den Forschern Rückschlüsse auf das urzeitliche Klima erlauben. Türeinfassung aus Bollinger Sandstein Heinrich Bollinger Bürger von Zürich S. 26 Dass ein Schiffmacher, Heinrich Bollinger, der früher in Schmerikon „haushablich“ war, also das Dorfrecht hatte, später Zürcher Bürger wurde, ist gar nicht erstaunlich. Denn wir erfahren aus der Toggenburger Zeit, dass damals unser Dorf im Schiffsbau für die Fahrten über den Zürichsee bis zum Rhein führend war. Im Protokollbuch des Zürcher kleinen Rates findet sich eine Verordnung vom 12. Dezember 1420: „Wir, der Burgermeister und die Rät der Stadt Zürich, haben uns auf heutigen Tag erkannt, dass alle unsere Fischer und Schiffsleut fürderhin von allen den neuen Schiffen, die sie zu Schmerikon oder anderswo kaufen und in unsere Stadt bringen, den Pfund-Zoll geben sollen. Was sie aber an alten Schiffen kaufen, davon sollen sie keinen Pfund-Zoll geben. Und was sie an Schiffen von unserer Stadt das Wasser aufwärts führen, davon sollen sie das Umgeld geben wie das von alters Herkommen ist.“ Demnach waren die Werften von Schmerikon die Hauptlieferanten für Fischereiboote und Kauffahrteischiffe für die Stadt Zürich, also wohl auch für den ganzen See. Von den neuen Schiffen wurde Einfuhrzoll erhoben. Die Boote, zwischen 6 und 10 Fuss breit waren zwischen 64 und 100 Fuss lang, hatten in Basel einen Wert von 3-7 ½ Rheinische Gulden, also zwischen 6 und 15 Pfund. Solche Schiffe wurden in Schmerikon gebaut und teils neu, teils schon gebraucht von den Zürchern übernommen. Vielleicht wurden sie auch weiter geführt die Limmat abwärts bis in den Rhein und dann in Basel oder erst am Niederrhein verkauft. Für solche Schiffe musste dann ein Durchgangszoll, das Umgeld gegeben werden. Abschrift aus der „Geschichte des Dorfes Schmerikon“.